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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980613015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898061301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898061301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-06
- Tag1898-06-13
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BezrrgS'Prelr Die Morgen-Au»-ab« erscheint «« V»? Uh^ dir «bmßchlusgabe Wochentag» «» 5 Uh«, Ledaction «t» LtteMttt z»hck««etzsttt< DttErpedttiou ist Äocheütag» uumttrrbrochess grSsfuet vos früh Ü Hit Rbeudtz 4 ühk, Filialen: Vit« »teinat's r«rtl«. («lfeed -Nhi» UntdersttätSsttaße 8 (Päulitium), Lont« Lösche, Katharinenstr. 14, -art. und KSuigSplatz 7!> Moraen-Ausaabe. - --» o L UeMM TagMalt Anzeiger. Anttsvlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes nnd Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis die 6 gespülten? Petitztile 2ti Psg. Reklamen unter dem NedactionSstrich (4ge- spalten) 5>0/>z, vor den Familiennachrichten l6 gespalten) 40/4 Grbtzeie Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis Tabellarischer und Zisscrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefvrderung 60.—, mrt Postbeförderuag 70.—. Ännaksmelchluk für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Aareigen sind stets an die Er-e-iti«tt zu richten. Dtuck und Verlag von E. Polz tn Leipzig. AtadiebUVer aus Sachse«. Erimmitscha«. Nachdruck verboten. H Zu Anfang des kommenden Jahrhunderts kann die Stadt Crimmitschau das 5OOj8hrtae Jubiläum ihteS Be stehens als selbstständiges städtisches Gemeinwesen feiern. Obwohl schon im Jahre 1222 in einer Urkunde eine Stadt gemeinde (oivitas) Crimmitschau (Crimaschowe) erwähnt wird, so verlieh doch erst am 4. Juni 1414 der Markgraf Wilhelm II. (der Reiche) den Bürgern Weichbild und Stadtrath und bewilligte ihnen das Schmöllische Stadtrecht. Im Laufe dieser Zeit hat die Schreibweise des Ortsnamens ..Crimmitschau" manchen Wechsel erfahren, mehr als sechzig verschiedene Schreib weisen lasten sich aus den Urkunden beibringen. So wechsekdoll wie die Schreibweise des Ortsnamens, ebenso wechselvoll waren auch die Geschicke des Ortes selbst. Wiederholt war da» Fort bestehen des städtischen Gemeinwesens in Frage gestellt, doch Dank der Thatkraft seiner Bewohner und der Umsicht der städtischen Vertretung, sowie nicht minder der wohlwollenden Fürsorge der Landesregierung erhob sich aus den Trümmern und dem Verfall immer und immer wieder ein bester ausgebautes städtisches Ge meinwesen mit neuen Industriezweigen und weitetgehenden Handelsbeziehungen. Den Namen Crimmitschau deutet man neuerdings mit „kieseiiger Platz oder Hügel". Vor Zeiten umfaßte der Name Crimmitschau eine ansehnliche Herrschaft, deren Mittelpunkt das Schloß Crimmitschau bildete, zu ihm gehörte ein Städtchen und ein Kloster. In der ersten Hälfte des 15. Jahr hunderts ward aus dem Herrenschlosse ein fürstliches Jagdschloß, das der Volksmund mit dem Namen „Schweinsburg" bezeichnete. Mit dem Namen Crimmitschau aber bezeichnete man das Städtchen, das vor dem dreißigjährigen Kriege sich schon zu hoher Blmhe entfaltet hatte. Die Herrschaft Crimmitschau be stand aus den jetzigen Rittergütern Schweinsburg, Lauterbach, Gabelenz, Ober-Mosel, Schiedel, Bosenhof und Karthause, dem Städtchen Crimmitschau mit dem ehemaligen Kitschergute und verschiedenen Dörfern. Die Herrschaft Crimmitschau gehörte zum Pleißengau und bildet? den südlichsten Theil desselben. Der Pleißengau wird zu meisten Male 974 erwähnt. Burg Crimmitschau war ein fester Stützpunkt der deutschen Ansiedler. Nach