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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980513014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898051301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898051301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-13
- Monat1898-05
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Größere Schriften laut unserem Prei». verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Extra-Vellage» (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß füe Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Le!p,!a. ^- 239. Freitag den 13. Mai 1898. 92. Jahrgang. Der Sund der Landwirthe und die Neichstagswahl. L. Man kann ein sehr warmer Freund der Landwirthschaft sein und braucht eS doch nicht zu verstehen, daß eine extreme wirthschaftSpolitische Partei unter allen Umständen ihren wirth- schaftspolitischen Forderungen den Vorrang eingeräumt wissen will, selbst dort, wo dadurch hohe nationale Interessen in Frage ge stellt, die extremen agrarischen Forderungen aber gleichwohl nicht ducchgesetzt werden. Leider giebt eS eine ganze Reihe von Wahlkreisen, in denen der Bund der Landwirthe in einer Art verfahren hat, die gleicher Maßen den Freund des Vaterlandes wie den der Landwirthschaft betrübt. In letzter Zeit sind eS allein drei Wahlkreise, aus denen die unliebsamsten Vorgänge gemeldet werden. In Moers-Rees haben Freiconservative und National liberale den Fabrikanten Vorster als Reichstagscandidaten auf gestellt, mit dem der Vorsitzende der Ortsgruppe MoerS des Bundes der Landwirthe persönlich sich benommen und von dem er „durchaus befriedigende" Erklärungen betreffs der Landwirthschaft erhalten hatte. Trotzdem hat die Ortsgruppe MoerS jetzt Wahlenthaltung beschlossen, weil Herr Vorster ihr zu nationalliberal gefärbt ist. Damit erhält das Centrum, daS dem Bunde der Landwirthe doch nicht entfernt so viel Entgegenkommen gezeigt hat, wie die national liberale Partei, wieder die Aussicht auf den Wahlsieg. Nur ein Mal seit dem Bestehen des deutschen Reichstags ist der Kreis Moers-ReeS dem Centrum entrissen worden: 1893 durch den Landrath Gescher, der mit 12 562 Stimmen über den Centrumscandidaten, der 11 834 Stimmen auf sich ver einigte, siegte. Enthält sich jetzt ein Theil der nicht klerikal gesinnten Wähler der Abstimmung, so ist die Wahl des Cen- trumscandivaten gesichert. Im Wahlkreise Diez-Limburg, bisher durch den nationalliberalen Kreisdeputirten Fink vertreten, hat der neue nationalliberaleCandidatSchaffner sich geweigert, schriftlich die Verpflichtung einzugchen, Laß er das Programm des Bundes einhalten werbe. Darauf erklärte der Bund der Landwirthe, daß er Herrn Schaffner nicht unterstützen, sondern bekämpfen werde, ganz gleich, was daraus entstehe. Auch hier ist nunmehr der Sieg des Cent rums möglich, denn 1893 erhielt im ersten Wahlgange der Nationalliberale 6525 Stimmen, der CentrumScandidat 5555, dazu kamen 1824 fortschrittliche, 1362 socialdemokratische und 1562 antisemitische Stimmen. Im Wahlkreise Kaiserslautern-Kirchheimbolanden, den bisher der nationalliberale Gutsbesitzer Brunck vertrat, haben die Vertrauensmänner des Bundes der Landwirthe Herrn vr. Nösicke aufgestellt. Diese Sondercandidatur ver bessert die Aussichten der süddeutschen Volks Part ei. Ihr Candidat erhielt 1893 im ersten Wahlgange zwar nur 4888 Stimmen gegen 9948, die auf den Nationalliberalen fielen, aber mit Hilfe von 2551 klerikalen und 2525 social demokratischen Stimmen brachte