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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.03.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960303010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896030301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-03
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G.^. Dtrea» «glich« 1n«»bmidien tut Nuslwch: Monatlich 7.S0. Vez«g-.PreiS tzaupt«xp«ditioo od« d« im Stadt- d« Borortro «richtet«» A»4> »h, tz-lt vt«rt«ijShrIlch^4^0, istellau- ia« «» «-^»«u«^ «sch«r»t «a '/.? Mr. Voch«1a-» »m » Uhr. Aröurtto« Ml- Lrpe-itt-»: L»ha»i»s-««ffse t. D^sthlpshttt« ist Noch«»tag« rbroch« »Wut mm früh 8 his A»«»d» 7 Uhr. /Male«: v«, «e»» - L-rNm. (Nlfreh Hitzm, vniversiUlttstratz« 1, Loui» Lösche, Kathariueustr. 14, Part. und R-uig-platz 7. Morgen-Ausgabe. UchMr TaBlalt Anzeiger. Amtsblatt des Äöniglichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aattzes und Nolizei-Rmtes der Ltadt Leipzig. Anzeige««Prei- die 6 gespaltene Petitzeile L0 Pf-. R««lam«n unter drm Rrdaction-strich (4ß»- spalt«») bO/4, vor tau AamUieauachetchlill (L^spalt«) 40 Gröhrr« Gchrift« laut uusrrim -r«>«. verzeichnih Lad«llarisch«r »ad W«rnia^ nach höherem Tarif. Extra-vetla-en (gesalzt), »ar mit der Morgen - Ausgabe, ohne PvstbefSrderuag 60.—, mit Postbrsörderuug ^l 70.—. Ännahmeschluß für Anzeige«: Ab«ud-All»gabr: vormittag« 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Für die Montag.Morgen-Ausgab«: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je «ine halb« Stund« früher. An;etgen sind stets an du ErPe-ttt-u zu richten. Truck und Verlag von S. Pol» tu Leipzig. 113. Dienstag den 3. März 1896. 30. AührAMH. Anzeigen für die am Donnerstag früh erscheinende Nummer, weiche die bis Mittwoch Nacht eingegangenen wichtigeren Nachrichten enthalten wird, erbitten wir bis heute Abend 7 Ahr. Die Flottenbeweaung. Herr Professor vr. Hasse stellte dieser Tage in einer an rmS gerichteten Zuschrift in Aussicht, daß er in der nächsten Nummer dir ,/Alldeutschen Blattet" di« Stellung des „All- dtulschein Verbandes" zur Flottenfrage ausführlich darlegen rderde. Diese Darlegurig liegt heute vot und lautet folgender maßen : „Äu der That um eine solche handelt eS sich; seit fast zwei Monaten geht eine Bewegung durch unser Volk, die aus eine Verstärkung unserer Kriegsflotte gerichtet ist, mit frendtzdr Begeisterung begrüßt von dem einen, verspottet und verhöhnt von dem andern oder doch mit überlegenem Zweifel und mit kühlem Mitleid belächelt von dem dritten. Atuer trotz der Gegner hält die Bewegung an und tritt in opferfreudigen Kundgebungen der öffentlichen Meinung an wen verschiedensten Orten in die Erscheinung. Wir wollen hier nicht untersuchen, welches die Gründe sind, die jene Mgner teilen, wir würden dabei auf ein seltsam buntes Gemisch stoßen; wir wollen beute nur fragen, woher stammt die Bewegung? Ist sie lediglich hervorgerufen worden durch hie Ereignisse im Transvaal und durch den Wunsch, den Engländern zur See die Zähne kräftiger zeigen zu können, al- dies jetzt der Fall ist, oder ist sie der logische, natur» nothtzdendige Schluß eines längeren EntwickelungsgangeS, die SuÜUne, die auS einet ganz« Reihe von wirthschaftlichen und politischen Vorgängen gezogen wird? Unzweifelhaft ist daS letztere zutreffend, so wenig wir auch bestreiten wollen, baßßvie