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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980509016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898050901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898050901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-09
- Monat1898-05
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Die Morgen-AuSgab« erscheint um '/,? Uhr, dir Abend-Ausgabe Wochentag» um b Uhr- Redartts« m»d LrpedMo«? Aadannesgasse 8. DirErpedition ist Wochentag» uauuterbrochaO DeSsfart von früh 8 bi» Abend» 7 Uh». Filialen: Ltt» Klemm'» Lerttm. («frek Hahn), Universität-straße 3 (Paulinum), Lout» Lösche. Eatbarineustr. Ich Part, und KSnig»piatz 7, D Sch E^üptexpedition oder den km E»tÄ« baatrk und den Vororte» errichteten Aus» aairstrllrn abgeholt: oiertrljShrlich^>4.bO, Di zweimaliger täglicher Zustellung in» Han» ^l b.bO. Durch di« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: menchahrlich ^l . Dtrecte tägliche Krruzbandsendiing in» AnSland: monatlich 7.SO. Morgen-Ausgabe. MpMerIaMatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Raches nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigerr-Prel- Ne 6 gespaltene Petitzeile L0 Pfg. Nrclamen unter demRrdaction-smch (»ge spalten) ÜO^, vor den Familirnnachrichtra (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis derzeichnib. Tabellarischer und Ziffrrnsu, nach höherrai Tarif. Krtra-Veilageu (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderung .^l 70.—. Annahmrschluß fii^ Anzeigen: Abrod-AuSgabe: Bormfttag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. vei dea Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck nnd Verlag von L. Polz in Leipzig. 231. Montag den 9. Mai 1898. 92. Jahrgang. Der Umbau der Stadtbibliothek. 2m vorigen Jahre staben die städtischen Behörden die Mittel bttvilligt, einem längst gefühlten Bedürfnis) abzuhelsen: unserer Stadtbibliothek einen Lesesaat zu schaffen und zugleich der immer unerträglicher werdenden Ranmnotb in der Bibliothek ein Ende zu machen. Beides wird sich erreichen lassen, ohne die bisherigen Bibliolheksräume zu erweitern, lediglich durch eine bessere Ausnutzung des großen Dibliotsteksaales. Freilich wird dadurch die ästhetische Wirkung deS SaaleS, die eben auf seiner Größe und Geräumigkeit beruhte, und die ohnehin in den letzten Jahrzehnten schon stark verkümmert worden ist, vollends vernichtet werden. Aber es blieb kein anderer Ausweg, wenn man sich nicht entschließen wollte, deni Beispiel der Univer sitätsbibliothek zu folgen, die bisherigen Räume ganz zu ver lassen und an einer anderen Stelle der Stadt ein neues Bibliotheksgebäude zu errichten. Unsere Stadtbibliothek oder, wie sie bis 1836 hieß, RathS- bibliothek, geht in ihren Anfängen bis in das 15. Jahr- bundert zurück. Schon 1163 vermachte der Ordinarius der Zuristenfacultät Dietrich von Buckenödorf, ter in diesem Jahre als Bischof nach Naumburg ging (s- 1466), seine juristische Bibliothek, 42 Foliobände, lauter Handschriften, und dazu 40 Gulden jährlicher Zinsen dem Rathe der Stadt Leipzig für Leipziger Studenten aus seinem Geschlecht. Jeder, der in den Genuß der Stiftung trat, sollte sie zehn Jahre lang genießen dürfen, „so lange, daß er Doctor wird". Neber die Bücher bestimmte Buckensdorf: „Der Rath soll solche Bücher zu sich nehmen und soll merken, ob der Studente der Bücher gar (ganz) oder eins Theils bedürfe; was er bedarf, die soll ihm der Rath lassen thun, und der Studente soll keine Macht haben, die Bucker wegzuführen