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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.05.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980525019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898052501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898052501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-25
- Monat1898-05
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbefürderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Mittwoch den 25. Mai 1898. 92. Jahrgang. Nationalliberale Partei und Mittelstand, ii. Gesetzentwurf über die Abzahlungsgeschäfte. — Der in der Reichstagssession 1892/93 vorgelegte Regierungsentwurf kam, nach seiner Durchberathung in der Commission, obschon sachliche Hindernisse nickt vorhanden waren, im Plenum nicht zur Annahme, sondern wurde in der Session 1893/94, und zwar durchweg in der Fassung der erstmaligen Commissionsbeschlüsse, erneut vorgelegt. Der Gesetzentwurf beschränkte sich darauf, bestimmten Ab reden bei diesem Geschäfte die Wirksamkeit zu versagen. Dahin gehören die Verwirkungsklausel, die Vereinbarung über die vom Käufer im Falle der Zurücknahme zu leistende Ver gütung, die Festsetzung einer übermäßigen Vertragsstrafe, sowie die Bedingung der sofortigen Fälligkeit der Restschuld im Falle des Verzuges. Bei der ersten Lesung am 25. Januar 1894 stimmte Abg. I)r. Enneccerus Namens der national liberalen Partei dem Entwürfe im Allgemeinen zu, befürwortete die Anwendung des Gesetzes auf Abzahlungs geschäfte mit Nähmaschinen, weil auch dort der Käufer oft bewuchert werde, und die Anwendung auch dann, wenn Kaufleute oder Fabrikanten die Käufer sind. Der Antrag Enneccerus, bei Berecknung der vom Käufer zu leistenden Vergütung die Werthminderung zu berücksichtigen, wurde angenommen, ebenso der ganze Gesetzentwurf mit großer Mehrheit gegen die Stimmen deS Freisinn-, der Demokratie und der Social demokratie. Die nationalliberale Partei hat keinen Augenblick gezögert, einen Gesetzentwurf auszugestalten, dessen Vorschläge, wie allseitig anerkannt worden, eine verständige Mitte in dem Streben einhielten, daS wirtbschaftlich Berechtigte und Wohlthätige an jener GeschästSform zu schonen, den Auswüchsen und Mißbräuchen aber möglichst entgegenzntretcn. Consumvereine, Consumanstalten. In Wiederholung eines Antrages dernationalliberalen Abgg. vr. Osann und vr. Hammacher, der im Winter 1893/94 unerledigt geblieben war, batte die national liberale Fraktion zu Beginn der Tagung 1894/95 einen Antrag eingedrückt, der die Verhältnisse der Consumvereine rc. gesetzlich sicher bestimmen sollte. Der von den Abgeordneten vr. Hammacher, vr. Osann, vr. Paasche und vr. Enneccerus vorgelegte Antrag war vollständig in die Form des Gesetz antrages gekleidet. Es sollten dem § 8 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und WirthschaftSgenossenschaften, folgende drei Absätze (5, 6 und 7) zugefügt werden: Die Mitglieder des Vorstandes von Consumvereinen find ver pflichtet, ihren Verkäufern die Namen der Mitglieder der betreffenden Vereine mitzutheilen und ihnen geeignete Vorschriften über die Prüfung der Legitimation der Mitglieder oder deren Vertreter bei dem Einkauf von Maaren zu geben. Die Mitglieder von Consumvereinen dürfen von diesen ent- nommene Maaren nicht gegen Entgelt an Nichtmitglieder abgeben. Consumvereine unterliegen den Bestimmungen des 8 33 der