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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980423014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898042301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898042301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-04
- Tag1898-04-23
- Monat1898-04
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S0V2 König Wilhelm? L. Thronbesteigung «in neuer Zug in die preußische Politik kam und der „Manu von Blut und Eisen" daS Schwert zu schmieden begann, das den deutschen Knoten durchschlagen sollte. Wir sind heute nur zu geneigt, die Dinge vor 1866 im Lichte des Ausganges des Bruderkrieges und in dem noch glänzenderen von 1870/71 zu betrachten. Das ist erklärlich und verzeihlich, aber es ist nicht historisch und auch nicht gerecht. Wir wollen ganz absehen von der unglückseligen TriaSidee Beust's, die die sächsische Politik beherrschte und in einer gewissen Periode durchaus nicht aussichtslos erschien: nein, die seit 1849 mit Preußen gemachten Erfahrungen wiesen den König Johann und den nunmehrigen Kronprinzen Albert ebenso auf Oesterreich hin, wie die zahlreichen Familienbande, die sich im Laufe der Zeit geschlungen hatten. Mag der Krieg von 1866 noch so sehr als Bruderkrieg zu bedauern sein, er führte Sachsen zur richtigen Erkenntiß der Lage und zum Ein lenken in eine klare und ohne Rest ausgehende Politik. Auf die Schlacht von Königgrätz, jene erste große Bethätigung des Feldherrngenies unseres Königs Albert, ist hier nicht Gelegenheit noch Raum einzugehen. Ent sinnen wir uns nur noch des Wortes, das der feind liche Generalstabschef schrieb im Hinblick auf solche Leistung: „Eine geschlagene Armee, die, dem Unvermeidlichen sich fügend, ruhig und geordnet das Schlachtfeld verläßt, kann sich dem Sieger fast ebenbürtig an die Seite stellen, und wollte Gott, daß dies geschehe — und bald!" Und dieses Bald trat ein; Moltke's und aller Patrioten Hoffnungen erfüllten sich in einer Weise, wie nur reines, gutes Wollen auf allen Seiten sie zeitigen kann. „Mit derselben Treue, wie ich zu dem alten Bunde gehalten habe, werde ich zu dem neuen halten", so hatte König Johann in seiner schlichten und eben darum überzeugenden Weise erklärt, und nach diesem Satze hat in überreicher Thätigkeit auch sein Rachfolger gehandelt. Das beweist der Freudenzug, der heute die Herzen der dankerfüllten Unterthanen des Königs Albert rose Orgelton und Glockenklang erfüllt, das beweist die Antheilnahme des ganzen deutschen Volkes an unserer Feier, das beweist der Glückwunsch, der verständnißvollster Würdigung entstammende Glückwunsch deS alten BiSmarck an seinen königlichen Gönner, das beweist die auS dankbarstem Herzen kommende Antheilnahme des deutschen KaiserSan dem herr lichen Ehrentage unseres Königs, seines so oft von ihm als sochen anerkannten väterlichen Freundes. Und nun, fragt sich der Leser, nichts vom ruhmgekrönten Feldherrn und von dem treusorgenden Leiter und Vater seiner Armee? nichts von dem 25jährigen Walten des Königs? Nein, nichts: weil die Aufgabe, dem gerecht zu werden, weit über die Grenzen weniger festlicher Zeilen hinausragt. Wenn man im Schatten einer hoch stämmigen, weitausladenden Buche liegt, so sieht man ja klar und einzeln die sonnenvergoldeten Blätter und Zweige über sich, aber der nahrungspendenden Wurzeln upd wie tief sie liegen, gedenkt man nicht. Mit der Kenntnißgebung der weit zurückliegenden politischen Schule unseres Königs Albert sollte gezeigt werden, wie und warum das Königthum unseres geliebten Herrschers ein nationales geworden ist im engeren und weiteren Sinne des Wortes und im