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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960226027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896022602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896022602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-02
- Tag1896-02-26
- Monat1896-02
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o. L ,50 L. 5. 6 6. 6 ,50 e. ,so d- — o. — 6 — L 75 8. — ll. 6. ZMcli. 110,- 138.50 »76,— 155,75 85,75 166.50 219,20 161,50 218,60 158,50 112.30 147,00 322 846,- 161,80 162,50 43.20 162,30 167 SO 156.20 166,50 10^40 218,60 »54,70 »ss^so 160,80 120,70 MI« — 62,75, 320,-, 6.56-.. »47,— 256,25 60,30 sso.— 86,76 »63,25 86,20 56,— 120,70 47.80 6,57 56,— »S8^ »14,50 278,— »r» r«r. 604,30 63,78 470,— 1^3-'^ Exsiu tis, vor» lilwweL 155 586 580 848 706 ir 5^ 80 142,80 43,20 53,40 88.75 76,— 168.50 216.70 214.70 216,60 103,60 68,40 84.25 68 SO 130,75 128,80 88.60 »15,70 87.25 83,SO 166.50 105.50 105,50 121,80 160,75 121,80 88.80 50.80 »06,75 204.75 182.75 126,50 11850 181,— 122,80 286.75 108.-- 218,35 53,40 I«ir«u X, p«r ^,SÖ -4, 158. - 166.10 154.75 148.60 106.75 80.80 67.80 217.75 »iS.25 103.60 65, »tu. io lwpk«r: vsrvtn -k <Ä,3> «ric«» l/S 4rr i» ro»ti»" 4wpk«r t" vov - »40k Bez«g--Pret- i» d« Hauptexpeditton oder den tm Stadt bezirk mid de« Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich>44.^0, bei zweimaliger täglicher Zustellung iu« Haus .M Ü.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertehährtich 6.—. Direkte tägliche ttceuzbandiendung ins Ausland: monatlich >4 7.öO. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. dir Abend-AuSgabe Wochentags um S Uhr. Nedactio» und Expedition: Lohminesgasse 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochea gevffnct von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Filialen: ttto Klemm'- Tortiui. (Alfred Hahn), Universllätsskraße 1, Lonis Lösche, Katharinenstr. 14, part. und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. KiWM TagMM Anzeiger. Ämtsölatt des ÄönigNchen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Zmles der Stadt Leipzig. Mittwoch den 26. Februar 1896. Anzntgnn,Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclainen unter demNedactionsstrich ^ge spalten) 50^, vor de» Familirnnachrichten (ttgespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis Tabellarischer und Mernlatz »ach höherem Taris. Extra-Beilage» (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderunz X 60.—, mit Postbesörderung 70.—. ^nnahmeschlvß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Für die Montag-Morgen-Autgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 80. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 26. Februar. Tie SocialSemokratie stellt sich schirmend vor den sächsischen Königsthron, schreibt heute aus bekanntem Anlaß die „Nat.-Lib. Corr.", indem sie auSsührt: „Das ist keine Habel, sondern Wirklichkeit, und es ist auch kein phantastischer Einfall, sondern woblbegründeteS Beginnen. Denn der sächsische Thron ist wirklich gefährdet, die blöde Menge bat es bisher nur nicht gemerkt. Man hat Wohl gewußt, daß em Theil der sächsischen Nationalliberalen mit den Eonservativen und der Regierung das Landtagswahlrccht ändern will, und hat sich auch darüber allerhand Gedanken gemacht, freundliche und weniger freundliche, je nachdem, aber Jeder hat gemeint, daß eS auf die Socialdemokratie gemünzt sei. Das war aber ein großer Jrrthum, und er wäre fürchterlich für daS sächsische Königshaus geworden, wenn ihn der „Vorwärts" nicht noch rechtzeitig