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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.06.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980602011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898060201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898060201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-06
- Tag1898-06-02
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Tabellarischer und Ztffernsatz nach höherem Tarif. — Extra-Beilagen lgefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung .^l 60.—, mit Postbeförderung >l 70.—. Aunahmeschluß für Ilnzeige«: Ab end-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Marge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 273. Donnerstag den 2. Juni 1898. S2. Jahrgang. Die Wohlthaten der deutschen Ärbeiterverficherung. L. 0. Von soeialdrmokratischrr Seite werden fort gesetzt die bisherigen Leistungen der deutschen Arbeiter versicherung als unbedeutend und in keinem Verbältniß zu den Beiträgen der Arbeiter stehend bezeichnet. Obwohl die völlige Hinfälligkeit dieser Behauptungen schon mehrfach nachgewiesen ist, scheint eS zur Verhütung von Legenden bildungen doch rathsam zu sein, da« bezügliche Material zusammenzuflellen und so für Jeden, der seine Augen nicht vor offenkundigen Thatsachen absichtlich verschließen will, ein klares Bild der wirklichen Sachlage zu geben. Zeder, der die nachstehende Uebrrsicht unbefangen prüft, wird darin die umfassenden und segensreichen Wirkungen der Ver sicherungsgesetze zu Gunsten der deutschen Arbeiter und die dafür von den deutschen Unternehmern zu bringenden Opfer zahlenmäßig belegt finden. I. Durch die Versicherungsgesetze soll Abhilfe geschaffen werden gegen die wirthschaflliche Noth, in welche Arbeiter und untere Betriebsbeamte, sowie deren Familien gerathen können: 1) in Krankheitsfällen (Krankenversicherung); 2) bei Verletzungen infolge von Unfällen bei der Be rufsarbeit (Unfallversicherung); 3) bei Siechthum oder anderweit verminderter Arbeits fähigkeit, sowie in hohem Alter (Invalidität«- und Alters versicherung). Zu 1) Die Leistungen der Krankencassen bestehen in Ge währung von a. freier ärztlicher Behandlung und Arzeuei, sowie der sogenannten kleinen, zum Tbeil aber auch weiterer Heilmittel; d. Krankengeld, oder an Stelle dieser Leistungen in freier KrankenhauSbehandlunz nebst Familienunterstützung, außerdem bei den organisirten Krankencassen in Wöchnerinnen- unterstützung; e. Sterbegeld. Die erforderlichen Mittel werden zu r/s von den Arbeit gebern, zu 2/3 von den Arbeitern aufgebracht. Zu 2) Die Leistungen der Unfallversicherung umfassen a. das Heilverfahren vom Beginn der 14. Woche nach Ein tritt des Unfalls, sowie einen Zuschuß zum Krankengelde der Verletzten (Ziffer 1b) von der fünften Woche ab; b. Renten an die Verletzten vom Beginn der 14. Woche nach Eintritt des Unfalls ab, sowie im Falle der Tödtunz vom Todestage ab Renten an die Hinterbliebenen, und zwar bis zu >/» be ziehungsweise s/s pes bisherigen Jahresarbeitsverdienstes des Verunglückten; c. Beerdigungskosten. Die zur Bestreitung dieser Leistungen erforderlichen Mittel Werden ausschließlich von den Arbeitgebern aufgebracht. Zu 3) Die ZnvaliditätS- und Altersversicherung gewährt a. Invalidenrenten von Eintritt der Erwerbsunfähigkeit ab, ohne Rücksicht auf das Lebensalter; b. Altersrenten vom 70. Lebensjahre ab, wenn der Versicherte