Herz- und hoffnungerfüllen- den Sinne jedes Patrioten, und warum sich Millionen von Herzen und Händen am heutigen Tage erheben im bewußten Danke gegen die Vorsehung, im Danke für das Walten unseres allgeliebten Herrschers, und sich einen in dem Rufe: Dem König Albert Heil, Gesundheit und ein an Jahren und Erfolgen reich gesegnetes Alter! vr. L. St. Deutsches Reich. -g- Leipzig, 22. April. In den letzten Tagen brachten auswärtige Zeitungen die Mittbeilung, daß in RozörieulleS durch den Grenzcommiffar auS Amanweiler ein gewisser Lesort unter dem Verdacht der Spionage verhaftet unv nach Metz gebracht worden sei. Wie wir erfahren, be findet fick diese Angelegenheit bereits beim Reichs gericht; vb sich der Verdacht zedoch bestätigt, wird erst die Unter suchung lehren. — Dagegen ist von einem anderen jüngst auS Metz gemeldeten Spionagefall, bei dem drei Personen in Haft genommen worben sein sollen, beim Reichsgericht bis jetzt Nichts bekannt. Berlin, 22. April. AuS dem 9. ostpreußischen Wahl kreise Allen st ein-Rössel liegt die Nackricht vor, daß eine Dertrauensmänner-Versammlung der dortigen Cent rum» - partei den Propst Herrmann-Bischofsburg zum ReichStagscandidaten aufgestellt hat. Der jetzige Vertreter ist der Pole v. Wolszlegier. Dieser Beschluß ist, wie die ganze Geschichte des Wahlkreises, bezeichnend für den Kampf zwischen Deutschthum und Polenthum. Von 1871 bis 1890 war der Wahlkreis im unbestrittenen Besitz deS CentrumS; 1887 wurde hier der deutsche klerikale Candidat gewählt mit 14 846 Stimmen. Der Culturkampf hatte inzwischen seine Schärfe verloren; die confessionelleu Gegensätze in der deutschen Bevölkerung schwanden und damit auch das politische Interesse, die Abneigung gegen das Deutschthum weiter hinter der Freunv- schaft mit dem Centrum zu verstecken. 1890 wurde ein selbst ständiger polnischer Candidat aufgestellt und erhielt 5100 Stimmen; die CentrumSstimmen fielen auf 9010. Und 1893 kam dann der im Jahre zuvor in Gilaenburg im Nachbar kreise Osterode installirte polnische Pfarrer und Agitator v. WolSzlegier mit dem CeutrumScandidaten in die Stichwahl und siegte mit 9045 polnischen über 7418 CentrumSstimmen. Jetzt steht in diesem Wahlkreise eia katholischer Pfarrer deutscher Nationalität gegen einen polnischen Propst, der sich redlich Mühe gegeben, den Bischöfen von Ermland und Kulm nationalpoliusch so unbequem als möglich zu werden. Ob e» nun der CentrumSpresse klar wird, für wen sie arbeitet, wenn sie die polnische Frage nach vergilbten Culturkampfrecepten, die der Pole längst verächtlich weg geworfen, weiter al» lediglich confessionelle behandelt?! /S Berlin, 22. April. DaS socialdemokratische Blatt „für die Interessen der Arbeiterinnen", die „Gleich heit", hat sich von einem Landwirth über die Sittlich keit auf dem Lande unterrichten lassen. Die Quintefseni der Angaben des besagten „LandwirthS", der in der Magde burger Gegend seine Erfahrungen gemacht haben will, besteht in der Behauptung, daß die „besseren Herren auf dem Lande ihr wirthschaftlicheS Uebergewicht mißbrauchen, um die Töchter der armen Leute ihren Wünschen gefügig zu machen." Diese» Bekenntniß ist der bürgerlich-demokratischen Berliner „Volkszeitung" hockwillkommen. Sie druckt unter der packenden Ueberschrift „Ländlich, sittlich, junkerlich" die noch packendere Schilderung de» Gewährsmannes der „Gleichheit" ab und weist ihrerseits auf „besondere, werthvolle Broschüren von Geistlichen, Aerzten rc." hin, welche die sittlichen Zustände auf dem Lande denen in den Größstädten an die Seite ge stellt haben. Eine der hier angerogenen Broschüren, „Die Sittlichkeit auf dem Lande" von Pastor