er es in der Stichwahl auf 10 686 Stimmen, während die für den Nationalliberalen ab gegebenen Stimmen auf 12 351 stiegen. Würden die Interessen der Landwirthschaft durch ein Mitglied der freihändlerischen süddeutschen Volkspartei besser gewahrt werden? Die Berliner Leitung des Bundes der Landwirthe that das Ihrige, die Mitglieder des Bundes zur rücksichtslosen Verfolgung extremer wirthschastspolitischer Ziele anzuseuern, auch auf die Gefahr hin, daß damit den Social demokraten Erfolge bereitet werden. So fertigt, wie bereits vor einigenTaaen in diesen Blättern berichtet wurde, die „Correspondenz des Bundes der Landwirthe" alle Mahnungen, im Kampfe gegen die Socialdemokratie Sonderwünsche zurück treten zu lassen, kurzer Hand ab; sie sei von der Noth- wendigkeit des Kampfes gegen die Partei Bebel-Liebknecht- Singer vollständig überzeugt, weshalb sie aber von der Ab sicht, eine Regulirung der Getreidepreise auf mittlerer Höhe zu erzielen, fein säuberlich schweigen solle, das verstehe sie nicht. DaS genannte Organ schreibt wörtlich: „Wir sehen nicht ein, weshalb wir in diesem Kampfe unsere agrarische Jacke, die uns am bequemsten ist, ablegen und in die Regierungs uniform schlüpfen sollen." Die „Correspondenz des Bundes der Landwirthe" erklärt sich dann energisch gegen den „Sammlungsmischmasch", der alle Geladenen zu „politischen Eunuchen" mache. Die „Hamburger Nachrichten" haben es bekanntlich bedauert, daß die Thronrede zum Schlüsse deS Reichstags der Samm- lungspolitik nicht gedachte. Das Organ des Fürsten Bismarck ließ eS überhaupt von vornherein an Mahnungen zur Einig keit im Sinne der Sammlungspolitik nicht fehlen. Hatte eS doch schon am 3. Februar d. I. anläßlich der Nachwahl in Homburg-Kusel geschrieben: „Der Bund der Landwirthe wird sich hüten müssen, den Bogen zu Überspannen und dadurch seine eigenen und besonders die all gemeinen nationalen Interessen zu gefährden. Wenn von einer bestehenden Partei Garantie für eine genügende Berück sichtigung der Bedürfnisse der Lanvwirthschaft geboten wird, so ist nicht abzusehen, waS den Bund veranlassen sollte, gegen eine solche Partei einen Kampf zu unternehmen Vollends aber, wenn der Kampf gegen eine Partei gerichtet wird, deren Mitarbeit an den großen nationalen Aufgaben unentbehrlich ist, übernimmt der Bund eine Verantwortung, die ihm leicht verhängnißvoll werden könnte." Wie wenig diese Warnung gefruchtet bat, zeigt der Bund der Landwirthe in der Praxis ebenso wie in der Theorie. Das Verhängniß wird nicht ausbleiben, mögen die Herren vr. Hahn und von Ploetz heute auch noch so hochfahrend gegen die „Eunuchen"-Politik schreiben lassen, für die Fürst Bismarck mit seiner NamenSunterschrift eingetreten ist. Deutsches Reich. * Leipzig, 12. Mai. Wie die „Leipz. Ztg." meldet, soll Herr Rechtsanwalt Martin, der von den National- Socialen als Candidat für den 13. sächsischen Reichstags wahlkreis (Leipzig-Land) aufgestellt worden ist, nunmehr nach reiflicher Erwägung und richtiger Erkenntniß der Verhältnisse beschlossen haben, von seiner Candidatur zu Gunsten des Candidaten der vereinigten Conservativen und National liberalen und des Bundes der Landwirthe, Herrn Gewerbe kammervorsitzenden Schlossermeisters Oehler, zurückzutreten. Vertin, 1t. Mai. Die Oberlehrerfrage, der Bedarf an Oberlehrern und die Aussichten der Anstellung sind in der Unterrichtscommission des preußischen Abgeordnetenhauses ein gehend zur Erörterung gelangt. Den Anlaß dazu gab eine Petition deS Oberlehrers Professor vr. Bunger