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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.05.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980517020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898051702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898051702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-17
- Monat1898-05
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BezugS-PrM W st« Hauptexpedttto» oder den im Gtadt- dehtrk uad den Vororten errichteten Au»« ovdeslellen obgeholt: vierteljährliche4.K0, vei »wetmaliarr tägliche Zustellung in« Hau« e Lcko. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteüährlich e S.—. Directe tägliche Kreuzbandlendung tu« Ausland: monatlich e 7.ÜO. Dt» Morgen-AuSgab« erscheint um '/,7 Uhr. di« Abrnd-Au-gabe Wochentag« um b Uhr. Re-iirtton »ad ErpeLitio«: JohanneSgasse 8. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen ^ösf-et von früh 8 bi» Abend« 7 Uhr. Filialen: Ltt« Klemm'» Sorttm. (Alfred Hahn), Universitätsstratze 3 (Paulinum), L-nid Lösche, Kathartnenftr. 14, Part, und König-Platz 7. 217. Abend-Ausgabe. MpMer TagMalt Anzeiger. Amts6kalt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes nnd Nakizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Dienstag den 17. Mai 1898. Anzeigen-PreiS ble 6gespaltme Petitzetle SO Pfg. Reklamen unter demRrdactionsstrich («ao» spalten) bO^iL, vor den Famtltennachrtchtea (6 gespalten) 40 xZ. Größere Schriften laut unserem Pretd- verzetchniß. Dabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. —-s—»«—- Extra-Veila,en (gefalzt), uur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung >4 60.—, mit Postbesörderuag ^l 70.—. Äaaahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabr: Vormittag« 10 Uhr. Morge n-AuSgabe: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 82. Jahrgang. Der spanisch-amerikanische Krieg. —In Amerika war man nicht nur in höchstem Grade verblüfft, als die spanische Flotte, die man wieder in Cadiz vermuthete, plötzlich, alle Dispositionen deS Feindes über den Haufen werfend, bei Martinique erschien. Man hat sich jetzt einigermaßen von dem ersten Schrecken erholt, ist aber nichts destoweniger noch in der größten Verwirrung, da man über den ActionSplan des Admirals Cervera völlig im Unklaren ist, ja nicht einmal sichere Kenntniß hat von dem Aufenthalt der spanischen Schiffe. Diese sollen gegenwärtig zum großen Tbeil in einem venezolanischen Hafen sich mit Kohlen versehen, doch hat Wan keine Ahnung, welches ihr Bestimmungsort ist. Mittlerweile sind noch weitere spanische Schiffe auf dem Kriegsschauplatz eingetroffen. Man berichtet uns darüber: * New Park, 16. Mai. Eine Depesche des „Evening Journal" aus Washington besagt, dem Marinedepartement sei die Nachricht zugegangen, daß drei spanische Fahrzeuge auf der Höhe von Martinique bemerkt worden seien. Man glaubt, daß es die Schiffe „Princesa de Asturias", „Cataluna" und „Cardinal Cisneros" gewesen sind. Auch deren Ziel ist unbekannt, während die amerikanische Presse bis jetzt alles Mögliche an Offenherzigkeit getban hat, um die Spanier von den Operationen der Unionöflotte zu unterrichten. Das soll nun anders werden, wie auZ folgender Mittheilung hervorgeht: * Washington, 16. Mai. Die Regierung hat den atlantischen Kabelgesellschaften Anweisungen gegeben, keine Depeschen über die Bewegungen der Kriegsschiffe der Vereinigten Staaten zu befördern und keine Auskünfte über die bevorstehenden Operationen der Kriegsschiffe zu