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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.02.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960220029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896022002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896022002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-02
- Tag1896-02-20
- Monat1896-02
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t n. M 110,-. 140.— 177^ H»r- 95.25 169.10 S17.50 lli i ?' le ISS, - SIS,80 IS»,50 112,70 147.— 322^ 860. 162 40 ISS SO 43 — 159,— 163, ISI,70 167,SO I 2", m 100.20 217,40 t. s 122, - 152, 16-.80 155.50 157.50 119,90 -I »r. 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Extra-Beilage» (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 00.—, mit Postbesörderuug ^l 70.—. ^nnahmetchlnß für Anzeigen: Ab end »Au-gabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Für die Montag.Morgru-Au-gabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expeditisn zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^°S2. Donnerstag den 20. Februar 1896. SV. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. Februar. Seitdem die Socialdemokratie die Erfahrung gemacht hat, daß man auf die Massen mit den hetzerischsten Reben, den wildesten Anschuldigungen wider die Gegner und den unsinnigsten Versprechungen am erfolgreichsten einwirkt, eignen sich auch andere Gruppen mehr und mehr die socialdemo kratische Kampfesmethode an und wirken kräftigst an der Fanatisirung der Massen mit. Daß auch der Bund der Landwirthe diese Methode sich aneignet, könnte deshalb befremden, weil der ländliche Grundbesitz ganz besondere Ursache hätte, der Socialdemokratie nicht vorzuarbeiten. Wenn man aber bedenkt, daß der Bund nach dem Eingeständniß seiner Freunde zur Zeit gar kein anderes Ziel vor Augen hat, als das, „Stimmung" gegen Alle zu erregen, die seinem Willen sich nicht fügen, so begreift man, daß er in der Wahl seiner Mittel nicht wählerisch ist. Um so schlimmer aber für ihn selbst. Zudem er in geradezu revolutionärer Weise die Massen aufzuwüblen sucht, zwingt er nicht nur alle besonnenen bürgerlichen Elemente, sondern auch die verbündeten Negierungen zur energischen Abwehr. Wider Willen beweisen das die Berichte seiner eigenen An hänger über die vorgestrige Generalversammlung des Bundes. So schreibt das radikal christlich-sociale „Volk": 1894 stand man vor der Entscheidung über den russischen Handelsvertrag, 1895 vor der über den Antrag Kauitz. Kampfes- tust blühte die Segel. Diesmal war die parlamentarnche Enljchci. düng über die beiden großen Mittel, den Antrag Kauitz und die Währungsfrage, schon gefallen. So fehlte denn den Reden der eigentliche Inhalt. Riejenverfammlungen sind nicht dazu angethan, bloße Leichenreden anzuhörcn. Es sollte mich nicht wun- dein, wenn die Gegner behaupteten, es sei „leeres Stroh gedroschen worden". Aber freilich, was kommt es auch viel auf den fachlichen Inhalt der Reden an. Solche Versammlungen sind nicht dazu da, den Zuhörern nationalökonomische Vorlesungen zu bieten. Nur politische Kinder können das verlangen. (!) Es handelt sich darum, der Stimmung Ausdruck zu geben. Und die Stimmung war gut. Zwar erklangen nicht die helltönenden Angriffefanfaren von 1894 und 1895. Man hatte eben jetzt kein greifbares, schnell zu erreichendes Ziel vor Angen. Aber um so größer war die Entrüstung über das Vergangene und die Entschlossenheit, mit den Personen, dir daran schuld sind, reinen Tisch zu machen. „Die Leute wissen, was sie wollen", den Eindruck mußte jeder Unbefangene haben. Die Mittel, zum Ziel zu gelangen, sind ihnen vielleicht nicht