Reichsgewerbeordnung über den Betrieb der Gast- und Schankmirth- schäft, sowie über den Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus auch dann, wenn der Betrieb auf den Kreis der Mitglieder be schränkt ist. In zwei neuen 145» und b waren als Strafen für Zuwiderhandlungen vorgeschlagen: für Vorstandsmitglieder Ordnungsstrafen von 20—600 für Verkäufer und Mit glieder, die entnommene Maaren an Nicktmitglieder gewohn- heitS- oder gewerbsmäßig verkaufen, Geldstrafen bis zu 150 Betreffs der Consumanstalten, auf die auch diese vor stehenden Paragraphen sinngemäße Anwendung finden sollten, war weiter folgender Artikel III vorgeschlagen: Alle Consumanstalten, welche von Unternehmern zum Bortheile der von ihnen beschäftigten Arbeiter und Beamten ins Leben ge rufen sind, sowie alle Gesellschaften und Corporationen, deren öffent licher Geschäftszwcck es ist, ihren Mitgliedern in dem Bezug von Maaren des Gebrauches und des Verbrauches wirthschaftliche Bor theile zu verschaffen, dürfen ebenso wie die Consumvereine, die aus Grund des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaft»- genossenschaften, errichtet sind, im regelmäßigen Geschäftsverkehr Maaren nur an solche Personen verkaufen, welche Mitglieder sind, bezw. dem Kreise Derer angrhören, für welche die obigen Ein richtungen bestimmt sind. Der Gesetzcsantrag kam mit den Anträgen der Abgeordneten Kropatscheck-Iakobskötler, der Antisemiten und des Centrums, die sich aus dem gleichen Gebiete bewegten, nicht zur Ver handlung, nachdem am 23. Januar 1895, als sie auf der Tagesordnung standen, Staatssecretair v.B örtlicher erklärt hatte, „daß die kaiserliche Ermächtigung zur Vorlegung eines Gesetzentwurfes an den BundeSrath eingegangen ist, welcher die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs und WirthschaftSgenossenschaften vom 1. Mai 1889 in Aus sicht nimmt und insbesondere eine anderweitige Regelung des Verkehrs der Consumvereine im Sinne eines Theils der hier vorliegenden Anträge bezweckt. Ich glaube, daß es ge- rathen sein wird, die Discussion über diese Anträge hinaus zuschieben, bis der Gesetzentwurf dem Reichstage zugegangen sein wird." Dieser Gesetzentwurf gelangte am 4. December 1895 an den Reichstag, wurde am 14. December in erster Lesung berathen, demnächst einer Commission überwiesen und auf Grund der von der Commission bescklossenen Ver besserungen und Erweiterungen am 18. und 20. April 1896 in zweiter und am 7. Mai in dritter Berathung angenommen — alsbald auch in der Gesammtabstimmung, und zwar gegen die Stimmen der Socialdemokraten, der Demokraten und der Freisinnigen. Der Gesetzentwurf kam, wenn auch nicht in allen wesentlichen Puncten, doch in seiner grundsätzlichen Bedeutung einem seit Jahren geltend gemachten Begehen derjenigen Kaufleute entgegen, die im Wettbetrieb der Consumvereine einen gesetzlich bevorzugten Betrieb erkennen mußten. Um den genossenschaftlichen Betrieb auf den Kreis seiner Berech tigung einzuschränken, hatte zwar das Gesetz von 1889 ein Verbot des Verkaufs an Nichtmitglieder aufgerichtet. Aber es war damals unterblieben, auch die näheren gesetzlichen Sicherheitsmaßregeln zu treffen, damit das Verbot gehalten werde, und die erforderlichen Strafparagraphen zu schaffen, damit die (Übertretung des Verbots geahndet werden konnte. Beides holte der vorgelegte neue Entwurf nach. Einmal wird der Vorstand der Consum-Genossenschaft bei Strafe