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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960311018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896031101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896031101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-03
- Tag1896-03-11
- Monat1896-03
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Extra-Beilagen (gefalzt), nur unt der Morgen. Ausgabe, ohne Postbeförderun^ ^l 60.—, mit Postbeförderuug 70 - . Anzeiger. Amtsblatt des Köttigkichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Mittwoch dm I I. März 1896. >»nal,meschl»ß fir L-MV«: Ab rnd-Au-gabr: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Au»gabe: Nachmittag» 4 Nhi. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Er-edittoii zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig so. Jahrgang. Was fordern wir von Italien? Man schreibt unS au» Berlin: In einer Unterredung, dir wir mit einem hochgestellten italienischen Diplomaten über die abessinischen Angelegenheiten hatten, betonte der Staats mann, daß eine energische Action auf dem Kriegs schauplatz« in der nächsten Zeit sich nicht würde durchführen lassen, da die Regenzeit bevorstände, jeden falls aber müsse man dem General Balvissera die Ent scheidung darüber anheimgeben. Auf die Bemerkung, daß ein solches auf guten Gründen beruhendes Zögern im Er greifen der Offensive sicherlich als berechtigt anerkannt werden würde, daß man aber in Deutschland wie auch anderwärts den Abschluß eines ungünstigen und unrühmlichen Friedens mit Menelik sehr ungern sehen würde, entgegnete der Staatsmann vorsichtig, daß ja gewiß Viele ein energisches Fortsübren des Kampfes wünschten, daß man aber doch werde abwarten müssen, weiche Entscheidungen das in der Bildung begriffene Ministerium treffen würde. Daß also immerhin die Möglich keit eines unvoriheilhaften Friedensschlusses, man kann sagen eines Friedens st tont prix. vorhanden sei, wurde nicht in Abrede gestellt. Eigenartig berührte es uns auch, daß, als wir die Reise des Ministers Goluchowski nach Berlin zu den italienischen Angelegenheiten in Beziehung brachten, der italienische Diplomat mit Lebhaftigkeit ausrief: „Glauben Sie das nicht. Der Besuch Goluchowski's bei dem deutschen Reichskanzler ist schon seit Langem fest gesetzt und hat mit unseren Angelegenheiten gar nichts zu thun." Wir entnehmen daraus, daß dem italie nischen Staatsmann der Besuch Goluchowski's in Berlin in einem Augenblicke nicht sehr erwünscht war, wo über die weiteren Handlungen der italienischen Regierung noch völlige Ungewißheit herrschte. Wir müssen gestehen, daß diese Unterredung den un günstigen Eindruck, den die Vorgänge nach der Schlackt von Adua allenthalben Hervorrufen mußten, nur verstärken konnte. Man muß sich fragen, wie es nur möglich ist, daß mitten in einem Kriege, in dem die Ehre und wichtige Interessen einer großen Nat'vn aus dem Spiele stehen, eine solche Verwirrung herrscht, daß die höchstgestellten Männer dieser Nation tage lang in völliger Unkenntniß darüber sind, welche principielle Entscheidung getroffen werden wird. Diese Verwirrung muß nicht minder peinlich berühren wie die unwürdigen Kammer sitzungen vom 5. unv die häßlichen Tumulte in vielen italie nischen Städten. Alle diese widrigen Vorkommnisse stellen natürlich nicht unsere Bundestreue gegen den italienischen Staat in Frage; aber sie zwingen uns doch dazu, uns einmal offen darüber auszusprccken, was zum Mindesten wir von unserem Bundesgenossen fordern müssen, damit wir ihn als geschätztes und gleich geachtetes Glied des Dreibundes weiterhin ansehen können. Wir fordern von Italien nicht ein bestimmtes Maß von Aufwendungen für militairische Zwecke. Wir haben uns darein gefunden, daß diese Lasten durchaus ungleich vertheilt sind und daß Italien, dessen Einwohnerzahl drei Fünftel der deutschen