ganz klar und jedenfalls sehr gleichgiltig. Aber Las Ziel steht ihnen unverrückbar vor Augen: Sicherung ihrer schwer bedrohten materiellen Existenz . . . Je schärfere Worte gegen die Regierung fielen, um so stürmischer wurden die Redner begrüßt. Frhr. v. Loen und der alte Herr v. Tiest-Daber fanden wohl die kräftigsten Worte gegen den Landwirthschasts-Minister, und man merkte, daß gerade sie den deutschen Bauern aus der Seele sprachen, weil sie ihre Gedanken wenigstens halb Wiedergaben. Ganz ließen sie sich in parlamentarischen Formen wohl überhaupt nicht zum Ausdruck bringen. Wer mit „Reden ohne eigentlichen Inhalt", ohne ein greif bares Ziel vor Augen, doch die Entschlossenheit, mit den leitenden Personen „reinen Tisch zu machen", bei Leuten her vorruft, die über die Mittel, zu einem sachlichen Ziele zu gelangen, im Unklaren und denen diese Mittel „sehr gleichgiltig" sind — der treibt revolutionäre Politik. Die Gemein gefährlichkeit des Bundes der Landwirthe, wie er jetzt geleitet wird, hat sich deutlicher als je zuvor gezeigt; die Wahl, der nicht ausgewichen werden kann und darf, ist klarer als je für die Parteien und für die Regierung gestellt: Unterwerfung unter die Herren von Plötz und Genossen oder rückhaltlose und nachdrückliche Bekämpfung derselben. Im preußischen Abgeordnetenhaus« hat der Ab geordnete Johannsen mit Unterstützung der Polen eine Resolution eingebracht, welche die Einführun g des dänischen Sprachunterrichts in den nordschleswigschen Volksschulen verlangt. Diese und ähnliche Forderungen sind vom preußischen Abgeordnetenhause schon häufig abgewiesen worben. Auch in der letzten und der vorletzten Session halte ein auf die dänische Unterrichtssprache bezüglicher Antrag vorgelegen, war aber unerledigt geblieben. Es ist zu wünschen, daß diesmal die Angelegenheit zur Beratbung gelangt, weil das vor einiger Zeit erschienene Buch von Strackerjan „Dänische Umtriebe in deutschem Lande" die dänische Agitation im allgemeinen und insbesondere den Mißbrauch, den sie mit der Volksschule treibt, schärfer, als je vorher geschehen, beleuchtet bat. Wie die Polen, so versichern auch die „Südjüten", daß ihrem Ver langen lediglich ein sittlich-religiöses Bedürfniß zu Grunde liege. Da der Religionsunterricht überwiegend in dänischer Sprache ertheilt werde, so sei, „damit er hinlänglich ver standen werde", dänischer Sprachunterricht nolhwendig. Was es mit dieser Ausführung auf sich Hal, geht aus einer vor drei Jahren im Abgeordnetenhause von der Regierung gegebenen und thaisäcklich unwiderlegt gebliebenen Darlegung hervor. Diese ging dabin, daß jämmtliche Berichte der königlichen Commissarien und Revisoren aus den verschiedensten Berufskreisen dahin übereinstimnilen, „daß die Ergebnisse des Unterrichtes in den nordschleswigschen Schulen ganz überraschende gewesen seien. Der Zustand derselben ist — im Allgemeinen natürlich, bas Lebrgeschick der einzelnen Lebrer ist ja verschieben — ein sebr befriedigender, insbesondere gebrauchen die Kinder auch in den nordschleswigschen Schulen die deutsche Sprache in einer Weise, daß, wie gesagt worden ist, man nicht unterscheiden kann, ob im Elternbaus dänisch oder deutsch gesprochen wird." Die preußische Regierung giebt sich auch keiner Täuschung darüber bin, was mit den dänischen Schulforderungen bezweckt wirb. Zm Zabre 189 l halte der schleswig-holsteinischen Generalsynode eine Reihe von Petitionen vorgelegen, die die ausschließliche An wendung der dänischen Sprache beim Religionsunterricht — nach den bestehenden Vorschriften werden wöchentlich vier Religions stunden in dänischer, zwei in deutscher Sprache ertheilt —, theilweise auch die