oder zu verleihen ohne des Raths Wille. Er soll auch die Bücher wohl verwahren und soll der nicht (derer kcinsj verderben, sondern soll die vor seinen Nachkömmling in guter Hute behalten; würde er auch eins oder mehr verlieren oder umbringen, so soll er ein andres oder ander (andres an die Statt kaufen in gleicher Güte oder besser, und soll die Bücher bessern von Jahre zu Jahre und nicht ärgern (verschlechterns; darauf soll der Rath Achtunge lassen haben alle Jahre jährlichen." Die Mehrzahl dieser Handschriften befindet sich noch jetzt in unserer Stadtbibliothek. Die nächste Stiftung, wieder lauter juristische Werke, ging von dem Domherrn von Merseburg und Unterstadtschreiber Ör. Peter Freitag auS. Mit diesem schloß der Rath 1515 folgenden Beitrag ab. Der Rath überließ ihm das im Bau begriffene neue Eckhaus der Nicolaistraße (neben der 1511 erbauten Nicolaischule) auf Lebenszeit zur freien Wohnung, verpflichtete sich auch, daß er cS ganz nach seinen Wünschen einrichten wolle, „die Fenster mit Glasefenstern und sonderlich die untersten Fenster gegen der Gassen und Kirchhofe mit eisern Gittern besetzen und versorge», auch die Bodeme mit Estrichen beschlagen lassen, auch die Fenster, so auS der Schulen in daS Hofichen gehen, also vermachen und vermauern, raß man daraus in daS Höfichen nichts werfe» oder schütten, auch nickt sehen könne". Dagegen verpflichtete sich vr. Freitag, daß er dem Rath „alle seine Bücher in Rechten, die er itzund an einer großen Zahl hat, auch die er noch künftiglich keufen und zu ihme bringen (wird), wenn er mit Tode verscheiden wird, geben und zueizen wolle, also bescheiden- lick, daß wir eine bequeme geraume Liberarei auf unserm Ralhhause sollen bauen oder machen und, wenn er mit Tode verfallen ist, obberührte seine Bücher, weß der (dererj in Recht oder in Jure sind, nach rechter Ordenunge ein itzlichs darein legen und sunderlich mit eisern Ketten an eisern Feuilleton. Der Apfelbaum. Eine Juristenschnurre von E. Fahrow (Neuruppin). Nachdruck «ertöten. ,,Ja, ja", sagte der alte Amtsgerichtsrath Hänler an seinem Stammtisch, „Sie haben ganz Recht, meine Herren, wenn Sie unsere schöne, markige Muttersprache von Fremdwörtern reinigen wollen. Ich bin selbst sehr für eine reine deutsche Sprach«. Aber wissen Sie, manchmal haben die Fremdwörter doch auch ihr Gutes." „Wieso, wieso? Sie sind höchstens ein noch nicht ganz ent behrliches Uebel!" „Hm . . . Na, ich für meinen Theil will Ihnen mal er zählen, welch guten Dienst Einem unter Anderem so ein recht großes, gefährlich klingendes und für kleine Leute unverständ liches Fremdwort leisten kann." „Vortrefflich, schießen Sie los, Herr Rath!. Wenn Sie eine Schnurre erzählen, weiß man wenigstens, daß sie wahr ist." „Und diese hier ist ganz besonders wahr!" Unter dem Gelächter der Anwesenden lehnte sich der Amts gerichtsrath zurück, zog seine buschigen Brauen zusammen und begann: „Die Sache hat sich erst vor einigen Monaten abgespielt, und wenn ich sie bisher nicht erzählte, so lag das daran, daß die Betheiligten noch zu sehr in aller Leute Mund waren. Ich wollte nicht zu dem allgemeinen Gerede noch beitragen. — Sie erinnern sich doch noch an den Proceß Wächter?" „Ach, die räthselhafte Diebstahlsgeschichte?" „Ja, ja!" „Na gewiß doch!" „Wer sagt, daß ein Diebstahl im Spiele war? Davon war niemals die Rede! Aber so geht's, wenn etwa» in» Publicum dringt, gleich werden böse Steinchen dazu getragen. Es handelte sich um einen einfachen Civilproceß, um eine Schadenersatzklage." „Also, bitte, erzählen