verpflichtet, Vorsichtsmaßregeln zu treffen, damit das Verbot des Verkaufs an Nicktmitglieder auch streng beachtet werde, und weiter werden die Verkäufer bestraft, welche gegen die Bestimmung deS Gesetzes Maaren an Nichtmitglieber ver kaufen; endlich ist auch der Mißbrauch der Legitimation unter Strafe gestellt. Nicht berücksichtigt waren in dem Gesetzentwurf die nationalliberalen Wünsche (Antrag Osann-Hammacher), daß mindestens auch dann Strafe eintreten müsse, wenn ein ConsumvereinSmitglied gewohnbeitS- und gewerbsmäßig Maaren aus dem Consumverrin entnimmt und an Nichtmitglieder weiter verkauft, sowie daß alle Be stimmungen dieser Novelle auch auf solche Consumanstalten und Consumvereine angewendet werden sollten, die nicht unter das Genossenschaftsgesetz von 1889 fallen. Ebenso batte die Vorlage die CentrumSvorschläze unbeachtet ge lassen, auch die Gesetzesbestimmungen, betreffend die Maß- und GewichtSordnunH und betreffend die Bekämpfung der LebenSmittelverfalschung, auf die Consumvereine anzuwenden und ein allgemeines Verbot der MarkenauSgabe zu erlassen. Endlich war seit >Iahren das Verlangen gestellt worden, die Consumvereine, so weit sie Spirituosen ausschänken, mit den Schankwirtb- schäften binsichtlich der ConcessionSpflicht u. s. w. gleichzustellen. Diesem Verlangen ist die Regierung in der Gewerbe-Novelle gerecht geworden, die später zu behandeln ist. Soweit die Regierungsvorlage diesen früher schon aus der Milte des Reichstags geltend gemachten Wünschen nicht gerecht wurde, holte die Commissionsberathung daS Versäumte nach und gestaltete den Entwurf unter reger Mitwirkung der nationallibcralen Partei in seiner heute giltigen gesetz lichen Gestalt aus. Die Ausnahme, welche der Entwurf zu Gunsten der landwirthschastlichen Genossenschaften, als über wiegend Rohstoff-Genossenschaften, machte, wurde gebilligt. Ausfällig war der Widerspruch deS konservativen Abgeordneten von Podbielski (jetzigen GeneralpostmeisterS) gegen daS für die einzelnen Mitglieder aufgerichtete Verbot des Verkaufs an Nichtmitglieber. Die nationalliberale Partei ist sich bewußt, hier im wohlverstandenen Interesse des Mittelstandes praktische Arbeit geleistet zu haben. Wenn ihr diese Mit arbeit gerade aus den Kreisen des Mittelstandes heraus be stritten wird, so berührt daS um so cigenthümlicher, als die gesammte Linke die Nationalliberalen ob dieser ihrer Mit wirkung als erzreactionär verketzert. Deutsche- Reich. * Leipzig, 24. Mai. Wie wir erfahren, bestätigt sich die Meldung, daß ReichsgerichtSrath vr. Freiherr Karl von Bülow zum Senatspräsidenten ernannt worden sei. vr. Karl Freiherr von Bülow ist am 13. April 1834 geboren, also 64 Jahre alt. Er stand bis 1866 im bannover- fchen Iustizdienst und wurde im Januar 1867 als Amts richter mit dem Titel „Amtsgerichtsasfessor" in den preußischen Iustizdienst übernommen und in Winsen a. d. Luhe an gestellt. Im September 1867 wurde er nach Verden und im März 1868 als Obergerichtsassessor an daS Gesammtoberaericht in Meppen versetzt. Von dort kam er acht Monate später an das Obergericht in Aurich, wo er im folgenden Jahre zum Obergerichtsrath aufrückte. Im April 1875 wurde er Ge heimer Iustizrath und vortragender Rath im Justizministerium, schied aber nach fünf Jahren, nachdem er zuvor noch Geh. Oberjustizrath geworden war, wieder aus dem Ministerium aus und wurde Landgerichtspräsident in Greifswald. Im Juli 