alsdann noch arbeits fähig ist und nicht bereits Invalidenrente bezieht; c. vor beugende Krankenfürsorge zur Verhütung dauernder Arbeits unfähigkeit; ä) in Todes- und Heirathsfällen Erstattung der vollen vom Versicherten gezahlten Beiträge. Das Reich gewährt für jede Rente einen Zuschuß von jährlich 50 im Uebrigen werden die Kosten von den Arbeitgebern und Arbeitern je zur Hälfte getragen. II. Auf Grund dieser durch die socialpolitischen Arbeiter versicherungsgesetze neu eingeführten Leistungen sind bisher folgende Summen gezahlt bezw. aufgebracht worden: ') Ergebniß. ') Ergebniß. ') Schätzung. Rechnung-- jahr Im Laufe der nebenbezeichneten Jahre sind an Entschädigungen gezahlt infolge an Beiträgen Krankenversicherung Unfallversicherung Invalidität?- und Altersversicherung zusammen durch die Versicherten durch die Arbeitgeber 1 2 3 4 5 6 7 1885/1886 100 441 200 1 935 4M — 102 376 600 78 842 414 50 942806 1887 55 202 IM 5 932 900 —— 61135000 44 855 331 42160 265 1888 61 561 500 9 681 4M — 71 242 900 49 899 413 51 771 406 1889 70975 2M 14 464 3M — 85 439 500 56 201 257 61 248 929 1890 84 040000 20 315 3M — 104 355 3M 60827 063 69 661 731 1891 89 548800 26 426 4M 15 307 IM 131 282 3M 111498885 125 929 142 1892 94 258 4M 32 340 2M 22 456 900 149 055 500 114 020659 133 688 730 1893 101 971 7M 38 163 800 28 153 4M 168 288 900 119 330 645 142 840 347 1894 99588500 44 281 7M 35 010 400 178 880 6M 124 363104 151276 227 1895 104 822 4M 50 1 25 800 42 948 IM 197 896 3M 129 626 167 158 917 459 1896 109 722 800 57 154 400 51653 500 218 530 7M 138 884 867 170168 534 1897 ') 110115 200 ") 64 085 3M -) 59 500 000 233 700 500 ') 145 100 000 -) 179 185 600 982 247 800 364 906 900 255 029 4M 1 702 184 IM 1173 449 805 1337 741 176 Es sind also auf Grund der reichsgesetzlichen Arbeiter versicherung bis Ende 1897 an Beiträgen aufgebracht — lediglich im Interesse der Versicherten und zu deren Gunsten — von den Arbeitgebern (Spalte 7) 1 337 741 176 von den Versicherten (Spalte 6) 1 173 449 805 - zusammen . 2 511 190 981 .^, d. h. mehr als 2V« Milliarden Mark. An Entschä digungen sind an die Versicherten bereits gezahlt (Spalte 5) 1 702 184 100 d. h. mehr als N/io Milliarden Mark. Hieraus folgt, daß die Versicherten bereits (1 702 184 100 — 1 173449 805) ---- 528,7 Millionen Mark mehr er halten haben, als sie selbst einzahlten. Der Jahresbetrag an Entschädigungen betrug 1897 bereits 233,7 Millionen Mark; derselbe steigt noch fortgesetzt, und zwar in den nächsten Jahren voraussichtlich um durchschnittlich rund 15 Millionen Mark jährlich. Die wesentlich zur Be streitung dieser steigenden Mehrleistungen angesammeltcn Reservefonds bezifferten sich Ende 1897 insgesammt bereits aus rund 850 Millionen Mark. Bi« Ende 1900 werden auf Grund der reichsgesetzlichen Arbeiterversicherung rund 2>/, Milliarden Mark an Entschädigungen gezahlt sein. III. Wie viel Noth und Elend ist durch diese Summen gelindert und beseitigt worden! Man vergegenwärtige sich nur die Zahl der Fälle, in denen Entschädigungen gewährt worden sind! ') Schätzung. *) Ergebnisse 1896. Rech- nungs- jahr Im Lause der nebenbezeichneten Jahre sind Entschädigungen f estgesetzt infolge der reichsgesetz lichen Kranken versicherung (Anzahl der ErkrankungS- sälle) Unfallversicherung kür Invalidität-- u. AltrrS- Versicherung durch Bewilligung von Arbeiterversichc- rung überhaupt. Summe aller Fälle Verletzte Hinterbliebene Wittwrn