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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.05.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980526011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898052601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898052601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-05
- Tag1898-05-26
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Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbeförderung -M 60.—, mit Postbrsürderung 70.—. Ännalsmelchluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittag» 70 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je «in« halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 262. Donnerstag den 26. Mai 1898. 92. Jahrgang. Nationalliberale Partei und Mittelstand. in. Schutz der Waarenbezeichnung. Ein Gesetzentwurf zum Schutz der Waaren bezeichnung. der in der Session 1892/93 nur bi» zur CommissionSberathuna gelangte, ging dem Reichstage erneut 1893/94 zu. Die Vorlage erstrebte eine durch die fort geschrittenen praktischen Bedürfnisse nothwendig gewordene weitere Ausbildung des deutschen Markenrechtes und sollte an Stelle des geltenden Markenschutzgesetzes treten. Eine der wesentlichsten Neuerungen bestand darin, daß die An meldung zum Schutz der Äaarenbezeichnungen künftig bei dem Reichspatentamt erfolgen und centralisirt werden sollten, während sie bisher bei den Localgerichten stattfanden. Für jedes Zeichen wurde bei der Anmeldung eine Gebühr von 30 vorgesehen. DaS Gesetz sollte mit dem 1. Oktober 1894 in Kraft treten und von dieser Zeit an keine Anmel dung von Waarenzeichen auf Grund des Markenschutzgesetzes mehr angenommen werden. Die Vorlage kam am 25. Januar zur ersten Berathung, wobei Abg. Or. Hamuiachrr (natlib.) die bedeutenden Fortschritte hervorhob, die z. B. in der Zusammenfassung der Zeichenrolle beim Patentamt liegen. Der Gesetzentwurf wurde einer Commission überwiesen, in der die nationalliberale Fraktion durch die Abgeordneten Or. Hammacher (Bors.) und Adt vertreten war. Der als bald vorgelegte schriftliche Bericht ergab eine Ueberein- stimmung der Commissionsmitglieder dahin, daß einmal die durch den Gesetzentwurf beabsichtigte Erweiterung des Schutzes der Warenbezeichnungen gegenüber dem be stehenden Recht sowohl bezüglich des Kreises der Inter essenten, als auch der zu schützenden Arten der Waarenkenn- zeichen berechtigt und nothwendig sei, daß aber andererseits die gesetzlichen Bestimmungen dieses Entwurfes nicht genügten, um dem auch auf anderen Gebieten des Handels und Ge werbebetriebes in die Erscheinung tretenden unlauteren Wett bewerbe wirksam zu begegnen. Zn der zweiten Lesung am 16. April 1894 knüpften sich längere Debatten an 8 15, der mit Geldstrafe von 150—5000 Denjenigen bedrobt, der Waaren fälschlich mit einem Staatswappen oder mit dem Namen oder Wappen eines Ortes, eines Gemeinde- oder weiteren Communal- verbandes zu dem Zwecke versieht, über Beschaffenheit und Werth^er Namen einen Irrthum zu erregen. Die Verwendung von Waaren, welche nach Handelsgebrauch zur Benennung gewisser Maaren dienen, ohne deren Herkunft bezeichnen zu wollen, sollte jedoch unter diese Bestimmung nicht fallen. Trotz Bekämpfung dieses letzteren Satzes durch den Centrums- abgeorvneten Roeren wurde der Paragraph nach Ablehnung eines antisemitischen Zusatzantrages nach der Regierungs vorlage angenommen. Ein von demselben Abg. Roeren be antragter ß 15 d, der mit Geldstrafe bis zu 3000 oder Gesängniß bis zu drei Monaten Denjenigen bedrohen