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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980514016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898051401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898051401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-14
- Monat1898-05
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Broßere Schriften laut unserem Preit verzeichniß. Tcdellarischrr und Zisfrrnsas nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschlnß sük Anzeigen: Abeud-Ausgabr: vormittag- 10 Uhr. Marge »-Ausgabe. Nachmittag» 4 Uhr. vei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richte». Druck «ad Verlag vor, E. Polz iu Leipzig. ^0 241. Sonnabend den 14. Mai 1898. 92. Jahrgang. Verspäteter Sparzwang. A. v. Das Problem der Arbeitslosenver sicherung kann trotz der zahlreichen Versuche noch immer nicht als gelöst betrachtet werden. Biele Volkswirthe ver zichten heute überhaupt auf die Lösung dieser Frage; die Einen, weil sie die Tragweite der unverschuldeten Arbeitslosigkeit gering veranschlagen und der Ansicht sind, daß sich bereits durch eine um fassende Regelung des Arbeitsnachweises die ganze Arbeitslosig keit aus der Welt schaffen lasse; einige andere, weil sie die Arbeits losigkeit für etwas nicht nur Nothwcndiges, sondern in gewissen Grenzen geradezu Heilsames ansehen, indem sie in den Arbeits losen nur den im Kampf ums Dasein nothwendig ausscheidenden unfähigsten Theil der menschlichen Gesellschaft erblicken, dessen Untergang im Interesse des allgemeinen Fortschrittes und der Zuchtwahl unvermeidlich ist; wieder andere sind der Ansicht, daß nicht eine Versicherung gegen Arbeitslosigkeit, sondern eine allgemeine Herabsetzung der Arbeitszeit das Uebel beseitigen würde, da dann alle Hände Beschäftigung fänden; nicht gering ist endlich die Zahl Derer, welche die Schwierigkeiten einer Ver sicherung gegen Arbeitslosigkeit theils aus technischen, theils Wohl auch aus politischen und volkspsychologischen Gründen für unüberwindbar halten und aus diesem Grunde auf eine Erörterung der Frage verzichten. Von dieser letzten Gruppe bemühen sich nun Einige, einen anderen Ausweg zu finden, den Arbeiter auf einem anderen Wege als dem der Versicherung gegen die bösen Folgen der Arbeitslosigkeit zu schützen. Am nächsten kommt der Arbeitslosenversicherung der be kannte Plan des Sparzwanges, den Professor Schanz aufgestellt hat und der im Wesentlichen darin besteht, daß jeder Arbeiter gehalten sein soll, wöchentlich von seinem Lohn eine kleine Summe zurückzulegen und auf diese Weise bei einer Sparkasse ein Guthaben anzusammeln, das bis zu einer Höhe von 100 cA gesperrt bleibt und nur im Falle der Arbeitslosigkeit angegriffen werden darf. Aber auch die Idee des Sparzwanges will begreiflicher Weise Vielen nicht in den Kopf. So segensreich das Sparen wirken könnte, würde der Spar zwang den Arbeitern doch als eine unerträgliche Bevormundung erscheinen. Zudem wendet man ein, daß der Arbeitslohn in zahllosen Fällen viel zu karg sei, um auch nur die geringsten Ersparnisse zuzulassen. Auch würden sich große Unzuträglichkeiten Herausstellen, wenn der Ar beiter sein gesperrtes Guthaben angreifen will; bei Arbeitslosig keit eine lange Untersuchung, ob dieselbe verschuldet oder un verschuldet, bei Unglücksfällen aller Art, ob dieselben wirklich ein Angreifen des Guthabens begründen und nothwendig machen oder ob der Arbeiter nicht etwa nur simulirt, um sich Geld für Trunk und Verschwendung zu verschaffen. Jedenfalls liegen auch hier mannigfache Schwierigkeiten