alte Vorliebe deS deutschen Volkes ikr die Flotte — wer die Sturm- und Drangperiode der -Jahre 1848/49 miteriebt hat, der wird sich auch der Be geisterung erinnern, mit der damals tief im Binnenlande die Errichtung einer solchen begrüßt wurde — der jetzigen Be wegung ebenso die Wege geebnet hat, wie durch den englischen Freibeuterzug nach Transvaal und seine Vertbeidiguug an der Themse die Nothwendigkeit einer starken deutschen Seemacht plötzlich in Helle Beleuchtung gerückt worden ist. Welches war nun der Entwickelungsgang, dessen letzte- Glied wir in der heutigen Flottenbewegung vor uns sehen? Als nach der Errichtung de- Norddeutschen Bundes Ende 1867 auf einmal in allen Häfen der Welt die schwarz-weiß- rothe Flagge in ffo stattlicher Fülle erschien, da staunte diese Well über den so über Nacht gekommenen Umfang deS deutschen HandolS, und doch war das Räthsel einfach dahin zu lösen, daß dckS Ausland bisher nur die zahlreichen Flaggen der einzelnen deutschen Bundesstaaten — soweit sie eine solche führten — g-'tannt hatte, daß ihm daher der Umfang veS deutschen Handels- und Seeverkehrs noch nie zum Bewußlsein gekommen war. Heckte äwer ist da-, andetS; heute ist allerdings der deutsche Handel-- und Seeverkehr wie über Nacht eia ganz anderer, weck! mächtigerer geworden. Jü den letzten 89 Jahren hat sich unsfrd Dampferflotte und ihre Tounenzaht vervier facht; zahlhyse Schifffahrtslinien, von deutschen Häfen auS- zehettb, fü/gren unsere gewerblichen Erzeugnisse uach allen Gegenden der bewohnten Etde; eine Schifffahrtsgesellschaft von dem Umfange und der Leistungsfähigkeit deS Nord deutschen Llvhd hat dir ganze übrige Welt nicht mehr aufzuwei^en, und dir durch die Mittel des Reiches unter stützten T)ämpftbtiüieü nach Afrika, Asien und Australien sind mtsste«ilkig geworden itr jeder Beziehung für all« see fahrendsten Völker. Daiß eine solche Entwickelung unsrtrr Schifffahrt gteich- bedeupend ist mit einer mächtigen Ausdehnung unsere- Hand/rls, liegt auf der Hand; wie unsere Handelsflotte die zweitgrößte der Welt geworden ist, so auch unser Handel, und der Umschlag im Hafen von Hamburg wird jetzt nur nv'H von demjenigen London» übertroffen; alle übrigen englischen Häfen hat tr überholt. Vor der Intelligenz, degc Leistungsfähigkeit und dem rastlosen Vordringen de- deutschen GewerdefleitzeS bangen bereit- dir Großkaufleute wi der Eith von London, brutsche Banken entsteh« in V>hile wie m Argentinien und ijn fernen Ostasirn, und 'unser Handelsverkehr, der im Jahre 1882 etwa 6300 Millionen Mark umfaßte, hat sich seitdem um mehr als eine Milliarde gehoben. Das ist die Entwickelung unseres Handels im letzten Jahrzehnt, ünd die unserer Kriegsflotte? Während wir vor zehn, zwölf Jahren noch allen Seemächten zweiten Range« mindesten« gewachsen, wenn nicht überlegen waren, rvährend wir damals noch die Ostsee gegenüber der russischen Flotte ttnzweifelhitft siegreich hätten behaupten können, sind wir heute nicht nur hinter Rußland allein weit zurückgeblieben, besonders hinsichtlich der Qualität unserer Schiffe, und wir sind nicht mehr im Stande, den Millionen und aber Millionen deutschen Capital« und deutschen Fleißes m den überseeischen Gebieten den er forderlich« Schutz angrdeihen zu lasten. Unsere Mari», hat nicht Schritt ««halten mit der so hoch erfreulichen Entwicke lung des deutsch« Handel-; ist «s daher ein Wunder, wenn bei einer dedckktigeN Entwickelung da- Verlangen nach einer stärker« Kriegsflotte sich immer mehr und immer lebhafter geltend »acht, zumal auch der Erwerb eigener Colonien auf die Notchwenvigkeit einer starke« Flotte hinweist. Freilich nicht mm Rtser Colonien willen verlangen wir eine Ber- mehr««g »er Kriegsmarine, unsere Colonien sind vor läufig noch nicht so ungemein werthvoll, um einen hShnchchr Klott«»«uswanb zu rechtfertig«: aber auch nicht di« zßvffchea ua« und England jetzt ausgetretene Verstim mung ist es, dir auf ein« solche Vermehrung hindräugt. Der mächtige deutsche Handel, der zweitgrößie der Welt, ist es, der gebieterisch einen kräftigen Schutz zur See verlangt, damit er unserer Industrie neue Arbeitsfelder er schließen, unserem Vaterlaude neuen Wohlstand zuführen kann. Mit dem Verfalle der spanischen Kriegsflotte erstarb auch der spanische Welthandel, und seit dann dir Seemacht der Holländer zu einer solchen zweiten oder gar dritten Ranges herabgesunken ist, seidem herrscht der englische Handel auf allen Meeren. Jetzt ist ihm der deutsche dicht an den Fersen, sorgen wir, daß er nicht länger ungeschützt bleibe, daß das schwer Errungene unS nicht wieder verloren gebe, verloren gehe an ein anderes Volk, das es besser versteht als haS deutsche, Opfer zu bringen für seine Größe." Wie aus dieser Darlegung ersichtlich ist und vorauSzu- sehen war, hält sich der „Alldeutsche Verband" bei seinem Eintreten für eine Verstärkung unserer Kriegsflotte genau in den Grenzen, deren Ueberschreitung den Gegnern der Be wegung die willkommensten Waffen zur Bekämpfung liefern würde. Eine deutsche Kriegsflotte zu schaffen, die stark genug ist, um daS zu schützen, was zu schützen deutsche Ehre und deutsche Interessen gebieten, — dieses Streben muß die werkthätize Unterstützung Aller finden, welche die Be deutung unserer Seewehr für unser ganzes wirthschaftliches und nationales Leben begreifen, und ist so maßvoll, daß eS die Opposition eines verblendeten Doctrinqrismus nicht zu fürchten braucht. Es kommt nun für den Verband, nachdem er seine Ziele klacgel^gt, nur noch darauf an, auch die Bahnen zu bezeichnen, in welche die Bewegung gelenkt werden soll. Daß die hier und da laut geworbene Ansicht, eS könnten dem Reiche von einer kleineren oder größeren Anzahl patriotischer Männer Summen zu ganz be stimmter Verwendung überwiesen und einem außerparla mentarischen Kreise neben dem Bundesrath und dem Reichstag eiu Einfluß auf die Ausgestaltung des Flottenplanes zuge standen werden, die Ansicht des Verbandes nicht ist, versteht sich von selbst. Aber es handelt sich nicht nur darum, solche Ansichten ebenso zurückzuweisen, wie „uferlose" Pläne, son dern auch klar uud präcis zu zeigen, daß Sammlungen für allgemeine Flottenzwecke gar wohl veranstaltet und dem Reichsschatze zugeführt werden können, ohne die verfassungs mäßigen Neckte der gesetzgebenden Gewalten zu beeinträchtigen. Für maßvolle Pläne wird sich aber auch leicht die rechte Bahn finden. Je früher sie bezeichnet wird, um so bester. Deutsche- Reich. * Dtt-Hen, 2. März. (Delegramm.) Das „Dresdu. Journal" schreibt: „ES ist in her Tagespreise wiederholt be hauptet Morden, baß Se. Maj. der König Veranlassung genommen habe, über den die Aeuderuug des sächsischen Wahlgesetze« betreffenden, der Ständeversammlung gegen wärtig