1884 wurde er zum ReichSgerichtsratb ernannt; er gehörte bisher dem IV. Strafsenat an. Die Universitär Leipzig ernannte ibn bei ihrem Jubiläum im October 1805 zu ihrem Ehrendoctor. r. Oschatz, 24. Mai. Herr Stadtrath und Fabrikant Bruck hier, der als NeickStagScandidat ter vereinigten Liberalen in unserem Wahlkreise aufgestellt war, bat am 22. d. M. in einer vertraulichen Besprechung die bindende Erklärung abgegeben, daß er von der ReickStagscandidatur zurücktrete. Der Rücktritt des genannten Herrn wird selbstverständlich von sämmtlichen Liberalen aus daS Leb hafteste bedauert. WaS nun wird, muß abgewart« werden. * Berlin, 24. Mai. Die beiden freisinnigen Gruppen haben folgende Vereinbarung getroffen: Wir empfehlen: 1) In allen Wahlkreisen, wo bisher nur ein Candidat einer freisinnigen Richtung ausgestellt ist, keine zweite freisinnige Candidatur auszustellen, sondern den Candidaten der verwandten Richtung bei der Wahl zu unterstützen. 2) Sofern in einzelnen Wahlkreisen neben dem Candidaten der frei sinnigen Volkspartei ein Candidat der freisinnigen Ver einigung aufgestellt ist und eine Möglichkeit besieht, daß infolge dessen beide Candidaten von der Stichwahl aus geschlossen werden, sich auf denjenigen Candidaten zu einigen, der die größere Aussicht hat, das Mandat für den Freisinn zu gewinnen. 3) Wo noch kein freisinniger Candidat aufgestellt ist und beide Rich tungen im Kreise vertreten sind, sich nach denselben GesicktSpuncteu auf einen gemeinsamen freisinnigen Candidaten, einerlei welcher Richtung, zu vereinigen. 4) Eine verbitternde Preßpolemik allent halben zu unterlassen, auch dort, wo zwei freisinnige Candidaten sich gegeniiberstehen. Für den geschästsführenden Ausschuß der der Freisinnigen Vereinigung: Freisinnigen VolkSvartei: Th. Barth. K. Schrader. O. Fischbeck. E. Richter. Nachdem Herr Richter schon in allen Kreisen, in denen er mit dem Stiefbruder zusammengerietb, seinen Can didaten ausgestellt) hat, ist diese „Vereinbarung" nur ein Gaukelspiel, um gläubigen Gemütkern die vermeintliche Einigkeit im freisinnigen Lager vorzuspiegeln. * Berlin, 24. Mai. DaS Branntweinmonopol bringt das kürzlich erschienene „Agrarische Handbuch des Bundes der Landwirt he" wieder in Erinnerung. Die Branntweinmonopolvorlage der Regierung vom Iabrc 1886 ist bekanntlich abgelehnt worden und zwar mit 18l gegen 3 Stimmen. Im Jahre 1895 ist nun „von privater Seite", wie das „Agrar. Handb." sagt, nämlich von Herrn v. Dtest-Da der, unter Benutzung amtlichen Materials ein neues Branntwein monopolproject aus gearbeitet worden, das auf der Grundlage einer „Branntweintaxe" aufgebaut worden ist. Danach soll aller für das Inland zu Trink- und sonstigen Zwecken bergestellter Branntwein gegen Zahlung einer festen Branntweintaxe der Neichsverwaltu ng gehören, welche von dem Trinkwein einen bestimmten Aufschlag über den Ankaufs preis erhebt. Dieses Project ist dann von einer Commission auS Mitgliedern des Bundes der Landwirthe und des Vereins der Spiritusfabrikanten nach eingehender Beratbung festgestellt und im Februar 1895 der „Freien wirthsckaftlicken Ver einigung" des Reichstags zur Berathung und Beschlußfassung Feuilleton. König Mai. Von E. Glaser. Nachdruck verboten. Der Mai wird als Person und Repräsentant des Sommers gedacht. Dieses persönliche Verhältniß hat sich in Redens arten des Volkes und in dichterischen Wendungen lange erhalten. Grimm theilt