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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189805226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980522
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980522
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-22
- Monat1898-05
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.05.1898
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Mai 1225 laufende Ein gänge auf, die zum Theil an andere Deputationen abgegeben, in der Hauptsache aber der eigenen Arbeitskraft zufieten und durchweg erledigt sind. Die im Plenum behandelten Petitionen sind, soweit sie allgemeineres Interesse boten, mit ihren vor züglichen Berichten von uns ausführlich wiedergegeben worden. Ein zu Beginn des Landtages von der conservaliven Fraction für die Nationalliberalen völlig überraschend eingebrachter Antrag auf Theilung dieser Deputation nach dem Vorgänge der Finanzdepulation -V und L, und ein national liberaler Gegenantrag auf Erhöhung der Mitgliederzahl in der Deputation ist über die allgemeine Besprechung nicht hinausgelangt. Man hat sich dem Gewichte der Gründe, die der langjährige, verdiente erste Vorsitzende der Deputation, Abg. vr. Schill, vorbrachte, nicht entziehen können und die Anträge nicht weiter verfolgt. Die Interpellationen Rüder und Gen. über die Besteuerung der Eonsumvereine; Hausse und Gen. auf Aufhebung der gern. Transitläger und der Wollcredite; May und Gen. über die durch den Biß tollwuthverdächtiger Hunde erzeugten Gefahren und der Socialdemokraten über angebliche Eingriffe der Verwaltungs behörden bei Versammlungen, Saalverweizerung u. A. sind von uns seiner Zeit ausführlich wiedergegeben worden. Daß die Socialdemokratie hierbei und auch sonst in der Session nicht gerade glänzend abgeschnitten, sondern durch ebenso lange wie inhaltsleere Reden und durch ihre fortgesetzten Conflicte mit der Prasidialgewalt ihr gutes Theil zur Ver längerung der Tagung beigetragen hat, wird der selbstgefälligen Größe der Herren „Genossen" weniger zum Bewußtsein gekommen sein, als denjenigen, die darunter zu leiden hatten. Im Personenstände beider Kammern ist während der Session eine Aenderung nicht einzetreten. Durch längere Krankheit waren Viceprasident Streit und Abg. Fritzsche-Leipzig der Zweiten Kammer und der erste Präsident der Ersten Kammer, Or. Gras von Könneritz auf Lossa, in der Ausübung ihrer Pflichten gehindert. Als eigenthümliche Erscheinung der Session wird zu verzeichnen sein, daß die conservative Partei als Mehrheit sich gegenüber den wichtigsten Gesetzentwürfen in der Opposition, die nationalliberale Partei entweder ge schlossen oder in ihrer überwiegenden Mehrheit auf Seite der Regierung befand. Es trifft durchaus zu, was ein sächsisches conservatives Blatt schreibt: „Oppositionslustiger konnte der Landtag nicht sein, selbst wenn Eugen Richter darin den Ausschlag gegeben hätte. Wohl noch kein Landtag war so lange bei einander als dieser, aber auch keiner war so unfruchtbar als dieser." Das trifft — leider — zu und die Landtagsmitglieder werden mit recht getheilten Gefühlen von diesem „langen Landtage" in die Heimath zurückkehren. Deutsches Reich» T Schneeberg, 21. Mai. Im 19. Reichstagswahlkreise soll als Eandidat der Ordnungsparteien Herr Civilingenieur und Patentanwalt Theuertorn in Chemnitz aufgestellt werden. u Berlin, 21. Mak. Die unehrlichkeit