wollte, ter zum Zwecke der Täuschung in Handel und Verkehr über den Ursprung und Erwerb, über besondere Eigenschaften und Auszeichnungen von Waaren, über die Menge der Vorräthe, den Anlaß zum Verkauf oder die Preisbemessung falsche Angaben macht, welche geeignet sind, über Beschaffenheit, Werth oder Herkunft der Waaren einen Irrthum zu erregen, war von der Commission abgelehnt und statt dessen eine Resolution beantragt, welche um baldigste Vorlegung eines Gesetzentwurfes ersuchte, durch dessen Bestimmungen dem unlauteren Wettbewerb im Handel und Verkehr im weiteren Unisange entgegengetreten wird. Die Nothwen- digkeit eine- gesetzlichen Einschreitens gegen den unlauteren Wettbewerb wurde allgemein anerkannt und nur von verschiedenen Seiten bezweifelt, daß das vorliegende Ge setz, welches sich nur auf die Waarenzeichen bezog, der rechte Ort dafür sei. Tie Vertreter der verbündeten Regierungen hoben namentlich hervor, daß die Tragweite des Antrages ohne eingehendere Prüfung schlechterdings nicht zu übersehen und seine Annahme geeignet sei, das ganze Gesetz zu gefährden. Staatssecretair v. Bötticher erklärte, daß er Erwägungen über eine umfassende Vorlage zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes sofort an ordnen werde, und fügte auf Ersuchen des Abg. vr. Ham macher (natlb.) hinzu, daß er für seine Person Alles thun werde, damit die fragliche Vorlage im nächsten Iabre ge macht werden könne. Nichtsdestoweniger wurde der Antrag Roeren mit 131 gegen 112 Stimmen angenommen, in dritter Lesung am 19. April 1894 aber mit großer Mehrheit wieder beseitigt und die Regierungsvorlage, sowie die Resolution der Commission angenommen. Damit waren dem Gesetzentwurf über die Bekämpfung dcS unlauteren Wettbewerbs die Wege bereitet. Ihre Auffassung gegenüber der Regelung dieser Frage legte die nationalliberale Partei aus dem allgemeinen Delegirtentage zu Frankfurt a. M. am 30. September 1894 in folgender Resolution nieder: „In Uebereinstimmung mit dem Eintreten der Reichstags fraktion für die Verschärfung des Wuchergesetzes und für das Gesetz über die Abzahlungsgeschäfte erkennen wir eS zur Er kaltung von Treue und Glauben in Handel und Wandel für nothwendig, den mannigfaltigen Arten des unlauteren Geschäftsgebahrens sowohl im Wege der Bereinigung als auch mit gesetzlichen Bestimmungen, in erster Reihe Ersatzpflicht und Buße, in schweren Fällen Strafen, — scharj entgegen zu treten. Insbesondere ist der Verrath von Geschäftsgeheimnissen, die gewinnsüchtige Ver schleierung der Beschaffenheit, der Menge, deS Gewichts und des Preises, sowie der Herkunft der Waaren, namentlich auch bei sogenannten ConcurSanSverkäufen und Versteigerungen, der Schwindel im Firmenwesen und die mißbräuchliche Be rufung auf den Patent-, Marken- oder Musterschutz zu be kämpfen." Der in Gemäßheit ihrer Zusage dem Reichstage von den verbündeten Regierungen zu Beginn der Session 1895/96 vorgelegte Entwurf begegnete gleich bei der ersten Berathung am 13., 14. December 1895 einer durchaus freundlichen Auf nahme. Namens der nationalliberalen Partei erklärte Abg. Di. Bassermann in Uebereinstimmung mit den Rednern anderer Parteien, daß man bereit sei, auf dem von der Vor lage gewiesenen grundsätzlichen und praktischen Wege zu einer Verständigung zu kommen. Die Socialdemokratie nahm natürlich auch hier den Standpunkt wie sonst ein, wenn auf dem Boden dieser Gesellschafts- und Erwerbs-Ordnung Schäden und Auswüchse beseitigt werden sollen: „Versuchen Sie, ob Sie es fertig bekommen, wir haben nichts dagegen" — in