Einführung des dänischen Sprachunterrichts zum Gegenstände batten. Zu diesen Petitionen erklärte der dazu ermächtigte königliche Commissar, daß der Eultusminister in ihnen „lediglich einen bedauerlichen Erfolg agitatorischer Ver suche sehe, die Sprachensrage auf das kirchliche Gebiet hinüberzuspielen, aus welchem man bei geschickter Verhüllung der rein politischen Tendenzen für deren Förderung auch in solchen Kreisen Unterstützung zu finden hoffe, die bei ihren Erwägungen von ganz anderen Gesichtspunkten aus zugehen pflcgien, als die Wortführer des Dänentbums". Das mit dieser Charakteristik bekundete Verslänbniß für die Ab sichten, die die dänische Agitation mit der Volksschule verfolgt, bat sich inzwischen Dank rem Buche Slrackerjan's verall- gemeinert, und es fragt sich, ob angesichts dieser Publication die Befürworter eines dänischen Sprachenantrags im Ab- georbnetenhause den Muth finden werden, ibn, wie 1893 geschehen, „einfach, bescheiden, naturgerecht und billig" zu nennen. In den Schulen Nordsckleswigs dänischen Sprach unterricht ertheilen zu lassen, hieße die Vorstellung erwecken, daß der Staat eine Agitation billige, die nicht davor zurück schreckt, Schulkinder zu Werkzeugen der dänischen Einschückle- rungs- und Boycottpolitik zu machen. Es sei nur ein Bei spiel zur Kennzeichnung teS südjütischen Treibens ange führt. Der dänische Sprachverein bat sich vermittels einer illustrirten Kinderzeitung, die selbstverständlich auf das Intensivste gegen das Deutschtbum hetzt, mit den Schul kindern dadurch in Rapport gesetzt, daß er für kleine an die Redaction eingesandte Aufsätze über bestimmte Tbemata Prämien aussetzte. In solchen Aufsätzen hatten die Kinder anzugeben, wie viele der Bewobner ihres Orts, Männer, Frauen und — Schulkinder, dänisch und wie viele deutsch gesinnt seien, ob deutsch gepredigt würde und wie oft und dergleichen mehr. Also Spione und Angeber in der Schule, natürlich im Jnteresie der sittlich-religiösen Erziehung! Ein bcmerkenSwertbeS Ilrtheil über die Vorzüge des deutschen svor dem englischen Eon sul at Sw es en bat der frühere englische Handelsminister Mundella abgegeben, der zwar an seinem moralischen Ansehen viel eingebüßt hat, aber in Handelssachen doch noch als Autorität gilt. Er meint, wie er letzter Tage in einem in Sheffield gehaltenen Vortrag äußerte, die britischen Consuln seien durch die Bank feine und höfliche Herren, das deutsche Consulatssystem aber sei vorruziehen. Die Deutschen hätten z. B. in Mailand, dem Mittelpunkte der italienischen Industrie, einen Con- sul, der 16 000 beziehe. England habe nur einen Viceconsul dort, der alles in allem 1000 bekäme. Nicht einmal für Schreibmaterialien erhalte er Vergütung. Der englische Hauptconsul sei in Florenz, das alles Mögliche, nur keine Handelsstadt sei. Man solle Geschäftsleute zu (Konsuln ernennen. Soweit möglich, sollten es Engländer sein und ibr Wirkungskreis in den Mittelvuncken de« Handels liegen. Einen Consul in Florenz zu halten, sei eine der größten Abgeschmacklbeiten. Er, Mundella, werde die Sacke so lange zur Sprache bringen, bis sie geändert sei. Die Deutschen hätten thatsächlick den Handel Italiens in Händen, und das sei haupttächlich so, weil keine Eng länder da wären. Auf einen Engländer, der Handel in Italien treibe, kämen 100 Deutsche. Jeder dortige Deutsche spreche italienisch und berechne seine Preise in der Landesmünze. Das sei der Grund, weshalb die Deutschen den Handel Italiens in Händen hätten, nicht etwa, weil ihre Maaren besser wären. Mundella zweifelt sogar, ob sie billiger sind. „Wollen wir uns dock die Thatsache nicht verhehlen, daß unsere auswärtige Concurrenz stetig