in Görlitz; er hatte eine Untersuchung darüber angestellt, ob die Zahl der vorhandenen geprüften Candidaten zur Besetzung der Oberlehrerstellen hinreiche und ob aus dem heute noch vor handenen Bestand an Candidaten daS Bedürfniß an Lehr kräften für die höheren Schulen für eine längere Reihe von Jahren gedeckt werden könne, und war in beiden Puncten zu einem unbefriedigenden Ergebniß gelangt. Er hatte nun eine Petition an das Abgeordnetenhaus gerichtet, die Negierung aufzufordern, das einschlägige Material regelmäßig, schnell und vollständig zu veröffentlichen. Der Commissionsbeschluß lautete schließlich auf Uebergang zur Tagesordnung, weil die CommissionSberathung selbst über den Stand der Dinge in Folge eingehender Mitthei- luugen der Regierung volle Aufklärung erbrachte. Danach waren am 1. Januar 1898 noch 1311 Candidaten des höheren Schulamtes vorhanden. Diese vertheilen sich wie folgt auf die Hauptfächer: Religion und Hebräisch 81, Lateinisch und Griechisch 592, Französisch und Englisch 174, Deutsch und Geschichte217, Mathematik und Naturwissenschaft 247. Davon waren 343 an staatlichen, 501 an nichtstaatlichen höheren Sch-alvn beschäftigt, inSgesammt also 844 Außerdem waren etwa 250 bei nicht öffentlichen Anstalten oder sonst in Stellung, so daß sie den Provinzial-Schulcollegien nicht zu unbedingter Verfügung standen. Von den an öffentlichen Anstalten beschäftigten 841 Candidaten waren 619 Candidaten gegen eine Remuneration von 1700 bis 2100 »L und mehr, 156 gegen weniger als 1700 69 unentgeltlich thätig. Was nun die Aussichten auf Anstellung für diese Candidaten anlangt, so ist zum Vergleich daS soeben abgelaufene Jahrzehnt beranzuziehen. In der Zeit von 1888 bis 1897 sind im Ganzen 1994 Candidaten angestellt worden von 2081, welche in dieser Zeit die Anstellungsfähigkeit erlangt hatten; 134 wurden von staatlichen Schulen angestellt, 1260 von nichtstaatlichen. Der Jahresdurchschnitt betrug somit 221. Nun sind in diesen zehn Jahren zahlreiche Realschulen, lateinlose höhere Lehr anstalten begründet worden, so daß in erhöhtem Maße Can didaten für den mathematisch - naturwissenschaftlichen und neusprachlichen Unterricht Anstellung gesunden haben. Es hat sich dabei die durchschnittliche Wartezeit der Neu sprachler bei den staatlichen Anstalten zwischen 3 Jahren 9 Monaten und 10 Jahren 5 Monaten bewegt, an den nicht staatlichen zwischen 2'/- und 8>/. Jahren, der Mathematiker bei den staatlichen Anstalten zwischen 6ffr bis 9^/» Jahren, bei den nichtstaatlichen Anstalten zwischen 31/2 bis 11 Jahren bewegt. ES macht sich nun allerdings bereits ein gewisser Mangel an wissenschaftlichen Hilfslehrern auf diesem neusprachlich-mathematisch-naturwissenschastlichem Ge biet geltend, wenn auch daS Angeb 0 t für sichereStellen auch jetzt noch auSreicht. Auf anderen Gebieten ist aber ein Mangel an Candidaten nicht vorhanden; überall sonst War nock- gegen 1897 ein Zuwachs zu verzeichnen. Ueberdies glaubt die Regierung annehmen zu können, daß bereits ein aus reichender Nachwuchs wieder in Aussicht steht. Int Winter 1896 gab es an preußischen Universitäten 1347 Stu- dirende der Philosophie gegen 880, 935 und 979 in den drei vorangegangenen Wintern. Und dieser sich selbst ergebende Ersatz ist bisher nicht genügend beachtet worden. * vcrli«, 12. Mai. Es bestehen, wie wir dem „Hamb. Corr." entnehmen, gegenwärtig in Deutschland, Oesterreich- Ungarn und Amerika etwa 150 polnisck-socialistische Arbeitervereine. Je ein solcher Verein besteht in Zürich, Paris