dieser charakteristischen Redensart gipfelte die Fraclions- rcde des „Genossen" Singer. Der Gesetzentwurf suchte die wesentlichen Erscheinungs formen des unlauteren Wettbewerbs, welche verfolgbar sein sollten, näher zu bezeichnen, so zwar, daß der deutsche Richter möglichst weitgeführte Sondervorschriften besitzt, wo er Ab hilfe gegen unlautere Machenschaften leisten soll, daß aber auch die Geschäftswelt möglichst bis inS Einzelne zu er kennen vermag, was unter den Begriff deS unlauteren Wett bewerbs fällt und welche Rechtsfolgen der Gesetzgeber daraus gezogen wissen will. Damit verfolgte der Entwurf eben die selben Principien, wie sie bereits im Gesetz von 1894 speciell für den Warenverkehr festgelegt waren. In der Er wägung, daß eS nicht Aufgabe der allgemeinen Regelung fein könnte, jetzt an den eben vereinbarten Grundlagen und Richt punkten des Kampfes gegen den unlauteren Wettbewerb zu rütteln, hatte sich die Regierungsvorlage mit der Specia- lisirung begnügt, auf jede Art von Generalclausel aber ver zichtet. Das wurde in der Commission nachzeholt und in den K 1 die beiden charakteristischen Worte eingefügt, daß gemeinhin alle unlauteren Angaben über „geschäftliche Verhältnisse" verfolgbar sein sollten. Während das fran zösische Recht nur die Schadenersatzklage kennt, machte sich die Regierungsvorlage den oben erwähnten Beschluß des Frankfurter Delezirtentages der nationalliberalen Partei zu eigen, wonach „in erster Reihe Ersatzpflicht und Buße, in schwere» Fällen Strafen" eintreten sollten. Es wird aber dem Geschädigten vorab ein in den Formen deS bürgerlichen Rechtsstreites geltend zu machender Anspruch aus Schadenersatz gewährt. Hinzugefügt ist hier das Recht der Klage auf Unterlassung der ichädigenden Geschäftsmanipulationen. Bei erschwerenden Umständen wird die öffentliche Strafe «»gedroht, und wenn die Straf klage Erfolg hatte, kann dein Beklagten an Stelle des Schadenersatzes eine Buße bis zum Betrage von 10 000 Mark anferlegt werden. DaS Gesetz trifft zunächst den 1) über die Bisch affrnHerl ker MedisteM, Waaren; 2) über die Herstellungsart; 3) über die Preis benennung; 4) über die Art d«S Bezuges; 5) über die Bezugsquelle; 6) über den Besitz von Auszeichnungen, Titeln und Würden und 7) über Zweck und Anlaß deS Angebots. Doch sind alle diese Einzelbestimmungen deS tz 1 nur uoch Erläuterungen zu der General clausel; der Richter soll nicht behindert sein, auch alle übrigen schwindelhaften Angaben zu ahnden, wenn sie sich ans geschäftliche Verhältnisse beziehen und geflissentlich den Anschein wecken, als ob sie ein be sonders günstiges Angebot ermöglichen. Das Gesetz wendet sich Weiler gegen die Verschleierung der Menge 5> gegen die Anfchwärzung der Cvncurrenlen (tz6), gegen den Firmenschwindel (8 8), gegen den Verrath von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (88 9 und 10», und bedroht auch die Verleitung zum Verrath mit harter Strafe (2000 eventl. 9 Monate Gesängniß). Nach lang wierigem Streit um die 88 und 10, von denen ersterer in der gegenüber der Regierungsvorlage erheblich abgeschwächten CommissionSsassunz mit großer Mehrbeil der Rechten, des Centrums mit Welfen und Polen, der Nationalliberalen und eines TheileS der freisinnigen Bereinigung angenommen wurde, erhielt der Gesetzentwurf unterm 7. Mai 1896 in dritter Lesung die Zustimmung der Mehrheit des Reichstages und ist bereits am 1. Juli 1896 in Kraft getreten. Hat im Rahmen der zu Nutz und Frommen eines ge sunden Mittelstandes erhobenen Forderungen diejenige nach einem solchen Schutzgesetze