vor. Stellen wir diesen akademischen Erörterungen über die Möglichkeit und Zulässigkeit des Sparzwanges aber einmal die nackten Thatsachen der Praxis gegenüber, einen faktischen Spar zwang, wie er schon heute in der härtesten Form besteht. Es ist eine absolut unbestreitbare Thatsache, baß die jungen Leute theilweise einen ganz unverbältnißmäßig hohen Lohn erhalten, daß sie vielfach für ihren eigenen Bedarf dieselben Mittel er halten, mit denen ein älterer Arbeiter den Unterhalt einer ganzen Familie bestreiten muß. Gleichwohl fällt es diesen längeren Arbeitern fast niemals ein, etwas von ihrem Lohn zurückzulegen für die Zeiten, in denen auch sie mit derselben Summe vielleicht zwei, drei oder mehr Köpfe ernähren müssen. Das Geld wird verjubelt, und wenn sie sich anschicken, eine Familie zu gründen, stehen sie vis-L-vis rion. Nun wird der Lohn nicht höher, die Ausgaben aber steigen bedeutend. In den fetten Jahren ist kein Pfennig gespart, um mit eigenen Mitteln in die eigene Wirthschaft zu treten — jetzt aber, in den mageren Jahren, kommt der unerbittliche Sparzwang, jetzt muß getragen werden, was früher unerträglich schien. Wird das neu gegründete Heim auch noch so einfach und be scheiden ausgestattet — die Einrichtung kostet doch immerhin Geld, und da solches nicht erübrigt ist, müssen die Möbel auf Credit, auf Abzahlung genommen werden. Da die einzelnen Summen auf den ersten Blick recht klein sind und man die Sorge für die Bezahlung der Zukunft überlassen kann, wird in der Regel aber die Ausstattung gar nicht so einfach und bescheiden, wie es bei dem vollständigen Mangel eigener Mittel angebracht wäre; man läßt sich von dem Händler Möbel ausschwatzen, die weit über die Verhältnisse der Familie hinausgehen. Und nun kommt der große Sparzwang. Die Abzahlung für die — bei Lichte besehen, meist sehr theuer gekauften — Möbel muß pünktlich erfolgen, wenn nicht womöglich die ganze Ausstattung und alles schon an- und abgezahlte Geld verloren gehen soll. Da heißt es also sparen, sparen, sparen. Was ehedem, als die Lage des jungen Arbeiters günstig war, da er nur für sich allein zu sorgen hatte, unmöglich war — jetzt, unter weit ungünstigeren Verhältnissen, mußes möglich sein. Was man als unerträglichen Zwang zurllckweisen würde, wenn derStaat es forderte — jetzt muß man es ohne Murren thun, da in ganz unvergleichlich härterer Form derselbe Zwang von dem Inhaber des Abzahlungsgeschäftes ausgeübt wird, dem der Ar beiter unweigerlich unterworfen ist. Nun wird der Zwang ertragen, nun ist es möglich, regel mäßig einige Groschen vom Arbeitslohn zurückzulegen. Wie wäre es, wenn mit diesein Sparen etwas früher begonnen, wenn der harte nachträgliche Sparzwang nicht abgewartet wäre? Der junge Arbeiter hätte sich keine übermäßigen Ent behrungen aufzuerlegen brauchen, er wäre mit eigenen Mitteln in die Ehe getreten, hätte die erst bescheidene Einrichtung, wenn nicht ganz, so doch zum beträchtlichen Theile baar bezahlen können, er hätte infolge dessen die Möbel weit billiger erhalten, wäre nicht in die notwendiger Weise harte Hand des In habers des Abzahlungsgeschäftes gefallen und könnte nun in der Ehe weit besser und sorgenfreier leben. Ehe der Theoretiker, und ehe besonders der Arbeiter selbst den Sparzwang verwirft, sollte er doch einmal in Erwägung ziehen, ob ein in den ersten Arbeitsjahren, in denen das Ein kommen den wirklichen Bedarf oft bedeutend übersteigt und nur vergeudet wird, vom Staat ausgeübtcr sanfter Sparzwang nicht unendlich Vortheilhafter und erträglicher wäre, als dieser verspätete, denkbar härteste