uns in seiner Mythologie Folgende mit: Der Mai bekommt den Namen Herr und hält als König seinen Ein zug, es heißt: „Herr Mai!" Der Mai hält seinen Einzug: „Der Mai ist kommen in das Land." „Der Mai hat sein Ingesinde." „Des Maien Thür ist aufgethan." „Der Mai hat Briefe für gesandt, daß sie künden in dem Land seine Ankunft." Gleich einem Könige, der nach langer Abwesenheit siegreich heimzieht, kündigt er seine Ankunft voraus durch Briefe an. „Da ist nun der Mai und all seine Kraft, er und seine Gesellschaft." „Der Mai lag zu Felde." „Der Mai hat sein Gezelt bestellt." „Der Mai führet den Wald an seiner Hand." Es werden dem Mai Hände beigelegt, er wird von den Menschen mit Dank und Neigen, gleich einem durchs Land fahrenden Gott oder einziehenden König verehrt, er hat gleich diesen seine Straße, „Des Maien Straße." „Mai, ich will Dir neigen." „Ehret den Mai." „Der Mai habe des Dank." Der Mai legt sein grünlaubiges Kleid an: „Der Mai ist auf seinem grünen Zweig gesessen." „Der Mai sendet dem Walde Kleider." Die Ankunft des Mais oder de» Frühling» wurde von Alter» her festlich empfangen, da» hieß im Mittelalter: „Die Zit em- pfahen". Es heißt: „Helfet mir grüßen den Mai, die Vöglein wollen alle grüßen den Mai, sei willkommen Herr Mai." Man sagt: „Der Mai kommt gegangen." „Da man de» lichten Maien Spiel mit seiner Blüthe kommen sah." „Mai hat die Heide geehret." „Der Winter zwang die Heide, nun grünet sie ihm zu Leide." „Die Heide verdecket im Mai ihre Scham mit Blumen." „Der Fürst der schönsten Zeit, der Mai schlägt weit und breit sein buntes Lager auf." Der Mai ist kräftig und gütig: „Ich lobe Dich Mai Deiner Kraft." „Zu Feld und auf der Heide lag der Mai mit seiner Güte." Der Winter trägt Waffen, aber auch der Mai ist gerüstet und bekämpft den Winter: „Mein (des Winter») Roß schreitet gegen des Maien Schild." „Winter, wie ist nun deine Kraft worden gar unsiegehaft, seit der Mai seinen Schaft hat uf dir verflachen." „Führt mich durch de» Maien Heer, der mit ritter licher Wehr den Winter hat erschlagen." Der Mai galt früher al» Anfang de» Sommers und dieser Anfang erfolgte nicht auf einen bestimmten Tag des Jahres, sondern wurde nach zufälligen Zeichen wahrgenommen, nach auf blühenden Bäumen oder anlangenden Vögeln, das hieß „Den Sommer finden." Wer das erste Veilchen fand, zeigte es an, das ganze Dorf lief hinzu, die Bauern steckten die Blume auf eine Stange und tanzten darum. Auch den ersten Maikäfer holte man feierlich aus dem Walde ein. Es wird beglaubigt, daß dies noch im 17. Jahrhundert von den spinnenden Mädchen in schleswigschen Gegenden geschah. Ebenso wird die erste Schwalbe, der erste Storch als Frühlingsbote begrüßt und em pfangen. Die Rückkehr der Schwalbe feierten schon die Griechen und Römer und das schwedische Landvolk bewillkommt sie mit dreimaligem Jubelruf. Wer den Griechen die Einkehr des Storches zuerst ansagte, empfing Botenlohn. Noch im vorigen Jahrhundert waren die Thürmer mancher Städte Deutschlands angewiesen, den nahenden Frühlingsherold anzublasen, wofür ihnen ein Ehrentrunk aus dem Rathskeller verabreicht wurde. Die ersten 12 Tage im Mai waren unseren Vorfahren heilig und wurden als Beginn des Sommers festlich und feierlich be gangen, denn die Hochzeit des Wodan mit Freyja wurde in dieser wonnigen Zeit gefeiert. Offenbar ist der Maikönig und die Maikönigin in den neueren Volksgebräuchen an die Stelle