aufgeklärt hätte. Denn gegen die Wettiner ist der Anschlag der sächsischen Nationalliberalen gerichtet, das Zielen auf die Socialdemokratie ist nur eine Kriegslist. Und Folgendes ist im Einzelnen ihr vom „Vorwärts" enthüllter höllischer Plan. Die Nationalliberalen haben im Grnnde nie etwas Anderes gewollt, als Sachsen an Preußen ver- rathen. Bisher hat sie die Furcht vor der Socialdemokratie vor dem Frevel zurückschrecken lassen. Von dieser Furcht befreit sie „ihr" neues Wahlrecht. Gleichzeitig werden sie aber die Eonservativen los, denen der Gedanke deSDreiclassenwahlsystems offenbar von den Nationalliberalen suggerirt worden ist, denn Las vvrgeschlagene Wahlgesetz unterdrückt „das conser- vative Agrarierthum und seine Afsiliirten in der Beamten welt", es macht die Nationalliberalen zu „Herren der Zweiten Kammer". Die Eonservativen, die das natürlich nicht gut willig geschehen lassen, bekämpfen den Nationalliberalismus bei den Landtagswahlen. Folge: Feindseligkeit der beiden Parteien, die ihr Zusammengehen bei den Reichstagswahlen verhindert. Folge der Folge: Die Socialdemokratie siezt auf der ganzen Linie, sie wird „zum Herrn Les Landes". Und nun ist, wie der Sehermund des „Vorwärts" verkündet, der Augenblick für die schwarze Thal der sächsischen Nationalliberalen gekommen: „Beherrscht künftig der Nationalliberalismus auf Grund deS Dreiclassen Wahl systems die Kammer, was gar nicht bezweifelt werden kann, und erachtet er die sächsische Regierung für unfähig, der Socialdemokratie Herr zu werden, was ebenfalls nicht zu bezweifeln ist, so werden", hier erbebt der getreue Eckart des sächsischen Königshauses seine Stimme zum — durch Sperrdruck markirten — Posannenton, „so werden bei den Nationalliberalen die a lt en Annexionsgelüste erwachen. Zum Theil dieselben Gründe, die herbeigesührt haben, daß der Particularismus in Sachsen zurückgedrängt wurde, werden jetzt den UnitariSmus aufleben lassen und den Untergang des Hauses Wettin beschleunigen. Bekommt der sächsische Nationalliberalismus erst wieder seine natürlichen Gelüste, so wird er bei den preußischen Nationalliberalen und weit über diese hinaus bei den preußi schen Liberalen aller Sckattirungen und auch der Conserva- tiven ein Echo finden. Man weiß doch wohl in Dresden genau, wie wenig Freunde man in Berlin und in Preußen hat." So ist sie denn erfüllt, die ruchlose Verschwörung, und das Haus Wettin gewarnt. Gewarnt, „denn", so fäbrt der „Vorwärts" fort, „denn die sächsische Socialdemokratie bat alsdann — d. h., wenn das geänderte Wahlgesetz die national liberalen Verrätbcr gereift hat — auch keinen Grund, einem solchen Bestreben der Nationalliberalen entgegenzutreten." Diese bedingte Absage an die Wettiner verträgt sich freilich nicht ganz mit der GefolgSlreue. Aber wir nehmen sie nicht ernst und sind vielmehr gewiß, wenn die Empörung ihr Haupt erhebt, werden die Schönlank, die Goldstein und vor Allen der im feindlichen Lande seinem an gestammten Könige treu gebliebene Bebel das grünweiße Band an der rolhen Fahne befestigen und sie den um sie geschaarten socialdemokratischen Royalisten im Kampfe gegen den nationalliberalen Convent vorantrazen lasten. Schon hören wir auf dem blutgetränkten Felde des sächsischen Saumur Liebknecht-Larochejacquelein, heldenhaft wie sein Vorbild, aber glücklicher als er, Len niedergeworfenen Auf rührern und ihren Spießgesellen aus Preußen bas „Vivo Is roi^ entgegendonnern, und es bleibt uns bereits jetzt nichts weiter übrig, als ihn für diejenigen sächsischen National liberalen um Pardon zu bitten, die das hochverräterische neue