geben. Vorläufig weiß man aber so viel, daß das amerikanische Fliegende Geschwader unter Admiral Schley, nachdem es vergeblich den Ocean nach der spanischen Flotte abgesucht. Befehl erhalten hat, nach Key West zurückzukehren und daß auch Admiral Sampson wahrscheinlich den Cours dorthin nehmen wird, weil man vermulhet, daß die spanische Flotte beabsichtigt, sich nach Havannah zu begeben und dort mit guter Rückendeckung, den Amerikanern die Schlacht anzubieten. Diese Vermulhung hat vielleicht insofern etwas für sich, als die Spanier den ausgesprochenen Plan verfolgen, möglichst viele amerikanische Schiffe vor Havannah zu locken. Möglich ist es aber auch, daß die spanische Flotte vorerst noch nicht nach Havannah segelt, sondern den von Südamerika herkommendcn amerikanischen Schiffen „Oregon", „Nictheroy" und „Mariella" entgegenfährt, um diese abzujangen oder kampfunfähig zu machen, während Sampson die Spanier aus dem Wege nach Havannah ver- muthet. Admiral Cervera wird sicherlich vermeiden, sich eher in einen entscheidenden Kampf einzulasscn, als bis er die amerikanische Flotte geschwächt oder getheckt hat; sonst könnte es ihm gehen wie dem Admiral Montojo, der bei Cavite seine Schiffe zwecklos geopfert hat. DaS amerikanische Geschwader ist dem spanischen an Zahl und Bewaffnung ent schieden überlegen, weshalb cs geschickt operiren heißt. Auf Cuba haben die Amerikaner ihre Landungsversuche nicht wiederholt. Dagegen ist es Spanien geglückt, den In surgenten wieder eine Schlappe beizubringen. — Nach einer Depesche der „New Yorker World" aus Cayo Hueso entsprach Marschall Blanco in entgegenkommender Weise den Vorstellungen deS amerikanischen Officiers Brainard hinsichtlich der Frei lassung zweier C o r r e s p o n d e n t e n New Aorker Blätter. Zwei kriegsgefangene spanische Officiere werden unter weißer Flagge nach Havannah entsandt und gegen die Corresponbenten ausgewechselt werden. — Eine in Madrid eingetroffene amtliche Depesche aus Puerto Rico besagt, daß, als der fran zösische Panzer „Admiral Rigault Genouislle" den Hafen von San Juan nach der Beschießung verließ, die Besatzung ein Hoch auf Spanien, die spaniscbe Armee und die Marine ausbrachte, eine Sympathiekundgebung, die für die Spanier freilich wenig Werth hat. Der Madrider „Jmparcial" plaidirt von Neuem für sofortige Absendung von großen Verstärkungen nach den Phi lippinen, da dort Spaniens coloniale Zukunft liege. Die Reisenden, die mit dem letzten Postdampfer in Madrid ankamen, sagen, daß der Aufstand noch kräftig fortdauere; neue Ver schwörungen seien an der Tagesordnung. Die Geistlichen in Candan, Malolos und Tayabas und anderen Puncten seien ermordet worden. Die Mönche hätten dem Generalcapitain angeboten, sich vom Archipel zurückzuziehen, da man sie ja als Ursache des Aufstandes anklage. Das und die Gewährung von Reformen wäre jedenfalls eine Möglichkeit, die Ein geborenen wieder für Spanien zu gewinnen und sie vielleicht gegen Amerika auszuspielen. In Madrid ist die Ministerkrise jetzt in ihr acutes Stadium getreten. Wie man uns von dort unterm 16. Mai meldet, suspendirten Senat und Kammer ihre Sitzungen auf die Mittheilung der Demission deS Ministeriums. Sagasta, der mit der Neubildung beauftragt ist, conferirte mit den Präsidenten des Senats und der Kammer. Der Senatspräsident bot seine Unterstützung zur schnellen Lösung der Krise an, lehnte aber den Eintritt in das Cabinet ab. Maura erklärte im Namen des erkrankten Gamazs seine Unterstützung und lehnte den Eintritt gleichfalls