Sparzwang, dem der ältere, eine Familie gründende Arbeiter unweigerlich verfällt und der in dieser Zeit dann nur zu oft zu einem völligen Ruin führt. Deutsches Reich. * Leipzig, 13. Mai. Der „Leip). Ztg." wird geschrieben: „Am gestrigen Abend haben sich die Bereinigten OrdnungS- parteien in gemeinschaftlicher Sitzung unter Zuziehung so ziemlich aller wesentlichen und maßgebenden socialen Faktoren Leipzig» als „Wahlvereinigung der Ordnungsparteien für den XII. und XIII. Säch sischen Reichst agswahlk re iS" constituirt und für den 12. Wahlkreis den bisherigen Vertreter desselben im Reichs tage, Professor vr. Hasse, sowie für den 13. Wahlkreis Gewerbekammervorsitzenden Schlosserobermeister Oehler in aller Form aufgestellt. Bei der regen und warmherzigen Be theiligung zahlreicher bedeutender Interessengruppen und Standesvertretungen steht zu erwarten, daß sich den Candidaten der vereinigten Ordnungsparteien bezüglich der neugegründeten Wahlvereinigung der Ordnungsparteien die überwältigende Mehrheit unserer vaterländisch gesinnten Bürger zuwenden wird. Die Geschäftsleitung der Wahlvereinigung liegt bis auf Weiteres in. den Händen der Herren Handelskammersecretair Or. Gensel und Oberamtsrichter Schwerdfeger als Vorsitzende und Kauf mann Zeiß und 0r. msä. Rößger als Schriftführer." — Zn einer Versammlung des nationalsocialen Vereins ist der Schriftsteller Max Lorenz als Candidat für den Reichs tagswahlkreis Leipzig-Stadt aufgestellt und gleichzeitig ist die Gründung eines nationalsocialen Wahlvereins beschlossen worden. Zn einer demnächst abzuhaltenden größeren Ver sammlung soll sich Herr Lorenz den Wählern vorstellen. Schon hieraus läßt sich entnehmen, daß die gestrige Meldung der „Leipz. Ztg.", Herr Rechtsanwalt Martin sei von seiner Candidatur im Leipziger Landkreise zurückgetreten, einer Berichtigung bedarf. Das genannte Blatt erklärt denn auch heute, dieser Rücktritt sei noch nicht beschlossene Thatsache. Wie wir hören, beabsichtigt nun auch der „Un abhängige Reichstagswahlverein" einen eigenen Candidaten aufzustellen. * Berlin, 13. Mai. Die Behauptung, daß regierungsseitig eine Aenderung des Reichstagswahlgesetzes be absichtigt sei, war bekanntlich von dem früheren klerikalen Abg. Müller-Fulda ausgestellt. Die „Germania" sucht ihm den Rückzug zu decken, indem sie gegenüber dem Dementi des „Reichsanzeigers" bemerkt, dieses nicht einmal amtliche Dementi sei genau so zu nehmen, wie die früheren osficiösen Ableugnungen. ES sei sofort festgestellt worden, daß eS sich bei den in Frage kommenden Angaben nur um Ansichten privaten Ursprungs gehandelt habe, es werde deshalb aber kein Fehler sein, wenn die Reichstagswähler sich ihre Candidaten hinsichtlich ihrerStellungnahme zu dem allgemeine», gleichen, direkten, geheimen Wahlrecht genau ansähen, von ihnen eine präcise Erklärung verlangten und weder bei den Hauptwahlen noch bei den Stichwahlen für einen Candidaten stimmten, der diese Erklärung nicht in unzweideutiger Weise giebt. — Das letztere ist auch unsere Ansicht und entspricht ganz dem nationalliberalen Programm. Hoffentlich beherzigen auch die Centrumsmänner selbst die Mahnung der „Germania" und lassen sich ihr Reckt, bei den Wahlen mitzusprechen, nicht von den geistlichen Führern schmälern, die bekanntlich die Candidaturen meist ganz allein bestimmen. Das Wahlrecht des Centrumsmanns ist in allen diesen Fällen doch nur ein Scheinrecht, das zu ändern sich nicht der Mühe lohnte. Die Ausrede der „Germania" schützt den Abg. Müller nicht vor dem Vorwurfe, durch seine geheimnißvolle Behauptung demagogische