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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189805226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980522
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980522
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-22
- Monat1898-05
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.05.1898
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Bezm-r-Pre» d» bkd ^auptexpeblllon ober des km Stadt- brUrk und dm Bororten erriebtetrn AuS- uollestellrn ab geholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Haut 5.Ü0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich S.—. Direkte tägliche »reuzbandiendung tnS Ausland: monatlich ^tl 7.Ü0. Di» Morgen-Ausgabe erscheint um '/F Uhr. di« Abend-Ausgabe Wochentag« um b Uhr. Le-action und Eryeditto«: AohanneSgaffe 8. Di« Expedition ist Wochentag« «nunterbroch«» geöffnet von früh 8 bi« Abmd« 7 Uh4 Filialen: Ltto Klemm'« Vortt«. (Alfred Hatz«), Universität-strabe 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7, MWMr.TaMatt Anzeiger. MtsvM des Königlichen Land- nnd ÄNtlsgerrchtes Leipzig, -es Rathes nnd NoNzei-Nmtes -er Ltadl Leipzig. , A«zeige« Prei- < die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfz. Reklamen unter dem Redactwnsstrich läge» spalten) 50/H, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Prei-- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsaß nach höherem Tarif. — j/r Ertr«-Beilagen sgefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung 60.—, mit Postbrsörderung .st 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein, halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an di« Ertzeditton ., zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Lelpffg. 255. Sonntag den 22. Mai 1898. * 92. Jahrgang Äus -er Woche. Nachdem unmittelbar vor dem sächsischen auch der Preußische Landtag geschlossen worden ist, absorbirt der Parlamentarismus nichts mehr von dem seiner Neubildung im Reiche gebührenden Interesse. In Preußen treten Land- tagSwahlen hinzu, da dort zugleich eine Legislaturperiode zu Ende gegangen ist. Diese ist in der Presse nicht gerade feierlich fortbecomplimentirt worden und eS ist ja auch richtig, daß die gesetzgeberische Ausbeute der letzten fünf Jahre in Preußen ziemlich mager war. Man darf aber nicht ver gessen, daß die vorausgegangene Legislaturperiode in der Reform der directen Steuern ein großes und in der Land gemeindeordnung ein sehr bedeutungsvolles Werk kurz vor ihrem Abschlüsse geschaffen hatte und daß die Gesetzgebung nicht dazu da ist, unausgesetzt mit großen Schüsseln auf zuwarten. Wichtiges ist m den verflossenen fünf Jahren nicht versäumt worden, wenigstens durch die Schuld des Landtags nicht. Ein Eisenbahngesetz, daS zwischen dem ungeheuren Eisenbahnbesitz des führenden Staates — dem größten Betriebe der Welt — und der Finanzverwaltung eine reinliche Scheidung herbeiführte, wäre allerdings ein dringliches Bedürsniß gewesen. Aber der Landtag hätte wohl in diesem Puncte nicht versagt, wenn nur die Regierung gewollt hätte. An Hausmannskost aber ist Reichliches und Kräftiges dargeboten worden, namentlich dem Mittel stände und insbesondere der Land Wirth schäft, die an der Be gründung und fortgesetzt gesteigerten Dotirung einer Central- genossenschaftscasse, an der Förderung des Klein bahn- und Lagerhauswesens und an vielen anderen Maß nahmen Len Ernst der „schönen Worte" der Regierung für das Ackerbaugewerbe hinreichend erkennen könnte. Daß die agrarische Agitation, um keinen stärkeren Ausdruck zu gebrauchen, im preußischen Abgeordnetenhause ein noch weiteres Tummelfeld