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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.05.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980507010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898050701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898050701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-07
- Monat1898-05
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Mai 1893 verfügte Auflösung deS 1890 gewählten Reichs tags ließ diesen nur Monate über das frühere gesetzliche Alter hinauSkommen. Die Klagen über die vom CartellreichStage beschlossene Verlängerung der Gesetzgebungsperiode sind fast ganz verstummt. Vielleicht nur vorläufig und nur deshalb, weil die Gegner dieser Maßregel in dem nunmehr geschlossenen Parlament ihre Rechnung gefunden haben. Jedenfalls aber dürfen die Parteien, die im Interesse der Minderung der Wahlkämpfe die Neuerung herbeigeführt, mit ihrer Reform zufrieden sein; denn hätten vor zwei Jahren ordnungsgemäße Neuwahlen stattfinden müssen, so wäre sicher keine für die Reichspolitik günstigere Zusammensetzung des Parlaments erzielt worden. Und was wichtiger ist: die Verlängerung der Legislaturperioden erweitert die Möglichkeit der Auflösung im Falle des Versagens des Reichstages in Existenzfragen des Reiches. Und dieser Möglichkeit haben wir es zu verdanken, daß der Reichstag seiner Verpflichtung in der Angelegenheit der Ver besserung der Vertheidigungssähigkeit zur See nachgekommen ist. Das Eentrum hat endlich die Gefahr erkannt, die der Appell an die Wähler gegen ein die äußere Sicherheit deS Reiches vernachlässigendes Parlament für die Oppositionellen birgt. Und deshalb hat sich der nunmehr der Geschichte an gehörige Reichstag von 1893 nothgedrungen auf seinen Ursprung besinnen müssen. Er war entstanden, um eine unerläßlich gewordene, aber von seinem Vorgänger verweigerte Verstärkung des Landheeres zu Stande zu bringen, und er geht auseinander, nachdem er Deutschland eine be scheidene, aber hinter den Regierungsforderungen nicht wesent lich zurückbleibende Flotte gesichert hat. Diese beiden gesetzgeberischen Acte gereichen dem ge schlossenen Reichstage nicht zum Verdienst, ihr Unterbleiben wäre ihm zur Schande und zum Verderben geworden. Die Erweiterung der jährlichen Recruteneinstellung hat sich, ab gesehen von ihrer militairischen Dringlichkeit, al- ein vor zügliche- Ealmirungsmittel für die Franzosen erwiesen, indem sie ihnen eine Grenze ihres Nüstungsvermögens zei^t, die sie ihrerseits infolge einer erheblich geringeren Bevölkerungs ziffer höchstens zu erreichen, nicht aber zu überschreiten im Stande sind. So war daS deutsche HeereSgesetz von 1893 in ganz hervorragendem Maße eine Friedensthat, die auch gegenüber einer festeren Gestaltung des Zweibundes ihr Gewicht behauptete. Und was die neue Flottenorganisation anlangt, so hat sie durch den spanisch-amerikanischen Krieg noch eine nachträgliche Rechtfertigung erhalten, die den CentrumS- mitgliedern bei dem Gedanken, daß sie bei ihrem ursprüng lichen Widerstande beharrt haben könnten, den Angstschweiß aus die Stirn treiben dürfte. Diese beiden Wehraesetze, die den Anfang und da- Ende der Legislaturperiode markiren, bilden zugleich neben der Fertig stellung de- Bürgerlichen Gesetzbuches deren Lichtpunkte in reich-politischer Hinsicht. Von der Genehmigung der Heereöverstärkung sank der Reichstag allsogleich herab zur Verweigerung der Mittel für dieselbe. Daß er bei der Er höhung der Börsensteuer, die er (neben einer Erhöhung der