Sie doch die Geschichte." „Die Sache gipfelte nämlich in einem Apfelbaum . . . Sie sehen, meine Herren, daß seit Eva's Zeiten rin« Art Fluch auf Stangen, wie in der Klöster Liberarei, »»schmieden lassen, daß niemandes Macht haben könne oder möge, einig Buch Wegzunehmen, mit ihme heimzutrageii und, wie beweilen zuvor mit andern Büchern geschehen, nicht wiederzubringen". In seinem Testament von 1516, worin b>i. Freitag viele Stiftungen machte, wiederholte er die Bestimmung wegen der Bücher, und 1522 nach seinem Tode kam seine Bibliotbek mit Ausnahme der nichtjuristischen Bücher, die er einem Neffen vermacht hatte, aufs Nathhaus. Es waren 253 Bände, lanter gedruckte Bücher; auch von ihnen ist wohl der größte Theil noch jetzt in unserer Stadtbibliothek vorhanden. Die Stiftungen BuckenSdorfs und Freitags sind aber doch nur als Borläuser zu betrachten. Die Hauptstiftung, durch die unsere Stadtbibliothek eigentlich ins Leben gerufen wurde, ist die des am Ostermontag, am 16. April 1677 verstorbenen OberhvwerichtSfiScalö Ulrich Groß. Dieser batte in seinem wenige Tage vor seinem Tode (am 10. April 1677) errichteten Testament bestimmt, daß er in der Barsüßerkircke begraben sein wollte, nnd daß sein gesammter Nachlaß, seine Bibliothek, seine beiden Häuser auf dem Brühl und auf dem ThoinaS- gäßchen und seine zahlreichen außenstehenden Eapitalien, an den Rath der Stadt Leipzig fallen sollten, doch so, „daß sie solch Vermögen und Erbsckasl nicht in piivat- noch gemeinem Raths- oder Stadtnutzen, sondern der studierenden Stadtjugend allhier innerhalb der Ringmauer zu Nutzen anlegeu und verwenden möchten, dergestalt, daß wohl besagter Rath seine vorhandene LibUotliec in gemeldte Bar fußkirche ober rin bequem Haus nicht weit darvon bringen und darzu einen Lihliotlwcariuiu umb ein leidliches 8a!arium verordnen, sowohl (sowiej zu Ovmplir- als Verschaffung einer vollkommenen Lidliotkoo das übrige gesamte Vermögen an Häusern und andern LÜ'ecten anwenden, der öibüotliecarius der studierenden Stadtjugend auf Begehren die Bücher vor legen, jedoch nicht nach Hause folgen lassen, und solches alles E. E. Hochw. Rath aufs beste ullmiulstriren sollte, wie einem eingesetzten b'jckeieouuESsrio wohl und rühmlick zustünde, und derselbe es am verträglichsten vor die Stadtjugenb allhier befinden würde". Großrns Bibliothek, die nicht bloS juristische Werke enthielt, sondern alle Zweige der Wissenschaft umfaßte und etwa aus 2000 Bänden bestand, wurde zunächst ebenfalls im Rath hause untergebracht. Da sie aber dec Rath durch Ankäufe, r.B. der Bibliothek des 1673 verstorbenen Oberstadtschreibers Böschen, bedeutend vermehrte, so mußte man sich bald nach einem größeren Raume nmseheu, und diese» fand man im Gewandhause, und zwar zunächst in dem an der Uinversitäts- straße liegenden Flügel, der, weil er in seinem Erdgeschoß die Waffenvorräthe der Stadt barg, auch Zeughaus genannt wurde, und an dessen Stelle jetzt daS neu erbaute Kaufhaus steht. Hier lagen ebenso wie in dem längeren Flügel am Gewandgäßchen zwei Tuchboden übereinander. Den unteren dieser beiden Tuchboden richtete man 1683 zu einem Bibliotheksaale von 120 Fuß Länge und 56 Fuß Breite her und räumte unmittelbar darauf die Bibliothek dorthin; 1685 befand sie sich bereits im Zeughause. Nach dem sie dann in den nächsten Jahren dis auf 14 000 Bände vermehrt worden war, geschah ein weiterer wichtiger Schritt im Jahre 1711: am 4. August d. Js. wurde sie zum ersten Male dem Publicum geöffnet und war von nun an regel mäßig Mittwochs und