Bevölkerungsziffer beträgt, gegenwärtig nicht ganz die Hälfte an Truppen in Friedenszeiten unv nicht viel mehr als ein Drittel im Kriegsfälle aufstellt, ganz abgesehen davon, daß Schlagfertigkeit und Ausbildung hinter den Leistungen der deutschen Truppen erheblich zurückstehen. Trotzdem würde Deutschland, wenn Italien seiner mißlichen finanziellen Ver hältnisse wegen den Friedensstand seiner Armee um ein oder zwei Armeecorps verringern wollte, keine Einwendungen dagegen erbeben. Denn es entspricht weder dem. Wesen deS Dreibundes noch gar deutscher Art, eifersüchtig darüber zu wachen, daß der Andere nur ja ein verhältnißmäßig gleiches Maß von Leistungen prästire. Wenn wir nun auch nicht ein gleiches Maß von Leistungen von unseren Bundesgenossen verlangen, so müssen wir doch eiu gleiches Maß von Respektabilität von ihnen be anspruchen. Deutschland könnte unter Umständen auch mit einem wesentlich unbedeutenderen Staate verbündet sein, nicht aber — oder wenigstens nicht ohne Sckaden — mit einem Staate, — der sich seines Ansehens selbst begiebt. Die Schlappe bei Adua kann dem Ansehen Italiens nicht viel Abbruch thun, denn auch Frankreich und England haben in den letzten Jahrzehnten ebne Schädigung ihres Ansehens Schlappen in colonialen Kämpfen erlitten, wohl aber haben die Vorgänge seit der Niederlage das Ansehen Italiens herab gemindert, und ein würdeloser Friede mit Menelik würde es geradezu zerstören. Ein Staat verliert seine Ehre nicht, wenn er in einem Kriege völlig überwunden wird: Preußen hat 1800/1807, Frankreich 1870/71 Niederlage aus Niederlage er litten, und Preußen mußte seine Besiegung mit einem harten, Frankreich mit einem ungünstigen Frieden büßen. Aber beide Staaten waren von ihrem Gegner niedergekämpft worden, sie hatten ihre letzten Kräfte eingesetzt, und so mußten sie sich schließlich dem Gegner beugen. Italien aber hat nur eiwa den achten Theil seiner Friedensarmee nach Abessinien entsandt, und davon ist wiederum nur die Hälfte besiegt worden. Es würde sich also nicht nach einem Kriege auf Tod und Leben, sondern nach dem Vorspiel eines Kampfes von einem Gegner besiegt erklären, dem es bei mäßigem Kraftaufwande sicher überlegen ist. Daß Italien diesen Schritt nicht lhut, müssen seine Bundesgenossen aus zwei Gründen verlangen. Einmal nämlich würde eine Zerstörung des Ansehens Italiens, ein Eingesteben seiner Ohnmacht, die Gegner des Dreibundes verlocken können, sich mit leichtem Herzen an den Waffen gang mit einem Bunde zu wagen, dessen einer Partner sich so leicht matt setzen läßt; zweitens aber würde bei den Verbündeten die gerechtfertigte Besorgniß bestehen, daß, wenn die italienische Regierung w rasch einer von gewissen losen Agitatoren genährten Volksstimmung nachgiebt, wo Ehre und Wohlfahrt des eigenen Landes auf dem Spiele stehen, sie sich erst recht ungünstig beeinflussen lassen könnte, wenn es sich um Ehre und Wohlfahrt der Bundesgenossen handelt. Deshalb muß Italien thun, was Pflicht und Ehre erheischen, und wenn die Erwartungen, welche man an das neue Ministerium Ricotli-Rudini knüpft, sich bestätigen, so ist eS auch auf dem besten Wege dazu. Deutsches Reich. ss. Berlin, 10. März. Ueber die Empfindungen und Absichten des Herrn Stöcker gegenüber der conservativen Partei wird Licht gebreitet durch die Gleichgiltigkeit, wenn nicht Gegnerschaft, die sein „Volk" den beiden neuen conservativen Actionen bekundet. Es handelt sich um die „idealen" Forderungen der fakultativen Civilehe und eines Schulgesetzes, wie das Zedlitz'sche, also um „geist liche" Dinge. Trotzdem thut der orthodoxe ehemalige Hof prediger bei dem einen nicht mit und sängt bei dem andern an, Hindernisse aufzuthürmen. Das „Volk" erkennt an, daß „jetzt von keinem bedeutenden Schulmanne mehr der religiöse Unterbau deS ganzen Unterrichts- und Erziehungswesens geleugnet wird". Ist das Zugeständmß schon unbequem