dieser Veste oder nach dtm benachbarten Sorbendorfe Crimatschow nannte sich ein unter den deutschen Königen kin- gewandertes Rittergeschlecht, das neben den Burggrafen von Altenburg zu den angesehensten des Pleißengaus gehörte. Dieses eingewanderte Rittergeschlecht errichtete auf dem Crimatschow oder bei Crimatschow eine Wasserburg und nannte sichHerren von Crimatschow. Von dieser Burg ging nicht nur die deutsche Herrschaft und deutsches Wesen aus, sie ward auch der Stützpunkt des immer weiter vordringenden Christenthums und der Hort der deutschen Ansiedler, die sich aus Thüringen, Franken, Bayern, Hessen und Sachsen einstellten. Die unterworfenen Slawen wollten sich so ohne Weiteres nicht der deutschen Herr schaft fügen und nicht ohne Widerstreben bequemten sie sich zur Motttag den Annahme des Christenthums. Zum Schutze des Deutschthums fetzte der Kaiser Friedrich I. kaiserliche Landrichter im Pleißengau ein, deren Amtssitz daS feste Schloß in der Reichsstadt Altenburg war. Unter diesen finden sich auch drei aus dem Geschlechte derer von Crimmitschau, es sind dies Heinrich von Crimmitschau 1217 bis 1223, sein Sohn Günther von Crimmitschau 1223 bis 1244 und Fritz von Schönburg-Crim- mitschau, der uns 1301 zum ersten Male urkundlich als Herr zu Crimmitschau entgegentrttt. Heinrich von Crimmitschau genoß bei seinen Zeitgenossen und dem Kaiser daS höchste An sehen und unbegrenztes Vertrauen. Wiederholt ward er als Zeuge bei wichtigen Verträgen zugezogen. Als im Jahre 1220 Kaiser Friedrich II. seinen Römerzug antrat, bestellte er Heinrich von Crimmitschau zu seinem Vertreter im Pleißenlande. Hein rich hatte gelobt, eine Wallfahrt nach Rom auszuführen, er wollte dies im Gefolge des Kaisers thun, allein der Bischof Engel hard von Naumburg wußte ibn zu bestimmen, daß er zum Vor theile des Lande» zu Hause bliebe, sein Geläbniß aber dadurch erfülle, daß er ein Kloster stifte. So geschah es auch. Heinrich blieb im Pleißnerlande und stiftete das Augustttter- Mönchskloster St. Martin bei Crimmitschau, des nachmaligen Karthause. Das neue Kloster ward von Hein rich mit Einkünften reichlich ausgestattet. Zu diesem gehörten auch die Einkünfte der Kirche des heiligen Lorenz in der Stadt Crimmitschau und die der Kirche des heiligen Martin zwischen der Stadt und dem Schlosse sammt ihren Filialen. Dem Kloster ward erlaubt, so viele Mönche aufzunehmen, als die Mittel gestatteten, zu Anfang waren sechs Klosterbrüder vor handen. Als letzter Nachkomme deS thatkräftigen Geschlechte» derer von Crimmitschau erscheint um 1301 der „Jüngling von Crimmitschau". Es traten nun die von Schönburg die Herrschaft Crimmitschau an. Wahrscheinlich ist, daß durch Ver kauf die Herrschaft an die Schönburger gelangte, durch Ver schwägerung standen sich diese Geschlechter schon sehr nahe. Fritz von Schönburg ward der Begründer der Linie Schönburg-Crimmitschau; er war durch und durch von ritterlicher Gesinnung. Voller Selbstbewuhtsein und stolz auf feine Rechtsfreiheit unterwarf er sich erst nach hartem Kampfe den meißnischen Markgrafen. Nach seiner Unterwerfung wußte er diesen die größte Achtung abzunöthigen, durch sein tapferes Verhalten und sein entschiedenes Auftreten gewann er da» volle Vertrauen der meißnischen Markgrafen, so daß diese ihn bei allen wichtigen Handlungen als Zeuge und Vermittler herbeizogen. Gleiches Vertrauen genoß Fritz von Schönburg- Crimmitschau auch bei seinen Standesgenoffen, denn wiederholt wählten ihn dieselben bei ihren Rcchtsstreitigkeiten mit dem Markgrafen von Meißen mit zum Schiedsrichter. Durch Fritz von Schönburg-Crimmitschau