Wahlgesetz nicht gewollt hatten!" Die conservative Partei veröffentlicht, wie schon mitgetheilt, die Protokolle über die beiden Sitzungen ihres Etfer-Aus- schustes, in denen über das Verbältniß der Partei zu Herrn Stöcker verhandelt worden ist. WaS sie Neues bringen, ist, wie ebenfalls schon erwähnt, nicht sehr erheblich, aber doch charakteristisch, zum Theil für den Hofprebiger, zum Theil für die Beurtheitung seiner Wirksamkeit seitens seiner juristischen Freunde. Diese Letzteren haben, so erklärte Stöcker wenigstens, ihm geralhen, von einer Klage gegen den „Kladderadatsch" Abstand zu nehmen. Nun war ein Aufsehen erregendes Gedicht des Witzblattes ohne jeden Zweifel an sich beleidigend. Wenn dessen un geachtet Juristen Herrn Stöcker einen Dienst zu erweisen glaubten, indem sie von der Klage abriethen, so müssen sie von der Ansicht ausgegangen sein, daß das Ergebniß der Gerichtsverhandlung dem Kläger an seinem Ansehen mehr geschadet, als ihm die Verurtheilung des Beleidigers genützt bätte. Für Stöcker wiederum bezeichnend ist es, baß er sich erbot, eine doppelte Erklärung abzugeben. Eine abwinkende, zur Veröffentlichung für den großen Hausen bestimmt, und eine geheim zu haltende. Man ging nicht darauf ein. BemerkenSwerlh ist weiter, daß die Versuche, Stöcker zu der gewünschten Erklärung zu bewegen oder ihn wenigstens m der Parteifestzuhalten, sehr ernst gemeint und eindringlich waren. Der „Reichsbote" findet darum durch die Protokolle die Richtigkeit jener Darstellung bestätigt, wonach es sich im Elfer-Ausschuß lediglich um die Frage der reinlichen Scheidung vom „Volke" gehandelt habe. Im Uebrigen billigt das ent schieden socialpolitisch gerichtete Blatt das Verhallen des Ausschusses vollkommen,namentlich dieAblehnungderErklärung mit doppeltem Boden, die, wie es meint, „Stöcker in das ungünstige Licht der Zweideutigkeit gestellt (!) haben würde"; das wäre für ihn schlimmer gewesen, als eine einfache, etwas weitgehende Erklärung, die von der von ihm zur Ver öffentlichung angebotenen eigentlich nicht mehr erheblich ab- wich. Ganz anders natürlich das „Volk". ES zweifelt — natürlich oft mit einem unzweideutigen Wort — die Richtig keit des Protokolles an und legt dabei das Hauptgewicht auf die Nichterwähnung der „drei socialpolitischen Anträge Stöcker'S", von denen wir, übrigens ohne uns damit durch besondere Menscbenkenntniß ausgezeichnet zu haben, gleich nach ihrer Veröffentlichung erkannt hatten, daß sie von Stöcker eingebrachl seien, um Hinterherden Elfer-Ausschuß ins Unrecht zu setzen. Daß Stöcker selbst erklärt hatte, er lege auf die Beralhung des Antrags kein Gewicht, davon ist im „Volk" beute selbstverständlich nichts mehr zu lesen. Die sonstigen Bemängelungen sind noch nebensächlicher; aber daS Ganze ist — bis auf die Unterscheidungszeichen — so meisterlich in der Stöcker'schen Kunst der wirkiamen halben Andeutung ge arbeitet, daß nicht zu bezweifeln, steht, daß diejenigen, die über die Wahrheitsliebe des Gottesmannes anders denken, als der „Kladderadatsch" und der conservative Professor Brecher, das Protokoll für eine Fälschung deS Thalbeslandes ansehen werden. Die Ausweisung der amerikanischen LebenS- VersicberungS-Gesellschasten hat bekanntlich in den Vereinigten Staaten zu scharfen Repressions-Maßregeln gegen die preußischen Feuerversicherungs-Gesellschaften geführt, welche dadurch schwer geschädigt sind. Mil besonderer Befriedigung verfolgt die englische Presse diesen Conflict, denn es bietet sich hier die günstige Gelegenheit, die deutsche Concurrenz auf einem der großartigsten Geschäflsgebiete