ab. Es herrscht der Eindruck, als werde die Krise andauern. Robledo meinte, man müsse ein Ministerium Martinez CampoS bilden; Silvela erklärte, das neue Cabinet werde daS Budget an nehmen müssen, um sich gleich mit den gegenwärtigen Fragen beschäftigen zu können. Politische Tagesschau. * Leipzig, 17. Mai. Immer deutlicher zeigt eS sich, daß es derdemokratischen und der socialdemokratischen Presse an wirksamen Schlagworten für -ie vevorftehenSc» Reichstagswahlen fehlt. Sie würden nicht so eifrig Märchen erfinden und ver treiben, wenn sie über auf Thatsachen beruhendes Agitations material verfügten. Obschon eS an daS Gebiet des Lächer lichen streift, einer Regierung, welche in feierlicher Thronrede am Schluß des Gesetzgebungsabschnittes dem Reichstage fast über schwänglichen Dank für seine ersprießliche und fruchtbare Thätigkeit aussprach, finstere Pläne gegen daS Reichs tags wahlrecht anzudichten, hat die demokratische Presse aller Schattirungen sich eifrigst bemüht, einen Funken in einer Rede des CentrnmSmanneS Müller-Fulda zu einem starken Feuer anzublasen, und ihr beinahe krampfhaftes Bemühen gegenüber dem kräftigen Dementi des „Reichsanzeigers", noch einen Rest von der Erfindung aufrecht zu erhalten, zeigt nur zu deutlich, wie wenig man vor der Unwahrheit zurückschreckt, um dem Mangel an zugkräftigen Agitationsmitteln abzuhelfen. Die Steuerlast und die Steuerschraube gehören in Deutsch land bekanntlich zu den wirksamsten Agitationsmitteln der Opposition. Die nothwendige Vermehrung der Reichseinnahmen in den Jahren 1879 und 1887 ist nicht ohne Erfolg bei den Wahlen von 1881 und 1890 ausgebeutet worden; gleich eifrig, wenn auch mit weniger Erfolg, ist mit der Gefahr einer drohenden Erhöhung der Steuern gearbeitet worden. Der Wunsch, sich auch jetzt dieses Zugmittels bei den Wahlen zu be dienen, ist erklärlich, seine Erfüllung aber erschien angesichts der Thatsache, daß trotz HeereSverstärkung und Flottenzesetz außer der für Agilationszwccke unverwendbaren Erhöhung der Börsensteuer in den letzten fünf Jahren keinerlei Steuererhöhung stattfand, und angesichts der weiteren That- sache, daß die Reichsfinanzen sich in glänzender Lage befinden und die Regierung keinerlei Vermehrung der Einnahmen zur Durchführung des Flottengesetzes als nothwendig erachtet, nicht eben leicht. Aber für unsere demokratischen ZeitungSkünstler ist auch diese Aufgabe nicht zu schwer. Mit genialer Unver frorenheit wird frei, frisch und froh das Märchen erfunden, daß die Negierung bei Erneuerung der Handelsverträge eine Erhöhung der Zollerträge um 200 Millionen Mark erzielen zu können hoffe. Wer sich um die Vorbereitungen der künftigen Handelsverträge nur einigermaßen gekümmert bat, weiß, daß gegenwärtig erst das Gerippe des künftigen Zolltarifs fertig gestellt wird. Nicht einmal diese Vorarbeit, die Aufstellung und Gliederung der einzelnen Positionen, ist bisher zum Abschluß gelangt. Erst wenn dies geschehen, wenn der ausgearbeitete Tarif daS Reichsschatzamt ver läßt und zum Reichsamt deS Innern übergeht, wird auf Grund der eingehenden Untersuchungen des Wirth- schaftlichen Ausschusses an die Normirung der hinter die Tarispositionen zu setzenden Zollsätze herangetrcten werden. Es sind also die allernothwendigsten Vorarbeiten für die künftigen Handelsverträge erst im Gange, und da überdies bisher Niemand weiß, mit welchen Staaten über haupt und was jür Verträge »u Stande kommen werden, so liegt auf der Hand, daß alle Vermuthungen über die künf tigen Zolleinnahmen haltlos