des höchsten Gottespaares getreten. In Hildesheim und anderen Orten wurden eigene Mairitte unter Anführung de» Maigrafen gehalten, der vom Magistrat dazu gewählt wurde. Man sandte zuerst einen mit vier Pferden bespannten Wagen in den Wald hinaus, um so viel Birkenzweige zu holen, als diese Pferde ziehen konnten. Kommt dieser Mai aus dem Holz, so wird er von dem Maigrafen und seinen Genossen, die alle zu Roß sind, sowie von den Stadtsoldaten begrüßt, und die letzteren feuern ihre Gewehre ab. Dann geht man zum Frühstück. Nach dem Essen wird der Mai mit Musik und Flintenschüssen in die Stadt geführt, und der mit einem Kranz gezierte Maigraf vertheilt nun an alle Anwesenden der Stadt und an die Kirchen die mitgebrachten Maienzweige.' Nach beendeter Festlichkeit führt der Magistrat den Maigrafen unter Trompeten- und Paukenschall vom Rathhause in den Rathskeller und bewirthet ihn. Da» Amt des Maigrafen konnte aber nur der Sohn reicher Eltern übernehmen, da mit dieser Würde große Aus lagen verbunden waren, im Anfänge des 18. Jahrhundert» be trugen dieselben 700—800 Thaler. Schon 1474 entfloh in Stralsund der Kosten wegen der Junker Krassow, der in den Mai reiten sollte, nach Rostock, und der Rath mußte ihm bei Strafe gebieten, sich einzustellen. Solcher Maispiele gedenken altschwedische und dänische Chroniken, Stadtverordnungen und Urkunden öfter al» einmal. Adel und König nahmen nicht selten daran Theil, e» war eine große allgemeine Volkslustbarkeit. Der Maigraf zog blumenbekränzt unter mächtigem Geleit durch Straßen und Dörfer, Gastmahle und Reihentanz folgten. In Dänemark begann der Zug auf Walpurgistag, man nannte es: „Den Sommer in das Land reiten". Die jungen Männer ritten voran, dann der Maigraf mit zwei Kränzen über jede Schulter, das übrige Gefolge nur mit einem Kranz. In dem Ort wurden Lieder gesungen, alle Jungfrauen bildeten einen Kreis um den Maigrafen und dieser wählte sich darunter eine zur Maikönigin, indem er den Kranz auf sie warf. Dem Maigrafen entspricht eine M a i k ö n i g i n. Sie wird von den Mädchen dargestellt und zum Gegenstände einer be sonderen Procession gemacht. In Ungarn halten die Burschen am Pfingsttag einen Wettstreit. Der Sieger wird Pfingsttönig. Die Mädchen dagegen wählen für sich besonders die schönste Maid zur Pfingstkönigin, schlingen einen großartig auf- gethürmten Kranz um ihre Stirn und tragen sie singend durch die Straßen des Dorfes. Vor jedem Hause halten sie still, schließen einen Kreis um sie, singen althergebrachte Volkslieder und nehmen Gaben in Empfang. In Böhmen führen die Mädchen in weißen Kleidern, mit rothen Bändern und ver goldeten Sternchen im Haare, mit den ersten Frühlingsblumen, Veilchen und Gänseblumen, geschmückt, eine sogenannte Königin, die mit Blumen bekränzt ist, im Dorf umher. Während des Zuges, der sehr feierlich vor sich geht, darf keines der Mädchen still stehen, sondern alle müssen sich fortwährend um sich drehen. Die Maikönigin verkündet in jedem Hause die Ankunft des Frühlings und wünscht den Bewohnern Glück und Segen. Ein Franzose, Balleydier, erzählt in seiner Reisebeschreibung, daß er dicht vor St. Perey auf dem Wege nach Valence ein junges Mädchen auf einem erhöhten, mit Guirlandcn ge schmückten Sitz gewahrte. Sie trug einen Kranz von weißen Rosen, einen Scepter von Blumen und war umgeben von Ge fährtinnen, welche den Hof dieser ländlichen Königin, der Mai