wachsen muß. Früher halfen dieser die niedrigeren Löhne, verbunden mit besserer Ausbildung. Die Löhne der Aus länder werden allmählich immer höher und näkern sich den englischen. Aber die technische Ausbildung, die Anwendung der Wissenschaft auf die Industrie ist noch immer der Factor, worin die Ausländer uns in verschiedenen Industriezweigen überlegen sind." Der konservative spanische Premier, CanovaS del Castillo, will im April Neuwahlen machen und die Auslösung der Cortes, welche bekanntlich eine liberale Mehr heit haben, wird daher baldigst erwartet. CanovaS traut sich also nicht vor die liberale Kammer-Majorität hinzu treten, obwohl erst neulich Sagasta ihm die erneute Ver sickerung gegeben hat, die Liberalen würden ibm auch weiterbin alle Geld- und Truppenforderungen für Cuba bewilligen. Das Vorgehen des Cabinets bat in liberalen Kreisen sehr erbittert und dürfte auch auf die Gestaltung der Lage auf Cuba nacktbeilig wirken, da bei Neuwahlen die Autonomisten wenig Chancen haben. Die Dinge stehen ohnehin auf der Antille nicht zum Besten, der energische General Wepler ist bis jetzt nicht glücklicher, als es der mildere Martinez Campos gewesen. Während die Spanier fick aus den unbedeutendsten Zusammenstößen telegraphirte Siege herausschlagen, ist es dem Insurgentenführer Maceo geglückt, sich der spanischen Umklammerung zu entwinden und nach der Provinz Havana durchzubrechen, wo er sich, wie heute nach einem uns aus Madrid zugegangenen Telegramm jetzt auch amtlich zu gegeben wird, mit Maximo Gomez vereinigte. In den Provinzen Matanzas und LaS VillaS stehen 7000 Aufstän dische, welche die vereinigten Banden Maceo'S und Gomez' erwarten. Es wird sich für General Wepler darum han deln, die Vereinigung all dieser feindlichen Streitkräfte zu vereiteln. Vorläufig scheint er nicht viel Aussichten zu haben. Dafür aber hat die Vereinigte-Staaten-Regierung der Madrider Regierung zu verstehen gegeben, daß sie gegen die selbe nichts weniger als wohlwollende, freundschaftliche Ge sinnung im Busen trägt. Offenbar will man mit Spanien um jeden Preis anbinden und man hält für diesen Zweck jeden, auch den kleinsten und bedeutendsten Anlaß für aus reichend. Wie wir meldeten, hat der Gesandte der Ver einigten Staaten in Madrid, Taylor, in sehr kühlem Tone die Madrider Negierung um Aufklärungen über einen Vortrag deS Marineofficiers Concas ersucht, in welchem dieser sich in despectirlicker Weise über die Vereinigten Staaten ausgesprochen haben soll. Nun hat die Untersuchung ergeben, daß in dem Vortrag nichts Beleidigendes enthalten war, aber selbst, wenn in demselben eine etwas scharfe Kritik des Verhaltens der Vereinigten Staaten in der Cuba-Angelrgen- heit vorgekommen sein sollte, so wäre es doch eines Groß- slaateS unwürdig, deswegen diplomatische Vorstellungen zu erheben, zumal da in den Vereinigten Staaten, in Versamm lungen wie in der Presse, in den absprechendsten Urtheilen über Spanien sich Niemand ein Blatt vor den Mund nimmt. Aber man will, wie es scheint, in Wasbington den Conflict, um endlich einen Vorwand für eine Action auf Cuba zu ge winnen. Es wird uns zwar weiter auf dem Drabtwcg aus Madrid gemeldet, der Zwischenfall sei in Folge der von dem Minister des Aenßeren dem amerikanischen Gesandten ab gegebenen Erklärungen vollkommen beigelegt, aber der Vor fall hat doch jeden Zweifel darüber genommen, daß in den Vereinigten Staaten nicht nur die Volksstimmung, sondern auch die Regierung gegen Spanien und event. für Cuba Stellung zu nehmen jederzeit bereit ist. Unmittelbar vor der Ankunst desTranSvaal-,, Stürmers" Iameson in England, wo ibm der „Proceß" gemacht werden soll, schreibt