vorliegenden Gesetzentwurf ein Gutachten des Herrn Geh. HofrathS Prof. vr. Binding in Leipzig zu er fordern, und daß diese- Gutachten in abfälligem Sinne ab gegeben Wörden fei. Wir sind in der Lage, diese Behauptung al- eine durch«»- unzutreffend- und jeder thätsächlichen Begründung entbehrende zu bezeichen." Das „DreSdn. Journal" schreibt ferner: „Einer in Nr. 99 der„Berl. Neuesten Nachrichten" vom 88. vor. MtS. enthaltenen Notiz zufolge soll die königl. sächsische Staatöeisenbahn-Verwaltung beschlossen haben, anläßlich der bevorstehenden Berliner Gewerdr- AuSstellung jede Vergünstigung in der Personen-Beförde- rung abzulehnru, und es wird diese Maßnahme auf die großen Nachtheile zurückgeführt, welche die preußische Eisen bahn-Verwaltung der sächsischen dadurch bereite, daß sie den Durchgangs-Personenverkehr von und uach allen Theilru Deutschland- über Berlin leite. Dem gegen über geht un< von gut unterrichteter Seite die Mittheilung zu, daß 1) durchaus nicht jede Vergünstigung in der Per- soneu»Beförderung anläßlich der Berliner Gewerbe-Aus stellung seitens der sächsischen Staat-eisenbahnverwaltung ab gelehnt worben ist, 2) insoweit eine Ablehnung beantragter Vergünstigungen stattgesund« hat, hierfür ganz andere Gründe als dir in der Corrrspondenz der „Berliner Neuesten Nachrichten" bezeichneten maßgebend gewesen sind." v. Leipzig, 2. März. Durch einen großen Thril der deutschen Presse ging in cen letzt« Tagen eine Notiz, wonach das Reichsgericht kürzlich ausgesprochen haben sollte, daß die von den halbinvalidrn Feldwebeln und Uulerosficieren, dir au» der Armer auSgeschirdrn sind, grltend gemachten An sprüche auf Zahlung der bisher bei definitiver Uebernahme der betr. Militairanwarter in den Reichs- ober Staatsdienst wrgfalleudrn Pensionen au« dem früheren Militairver- hältuiß berechtigt sei«. Daran war dir Bemerkung geknüpft, daß nunmehr, da diese Pensionen für viele Jahre nachgesucht werden müßten, eine große Anzahl von Personen zum Theil ganz bedeutende Summen erhirlt«. — Dies« Nachricht ist in dirwr allgemein« Fassung völlig unzutreffend, und e« ist sehr d«dau«rlich, daß durch di« m,-verständliche Auffassung eine« Rrich«grricht-urtheilS und die Verbreitung dieser Auffassung bei einer großen Zahl von Beamten Hoff nungen erregt worden sind, die nicht erfüllt werden können. In Wirklichkeit handelt es sich in dem betr. Reichsgerichts- urtheile nur um die Ansprüche einiger bei der Reichsbank angestrllter Militairanwärter. Diesen, aber nur diesen, hat Vas Reichsgericht die ihnen bisher vorenthaltene Militair- pension zugesprochen, uud zwar einfach aus dem Grunde, weil das ihnen von der Reichsbank gezahlte Gehalt nicht aus Reichs- oder Staatsmitteln fließt. Diese Ent scheidung wurde gefällt mit Rücksicht auf die eigenartige Stellung der Reicksbank, die, weil das Reich nur die Auf sicht über ne führt, nicht als Reichsinstikut augesehen wird. * Berlin, 2. März. Welche Früchte die sooialdemo- kratische Verhetzung zur Vaterlandslosigkeit zeitigt, lehrt folgende Gerichtsverhandlung: Eine Kund gebung am Sedantage gab die Veranlassung zu einer Anklage wegen Beleidigung und ruhestörenden Lärms, welche die Berufungs-Strafkammer vom Landgericht l gegen den Arbeiter Hermann Görschel zu verhandeln hatte. Am 2. September hielten zwei Gemeindeschulen zur Erinnerung an die 25jährige Wiederkehr des Sedantaqes