der social demokratischen Wahlagitation lebt in erster Linie von der Verschweigung bezw. Fälschung geschichtsnotorischer Thatsachen. Wenn die Aufwiegler zum Umsturz des Bestehenden den Wählern einzureden trachten, die Regierung und die mit ihr Hand in Hand gehenden Parteien seien im Grunde ihres Wesens dem Volke und seinen Lebensinteressen abhold gestimmt, während das Programm der Socialdemolratie identisch sei mit dem In begriff aller Fürsorglichkeit und Wohlgcsinntheit für das Beste des arbeitsthätigen Volkes, so bedarf es zur Entlarvung des von dieser Seite mit dem guten Glauben der Menge getriebenen ge wissenlosen Spieles nur der einfachen Nebeneinanderstellung der arbeiterfreundlichen Regierungspolitik und des arbeiterfeindlichen Verhaltens der So- rialdemokratie. Lasten wir unter diesem Gesichtswinkel die Entwickelung der Reichsgesehgebung seit dem Tage der Neu aufrichtung des deutschen Kaiserthumes deutscher Nation Musterung passiren, so ergiebt sich, daß den arbeitenden Elasten die vor Allem zu ihren Gunsten in Action gesetzte Reformthätig- keit des Reiches die werthvollsten Gaben so zu sagen in den Schooß warf. Dahin gehören namentlich die Freiheit der Eheschließung, die Freizügigkeit, Gewerbe freiheit, ferner die Ausstattung des bis dahin des Stimm rechts entbehrenden besitzlosen Arbeiters nicht nur mit dem Stimmrecht an sich, sondern mit dem geheimen, gleichen und directen Wahlrecht. Die arbeiterfreundlichen Kaiser, die in der Fürsorge für das Wohl der arbeitenden Elasten nimmer ermüdeten, d. h. der greise kaiserliche Held Wilhelm I. und sein Enkel, der Sohn des durch ein beispiellos tragisches Schicksal an der nachhaltigen Bethätignng seiner eigenen edlen Herrschernatur verhinderten kaiserlichen Dulders Friedrich III., der jetzt regierende Kaiser, begnügten sich nicht mit der politischen Hebung des deutschen Arbeiters; die ihnen zu dankende reichs gesetzliche Regelung der Kranken- und Unfall versicherung, der Alters- und Invaliditäts versicherung brachten nahezu an 18 Millionen deutschen Arbeitern den bis dahin entbehrten Rückhalt in dem schweren Kampfe ums Dasein, unter Auferlegung einer Jahresleistung der Arbeitgeber von fast 200 Millionen Mark! Der Schutz der Kinder, der jugendlichen und weiblichen Arbeiter, die Sonntagsheiligung sind ebenso viele Etappen, die den weiteren Entwickelungsgang der Arbeiterreformgesetzgebung des Reiches markiren. Der Bauer, der Handwerker, die mittleren Elasten, sie Alle empfinden an ihrem Leibe den Segen der Ar- LtittrschutzgesehgevtlNg theilS Kittel, iheilS indittcl. Niemand aber möchte sie heute misten, oder eintauschen gegen diesocial- demokratischen Truggebilde. Denn was hat die Socialdemolratie gegen das thatkräftige und erfolgreiche Vor gehen von Kaiser und Reich zu Gunsten der Arbeiter aus ihr Conto zu buchen? Nichts, aber auch rein gar nichts! Die Socialdemokratie hat aufSchrittund Tritt aus Leibes kräften dem Zustandekommen der Arbeiter- Schutzgesetze widerstrebt. Sie hat den Arbeitern anstatt des Brodes des gegenwärtigen die Steine ihres utopischen Zukunftsstaates geboten. Sie Hat die Arbeiter mit falschen Darstellungen der Vergangenheit und Gegenwart, mit falschen Prophezeihungen der Zukunft irrezuführen gesucht. Die Arbeiter sind, Dank den ihnen zu Gute gekommenen Segnungen der Reichsgesehgebung, zu einer Höhe der körperlichen Lebens haltung und sittlichen