von jeher einen breiten Raum ein genommen, so darf man auch hoffen, daß die Verabschiedung dieses Gesetzes dazu beigetrazen hat, das Vertrauen jener Mittelstandskreise zu dem Rechts- und Wirtbschaftsboden, auf dem sie stehen, neu zu beleben. Ob baS Gesetz in seiner Wirkung allen hochgespannten Erwartungen, die sich an dasselbe knüpfen, bis heute entsprochen hat, mag dahingestellt bleiben. Der Auffassung aber, die von extremer Seite auch in der jetzigen Wahlbewegung geltend gemacht wird, daß daS Gesetz ein Messer ohne Heft und Klinge und völlig ungenügend sei, möchten wir mit dem Hinweis begegnen, daß die vorliegenden Erfahrungen ein solches radikales Nrtheil zu begründen kaum ausrcichcn dürften. Der Einsicht bat man sich bei der Durchberathung nicht verschlossen und wird man sich auch in Zukunft nicht verschließen, daß, wie bei aller Gesetzgebung dieser Art, die nachbesscrnde Hand anzulegen ist, wenn e'^ die Erfahrung gesprochen hat. Zweifelsohne fühlcu sich Treu und Redlichkeit in Handel und Wandel neu bestärkt und der ehrliche und solide Gewerbetreibende und Kaufmann ver mag, namentlich im Verein mit gleichgesinnten BerufSzenossen, den Concurrcnzkampf gegen unlautere Elemente weit anders zu führen als bisher. L' - - DerrticheS Reich. L. Leipzig, 2-. Mai. Zu den bewährten Kniffe», mit denen der UlkraiuontanismuS die Massen ködert, gehört die Vorspiegelung, Angriffe gegen den UltramonkanismuS richteten sich gegen den Katbolicismus. „Ultra montan, das beißt tat Hotis ch", sagte erst vor einigen Tagen wieder die „Germania", heute benutzt die „Kölnische Volkszeitung" dieselbe Finte, um den Katholiken den deukschenPatriolen bund zurErrlchtung eines Völker schlachtden km als in Leipzig zu verekeln. Wie früher schon, nimmt das klerikale Blatt jetzt nochmals an folgender Stelle auS der Schrift des PatriolenbundeS „Das Bolkerschlacht-Nationaldenkmal", Anstoß: „Das deutsche Reich hat außer mit den deutschfeindlichen, durch die sociale Frage FeiriHeton» Knoblauch und Bärenlauch. Eine botanisch-culturgeschichtlichc Skizze. Von Hermann Pilz. Nachdruck verboten. Zeitgemäß ist die Betrachtung, die wir in Nachstehendem anstelle» wollen! In den „Eingesandts" der Localpresse wüthet igan gegen den „Knoblauch", dessen Parfüm nun einmal unseren Geruchsnerven nicht so angenehm erscheint wie Rosen- und Beilchenduft. Man denkt jedes Jahr an einen Vernichtungs krieg gegen den aufdringlichen Lauch, der erfreut sich aber einer so glücklichen Constitution, daß alle Mittel wider ihn fehlschlagen, und er zmtcr den „Frühlingsboten" alljährlich in ungeschwächter Gesundheit mit erscheint. Das Heer wächst, und man hat auch, wenn wir nicht irren, von Seiten unserer Stadt verwaltung die Versuche, es zu vernichten, in den letzten Jahren nicht mehr wiederholt. Der üppige grüne Plebejer spottet aller amtlichen Anordnungen. Wenn wir freilich in unserem Zorn auf den Spaziergängen durch unsere Auenwälder über den „Knoblauch" weidlich raisonniren, so thun wir damit einem edleren Bruder des Lauchs, der in unseren Wäldern wuchert, Unrecht. Die saftige Pflanze mit den zahlreichen weißen Blüthensternen ist nicht der eigentliche Knoblauch, sondern der sogenannte Bärenlauch, den man auch „Waldknoblauch" genannt hat. Der eigentliche Knoblauch (^Uiuna sativum T), der namentlich jetzt in Südeuropa heimisch ist, soll aus den Kirgisensteppen stammen, wo er noch heute wildwachsend an getroffen wird. Der eiweißartige Saft, der sich in allen Theilen der Pflanze, vorzugsweise in der Zwiebel, befindet, enthält das unseren