E. Wagner, ist der „Volkszeitung" sicherlich bekannt: denn sie hat, wie Pastor Wagner im Vorwort zur zweiten Auflage seiner Schrift be merk^ zwei Artikelserien über sie veröffentlicht. Um so schärfer ist eß zu verurrheilrn, veua da» bürgerlich-demokratische Blatt die gewissenlose Hetzerei der soeialdemokratischen „Gleichheit" zustimmend weiter verbreitet. Der „Gleichheit" kommt eS lediglich darauf an, Arbeiterinnen für die Social demokratie einzufangen. Zu dem Zweckt stellt sie die „Töchter deS Volkes" als unschuldig, als die verführten Opfer der „Bourgeoisie" hin. Wie falsch diese gebässig-tenvenziöse Einseitigkeit ist, weiß die „Volkszeitung" aus Pastor Wagner'S Schrift ganz genau. Es wird darin an der Hand ein- wandSfreier Berichte der Nachweis geführt, daß e» auf dem Lande mit der Sittlichkeit gerade der arbeitenden Classe schlecht bestellt ist, gleichviel, ob eS sich um daS männliche oder um das weibliche Geschlecht handelt, und eS wird ferner nachgewiesen, daß unsittlicher Verkehr überwiegend bei social gl eich stehenden Personen vorkommt. Es fällt uns nicht ein, deshalb zu behaupten, alle „besseren Herren" auf dem Lande seien Muster an Tugend und Sittsamkeit; gewiß, auch sie ermangeln zum großen Tbeil deS Ruhmes, den wir vor Gott baden sollen. Ihnen allein aber die Verant wortung für die Unsittlichkeit auf dem Lande aufbürden, daS bringt nur Der fertig, dem jede» Mittel recht ist, gegen die Landwirthe zu Hetzen. S Berlin, 22. April. Wie der „ReickSanz." berichtet, hat der Kaiser an den Generalfeldmarschall Grafen v. Blumenthal am heutigen Tage folgendes Handschreiben erlassen: Mein lieber Feldmarschall I Nachdem durch Meine Ordre vom L8. März und 21. April d. I. Ihre äußeren Dienstverhältnisse anderweit geordnet sind, nehme Ich am heutigen Tage, an welchem Ihnen vor nunmehr 34 Jahren Mein in Gott ruhender Herr Groß- vater für Ihre hervorragenden Verdienste während des Feldzuges von 1864 den Orden pour Is wSrite verliehen, gern Gelegenheit, erneut Meiner Freude warmen und herzlichen Ausdruck zu geben, daß mit Ihrem Rücktritt von der Stellung als Armee-Inspekteur in den Beziehungen zu Mir und Meiner Armee eine Aeuderung nicht eingetreten ist. Ich und Meine Armee sind stolz darauf. Sie auch weiter als leuchtendes Vorbild aller soldatischen Tugenden zu besitzen. Um Ihnen auch ein äußeres Zeichen Meiner fortdauernden Dankbarkeit und Meines Wohl wollen» zu geben, verleihe Ich Ihnen hiermit die Brillanten zum Orden xour le wtzrito. Homburg v. d. H., den 22. April 1898. Ihr wohlgeneigter König Wilhelm L. An den Generalftldmarschall Gras von Blumenthal, Chef deS reitenden Feldjäger-Earp ¬ zu Berlin. D Berlin, 22. April. (Telegramm.) Den Geburts tag seines Chefs, des Königs Albert von Sachsen, wird das 2. Garde-Ulanen-Regiment in folgender Weise feiern: Am Sonnabend früh wird daS Regiment nach dem großen Cavallerie-Exercirplatz hinter der Hasenheide abrücken, wo an Stelle deS CommandeurS, Obersten Freiherrn v. Langer- mann und Erlenkamp, welcher sich nach Dresden begeben bat, der älteste Escadronckef Rittmeister von Karte eine auf die Bedeutung des TageS hinweisende Ansprache halten wird. Nach einem Parademarsch rückt daS Regiment in die Caserne wieder ein, wo die Mannschaften ein Festmahl erwartet. AbendS findet eine Ballfestlichkeit statt. DaS OfsiciercorPS vereinigt sich AbendS zu einem Festessen. (-) Berlin, 22. April. (Telegramm.) Die „Nordd' Allg. Ztg." bestätigt, daß für die ReichStagSwahlen der 16. Juni in Aussicht genommen ist. D Berlin, 22. April. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht eine CabmetSordre, wonack die obersten BerwaltungSbeamten in Deutsch - Sübwcst- Asrika und Togo fortan den Titel kaiserl. Gouverneur führen. (-) Berlin, 22. April. (Telegramm.) Die englische Regierung hat, wie der „ReickSanz." meldet, im Hinblick auf die bevorstehende Besitznahme von Wei-hai-wet der deutschen Regierung spontane Mittbeilung gemacht, daß sie nicht Willens sei, die deutschen Interessen und Rechte in der Pro vinz Schantung zu schädigen oder in Frage zu stellen, oder Deutschland in zener Provinz Schwierigkeiten zu bereiten; insbesondere sei eS nicht beabsichtigt, von Wei» hai-wei oder dem zugebörigen Gebiete Eisenbahnen nach dem Innern SchantuugS anzulegen. L. Berlin, 22. April. (Privattelegramm.) Die „Post" bespricht die völkerrechtlichen Handelsbeziehungen der neutralen Staaten während des spanisch-amerika nischen Krieges und glaubt in der Annahme nicht fehl zu geben, daß die deutsch e Regierung dieser Frage bereits ihre Aufmerksamkeit zugewendet habe und daß auch wegen der internationalen Behandlung der Sache eine gewisse Fühlungnahme zwischen den Großmächten im Gange ser. — Die Organe der hiesigen Leitung deS Bundes der Landwirthe setzen den nationalliberalen Wählern in der Pfalz eine Frist von vierzehn Tagen, um darauf zu verzichten, daß ihre künftigen Vertreter im Reichstag der nationalliberalen Fraktion beitreten. Dazu schreibt die „Na tionalliberale Corr.": „Es versteht sich von selbst, daß diese erneute anmaßende Einmischung in die Verhältnisse der Pfalz eine entschiedene Zurückweisung findet. Die nationalliberalen Wähler der Pfalz sind weder besoldete Agitatoren noch Commis der Berliner Bundescentrale." Auch im neunten hannoverschen Reichstagswahlkreis Hameln haben die Wähler gegen die Anmaßung der Bllndler protestirt. Die Nationalliberalen hatten dort den Landwirth Hische aufgestellt, der zugleich Mit glied des Bundes der Landwirthe ist. Die Bündler aber er achteten Herrn Hische nicht als agrarisch genug und stellten den extremen Bündler Meinecke auf. Der nationalliberale Partei vorstand gab nach, Herr Hische trat „freiwillig" zurück. Gegen dieses Verhalten des ParteivorstandeS hat ein großer Theil der nationalliberalen Wählerschaft jetzt Einspruch erhoben. Am Dienstag hat in Hameln eine Versammlung national liberaler Wähler stattgefunden, die nach lebhaften Erörterungen den Beschluß faßte, einen eigenen liberalen Candidaten auf zustellen. Gleichzeitig fand in Hameln eine Bündlerversamm- lung statt, die an der Candidatur Meinecke fefihielt. — Im Januar d. I. hat, den „Berl. N. N." zufolge, die Zahl sämmtlicher seit Bestehen der deutschen Arbeiter- Colonien aufgenommenen Colonisten 100 000 überschritten. Der Zweck der Arbeitercolonien ist bekannt. Es bestehen jetzt deren 29, davon 18 im Königreich Preußen. Im Jahre 1897 wurden über 7000 Personen ausgenommen. Die Aufnahme war am stärksten im November, am schwächsten im Juni. Die Colo nisten gehören allen Berufen an. Dem Alter nach waren unter 20 Jahren 1500, über 70 Jahre 27. Nach dem Familienstande waren die meisten ledig, getrennt, verwittwet oder geschieden, nur 337 verheirathet. Unter allen aufgenommenen Colonisten befand sich nur ein einziger Jude. — Die gerichtlichen Gefangenen in der preußischen Monarchie haben amtlicher Nachweisung zufolge im Jahre 1896/97 8 031 475 Arbeitstage oder 18154 weniger wie 1895/96 geleistet. Ihre Tagesdurchschnittszahl betrug auch 382,13 weniger und bezifferte sich auf 31837F5. Nicht beschäftigt von der letzteren Zahl waren 5065,27 Köpfe, überhaupt beschäftigt 26 772,28, davon mit Hausarbeiten 2570,49 und für Dritte gegen Lohn 24 201,79. Aufgekommen sind durch die Arbeit insgesammt 3 188 399,96 oder 66701,50 mehr