Idealität aufgestiegen, die mit den Un- heilsprophezeihungen der Socialdemolratie und ihrer Verun glimpfung der vaterländischen Einrichtungen im schreiendsten Gegensätze steht. Wenn es nach ihr ginge, würden wir heute mit den Grundpfeilern unserer nationalen Existenz, mit Mo narchie, Religion, Armee, Marine, mit Privateigentum, Familie, persönlicher Freiheit aufräumen und nichts als ein u n- geheures Trümmerfeld würde Zeugniß von der „ar beiterfreundlichen" Mission der Socialdemolratie ablegtn. Werden die deutschen Wähler, soweit sie den arbeitenden Elasten angehören, ihre Hand bieten wollen, um einer Partei Wahl-! erfolge zuzuführen, die ihren eigenen Untergang beschleunigen will? Wir hegen zu der gesunden Einsicht der Arbeiterwähler das Vertrauen, daß sie den Segen des ihnen verliehenen gleichen, geheimen, directen Wahlrechts nicht dadurch werden in Fluch ver kehren wollen, daß sie ihre Stimmen solchen falschen Freunden zu wenden, die darauf ausgehen, durch Umsturz und Gewalttat Ruhe und Frieden, dieses vornehmste Bedürfniß aller Staats bürger, welche von ihrer Hände Arbeit leben, den schwersten Ge fahren mutwillig preiszugeben und sich so gegen die eigensten Interessen ihrer selbst, sowie die auf ihren Arbeitsverdienst als Quelle des Lebensunterhaltes angewiesenen Familien zu ver sündigen! - - > - * Berlin, 21. Mai. In einer Auslassung der „Köln. Vlkztg." wurde über die Verschlechterung der Postverbindung zwischen Shanghai und Kiautschou Klage geführt. Durch den Vertrag mit der Rhedereifirma Iebsen sei an die Stelle einer 8 tägigen die 14 tägige Verbindung gesetzt worden, die der Reichsregierung zudem noch höhere Kosten verursache als das frübere Verhältnis Diese Behauptung wurde schon von der „Nordd. Allg. Ztg." wie gestern mitgetheilt ist, zurückgewiesen und nun wurden dem „Hamb. Corr." die betreffenden Verhältnisse von geschätzter Seite in folgender Weise geschildert:. „Es ist bei jener Darstellung ganz übersehen worden, daß der bisher von der Marineverwaltung gemiethete Dampfer in time cbarter (Monatscharter) fuhr und daß die Verwaltung außer dem monatlichen Pauschquantum, das an die Rhederei gezahlt wurde, noch die sämmtlichen Kosten, sowohl für das bedeutende Quantum an Kohlen, die das Schiff monatlich brauchte, wie auch für Beladung und Entlöschung des Schiffes, sämmtliche Hafen« und Lootsengelder bezahlen mußte. Die Kosten dürften sich dadurch wohl aus das Doppelte der genannten Summe von 10 000 ./L gestellt haben, vielleicht eher noch höher. Anders liegt dies bei dem gecharterten Dampfer der Firma M. Iebsen. Die Rhederei erhält für die Beförderung der Post von Shanghai nach Kiautschou, bei der Verpflichtung, Tschifu und Tientsin anzulaufen, eine monatliche Subvention von 10 500 von der kaiserlichen Postverwaltung, dagegen hat die Rhederei die obenbenannten ver schiedenen Kosten für Kohlen u. s. w. selbst zu tragen, die pro Monat, bei einigen und 20 Dampftagen und in Anbetracht der theueren Hafenkosten in Shanghai circa 10 — 12 000 ab- sorbiren. Somit dürfte doch die Besorgung der Post durch den Jebsen'schen Dampfer dem Reiche billiger zu stehen konimen als durch den früher ermietheten anderen Dampfer. Wenn nun von dem Verfasser des oben bezeichneten Artikels hervorgrhoben wird, daß jetzt nur eine 14 tägige Verbindung zwischen Shanghai und Kiautschou besteht, so liegt dies daran, daß die kaiserliche Postver« waltung