Lotteriestempel) beschloß, von der Abneigung gegen das Steuerobject und nicht von der Absicht, die Reichseinnahmen zu erhöhen und die deutschen Finanzen zu ordnen, ge leitet war, zeigte das Schicksal der Finanzreform, die trotz wiederholter Anstrengung der Negierung gescheitert ist und an deren Stelle in der sogenannten lex Lieber ein durchaus unzulängliches Surrogat gesetzt worden ist. Daß das Centrum jetzt nur nothgedrungen dem Flottengesetze zur Annahme verholfen, wird dargethan durch die Thatsache, daß eS noch im vorigen Jahre, wo es eine Auflösung des Reichstages für sich nicht zu befürchten hatte, erwiesenermaßen unentbehrlichen Neuanschaffungen für die Marine die Zustimmung ver sagte. Wie sich dieser Reichstag durch die Verweigerung des Glückwunsches zum achtzigsten Geburtstag des Fürsten Bis marck, durch häßliche Auftritte in seinem Schooße, insbesondere durch die Ausbildung eines Systems der Verleumdung wehr loser Außenstehender, durch unerhörte Pflichtvergessenheit bei Behandlung dringlichster Geschäfte entehrt hat, das sei an seinem offenen Grabe nur flüchtig erwähnt. Für die Schmachthat des 23. März 1895 hat er sich wenigstens selbst züchtigen müssen, indem er sich gezwungen sah, an Stelle der zurückgetretenen Herren v. Levetzow und Bürklin ein Präsidium Buol-Schmidt (-Lingen) an seine Spitze zu stellen. WirthschaftApolitisch wird das Zeugniß der ab gelaufenen Legislaturperiode günstiger lauten müssen, als vom reichspolitischen Stundpuncte. Zwar hat sie uns die schlimmsten Ausschreitungen agrarischer Agitation erleben lasten. Von dem Tone, der eine Weile herrschend war, ganz abgesehen, bilden die Behelligung des Parlaments mit dem frivolen Projekte der Verstaatlichung der Getreide einfuhr und eine leichtfertige Kritik des bestehenden Geld wesen-Erinnerungen so schlimmer Art, daß der Niedergang deS Ansehens deS Reichstags, der in den letzten fünf Jahren ein erschreckender war, leider nicht ausschließlich der social revolutionären und der bürgerlichen Demokratie zugeschrieben werden darf. Aber bei der retrospektiven Betrachtung muß man sich doch auch vergegenwärtigen, daß dieser Reichs tag noch in dem Grafen Caprivi, dem Manne ohne Ar und Halm und dem, glücklicherweise unglück lichen, Erfinder des „deutschen Industriestaates", einen bethörten Herausforderer deS deutschen landwirthschaftlichen Gewerbes vorfand und daß ein die schwersten Besorgnisse recht fertigender Tiefstand der Getreidepreise in die LegiSlatur- 1893—98 fällt. Die Dialektik des inzwischen gleichfalls zurück getretenen Frhrn. v. Marschall war auch nicht vazu angelhan, den berufsmäßigen Pflegern und den Amateurs der agrarischen Volksaufreizung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Auf der andern Seite braucht auch nicht vergessen zu werden, daß der für die deutsche Landwirthschaft glühende Mi nister v. Hammerstein und selbst Fürst Hohenlohe mit gehässigen Angriffen nicht verschont geblieben sind. Direkt und gesetzgeberisch hat das extreme Agrarirrtbum im Reichstag weaia Schaden anzurichten vermocht. Während eS der Antrag Kanitz nicht auf mehr als 97 Stimmen brachte und die bimetallistischen „Anregungen" Schläge in- Wasser geblieben sind, haben der rumänische und der russische Handelsvertrag in diesem unter starker Ein wirkung deS Bundes der Laodwirthe gewählten Parlament eine Mehrheit gefunden. Beide Verträge stellten sich al- unvermeidliche Consequenzen der von einem früheren Reichstage gutgeheißenen Abkommen dar, und der Handelsvertrag mit Rußland zeichnet sich so vorteilhaft von dem