haben die geist lichen Stiftungen im Pleißengrunde sowie in den angrenzenden Landestheilen eine wesentliche Förderung erfahren. Er über wies denselben Erbzinsen, Waldungen, Aecker, Weiden und Wiesen. Der vielbeschäftigte ritterliche Fritz von Schönburg- Crimmitschau trat schon frühzeitig an seinen ältesten Sohn Hermann die Herrschaft Crimmitschau ab. Er starb zwischen 13. Juni 1898. dem 14. September 1350 und dem 24. März 1351. Nach dem Tode des Vaters kam eS zwischen seinett Söhnen Friedrich und Hermann zu einer heftigen, acht Jahre andauernden Fehde, in der ganze Dörfer vernichtet wurden. Endlich beauftragte Kaiser Karl IV. den Markgrafen Friedrich III. von Meißen, den Streit zwischen den Brüdern zu schlichten; Friedrich erhielt Glauchau und Lichtenstein, Hermann aber Crimmitschau und Meerane. Während dieses Bruderkrieges hatte sich schon hier und da in Deutschland die Pest gezeigt; auch Crimmitschau blieb davon nicht verschont. Das große Sterben des Jahres 1350 raffte im St. Martinskloster zu Crimmitschau den Propst sammt allen Chorherren hinweg. Auch die Gemahlin Hermanns von Crim mitschau scheint der Pest erlegen zu sein, dies machte ihn zu Stiftungen geneigt. Zu Ehren seiner verstorbenen Gemahlin stiftete er eine Messe, ein Hospital, daS er dem Heiligen St. Georg weihte, daneben ließ er die Hospital- oder St. Katharinen kirche erbauen. Dieses Hospital ward 1524 in ein Bürgerhaus verlegt, 1769 aber erfolgte ein Neubau, in dem es sich heute noch befindet. Nach Einführung der Reformation errichteten die Fleischer in der Hospital- oder St. Katharinenkirche ihre Fleisch bänke. Das vorerwähnte St. Georgen-Hospital ward durch Hermanns Sohn, Hermann dem Jüngeren, noch reichlicher aus gestattet, waS ihm nicht schwer fiel, da er ein reicher Herr war. Die Linie Schönburg-Crimmitschau starb nach 112jtihrigem Bestehen 1413 aus, damit hörte Crimmitschau auf, eine eigene Herrschaft zu sein, 53 Jahre lang stand es unter landesherrlicher Oberhoheit. Bei der Leipziger Theilung im Jahre 1485 fiel Crimmitschau an die Ernestinische Linie, durch die Wittenberger Kapitulation im Jahre 1547 kam es an die Albertinische Linie, zu der es bis heute gehört. Auf dem Crimmitschauer Schlosse schalteten neue Amtleute, die Landes fürsten nahmen nur dann und wann auf dem Schlosse Wohnung, um der Jagd obzuliegen, das Schloß bekam im Volksmunde den Namen „Schweinsburg", während bis 1765 die officielle Be zeichnung „Amt, Schloß und Stadt Crimmitschau" lautete. Im Jahre 1474 ward zum ersten Male die Herrschaft Crimmitschau einem Privatmann käuflich überlassen, jedoch unter der Bedingung, daß ein Wieder kauf erfolgen könne; der Kaufpreis betrug 7500 rheinische Gulden, 1528 ging sie für immer in Privatbesitz über. Die Besitzer von Crimmitschau waren die Fatnilien Federangel- Schicker von 1474 bis 1495; von Ende 1495 bis 1528; von Weißenbach 1528 bis 1583; von Einsiedel 1583 bis 1605; von Starschedel 1605 bis ca. 1638; von Bose 1638 bis 1721; von Berbisdorf von 1721 bis 1765. In letzterem Jahre kaufte Johann Christoph Seyffarth, Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Schiedel, Kauf- und Handelsherr in Crimmitschau, die Gerichtsbarkeit über die Stadt Crimmitschau. Die dauernde Trennung der Stadt Crimmitschau vom Rittergute erfolgte 1765; die Gerichtsbarkeit erlangte es aber erst 1841 durch Kauf des Rittergutes für den Preis von 8075 Thalern. Das Siegel der Stadt Crimmitschau hat im Laufe der Zeiten wiederholt gewechselt. Im Jahre 1896 wurde von der Direktion des Hauptstaatsarchivs in Dresden auch das Wappen der Stadt Crimmitschau festgestellt. Darnach