Waisen Asien- denten Renten Beitrags erstattungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1885 86 3 517 483 7 824 1980 4 279 197 — — 3 531 763 1887 1 738 906 13 832 2143 4 723 217 —— — 1 759 821 1888 1 762 520 17 544 2 406 5173 185 — » -- 1 787 828 1889 2 042 082 26189 3 828 6 996 270 ----- — 2 078 865 1890 2 422 350 35 991 3 687 7 348 302 —— —— 2 469 678 1891 2 397 826 44 781 4 064 8 482 291 132 960 — 2 588 404 1892 2 478 237 49 743 3 947 7 660 228 59 347 — 2 599 162 1893 2 794 027 56 393 4 125 8 4M 238 66 434 — 2 929 617 1894 2 492 309 63 258 4 124 7 930 242 80 801 —— 2 648 664 1895 2 703 632 69079 4185 8 366 249 85 839 10 685 2 882 135 1896 2 763 757 79 302 - 4 505 9194 254 90 302 79 930 3 027 244 1897 ') 2 863 3M ')85420 ')4 505 ") 9 194 -)254 98 021 122 368 3183 062 Summe 29 976 429 549 356 42 999 87 745 2 927 613 804 212983 31 486 243 Hiernach sind bisher in 31486243 Fällen Entschädigungen bewilligt worden, so daß für je 20 Personen der Ge sa mmtbevölkerung durchs chnittlichjährlich in einem Falle eine Entschädigung aus der Arbeiterversicherung festgesetzt worden ist. Berücksichtigt man, daß die Leistungen nicht der Gesammtbevölkerung, sondern nur einem Tbeile der selben, nämlich der Arbeiterbevölkerung in engem Sinne, zu Gute kommen, so ergiebt sich, daß jährlich für 10 Personen derselben mit Einschluß der sämmtlichen Familienangehörigen durchschnittlich eine Entschädigung bewilligt worden ist. IV. Neben den auf Grund der ArbeiterversicherungSgesetze gezahlten Entschädigungen werden den Arbeitern noch von vielen staatlichen und privaten Unterstützungs- und Pensions- cassen Entschädigungen gewährt, deren Umfang sich mangels der erforderlichen Daten ziffermäßig nicht feststellen läßt. Wohl aber kann dies für die deutschen Knappschafts rassen geschehen, deren Leistungen in obigen Zahlen gleich falls nicht enthalten sind. Der auS diesen letzteren (Lassen den Arbeitern in den Jahren 1885 bis 1897 gewährte Ent- I schädigungSbetrag kann auf rund 320 Millionen Mark be ziffert werden. Mit Einschluß der Leistungen der KnappschaftScassen sind also seit Bestehen der Abeiter- Versicherungsgesetzgebung (1885) bis Ende 1897 mehr als 2 Milliarden Mark an Entschädigungen an die Arbeiter baar ausgezahlt und unter Hinzurechnung der zur Be streitung der steigenden Mehrleistungen angesammelten Reservefonds rund drei Milliarden Mark aufgewendet worden. Vom Jahre 1900 ab wird der Gesammtbetrag der jährlich zur Auszahlung kommenden Entschädigungen bereits mehr als 300 Millionen Mark, — d. h. für jeden Arbeitstag (300 Tage im Jahre) eine volle Million Mark (!) — betragen und dann noch fortgesetzt weiter steigen! Und diese Leistungen nennt die Socialdemokratie unerheb lich! Und gegen die Gesetze, die solche Wohlthaten für die arbeitenden Elasten ins Leben gerufen haben, haben die socialdemokratischen Abgeordneten gestimmt! Selbstverständlich werden die verbündeten Regierungen cs bei diesen durch die socialpolitischen Gesetze zur Zeit geschaffenen Zuständen nicht bewenden lassen, sondern fortgesetzt bestrebt sein, die Wohlthaten derselben immer weiteren Bevölkerungs- FrrrNlrton» Manila. Bon vr. Karl v. Scherzer. Obschon viele Jahre vorübergerauscht, seitdem wir unseren Fuß auf den Boden von Luzon, der größten und wichtigsten Insel des Philippinen-Archipels, setzten, so haben doch die jüngsten dortigen politischen Ereignisse jenen Zeitpunct so lebhaft in