als 1895/96, davon 891774,68 durch Verwendung der Gefangenen zur Arbeit außerhalb deS Gefäng nisses, 2 2W 868,50 durch sonstigen Arbeitsverdienst und 32 756,78 an Ueberschüssen, welche durch besondere Umstände veranlaßt sind. Die Kosten der Beschäftigung außerhalb deS Gefängnisse» betrugen 181232,14 «kk, so daß a» reiner Ar- Lekirverdkenst die Summe von 3067167,82 3k SerVNev. Von dem reinen Arbeitsverdienst entfielen auf jeden Gefangenen 94,45 c4k, auf den für Dritte gegen Lohn beschäftigten Ge fangenen 124,25 <^. An die Gefangenen wurden bewilligt bezw. für sie reservirt 917 323,55 zur Gerichtscasse 2 092 217,44 abgeliefert. Von dem letzteren Betrage verblieb der Staatscasse ein Antheil von 1655134,91 <^t, als Remunerationen an die Gefängniß-Beamten wurden 434 709,36 cA vertheilt. — Der Erlaß des preußischen Kultusministers über die Verleihung des medicinischen Doctorgrades hat folgenden Wortlaut: „In Abänderung der Promotions ordnung der medicinischen Facultäten bestimme ich hierdurch: 1) Die Verleihung des Doctorgrades in der medicinischen Fa- cultät darf in der Regel erst erfolgen, nachdem der Candidat die Approbation als Arzt für das Reichsgebiet erlangt hat. 2) Aus nahmen hiervon in besonderen Fällen (wie namentlich bei Aus ländern) zu gestatten, wo die vorherige Erfüllung jener Vorbe dingung dem Candidaten aus gewichtigen Gründen nicht zuzu- muthen ist, bleibt den Facultäten mit diesseitiger Genehmigung Vorbehalten. 3) Für Candidaten, deren Zulassung zur Pro motion vor dem 1. Oktober dieses Jahres erfolgt, bewendet es bei den bisherigen Bestimmungen." * Stolp, 20. April. Es ist jetzt Aussicht vorhanden, daß Stolpmünde einen den Verkehrsverhältniffen angepaßten Hafen erhalten wird, denn der Staatssecretair des Reichs- Marine-Amts, Staatsminister T i r p i tz, hat den „Berl. N. N." zufolge die darauf gerichtete Petition thatkräftig unterstützt. Der Staatssecretair stellte es vom strategischen Standpunkte als Wünschenswerth hin, daß der Hafen auszubauen sei, damit er im Kriege kleineren Fahrzeugen der Marine als Stützpunkt dienen könne. Der Staatssecretair des Reichs-Marine-Amts scheint als Mitglied des preußischen Staatsministeriums seinen Einfluß bei Hafenbauten in besonders erfolgreicher Weise zu bethätigen. * Hanau, 20. April. Der Vorstand des hiesigen national liberalen Wahlvereins hat neuerdings den Beschluß gefaßt, das zwischen Conservativen und den Nationallibe ralen unseres Wahlkreises für die Wahlen zum Reichs- und Landtag bisher unterhaltene Cartell auch für die nächsten Wahlen bestehen zu lassen. Die Nationalliberalen wollen sich mit conservativer Unterstützung wieder das Landtagsmandat sichern, während die Conservativen den Reichstagscandidaten Oberst a. D. Sieg-Wiesbaden aufstellen. * Mainz, 21. April. Die hiesigen Zimmerleute, die in die Lohnbewegung eingetreten sind, verlangen eine Er höhung LeS Stundenlobnes um 4 von 38 auf 42 die Zimmermeister haben beschlossen, eine Erhöhung von nur 2 für die Stunde zu bewilligen. * Darmstadt, 21. April. Am nächsten Sonntag findet hier eine Dertrauensmänner-Versammlung der nationallibe ralen Partei statt, in der der Candidat für den Reichstag nominirt werden soll. Wie der „Darmstädter Tägl. Anz.", das Organ der hiesigen Nationalliberalen, vernimmt, wird Rechts anwalt Metz I., der in der „Franks. Ztg." bereits vor drei Wochen genannt war, in Aussicht genommen. Im Wahlkreise Erbach-Bensheim soll, da von einer Candidatur Haas nicht mehr die Rede ist, der Landtagsabgeordnete Euler, Fabrikant in Bensheim, in Aussicht genommen sein. 3. Stuttgart, 22. April. (Privattelegramm.) Wie der „Schwäbische Merkur" mittbeilt, ist