sand als ini Reichstage, verstand sich bei der Zusammen setzung der Zweiten Kammer von selbst. Im Herrenhause allerdings hätte man entsprechend der Bestimmung dieser Körperschaft, den Leidenschaften einen Damm entgegenzusetzen, eine „angenehmere Temperatur" erwarten dürfen. Alles in Allem verdient dieser Landtag die üblen Nachrufe nicht, die ihm der Freisinn und verwandte Richtungen am Grabe widmeten. Freilich der Freisinn zählte ganze 20 Abgeordnete unter 433 und kann schon deshalb nicht loben. Wenn seine Organe dem Landtage aber auch außerpolitisch eine schlechte Ausführung, insbesondere Verschleppung der Geschäfte, zum Vorwurf machen, so kann uns dieser Tadel als ein Argument gegen die Diätengewährung an die Reichstagsmitglieder nur willkommen sein. Hinsichtlich des Fleißes hatte übrigens der Freisinn auch im Abgeordnetenhause nichts vor anderen Parteien voraus. Er mußte sich sogar und nicht ohne Grund der Vernachlässigung legitimer Interessen der Stadt Berlin beschuldigen lassen, und dies obwohl die Landeshauptstadt die größere Hälfte der Mitglieder der vereinigten freisinnigen Gruppen stellte. Das Land war durch nicht mehr als neun Anhänger der Herren Richter und Rickert vertreten. Ob sich das bei den Wahlen ändern wird? Liberale Blätter, die nicht für freisinnig angesehen werden möchten, weisen auf die Schwäche des „Gesammtliberalismus" im bisherigen Abgeordnetenhause hin, und in der That ist die Abwendung des Vereinsgesetzes durch nur vier Stimmen eine Erscheinung, deren Lehren für die Zukunft nicht leichtfertig in den Wind geschlagen werden sollten. Es kommt hinzu, daß der Drang der Conservativen, sich das Centrum auf dem Schulgebiete zu verpflichten, im Laufe der Jahre immer unwiderstehlicher geworden und daß die Wiederkehr eines Schulgesetzes ü Is. Zedlitz-Trützschler jedenfalls wahrscheinlicher ist als seine abermalige Zurück ziehung angesichts einer Mehr beit für ein solches Gesetz. Aber schon die Handhabung der Schulverwaltung und nament lich auch die politische Verwaltung machen eS Wünschenswerth, durch eine geänderte Zusammenensetzung des Abgeordneten hauses der Regierung das unausgesetzte Austheilen von Geschenken an Klerikale und Conservative bedenklicher als bisher erscheinen zu lassen. Aber: wenn das Centrum in Betracht kommt, ist der Freisinn unzuverlässig und — waS eben so stark ins Gewicht fällt — er hat sich auch in Preußen kaum weniger nörgelnd und unfruchtbar gezeigt, als im Reiche. Bon ihm, und von ihm allein, ist mit einer Frivolität und einer Bornirtheit, die Ihresgleichen in der Geschichte suchen, die im besten Sinne des Wortes demokratische Reform der directen Steuern bekämpft worden, und noch dazu im Widerspruch mit der freisinnigen Doctrin. Die Hetze gecren die Centralgenosien- schaftScafse und andere staatliche Maßnahmen auf dem Wirtschaftsgebiete ließe sich wenigstens aus dem manchester- lichen Dogma heraus verstehen; die giftige Befehdung der Steuerreform ist unerklärbar und unentschuldbar. Mit Nurtaktikern, die noch dazu regelmäßig unglücklich operiren, kann eine positive Partei keinen Bund flechten, selbst wenn ihn die Umstände erwünscht machen, wie dies m Preußen der Fall ist. Im Reiche hingegen ist weit und breit keine Frage oder die Möglichkeit des Auftauchens einer Frage zu entdecken, die es einer nationalen Partei gestatten würde, den Freisinn auf Kosten einer anderen Richtung als der socialdemolratischen und der klerikal-particularistischen zu stärken. Die Entrüstung über die Aufstellung des vr. Paasche als Gegencandidat des Herrn vr. Theodor Barth in Rostock wäre auch dann ganz und gar unbegründet, wenn es möglich