die liberale Wochenschrift „Speaker": „Die sogenannte Gesellschaft steht fast einmüthig auf der Seite der geldgierigen Abenteurer, die Transvaal in derselben Weise aus- zubenten vernichten, wie die Spanier vor 300 Jahren Mittel- und Südamerika ansbeuteten. Ter Straßenpöbel und dir Musikhallen sind wieder einmal einig mit der Gesellschaft. Pie Presse — selbst die liberale, zu ihrer Schande — ist zum großen Tbeile in den Händen Les Herrn Rhodes und seiner Genossen. Gegen diese möchugen Feinde müsse» wir ankämpfen. Die liberale Partei hat eine Pflicht zu erfüllen, der sie sich nicht entziebrn kann, wenn sie nicht ihren alten Grundsätzen und größten Traditionen untreu werden will. Wir können leider die Ehre nicht wiedergewinnrn, die wir in der armenischen Frage »er. loren haben. Aber wir können wenigstens für unseren guten Ruf in der Transvaal-Frage kämpfen, und wenn sie sehen, wie sich das Netz der Chartered Companie täglich weiter ausbreitel und jede Beute von ihr eingefangen wird, so werden wahre Liberale um so entschlossener werde», dafür zu sorgen, daß in dieser Angelegenheit wenigstens der Name Englands vor der Welt rein dastehen soll, wie groß auch immer der Reichldum und Einfluß derjenigen sein mag, die vor Gericht zu bringen sind." Allerdings ist alle Welt gespannt darauf, ob die eng lischen Gerichte unabhängig genug sein werden, um die Schuldigen, und zwar alle Schuldigen, nach Gebühr zu be strafen, oder ob man sie durch die gehörig geweiteten Maschen des Gesetzes hinkurchscklüpfen lassen wird. Osficiell Hal ja das englische Ministerium Iameson deSavouirt, in- ^eirrHetoir. Seine „dumme" kleine Frau. bj Roman von F. Klinck-Lütetsburg. Nachdruck verboten. Frau Gertrud war von dem Gehörten vollkommen über wältigt. Ihre reine Seele konnte nicht die Möglichkeit er fassen, daß man hier von Dingen mit ihr sprach, die allein ihren Ursprung in der unlauteren Quelle gemeiner Klatsch sucht gefunden. So konnte sie, von einem Gefühl grenzen- loser erbarmender Menschenliebe erfaßt, ihre Gedanken der unglücklichen Familie zuwenden, über die ein furchtbares Ver- hängniß sich zu entladen drohte. „Unmöglich!" kam es leise über ihre Lippen. „Aber doch nur zu wahrscheinlich, gnädige Frau", eiferte Fräulein Reitzenstein. „Nehmen Sie einmal an, daß Herr von Greifingen in den jämmerlichsten Vermögensverhältnissen von seiner Pension lebt. Diese wird ja jetzt, nachdem er eine Inspectorstelle angenommen, wohl einen kleinen Zuschuß er fahren. Das ist aber nicht viel. Sein Vater bat ihn voll ständig enterbt, und er trotzdem eine Art von Abfindungs summe abgelebnt, welche der Bruder ihm großmüthig bat gewähren wollen. Denken Sie sich einen solchen Bettel- Hochmuth! Der sieht aber den Greifingens so recht äbnlich. Lieber kaufen sie sich plötzlich eine Villa. Und von was denn eigentlich? Sie müssen zugeben, daß die Sache zum mindesten einen etwas heiklen Anstrich hat." „Nein." Es war ein sehr energisches, harte« „Nein", welches die junge Frau jetzt auf da« Höchste erregt, bervorstieß und wo durch sie eine förmlich verblüffende Wirkung auf Fräulein Reitzenstein auSübte. Sie hatte sich gleichzeitig aittgerichtel und in ihren treuherzigen Augen, mit welchen sie ihren Be such vorwurfsvoll ansab, funkelten Thränen. „Nein, wieberboltc sie noch einmal. Ich finde das durch aus nicht. Wenn Herr von Greisingen da« kleine HauS, das Sie eine Villa zu nennen belieben, gekauft hat, so wird kein vernünftiger Mensch nur die Möglichkeit in Erwägung ziehen, daß sie mit gestohlenem Gelbe bezahlt worden ist." „Aber «ober sollte er da« Geld haben? Greifingen« bezahlen ja nicht einmal Schuhmacher und Schneider", kam «« gedehnt