an Stelle Gült- lingen von den Nalionalgesinnten aller Richtungen deS 7. württembergiscken Wahlkreises Professor Hicber-Stutt- gart als ReichSlagscandidat aufgestellt worden. * Straßburg, 21. April. Im Reichstagswahlkreise Straßburg-Land stellt der bisherige nationalliberale Vertreter Bürgermeister vr. rneck. Bostetter - Brumath seine Candidatur wieder auf. Gegenkandidat ist der socialistische Schriftsetzer Trax-Straßburg. * München, 21. April. Die „Münch. N. N." berichtigen ihre Meldung, der Herausgeber der „Zukunft", Maximilian Harden, sei wegen eines Artikels über König Otto durch Strafmandat des k. Amtsgerichts München I wegen groben Unfugs in Strafe genommen, dahin, daß die AmtSanwalt- schaft gegen Harden Anklage wegen groben Unfugs erhoben hat. Für die Verhandlung ist Termin auf den 28. April festgesetzt. DaS Blatt fügt hinzu: „Es ist die» unseres Wissen der erste Fall, daß die Fiction des ambulanten Gerichtsstandes der Presse einen preußischen Journalisten vor ein bayerische» Gericht stellt." * München, 20. April. Die „Augs. Postztg." plaidirt für ein Verbot der Fideicommißbildungen, weil in Folge der Bodenzinsvergllnstigungen sowie der schon gewährten und noch zu erwartenden Vortheile für die Landwirthschaft das Großkapital bereits daran sei, landwirthschaftliche Immobilien zu erwerben, um Fideicommisse daraus zu machen, sich dadurch den erblichen Adel, die Reichsrathswürde rc. zu erwerben. Es scheint also auch das Centrum der Fideicommißwirthschaft ein Ende machen zu wollen. Oesterreich-Ungarn. Zur inneren Lage. * Wien, 22. April. (Telegramm.) Die katholische DolkSpartei beschloß einstimmig, bezüglich der Minister anklage Uebergang zur Tagesordnung zu beantragen, jedoch mit ausdrücklicher Mißbilligung der lex Falkenhayn. Würde diese mißbilligende Tagesordnung abgelehnt, dann bleiben die Klerikalen den anderen Ab stimmungen über die Ministeranklage fern, wodurch die Linke die Mehr' eit erlangen würde. Die Führer der Rechten sind über die Haltung der Klerikalen erbittert, sie drohen im Falle der Auflösung der bisherigen Mehrheit mit einem slawischen Gegenbund. Man erwartet eine stürmische Sitzung, da Namens der Rechten Kramarz durchaus sprechen will, um auf die Angriffe gegen daS frühere Präsidium zu antworten. (Voss. Ztg.) * Pest, 21. April. Die Aufnahme der AuSgleickS- vo klagen in der liberalen Presse ist eine relativ günstige. Es wird constatirt, daß der Versuch vorliege, die Institution der Consumsteuern zu beseitigen. Die Oppositionspresse schlägt Lärm. DaS Land sei an Oesterreich verkauft. — Sämmtliche Abendbläiter verurtheilen auf das Schärfste daS Vorgehen der Polizei gegen die Socialisten am gestrigen Abend. Don den gestern verhafteten 121 Socialisten wurden 102 zu Freiheitsstrafen von 3 bis 16 Tagen und Geldbußen von 25 bis 130 st. verurtbeilt. — Die dem Abgeordneten haus« angehörenden Sachsen beabsichtigen ihren Austritt au» der Regierungspartei und Constituirung einer eigenen Partei. (Frkf. Ztg.) Orient» Bulgarisch-serbische Differenzen. * Konstantinopel, 22. April. (Telegramm.) Der serbische Gesandte Novakowitsch unternahm im Aildiz- KioSk Schritte in dem Sinne, daß die Kirche in Kumanowo wie früher den Serben und Bulgaren in strenger Abwechslung zum Mefselesen offen stehen soll. Der Gesandte überreichte der Pforte ferner eine Note, in welcher die Bestrafung von 6 Albanesen und der türkischen Grenzwache für die letzte Grenzüber- schreitung verlangt wird. (Wiederholt.) Asten. Prinz Heinrich. * Shanghai, 22. April. (Telegramm.) Prinz Heinrich von Preußen begab sich gestern nach Woosung, besichtigte dort die »ach deutschem Muster