und Rio de Janeiro. In Deutschland finden sich polnisch-socialistische Vereine in Altona, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Königshütte, Rixdorf, Weißensee und Zabrze. Polnisch-socialistische Blätter zählt der polnisch sociale Kalender für 1898 13 auf, die größtentheils in Krakau und Lemberg erscheinen. Ein derartiges Blatt wird im Ge heimen in Warschau herausgegeben, ;e eines in London, in Buffalo (Nordamerika) und Berlin. Doch ist anscheinend weder die Aufzählung der Vereine noch diejenige der Zeitungen voll ständig; so erscheint u. a. seit einigen Monaten noch für die pol nischen Bergarbeiter ein besonderes Blatt socialistischer Richtung „Goniec". Die polnisch-socialistische Partei hat in einer ganzen Reihe von Wahlkreisen von Posen, Westpreußeu und Oberschlesie» eigene Candidaten aufgestellt, die freilich fast auSnabmsloS wohl nur die Bedeutung von Zählcandidatureu baben dürsten. In Bezug auf daS Verhältniß zu den deutschen Socialdemokraten wird allerdings in dem bereits im März ver öffentlichten Wahlaufruf die Solidarität mit der deutschen Arbeiterpartei proclamirt, aber unter gleichzeitiger Hervor hebung der Feindseligkeit eines Theiles der deutschen Socialisten gegen den national-polnischen Charakter, welchen die polnischen Socialdemokraten nicht verleugnen mögen. Namentlich ist es bis in die neueste Zeit in Oberschlefien zu scharfen Auseinander setzungen zwischen deutschen und polnischen Socialdemokraten ge kommen. Der Hauptagitator der deutschen Socialdemokratie hier, 1>i. Winter, hatte schon auf dem letzten socialdemokratischen Parteitag große Erbitterung bei den polnischen Genossen dadurch Hervorgernfen, daß er die Benutzung und Pflege der polnischen Sprache auch in Oberschlesien als vollständig überflüssig und als ein Hinderniß deS Aufschwungs der Arbeiterschaft bezeichnet halte. Die unter seinem Einflüsse aufgestellten socialistischen Candidaten wurden von polnischer Seite zum Theil nicht anerkannt und scharf angegriffen, Feuilletsn. Seeschlachten im Alterthume. Von Theodor Hermann Lange. Nachdruck vnbotkn. Der gegenwärtige Kampf zwischen Amerikanern und Spaniern, der allem Anscheine nach in der Hauptsache auf einen Seekrieg beschränkt bleiben wird, lenkt wieder einmal die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf die Kriegsflotten der großen Staaten. Vergleicht man dabei unsere modernen gepanzerten Schiffskolofse mit den Kriegsfahrzeugen des Alterthums, so macht man die Wahrnehmung, daß eigentlich der Unterschied zwischen den Schlachtschiffen des Alterthums und den Panzer schiffen der Gegenwart gar kein so bedeutender ist. Ja, man kann unschwer die Grundsätze der modernen Armirung dieser Schiffskolosse auf die Prinzipien der altrömischcn Strategie zurückführen. Auf den Kriegsschiffen der Römer baute man schon früh zeitig Thürme, von denen aus man nicht nur den angreifenden Feind abwehren konnte, sondern auch selbst ein Bombardement auf die feindlichen Schiffe zu eröffnen vermochte. In diesen Thürmen waren Maschinen aufgestellt, von denen aus man Steine oder schwere Pfeile mit Widerhaken und auch Brandpfeile auf die Gegner schleudern konnte. Die Thürme auf den Schiffen waren bis zu drei Stockwerk hoch, und selbst noch im dritten Stockwerk befanden sich Maschinen, welche Steine, Kugeln, Feuerbrände u. s. w. schleuderten. In der Seeschlacht bei Actium z. B. hatte Cäsar Octavian kolossale Schiffe, mit denen er gegen die Flotte des Antonius und der Kleopatra operirte. Aber auch die Kleopatra