und lediglich unlautere Agita- tionSmanöver sind. — Nicht anders steht es mit dem Schlag worte des angeblichen Bedrohtseins von Coalitionsrecht und Freizügigkeit. Wohl wird die Freiheit der Arbeiter, sich ihre Arbeit und ihr Arbeitsfeld selbst zu wählen, von der Socialdemokratie mit allen Mitteln mora lischen und selbst körperlichen Zwanges bedroht. Zn welchen Ercessen diese gegen das freie Bestimmungsrecht und die Freizügigkeit gerichteten Bestrebungen führen, haben zahlreiche Strasprocesse wegen Gewaltthätigkeiten gezeigt, die von streikenden Arbeitern gegen „Streikbrecher" verübt worden waren. Diese Thatsachen haben bekanntlich der Regierung die Frage nahe gelegt, ob nicht das Gesetz den Arbeitern einen wirksameren Schutz der Bewegungsfreiheit gegenüber Bedrückung und Bedrohung durch die Socialdemokralie zu ge währen haben würde. Nun liegt es doch auf der Hand, daß eine Regierung, die einen solchen wirksameren Schutz der Be wegungsfreiheit schaffen möchte, trotz der Bedenken eines einzelnen Ministers gegen Auswüchse dieser Freiheit nicht daran denken kann, die letztere einzuschränken. Wenn gleich wohl Coalitionsrecht und Freizügigkeit als bedroht bingestellt werde», so beweist auch das, daß es der äußersten Linken an thatsächlichem Agitationsmaterial gegen die Reichspolitik fehlt und daß daher zu dem Hilfsmittel frei erfundener Verdächtigung geschritten Werken muß, um die Wähler in die Lager der Demokratie und der Socialdemokratie zu treiben. Die Ge fahr, daß dies gelingen und der künftige Reichstag besonders die Gefolgschaft der Herren Liebknecht und Bebel in ver stärkter Anzahl wiederkehren sehen könnte, wäre denn auch eine geringe, wenn nicht die Zersplitterung in den übrigen Parteien größer als je wäre und wenn nicht besonders mancher der sogenannten „Mittelstandspolitiker" zweifelhaft zu sein scheine, ob ein socialdemokratischcr Vertreter einem nationalliberalen oder conservative» vor zuziehen sei. Glauben diese Herren wirklich, die Social demokratie suche mit allen Mitteln der Verhetzung und mit der Aufopferung riesiger Summen neue Mandate zu erringen, um im Falle des Erfolges den Mittelstand zu retten? Eine unheilvollere Verblendung wäre kaum denkbar und die schlimmsten Folgen für den Mittelstand müßten die Folge sein. Der preußische Landtag wird morgen geschlossen werden, ohne baß vorher im Abgeordnetenhause die Interpellation des Grafen Kanitz, mit der dieser Herr und seine Freunde aus angeblicher Besorgniß um dir künftige Getrci-rvcrsorgung des Reiches im Kriegsfälle die preußische Regierung in die Bahnen des berühmten „Antrags Kanitz" drängen möchten, zur Besprechung gelangt. Auf der Tagesordnung für die heutige letzte Sitzung beS Abgeordnetenhauses stehen die Schlußabstimmung über daS Anerbenrecht, die gestern infolge zweimaliger Beschluß unfähigkeit deS Hauses nicht erfolgen konnte, und Interpellationen über die Schildlaus, die Verunreinigung der Flüsse und über den PieSberger Bergarbeiterausstand — die Interpellation Kanitz aber fehlt. Es ist sehr klug von den Interpellanten, daß sie ihre» Vorstoß aufgeben; sie ersparen sich dadurch eine scharfe Zurückweisung vom RegierungStische mit dem Hinweise darauf, daß die Heeresverwaltung bei Erfüllung ihrer Pflichten nicht erst deS Ratbes von jener Seite bedarf, um ein schlagfertiges Heer im Falle der Noth zu haben. Leider verliert die preußische Regierung durch die lautlose Versenkung der Interpellation die Gelegenheit, durch ein kräftiges Wort über gemeinschädliche Utopien die