deutsch-öster reichischen au-, daß eS einen sonderbaren Geschmack verräth, wenn Conservative, die diesen zu Stande bringen geholfen haben, sich rühmen, jenen verworfen zu haben. Eine greifbare üble Erbschaft hinterläßt, Dank dem Centrum, die agrarische Ueberreizung im Reichstage nur in dem Margarinegesetze, dessen Undurchführbarkeit aber bereit- dargethan ist. Im Uebrigen sieht daS geschlossene Parlament auf eine umfassende, tiefgreifende und im Großen und Ganzen gesunde Wirtschaft-- und vor Allem MittelstandSpolitik zurück. Wir nennen nur die Börsenreform, deren ein schneidendste Bestimmung eben erst wieder von der Dresdner Handelskammer gerühmt worden ist, daS Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und daS über die Ab zahlungsgeschäfte, die starke Beschränkung deS Wandergewerbes und der wirtschaftlich nicht gerecht fertigten Ausdehnung des ConsumvereinSwesenS und der Consumanstalten; ferner das Branntwein- und da- Zuckersteuergesetz. Hinsichtlich der Handwerks organisation sind wir, auch im Lager unserer Freunde, einer zum Theil gegnerischen Auffassung unterlegen. ES würde un- freuen, wenn eine gedeihliche Entwickelung des ge schaffenen JnnungSsystemS uns eines Irrtums überführen sollte. Die Errichtung von Handwerkskammern und die Regelung deS Lehrlingswesens bedeuten jedenfalls unbestreit bare Fortschritte. Die gebotene Rücksichtnahme auf vie Land wirtschaft und den Mittelstand ist jedoch der Wahrnehmung der Interessen der Lohnarbeiter nicht im Wege gewesen und in Bezug auf die Aufbesserung der Beamten gehälter sind wenigstens erfreuliche Anfänge gemacht. Der großen Anstrengung deS Zustandeoringens deS Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bereits Erwähnung gethan worden. Sie repräsentirt, von der nationalen Bedeutung zu schweigen, nebst den Nebengesetzen ein ungeheures Stück guter juristischer Arbeit, an der auch der Reichstag nicht un beteiligt gewesen ist. Daß die Aenderung der „Justiz gesetze", insbesondere die Wiedereinführung der Berufung in Strafsachen, abermals gescheitert und nur die Ent schädigung unschuldig Verurtheilter — endlich — gesetzliche Pflicht geworden ist, bat sicher vielen Deutschen eher zur Genugtuung als zum Bedauern gereicht. Umgekehrt wird die Durchführung der Reform deS Strafverfahrens im Heere außerhalb einer kleineren konservativen Gruppe und der Socialdemo ¬ kratie allenthalben als ein großer Gewinn begrüßt. Mit ihr wird eine dreißigjährige Forderung der nationalliberalen Partei erfüllt, leider nicht ohne daß daS Unternehmen Preußen einen politisch und fachlich gleich vertrauenswürdigen Kriegs Minister wie Bronsart v. Schellendorf gekostet bat. Diesem ist e- wenigstens noch vergönnt gewesen, die Frage der vierten Bataillone zu lösen, während der Beginn der Neubewaffnung der Artillerie bereits in die Amtszeit seines Nachfolgers fällt. ' Die politische Gesetzgebung im engeren Sinne oder die Versuche zu einer solchen werden bezeichnet durch die Namen „Umsturzvorlage", Vereinsgesetz und Beseitigung deS Jesuitengesetzes, welch letztere zu beschließen zur süßen Gewohnheit deS Reichstags geworden ist. Die reichsgesetzliche Aufhebung de- Verlnndungsverbots für politische Vereine, wie sie der Reichstag beschlossen hat, wird trotz de- particularaesetzlichen Vorgehens der wichtigsten Mittel- und vieler Kleinstaaten erfolgen müssen, wenn die bevorstehenden Wahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus? nicht eine Mehrheit für die unentgeltliche Erfüllung der ge gebenen Zusage ergeben. Wie die sogenannte