enthält das 82. Jahrgang. Stadtwappen in rothem Felde ein silbernes, gezinntes Mauer Werk mit zwei silbernen Thürmen; zwischen diesen Thürmen befindet sich der von Roth und Silber dreimal schrägrechts getheilte Schild der Herren von Schönburg. Als Fahnenstreifen hat die Stadt Silber (bezw. Weiß) oben und Roth unten zu führen. Durch den Brand der Stadt im Hussitenkriege 1430 gingen alle älteren Nachrichten über die Stadt verloren. Nach diesem schrecklichen Kriege ward ein Stadtbuch angelegt, in dem sich von 1436 bis 1497 regelmäßige Einträge vorfinden. Im Bruderkriege hatte Crimmitschau abermals schwer zu leiden, das Rathhaus fiel wiederum der Zerstörung anheim (1450); zwei Plünderungen trafen die Einwohner. Die Glocken hatten die Crimmitschauer nach Zwickau in Sicherheit gebracht. Ein Feldlager breitete sich um die Stadt her aus, die Bewohner Crimmitschaus waren auf die im Feldlager liegenden böhmischen Horden durchaus nicht gut zu sprechen. Man glaubte 1451 in Crimmitschau, die Kirchen und den Friedhof von Neuem weihen lassen zu müssen; 1456 schreibt Bürgermeister Nickel Hummel mann an den Bischof von Naumburg, daß die „oortampthen Keczer und Nehmen" alle Urkunden vernichtet hätten. Wie arg die Verwüstung der Stadt war, ersieht man auch daraus, daß 1456 die sechs ältesten Männer der Stadt auf das Rathhaus bestellt werden mußten, um die Rechte und Pflichten des Spittel meisters festzustellen. Im Jahre 1468, am 15. Mai, ward Crimmitschau abermals von einer Feuersbrunst heimgesucht, die von dem ersten Stadt schreiber, Mats Eisentraut, böswillig verursacht ward. Die Reformation fand 1527 in Crimmitschau Ein gang. Der erste evangelische Pfarrer war Simon Burkhardt, sein jährliches Einkommen belief sich auf 64 Gulden 1 Gr. 2 Pfg. an Geld, Zins und Zehnten, Holz und Ackerbau aus genommen. Von diesem Einkommen mußte der Pfarrer noch einen Caplan halten, er that das in der Hoffnung, daß ihm mit der Zeit eine Aufbesserung gewährt werde. Dem Schulmeister konnte nur eine jährliche Einnahme von acht Scheffel Korn sammt dem Garten, drei Klafter Holz sammt Reisig, sechs Groschen jährlich von jedem Knaben oder Schüler. 20 Groschen vom Schustergarten und 20 Groschen vom Kalendengarten als Gehalt zugesprochen werden. Die Hoffnung der Geistlichen auf Aufbesserung erfüllte sich bald infolge der Säkularisation. Am 4. September 1541 erhielt als Zulage der Pfarrer zwei Viertel Feld nebst Wiesen, der Schulmeister ein Viertel Feld nebst anstoßender Wiese und ein Viertel Holz. An dem Aufschwünge, den die deutschen Städte nach der Reformation nahmen, nahm auch Crimmitschau Theil, wenn auch die E n t w i ck e l u n g der Stadt durch die Bevormundung der Lehns- und Gerichtsherren gehemmt ward, was zur Folge hatte, daß zwischen dem Rathe, dem die Polizei und die niedere Gerichtsbarkeit zustand, und der Gerichtsherrschaft, welche die Lehns-, die Ober- und die Erbgerichtsbarkeit ausllbten, oftmals um geringfügiger Sachen willen hemmende Streitigkeiten ent standen. Von dieser Bevormundung und Bedrückung nur einige Beispiele. Die zunächst dem Schlosse Wohnenden waren ver pflichtet, das Schloß zu Zeiten der Gefahr mit Daransetzung Die Poesie der Sommersprossen. Arsthktisch« Skizz« von Paul Pasi, N-cdrr»ck »erboten. „Pfui!" höre ich im Geiste meine liebenswürdigen schönen Leserinnen und auch Dich, gestrenger, kritischer Herr Leser! ausrufen. „Sommersprossen Und poetisch? So wenig wie Tag und Nacht, Sauer und Süß zusammengehöttn, so wenig sich Schön und Häßlich zueinander gesellen, so wenig können jene widerlichen braunen Flecke, die auch da» einnehmendste