dies für genügend erachtet, dahingegen aus eine ebenfalls 14 tägige Verbindung mit den bedeutend ferner gelegenen Plätzen Tschifu und Tientsin Werth legte, sehr zum Schaden der Rhederei M. Iebsen, welche zu jeder Zeit vorziehen würde, anstatt dessen wöchentlich von Shanghai nach Kiautschou zu fahren. Jeder mit den Verhältnissen an der chinesischen Küste bekannte Rheder wird dies gern bestätigen. Ob ein Bedürfniß vorliegt, Tschifu und Tientsin anzulaufen, dürste doch die kaiserliche Postverwaltung am ehesten in der Lage sein, zu beurtheilen. Uebrigens läßt ja die Marineverwaltung noch einen größeren ermietheten Dampfer (ich glaube den „Petrarch") fahren, für den reichlich 12 000 monatlich gezahlt werden, während die Marineverwaltung den Kohlenbedarf des Dampfers extra bezahlen muß. Daß unter den obwaltenden Umständen für die von der Rhederei Iebsen beförderten Güter der Marineverwaltung (die übrigens anderen Gütern gegenüber Vor« zugsfrachtsätze haben, während di« Rhederei den Platz dafür auch noch unter allen Umständen reservirt halte» muß) Fracht zahlen müssen, dürste ebenso selbverständlich sein, wie, daß die Bremer und Hamburger Subventionspostdampfer für die von ihnen beförderten Güter die Frachtkosten vergütet erhalten. Im Uebrigen ist der Vertrag mit der Rhederei Iebsen nicht auf ein Jahr, sondern nur auf 6 Monate, mit zweimonatlicher Kündigung, abgeschlossen." Diese Mittheilungen sind in der Thal geeignet, die Darstellung des Kölner Blattes in mehreren wichtigen Punkten richtig zu stellen. Es bleibt jedoch unbestritten, daß aus der wöchentlichen Verbindung jetzt eine 14 tägige geworden ist. Die Schuld an dieser Verschlechterung fällt allerdings nicht auf die Rhederei. Bedauerlich, meint der „Hamb. Corr.", bleibt cs auch, daß dem Gouverneur eine Einwirkung auf die Passagierbeförderung nicht mehr zusteht. Bei der Jugend unserer chinesischen Colonie wäre eine solche Censur, die mißliebige und zweifelhafte Elemente fernhalten konnte, noch für längere Zeit überaus erwünscht gewesen. Unfehlbarkeit kann übrigens auch unsere Postverwaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, und eS ist jedenfalls zur Ver meidung von Wiederholungen nützlich, wenn sie aus be gangene Fehler aufmerksam gemacht wird. * Berlin, 2l. Mai. In dem kürzlich erschienenen Hand« buch für socialdemokratische Wähler .wird ganz formell eine Auskunft über den ZukunstSsttrat abgelehnt: „Da die zukünftige Gesellschaftsordnung, weil erst werdend, in ihren Details sich nicht überblicken läßt, denn jede neue staatliche und gesellschaftliche Einrichtung kann nur das Product der Umstände sein, unter denen sie ins Leben tritt, und da diese Umstände im Einzelnen sich nicht übersehen lassen, lehnt es die Socialdrinokratie ab, sich auf eine Ausmalung des Zukunft-staats einzulassen." Der gesunde Menschenverstand wird, so schreibt der „Hann. Kur.", im Gegensatz hierzu der Meinung sein, daß man eine Gesellschaftsordnung erst in Trümmer schlagen soll, wenn man sich einen genauen Plan über die neu zu gründende Ordnung gemacht bat. Uebrigens ist die Social demokratie, wo eS ihr zweckmäßig scheint, auch bereit, Einzel heiten des Zukunftsstaates zu enthüllen. Die „Freis. Ztg." macht auf ein socialdemokratischeS Flugblatt aus dem ersten mecklenburgischen Wahlkreis aufmerksam. Die Socialdemo kratie muß dort wahrgenommen haben, daß die von ihr proclamirte Aufhebung