Umtriebe verlacht zu haben. Denn daß das heutige Reichstagswahlrecht in vielen der Negierung nahestehenden Kreisen als der Abänderung bedürftig betrachtet wird, weiß doch wobl jeder Politiker, ebenso bekannt aber dürfte es sein, daß diese Kreise ihre Wünsche in Folge der Schwierigkeit der Sache vergebens in discutable Anträge zu kleiden versucht haben. Das mußte auch Herr Müller-Fulda wissen, dem eS außer dem gewiß nicht unbekannt ist, daß der Reichskanzler Fürst Hohenlohe jeder Einschränkung des bestehenden Reichstags wahlrechts ebenso abhold ist, wie dem Versuche, ein neues Socialistengesetz einzusühren. Herr Müller-Fulda ist also von dem Verdachte nicht reinzuwaschen, mit seiner Behauptung nichts Anderes bezweckt zu haben, als sowohl die ultramontanen wie die socialdemokratischen Wähler aufzustackeln und in den Augen der letzteren das Centrum als den besten Schutz gegen geheime Anschläge wider das jetzige Reichstagswahlrecht er scheinen zu lassen. * Berlin, 13. Mai. Für daS Zustandekommen des großen Putsches, für die Verwirklichung der social demokratischen Phrase: „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arni es will", ist nach Ansicht der Socialrevolutionaire zweierlei er forderlich: die unbedingte Herrschaft ein-rsftrs Uber dft Eisen bahnbeamten und andererseits dann die über die Kohlenbergarbeiter. Ein Generalstreik der Eisenbahner soll den Verkehr lahmlegen und ein solcher der Berg arbeiter die Fabriken wegen Kohlenmangels zum Still stand zwingen — solange bis in Singer's fetter Hand die Loose Deutschlands ruhen. Aber das heiße Bemühen der Socialdemokraten um die Bahnbeamten sowohl, wie um die Bergarbeiter ist von geringem Erfolg gekrönt gewesen. Dort ist es der Staat, mit dem in dieser Frage nicht gut Kirsche» essen ist und der seine Schäflein sorglich hütet, hier sind es andere, und zwar innere Gründe, die auch die „Sächs. Arb.- Feuilleton. Am die Erde. Reisebrirfe von Paul Lindenberg. Nachdruck verboten. Auf dem Wege nach Tientsin. — Schlechter Anfang. — Flucht vor dem Sturm. — Die Strandungsstelle des „Iltis". — In der Bucht. — Erinnerungen an den chinesisch japanischen Krieg. — Chefoo. — Umständliches Landen. — Mit der Bahn nach Tientsin. In der Uung-Sching-Bucht, 6. März. Stillleben und Stillliegen an der Küste Nord-Chinas, seit gestern Mittag haben wir es kennen gelernt! Und wir wollten so schnell nach Tientsin und Peking, um noch rechtzeitig zum Empfange des Prinzen Heinrich in Kiautschou einzutreffen — und nun liegen wir fest, fest, fest! Die Sache fing schon bedenklich an. Als wir von Nanking nach Shanghai zurückgekehrt waren, hatten am Tage vorher nicht weniger wie dreiundzwanzig Dampfer mit über 60 000 t Ladung — sie würden, in Eisenbahnwagen untergebracht, un gefähr einen Zug von zweitausend Waggons füllen — die Fahrt nach Tientsin angetreten, da die ersehnte Depesche eingelaufen war, daß der dortige Hafen eisfrei sei. Nur einige kleinere Dampfer waren zurückgeblieben, und wir hatten für einen der selben, einen chinesischen Küstenfahrer „Hae-ting", einer chi nesischen Schiffsgesellschaft gehörig, noch zwei Plätze zu sehr hohem Preise erwischt; als wir aber zu vorgerückter Abendstunde mit unserem Gepäck an Bord anlangten und unsere Cabine beziehen wollten, da war Alles besetzt. Ein dutzendmal wohl versicherte es uns ein zur Bedienung des Schiffes gehöriger zwölfjähriger Chinesen-Boy, der in Abwesenheit des Capitains und des Stewards von drolliger Wichtigkeit war und sein bischen Pitchen- Englisch immer eifriger hcrvorblubberte: „Not plaos«, Oentlo- UIÜN8, not