wäre, einen anderen Weg zur Verhinderung eines social demokratischen Sieges zu betreten. Die freisinnige Ver einigung hat nichts als Spott und Hohn für die Landwirthschaft gehabt, auch als die Getreidepreise hinter den Erzeugungskosten zurückblieben, und Herr Barth war der schlimmsten Spötter einer. Die politische Bildung, die es heute Bauern ermöglichen würde, im Interesse der bestehenden Ordnung ihn voch zu wählen, wäre ja dem ganzen deutschen Bürgcrthume zu wünschen; voraussetzen darf und kann man sie bei den Landwirthen im Wahlkreise Rostock billigerweise nicht. Nun aber wird gesagt: die frei sinnige Vereinigung und Herr Barth haben für die Flotte gestimmt. Richtig; aber parteipolitisch „angebrachtermaße»" und nachdem gerade Herr Barth vorher die Regierungs vorlage für unannehmbar erklärt hatte. Die nationale Be kehrung der Abgesprengten vom 6. Mai 1893 ist noch zu neu und sie zeigte sich bis jetzt noch zu oft mit eigensüchtigen Motiven verflochten, als daß es zulässig wäre, der Gruppe für die Zukunft unbedingtes Vertrauen zu schenken. Vom Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der sich sehr gut auf Preßsachen versteht, darf man erwarten, daß er den Officiösen einen Wink giebt, die Hymnen auf den Besuch des Prinzen Heinrich beim Kaiser von China nicht sortzusetzen. Es könnte sonst der nationalen Presse eine vom realpolitischen Boden auS geführte Abwehr zur Pflicht werden und dabei würde Manches nicht unterdrückt werden dürfen, was der Regierung zu hören nicht angenehm sein kann. Rückblick auf die abgelaufene Session des sächsischen Landtags. ii. LZ Abgelehnt ist ferner der Entwurf eines Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, obwohl mit heißem Bemühen darum gekämpft und die Nothwendigkeil einer weiteren Ausgestaltung unserer VerwaltungSrechtSpflege durch Schaffung eines Verwaltungsgerichtshofes nicht bestritten ist. Dem nächsten Landtage wird nunmehr unter Verwerthung deS vorliegenden Materials ein vereinfachter Entwurf vorgelegt werden, bei dessen Feststellung und Bearbeitung eine aus Mitgliedern beider Kammern gebildete Zwischen deputation zu betheiligen ist. Bedauerlich ist eS, daß von den durch Decret 23 zur Vorlage gebrachten Gesetz entwürfen 1) die Einführung einer allgemein verbind lichen Schlachtvieh- und Fleischbefchau; 2) die staatliche Schlachtvieh-Versicherung und 3) die Bekämpfung der Tuberkulose der Rinder betreffend, der dritte und wichtigste, die eigentliche Grund lage für die beiden anderen mit verschiedentlichen Aenderungen angenommenen Gesetze bildende Entwurf abge lehnt ist. Hätte die königliche Regierung in kluger Voraus sicht diese Entwürfe an Stelle des Gesetzes über die Ver- waltungsrechtspslege zuerst an die Erste Kammer ge bracht, sie würde voraussichtlich mit beiden Gesetzentwürfen, jedenfalls aber mit den drei zusammengehörigen Entwürfen, die die Versicherung und Gesundung des Viehbestandes im Auge hatten, besser gefahren sein. Die Zweite Kammer hätte sich den durch eigene Erfahrungen besonders gewichtigen Ausführungen der Herren Rittergutsbesitzer vr. Crusius und Geh. Rath Professor vr. Birch - Hirschfeld und Anderer nicht verschließen können und würde zweifels ohne zu einer freundlicheren Stellungnahme gegenüber vem Tuberkulosengesetz gelangt sein, als das so der Fall gewesen ist. Der Umschlag der Meinungen innerhalb der conservativen Fraktion bei diesem Gesetze gehört übrigens auch unter die Rubrik der Ueberraschungen. Der Aufforderung der Ersten Kammer, ein Tuberkulosengesetz baldmöglichst wieder vorzulegen, wird die Regierung jedenfalls entsprechen. Abgelehnt ist weiter die Regierungsvorlage, betreffend