Umsturzvorlage dem Bestreben der Ultramontanen, an den Flammen der socialdemokratischen RevolutionSpropazanda für die eigene Tafel zu sieden und zu braten, aber auch schweren Fehlern der Regierung zum Opfer fiel, ist noch in frischer Erinnerung. Heute ist die Ansicht, daß solche Actionen nur mit sicherer Aussicht auf Gelingen oder gar nicht in Angriff genommen werden dürfen, Gemeingut der nationalen Parteien. Im provisationen dieser wie anderer Art werden aber auch künftig nicht ausgeschlossen sein, wenn, wozu leider wenig Hoffnung, der künftige Reichstag in Bezug auf mann- bafte Sprache nach oben seinen Vorgänger nicht übertrifft. Reclame-Rtden, wir sie Demokraten und Socialdcmokraten gelegentlich hielten, sind höchstens deshalb der Erwähnung Werth, weil das Ausbleiben einer Erwiderung auf eine der selben den Rücktritt deS Herrn von Bötticher aus lange versehenen Aemtern nach sich gezogen haben soll; von positiv gerichteter Seite aber sind während der fünf Jahre im Reichstag nur zweimal Warnungen vor den Gefahren einer falschen Schätzung der politischen Möglichkeiten der Zeit ergangen. DaS Capitel über die Parteien, ihre Entwickelung und ihre gegenseitigen Beziehungen ist neuerdings so oft geschrieben worden, daß eS an dieser Stelle wegbleiben mag. Eins aber kann nicht oft genug gesagt werden: gerade die ver flossene Legislaturperiode hat gezeigt, daß die allen Hoffnungen für das Reich aus den alten nationalen Parteien beruhen. Die Mißerfolge, die die Rcichspolitik zu verzeichnen hatte, lehren dies nicht eindringlicher als die Geschichte der Erfolge — soweit sie bekannt ist. Ohne Schaven für das Vaterland kann sich eine Regierung nur auf solche Parteien stützen, die dem Staate nur seiner selbst willen und nicht um politischen Lohn gerecht werden. Fenilletsn. Entdeckungen und Erfindungen. Technische Revue. Bon Rudolf Curtius. , Nachdruck verboten. Das Telelettroskop von Jan Szczepanik. — Färbungen ohne Farb stoff. — Eine Bergbahn nach dem neuen Eldorado am Klondyle. — Die höchste Drücke der Welt. — Eine Lustballoneisenbahn. — Tapeten aus Aluminium. — Wasser als Sprengstoff. Aus den letzten Monaten können wir wieder über eine große Fülle von hervorragenden Neuheiten und Fortschritten auf natur wissenschaftlichem und technischem Gebiete berichten. Im Vordergründe des Interesses steht, alles Andere weit überragend, das in der letzten Zeit vielgenannte, theilweise indeß recht ungeschickt beschriebene „Telelektroskop" Jan Szczepanik's, welcher das Problem der elektrischen Bildübertragung, über das schon so viele bedeutende Erfinder sich den Kopf zerbrochen haben, als Erster in befriedigender Weise gelöst hat. Die Elek- tricität hat uns wie kerne andere Naturkraft die Grenzen von Raum und Zeit überw «den gelehrt. Dem elektrischen Land telegraphen folgten in de.r sechziger Jahren unsere- Jahrhunderts die unterseeischen Kabel, welche auf Tausende von Meilen hin durch die in ewige Nacht gehüllten Abgründe des Weltmeeres die ihnen übergebenen Botschaften mit Blitzesschnelle übertragen; dann kam das Telephon, welches daS gesprochene Wort mit allen Modulationen der Stimme im Augenblick auf weite Ent fernungen hin hörbar macht, der Phonograph, der uns gestattet, eine in ihn hineingesprochene Rede oder hineingesungene Arie nach beliebig langer Zeit naturgetreu wiederzugeben, und schließ lich zauberte uns der Kincmatograph das lebensvolle, bewegungs reiche Abbild eines bemerkenSwerthen Vorganges mit allen Details vor die Augen. Unter solchen Umständen ist es kein Wunder, daß man sich