lahmzulegen, aus welchem im vorigen Jahre die englischen Feuer-VersicherungS-Gesell- schasten eine Prämien-Einnahme von fast 150 Millionen Mark erzielt haben. Die Amerikaner suchen aber ihrerseits eifrig noch nach anderen Gelegenheiten, den empfangenen Hieb Deutschland wieder zurückzugeben und engliscbe Blätter bringen mit schadenfroher Geuugthuung folgende Notiz: ,xDas amerikanisckie Volk schwingt die Kricgsaxt gegen den deutschen Handel. Der Versicherungs-Conflict hat Unterjuchungen veranlaßt, wo etwa in dem Panzer des „Volkes von Berlin" ver- wundbare Stellen sein möchten. Nach einem Bericht aus Washington vom 26. v. Mts. wird im Senat die Aushebung des Gesetzes über die Reciprocität bei den Schiffsgebühren beantragt." Nach diesem Gesetz wurden den Schiffen fremder Nationen die betreffenden Abgaben erlassen, wenn diese Nationen den amerikanischen Schiffen die gleiche Vergünstigung gewährten. Hiervon hat Deutschland seit dem etwa achtjährigen Bestehen des Gesetzes Gebrauch gemacht und die deutschen Dampfergesellschaflen haben in Folge dessen jährlich circa 60 000 Dollar an Schiffsabgaben gespart. Da aber amerikanische Schiffe nur selten nach Deutschland kommen, so haben die Amerikaner bei dieser Reciprocität ein schlechtes Geschäft gemacht, nämlich jährlich nur circa 300 Dollar gespart gegen die 60 000 Dollar- auf deutscher Seile. Mau will nun also dieses ReciprocitätS-Berhältniß wieder aufheben und die dann jährlich deu deutschen Dampfer linien abzunehmenven 60 000 Dollar zur Erhaltung von Marine-Hospitälern verwenden. Wenn wir dieser Tage sagten, die Agonie des franzö sische» Cabinets Bourgeois habe begonnen, so findet diese Annahme heute eine dem Ministerium höchst unerwartet gekommene Bestätigung. Gestern hatten nämlich die Abteilungen der Deputirtenkammer die Mitglieder des Budgetausschusses zu wählen und das Ergebniß war, baß die Mehrheit der Gewählten aus Gegnern des radikalen Einkommensteuer-Entwurfes und da mit der Regierung bestand. Von den 33 Mitgliedern der Com mission sind 29 absolute Gegner jeder Einkommensteuer, die übrigen 4 sind im Princip für eine Einkommensteuer, machen jedoch ausdrückliche Vorbehalte bezüglich des vom Minister Doumer ausgearbeiteten Gesetzentwurfs. Die Wahl der Com mission bedeutet einen starken Vorstoß gegen die Regierung. Die Berathung in den Abtheilungen und die Mitglieder wahlen drehten sich ausschließlich nm die Frage der Ein kommensteuer, für die bereits die Mehrheit der Deputirlen- kammer gewonnen schien. Zieht man den letzteren Um stand in Betracht, so kann man nur annehmen, daß die schwere Niederlage, welche die Regierung in der Budgetcommission unleugbar erlitten hat, wenigstens zum Theil auf die am Sonntag in Chälons-sur-Marne von dem Handelsministcr Mesureure gehaltene Rede zurück zuführen ist, über welche bei der gestrigen Wahlbesprechung eine starke Verstimmung zum Ausdruck, kam. Der „vorsichtige, praktische Socialiömns", deu Herr Messureur zu treiben ent schlossen ist, scheint also nicht nach dem Geschmack der Mehr heit der Deputirtenkammer zu sein, die andere Folgen eines solchen Vorgehens heraus rechnet, als sich aus der „Social wisseuschaft" des HanLelsministerS ergeben. Es fragt sich also noch )ehr, ob dem radical-socialistifchen Cabinet Bourgeois Gelegenheit gegeben sein wird, zu zeigen, „daß die fortschritt lichen und socialiftischen Republikaner das Recht haben, zu regieren". Die inzwischen wieder behobene zeitweise Sperre des LuezcanalverkchrS, die durch Las Auslaufen des deutschen Postdampsers „Kanzler" verursacht wurde, hat der Werth schätzung des Canals