Er richtung eines Fernheiz- und Elektricitätswerkes in Dresden. Unter Ablehnung der geforderten 1 860 000^ sind 1000 000 einschließlich 20000>Z Berechnungsgeld als 1. Bau rate mit der Maßgabe bewilligt worden, daß die Anlage auf dem in Aussicht genommenen Platze nur unter Innehaltung be stimmter Bedingungen durchgesührt wird. In bedenkliche Mitleidenschaft durch Ablehnung der Vermögenssteuer wurde der Gesetzentwurf über die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den Volksschulen und die Gewährung von Staatsbeihilfen zu den Alterszulagen derselben gezogen. Nachdem dieser Entwurf mit der Steuerreform in directen Zusammenhang gebracht, ja gewissermaßen als Vor spann für die neuen Steuern in Anspruch genommen war, konnte eine Rückwirkung nach Ablehnung der Ver mögenssteuer nicht auSbleiben. Es kam hinzu, daß die Be stimmung des 8 7, wonach Schulgemeinden mit mehr als 25 ständigen Schulstellen an Volksschulen zur Ausbringung der Alterszulazen eine jährliche Beihilfe von nur 8500 erhalten sollten, den lebhaftesten Widerspruch derjenigen Mit glieder beiderKammern herausforderte, die die Interessen solcher Schulgemeinden nicht zu wahren hatten. Um so fester wurde von Seiten der ländlichen, zumeist conservativen Ab geordneten der Zweiten Kammer an dieser Bestimmung und an dem ganzen Gesetzentwürfe festgehalten, obwohl der Alg. vr. Mehnert bei der allgemeinen Etalsvorberathung in dieser Beziehung geäußert hatte: „Den Gehaltserhöhungen der Lehrer an höheren und niederen Lehranstalten stehen viele meiner Freunde zweifelhaft gegenüber. Sie sind schwer oder gar nicht bereit, etwas zu bewilligen; doch behalten wir unsere Entscheidung weiterer Verhandlung in der Deputation vor." Der Entwurf ist in der Zweiten Kammer, trotz der besonders auf nationalliberaler Seite geäußerten Bedenken zu 8 7» gegen 4 Stimmen angenommen, in dieser Fassung aber von der Ersten Kammer nicht gebilligt, sondern dahin geändert worden, daß in 8 4 über die Versagunc von AlterSzulagen in denjenigen Schulgemeinden, denen aus Grund des gegenwärtigen Gesetzes Beihilfen gewährt werden, die BezirkSschulinspection entscheidet, und 8 7 lautet: „Den kleineren und den minder leistungsfähigen Schulgemeinden werden zur Aufbringung der von ihnen nach 8 4 zu zahlenden Dienstallerszulage Beihilfen aus der Staatscasse gewährt. Die Höhe dieser Beihilfen und die Art ihrer Vertheilunz werden durch Gesetz bestimmt." Wenn der Herr Cultusminister diese Fassung acceptirte nnd die Zweite Kammer dem Beschlüsse beitrat, so ist das um deswillen zu begrüßen, weil dadurch wenigstens diese Vor lage zunächst aufs Trockene gerettet und dem allgemeinen Ablehnungsstrudel entrissen ist. lieber die Art der Vcr- theilung der Beihilfen wird der Streit zwischen Stadt und Land erneut aufflammen, falls auf einen gleichen oder ähnlichen VertheilungsmoduS zurückgegriffcn wird. In weiterem Gegensatz zur Negierung trat dann die Mehrheit der Zweiten Kammer zu der beantragten Aenderung des Vereins- und Versammlungs gesetzes. Sie glaubte der einfachen Aufhebung deS Verbindungsverboteö politischer Vereine untereinauder nur dann zuslimmen zu können, wenn dafür Minder jährige und Frauen von politischen Versammlungen ausgeschlossen würden Diesen Beschluß beschränkte die Erste Kammer auf den Ausschluß Minderjähriger allein und die Zweite Kammer trat dem nachträglich bei. Die Nationalliberaleu waren von Anfang an ent schieden für die unveränderte Regierungsvorlage und gegen die Anträge der Mehrheit, wenn auch ohne Erfolg, eingetreten. Wir haben die Gründe für diese Haltung in besonderen Artikeln und durch Wiedergabe der bezüglichen Rede