Antlitz zu entstellen verwögen, etwa» mit der Poesie gemeinsam haben!" Und doch, halt ein! Zunächst behaupten wir ja nicht, daß jene bekanntlich unter dem Einflüsse der Sonnenstrahlen in der Schleimsch-icht der Oberhaut sich bildenden „Märzen-" oder „Laubflecken" als ein Attribut der Schönheit von der Poesie verherrlicht werden. Diese bat vielmehr einzig die Aufgabe, freudverklärend und leiddetsöynend auf de» Erdenpilger» Leben einzuwirken, und wenn sie dies vermag, fürwahr, dann hat sie als guter GeNiuS der Menschheit ihre» heiligen Amte» vortrefflich gewaltet! Wie, wenn sie nun in letzterem Sinn« auch hier ihre Aufgabe erfüllte? Wenn sie den „dupfeten", „gemerlten" oder „gerieselten" Menschenkindern, wie man sie in Tirol nennt, den armen „Getädelten", wie sie in Flanken und iw Elsaß heißen, ein Wort des Trostes spendete über die verpönten Flecken, die al» eine immerhin unangenehme Beigabe unserer schönen Jahreizeit empfunden zu werden pflegen? Hauptsache im ganzen Menschenleben bleibt ja doch immer, auch dessen wenig«, erfreulichen Zugaben »in« licht« Seite ab zugewinnen und den schlimmen Lag auch für gut ru nehmen. Dies» einzige praktische Leben»w«i»h«it lehrt un» auch in Bezug auf die Sommersprossen di« Poesie! Kein Geringerer al» der berühmte Dichter de» „LiebeßfrühlingS", unser Fr. Rückert. ist «» getvesen, der einer mit Sommersprossen bedachten Schönen folgenden köstlichen Trost spendete: „Du zürnst, tn deinem Spieaek zu entdecken, Deß auch auf »ttn«r Wang« FrützlluaSslur Der Tom-ne, schon — wie durst' „sich'» „kecken — In leichten Fleckchen zeichnet sein« Spur. O laß »en Flor der Aach» den Spiral beiten Und sieh hinauf zum leuchtenden Azur! Dort find mehr Stern' al» auf der Wang, Flecken, Und jeder Stern ist «in« Zierde nurl» Ist da» nicht geradezu köstlich gesagt? Wa» die goldenen Sterne am nächtlichen Himmeligewolbe, da» find jene gelb braunen Fleckchen auf einem dunkel leuchtenden Mrnschenantlitz! Freilich ist'» ja — nur ein Dichter, der so etwa» behauptet, und Dichtern ist nie recht zu trauen, denn man weiß nie, woran man mit ihnen ist. DaS zeigt sich wieder so recht deutlich bei erwähnten Rückert. Schon stutzig muß un» folgende» Sonnett au» dem „Liebeifrühking" machen: „Im Sommer draußen, al» durch Busch und Hecken Lus deinen Fußtritt meiner sich «pichte, Beklagt ich deine Schönheit, daß zunichte Daran ein Theilchen ward durch Sommerflecken. Jetzt, wo dich die Erinnerungen wecken Vor meinem Geiste, staun' ich, wie im Lichte, Du dastehlt mit so reinem Angesichte, Daß ich Sttn einz'pes Fleckchen kann entdecken. WaS ist daS? Ist es wohl »er keusche Winter, Der mit dem Schneeglan, deine Flecken sauber Gemacht hat, daß du strahlst als wie die Lilien?« Das klingt nun freilich schon etwas anders. Die „Sommer flecken" erscheinen hier schon als Zerstörer der Schönheit deS Antlitzes — wie wär's, wenn wir demselben Dichter glaubten, der das Geheimniß der räthselhaften „Flecken" mit der Deutung löst: „An der Wange meiner Liebsten Steht ein kleiner Fleck. Amor hat ihn hingestelket, Darum steht er da so keck. Art'gen Schreck um sich verbreitend, Hier im Garten steht der Mohr, Daß er vor Beraubung schirme Amor'S zarten Blumenflor.