Sonnabends Nachmittags von 2 bis 4 Uhr für Jedermann zugänglich. Bei dem raschen WachSthum der Bibliothek aber durch Schenkungen und regelmäßige Ankäufe war schon in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhundert» wiederholt davon die Rede, ihr einen größeren, helleren und sichereren Raum diesen Sprößlingen Pomonas gelegen hat, die schon so oft eine wichtige Rolle gespielt haben." „Ach Gott, ja!" seufzte ein Referendar dazwischen. Ohne auf das neuausbrechende Gelächter zu achten, fuhr der Erzähler fort: „Nicht Apfel, sondern — wie gesagt — ein Apfelbaum war das Streitobject in dem berühmten Proceß. Ein junger Stamm von zwei Meter Höhe, ein dünnes, kaum Früchte tragen des Ding, das aber eine höchst ertragreiche Zukunft versprach. Dieser Baum war dem Barbier Fritz Wächter von seinem Pachtlasser Karl Urban geschenkt worden. Karl Urban, der mit seinem Bruder Otto Urban in stadt bekannter Feindschaft lebte, hatte dem Barbier Wächter einen Garten vor dem Thor verpachtet und ihm, wie gesagt, den jungen Gravensteiner geschenkt. Weil aber der Barbier mit seinem verhaßten Bruder Otto Freundschaft hielt, ärgerte sich Karl Urban, und als die drei Jahre Pachtzeit um waren, kündigte er seinem Pächter die Pacht, und der Barbier mußte schweren Herzens den schönen Garten aufgeben. Kommt aber da kurz vor dem Quartalstag der Otto Urban zu ihm und sagt: „Hör' mal, Wächter, Du wirst doch dem Karl, meinem Bruder, nicht etwa den schönen Apfelbaum stehen lassen, den er Dir geschenkt hat?" — „Meinst Du, ich soll ihn herausnehmen?" — „Ich wer' den Deubel thun und was meinen! Ich meinte man so! —" „Ach so — hm . . ." Na, — Abends geht denn ober richtig der Wächter hin, hebt sich seinen Baum mit den Wurzeln au» und trägt ihn auf seinen Hof, wo er ihn vorläufig'in die Ecke stellt. Eine Stunde später kommt derselbe Otto und sagt: „Du, Wächter, wie ich meinen Bruder kenn', der würd' Dir das wohl eklig übelnehmen, wenn Du Dir den Apfelbaum mitnähmst!" — „So? Meinst Du? Du hast doch aber heute früh ganz anders gemeint?" — „Jh, ich mein' jar nischt. Na, Gute Nacht denn, Wächter!" Dem braven Wächter scheint nun aber doch die Sache ängstlich, und am nächsten Tage, zur Hellen Mittagsstunde, geht er hin und pflanzt seinen schönen Gravensteiner dem Karl Urban wieder ein. Weil er aber ein so überaus gutmüthiger Mensch ist, geht er an die Hecke, wo der Nachbar, mit dem er obenein gut befreundet ist, im eigenen Garten gräbt. „Nachbar Schulz", sagt er, „ich schicke nachher meinen Lehrling her, daß er den zu fckaffen, und zwar dachte man daran, die Bibliothek und den Tuchbvden im Zeughaus ihre Plätze wechseln zu lassen, den Tuchboden hernnterzulege» und der Bibliothek oben eine» schönen, hohen Saal zu schaffen. Zu Anfänge des Jahres 1740 aber kam man auf einen anderen Gedanken, nämlich den, von den beiden Tuchboden, die in dem Gewandhaus flügel am Gewandgäßche» übereinander lagen, den oberen abzutragen und an seiner Stelle einen großen BibliothekSsaal zu erbauen. Geschah das, so konnte die Bibliothek bis zur Vollendung des neuen Saales ungestört an ihrem Platze bleiben. Der Plan gewann im Laufe des Jahres festere Gestalt, am 9. August 1740 verordnete der Rath die Ausführung des Baues," und schon am Tage daraus, am 10. August, wurde am Neumarkt mit dem Abbruch des oberen Tuchbodens be gonnen. Die neue Bibliothek wurde dann in den Jahren 1740 bis 1742 im Rohbau ausgeführt. Der Ausbau aber und die Beschaffung des Mobiliars zogen sich, anfangs weil man über manche Einzelheiten nicht schlüssig