bemühte, auch die Lichtwellen elektrisch weiter zu leiten, um sie an einem weit entfernten anderen Orte dem Auge wieder als Bild vorzufllhren. Erst vor wenigen Monaten war es dem Deutsch-Amerikaner Hummel gelungen, dem seit 60 Jahren an gestrebten Ziele um einen Schritt näher zu kommen; aber erst Szczepanik'» Erfindung weist denjenigen Grad von Vollkommen heit auf, welcher die Grundbedingung der praktischen Ver wendung ist. Wie alle seine Vorgänger, bedient Szczepanik sich zur Er reichung seine» Ziele» der eigenthümlichrn Eigenschaft des Selen», eine- in fast allen schwefelhaltigen Erzen in geringen Mengen vorkommenden nichtmetallischen Elemente», da», wenn e» in «ine elektrische Stromleitung eingeschaltet ist, dem Strom einen größeren oder geringeren Leitung-Widerstand entgegensetzt, je nachdem e» schwächer over stärker beleuchtet ist. Eine eigenartige Anordnung des Selens zwischen Metallen und Glimmerplättchen, durch welch« da» Ganz« einen hohen Grad von Empfindlichkeit gegen Licht bekommt, nennt man eine I „Selenzelle". Diese ist der eine Hauptbestandtheil des Apparats; I der andere Theil ist im Wesentlichen eine Spiegelvorrichtung, durch welche das Bild eines aufzunehmenden Gegenstandes in Puncte zerlegt wird. Der ganze Vorgang ist nun folgender: Von einem grell beleuchteten Gegenstände zeichnet eine lichtstarke Sammellinse ein kontrastreiches Bild, welches auf einen sogenannten Linienspiegel fällt, einen Spiegel, dessen reflectirende Fläche mit Ausnahme einer schmalen geraden Linie mit einer undurchsichtigen Deck farbe belegt ist. Es spiegelt sich auf dieser Linie also immer nur ein schmaler Streifen des Bildes. Der Reflex dieses Streifens fällt auf einen zweiten eben solchen Spiegel, dessen spiegelnde Linie aber mit jener des ersten einen rechten Winkel bildet. Durch diese Einrichtung wird von dem Linienbilde des ersten Spiegels nur ein kleines punctartiges Quadrat weiter reflectirt, das nun auf die Selenzelle fällt, deren Widerstand so bemessen ist, daß sie, wenn sie im Dunkeln ist, einem zwischen den Orten und L gesendeten elektrischen Strom von gewisser Stärke den Durchgang nicht mehr gestattet. Im Moment aber, wo ein Lichtstrahl die Selenzelle in X trifft, wird dieser Wider stand überwunden, und ein Strom fließt nach L. Beide Linien spiegel werden nun in durch den Anker eines Elektro magneten in äußerst schnelle und gleichmäßige Schwingungen versetzt. Dadurch wird das Linsenbild in überraschend kurzer Zeit in zahllose Lichtpunkte von verschiedener Helligkeit zerlegt, welche auf die Selenzelle wirken und dadurch den in der Leitung circulirenden Strom bald abschwächen, bald verstärken, je nach dem in eine dunklere oder hellere Stelle des aufzunehmenden Gegenstandes auf die Selenzelle einwirkt. In L dienen nun diese Ströme dazu, eine Oeffnung in dem undurchsichtigen Schirme einer starken elektrischen Lampe je nach der Stärke deS gerade anlangenden Stromes zu erweitern oder zu verkleinern; e» strahlen also von dieser Lampe jeweilig genau so große Licht mengen aus, wie in auf den dortigen Apparat eingewirkt haben. Da» Licht der Lampenöffnung fällt nun wieder auf zwei genau so wie in angeordnete Linienspiegel, welch« mit den in befindlichen in elektrischer Verbindung stehen und bi» auf den minimalsten Bruchtheil einer Secunde in demselben Tacte und derselben Richtung schwingen wie jene. Dckdurch aber werden, wenn man in der Reflexrichtung des zweiten Spiegels einen Weißen Schirm anbringt, auf diesen Lichtpunkte geworfen, welche hinsichtlich ihrer Lage und Helligkeit