auf einem Platze in der Demminerstraße eine patriotische Feier ab. Gegen 2000 Kinder waren mitihrenLehrernanwesend; es wurden patriotische Lieber gesungen und der Lehrer Würbel hielt die Fest rede. Dicht neben dem Festplatz befand sich ein Neubau, auf welchem eiue Anzahl Handwerker und Arbeiter beschäftigt waren. Während die Kinder die „Wacht am Rhein" und ander-! Lieder sangen^ ertönte plötzlich vom Hofe des Neu baues her der laute Gesang der Arbeitermarseillaise, und als der Lehrer sprach, wurde durch Klappen mit Brettern und Hämmern ein gewaltiger Lärm gemacht, auch flogen verschiedene rohe Bemerkungen nach dem Festplatze hinüber. Unter anderen Redensarten war namentlich der Ruf „Halt'S Maul!" gehört worden, der den Lehrer veranlaßte, auf einige Augenblicke inne zu hallen. Die Polizei ermittelte den An geklagten als denjenigen, der den Ruf ausgestoßen. Mangels ge nügender Beweise war er s.Z. vom Schöffengericht freigesprochcn worden, die Staatsanwaltschaft legte jedoch Berufung ein, und die Strafkammer kam zu einem anderen Ergebniß. Görschel, der an jenem Tage zusammen mit zwei anderen Arbeitern mit Lehmtragen für die Töpfer beschäftigt war und sich mit diesen zusammen in dem Raume befunden hatte, aus welchem der beleidigende Nus gekommen war, mußte zu geben, der Rufer gewesen zu sein, behauptete aber, daß die Äeußerung einem ArbeitSgenosseu gegolten habe. Die Beweis Ausnahme ergab die Unwahrscheinlichkeit dieser Behauptung. Der Staatsanwalt beantragte mit Rücksicht auf die Rohheit und die Gefahr für die Schulkinder, welche daS Vorgehen des Angeklagten enthalte, drei Monate Gesänzniß. Der Ge richtshof erkannte auf einen Monat Gefängniß. * Berlin, 2. März. Die schon erwähnte Vorlage über die sachsen-meiningische Erbfolgeordnung, die dem meiuingischen Landtage zugegangen ist, ist ohne Zweifel hervorgerufen durch die Streitigkeit«, die wegen der Erb folge in Lippe-Detmold enrstanden sind. Die Gemahlin deS Prinzen Friedrich von Sachsen-Meiningen, Adelheid, geborene Gräfin zur Lippe-Biesterfeld, bereu Ebenbürtigkeit gesetzlich anerkannt und deren Söhnen dies Erbfolgerecht ausdrücklich zugesprochen werden soll, ist die Tochter des Grafen Ernst zur Lippe-Biesterfrld, der Ansprüche zunächst auf die Regentschaft und damit auf die Erbfolge im Fürstenlhum Lippe erhoben bat, dessen Ebenbürtigkeit aber von dem Fürsten von Schaumburg-Lippe bestritten wird. Ist Graf Ernst nicht ebenbürtig, so ist es natürlich seine Tochter auch nicht; würde also in Sachsen-Meiningen nicht die Eben bürtigkeit der Tochter ausdrücklich anerkannt, so würde zur gegebenen Zeit auch ein meiningischer Thronsolgestreit entstehen können. Von den drei Söhnen deS Herzogs Georg von Sachsen- Meiningen besitzt der älteste, Erbprinz Bernhard, eine jetzt 17 Jahre alte Tochter; der zweite, Prinst Ernst, der selbst erb berechtigt ist, istmit der zur Freifrau v.Saalseld ernannten Tochter des bekannten Schriftstellers Wilhelm Jensen morganatisch ver mählt, seine Kinder sind demnach nicht ebenbürtig und nickt erbfolgeberechtigt: der dritte ist Prinz Friedrich, aus dessen Ehe mit der Gräfin Adelheid zur Lippe ein Sohn, Prinz Georg, entsprossen ist, der demnach al- der zukünstigeThronfvlger ange sehen werden muß. Andere männliche Mitglieder des herzoglichen Hause- sind nicht vorhanden. Würde die Ebenbürtigkeit der Prinzessin und ihrer