über Fräulein Reitzenstrin'« Lippen. „Das wissen Sie doch nur von Hörensagen, mein liebes Fräulein", sagte Frau Gertrud, die sich allmälig von ihrem gehabten Schrecken zu erholen begann. „Es scheint hier Mode zu sein, einen Mann zu verdächtigen, dessen ganze Erscheinung Bürgschaft für einen außergewöhnlich ehrenhaften Charakter leistet. Ich würde mich keinen Augenblick besinnen, für diesen Mann einzustehen." „Ah, gnädige Frau, kennen Herrn von Greifingen per sönlich?" Es lag etwas Lauerndes in dieser Frage. „Ich hab« ihn nur ein einziges Mal flüchtig gesehen." , „WaS Sie sagen? Darauf kann der Hauptmann sich ja was einbilden." „Wenn beispielsweise", fuhr die kleine Frau sichtbar er regt, ohne den Einwurf zu beachten, fort, „Herr von Grei fingen eine Abfindungssumme, die ibm ein Bruder gewährt, der, wie ich von anderer Seite gehört, wenig brüderlich an ihm gehandelt, ablehnt, so würde das Abweisen eines Gnaden geschenkes, wo er ein Reckt zur Forderung bat, ihm schwerlich als Betielbockmuth ausgelegt werden können. Ich sehe darin nur eine Bestätigung der besten Meinung, die ich von diesem Herrn habe." Und indem sie so sprach, begegneten ihre Augen denen deS Fräuleins mit einem solchen Ausdruck bockmüthiger Ver achtung, daß diese nicht einen Moment mehr über Frau Herrengrund's Beurtheilung ihrer Person in Zweifel bleiben konnte. „Allerdings — ich gestehe, eS muß eben eins zum anderen kommen, um derartige Schlüffe ziehen zu können", stotterte sie beinahe verwirrt. „Ich will auch durchaus Ihrer guten Meinung nicht entgegentreten, welche ein so hübsches Zeugniß für Ihre Herzensgüte ablegt. Möge ein guter Gott sie Ihnen erhalten, ist eS doch daS Schönste, was ein armer Mensch sein eigen nennen, und nur schwer sich bewahren kann." Frau Herrengrund'« eisige Zurückhaltung, welche sie von diesem Augenblick an beobachtete, bewog Fräulein ReiHenstein, sich gleich nachher ganz unvermittelt zu empfehlen. Sie war nickt durch ihre am heutigen Tage unternommene Expedition befriedigt, sondern hatte einen entschiedenen Mißerfolg zu verzeichnen. Die kleine Frau Rechtsanwalt batte sie sich anders gedacht. Sie entsprach nicht den Schilderungen, die man von ibr entworfen, und welche Fräulein Reitzenstrin eS unendlich leickt batte erscheinen lassen, eine neue angenekme und ihr, Pläne fördernde Bekanntschaft anzuknüpfen. Eine Müllerstochter hatte sie sich eigentlich anders vorgestellt. Insbesondere — die kleine Person hatte ihr ganz den Ein druck gemacht als ob — ja was nur eigentlich? War eS denkbar? Fräulein Neitzenstein verfolgte eine flüchtig in ibr er standene Idee mit erfolgreicher Ausdauer. Es unterlag gar keinem Zweifel, daß Frau Herrengrund eine Inklination für den Hauptmann von Greifingen batte, nur das Herz ließ sie eine Sprache führen, welche die Vernunft widerlegen mußte. Gerade sein bestechendes Aeußere wurde von ihr hervorgeboben und Fräulein Neitzenstein erinnerte sich, hochcrrötbend — vor Scham natürlich — daß eS eines TageS, bald nachdem Herr von Grcifingen's Frau gestorben war, einen ähnlichen Ein druck auf sie gemacht. So war ihr Weg dock nickt ein vergeblicher gewesen, sie batte eine in hohem Grade interessante Entdeckung gemacht, die sich sebr wirksam würde verwerthen lasten. DaS war doch einmal wirklich etwas Neues. Diese junge, erst wenige Wochen vermählte Frau, von deren Unwissenheit man alle möglichen Dinge sich erzählt, in einen Mann verliebt, über welchen die Gesellschaft den Stab gebrochen und der beinahe ihr Vater hätte sein können. Frau Gertrud hatte inzwischen dem Mädchen Befehl gegeben, keinen Besuch mehr anrnnehmen. Sie sei nicht wohl. Daß dies nicht eine leere