jedes PrivateigenthumS an Grund und Boden bei den ländlichen Arbeitern nicht zugkräftig ist. ES wird daher von dem Satz, daß der Grund und Boden sowie das zu seiner Bewirthschaftung nothwendige Inventar verstaatlicht wird, für den 1. mecklenburgische» Wahlkreis im Zukunftsstaat eine besondere Ausnahme zugesichert. Wörtlich heißt es nämlich in dem Flugblatt: „Nur wenn es jemand verziehen sollte, anstatt gemeinsam mit anderen Gleichgestellten zu arbeite», lieber allein zu bleiben, so wird ihm ein entsprechendes Stück Land zur Bearbeitung überwiesen werden können, das aber nicht größer sein wird, als daß er es allein mit seiner Familie bestellen kann." Es werden also für den socialdemokratischen Zukunsts staat einige altgefellschaftliche Enklaven vorgesehen. Eine grimmigere Abfuhr als durch dieses mecklenburgische Flug blatt ist den zukunftstaatlichen Phantastereien selten zu Theil geworden. V. Berlin, 21. Mai. Der Kaiser arbeitete gestern Nach mittag allein und machte von 5i/r Uhr ab einen Spazierritt im Grünewald; die Abendtafel fand um 8 Uhr im Schloß Bellevue statt. Heute Morgen von 8 Uhr ab hörte der Kaiser die Vorträge des Chefs des Gencralstabes und des Chefs deS Militaircabiuels. Um 10 Uhr fand vor dem Kaiser und der Kaiserin die Prüfung des Kronprinzen und des Prinzen Eitel Friedrich statt. Später gedachte der Kaiser die Vor träge des Vertreters des StaatssecretairS des Reichsmarine- amtS und des Chefs deS Marinecabinets entgegenzunehmen. — Zur Theilnahme an der Consirmation des Kron prinzen und des Prinzen Eitel Fritz wird heute Abend auch die Kaiserin Friedrich aus Schloß Friedrichshof hier eintreffen und nicht im kronprinzlichen Palais, sondern im königlichen Schlosse Wohnung nehmen. Die kirchliche Feier wird am Sonntag durch den General-Superintendenten vr. Dryander in der Friedenskirche zu Potsdam vorgenommen werden, in der sich die Grabstätte des Kaisers Friedrich befindet und in der auch der jetzige Kaiser am 1. September 1873 con- sirmirt worden ist. Zu der Feier sind neben den Hofstaaten auch die sämmtlichen Lehrer der beiden Prinzen und ihre Jugend freunde eingeladen, ebenso der Reichskanzler und sämmtliche Minister, so daß die fünf Minister, die sich am Vormittag deS 20. Mai nach Posen begeben haben, von dort bereits am 21. Abends hierher zurückkehren müssen. Sämmtliche Gäste fahren am Morgen deS 22. mit Sonderzügen nach Potsdam; dort im königlichen Stadtschloß sinket nach der kirchlichen Feier die Frühstückstafel statt. Die Kaiserin Friedrich wird voraussichtlich am Sonntag Abend nach Schloß Friedrichshof zurückkehren. Aus Anlaß der Confir- mation des Kronprinzen wird, wie der „B. L.-A." meldet, Kaiser Franz Joseph dem Kronprinzen das Großkreuz des St. Stephans-Ordens verleihen. Der österreichische Botschafter am hiesigen Hofe ist beauftragt, diese Aus zeichnung gleichzeitig mit einem eigenhändigen Glückwunsch schreiben seines Monarchen in besonderer Audienz an Kaiser Wilhelm zu übermitteln. — Ebenso ist bereits als Ein segnungs - Geschenk für den Kronprinzen vom Statthalter Fürsten zu Hohenlohe eine werthvolle Base hier eingelroffen. O Berlin, 2l. Mai. (Telegramm.) Der „Reichsanz." veröffentlicht nachfolgende Allerhöchste CabinetSordre: „Nachdem die Ergänzungsgesetzc zum Bürgerlichen Gesetz buche nunmehr sämmtlich verabschiedet sind und damit das Werk der einheitlichen Gestaltung des bürgerlichen