Klärung zu fördern, die in der Bevölkerung, insbesondere Schleswig- Holsteins und Hannovers, erfreuliche Fortschritte macht. Auch d i e Gelegenheit geht der Negierung verloren, der Börsenpresse entgegenzntreten, die sich bemüht, die Ansicht zu verbreiten, die unerhörte Spekulation an den amerikanischen Börsen sei .für den Weltmarkt deshalb belanglos gewesen, weil sie nur kurze Zeit die beklagenswerthe unmäßige Steigerung der Getreikepreise verursacht habe. Indessen besorgt das „Berliner Tagebl." im Handelstheile daS Geschäft, jene Bemühungen zu vereiteln. In diesem Theile beginnt nämlich der gestrige Wochenbericht folgendermaßen: „Eine Preistreiberei, wie sie an den Getreidemärkten der Ber einigten Staaten in den jüngsten Wochen verübt worden ist — erst in den letzten Tagen ist ihr ein Ende gemacht worden — steht in der Geschichte ziemlich unerhört da ... . Der Getreidewucher, den Herr Leiter und seine Nachfolger betrieben haben, hätte nicht so lange fortgesetzt werden können, wenn tu Amerika eine öffent liche Meinung existirte, der die moralische Autorität iunewohnte, solchen Ausschreitungen mit Erfolg entgegenzutreten." Das Vorstehende dürfte genügen, um die „Bedeutungs losigkeit" der angeblich nur ein paar Tage vorhanden ge wesenen amerikanischen Preistreiberei in ein anderes Licht zu rücken. Ein geheimer Staatsvertrag zwischen Rußland und Oesterreich - Ungarn: Da« ist die neueste Sensation, mit welcher die „Frkf. Ztg.", wie sie sagt, auf Grund zuverläs siger Informationen, die Welt überrascht hat. Indessen ist der „außerordentlich wichtigen Mittheilung", die wir im heutigen Morgenblatte Wiedergaben, das Dementi mit der Geschwindigkeit des elektrischen Funkens auf dem Fuße ge folgt. Wir erhalten folgende Nachrichten: * Wien, 16. Mai. Der „Neuen Freien Presse" wird die Meldung der „Franks. Ztg." über den russisch - österreichischen Vertrag al« apogryph bezeichnet. Das Blatt sagt, r« gelte diese« sowohl von den Mittheilungen der „Franks. Ztg." über den Abschluß, die Form und die Dauer des angeblichen Staatsvertrags, wie von dem be haupteten Inhalte desselben. * Wien, 16. Mai. Wie authentisch versichert wird, ist der von der „Franks. Ztg." veröffentlichte Geheimvertrag zwischen Rußland und Oesterreich vollständig erfunden. * Wien, 16. Mai. Das „Neue Wiener Tagblatt" ist in der Lage, den Inhalt der Depesche der „Frankfurter Zeitung" bezüglich eines österreichisch-russischen Staatsvertrages als apokryph zu be zeichnen. Das „Tagblatt" fügt der Bemerkung hinzu, daß ein Ver trag, wie die „Franks. Ztg." ihn darstellt, oder auch nur ein ähn licher weder schriftlich noch mündlich abgeschlossen worden ist. Das betreffende Schriftstück soll bereit« einem hiesigen Wochenblatte ofserirt, aber von diesem abge lehnt worden sein. (Berl. Tgbl.) * Pest, 16. Mai. „Budapest! Hirlap" ist von zuverlässigster Seite ermächtigt, die Publikation eines angeblichen Vertregsinstrumentes zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland über die Theilung der beiderseitigen Interessensphären aus dem Balkan für vollkommene Erfindung zu erklären. (B. T.) Die „Frkf. Ztg." wird nun voraussichtlich trotz dieser Dementis die Äulhenticilät ihrer Mittheilung aufrecht erhalten, und die Wiener Erklärungen bedeuten vorläufig auch nicht Feuilleton. Die Herrin von Echtersloh. I8j Roman von Toni Krüger. NaLdruü L-rboUn. Margot ließ den Brief sinken und flog jubelnd ihrem Bräu tigam um den Hals. „Nun bin ich vollends glücklich, Achim. Machte mir doch der Gedanke an Herbert noch