des Abgeordneten vr. Schill nach dem Stenogramm seiner Zeit dargelegt. Eine Einigung zwischen beiden Kammern wurde außer Anderem nicht erzielt bezüglich der Erhebung von Zuschlägen zur Einkommensteuer. Die Zweite Kammer hatte beschlossen, für den Fall der Nothwendigkeil einer solchen Erhebung diese in Höhe von 10 Procent für Einkommen von 90 000 bis 100 000 .L und in Höhe von 20 Procent für Einkommen über 100 000 »L eintrcteu zu lassen, während die Erste Kammer das ablehnte und an allgemeinen Steucrzuschlägen im Bedarfsfälle festgehalteu wissen will. Angenommen wurden mit theilweisen Aende rungen der Gesetzentwurf über die Abänderung des Einkommen steuergesetzes vom 2. Juli 1878, der Gesetzentwurf über die Abänderung des Gesetzes Uber den Ur künden stempel vom 13. November 1870; der Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes vom 8. April 1872, die Emeritirung der evangelisch-lutherischen Geistlichen betreffend, sowie Antrag auf ständische Ermächtigung zur Aufnahme von Geistlichen der Inneren Mission in die allgemeinen geist lichen Pensionscassen; der Entwurf eines Gesetzes behufs Abänderung der 88 19, 20 und 35 deS Gesetzes über die Landes-Brandversicherung sanft alt vom 25. August 1876 in der Fassung vom 15. October 1886; der Gesetz entwurf, den Personal- und Besoldungs-Etat der Landes- BrandversichcrungSanstalt auf die Jahre 1898/99 betreffend, der Nachtrag zum ordentlichen Staatöhauoyalt (6 Mill^ue.r jü. die Ueberschwemmten); der Entwurf eines Gesetzes, bas Kirchen gesetz wegen Ausübung des Kirchenpatronals und der Collatur über kirchliche Aentter, nicht ohne lebhaften Widerspruch von nationalliberaler Seite in beiden Kammern; der Entwurf eines Gesetzes, das Kirchengesetz über das Versetzungs verfahren bei geistlichen Stellen vom 8. December 1896 betreffend; der Entwurf eines Gesetzes über den Ersatz von Wildschaden und die Rechtsfähigkeit der Iagdgenossenschaft; der Entwurf eines Gesetzes betreffs Abänderung der Revi- dirten Gesinveordnung für daS Königreich Sachsen vom 2. Mai 1892; der Gesetzentwurf, die Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuches vom 18. August 1896 uud Les Einführnnzsgesetzcö zum Bürgerlichen Gesetzbuch von dem selben Tage betreffend; die Decrete, den Bau mehrerer Neben bahnen betreffend; die Errichtung von Amtsgerichten in Aue und Jöhstadt; der Gesetzentwurf behufs Abänderung des 8 " Abs. 3 der Nevidirten Landgemeindeordnung vom 24. April 1873 betreffend; der Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des mittels Verordnung vom 16. Juni 1868 bekannt gemachten Allgemeinen Berggesetzes und des Gesetzes vom 18. März 1887, die theilweisc Abänderung und Ergänzung deS Allgemeinen Berggesetzes betreffend; der Gesetzentwurf über den Erlaß von Ausführungs bestimmungen zu den mit dem Bürgerlichen Gesetz buch vom 18. August 1896 zusammenhängenden Reichs gesetzen und die Aenderung der Kostenzesetze; das Gesetz über Aufnahme einer dreiprocentigen Renten anleihe von 112 Millionen Mark; das Gesetz wegen Aufhebung der CautionSpflicht der Staatsdiener u. a. Entlastung wurde der Regierung ertheilt bezüglich deS Rechenschafts berichtes aus die Jahre 1894 und 1895, bezüglich der Ver waltung und Vermehrung der königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in den Jahren 1894/95 und bezüglich der Verwaltung der LandeS-BrandversicherungSanstalt in den Jahren 1895/96. Gewählt wurde der Landtagsausschuß zur Verwaltung der Staatsschulden und der ständische Ausschuß für daS Plenum der Brandversicherungskammer. Insoweit die Regierung zu diesen Gesetzentwürfen und zu den ihr Fertillrtsn. Londoner Lüder. Eta