werden konnte, später weil der zweite schlesische Krieg mit seiner großen Evntributivuslast dazwischenkam (1745), lange hin. Erst im Frühjahr 1755 war der Saal soweit fertig und ausgestattet, daß an eine Nebersiedelung der Bibliothek gedacht werden konnte; im Juni 1755 wurden die Bücher aus dem Zeug hause herübergeräumt. *) Was war aber nun, nach fünfzehn Jahren, von de» ursprünglichen Bauplänen von 1740 übrig geblieben? Nichts als eine große, kahle Bücherscheune. Nach den ursprünglichen Bauplänen sollte von dem 134 Ellen langen Saale vorn an i>er Universitätsstraße ebenso wie hinten am Neumarkt ein Raum von 20 Ellen Länge durch eine Querwand abgeschnitten und so der Saal in drei Theile zerlegt werden, in ein „Atrium", in das eigentliche „CorpS" oder „Gros" der Bibliothek und in ein „Eabinet". Tie beiden Querwände sollten aber nur etwa bis zu zwei Dritteln der Höhe des Saales, bis unter die sogenannten Mezzaninfenster aufgesührt werden. Dann sollte über das Atrium wie über das Eabinet eine Balkendecke gelegt, und so beide in einen unteren, höheren, nach dem Saale zu ge schlossenen und in einen oberen, niedrigeren, nach dem Saale zu offenen Raum getheill werden. Endlich sollten an den beiden Langseiten des eigentlichen Bibliotheksaales in der Höhc dieser t"deu Zwischenboden Galerien angelegt werden, so daß mau von der offenen Empore über den« Atrium unmittelbar auf die eine Galerie, von dort auf die Empore über dem Eabinet und von da über die zweite Galerie zurück auf das Airium hätte gelangen können. Die Emporen wie die Galerien sollten durch eine ringsumlaufende sckniiedeeiserne Brüstung geschützt werden. In den unteren, geschlossenen Räumen des Atriums und des EabinetS sollten die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Bibliothek (sie war ja damals zugleich das Museum der Stadt), die Gemälde und Kupferstiche, die Statuen und Büsten, die antiken Geräthe und Gesäße und die Münzen, die Naturalien und die ethnographischen Gegenstände, die Globe» und die physikalischen Apparate u. s. w. untergebracht werden; die beiden Emporen sollten, ebenso wie die Galerie, wenn auch nicht sofort, so doch später, wenn das Bedürfniß darnach entstehen würde, mit Bücherschränken besetzt werden. Die riesige Decke über dem ganzen Saal sollte mit Sluck oder Malereien verziert werden. Ein Theil dieser Pläne wurde auch wirklich auSgeführt. Im September 1742 fragte der Obervogt Sckmiedlein, der *) An der Stelle des ausgeqebenen Bibliotheksaales wurde später, 1780, der Gewandhausconcertsaal erbaut. Baum hier gießen thut. Du erlaubst wohl, daß er Deine Gieß kanne nimmt? — „Na, immer zu!" meint der Nachbar Schulz. Gegen Abend, als der Lehrling kommt — ist der Baum weg. Der Nachbar geht selber hin, sieht sich die leere Stelle an, sagt: „Ja, — er ist richtig weg!" und der Lehrling berichtet's seinem Meister. Natürlich wird Meister Wächter jetzt sehr wüthend. Daß er so überehrlich gewesen ist und seinen eigenen Baum zurück gebracht hat, — das hat er doch nicht für irgend einen Dieb gethan! „Hört, Jungens", sagt er zu seinen beiden Lehrlingen, „Ihr kennt ja meinen Apfelbaum; er hat in der Mitte so 'ne Beule, so'n rundes Ding wie 'ne Billardkugel." — „Ja, ja, Meester." — „Na gut, wer mir meinen Baum wiederschafft, der kriegt 'ne Mark Trinkgeld, — verstanden?" Drei Tage später kommt Meister Wächter in seinen Laden und vermißt einen Lehrling. Doch erklärt ihm der zweite gleich, daß jener den Apfelbaum suchen gegangen sei. Und wahrhaftig, gegen Feierabend kommt der Junge und