hatte Fahrzeuge von ge waltiger Breite und Länge. Auf einem dieser egyptischen Kriegsschiffe befanden sich nicht weniger als vier drei Stockwerk hohe sogenannte Streitthürme. Es müssen also diese antiken Kriegsfahrzeuge unseren modernen schwimmenden Panzerkolossen mit ihren drehbaren Thürmen ziemlich ähnlich gewesen sein. Ja, sogar die modernen Scheinwerfer, die wir als eine große Errungenschaft der Neuzeit betrachten, hatten schon im Alterthume ihre Vorläufer. Die antiken Schriftsteller haben uns sensationelle Schilderungen von den Wirkungen des grie chischen Feuers hinterlassen. Schon die Phönicier besaßen das Geheimniß der Zusammensetzung einer Materie, welche die Eigenschaft hatte, in Berührung mit Wasser sich von selbst zu entzünden und eine Flammenmaffe zu bilden. Diese Flammen masse konnte weder durch Wasser, noch durch ein anderes Mittel gelöscht werden. Dieses griechische Feuer, das überall von Wasser umgeben war und darauf schwamm, verbrannte nur sehr langsam. Die Materie war eine leicht beweglich« Flüssigkeit und ließ sich in Schläuchen u. s. w. ohne sonderliche Mühe an Bord der Schiffe transportiren. Nahte Nachts ein Feind, so ließ man diese Flüssigkeit durch lange Schläuche auf da» Meer laufen oder auch durch das Wasser hindurch aufsteigen. Das griechische Feuer konnte man nämlich auch aus verhältnißmäßig bedeutenden Meerestiefen frei durch das Wasser hindurch auf steigen lassen. Dabei trat auch nicht die geringste Beeinträch tigung der Wirkung ein. Zunächst hatte man also ein Mittel, um die feindliche Flotte, den feindlichen Hafen u. s. w. zu beleuchten. Außerdem konnte man aber mit diesem Feuer die feindliche Flotte in Brand setzen. Indessen griff man zu diesen letzten Mitteln immer nur im äußersten Nothfalle, wenigstens seitens der Römer. Die Römer hatten das Bestreben, vor Allem die feindliche Flotte zu entern, um sich in den Besitz der Schiffe, der Waffen und der Schätze auf diesen Fahrzeugen zu setzen. Ging dies nicht an, waren die Feinde zu tapfer und zu erfolgreich in der Vertheidigung ihrer Schiffe, so ließen die Römer ihre Artillerie in Thätigkeit treten und die feindlichen Fahrzeuge in Brand schießen. Aus den Maschinen wurden brennende Wurfspieße, Fackeln und große Töpfe, mit glühenden Kohlen und Pech gefüllt, geschleudert. Diese Töpfe explodirten dann Bomben gleich auf Deck der feindlichen Fahrzeuge. Nun hatten schon die Mannschaften eines so beschossenen Schiffes genug zu thun, um den Brand zu löschen. Zunächst nahm man das vorräthige süße Wasser, und war dieses verbraucht, so schöpfte man Seewasser. Trat das griechische Feuer in Thätigkeit, so schoß es nach den Schilderungen der alten Schriftsteller wie eine feurige Schlange über das Wasser dahin. Oft auch erhob es sich in hohen Strahlen wie ein Springbrunnen oder es glich einem gewaltigen Feuerbündel, aus dem haushohe Flammenstrahlen herausschossen. Sobald diese Feuergarben an einem feindlichen Kriegsfahrzeuge emporschlugen, gerieth dasselbe in Brand, während das Wasser sich ganz ohnmächtig gegen das gefräßige Element erwies. Welche gewaltige Anzahl von Schiffen bei den Seeschlachten der Alten in Action trat, ersehen wir aus folgenden Zahlen: In der Seeschlacht bei Salamis betrug die Zahl der griechischen Kriegsschiffe 380, wovon 180 den Athenern gehörten. Jedes dieser athenischen Schiffe hatte auf dem Verdeck mindestens 18 Streiter, darunter gewöhnlich vier Schützen und 14 schwer Bewaffnete. Die Schiffe der übrigen Griechen hatten bis zu dreißig