SonntagS-vormt-t««. Nachdruck d«rb»t«u. Die Sonne scheint heiß in London und hat uns schon früh au« den Federn gejagt. ES ist Sonntag, eia englischer Sonntag, und wenn wir etwa« sehen wollen, so müssen wir zeitig aufbrrchen. London ist groß und auch hier reichen die Verkehrsmittel nicht auS. Und wir hatten so gut geschlafen und gar nicht daran gedacht, daß wir in einem fremden Lande seien. Hörten wir doch auf dem Flur nur deutsche Laute. Der Eine rief den Friedrich, der Andere hatte an Mary, eia ältliche« Zimmermädchen auS Thüringen, rin An liegen, da« einen abgerissenen Knopf betraf, wieder ein anderer hatte seine Bürste vergessen und suchte sich nun von Be kannten oder Unbekannten eine zu leihen, da Friedrich gerade nicht zugegen war. Uud in den Zimmera plantschte und manschte man, daß eS eine Lust war. Herrliches frische- Wasser gab e« in Hülle und Fülle, große Waschbecken luden fast zum Baden ein und so wurde denn der Körper bald frisch und der Kopf, der ungewohnt de« Portweins, den man am Sonnabend Abend in etwas reichlicher Menge an der Bar getrunken halte, ein wenig eingenommen war, klar. Nun ging es zum Frühstück. Jetzt wußte man, trotz der deutschen Zeitungen, die da« Lesezimmer füllten, daß man in England war. Duftendes Roastbeef und krickelnder Schinken in der Ecke, Marmeladen allerhand auf dem Tisch, Rühreier, Setzei, Beefsteak, CoteletteS auf der Tafel, Kaffee, Thee, Milch luden zum Essen und zur wahren Sättigung rin. Und r« wurde zugelangt, wer konnte wiffen, wann der arme Magen wieder etwas angeboten erhielt. Und ein solches Frühstück hält vor. Wenn man daran denkt, daß man in Deutschland für eine Mark außer den anderthalb Tassen Kaffee nur Brödchen und Hörnchen mit dem winzigen Stück chen Butter erhält uud nach einiger Zeit wieder Hunger ver spürt, würdigt man die reichhaltige FrühstückSlafel, die uns Alles ncl libitum bietet, und greift herzhaft zu. Wir treten heraus auf die Freitreppe des Hotels. Da ziehen ein paar recht bekannte Gestalten vorüber. Gestern Abend hörten wir in der Ferne daS Lied von der Male und den Donauwalzer, wir konnten uns aber nicht erklären, woher diese Töne kamen und schließlich glaubten wir, wir hätten geträumt. DaS war eine Musik, wie wir sie vor mehr als dreißig Jahreu in unserem lieben Leipzig hörten und der wir so oft mit offenem Munde und Ohren lauschten. Jetzt wiffen wir, eS war kein Traum, erzgebirgische Musikanten hatten gestern Abend an einer Straßenecke geblasen, und hatten eine reiche Ernte von ein und zwei Pennystückeu gehabt, denn sie sind hier willkommen, hier in der Gegend von der Moorgatestreet am Fin-bury- sauare ist ja fast deutsche Heimath. Spricht man einen Mann im Arbeitskleide an, so wird man oft einedeutscheAntworterhalten. Die sieben Musikanten waren gut« Sachsen, zwei waren au« der Chemnitzer Gegend, di« anderen weiter oben auS dem Gebirge. In der Weltstadt London läßt man sie gern ihre Weisen spielen, in der Weltstadt Leipzig hinderten sie den Verkehr! Aber die Sonne steigt immer höher. E« wird Zeit auf zubrechen. Also schleunigst »u der ganz nahe gelegenen Moorgatestreet-Station der Untergrundbahn. Wir kaufen unser Thicket uud steigen ein paar Stufen hinab. Da« Billet wird vorgezeigt und nun paß auf. Ein Signalarm deutet die Richtung deS nächst kommenden Zuges an. Vor allem wollen wir nach den großen Parks, zuerst dem RegentSpark. Wir müssen nach Portland-Station. Der Zug braust heran. Hinein in daS Coupee und weiter geht eS. Einmal unter der Erde, einmal auf Straßenebene. Plötzlich hält der Zug. Welche Station? Ja wenn man cs wüßte. An allen Wänden stehen Worte geschrieben, wie Stephens Ink, LiptonS