sagt: „Nu, Meester, krieg' ick 'ne Mark. Der Appelboom steht draußen uf'n Hof." — „Was?! Wo war er denn?" — „In Herrn Otto Urban sein' Garten." — „Da schlag' doch der Donner drein! — Hat der Mensch den Baum blos selber haben wollen! — Na, komm' mal 'raus, zeig' mir mal, wo er steht." Meister und Lehrling gehen auf den Hof, — aber in der Ecke, wo der Baum gelehnt hatte, ist er nicht mehr. Er ist wieder spurlos verschwunden. „Junge, — Bengel infamigter, hast Du mir uzen wollen?" schreit Herr Wächter und faßt den Lehrling am Schopf. Der aber schreit Zetermordio, er habe den Baum wirklich dort htngestellt, und ein Geselle bezeugt, er habe's gesehen. Schon ganz blaß vor Aerger geht an diesem Abend der Meister zu Bett. Am nächsten Morgen kommt Nachbar Schulz mit geheimniß- vollem Blinzeln zu ihm und erzählt: „Du, Wächter, weißt Du, wo Dein Gravensteiner ist?" — „Mensch, sei blos still von dem verflüchtigen Appelbaum: weißt Du's denn?" — Schulz nickt vergnügt und flüstert: „Er steht bei mir auf dem Hausboden." — „Dunderlittchen! Wie kommt er denn dahin?" „Na — Du mußt's aber Niemand weitersaaen — ich hab' ihn "gestern in der Dämmerung auf Deinem Hof in der Ecke den Bau leitete*), beim Rathe an, ob der Saal wirklich noch in drei Theile getheilt werden solle; man babe „eine t'iobv gemacht und die Scheidewand vor dem Hinlerthcile des ttibliotlwcplatzes 10 Ellen hoch vorgezogen, wodurch drei Seitenfenstcr von dem ttros der Lidtiottwe abgeschnitten, es dürfte aber dieses einen großen Uebelstand vc.ursackcn, indem die entgegenstehenden Hlenaumenfenstcr beim Antritte nur zum Tbcil, und wenn ina» in die Hälfte kommt, gar nicht zum Vorschein kommen" (!). Bürgermeister Stieglitz meinte, „wolle man keine hohe Scheidewand haben, so könne man eine bloße Laluktl-ncie vor den Platz zum Labiuvt wie zum .^trio setzen und also separiren". Prvconsul Küstner war dafür, „eS noch einmal in Augenschein zu nehmen, er habe den Platz nicht gesehen". Offenbar bestätigte aber der „Augenschein" die merkwürdige perspektivische Beobachtung des Obervogts, und so trug man die Querwand wieder ab. Noch in größere Verlegenheit gerieth man wegen der Galerie, auf die man sich noch viel weiter eingelassen halte. An den Langseiten des großen MittelraumcS hatte man die Balken für die Galerie schon in die Umfassungsmauern ge legt; sie ragte» 3^ Ellen auS der Mauer hervor, denn so breit sollte die Galerie werden. Auch hatte man die schmiede eiserne Brüstung für die Galerie drei Schlossermeistern in Auftrag gegeben, und diese hatten sie auch bis zum April 1743 vollständig geliefert, im Ganzen 260 Ellen, und waren dafür mit 1205Thalern bezahlt worden. Als nun die Drei- theilung des Saales fraglich wurde, entstanden auch wegen der Galerie Zweifel. Im Januar 1744 fragte Schmiedlein an, ob die Galerie „um den ganzen LidUottwcsaal in der Breite, wie sich gegenwärtig die Balken darzu befinden, solle herum- geführet, oder ob noch etwas von den Balken solle abgenommen und die Galerie schmäler gemacht werden". Auck noch andere Bedenken waren aufgetaucht. Schon im September 1742 batte der Obervogt darauf ausmerkiam gemacht, „die Gallerte sähe einem Wetterdachs (!) sehr ähnlich", batte auch schon damals die Befürchtung ausgesprochen, „wenn gleich das Gatter ganz leicht ausfalle, so komme doch eine unendliche Last an die Gallerie", und hatte bessere SicherungSmaßregetn vorgeschlagen. Der Rath scheint diese Befürchtungen später getheilt zu haben. Obwohl man den drei Schloffermeistern die Bedingung gestellt hatte, „daS