als marinestrategischer Verbindungs straße zwischen Großbritannien und Indien in der öffent lichen Meinung Englands erheblichen Abbruch zerhau. Der Wiederholung solcher Verkehrshemmnisse in Friedens zeiten läßt sich durch verstärkte Baggerungen vorbeugen; in Krieaszeiten aber bedarf eS einer auf die Dauer kaum durchzuführenden Ueberwachung jede- den Canal passirenden nicht-englischen Fahrzeugs, um zu verhindern, daß nicht etwa ein Schiff absichtlich auf den Grund gesetzt und dann mittels Dynamits gesprengt werde. Die in einen, solchen Fall eintretende Verkehrsunterbrechung könnte nacb Schätzung eines Londoner Blattes leicht drei Wochen und länger dauern, Zeit genug, wie es meint, um Indien zu verlieren. Das einfachste Mittel, den Suezcanal in Kriegs reiten gegen Attentate vorgedachter Art zu sichern, wäre seine hermetische Absperrung gegen die Benutzung durch andere Schiffe als Fahrzeuge der englischen Kriegsmarine, und da dies vielleicht sich nicht so ohne Weitere- dürfte bewerkstelligen lassen, so bat auf einmal der in den letzten Jahrzehnten etwas in Mißkredit gerathene Verkehrsweg um das Cap der guten Hoffnung wieder ganz bedeutend an Ansehen bei den Engländern gewonnen. In Egypten kränkt man sich darüber nicht, um so größeren Werth aber werden die Engländer auf ihren südafrikanischen Besitz legen. Deutsches Reich. Q. Berlin, 25. Februar. Von den Adressaten abgesehen, wird allgemein Genugthuung empfunden werden über die Zurückweisung, die der StaatSsecretair v. Boetticher in Vertretung des Reichskanzler- den „Aeltesten der Kauf mannschaft von Berlin" dafür bat angedeihen lassen, daß sie in einem Schreiben an den höchsten Reichsbeamten als Grundton der BörsengesetzeSvorlage ein Mißtrauen gegen die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des deutschen Handelsstandes bezeichnet hatten. Es war eine Usurpation der „Aeltesten", im Namen deS Handelsstandes zu sprechen; denn in der Berliner Versammlung vom 2. d. Mts., deren Verhandlungsbericht sie dem Reichskanzler überreichten, war nur eine Minderheit der deutschen Handelskammern und nicht einmal alle Börsenplätze vertreten. Der „Reichs anzeiger" spricht darum sehr correct von einer „Kundgebung von Angehörigen deS Handelsstandes". Damit nicht genug, haben auch die auf der Berliner Versammlung vertretenen Seine „dumme" kleine Frau. 101 Roman von F. Klinck-LütetSburg. Nachdruck verboten. Auch diese Mittheilung schien den Amtmann nicht weiter ru berühren. Noch immer hatte ein spöttischer Ausdruck in seinem Gesicht das Ucbergewicht. „Nun — und'?" fragte er, al- der Rechtsanwalt trium- phirend auf ihn blickte. „Scheiber wird's bezeugen. Ich habe Len Schein sofort in Verwahrung genommen." „Damit haben Sie doch nichts. Kann er nicht anderes Geld dafür in die Casse gelegt haben'?" „DaS glaubt ihm der Richter nicht, darauf können Sie sich verlassen, Amtmann. Ich versichere Sie, diese eine Sache neben einer Anzahl Denunciationen wird ihn zu Falle bringen. Der Polizeicommissar hat das erste Protocvll mit dem Hauptmann auszunebmen. Der wird 'n schon hineinlegen, ohne daß er'- selber weiß. Der Th. ist ein ganz geriebener Hund, sage ich Ihnen." ,^DaS weiß ich von alleine." „Nun, und dann kriegt'- der Amtsrichter Börner in Händen, der nachgerade ein Interesse daran hat, ihm eins auSzuwischen. Der hat den Bericht." „Die Geschichte kann doch nicht wieder beim Schöffen gericht anhängig gemacht werden." „Nein, die geht an die Strafkammer, das macht nun aber auch nichts aus. Börtier hat den Bericht zu machen, und was er noch nicht weiß, wird ihm Nagel beibringen, der