unsere Erinnerung zurückgerufen, daß es uns dünkt, es wäre dies erst gestern gewesen. An einem herrlichen Juni-Nachmittag fuhren wir in einem kleinen Schraubendampfer von Cavite, dem eigentlichen, sieben Seemeilen von der Hauptstadt gelegenen Hafen, nach Manila, der Hauptstadt des Philippinen-Archipels, welcher mehr als 400 Eilande umfaßt, über 16 Breitegrade und 9 Längegrade sich ausdehnt und einen Flächenraum besitzt, welcher ungefähr der Größe des Königreichs Ungarn mit Kroatien und Slawonien entspricht. Doch sind von der ganzen Inselgruppe nur zwei Inseln von größerem Umfange und allgemeinerer Bedeutung, nämlich Luzon oder Manila, von der Größe wie etwa Galizien, Mähren und Schlesien zusammengenommen, und Mindanao, welches an Flächenraum beiläufig Steiermark mit Kärnten und Krain gleichkommt. In Bezug auf Fruchtbarkeit, natürliche Vorzüge und Handelsverkehr ist Luzon eines der herrlichsten Eilande der Trovenwelt. Das Klima gestattet daS Fortkommen aller Ge wächse und Colonialpflanzen der heißen und gemäßigten Zone. An der Küste fällt das Thermometer niemals unter 22 Grad Celsius, noch steigt es über 36 Grad Celsius. Im Gebirgsthale Banjanao, 6000 Fuß über dem Meere und nicht mehr als 36 Seemeilen von der Hauptstadt entfernt, zeigt das hundert- theilige Thermometer häufig nur -s- 7 Grad. Der höchste Thermometerfiand herrscht während der Regenmonate vom Mai bis September*); allein man hat uns wiederholt versichert, daß die Hitze in Manila zwar gleichmäßiger über das ganze Jahr vertheilt ist, jedoch niemals jenen Hohegrad erreicht wie an manchen Sommertagen in Madrid. Die wichtigsten und nützlichsten Pflanzen der tropischen und subtropischen Zone, wie Zucker, Kaffee, Taeao, Baumwolle, Bananen, Mals, Tabak, Reis u. s. w- gedeihen vortrefflich, während die kostbarsten Holzgattungen die Wälder füllen. Allein *) In Manila betrögt da» Minimum der jährlichen Regen fall«» 84, da» Maximum 102 Zoll. die politische Engherzigkeit und wirthschaflliche Kurzsichtigkeit der spanischen Colonialpolitik, die zahlreichen Beschränkungen, welche Handel und Verkehr zu erdulden haben, gestatteten bisher nicht jenen großartigen Aufschwung, welchen diese an Natur schätzen überreiche Inselgruppe unter einer weisen, weitblickenden Regierung genommen haben würde. Die Spanier haben den Archipel im Jahre 1665, vierundvierzig Jahre nach seiner Ent deckung durch Magelhaens und Pigafetta, erobert und unter jocht, fanatische Mönche haben die Eingeborenen vorzugsweise zum Christenthum bekehrt, aber für das wirthschaftliche Gedeihen und Aufblühen des Landes, für die sittliche und geistige Ent wickelung seiner Bewohner ist seit der mehr als dreihundert jährigen Herrschaft der Castilier nur wenig geschehen. Welch einen ganz anderen Gang hätte die Weltgeschichte genommen, wenn von Anfang an statt Spanier und Portugiesen die anglo-sächsische Rasse mit dem Princip der Freiheit, des Fort schrittes und der religiösen Toleranz von jenen Ländern Besitz ergriffen und dieselben bevölkert hätte. Manila, die älteste europäische Niederlassung, liegt an der Mündung des schmalen, aber ziemlich reißenden Pasigflusses, welcher nach einem Laufe von etwa 30 Seemeilen die Gewässer des großen Bay-Sees (Im^nns cks Laz?) dem Meere zufllhrt. Durch einen nicht sehr glücklich angelegten Damm bildet der Pasig gerade an seinem Ausflusse eine Barre, wodurch das Einlaufen mit Booten bei ungünstigem Wetter sehr gefährlich