sämtliche Gatterwerk aus flüchtigen Zierraten und Laubwerke" zu fertigen, „dahin zu trachten, daß daS Gebäude mit überflüssiger Last nicht be schweret werde", und „daS Gewichte des Werkes nach Möglich keit zu mouugiren", so wogen doch die 260 Ellen Brustlehne ziemlich 66Eentner, und viese Last an die Galerie zu hängen, scheint man schließlich nicht gewagt zu haben. Als man nach dem Kriege an den Ausbau der Bibliothek ging, gab man die Galerie ganz auf und begnügte sich damit, das Atrium von dem übrigen Theile des Saales durch das große dreilhorige Gitter abzutheilen, das noch beute dea von allen Besuchern bewunderten einzigen Schmuck der Bibliothek bildet. Es wurde von dem Schlossermeister Böttger versertigt, der schon an der Galerie mit gearbeitet hatte, und ihm am 20. Januar 1748 mit 1780 Thalern bezahlt. Es wiegt übrigens ziemlick 96 Eentner; einen Theil der Galeriegitter hatte Böttger wieder dazu verwendet. Die Saaldecke erhielt keinerlei Schmuck, man ließ sie ganz glatt und weiß. Der ganze Bau batte, nach den vollständig noch erhaltenen Rechnungen, 50 161 Thaler gekostet, für die damalige Zeil und für die kleine Stadt von 30 000 Einwohnern eine Summe, die von großer Opfcrwilligkeit und bewundernswürdigem Idealismus zeugt *) Der Obervogt war der AmtSvorgänger des späteren Bau directors, des Heuligen Stadtbauraths. lehnen sehen, und damit er nicht wieder so unversehens weg kommt, hab' ich ihn genommen und verwahrt. Nu kannst Du'» wieder einpflanzen. ' — „Ja, aber wo denn, Nachbar?" — „Na, wo Du willst; vielleicht in meinen Garten?" — „Meins- wegen. Denn wer' ich morgen mit Dir 'rausgehen, morgen ist Montag, da hab' ich Zeit." Am Montag Morgen, wie die Beiden den Baum vom Boden holen, sehen sie mit großem Erstaunen, daß das arme, mal traitirte Gewächs alle Zweige hängen läßt und nun endlich nack so viel liebevoller Behandlung — eingegangen ist. „Hm, Nachbar, — nu wird er ja woll hin sein." — „Ja, das wird er woll." — „Na, denn schneid' Dir man 'n Spazier stock draus. Adje, Nachbar." — „Na adje, Wächter." Das dicke Ende dieses dünnen Bäumchens aber kam nac! Herr Wächter ward wegen Schadenersatz von Herrn Karl Urba: verklagt, und ich bekam diesen Proceß — Object 3 «V unter die Finger. Es war wieder einmal eine Freude, — eine herrliche, nerven beruhigende Sache, meine Herren, die beiden Parteien sick um dieses Gegenstandes willen in den Haaren liegen zu sehen! Keiner gab nach, Jeder wollte den Anderen L wur pri.x „verurtheilt" wissen. Die ganze Stadt sprach über diese „ouuse aölöbre". Ich aber wandte mich in meiner Noth am Termins tage an die Fremdwörter, die mich schon manchmal gerettet hatten, weil das ungebildete Publicum sich von ihnen ins Bocks Horn jagen läßt. Erst versuchte ich mit richterlicher Milde, die Parteien zn einem Vergleich zu bewegen; aber es gelang mir nicht. Da erhob ich mich, schlug die Faust auf den Tisch und schrie: „Wenn Sic sick jetzt nicht sofort vergleichen, so werde ich auf der Stelle con-tra-dik-to-risch gegen Sie verhandeln! Verstehen Sic mich?" Ganz erschrocken blickten sie mich an. „Wa—was ist denn das?" wagte der eine Urban zu fragen. „DaS werden Sie ja schon erleben!" schrie ich mit Stentor stimme. Und siehe da — es ward Frieden unter den Völkern! -- Die geängsteten Parteien verglichen sich, und das erboste Brüder paar söhnte sich sogar bei dieser Gelegenheit auS. Und Sie wollen noch behaupten, meine Herren, daß Fremd Wörter nicht zuweilen ein Segen sein könnten?" . . .
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