immer Sorge. Gott sei Dank, daß er nun geheilt ist und ein so schönes Glück gefunden hat." „Wie gütig der liebe Gott die Menschen lenkt", sprach Joachim bewegt, „durch die Liebe eines Weibes führt er den Verirrten auf den rechten Weg zurück. Nun wird aus dem leicht fertigen flotten Herbert noch ein guter, brauchbarer Mensch, und das ist das Werk eines kleinen Mädchens mit liebendem, sanft- müthigem Herzen. — Und nun will ich sogleich mein Vorhaben zur Regelung seiner Verhältnisse ausführen, damit er sorgenfrei seines Glückes froh werden kann." „DaS ist edel von Dir, Achim", erwiderte Margot, ihn um armend, „an mir soll eS dagegen sein, für Louison's Aussteuer und Mitgift Sorge zu tragen." Sie machte sich mit einer schnellen Bewegung los, warf ihm eine Kußhand zu und war wie der Wirbelwind aus dem Zimmer. Ohne anzuklopfen, öffnete sie geräuschlos die Thür der Tante. Diese saß am Fenster, den Kopf schwer auf die Hand gestützt, in tiefe» Sinnen verloren. Der offene Brief de» Sohnes lag auf ihrem Schoost. Sie hatte den Eintritt der Comtest nicht bemerkt. Plötzlich fühlte sie sich von zwei Armen sanft umschlungen, ein weiche» Händchen streichelte ihre Wange und die Stimme Margot'» flüstert«: „Nun sind wir ganz glücklich, Tantchen; auch Herbert hat ein Herz gefunden, das ihm liechend entgegenschlägt." Sie wartete keine Antwort ab, sondern plauderte weiter: „Herbert schreibt ja entzückt von seinem Bräutchen. Sie soll so reizende Augen und braune Locken haben. Auch Dir wird sie sicher gefallen. Ihr werdet Euch in der gemeinsamen Liebe zu Herbert gewiß gut verstehen. — Komm, Tantchen, last uns an das Pärchen schreiben und sein Glück vollenden. Sieh', wenn Louison auch weder einen großen Namen, noch Gold besitzt, so wird sie dock Herbert glücklich machen, und das ist am Ende die Hauptsache!" Erwartungsvoll sah Margot die Tante an und diese hob mit stillem Lächeln die thränenschweren Lider: „Du bist ein liebes, gutes Mädchen, und ich würde so gern meinen Herbert, mein einziges Kind, glücklich sehen! Aber sein Herz ist mit ihm durchgegangen und hat die Ermahnungen der Vernunft zurückaedrängt. Herbert ist nicht in der Lage, ein mittelloses Mädchen zu heirathen." Die kleine Braut hielt der Tante lachend den Mund zu: „Ohne Sorge, liebes Tantchen, ich weist Alles! Ich weist, daß mein lieber Vetter früher ein leichtes Vögelchen gewesen kst, daß er seit geraumer Zeit ernst und solide geworden und jetzt der beste und strebsamste Officier ist, den man sich denken kann! Schon gestern hatte mir Achim diese werthvollen Nachrichten und seinen Entschluß mitgetheilt, zur Feier unserer Verlobung Her bert'» Verhältnisse vollkommen zu arrangiren. Mich aber last für seiner Braut Aussteuer und Nadelgeld sorgen. Mit seinem Erbtheil und seiner bisherigen Zulage obendrein kann Herbert dann mit seiner kleinen, süßen Louison herrlich und in Freuden leben! Und nun, Tantchen, sag schnell ja, sonst machst Du mich mit unglücklich!" Die Gräfin kämpfte einen schweren Kampf mit ihrem Stolz. Es widerstrebte ihr in innerster Seele, von ihrer Nichte und dem Baron, für den sie nie sehr freundschaftliche Gefühle ae> hegt hatte, für ihren Sohn ein Almosen anzunehmen. Aber die Liebe zu Herbert und die Sorge um sein Glück siegten, und all ihren Stolz überwindend, reichte sie Margot die Hand und sprach mit bebendr Stimme: „Ich danke Dir, mein Kind; es sei, Herbert soll mein Jawort haben!" Mit einem Freudenruf stürmte Margot aus dem Zimmer, legte hastig Hut und Mantel an und lief querwaldein