nun einmal den Korb Nicht verwindet." Tank trat eine Pause ein, die Rechtsanwalt Leineweber damit auSfüllte, den Amtmann von Greifingen auf daS Schärfste Zu beobachten. Es war aber auch jetzt nicht- Un gewöhnliches in dem Gesichtsausdruck desselben wahrzunrhmen. Nach einigen Minuten sagte er in ruhigem gleichmüthigen Ton«: „Ja, auf die Art würde er natürlich am Besten mund- todt gemacht. WennS nur glückt! Der hat eine eigene Art mit den Leuten fertig zu werden. Verfluchte Wirthschaft! Man kommt so nicht mehr aus der Unruhe und dem Aerger herau». Auch die Hilligenfeld macht mir Sorge." Der Rechtsanwalt, welcher von seinem Besuch sich ab gewendet hatte und eine Feber spielend auf dem Finger wog, ließ dieselbe fallen und warf einen raschen Blick auf den Amtmann. „Die Hilligenfeld? Was ist mit der?" „Sie will oaS Geld nicht nehmen, was der Alte ihr ver macht hat. Sie war gestern bei mir, um mir zweihundert Mark als Abschlagszahlung auf die ihr vorgestreckte Summe zurückzugeben und mir zu sagen, daß sie nichts mit dem Legat zu thun haben wolle. Daß Geld werde ihr wie höllisches Feuer an den Fingern brennen und ihren Kindern zum Fluche werden und was sie noch weiter herschnurrte, als ob sie's auswendig gelernt hätte. „Teufel, noch einmal!" stieß der Rechtsanwalt sichtlich erschrocken hervor. „Die kann unS zu schaffen machen." „DaS dachte ich auch und darum bin ich hier. Sie bat sich'S in den Kopf gesetzt, daß der Himmel sie dafür strafen würde, daß sie Ihnen nichts von dem Geisteszustand des Alten gesagt hat. Ich habe sie einstweilen nur damit beschwichtigen können, daß ich ihr sagte, sie werde ins Gefängniß kommen, sobald das Gericht in Erfahrung brächte, daß sie, um sich einen Vortheil zu verschaffen, einen öffentlichen Beamten belogen und dadurch zu einer Testamentsfälschung beigetragen hätte. Vorläufig bat ja das gewirkt, aber lange hält's bei der nicht vor Die Hilligenfeld kenne ich von Haus auS. Wenn die ihren Koller kriegt, nachher ist nichts mehr zu machen. Das grübelt sie nun so eine Weile hin bis sie sich'- überlegt hat, daß sie s lieber abbrummen als die Sündenlast mit sich herumlragtn will. Tann geht sie eine- Tages aufs Gericht." „Zum Henker auch, und dabei sind Sie so gleichmüthig", fuhr Leineweber auf, und eine hektische Röthe brannte auf seinen schmalen Wangen. „Ja — waß soll ich denn thun? Da bleibt gar nichts übrig, als die schleunigst zu Grunde zu richten. DaS kann doch nicht schwer fallen. Die steht ja lange auf der Kippe." „Das ist ganz gut, aber wie denn? Wenn die nicht so halb übergeschnappt wäre, würde ihr gar nicht beizukommen sein. Die geschäftlichen Schwierigkeiten sind nicht so schlimm wie wir uns vorgestellt. Sie nimmt's nur so ernst und hat den Kops verloren. Ihre Activa übersteigen bei weitem die Passiva." Der Amtmann machte ein verdrießliches Gesicht. „Na, was soll denn daS nur eigentlich, Leineweber? Mich machen Sie doch nicht dumm, ich weiß, wie Sir'S zu ¬ wege bringen, wenn Sie nur wollen. Sie haben doch wahr lich nicht den ersten Dummen ruinirt. Sagen Sie doch grade heraus, was Sie wollen, dann können wir handeln." „Meinen Sie die Hilligenfelv allein?" fragte der Rechts anwalt lauernd. „Ach was", gab der Amtmann ungeduldig zurück. „Damit ist nichts gemacht. Nur der Ortsrichter ist sicher. Da ist noch die Rüstringen und dann die Bergner. Die müssen alle drei so weit gebracht werden, daß sie nicht mehr zeugen können. Am besten wär's durch einen Meineid." „Drei durch Meineid — daS geht nicht", sagte Leineweber nachdenklich. „Na, wie Sie's machen, kann mir schließlich egal sein. Da