schönen, bildeten. Ehedem mußte jeder Vorübergehende dieser Königin einen Kuß geben, bis man auf den guten Einfall kam, sich durch ein kleines Geschenk von diesem erzwungenen Tribut loszukaufen, jetzt ist nur da» Geldgeschenk übrig geblieben. Lebhafter als durch die bloße Nebeneinanderstellung eines ManneS und einer Frau spricht sich der Gedanke de» blumen reichen und fruchtbaren Frühlings in der Annahme oder Dar stellung eines Liebesbundes oder bräutlichen Verhältnisses oder einer Vermählungsfeier der Beiden aus. In manchen Dörfern bei Halle verkleiden sich ein Bursch und ein Mädchen und ver stecken sich außerhalb des Dorfes im Gebüsche oder hohen Grase. Dann zieht das ganze Dorf mit Musikanten au», „das Braut- paar zu suchen". Wenn es gefunden ist, wird e» von der Ge meinde umringt, die Musikanten spielen auf, und so erfolgt der jubelnde Einzug in das Dorf, wo Abend» ein Tanz stattfindet. Ganz besonders interessant ist der nachstehende Brauch aus der Umgegend von Briancon im Departement HauteS Alpes (Dauphins): Am 1. Mai hüllen die jungen Leute einen Burschen, dessen Braut oder Liebste ihn verlassen oder einen Anderen geheirathet hat, in grünes Laub ein. Er legt sich auf die Erde und schläft scheinbar. Dann kommt ein Mädchen, das ihn gern hat und bereit wäre, ihn zu heirathen, weckt ihn, hebt ihn auf, reicht ihm den Arm und eine Fahne. So zieht man zum Wirthshaus, wo dieses Paar den ersten Tanz hat. Sie müssen sich aber im nächsten Jahre heirathen, sonst gelten sie als Hagestolz und alte Jungfer und ausgeschieden aus dem Kreise der Jugend. Der Bursche heißt: „I,o lianeS ciu ruc>i-< 6e Llu.v". Im Wirthshause legt er die Hülle ab. Daraus sammelt am Abend seine Tänzerin einen Strauß, den sie mir Blumen durchwindet und am anderen Tage vor der Brust trägt, wenn ihr Tänzer sie wieder zum Wirthshaus geleitet. Im Mai feiert die Erde als Braut ihre Hochzeit mit dem Sonnengotte, und diese Vereinigung stellt der Maikönig und die Maikönigin dar. Die Erde ist im Winter unfruchtbar ge worden, sie vermählt sich mit dem neuen Sonnengotte, der im Winter schlummernde Geist der Pflanzen erwacht und bereitet der Erde den bräutlichen Blumenschmuck. Hölderlin beschreib! den Zustand der Erde im Winter mit folgenden Worten: „Mutter Erde, Du bist zur Wittwe geworden, dürftig und kinderlos lebst Du in langsamer Zeit". Das Verhältniß der Brautschaft, Vermählung und Ehe zwischen Sonne und Erde schildert Logau, wenn er in seinem bekannten Epigramme vom Mai sagt: Dieser Monat ist ein Kuß, Den der Himmel giebt der Erde, Daß sie jetzo seine Braut, Künftig aber Mutter werde. Ebenso Geibel: Der Himmel selbst ist tief herab gesunken Daß liebend er der Erde sich vermähle. In Hessen, Westfalen, Rheinland werden am Maitage die Mädchen versteigert oder zu Mailehen ausgegeben. In der Schwalmer Gegend ist es uralte Sitte, das sogenannte Lieh ( — Lehen) auszurufen. In der Walpurgisnacht ziehen in Merzhausen die Burschen vor das Dorf, einer erklettert die große Linde, welck/e den Tanzplatz überschattet, und ruft von hier das Walpurgislieh au»: Ich stehe hoch und sehe weit Und sehe den König von Frankreich, Und rufe aus da» Lieh! Wem soll die» und dar sein? Hier wird ein Liebespaar genannt. Der Sprecher auf dem Baume fährt fort: Dar erste )ahr zur Lieb, Da» zweite Jahr zur Ehe, Ta» dritte Jahr zu der und der Hau»thür« hinein.
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