« . . „Ja", kichern meine schönen Leserinnen, „das läßt sich schon ertragen, ein einzige» Fleckchen — da» vielleicht nicht einmal zur Gattung der „echten" gehört!" Im Grunde aber verleugnet unser Dichter seine wahre Ansicht nicht: Sommersprossen entstellen ein Mädchenantlih, wenigstens im Urtheile der Betroffenen, und so vermag er sich zu dem frevelhaften Wunsche zu versteigen: .Sproßt« doch für jeden Kuß, Den dir geraubt ein Geckchen, Gleich der Sünde aut dem Fuß Dir rin Sommerfleckchen l Weil die Mädchen rittl find Und die Fleckchen Haffen, Würdest du. mein schöne» Kind, Fein da» Küffen lassen» — wobei wir übrigen» dahingestellt sein lassen wollen, ob, wenn jene Straf» in der That eingetreten wäre, sich do» Heer der sommersprossigen Schönen auch wesentlich vermindert hätte. Selbst «ns« Altmeister erwähnt der verpönten Flecken, ein Beweis, wie sehr wir im Rechte waren, wenn wir Eingangs für dieselben die Porst« in Anspruch nahmen. Und zwar ist «» daS unübertroffene Meisterwerk G««1H»'H, sein „Faust", das auf die Sommersprossen Bezug nimmt. Im 2. Theil« desselben hören wir eine reizend« Blondine sich an M«phisto mit den Worten wenden: „Ein Wort, mein Herr! Ihr seht ein klar Gesicht, Jedoch, so ist'S im leid'gen Sommer nicht! Da sproßen hundert bräunlich-rothe Flecken, T4e zum Verdruß di« weiß« Haut »«decken.' Unser Hexenmeister Mephisto ist natürlich sogleich mit «inem jener gepriesenen „unfehlbar«»" Hautmittrlchen zur Hand: „Schade, so ein leuchtend Schätzchen! Im Mai pettischt «i« eure Vantperkätzchen! Nehmt Froschlaich, Krötenzungen, rohodirt, Im vollsten Mondlicht sorglich deftillirt, Und wenn er abnimmt, reinlich aufgestrichen — Der Frühling kommt, die Tupfen find entwichen!» Wie wär'S, wenn die schöne Leserin das Mittel einmal probiren möchte? Nützt's nicht», so schadet's auch nichts! würde es ja auch hier heißen. Immerhin versucht man ja gern Alles, um eine Unzierde, eine Entstellung des Körpers, zu be seitigen. Und eine solche bilden die Sommersprossen schließlich doch. Wer entsinnt sich nicht jenes Mannes, mit dem uns FritzReuterin seiner „Festungstid" bekannt macht? „Ein oller, langer, dröger Mann, sin Gesicht mit Summersprutten bemalt: er sah schön grl un brun ut" — nicht wahr, Ver ehrteste, der reinste Adonis? Und Abraham a Santa Clara, vulxo Ulrich Megerle, Hofprediger in Wien, f 1709, dem man gewiß nicht nachsagen kann, er habe diese Welt der Unvollkommenheiten mit Glacßhandschuhen angegriffen, erzählte einst auf der Kanzel von einer Frau, sie habe „ein übelgestaltes und gar ungeschaffenes Gesicht bekommen, rin Fell, ganz braunauerisch, über und über getüpfelt in dem Angesicht — eine gar vosstrliche Miniaturarbeit", wobei er leider verschweigt, wodurch daS beklagenswerthe Weib dies Mißgeschick verschuldet habe. Und doch ist dies das Erste: man muß die Ursache des Uebels kennen, wenn man an die Heilung desselben denken will. Was meint nun die Dichtung hierüber? Daß es nicht mit rechten Dingen dabei zuging, darüber war man sich ja im All gemeinen klar, und zwar stempelte man gern den scheckigen Kuckuck zum Sündenbock. So glaubt man in Nieder - österreich heute noch, daß derjenige, der dem rufenden Kuckuck nachspottet, unwiderruflich mit Sommersprossen behaftet wird; daher der Name „Gmfttzer", „Guggascheag'n. In Steier mark wieder herrscht der Glaube, daß jene Kinder „Kuckucks flecke" bekämen, die in den Monaten, in denen der Kuckuck schreit — Mai, Juni, Juli — entwöhnt werden. Der Vogel hat eben im Volksglauben die Macht, seine scheckige Farbe unter gewissen Voraussetzungen auf die Menschen zu übertragen. Erst verhältnißmäßig spät dämmerte die Ahnung, daß doch wohl dieSonne nicht ganz unschuldig an den Sommersprossen s«i. Daher die Mahnung, einjährige Kinder, wenn man sie vor „Laubflecken" bewahren will, nicht in die Sonne zu tragen, am allerwenigsten zur Zeit der Gonnenw«nde. Denn nun steht die Sonne im Zenith und entfaltet ihre stärkste Kraft. Er wachsene dagegen sollen sich vor der Märzensonne hüten — daher die Bezeichnung „Märzenflecke". Eigenartig und gewiß nicht ohne Humor wird die Entstehungsursache unserer viel- aeschmähftn Fleckchen von der Dichterin Therese von Ardter angegeben; nach ihr verschuldet sie einfach der Neid: „Er schöpfet auS dem Oieell Zwei Tropfen, wandelt sie mit Gifte Zn einer gelben Aetzuno schnell Und spritzt sie freudig in die Lüft«, Er bat sich nicht zu viel vertraut: Wohin ein Tropfen sich «rgoffen, Da bastet auf der Schwanenhaut Untilgbar nun rin Eommerspreffen!» Untilgbar? höre ich meine schönen Leserinnen ängstlich fragen. Nun, da wir keine medicinische Abhandlung schreiben, bleibt uns nichts weiter übrig, als wiederum den Volksglauben, die Dichtung um Rath zu fragen. Und, Gott sei Dank, diese ist um „ganz unfehlbar" wirkende Heilmittel nicht ver legen. Freilich sind dieselben in ihrer Mehrzahl nicht gerade sehr appetitlich; aber was thut's? Hauptsache ist doch, daß sie sicher wirken! So bedienen sich die Schlesier wie die Steirer und Oberpfälzer des Froschlaiches; auch be streicht man sich wohl in Steiermark mit Waldschnecken. Aber nicht nur Heilmittel aus der Thierwelt kennt der Volksglaube, sondern auch pflanzliche Medicamente. In Südtirol thut's der Saft der „weinenden" Rebe, in Oberbayern und der Oberpfalz der Hauswurzsaft (keinporvivuin), an der Isar wirkt der bräunliche Saft der Welschnuß und ein Aufguß von Blättern des Nachtschattens Wunder, und in Norddeutschland muß der ätzende Saft der Wolfsmilch (Luptiorbia) die lästigen „Sunnenplacken" beseitigen. Allen Heilmitteln aber an Wirkung voran steht der Tau und, wie simpel, das frische Wasser! Kinder sollen vor Allem mit Morgenthau gewaschen werden, und in der Oberpfalz geht der Geplagte noch vor Sonnenaufgang auf die Wiese und wäscht sein Antlitz mit Thau. Maithau, be sonders solcher vom 1. des Monats, gilt als hervorragend heil kräftig, und der an den Aehr en hängende wirkt unfehlbar: dabei bevorzugen die Schwaben den vom Roggen, die Oberpfälzer den vom Weizen. Aber auch Wasser im Al! gemeinen „thut's", namentlich Märzenschneewasser, mit dem befeuchtete Läppchen aufgelegt sehr wirksam sind, und. Osterwasser, vor Sonnenaufgang schweigend geschöpft und nach Hause getragen. Oft kommt es darauf an, w i e das Wasser geschöpft wird: gegen den Strom oder, wie in Süd deutsch land, umgekehrt! Hier muß man auch darauf achten, daß während des Frühläutens geschöpft wird, während der Norddeutsche den Wind dabri nicht missen mag. In Tirol hält man viel darauf, daß da» Waschen im Mondschein geschieht, und im bayerischen Walde schleichen die braun fleckigen Dirnen beim ersten Glockentone des Charsonnabends zum Bache und waschen ihr Antlitz, das nun ganz sicher seine ursprüngliche Schönheit und noch etwas mehr wieder erhält. Bester freilich ist's, wenn man für Vorbeugungsmittel sorgt. So legt man z. B. in Norwegen das Kind am Tauftag« in die Sonn«; dann bekommt es niemals Sommer sprossen, und auch daS Osterwasser besitzt, wie ehedem der Quell Arethusa, eine prophylaktische Kraft . . . WaS nun, verrhrteste schöne Leserin? An Mitteln, jene häßlichen „Farbstoffablagerungen im sog. Malpighischen Schleimnetz", wie der gelehrte Mediciner die Sommersprossen nennt, zu beseitigen, ist, scheint's, kein Mangel. Das Beste an ihnen ist freilich, daß sie der — D i ch t u n g angehören. Daher möchten wir allen Geplagten rathen, auch in der Dichtung den besten Trost zu suchen, der uns lehrt, daß „gar bald der keusche Winter Mit dem Echneeglanz unsere Flecken sauber Macht, auf daß wir strahl« »i« di« SMenl«
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