sür Politiker, die, wie gestern wieder die „Kreuzztg.", es als heilige Pflicht ausfassen, die religiöse Grundlage der Erziehung zu sichern, so ist es geradezu verhängnißvoü für den Plan, dieKämpfe von 1892 zu erneuern, daß der neben Freiherrn v. Hammerstein bervor- vorragendste Streiter jener Tage sich folgendermaßen aus läßt: „Daß die meist nicht unberechtigte Furckt vor römischenHerrschastsgelüsten die Frage nach der reckten Verbindung von Kirche und Schule nicht wenig erschwert, liegt auf der Hand." Die römischen Herrschaslsgelüste waren durch die Zedlitz'sche Schulvorlage, wenn das Cenlrum dies natürlich auch nicht anerkannte, völlig befriedigt. Wer bas Gesetz bekämpfte, war also — was übrigens den Mittel- parteilern schon damals von zahlreichen Orthodoxen zuzeslanben wurde — ein Kämpfer für die Freiheit des evangelischen Glaubens. Herr Stöcker hat das wohl damals auch erkannt, aber nicht für zweckmäßig befunden, danach zu handeln. Jetzt befindet er eS so, und darin liegt die politische Bedeutung der Bemerkung des „Volk". In einer Action, wie die von 1892, müßte die konservative Partei nicht nur Herrn v. Hammerstein, sondern auch Stöcker missen. Berlin, 10. März. Im Reichstagswahlkreise Osnabrück hat die Wahlbewegung schon einen so lebhaften Gang angenommen, al« sollte m einigen Tagen gewählt werden; und doch steht der Termin für die Ersatzwahl erst zum 9. April an. Es sind die Unternehmer der „Mittel- standSpartei" — Herr Liebermann v. Sonnenberg, Herr v. Ploetz und Herr vr. D. Hahn —, die dafür gesorgt haben, daß der Wahlkreis zwei Monate lang die zweifel haften Freuden einer intensiven politischen Bearbeitung als leidender Tbeil zu kosten hat. Nachdem aber die anti semitischen Treibereien schon seit Wocken in dem räumlich weit auseinander gezogenen Wahlkreise beobachtet worden waren, durfte man seitens der nationalliberalen Partei die Abwehr nicht länger auf sich warten lassen, wenn die Verwirrung nicht bleibenden Schaben stiften sollte. Eine Reihe von Versammlungen, die in den letzten Tagen ab gehalten wurden, bat nun die erfreuliche Thatsache offenbar gemacht, daß der Boden, auf den die Antisemiten ihre Saat ausgestreut haben, hierfür doch sehr wenig empfänglich ist. Der bisherige Abgeordnete Wmihoff ist als Charakter bei seinen Landsleuten und namentlich bei seinen BerufS- genossen in der Landwirthschafl zu wohl angesehen, als baß der Versuch, ihn durch allerhand Ausstreuungen als einen von der Industrie abhängigen Mann zu diScreditiren, hätte gelingen können. Geschadet haben die Manöver dieser Art nur Denjenigen, von denen sie ausgegangen waren. Nicht minder hat aber der Bund der Landwirthe, dessen Berliner Leitung den antisemitischen Eankidaten unter stützt, während die kreiseingesessenen Mitglieder des Bundes nach wie vor an Wamhoff festballen, durch Angriffe auf den Landwirthschaftsminister seine Situation verschlechtert. Frhr. v. Hammerstein ist noch vor wenigen Jahren sür seine Ver dienste um die Landwirlbschaft zum Ehrenmitglied des landwirthschaftlichen Hauptvereins im Regierungsbezirk Osna brück ernannt worden. Die Landwirthe, die sich der Theilnahme an jener Ehrung noch gern erinnern, vermögen doch nicht zu verstehen, wie dieses ihr Ehrenmitglied nun auf einmal zum schlimmsten Feind ihrer Interessen geworben sein sollte. Ein im Artland besonders angesehener Landwirth, der kürzlich noch die Versammlung in Quaken brück leitete, in welcher Herr v. Ploetz einen Vortrag hielt, ersi').en am Sonnabend in der nationalliberalen Versammlung in Quakenbrück, um im Anschluß an die Ausführungen Wamhoff'S die „eckige" Agitation des Bundes gegen den Landwirthschaftsminister ausdrücklich zu verurlheilen und sich für die Wiederwahl Wamhoffs zu erklären. Q Berlin, 10. März. (Telegramm.) Der Kaiser traf um 9 Uhr 34 Minuten in Potsdam ein und begab sich in einem offenen Wagen nach der Kaserne