ein- exercirten eingeborenen Truppen, sah einer Gefechtsübung zu und wobnte sodann einer Besichtigung der Shanghaier Frei willigen bei. Amerika, Der Krieg u» Tuba. *«a»ritz, S1. «pril. «ine polstantzige «ikifter- krisi» ist infolge »er ersten Sitzung »er Torte» au»- gebrochen. viele Abgeordneten ließen sich bäht» au», batz eine bisher so schwache Regierung nicht» tange »ur Leitung ber jetzigen Geschäfte. S agasta überreichte bteDewt ssion be» ganzen Tabtnet». (Frkf. Ztg.) * Biarritz, 22. April. (Telegramm.) Woodford -assirte hier heute Vormittag. In Baladolid veranstaltete die Bevöl kerung bei seiner Durchfahrt lärmende Kundgebungen und schleuderte Steine gegen den Zug. Die Menge wurde mit Waffengewalt zurückgetrieben. * Pari», 22. April. (Telegramm.) Die Bethriligung der hiesigen spanische» Tolonie au der tu der Botschaft aufgelegten Subskription dauert fort. * New Kork, 21. April. Die Mächte wurden heut« verständigt, daß der Kriegszustand exiftirt. Boa einer formellen Kriegs erklärung wird wahrscheinlich abgesehen. — Die Ausstellung von Kaperbriefen ist nur dann beabsichtigt, weau Spanien die Initiative ergreift. — Der Generalpostmeister Gary demissionirte. Er war im Eabinet der eifrigste Friedensfreund. Sein Nachfolger Charles Emory Smith ist Besitzer der Philadelphia „Preß". (Frkf. Ztg.) * Rrw vork, 21. April. Der Aufruf für 100000 Frei- willige soll heute erfolgen. Die StaatSmiltzeu von PenN- sylvanien, Massachusetts und Delaware sind mobilisirt. Ein zweite» Geschwader soll sofort Segelordre erhalten. — Die Flotten- Operationea beginnen sofort, da da» Key-West-Geschwader Segel ordre hat. — Die sofortige Blockade der kubanischen Häfen ist anscheinend beschlossen, wenn auch daS Cabinet sich noch gegen «in eventuelles Bombardement der Hafenstädte sträubt. Die Leiter der militairischen Operationen sind hingegen für «in sofortige» schonungs lose» Vorgehen. (Frkf. Ztg.) * Key-West, 22. April. (Telegramm.) Die Monitors „Terror" und „Puritan", da» Kanonenboot „Helena", die Kreuzer „Marblehead" und „Detroit", der Aviso „Delphine^ und drei Torpedoboote sind hier eingetroffea. * Key-West, 22. April. (Telegramm.) Da» Auslaufen de» Geschwaders war heute früh 5'/. Uhr beendet. * London, 22. April. (Telegramm.) Der Washingtoner Berichterstatter deS „Daily Chroniclr" telrgraphirt: Nach dem Mintstrrrathe am Donnerstag, der stattfand, um die künftigen kriegerischen Bewegungen zu erwägen, sagte mir ein Mitglied de» CabinetS, Commodore Sampson's Keywestflotte werde sofort auslaufrn, um Schiffe mit Proviant für die Nothleidendru nach Cuba zu geleiten. Dir Flotte werde sich vorläufig nicht auf Feindseligkeiten einlassen, sondern die Insel blockiren, bi» eineOccupationsarmre nach Tuba gesendet werden könne. Fall» sie nicht von den Spaniern beschossen werde, werd« die Flotte keinen Schuß abfeuern, bis die Armee laudungsbrrrit sei. Es dürften zwei Wochen verstreichen, ehe die Armee eiageschifst werden könne. (Voss. Ztg.) * Havannah, 22. April. (Telegramm.) Die Prokla mation Blanco's fordert die Cubaner auf, eine fremde Invasion mit Waffengewalt zurückzuwrisen. * Havannah, 22. April. (Telegramm.) Infolge der Pro- clamation des Marschalls Blanko sammelte sich eine große Volks menge vor dessen PalaiS. Eine Abordnung begab sich zu Blanko und erklärte sich bereit, bis auf- Aeußerste zu kämpfen. Blanko dankte vom Balcon aus und gab der Bevölkerung die Ver sicherung, daß er sie zum Siege führen werde; sie würden den letzten Tropfen Blut vergießen, ehe sie einen Fremden den Fuß auf da» von Spanien entdeckte Land setzen lassen. Die Menge beantwortete die Ansprache mit Hochrufen auf Spanien, die