will ich Ihnen nicht drein reden. Die Hauptsache ist, daß Sie die Sache besorgen und daß gleich. Wenn das, was Sie von dem Rötlingen sagen, wahr ist, thut Eile noth. Und nun der Preis." „Fünfzigtausend Mark", entgegnete der Rechtsanwalt, ohne sich nur einen Augenblick zu besinnen. „Fünfzigtausend Mark", wiederholte der Amtmann mit dem Kopfe nickend. „An Frechheit fehlt'S Ihnen wahr lich nicht." „So — und was riSkire ich?" „Nichts. Sie haben so gut ein Interesse, daß daS Testament aufrecht erhalten bleibt, al» ich. Lange handeln will ich nicht. Dreißigtausend Mark sollen Sie haben, nicht einen Heller mehr." „Geben Sie's schriftlich." „Ach was — das wäre die reinste Verrücktheit. WaS wollen Sie denn eigentlich mit einem solchen Wisch, der nur einmal in unrechte Hände kommen könnte, machen? Ich halte Ihnen schon mein Wort. Bringen Sie den Haupt mann und die drei Weiber so weit, so kriegen Sie Ihre dreißigtausend Mark und damit — gut." Der Amtmann wandte sich der Thüre zu. Schon im Begriff, das Zimmer zu verlassen, kehrte er noch einmal zurück und bewies damit, daß er den Mittbeilungen deS Rechtsanwaltes gegenüber nicht ganz so gleichgiltig war, al» er sich den Anschein zu geben versucht. „Sie lasten mir sogleich Nachricht zukommen, wenn Sie noch etwas von dem Röttingen hören sollten, Leineweber." „Gewiß, Herr Amtmann. Verlassen Sie sich auf mich. Guten Morgen!" Al« der Amtmann die Thüre öffnete sah er einen ihm wohlbekannten Mann vor sich. Er nickt» ihm beinah« freund ¬ schaftlich, allerdings etwas verstohlen zu, während der Rechts anwalt schon ries: „Nur herein, ich habe noch gerade Zeit, ehe ich zum Termin gehe. Was habt Ihr denn, Meister?" Der Angeredete trat mit einem etwas verlegnen Lächeln ein. Es war ein Mann mittlerer Größe mit einem breiten, rothen Gesichte, Laß der oberflächliche Beobachter sehr wohl als ein gutmiitbiges hätte bezeichnen mögen. In den runden, unmittelbar an der Nasenwurzel liegenden Augen war aber ein Ausdruck, der unstreitig etwas RaubvvHelartigeS hatte. Er trat in diesem Augenblick besonders auffällig dervor. „Herr Rechtsanwalt, ich wollte bloS 'mal fragen, was Sie zu der Geschichte mit Greifingen meinen." „Wie so?" „O, — eS ist wegen der Leute. Sie sagen, ich käme noch auf die Frohnveste." „Wer sagt's?" „Nu — so — die'S einem gönnen. Heute früh hal's mir ein Junge bei der Arbeit zugeschrieen und ein Geselle hat desserwegcn Feierabend gemacht. Auch Herr Nagel meente, ich bätte mich schön bineinleier» können, wenn Greisingen's Vertheibiger einen Antrag gestellt hätte. Nur dem Amtsrichter hält' ich's zu danken, daß ich nicht fest ge kommen wäre." Die Worte waren mit unsicherer Stimme gesprochen und Biedermann sah den Rechtsanwalt etwas scheu von der Seite an. „Na, freilich, hättet Ihr Las können, Merstet, und der Teufel mag wiffen, was »och wird. DaS nennt man aber auf gut Deutsch vor Dummheit brennen." Biedermann wischte sich mit seiner blauen Leinewand- schürze Len Schweiß von der Stirne. „Sie meenten doch aber selber, Herr Rechtsanwalt, meine Frau nnd ich müßte« da so bei bleiben, Lana ginge Alle« gut." „Ja, das war auch noch daö einzige, sonst hättet Ihr Beide d'rin gelegen, und das rath ich Euch auch für die Zukunft, denn man weiß immer noch nicht, Wie der Hase läuft." „Herr Rechtsanwalt — Sie meentn?" Die Angst preßte Biedermann sichtlich diese Worte auS. „Ich meine einfach gar nicht» Da heißt» abwarten. Ein vernünftiger Mensch würde solchen Unsintt nicht zu sammengerattert haben. Januar und Pfingsten! Wenn ,ch da« gewußt hätte!"
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