Rechtes einen Abschluß gesunden hat, ist es Mir ein Bedürfniß, dem Staatssecretair des Rcichs-Justiz- amts und allen Beamten dieser Behörde, die in hingehender und angestrengter Thätigkeit an dieser großen Gesetzgebungsarbeit mit gewirkt haben, Meinen Kaiserlichen Dank und Meine An erkennung auszusprechen. Dem Staatssecretair Nieberding habe Ich den Rothe» Adlerorden erster Classe mit Eichenlaub verliehen." Zugleich theilt der „Reichsanz." mit, daß die den Ab schluß der einheitlichen Gestaltung des bürgerlichen Rechts bildenden Gesetze, betreffend die Angelegenheiten der frei willigen Gerichtsbarkeit, die Aenderung deS Gerichts verfassungs-Gesetzes, der Civilproceßordnung und der ConcurS- ordnung nebst Einführungsgesetz, am 17. Mai vom Kaiser iu Straßburg i. E. vollzogen worden sind. Die Verkündigung wird im Reichsgesetzblatte in den nächsten Tagen erwartet. D Berlin, 21. Mai. (Telegramm.) Dem Geh. Ober postrath Hake ist, wie der „Reichsanz." meldet, der Kronen- Orden zweiter Classe verliehen worden. — Der VerbanddeutscherArbeitsnachweise wird der Einladung deS Magistrats folgend, in Berlin die erste VerbandSversammlung abhalten. Sie wird Ende September tagen. Die Einladungen sollen über den Kreis der VerbandS- mitglieder hinaus in umfangreicher Weise an die in Betracht kommenden Reichs- und Staatsbehörden, Gemeindevertretungen und Arbeitsnachweis-Einrichtungen ergehen. Die Tages ordnung wurde wie folgt festgesetzt: 1) ArbeitSnachweiSstMik (Referent: vr. Bleicher und vr. Jastrow). 2) WaS können die Arbeitsnachweise dazu beitragen, der Landwirthschaft Arbeitskräfte zu erhalten und zuzuführen? (Referent: Or. Naumann). 3) Empfiehlt sich die Gebiidrenfreiheit bei der ArbeitSvermittelung? (Referent: Gebeimrath Fuchs). 4) Die ArbeitSvermittelung für weibliche ^Personen und Dienstboten. (Referent: Recktsrath Menzinger). 5) Die Errichtung von Arbeitsnachweisen in kleineren Orten (Referent: Domvikar Groll). Weitere Mittheilungen werden in dem in Berlin erscheinenden PublicationSorgan deS Verbandes, dem „Arbeits markt" erfolgen. Der Ausschuß beschloß endlich, sich durch Vertreter von Unternehmern und Arbeitern zu verstärken; die Cooptatwn soll in der nächsten Sitzung erfolgen. — Der preußische Fiuanzminister und der Minister des Innern haben an die Provinzialbehörden eine bemerkens- werthe Verfügung erlassen, in der zur Geheimhaltung der Steuerveranlagung die Zusendung der Steuerzettel in geschlossenen CouvertS angeordnet wird. (Fortsetzung in der 1. Beilage.) paicnic-.-1 rekneltLgut pstentbüttsu. S»cic-l.cipÄs! Fernfpr. 1998. Grösstes Lrstes Hotel Vvutsetilaiiäe Central-Hotel, Berlin 500 Ämmer von 3 — 25 WM^6e»rell1!der Oentraldnlioliok kHeckutebstrnüse. Leipzig 1897: Kgl. 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Immer heißer brennt die Sonne; eS drängt uns nach dem Hydepark. Wir denken, wir fahren am besten von der Wood Station und beeilen uns an Primrose Hill vorbei den langen Albert Road und Park Road zu durchmessen. Jetzt sind wir am Ziele. Aber wo ist denn die Wood-Station? Es ist ja von ihr nichts zu sehen. Eine Bar oder Stehbierhalle trägt wohl den stolzen Namen, sonst weist aber nichts auf die Eisenbahn hin. Und hier oben an der Nordostecke deS Parkes stehen wir allein. Kein Cab läßt sich sehen, kein Schutzmann, überall sonntägliche Stille. Halt, da kommen ein paar größere Kinder. Wir fragen nach der Eisenbahn, sie