genau den Bildpuncten des in aufgenommenen Gegenstandes entsprechen. Die Lichtpunkte folgen einander so schnell, daß sie dem Auge, welches die Eindrücke auf die Netzhaut noch eine kurze Zeit festhält, zugleich zum Bewußtsein kommen und da» gesammtr genaue Bild de» in weiter Ferne aufgenommenen Gegenstände» darbieten. Ersetzt man nun den weißen Schirm durch eine hochempfindliche photographisch« Negativplatte, so braucht man diese dann nur in der gewöhnlichen Weise zu entwickeln, um ein zur beliebigen Reproduktion geeignete» photographische» Negativbild zu erhalten. E» mag der Phantasie de» Leser» überlassen bleiben, sich die Tragweite der Erfindung auszumalen, wenn es gelingt, künftighin z. B. ein Bild der gerade stattfindenden Frühjahrs parade auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin fast im selben Augenblick in Wien sichtbar zu machen, ganze Blattseiten einer Zeitung mit wichtigen Nachrichten blitzschnell nach einem fern gelegenen Orte zu übermitteln, wichtige Urkunden oder Photo graphien schwerer Verbrecher in kürzester Frist den Polizei behörden der Großstädte und wichtigen Hafcnplätze mitzutheilen. Wenn nun auch die Erfindung in manchen Punkten vielleicht der Vervollkommnung noch fähig und deren noch bedarf, verdient sie doch jedenfalls das von ihr erregte Aufsehen in vollstem Maße. Seit kurzer Zeit kommen im Handel allerliebste Luxus papiere vor, deren irisirender Farbenglanz in allen Nüancen des Regenbogens den Beschauer geradezu entzückt, die jedoch, was das Sonderbarste ist, ohne jede Anwendung von Farbstoffen hergestellt sind. Die Fabrikation derselben beruht auf den Ge setzen der Interferenz der verschiedenfarbigen Lichtstrahlen, mit welchen wohl jeder von uns als Kind oftmals unbewußt ein unterhaltendes Experiment gemacht hat. Eine Seifenblase, das beliebte Spiel der Jugend, ist zunächst farblos. Wenn sie sich durch die hineingetriebene Luft ausdehnt und dünnrandiger wird, erglänzt sie zunächst in Farben, welche bei noch weiterer Ausdehnung durch die ganze Scala des Regenbogens in hellblaue bis violette Töne übergehen. Dieselben Jnterferenzfarben ent stehen, wenn eine Seifenlösung, Petroleum, ölige Substanzen, kurz, alle Flüssigkeiten von geringerer Oberflächenspannung als das Wasser, sich auf der Wasseroberfläche in dünnster Schicht ausbreiten. Der Pariser Ppysiker Charles Henry stellt nun die JriSfarben h«r, indem er Papiere, welche vorher auf das Sorgfältigste geglättet sein müssen, am Boden eines mit Ablaß hähnen versehenen Troges ausbreitet, mit Wasser übergießt, und dann auf die Oberfläche desselben einige Tropfen der die Iris- farben hervorrufenden Substanz fallen läßt. Die irisirende Schicht breitet sich auf der Wasseroberfläche aus und erhält erst durch sanftes Schütteln, dann durch die Schallwellen einer Violine oder eine» anderen Musikinstrumentes die gewünschte Dicke oder, besser gesagt, Dünne. Hierauf wird da» Wasser vorsichtig abgelassen und die farbenschillernde Schicht schlägt sich dann auf dem Papiere nieder, welches nunmehr getrocknet wird. Aus dem Gebiete der Verkehrstechnik wird eS mit einer Eisenbahn, welche über den unwirthlichen Chilcootgase in Alaska, da» Grab von Hunderten von Goldsuchern und Tausenden von Tran»portirern, nach den märchenhaften Goldlagern am Klon- dyke führen soll, nun wirklich ernst. In der Ausführung be griffen ist zunächst das einige 30 Kilometer lange Stück über den Paß selbst, welches mit Zahnstange und Seil, wenn nöthig, auch mittels Lufteisenbahn, d. h. mit Wagen, überwunden werden