Kinder nicht gesetzlich festgestellt, so würde nach dem Tode deS Herzogs und seiner drei Söhne von den nach den Hausgesetzen erbberechtigten andern Linien des ernrstinischen HauseS Widerspruch gegen die Thron besteigung eines Sohnes des Prinzen Friedrich erhoben werden können. Ob die dem Landtage vorgeschlagene gesetzliche Rege lung des Erbfolgerrchts im Einverständnisse mit den drei ander« Linien (Weimar, Coburg-Golda und Altenburg) erfolg« ist, ist noch nicht bekannt, es ist aber Wohl anzunehmen, daß sich die meiningischr Regierung deS Einverständnisses der jetzt lebenden Agnat« auS diesen Linien vorher versichert hat. Für den Grafen Ernst zur Lippe bildet der Gesetzentwurf eine gewiss« Unterstützung sein er Ansprüche inöippe. Betrachtet Sachsen Meiningen seine Tochter als ebenbürtig, so kann es >di» die Ebenbürtigkeit nickt streitig machen, unv wenn die drei anderen rrnestiniscken Linie» mit dem Gesetz entwurf einverstanden sind, so gewinnt der Graf dadurch eine weitere Stärkung seiner Stellung. (Voss. Ztz.) V. Berlin, 2. März. (Telegramm.) Der Raffer und Vie Ratserin besuchten gestern Vormittag den Gotte-Vienst in der Kaiser Wilhelm-Gedächtnitzkirche. Zur FrühstückStafel im königl. Schlosse waren geladen: Prinz Reuß XXIV., Prinz Hermann Solms, Graf v. Mirbach-Harff «nd Graf Lynar mit Gemahlin und Tochter. Nachmittags unternähmen die Majestäten eine gemeinsame Spazierfahrt und besuchten Abends daS Berliner Theater, wohin sich auf Einladung der Majestäten auch der Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar und der Prinz Maximilian vou Baden begeb« hatten. Heute Vormittag machten beide Majestäten den gewohnten gemeinsamen Spaziergang durch den Thiergarten. Auf der Rückfahrt sprach der Kaiser im Auswärtige» Amt vor, Hörle, von vort nach dem königl. Schlosse zurückgekehrt, den Vor trag des Chefs des Geheimen Civil-Cabinets und nahm darauf die Marine-Vorträge entgegen. k Berlin, 2. März. (Telegramm.) Das Herrtn- haus genehmigte heute auf Antrag der Commission die Verordnung, betreffend den Bebauungsplan von Brotlerove, und richtete an die Regierung das Ersuchen um Staats- hilfe. Minister v. d. Recke sicherte solche Hilfe zu, sofern die angestellten Ermittelungen die Bedürftigkeit ergeben sollten. L. Berlin, 2. März. (Privattelegramm.) Die „Nat.- Ztg." schreibt über den verstorbenen Staatsminister von Stosch u. A.: „Ohne jemals einer Partei angebört zu haben, war Stosch ein liberaler Mann; als solcher hatte er namentlich dem Kronprinzen, späteren Kaiser Friedrich, nahe ge standen; es ist wahrscheinlich, daß er zu umfassendster staatsmännischer Thätigkeit bestimmt gewesen wäre, wenn Friedrich HI. früher und für eine längere Zeit, «iS es der Fall war, zur Regierung gelangt wäre." — In der „Post" lesen wir: „In einem Artikel über die vierten Bataillone, der sich im Uebrigen mit den An gaben deckt, die in der in Nr. 57 unserer Zeitung ver öffentlichten Notiz über die geplante Neuorganisation enthalten waren, wiederholt die „Köln. Ztg." die von unS damals demeniirte Nachricht, die Mehrkosten der neuen Organisation beliefen sich auf 350 000 Mark. Demgegenüber müssen wir auf das Entschiedenste unsere Mittheilung aufrecht erhalten, baß die Nennung einer solchen Summe durchaus verfrüht ist, da sich eine Berechnung der Kosten unmöglich ausstellen läßt, bevor die Vorarbeiten zum Abschluß