Geruchsnerven widerliche Oel. Der Knoblauch, dessen Dolde mit sitzenden Zwiebelchen versehen ist, und dessen Blüthen eine röthlich-weiße Färbung haben, findet sich bei uns nur zu Gewürz- und Arzeneizwecken angebaut, und man kann ihn noch heute in unseren Kohlgärten im Juli und August blühen sehen. Eine frühzeitige Art ist der rosenrothe Knoblauch, dessen Zwiebeln einen rosenrothe» Hautüberzug aufweisen. Milder als der eigentliche Knoblauch ist der sogenannte Schlangen- knoblauch (Milium Opsnvsonrcxjcm I,.), dessen Stengel nach oben spiralig gewunden ist und statt derBlüthen eine Gruppe von Luftzwiebeln trägt. Er ist wahrscheinlich eine Form der Roggenbolle (.VIlium 8c>orcxlc>prnsrim T.), einer Wiesen pflanze mit zweischneidiger Blattscheide, flachen Blättern und kleinen, dunkelrothen, mit Luftzwiebelchen gemischten Blüthen. Der Knoblauch hat in der Culturgeschichte keine kleine Rolle gespielt. Bei den alten Egyptern war er die Hauptnahrung der unteren Classen der Bevölkerung. Soll er doch sogar bei einem Pnramidenbau Anlaß zu einer Streikbewegung gegeben haben. Die Arbeiter des Sohnes der Sonne legten die Arbeit nieder, weil man ihnen eine zweite Ration von dem köstlichen Lauch nicht bewilligte. Nach den Aufzeichnungen Herodot's wurden beim Bau der Chufu-Pyramide 3600 v. Chr. angeblich 1600 Silbertalente allein für Knoblauch und Zwiebeln für die Bauleute ausgegeben. Auf altegyptischen Bildern finden wir allerdings sehr primitive, aber doch anschauliche Darstellungen der Knoblauchspflanze, und der Naturforscher Plinius sogt, daß die Eghpier Knoblauch und Zwiebeln bei ihren Eidschwllren den Göttern gleich schätzten, d. h. sie schwuren beim Knoblauch, wie der Muselmann beim Barte des Propheten. Ja, der Knoblauch gehörte auch zu den heiligen Opfergaben für die Götter, und den Priestern war sein Genuß untersagt. Bei den Egyptern lernten die Juden den Knoblauchsgenuß, dem sie ja heute noch ergeben sind. Im vierten Buch Mose klagt das hebräische Volk: „Wir gedenken der Fische, die wir in Egypten umsonst aßen, und der Kürbisse, Pheben, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch." Auch im Talmud wird der Knoblauch häufig genug erwähnt. Bei den G r i e ch e n nahm man den Knoblauch als Zuspeise zu Fischen und bereitete ihn auch als Salat. Be rühmt war nach den alten Schriftstellern der Knoblauch von Samothrake. Die Griechen legten, wie nach ihnen die Römer, besondere Knoblauchgärten von Staats wegen an, da der Knoblauch dem ärmeren Volk, den Sklaven, Schiffern und Soldaten als hauptsächliche Nahrung diente. Freilich galt er deshalb auch nicht als vornehme Speise. Schon Athenäus ver spottet die, welche Rosen in Papyruskränze winden, als ob man „Rosen zu Knoblauchkränzen" verwenden wollte. Der arme Schlucker Wacerra hat bei Martial doch wenigstens einen Knoblauchstrang in seiner dürftigen Speisekammer. Bei dem Mahl eines römischen Parvenüs läßt Horaz eine Schüssel mit Knoblauch auftragen, um den plebejischen Geschmack des Gast gebers zu kennzeichnen, und in der Epistel an Jccius wird die Beschäftigung mit der Abschlachtung des Knoblauchs als eine untergeordnete erwähnt. Aber als Würze fehlte der Knoblauch auch bei den Speisen der vornehmen Herrschaften nicht, und ihre Köche wußten ihn vielfach zur Geltung zu bringen. Unsere Knoblauchswllrste haben ihre Ahnen in den Knoblauchswürsten des ApiciuS. Auch die älteste germanische Speisewürze ist der Knoblauch, und der Name Schnittlauch und Knoblauch kommt bereits im Althochdeutschen vor. Bei den Angelsachsen und Nor mannen wird