soll, welche an den auf eisernen Säulen laufenden Schienen schwebend aufgehängt sind, wie dies schon vor zwei Jahren Tommerzienrath Langen in Deutz an einem Probestück praktisch vorfllhrte. Amerika, das Land der technischen Wunder, hat übrigens seit Kurzem auch den Vorzug, die höchste Brücke der Welt zu besitzen, nachdem der Viaduct über den Leo River, der den Wasserspiegel in einer Höhe von 195 Metern übersetzt, vollendet ist. Welche sonderbaren Blüthen übrigens die Sucht, sich in Erfindungen zu überbieten, treibt, sei an dem Projekt dec für den Hochstaufen bei Reichenhall geplanten Bergbahn bewiesen. Als Zugkraft ist ein Luftballon von 20 Metern Durchmesser in Aussicht genommen, welcher eine Tragfähigkeit von etwa 100 Centnern besitzt. Da das Eigengewicht des Ballons sammt allem Zubehör und Wagen 46 Centner beträgt, könnte man noch Passagiere im Gesammtgewicht von 34 Centnern aufnehmen und dabei noch eine Auftriebskraft von 20 Centnern übrig be halten. Damit nicht der ganze Wagen in die Lüfte entführt wird, erhält die einzige Schiene dieser Bahn eine solche Form, daß Sicherheitsvorrichtungen und Räoer in die Vertiefungen derselben so eingreifen, daß eine Loslösung des Wagens von den Schienen unmöglich ist. Wenn der Wagen auf dem Berge angekommen ist, wird ein in demselben befindlicher Behälter mit so viel Wasser angefllllt, daß der Auftrieb des Ballons über wunden wird und der Wagen sammt Ballon durch das Eigen gewicht wieder zu Thale rollt. Daß die Sache praktisch durch fiihrbar ist, kann keinem Zweifel unterliegen; ob sich aber Menschen finden werden, welche geneigt sind, dieser luftigen Bahn Leib und Leben anzuvertrauen, dürfte eine andere Frage sein. Das Aluminium, von welchem vor 40 Jahren ein Kilogramm etwa 40 000 Francs kostete, ist, seitdem man dasselbe mit Hilfe großer Wasserkräfte im elektrischen Ofen producirt, so billig geworden, daß sich seine Anwendungsweise täglich mehrt. Eine der sonderbarsten ist die Fabrikation von Tapeten, welche von einer sächsischen Fabrik in den verschiedensten Mustern aus Aluminium hergestellt werden und die Vorzüge der Unverbrenn barkeit und des Nichtrostens miteinander vereinigen. Wie bekannt, dehnt sich Wasser im Augenblicke des Ge frieren» mit ungeheurer Gewalt aus und leistet, wie die Felsen trümmer im Gebirge beweisen, die Arbeit eines Sprengmittels. Man kann aber auch noch auf andere Weise einen Explosivstoff aus demselben Herstellen, wenn man es nämlich mit Hilfe des elektrischen Stromes in seine Bestandtheile: Wasserstoff und Sauerstoff, zerlegt, deren Gemisch das mit größter Heftigkeit explodirende Knallgas bildet. Man füllt nun neuerdings Stahl- cylinder, welche auf einen Druck von 1200 Atmosphären aus geprobt sind, mit Wasser, verschließt diese hermetisch und zerlegt nun das in ihnen eingeschlossene Wasser, indem man von beiden Seiten durch die die Verschlußenden durchsetzenden Elektroden einen starken elektrischen Strom durch daS Wasser leitet. Die Kartusche ist sodann gebrauchsfertig und kann jeder Zeit zur Explosion gebracht werden, wenn man, wie dies bei Minen zündung schon seit Langem vielfach üblich ist, einen elektrischen Funken innerhalb de» Stahlcylnderk zwischen den Elektroden überspringen läßt. Hierdurch vereinigen sich Wasserstoff und Sauerstoff mit elementarer Gewalt wieder zu Wasserdampf, der vermöge seiner großen Erhitzung und seines Bestrebens, sich auszudehnen, eine Sprengkraft besitzt, welche die der meisten bekannten Explosivstoffe weit übertrifft.
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