Tea, Neavers Food, Pearls soap, aber ein StationS- name . . .? Ach ja doch, auf den Bänken, wo die Wartenden sitzen, steht in schwarzer verblichener Schrift Farrinadon- Station. Ein Glück, daß die Leute aufstanden und die Lehne sichtbar wurde, dort steht- geschrieben. Endlich Portland- Station. Eine wunderbar klare Luft umfängt uns, ein frischer Hauch weht uns entgegen. Vor uns breitet sich Regent« Park aus. Ueppige grüne Rasenflächen, herrliche alte Bäume, schattige Alleen, ein großer Weiher, wenig Blumenbeete. Der Park ist noch nicht zu belebt. Einige Radfahrer und Radfahrerinnen, auf den Bänken hier und da rin Paar im Flirt, meistens aber die jungen und alten Damen in Bücher versteckt — nirgendswo liest man so viel als in England —, spielende Kinder, frisch und gesund. ... In der großen Allee spazieren sonntäglich geputzte Leute, aber man hört nur wenig laute« Gespräch, es ist hier fast feierlich. Wir kommen zum inneren Enkel, einen Kreisweg, der einen Thcil deS Parks umschließt. Da stellen Gruppen zusammen. Wir treten näher. Gebeimnißvoll drückt man un« Zettel und Broschüren in die Hand und weist uns nach dieser oder jener Stelle. Wir treten näher. Da be ginnen die dreißig bis vierzig in einer Gruppe Stehenden einen Gesang. Ein kirchlicher ohne Zweifel. Zwei junge Mädchen treten in dir Mitte der Gruppe und singen allein. Ein junger Mann, wir kalten ihn für einen Kunsthandwerker, tritt vor und beginnt seine Predigt. Wir befinden uns beim Gottesdienst irgend einer der vielen Secten. Besonders erhebend ist die Sache nicht, aber sie ist ernst, und wenn wir auch solchen Gottesdienst nicht mit unserem Gefühl begleiten, er macht immerhin einen gewissen Eindruck. Der Redner tritt zurück, ein anderer folgt ihm. Einzelne Personen lösen sich aus der Gruppe los und gehe» weiter. Neue treten an ihre Stelle und beginnen mit zu singen. Wir wenden uns nach einer anderen Gruppe. Ein Herr im schwarzen Anzuge mit Cnliuder stehl vor einer in hohem Rahmen aufgezogenen Leinwand und er klärt augenscheinlich die darauf gemalten Bilder. Was mag das sein? Dreiköpfige Stiere, Leuchter, eine Jungfrau, ein Auge GotteS, Adam und Eva, Schlangen, eine Waage und noch anderes, was wir nicht mehr wiffen. Hören wir zu. „Und wie die Schlange die ersten Menschen auS dem Para diese biß, wie sie der Erzengel Gabriel mit flammendem Schwerte hinauStrieb, wird am, sagen wir, 15. Juli, der Tag kommen, wo es Pech und Schwefel regnet und Ihr vor dem Richterstuhle deS Allmächtigen steht. Diese zwei Leuchter deuten . . . u. s. w." Also ein Verkündiger des Unterganges der Welt. Jeden Sonntag wird dieser Vortrag schon seit Jahren gehalten, au« der Offenbarung wird nachgewiesen, welche Zukunft uns bevorsteht und die Beschreibungen und Deutungen der Bilder werden für einen Penny verkauft. Dabei scheint eS dem Manne wirklich ernst mit seinem Vor trage zu sein. Seine Äugen funkeln fanatisch und seine weit vorgestreckte Hand zittert. Niemand lacht über ibn. Im Gegentheil, wer die Gesichter der Zuhvrendcn slukirt, hält jene von seiner Weisheit überzeugt. Lassen wir den Pessimisten reden, wenden wir un« lieber rechts, wo auf dem grünen Rasen Kinder sich tummeln, Cricket und Fußball ge spielt wird. Die schönen geschmeidigen schlanken Formen der Mädchen, Knaben und Burschen! Wir wandern weiter. Regent- Park ist groß, er bedeckt 190 lla Land (unser Rosen thal mißt 153 lla, der Iohannapark 6lz lla). Da hören wir Löwen brüllen. Wir sind am Zoologischen Garten, der im Parke liegt. Hier ist der Eingang. Wir treten an da- Drehkreuz und wollen an der Lasse unseren Obolus «nr»
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