der Knoblauch als Zuspeise geführt, und der alte normannische Schriftsteller William von Malmesbury er zählt von einem „hohen Prinzen", der das köstliche Gericht „Gans mit Knoblauch" erfunden habe. Das Schweinefleisch wurde in alter Zeit mit Vorliebe mit Knoblauch gegessen, ebenso die Fische, und bei Festlichkeiten wurde eine Knoblauchsauce auf getragen, die man mit Wein oder dem frischen Saft von Trauben und Aepfeln vermischte. Karl der Große nahm den Knoblauch mit unter die Gemüsepflanzen auf, welche er, wie die Römer, in besonderen Gärten zu züchten befahl. Daß er auch seine Soldaten wie die Römer damit gefüttert habe, davon ist nichts bekannt. Die Römer glaubten nämlich, daß der Knoblauch Muth und Tapferkeit bei den Kriegern erwecke. Wohl aber wird schon in ältester Zeit der Knoblauch in den Klöstern als Arzneipflanze gerühmt. Plinin», der namentlich den Knob lauch von Palästina rühmt, sagt: „Der Knoblauch besitzt sehr viel Kraft und ist besonders solchen Personen gesund, welck-e Wasser und Ort verändern." Die Zahnschmerzen sollen nach Plinius behoben werden, wenn man drei in Essig gelegte Knob- lauchskvpfe ißt, oder den Mund mit dem Wasser ausspült, in dem Knoblauch gekocht wurde, oder ein Stück Knoblauch in den hohlen Zahn steckt. Diese Methode des Plombirens ist heut zutage nicht mehr modern, an die Heilkraft des Knoblauchs ist aber noch lange bis in neuere Zeit geglaubt worden. Auch gegen Fiebersnöthe schrieb man ihm einen wunderthätigen Ein fluß zu. Im 14. Jahrhundert war in Frankreich Brod, Knoblauch und Salz die gewöhnliche Nahrung der ärmeren Volksclasscn, und der Knoblauch bildete den Hauptbestandtheil der großen Ge müsegärten. Mit besonderem Eifer cultivirte ihn M. de la Quintinie, der Hofgärtner Ludwig's XIV. In der Provence galt er als Delikatesse und das berühmte Gerücht I» dranlacke war Stockfisch mit — Knoblauch! In einem Artikel in „Black- wards Magazin" wird die Marseiller Küche in überschweng lichster Weise gelobt. „Das Alles", ruft der Enthusiast schließ lich aus, „ist die Wirkung des Knoblauchs, der wie Haschisch auf Dich wirkt." Am anderen Morgen ist dem Knoblauchs- verherrlicher freilich sehr elend gewesen, und resignirt fügt er hinzu: „Das war wieder die Wirkung des Knoblauchs, aber die Eingeborenen trösten Dich, daß Du Dich in 4 oder 5 Jahren an diese herrliche Würze gewöhnt hast." Die großen Knoblauchs märkte in der Provence waren ein Volksfest und wurden als das größte Ereigniß des ganzen Jahres angesehen, etwa wie die Ankunft des Härings hoch oben im Norden. Daß der Knoblauch noch heute der französischen Küche nicht fremd geworden ist, davon konnte ich mich in den „Hallen" über zeugen, wo ich ihn in Mengen neben Artischoken, Cichorien, Kressen, Tomaten und Riesen-Blumenkohls gelagert sah. Auch der italienischen Küche ist er nicht fremd geworden. Im 14. Jahrhundert wurden die gebratenen Gänse mit Vorliebe mit Knoblauch, Aepfeln und Quitten gefüllt. In den deutschen Kochbüchern de« Mittelalters findet der Knoblauch vielseitige Verwendung und die Kochbücher beziehen sich dabei sehr oft auf sogenannte „Kräuterbücher", in denen, wie schon oben erwähnt, dem Knoblauch Heilkraft zugc- sprochen wird. Häufig erwähnen die mittelalterlichen Koch bücher ein Gericht: „««Ise", ein Gemengsel aus sauren Wein beeren, Salbei, Knoblauch und Speck. Der Knoblauch gehörte wie andere Erzeugnisse der Gärtnerei zu den Abgaben an die Klöster. So bezog das Kammeramt des alten Klosters St. Gallen aus 23 Ortschaften je einen „Saum Knoblauch". Merkwürdiger Weise