plsoes, «II is occupückck — verrzc oeoupticlcl!" und dabei that er, als ob er uns mit unseren Koffern sofort an die Luft setzen wollte, bis ihn ein wohlgezielter Katzenkopf einigermaßen zur Ruhe brachte. Wir hatten unsere Billets und wollten nicht zurück — der zappelnde Kleine führte mich endlich zu dem ersten Officier, der in seiner Cabine schlief; ich weckte ihn, stellte ihm den Sachverhalt vor, er zog sich schnell an und konnte nur die Angaben des Boys bestätigen: die vorhandenen sechs Cabinen mit ihren zwölf Betten waren beseht, und den gütigen Vorschlag des Officiers, auf den Bänken de« kleinen Speisesalons zu schlafen, „aber ohne Betten", wie er hinzu setzte, schlug ich entrüstet aus — er könnte das wohl Hunden zumuthen, aber keinen Gentlemans. Vielleicht gefiel ihm der deutliche Ton, denn er bot uns seine eigene Cabine an, wir einigten uns schnell über eine Zuzahlung und haben es nicht zu bereuen, da unser Zimmerchen wenigstens Luftheizung hat. während in den übrigen Cabinen eine bittere Kälte herrscht, wir sodann von den üblen Gerüchen einiger chinesischer Passagiere — Söhne von Mandarinen, die, von zahlreicher Dienerschaft begleitet, nach Peking zur Ablegung des letzten, höchsten Examens reisen — und dem Trubel mehrerer lebhafter Missionarskinder entfernt wohnen. Schon in der Mündung des Aangtsze mußten wir einen halben Tag liegen bleiben, weil die See zu hoch war und die Maschine unseres nur tausend Tons fassenden Dampfers alt und nicht stark zu sein scheint; dann dampften wir los, hei, wie wir auf den Wellen tanzten, zwei Tage und zwei Nächte, nur drei Meilen (statt zehn) in der Stunde vorwärts kommend, bis der Capitain fürchtete, daß er mit seinen Kohlen nicht mehr bis Chefoo reichen würde, und daher gestern Mittag hier in der geschützten Bucht vor Anker ging, um besseres Wetter abzuwarten. Zwei Dampfer folgten unserem Beispiele; den einen, einen Norweger, hatten wir schon draußen schwer auf offener See kämpfen sehen, er kam zurück, weil er, obwohl seine Maschine stärker ist wie die unsere, nicht gegen die Wellen ankonnte, deren Brausen wir vernehmen und deren lange Schaumköpfe wir sehen. Es ist bei bösem Wetter hier ein schlechtes Fahren, und mehrere Schiffe der Gesellschaft, der unser „Hae-ting" angehört, sind in dieser Gegend auf den Strand geworfen worden und nebst Ladung verloren gegangen. Gestern um die neunte Vor mittagsstunde fuhren wir ja auch ganz dicht an jenem kleinen, gischtumspritzten, unmittelbar vor der Küste liegenden Felsen vorüber, an denen der „Iltis" gestrandet — wie dachten wir da jener Braven, die hier ihr junges Leben verloren und die ihre letzte Ruhe unter den gräulich schimmernden Wogen "ge funden, welche verlangend um unser Schiff aufspritzen und es herniederzuziehen suchen, daß über dos Vordertheil hinweg sich schäumend die Wasserströme ergießen. In der ganzen weiten Bucht war es die schlimmste Stelle, auf welche der „Iltis" ge laufen, nur hundert Meter vor- oder nachher, so wäre er auf flachen Strand gerathen und die gesammte Besatzung wäre wahr scheinlich gerettet worden. Wir liegen vorläufig hier ganz ruhig, übrigens an einer geschichtlich denkwürdigen Stelle, denn hier landeten während des letzten Krieges die ersten japanischen Truppen auf chine sischem Festlande und drangen nach Wri-hai-wei vor. Kaum tausend Meter trennen uns von diesem Landungsort, der von kahlen Hügeln eingeschlossen ist und auf welchem einige einsame Fischerhlltten liegen. Wir würden im Boot hiniiberfahren, wenn es nicht gar zu kalt wäre, aber man kann sich nur wenige Minuten