gelangt sind und der bisher nur generell von Sr. Majestät dem Kaiser genehmigte Plan in allen Einzelheiren sestgestelll ist." — Die Petitions-Commission des Abgeordneten hauses beantragt die Petitionen der Lutheraner zu BreSlau, Rottnow-Greifenberg, Negenwaldt, Zassow, Dargsow und Kammin, Sangerhausen, Heldrungen und Neutomischl der Staatsregierung in dem Sinne zur Berücksichtigung zu überweisen, daß sie mit de» Oberkirchencollegium der von der Gemeinschaft der evangelischen Landeskirche sich getrennt ballenden Lutheraner in Verhandlung trete über eine ander weitige gesetzliche Regelung der Rechte derselben als einer öffentlich anzuerkennenden Kirche, sowie über die Gewährung von Parochialrechten an dieselbe. — Für die ConsectionSarbeiter sind beim „Vorw " bisher im Ganzen 33 5Sl,67 eingegartgen. — Frhr. ».Manteuffel, der neu gewählte Landesdireetot der Provinz Brandenburg, bleibt dem Reichstage »nd der konservativen Partei als Führer erhalten. Die von uns bisher nicht erwähnte Zeitungsnachricht, daß er versprochen habe, bei den nächsten Wahlen nicht wieder zu candidireu, wird von ihm nahestehenden Blättern bestritten. k Brannfchweig, 1. März. In der Altbraunschwei gischen Rechtspartei gährt es bedenklich. Jetzt ist von Stadtoldendorf aus ein Rundschreiben versandt worden, durch welches die Empfänger aufgesordert werden, „sich zn einer Partei zusammenschließen, die unter Ausschluß aller anderen Bestrebungen und unter offener Bekämpfung der nicht auf dem Boden der ReichSversassung stehend« Wünsche und Absichten sonstigen Gesinnungsgenossen allein und aussckließlich die braunschweigische Thronfolge frage zum Gegenstände ihrer Bestrebungen macht." Die Reichsverfassung, welche die Resultat« von 1866 enthält, will die neue Partei nicht minder Hochhalten al» di« Bundes verfassung, darum will sie sich „Braunschweigische Ver fassungspartei" nennen. Ueber dir Abstimm»ng auf dem Parteitage voiN 8. v. M wird von dem Verfasser des Rund schreibens bittere Klage geführt. Durch eine dreiste Majorisirung sei es damals gelungen, einem Programm zum scheinbaren Siege zu verhelfe», das von Leuten ausgestellt worden sei, die sich mit geschichtlichen Thalsachen immer noch nicht abzufinden verstünden. Dem Rundschreiben ist ein Satzungsentwurf für die neue Partei beigegeben, in dem es u. A. heißt: „Die Partei erstrebt die Herstellung der verfassungsmäßigen Re gierung des HauseS Braunschweig-Lüneburg im Herzvgthum Braunschweig. Zur Durchführung ihrer Bestrebungen be dient sich di« Partei der nack der Reick-Verfassung, der Landes verfassung und der sonstigen im Herzogtum geltenden Gesetze zu lässigen Mittel. Insbesondere betreibt Vie Partei dr« Ab haltung von Versammlungen rc. zur Vorbereitung der Wahl von Abgeordneten zum deusich« Reichstage und zur braun- schweigisckcn LandeSversammlung." Natürlich sind di« An hänger der Altbraunschweigisch« RrcktSpartei über diesen „gefährlichen Berrath an der heiligen Sache" aoßerm Häuschen. Sie wollen in dem Verfasser jene» Rund schreiben- den Thierarzt Krüger in Stadtoldendorf ermittelt haben (nach meinen Informationen ist er e< nicht) »nd suchen ihn nun in ihrem Parteiorgane abzuschlachten. Schon früher sei ihnen (den Altbraunschwrigern) dieser Herr al- ein in der Wolle gefärbter Nationalltderaler bezeichnet Word«, der
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