Streitern auf dem Verdeck aufgestellt. Denn zu jener Zeit führten noch die Spartaner den Oberbefehl zur See, den erst mehrere Jahre später die Athener erlangten. Die Zahl der persischen Schiffe in dem großen Seekampfe bei Salamis betrug, wie Aeschylos berichtet, 1200. In der Seeschlacht am Berge Ecnomos im Jahre 262 v. Ehr., in der die römischen Consuln L. Manilius und M. Milius die Karthager besiegten, bestand die römische Flotte aus 330, die karthagische aus etwa 350 Schiffen. Eine der größten Seeschlachten des Alterthums war diejenige von Actium, in der Antonius und Kleopatra im Jahre 31 v. Chr. von Cäsar Octavian geschlagen wurden. Octavian hatte in dieser Schlacht keine Schiffe, die gute Segler waren. Die Flotte des Antonius und der Kleopatra bestand aus großen, hoch gebauten und schweren Fahrzeugen, die mit hohen Streit- thürmen besetzt waren. Diese großen Fahrzeuge konnten sich aber nur sehr langsam und ungeschickt bewegen und wurden meist in die Schlacht gerudert. Die Römer griffen zunächst mit ihren kleinen leichten Segelschiffen die großen plumpen Fahr zeuge an, beschädigten die unteren Theile der Schiffe rund herum, brachen die Ruder ab, rissen die Steuerruder heraus und machten somit diese großen Fahrzeuge manöverierunfähig. Dann segelten zahlreiche andere Schiffe des Octavian heran, und von den auf diesen großen Fahrzeugen befindlichen Wurf maschinen wurden brennende Wurfspieße, Fackeln und Töpfe, mit Kohlen und Pech gefüllt, auf die Flotte des Antonius ge schleudert. Die so Beschossenen suchten durch dichte Kleider und selbst durch todte Körper das Feuer zu dämpfen. Aber nun erhob sich ein heftiger Wind und so ging ein Fahrzeug nach dem andern in Flammen auf. Das Feuer fraß immer weiter in den Seitenwänden fort und drang bis in die unteren Räume. In einem Berichte des Historikers Dio Cassius über die See schlacht heißt es: „Viele der Schiffsleute und Ruderer erstickten im Rauch, noch ehe das Feuer an sie herangekommen. Viele der Soldaten wurden mitten in den Flammen wie in einem Ofen gebacken oder schmolzen unter der Gluth ihrer eigenen Rüstung. Andere warfen, oft schon halb verbrannt, die Waffen und Schilde aus der Hand, wurden aber nun aus der Ferne von feindlichen Pfeilen verwundet; Andere sprangen ins Meer, ertranken und wurden von Seethieren zerfleischt, theilweise aber auch von ihren Feinden mit Hilfe langer Stangen ertränkt. Unter diesen Umständen zogen es Viele vor, Selbstmord zu begehen." In dieser Weise muß man sich den Verlauf der Seeschlachten in der antiken Zeit vorstellen. Die großen Seeschiffe jener Periode hatten, wie gesagt, Geschlltzthllrme von drei Stockwerken Höhe. In diesen Thürmen standen die Katapulten und Bal- isten, und so bombardirten sich die Schiffskolosse gegenseitig. Ja, bei der Belagerungen mancher Hafenplätze traten that sächlich bereits „schwimmende Batterien" in Thätigkeit. Die Geschütze der Griechen und Römer waren Wurf maschinen. Die Schußweite belief sichUs auf annähernd 900 Meter. Soweit konnten allerdings nur ganz leichte Ge schosse geschleudert werden. Für gewöhnlich zielte man nur auf 3—400 Meter, um nicht blos das Ziel zu treffen, sondern auch um dem Feinde möglichst großen Schaden zuzufügen. Man schleuderte aber aus den Geschützen nicht blos Feldsteine, Stein kugeln und Brandpfeile, sondern öfters^ auch vergiftete Pfeile und große Speere mit Widerhaken, vereinzelt sogar schon eiserne Kugeln. Die vergifteten Pfeile wurden gewissermaßen wie aus der Mitrailleuse geschossen, das