können uns keine Auskunft geben. Der Durst brennt. Keine Laden, keine Kneipe offen. Wir gehen mißmuthig auf dem Fußsteige auf und ab. Da dringt ein Rieseln an unser Ohr. In einer Mauer befindet sich ein Becken und ein Löwenkopf sprudelt in einem fort einen Strahl schönes Wasser heraus. Eine Trinkschale (Becher findet man ganz selten) hängt dabei. Das Wasser schmeckt gut. Besser, viel besser als Bier. Und solche Brunnen giebt eS überall und auf der Terrasse des British Museum gleich neben dem Eingänge labt sich erst der Besucher daran, ehe er die Ausgrabungen von Ninive studirt. Endlich ein Mann, sogar ein Schutz mann. Wir fragen ihn nach der Woodstation. Er weiß, wen er vor fick hat und lächelt. „Die Station wird erst um 1 Uhr geöffnet, Sonntags Vormittags verkehren hier keine Züge!" Was hilftS . . endlich erscheint ein Omnibus auf der Bildfläche. Er fährt nach Bakerstreet. Schnell darauf. Da kommt eine breite große Straße mit fluthendem Menschenstrom: Oxfordstreet. Wir steigen ab und wende» un» nach Westen. Nach wenigen Minuten stehen wir vor dem Marble Arch. Der vielgenannte Marble Arch ent täuscht. Wenn man sich unter diesem Marmortriumphbogen etwa ein Brandenburger Thor oder eine cke triompde vorgestellt hat, dann wird die Enttäuschung sogar bitter. Die Reliefs an den Säulen sind gewiß kunstvoll, aber wer studirt die Einzelheiten, wenn der gewaltige Eindruck, den man erwartet, fehlt. Marble Arch steht an der unrichtigen Stelle. Ursprünglich bildete er den Eingang zum Buckingham- Palast, 1850 wurde er hierher gesetzt. Nun stelle man sich diesen versetzten Palasteingang als Eingang zum Hydepark vor, einer Fläche von 158 Hektar, die mit dem zusammen hängenden Kensington-GardenS das Doppelte groß ist und noch größer durch ihre unendliche Rasenfläche erscheint. Würdig ist der Eingang gerade nicht. Aber waS gehen uns inmitten dieser wogenden Menschenmassen ästhetische Be trachtungen an. Welch rin Leben hier im Hydepark gegen RegentSstreet. Dort Ruhe und Frieden, Freude an der Natur, hier Leben und Bewegung, dort kirchliche Seelen mit ihren Vorträgen, hier Politik, Clown», Ringkämpfe! Kaum sind wir hundert Schritt in den Park hinein ge gangen , so befinden wir uns wieder zwischen einzelnen Gruppen, di« irgend etwas gemeinsames bildete. Das Publicum an dieser Ecke deS Hydepark ist auch ganz anders als in Regentspark. ES ist zwar auch sonntäglich gekleidet, aber eS macht nicht den ruhigen vornehmen Eindruck, trotz dem eS auS denselben Gesellschaftsschichten besteht. Man sieht mehr aufgebürstete Kleidcrröcke, die Mädchen und Frauen scheinen weniger auf sich zu geben, die Männer lassen sich mehr gehen. Neugierig treten wir den Gruppen näher. Die erste wird meistens auS Frauen und Mädchen gebildet, eine davon spricht lebhaft gestikulirend. Ein Blick genügt. Hier wird für Frauenemancipation gekämpft. Brr! Geben wir weiter. Drei Schritte nur, so nahe, daß sich die Rücken der Personen im äußeren Kreise der Gruppen fast berühren — da steht in der Mitte eines staunenden PublicumS ein starker Mann, augenscheinlich ein Italiener oder Spanier. Seine Arme sind entblößt, das rothe wollene Hemd läßt die braune Brust sehen. WaS er eigentlich sagt, das verstehen wir nicht, denn seine Zuhörer stehen wie die Mauern und lassen unS nicht vor. Nach den Bewegungen zu urtheilen, erzählt er von seiner Körperkraft und Gewandtheit und da hebt er