wird. Schiffe können indeß bis auf Iß Seemeilen von der mit einer gewaltig«« Festungsmauer umgebenen Stadt ankern, welche, für eine einheimische Macht uneinnehmbar, gleichwohl gegen eine fremde, die sich ihr von der Seeseite nähert, völlig wehrlos erscheint. Der Pasigfluß scheidet daS eigentliche Manila von der Schwesterstadt Binondo. Zwei stattliche Brücken, eine alter- thümliche steinerne und eine moderne großartige Hängebrücke, verbinden die beiden Städte. Manila, am südlichen oder linken Ufer gelegen, mit FrstungSmauern und Gräben ringsum eingeschlossen, trägt ganz den Charakter einer altspanischen Stadt. Sie besteht aus acht geraden, schmalen, in einer Richtung hinlaufrnden Straßen. Innerhalb derselben befinden sich sämmtliche öffentlichen Gebäude, die Paläste des General- Gouverneur» und de» Erzbischofs, die Municipalität, der oberste Gericht»hof, die Kathedrale, da» Arsenal und die Lasernen. Ernste Stille herrscht in den engen, vielfach mit Gra» über wucherten Straßen, zwischen jenen gewaltigen schwarzen Stein massen, von welchen mindesten» ein Dritttheil Sigenthum der Kirche ist. Nichts giebt Zeugniß von einem frisch pulsirenden Leben und heiteren Fortschritt, und der bunte, schmucke Blumen garten auf dem Platze vor der Kathedrale nimmt sich wie ein einsames, lachendes Genrebild mitten unter düsteren historischen Gemälden aus, welche von einstiger Macht und Größe erzählen! Die am nördlichen oder rechten Flutzufer gelegene Borstadt Binondo ist dagegen die eigentliche Geschäfts- und Handelsstadt. Dort wohnen Europäer, Eingeborene und ihre zahllosen Misch linge, dermalen wohl mehr als 166 000 Seelen, in friedlichster Eintracht unter- und nebeneinander; dort befinden sich auch alle Verkaufsläden und Fabriken, dort wogt eine bunte, fröhliche Menge von frühem Morgen bis spät des Abends geschäftig durch die Straßen. Die Häuser haben der zeitweisen Erdbeben wegen gewöhnlich nur ein Stockwerk mit großen Höfen und einer Art Terrasse auf dem flachen Dache. Das Innere der Wohnungen erscheint durch den Umstand besonders geräumig, daß sich in den einzelnen Bestandtheilen meist nur sehr wenige Einrichtungsstücke, in manchen nur eine Anzahl an die Wände gerückter Stühle befinden. Die auffallendste Erscheinung an den Häusern sind die Fenster, deren Scheiben nicht aus Glas, sondern aus sorgfältig abgeschliffenen Scheiben einer ein heimischen Austernart (Llnounn plnoontu) bestehen. Das matte Licht derselben wirkt äußerst wohlthuend auf die Seh organe, während diese Muscheln weit billiger und dauerhafter sich erweisen als Glastafeln, welche in einem nicht selten von Erdbeben und Stürmen heimgesuchtcn Lande häufig und nur mit großen Kosten wieder ersetzt werden müßten! Unter der aus den buntesten Rassen zusammengesetzten Be völkerung Manilas sind es hauptsächlich die Tagalen, auf deren heimatlichem Boden die Spanier ihre erste Niederlassung gründeten, welche in der Hauptstadt den vorherrschenden Typus bilden. Das Dunkel ihres Ursprunges ist noch immer nicht ganz gelichtet, obschon einige ältere geistliche Schriftsteller auf Borneo und anderen Inseln des Sunda-Archipels Spuren ihrer Abstammung gefunden zu haben glauben. Dieselben wurden in dieser Annahme durch die Thatsache bestärkt, daß sich in der Sprache und den Dialekten der Tagalen eine auffallend große Anzahl malayischer und javanischer Wörter vorfindet. Die meisten der Culturpflanzen, wie