heißt, mozi schleuderte mit einem Mal aus einem Geschütz eine ganze Anzahl dieser kleinen ver gifteten Pfeile, die sich dann am Ziele zerstreuten. Die Brand pfeile waren mit Werg überzogen, das man zuvor mit Harz, Pech und anderen leicht brennbaren Stoffen getränkt hatte. Die Kaperei blühte im Alterthum sehr, und auch das See räuberunwesen stieg oft zu einer außerordentlichen Höhe. Im Jahre 80 v. Chr. beherrschten die Seeräuber thatsächlich große Theile de» Mittelmeere», und e» hatten die Piraten ihre eigenen Häfen an der cilicischen Küste und auf der Insel Kreta. Zwar wurden die Seeräuber durch den Consul Servilius in mehreren Schlachten geschlagen, aber es gelang ihnen immer wieder, neue Flotten auszurüsten und die römischen Flotten sogar zeitweilig aus den östlichen Theilen des Mittelmeeres ganz zu verdrängen. Die Corsaren kaperten zahlreiche römische Getreideschiffe, plün derten die großen Hafenstädte Griechenlands und Italiens aus und erschienen in Ostia an der Tibermündung. In Rom herrschte schon längst Hungersnoth, da die Getreideschiffe nicht mehr an die italischen Plätze herankommen konnten. Vor Ostia schlugen die Seeräuber die römische Kriegsflotte vollständig und steckten dann die ganze römische Flotte in Brand, so daß in der Reichshauptstadt geradezu eine Panik vor den Seeräubern ausbrach. Erst Pompejus gelang es, die Seeräuber zu über winden. Auch noch in der späteren Kaiserzeit machten sich die Flotten der Seeräuber besonders an den westlichen Küsten des Mittelmeeres sehr unangenehm fühlbar. Der griechische Historiker Dio Cassius sagt ganz pessimistisch im sechsund dreißigsten Buche seiner „Römischen Geschichte": „Die Seeräuber waren immer eine Plage fürs Menschengeschlecht und werden es bleiben, so lange Menschen — Menschen sind." Uebrigens gab cs im Alterthum schon Kriegs- und Trans portschiffe, welche Schaufelräder an jeder Seite hatten, die mechanisch bewegt wurden. Diese antiken Fahrzeuge sind also gewissermaßen die Vorläufer unserer Dampfschiffe. Die Schaufelräder wurden entweder durch Thj^re oder durch Menschen gedreht, und zwar verwandte man gewöhnlich als Thiere Ocbsen und als Menschen Sclaven, hauptsächlich Kriegsgefangene. Die Thiere drehten durch ihr Gewicht im Schreiten eine Welle und dadurch kam die Bewegung der Schaufelräder zu Stande. Verschiedene römische Schriftsteller berichten, daß, als im Jahre 264 v. Chr. die Römer von einer Partei in Messana (dem heutigen Messina) zu Hilfe gerufen wurden und nach Sicilien übersetzten, sie sich auch hierbei mehrerer Schisse be dienten, deren Schaufelräder durch Sclaven bewegt wurden. Diese Schiffe sollen sehr schnell gefahren sein, selbstverständlich auch gegen den Wind. Denn im ganzen Alterthume verstand man nur vor dem Winde zu segeln, das Segeln gegen den Wind lernten die Seefahrer erst im späten Mittelalter. Immerhin finden wir diese «schiffe mit Schaufelrädern nach den panischen Kriegen nicht mehr bei den Römern. Ob die Er findung in Vergessenheit gerieth oder ob sie gus anderen Gründen als unpraktisch sich erwies, läßt sich aus den Schriften der Alten nicht mehr feststcllen. Zum Schlüsse sei übrigens mitgetheilt, daß die Römer ihre Flotten nicht nur in sämmtlichrn Theilen des Mittelmeeres, im Schwarzen Meere, sondern auch auf den Binnenseen und den Grenzströmen hatten. Auf dem Rhein, der Donau u. s. w. schwammen römische Kriegsschiffe, und sogar auf dem Bodensee war eine römische Kriegsflottille stationirt.
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