im Freien aufhalten, so schneidend ist der Nordwind; unser Schiff ähnelt schon einem Nordpolfahrer, mit dickem Reif sind die Taue umspannt, und lange Eiszapfen hängen von den Masten und der Reeling herab. Und ich dacht» um den Winter zu kommen!! Uebrigens diente im letzten Kriege unser Dampfer als Truppentransportschifs, so lange die Gewässer noch frei waren von japanischen Fahrzeugen. Zweitausend Mann wurden ein mal auf diesem „Hae-ting" (der Name bedeutet „ruhige See") nach Chetoo befördert und In den paar Tagen der Uebrrfahrt mußten sieben Exekutionen vorgenommen werden wegen Ge horsam-Verweigerung; der Capitain zeigte uns die Stelle, wo den Verurtheilten der Kopf abgehackt wurde. Da vor Chefoo stürmisches Wetter eintrat, warfen in der Nacht die Soldaten einen der den Officieren gehörenden Pony in das Meer, um den zürnenden Wassergott zu versöhnen! Tientsin, 9. März. Unser fast vierzigstündiges Ausharren in der Aung-Sching- Bucht war belohnt worden, in der von Mondschein erhellten Nacht zum 7. März hatten wir die Anker gelichtet, und als wir erwachten, steuerte unser Schiff auf fast spiegelklarer See an der Küste dahin, und erreichten wir alsbald Chefoo, das bei dem prächtigen Sonnenwetter einen ungemein günstigen Eindruck machte. Links von der chinesischen Stadt liegt die europäische Ansiedelung; auf vorgelagerter felsiger Halbinsel, deren zackiges- Gestein zum Theil von weißschimmernder, dicker Eiskruste überzogen war, haben die Consulatsgebäude ihren Platz gefunden, lustig flatterte dort oben im frischen Morgen winde die schwarz-weiß-rothe Fahne an hohem Flaggenmaste. In weitem Halbkreise umgeben hohe Berge den Ort, der sich eines regen Handels erfreut und in dessen Hafen es von Hun derten chinesischer Fahrzeuge wimmelte; die europäischen Schiffe, die hier wegen des Stürmens auf der See eine volle Woche hatten liegen müssen, waren am gleichen Morgen ausgelaufen, und wir folgten ihnen, nachdem wir einige Hundert Chinesen, die sogar auf dem Oberdeck untergebracht werden mußten, als Fahr gäste eingenommen. Daneben aber auch einen Mandarin und einige reiche Theekaufleute, die mit uns am Tische europäisch aßen, die englisch sprachen und denen wir am Abend das Knobeln beibrachten, was ihnen so gefiel, daß die durch Whisky be feuchtete Sitzung erst um Mitternacht ihr Ende fand. Am folgenden Morgen, also gestern früh, rasselten plötzlich während des Frühstücks die Anker hernieder — von Land war nichts zu sehen, aber unser Dampfer mußte des flachen Wasser standes wegen hier draußen liegen bleiben. Glücklicherweise war ein kleines Dampfboot gekommen, um uns nach Tongku zu be fördern, von wo die Eisenbahn nach Tientsin geht, aber wir mußten noch eine harte Geduldsprobe, die durch das kalte und windige Wetter nicht vermindert wurde, durchmachen, denn stundenlang dauerte das Ausladen der Chinesen und ihrer Tausende von Habseligkeiten, die in Kisten, Körben, Säcken, Fässern, Truhen, Bündeln u. s. w. untergebracht waren und in hoher Aufthürmung jedes freie Plätzchen des Schiffleins ein nahmen. Wir hatten uns mit den oben erwähnten chinesischen Theekaufleuten in die einzige winzige Oberdeck-Cabine zurück gezogen; da die THUren wegen des Gepäcks nicht geschlossen werden konnten, waren wir, bereits schwer erkältet, dem Frost und Wind ausgesetzt und beneideten stets aufs Neue die Chinesen um ihre warme, praktische Kleidung! Fast zwei Stunden währte die Fahrt, ehe wir zu unserem Ziel gelangten; vor dem Ufer zog sich noch eine breite, von sich auflösrnden Eisschollen gebildete Sisschicht — daS Meer ist oft