protestiren aber auch die Acrzte im Mittelalter schon mehrfach gegen den Genuß des Knoblauchs. Michael Hero schreibt 1533 auf seinen damals berühmten „Schachtafeln der Gesundheit", daß man selbst Thiere, welche etwa Knoblauch verspeist hätten, an dem betreffenden Tage nicht schlachten solle, da der Genuß solchen Fleisches üble Folgen habe. („Vnd so das Vyech »noblouch gessen hat», soll man es denselben Tag nit abtbun".) Trotzdem blieb der Knoblauch auch in der Zeit, da man mit Rosenwasser würzte und Veilchenmus aß, in Ehren. Im Jahre 1717 schreibt Georg Müller in seinem glcichfalls hoch angesehenen Buche „velioiae stortonse^", auch einem Kräuterbuche, vom Knoblauch: „. . . Wer's gern ißt, läßt die Hammelsschlegel mit spicken, ich aber bedanke mich." Frühzeitig hat der Knoblauchsgenuß auch in Rußland Aufnahme gefunden. Schon zur Zeit Wladimir's des Großen (962—1015) bilden Knoblauch und Kohl die gewöhnliche Speise des gemeinen Mannes, und er wird sogar der Ehre theilhaftig, in altrussische Volkslieder ausgenommen zu werden. Adam Olearius aus Aschersleben, der im Auftrag seines Herrn, de- Herzogs Friedrich von Holstein-Gottorp, 1634 und später mehr mals nach Rußland Reisen unternahm, schreibt von den Russen in seinen Reiseschilderungen: „. . . weil sie so viel Knoblauch genießen, fällt Einem ihre Gegenwart beschwerlich." Und noch heute findet der Knoblauch im Lande der Reußen zahlreiche Liebhaber. Von so allgemeiner Bedeutung wie ehedem ist der Knoblauch heute als Küchenkraut nicht mehr. Aber als würzende Zuthat zu Suppen, Saucen, Gemüsen u. s. w. wird er auch in den Kochbüchern neuesten Datums aufgeführt, und er hat nicht aufgehört, ein Handelsartikel zu sein. Da wäre es denn gar nicht zu verachten, wenn das üppig wuchernde Zwiebelgewächs im Rosenthal und unseren übrigen Auenwaldungen Knoblauch wäre! Aber dem ist, wie gesagt, nicht so. Unser Bärenlauch (Milium ursinurn T ) ist nur ein plebejischer Verwandter deS Knoblauchs, der in allen Wäldern gemein ist und im April und Mai seine schönen weißen Blüthen sterne entfaltet. Wir finden ihn auf fettem Boden in Süd- und Mitteleuropa, durch Russisch-Asien bis nach Südschweden hinauf. In der Schweiz tritt er stellenweise ebenso häufig auf wie bei un«, wo er sich gerade in den schönsten Tagen des Jahres im neuerwachten Walde breit macht und uns den Genuß der frischen, würzigen Waldluft vereitelt. Die duftende Familie Lauch zählt übrigens auch in unserer Flora noch andere geschätzte Familienglieder. Außer den an gebauten Arten, der aus Südeuropa stammenden Porreezwiebel (Milium knrl'urn T), unserer gewöhnlichen Zwiebel (^Uiunr O'op« T), deren eigentliches Vaterland unbekannt ist, der aus Sibirien stammenden Winterzwiebel (Milium fistulosum T.), dem Schnittlauch (^Iliuin 8<?stc»e-noj>ru«um T), den man übrigens schon im Elbthal wild findet, und der aus dem Orient eingewanderten Schalotte (,X1Iiunr nsonloniourrr I,.), finden wir bei uns noch auf seichten Wiesen, früher auch im Rosenthal, den scharfkantigen Lauch (Milium acuitanxulum), den Gemüse lauch (^Uiuni olpraeeum T.) und den schon erwähnten Schlangcnlauch, der sich am liebsten auf Wiesen zwis "^Gebinä, aufhält und bei Meusdorf ziemlich häufig vorkom Der Lauch ist keine von den poetischen Bluu^, die fick, der Gunst der Lyriker erfreuen, und nur in Blumauer's hu moristischen Gedichten spielt hin und wieder der Knoblauch eine bedenkliche Rolle. Aber er ist dafür daS nützlichste Glied in der weitverzweigten Familie unserer Liliaceenl
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