dem Forsthause zu. Hatte sie doch ihre Freundin Gertrud noch nicht gesehen, seit sie das glücklichste Menschenkind auf Gottes weiter Erde war! Mit hochgerötheten Wangen öffnete sie die Thür zum Wohn zimmer der Försterei. Die junge Frau fast mit einer Handarbeit hinter den blühenden Primelstöcken am Fenster. Verwundert hob sie den Kopf, als die Thür so stürmisch aufgeriffen wurde, und eilte, die Freundin erblickend, derselben mit offenen Armen entgegen. „Meine Margot, Du süße kleine Braut! Heil und Segen auf Dein blondes Haupt!" rief sie bewegt und drückte einen innigen Kuß auf ihre Lippen. „Kannst Du Dir denken, schön Rothtraut, wie selig ich bin?" fragte Margot mit strahlenden Augen. „Und denke nur, ich wußte gar nicht einmal, daß ich ihn liebte, bi» zu dem Augen blick, wo ich ihn blutend im Walde fand. Ist er nicht herrlich, mein Achim? Sa^e, giebt es wohl wieder auf der Welt einen Mann, der so gut ist und so fromm, so schön und so ritterlich?" Gertrud hatte ihren Platz wieder eingenommen, die Freundin auf einen Stuhl neben sich gedrückt und hörte den Lbersprudeln- den, glücklichen Worten der kleinen Braut lächelnd zu. „Und denke nur", fuhr die munter fort, „Herbert ist auch verlobt, und zwar mit einer kleinen Französin, die ganz reizend und gut sein soll. Ist das nicht himmlisch?" Gertrud nahm an all' den Berichten freudigen Antheil und lang« plauderte Margot fröhlich weiter. Plötzlich unterbrach sie sich: „Wo ist denn Dein Ludwig? Es ist doch heute Feiertag, und da läßt er seine kleine Frau allein sitzen?" „Er wollte einen kurzen Gang durch den Wald machen und versprach, pünktlich zum Mittagessen wieder da zu sein." „Du kommst mir so sonderbar vor, schön Rothtraut", be merkte Margot mit forschendem Blick, „so anders wie sonst, viel stiller, und so ernst und was hast Du denn da?" Sie zog ein weißes Etwas unter der Schürze Gertrud'« hervor: ein winziges Häubchen. Ein rosiger Schimmer flog bis unter die goldigrothen Haar wellen der jungen Frau. Sie barg das Köpfchen an der Schulter der Freundin und flüsterte: „O Margot, ahnst Du, wie glücklich ich bin?" Die Comtest nahm den Kopf der jungen Förstersfrau zwischen die Hände, sah sie freudig erregt an, und ein Schimmer des Verständnisses strahlte aus ihren Augen. „Mein sützes Trudchen", sprach sie innig bewegt, „Gott schütze Dich und erfülle Dein Hoffen!" Lange fasten die Freundinnen eng umschlungen stumm neben einander. Dann aber erinnerte sich Margot, daß sie ja an Herbert schreiben müsse, und daß ihr lieber, alter Onkel Ritt meister auf dem Schlosse erwartet wurde. Hastig sprang sie auf; noch eine Umarmung, ein inniger Kuß und weg war sie! Auf dem Schloff« war der Rittmeister von Halden bereits angekommen. Er war auf dir freudige Nachricht von der Verlobung seines Mündel« mit dem von ihm hochgeschätzten Baron von Echters loh sofort abgereist. Man saß nun fröhlich vereint um den Tisch und berieth eifrig über die nächste Zukunft. j „Es ist unser Herzenswunsch", sprach Margot, „schon im Frühjahr zu Heirathen, im wunderschönen Monat Mai, wenn die ganze Natur ihr Festgewand angelegt hat." Joachim unterstützte mit warmen Morten den Vorschlag seiner Braut. „Nun, Frau Gräfin, ich sehe schon, wir Beide sind machtlos gegenüber den höchst überzeugenden Gründen de? Pärchens", scherzte der Rittmeister, „da da» Trauerjahr noch nicht ganz abgelaufen sein wird, kann die Hochzeit allerdings nur in der größten Stille gefeiert werden", fetzte er erst hinzu.
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