auch schon einige Gewichte hoch — also ein Athlet. Noch ein Paar Schritte weiter, immer dicht neben einander! Ein Katheder mit der Inschrift vsmoeratic us8oeiLtic»u. ES stehen nicht so viele Leute herum. Ein kleines magere» Männchen hält eine Rede. Gift und Tod sprudelt der breite beredte Mund, Krieg undPest allen Monarchen,die Rede wie in Blut getaucht,eS ist das Aufreizendste, waS man je gehört hat. Junge Burschen, Kinder, Männer, Mädchen Frauen, hören gespannt zu. Man glaubt unwillkürlich, daß jetzt die Dolche gezückt werden und Revolver knallen, auch ein Polizist und zwei rothbejackte Dragoner stehen da. Der kleine Mann hat seine Rede ge endet, ein Anderer besteigt das Pult. Die Hälfte der Gruppe der demokratischen Association löst sich auf und wendet sich der Nachbargruppe zu. Dort steht ein Mann mit weißem Bart, seine Haut ist verbrannt. Mit dröhnender Stimme erzählt er von seinen KriegSthaten, von seinem Regiment, daS in West-, Ost- und Südafrika und in Indien gekämpft hat. „Vierundzwanziz Schlachten habe ich mitgemacht, hundert und eine Wunde davongetragen, aber alles DaS zur größeren Ehre Oldenglands, Alles für meine Königin!" Und sein Baß stimmt „Vock »ave Die queon" an und in lautem Choru» fallen die Zuhörer ein und singen entblößten Haupte« daS Lied, das man überall hört, das bei jedem Concert zum Schluß gespielt wird, „Gott schütze die Königin". Und die mit offenem Munde bei dem Demokraten standen, singen am lautesten, die umstehrndendrn Gruppen fallen zum Theil mit rin und mächtig braust das Lied durch den Hain. Der Demokrat hat seine gesammte Zuhörerschaft verloren. Das ist der Zauber eines Rationalliedes, das ist der Ausdruck einer einigen Nation. Wenn sich auch der Strom der Menschen zumeist auf den Wegen bewegt, so fällt es doch keinem Menschen ein zu tadeln, daß man sichs auf den großen Rasenplätzen hier und da bequem macht, hinlegt, schläft. Bei der Serpentine im Park, einem in Schlangenform angelegten großen Teich, wird das Leben stiller. Wir nähern uns dem aristokratischen Viertel. Am Teiche steht ein Flaggenstock. Wenn früh oder Abends acht Uhr die Flagge aufgezogen wird, da kommen Hunderte von Knaben und Burschen herbei, entledigen sich im Nu ihrer Kleider und springen in die kühlen Fluthen. Nach einer Stunde senkt sich die Flagge und daS Bad ist beendet. Kein Mensch, nicht einmal die prüde Lady findet etwas ungehöriges an dieser sehr naturalistischen Scene. Im Süden des Hydepark, auf Rotten Row, neigt sich der Corso feinem Ende zu, wir sehen nur noch einige elegante Wagen und nicht minder elegante Reiter und Reiterinnen. Wir haben unS zu lange beim Volk ausgebalten. Die Sonne steht im Zenith, unsere Uhr zeigt eins. Es wird die höchste Zeit zum essen. In Schweiß gebadet kreuzen wir KnigbtS Bridge, lassen ein elegantes) Hotel, das Diner fünfzehn Schilling, bei Seite, und steuern Picadelly zu. An einem Laden hängt eine Speisekarte. Das wäre ja was. Bier? ist nicht. Wasser steht auf dem Tisch. Es schmeckt gut und ist sehr reichlich. WaS macht's? Zwei Lluttcmebops (Hammel rippchen) 8 Pence, die unvermeidlichen keL8 (grüne Erbsen) 2 Pence, ?otatoe8 (Kartoffeln) 2 Pence, zusammen 1 Schil ling. Eine Mark für unser Mittagsessen ist billig. Da schlägt die Uhr zwei, wenn wir noch nach dem Krystallpalast wollen, wird e» Zeit. Also auf, nach Victoriastation.-
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