Ausrede war, sah man ihr an. Ihr Gesicht war blaß und sie batte ein Gefühl, als ob sie nur schwer die aufsteigenden Tbränen zurückhalten könne. Sie fühlte sich namenlos unglücklich. Welche schreckliche Ver änderung war in den letzten paar armseligen Stunden mit ihr vorgegangen! Noch am Morgen hatte sie sich vollkommen befriedigt gefühlt. Nicht große Liebe ließ sie den Gatten wählen. Sic batte ihn nur sehr wenig gekannt, als er sich um sie beworben. Sie war auf Ballen, Picknicks u. si w. mit ibm zusammengetroffen, wo sie ihn zum Gegenstand allgemeiner Zuvorkommenheiten erhoben sab. Vom ersten Augerblick an, in welchem er ihren Weg kreuzte, bemühte er fick um ihre Gunst. Das batte ibr geschmeichelt. Vater und Mutter sahen Herrengrund's Bewerbungen gern. Sie waren schlichte Leute, die in gewissen geselligen Kreisen sich nicht besonders wohl fühlten und auch überseben wurden. Dankbar erkannten sie Herrengrund's liebenswürdige Auf merksamkeiten, die cr ihnen erwies. Er opferte manchen Tanz, um den Müller Bodenstein, der obendrein etwa- hart- börig war, ein Stündchen zu unterhalten, und dafür war ibm die Gattin deS alten Herrn nicht weniger dankbar ge wesen, als dieser selbst. Gertrud hatte Wilhelm Herrengrund nur rühmen hören, und als er dann, um ihre Hand sich beworben, gab sie ibm mit Freuden ibr Jawort. Im Laufe ibrer langjährigen Verlobung traten sie sich nur wenig näher, aber sie lernte doch manche gute Eigenschaft an ibm schätzen. Er war ein aufmerksamer Bräutigam und liebte sie innig. Mehr und mebr hatte sie sich zu ibm hingezogen gefühlt und war ihm, von den besten Entschlüssen, ihn vollkommen glücklich zu macken, beseelt, als Gattin gefolgt. Die ersten Wochen ihrer Ebe ließen sie nur in ihren guten Vorsätzen erstarken. Sie hatte sich daS Zusammen leben mit Wflbelm etwas ander« gedacht, aber kleine Ent täuschungen dienten nur dazu, sie auf sich selbst Acht geben zu lasten. In ihrem Kopse spukten unzweifelhaft allerlei Ideen, die sich nicht verwirklichen konnten. Die Mutter batte Neckt gehabt, indem sie die Tochter warnte, Ansprüche an den Gatten zu stellen, welche sie an den Bräutigam er hoben. Sie mußte der Wirklichkeit sich anpassen lernen. Nach dieser Seite bin aber batte es immer bei ihr gefehlt, und so war sie bemüht gewesen, kleine Verdrießlichkeiten sich zur Last zu legen und diese dem Gatten, durch verdoppelten Eifer, seine Wünsche zu erfüllen, abzubitten. Bi« zum heutigen Morgen war es so gewesen, und nun — ? Mit hastigen, unruhigen Schritten durchwanderte sie das hübsch und elegant eingerichtete genieinsame Wohnzimmer. Wiederholt sah sie nach der Ubr. Ihr Gatte würde nicht mehr lange auf sich warten lasten und er sie bei seinem Kommen noch in einem Zustand von Aufregung finden, den sie ihm nickt erklären konnte und auch nicht wollte. Nein — er durfte nicht ahnen, waS in ihr vorgrgangen war. Sie mußte sich zu beherrschen suchen, um ihm freundlich und herzlich wie immer ent^egengehen zu können. WaS war denn eigentlich geschehen? Sie verurtheilte ihren Gatten ohne nur seine Rechtfertigung angehört zu haben, und nahm für einen Mann Partei, von dem sic mancherlei Unerfreuliches gehört und den sie heute zum ersten Male gesehen. Gertrud ging, sich die Augen zu küblen. Sie batte in der Tbat geweint» die Lider waren leicht geröthet, und eS gelang ior auch nicht, die verratberischen Spuren einer trüben Stimmung zu beseitigen. Aber ein energisches Wollen ließ sie endlich wenigsten- äußerlich ruhig erscheinen, obwohl e« ihr unmöglich war, die Banaigkeit »u überwinden, welche ihr Herz beinahe hörbar in der Brust schlagen ließ.
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