in einer Ausdehnung von fünfzehn englischen Meilen zugefroren — dahin, durch welch, knirschend sich unser Schiff Bahn brach, und schwere Si-schollen stießen krachend auch später noch gegen die Planken des Dampfers, daß man sich ganz nansenhaft vorkam! Mit treibendem Eis war auch der Pei-Ho, dessen Mündung an beiden Seiten durch ausgedehnte Forts geschützt ist, angefllllt, und an seinen Ufern saßen in starkem Eis noch mehrere kleinere Fahrzeuge fest. Endlich, endlich erreichten wir Tongku, ein jammervolles, aus Schlamm hütten bestehendes Dorf, und kletterten auf einer wurmstichigen Leiter vom Bord an das Land. Hier wieder der Kamps dec Kulis um das Gepäck, ein stetes Aufpassen auf jedes Stückchen, ein strenges Ueberwachen der Leute, damit sie nicht auf Nimmer Wiederkehr mit einigen der Sachen verschwänden, und endlich geht die kleine Karawane los, Einer von uns voran, der Zweite den Beschluß bildend, hin zu der zehn Minuten entfernten Station, die aus einem kleinen Backsteinhäuschen besteht, in welchem ein chinesischer Kaufmann einen Laden errichtet hat, aus dessen Conservenvorräthen man sich eine kümmerliche Mahlzeit zu sammenstellen kann. Zeit haben wir ja genug — in zwei Stunden erst geht der Zug nach Tientsin. Geduld, Geduld, wer über dich nicht verfügt, der unterlasse das Reisen in China! Aber auch die zwei Stunden vergehen, der Zug wird nahe der Station zusammengestellt und dampft endlich heran; noch während er im Gange ist, stürzen sich wie die Besessenen die ärmeren Chinesen auf die ihnen zugewiesenen, zum Theil offenen Güterwagen, und hageldicht sausen die Schläge der in zerlumpten Militairuniformen steckenden Polizisten auf die drängende, stoßende, schreiende Menge, die Unordnung nur noch verstärkend. Die vornehmeren Zopfträger nehmen in den Wagen erster und zweiter Classe Platz, die durchaus unseren Waggons dritter Güte ähneln; für die Europäer hat man einzelne schmale Gelasse abgetheilt, von denen wir eins in Beschlag nehmen, hier da kleinere Gepäck unterbringend, während das größere ruhig draußen auf der Plattform aufgestapelt wird. In dem Wagen ist cs hundsmäßig kalt, man pafft eine Cigarre nach der andern, um sich hierdurch etwas „Wärme" zu schaffen, und zum gleichen Zwecke wird öfter eine umfangreiche Flasche hervorgeholt, auf deren gelbem Etiquett mit dicken Buchstaben „Gilka" steht; wir entdeckten einige Buddel dieses lieblichen Getränkes in einem Schiffshandlungsloden Nankings und zogen sie uns sofort zu Gemüthe. Die vor zwei Jahren etwa eröffnete Eisenbahnstrecke nach Tientsin ist eingleisig, und wenn irgend ein Schaden vorliegt oder der von der anderen Richtung abgelassene Zug verspätet die Kreuzungsstelle erreicht, so kann man stundenlang unter wegs liegen bleiben, in eintönigster, flacher, baumloser Ebene, die im Frühjahr meilenweit vom Pei-Ho überschwemmt wird. Wir hatten Glück und langten ungehindert nach fast zwei stündiger Fahrt in Tientsin an; auf dem Bahnhofe wieder die Gcpäcksorgen, wieder Formirung der Karawane, mit der wir noch nachdem wir ein Stück zu Fuß zurückqelegt, über den Fluß setzen mußten, an dessen jenseitigem Ufer die europäische An siedelung liegt, drüben dann in Ricksah's zu dem ziemlich ent fernten Astor-Hause, einem von einem Deutschen geleiteten vor- zllglichen Hotel: warmes Bad, gukdurchwärmtes, großes Zimmer, treffliches Essen, wolliges Bett: „Wer niemals mit Chinesen aß, Wer nie die Tage und die Nächte Im engsten Schiffsraum lag und aß. Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!"
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