Reis, Mais, Indigo, Uams- wurzel u. s. w., sowie alle Hausthiere und viele Metalle, ja, sogar die Zahlen werden, wenngleich corrumpirt, mit malayischen Namen bezeichnet. Dabei ist auf Luzon vielfach die Sage ver breitet, die Spanier hätten bei ihrer ersten Ankunft im Archipel Beamte au» Borneo getroffen, welche für die dortigen Rajahs Steuern und Tribute eingehoben. Die Tagalen sind ein kleiner Menschenschlag von hell gelber Hautfarbe und haben trotz ihrer breiten, flachen Nasen und dicken Lippen keineswegs ein unangenehmes Aeußere. Ihre Hände und Füße sind, wie überhaupt bei der malayischen Rasse, zierlich und klein; ihr Kopfhaar ist struppig, straff, schwarz, der Bartwuchs spärlich. Alle bedecken ihren Körper mehr oder minder mit europäischen Kleidungsstücken, obschon die Art und Weise, in welcher sic sich deren bedienen, höchst eigenthümlicb und befremdend ist. Nicht nur die Volksclafsen und die Diener tragen das Hemd steif gebügelt gleichsam als Rock über dem Beinkleid, auch der tagalische Dandy stolzirt in Lackstiefeln und weißer Hose, den Pariser Seidenhut etwas schief auf den Kopf gedrückt, in einem zierlich in Falten gelegten, blendend weißen Hemde, mit einer Cigarette im Munde und ein elegantes Spazierstöckchen in der Hand, durch die Straßen von Manila. Die Frauen tragen ähnlich den Javanerinnen den Sarong, ein buntfarbiges, gestreiftes Baumwollenzeug, um die Lenden gewickelt und ein eng anschmiegendes, ganz kurzes Jäckchen, so daß zwischen diesem und dem Unterrocke zollbreit der nackte Körper zum Vorschein kommt und der feine, durchsichtige Fasernstoff, aus welchem das Jäckchen verfertigt ist, die Reize mehr zeigt als verhüllt. Den Tagalen zunächst kommen die Chinesen mit ihren Sprößlingen, und auf diese erst folgen die Spanier und deren im Lande geborenen Nachkommen, welche zusammen kaum 6000 Seelen der Gesammtbevölkerung der Hauptstadt ausmachen dürften. Außer den Tagalen giebt es im Archipel noch einen anderen zwergartigen Volksstamm, die Negritos oder Negritos del Monte, welche blos in den Bergen der Inseln Luzon, Negros, Panay, Mindoro und Mindanao Hausen, auf etwa 25 000 Seelen geschätzt werden und auf der niedrigsten Stufe der Menschheit stehen; ohne feste Wohnsitze, ohne bestimmten Erwerb, leben sie blos von Wurzeln, Früchten und Wild, das ihnen der Pfeil, ihre einzige Waffe, liefert. Trotz des Reichthums an den verschiedensten Naturproducten sind es doch nur drei Bodenerzeugnisse, welche aus Manila in größeren Mengen nach den nordamerikanischen und europäischen Märkten ezportirt werden und der Inselgruppe für die handel treibende Welt einige Bedeutung verleihen, nämlich Tabak, Abaca oder Manilahanf und Zucker; alle übrigen Ausfuhrartikel, wie Kaffee, Indigo, Saganholz, Strohgeflechte, Thierhäute u. s. w., sind für den Welthandel nur von geringem Belang. Luzon betheiligt sich mit ungefähr einem Zehntel und Cuba mit einem Zwölftel an der Gesammttabakproduction der Erde, welche annähernd 765000 000 Kilogramm betragen dürfte. Es giebt zwar Länder, welche jährlich bei Weitem größere Quanti täten Tabak erzeugen als Luzon und Cuba, aber keines, wo die Tabakblätter durch die Gunst des Klimas und des Boden? eine so vorzügliche Qualität liefern als auf den beiden genannten Inseln. Ein anderes Hauptproduct des Philippinen-Archipels, welches von hier zuerst den Weg nach den Weltmärkten fand, ist der
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