Armee, den König und die Marine. Dir Häuser sind festlich geschmückt. Gestern Abend fand eine Illumination statt. * Rrw Kork, 22. April (Telegramm.) Eine Depesche des „Newyork Herold" auSSan Joan (Portorico) meldet, Laß im Bezirke Ponce, imMdlichen Theile von Portorico, ein Auf stand ausgebrochen sei und überall auf der Insel Unruhen austretrn. * Toronto (Canada), 22. April. (Telegramm.) Hauptmann Lee von der königl. Militairschule zu Kingston (Provinz Ontario) erhielt von der englischen Regierung Befehl, morgen nach Washington zu reisen, um mit den amerikanischen Truppen nach Cuba abzogehen und der amerikanischen Bewegung beizuwohnen. * London, 21. April. Die Nachrichten über einen bevorstehenden engeren Zusammenschluß Amerikas uudEnglands mehren sich. Aos New Park wird gemeldet: Der Secretair der ameri kanischen Gesandtschaft in London, Whitse, sei in einer geheimen Mission in Washington. Er theile dem Präsidenten Mac Kinley die Ansichten des Prinzen von Wale- über diese Frage mit. Eine Allianz (?) sei im Werke. (Frkf. Ztg.) * Pari», 22. April. (Telegramm.) Die Neutralitäts erklärung, die die französische Regierung vorbereitet und wahr- schrinlich schon heute veröffentlichen wird, ist vom Professor des Völkerrecht- Louis Renault auSgearbeitet; sie trifft besonders Be stimmungen für da- Durchsuchung-- und Ausbringungsrecht auf hoher See und für die Zulassung von Kaperschiffen in französische Häfen und umschreibt genau den Begriff der Kriegscontrebaude. In hiesigen Marinekrrisen beklagt man, daß die feit dem 1. April in den kapverdischen Gewässern versammelte spanische Kriegsflotte so viel Zeit verloren habe und erst gestern nach Amerika abgrdampft» sei, und glaubt, daß dir amerikanische Flotte unter schneidiger Führung in den ersten Tagen große Erfolge erringen könne. Die Spanier entschuldigen ihre Saumseligkeit damit, daß sie alles hätten Unterlasten wollen, was den Amerikanern einen Borwand zu Beschwerden hätte bieten können, selbst auf die Gefahr hin, dadurch beim Beginn der Feindseligkeiten zeitweilig in Nachtheil zu gerathen. An ein Bündniß Englands mit Amerika will man hier nicht glauben; so meint man, die politische Formel „Die Angelsachsen gegen die ganze Welt" würde kür die Angelsachsen größere Gefahren in sich schließen al- für die Welt. (Bost. Ztg.) * Petersburg, 22. April. (Telegramm.) DaS „Journal de St. PSterSbourg" schreibt bezw. deS spanisch-amerikani schen ConflicteS: Man kann sagen, daß in dem gegenwärtigen Conflict da- Gewicht der Vergangenheit auf der Gegenwart lastet. Die öffentliche Meinung in den Bereinigten Staaten hatte mit so vielem Eifer die einzelnen Phasen de- Kampfes auf Cuba verfolgt, ihre Sympathien für die Sache der Insurgenten haben sich mit solcher Stärke kundgegrbea, daß man sagen kann, der Conflict sei gewissermaßen durch di« Macht der Verhältnisse hrrbrigrfühct worden. (Wiederholt.) Manne. * Berlin» 22. April. (Telegramm.) S. M. Schultpdbte. „8.1" und „8. 32" sind am 20. d. M. in Swinemiinde eingetrofsen, am 21. nach Stolpmünde writergegougen und daselbst eingetrofsen. Die V-Tpdbtdiv. auSschl. S. M. Tpdbt. „8. 73" ist am 21. d. M. von Eckernförde in See gegangen. S. M. S. „Aegir" hat am 21. d. M. die WachtfchifsSgrfchSfte von S. M. S. „Blücher" in Kiel übernommen. S. M. S. „Pfeil" ist am 21. in Neufahr- wasser ringriroffen und beabsichtigt, am 22. wieder in See zu gehen. ES sind in Kiel ringetroffen: am 20. S. M. S. S. „Aegir" und „Carola", am 21. S. M. S. S. „Frit hjofs", „MarS" und „Browuls", S. M. S. S. „Hohrazollrrn" und „Hagen" sind am 21. von Kiel in See gegangen.
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