des Leib- Garde-Husarenregiments. Von dort fuhr er nach der Kaserne des Regiments der Gardes du Corps und dann nach der Kaserne des 1. und 3. Garde-UlanenregiiNentS, um den Officier-Reitslunden bei den genannten Regimentern beizu wohnen. Um 12 Uhr nahm er das Frühstück bei dem Ofsicier- corps des 3. Garde-Ulancnregiments ein. Nach Besichtigung der Regimenter begab er sich nach Berlin zurück. — Zu Ehren des Grafen Goluchowski findet bei den Majestäten morgen Mittag um 12r/r Uhr eine Frübstücks- tafel zu 25 Gedecken statt, zu welcher außer der nächsten Umgebung der Majestäten u. A. der Cabinetschcf Msrey, der Botschafter v. «zögysny, der Botschaftsrat!) v. Vslics, der Militair-Attachs Major Prinz Schönburg-Hartenstein, der Reichskanzler, der Staatssecrelair Marschall v. Biber stein und der Oberst-Marschall Fürst zu Fürstenberg geladen sind. (-) Berkin, 10. März. (Telegramm.) Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Dem Vernehmen nach ist vom Central-Connts der deutschen Vereine vom rottzcu Aren; am 6. d. Mts. bei dem italienischen Central- Comit6 angefragt worden, ob ihm eine Unterstützung bei der Verwundeten- und Krankenpflege in der erythräifchen Colonie erwünscht sei. Von Rom sei darauf eine dankende Erwiderung unter Vorbehalt weiterer Mittheilung über die Anfrage und die Annahme deS Anerbietens ein gegangen. 2-: Berlin, Io. März. (Telegramm.) Gegenüber einer gegentheiligrn Notiz in der „Deutschen TageS-Zeuunz" erklärt der „Reichsanzeiger" aus Grund der Ergebnisse der Vor musterungen, welche zur Ermittelung deS Bestandes von krrcgsbrauchbaren Pferden zeitweise stattfinden, daß die Zabl der kriegsbrauckbaren Pferde stetig wachse. L. Berlin, 10. März. (Privattelegramm.) Die „Nat.-Ztg." schreibt: Verschiedene Blätter berichten nack portugiesischen Zeitungen, daß die bei Macao liegende kleine Anscl Lappa oder eine nahegelegene unbedeutende Insel von China an Deutschland abgetreten worden sei. An zuständiger Stelle ist davon, wie wir erfahren, nichts be kannt. *— In gut unterrichteten Kreisen hegt man, wie die „Post" hört, die Ansicht, daß die geplanten Aenderungen in der Organisation der vierten Bataillone erst am 1. April 1897 zur Durchführung gelangen werden, so daß die durch diese Aenderungen entstehenden Mehrkosten in den Etat 1897 98 eingestellt werden könnten. Daß ein diese Angelegen beit betreffender Nachtrags-Etat mit den Forderungen sür die Unterbringung der neuzubildenden Formationen u. s. w. noch in dieser Session an den Reichstag gelangt, soll jeccck dabei keineswegs ausgeschlossen sein. — Der Verein zur Besserung der Straf gefangenen, der gestern unter Geh. Rath Starke's Vorsitz im Landgerichtsgebäude der Iüdenftraße tagte, bat in diesem Jahre bereits 482 Strafentlassene in Arbeit bringen können, gegen 414 im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Von den 482 sind 405 der Landwirthschaft zugesührl worden. — Zu einer dauernden Organisation des Han dels- und der Industrie gegen das Agrariertbum wird in einem Rundschreiben aufgefordert, welches der „Bors. Cour." wie folgt mittheilt: „Hochgeehrter Herr! Tie Unterzeichneten erlauben sich, Sie zu einer Versammlung im Hotel de Rome, Unter den Linden 39, aui Mittwoch, den II. März, Abends 8 Uhr, ergebens! einzuladen. Es soll bei dieser Zusammenkunft darüber berathen werden, in welcher Weise Handel und Industrie den Ausschreitungen des Agrarier- thums durch eine dauernde Organisation wirkungsvoll entgegen treten können. Wir handeln bei dieser Einladung in Ueberein- siimmung mit Anregungen, die uns aus mehreren großen Handels Plätzen Deutschlands zu Theil geworden sind. Mit vorzüglicher Hochachtung Barthold Arons, in Firma: Arons L Waller, vr. Ludwig Bamberger. E. Behren», in Firma: Maschinen fabrik „Cycwp", Mehlis L Behrends, Aeltester der Kaufmannschaft von Berlin. Geh. Eomm.»Ratt> Fd. Frentzel. Georg Fromberg. W. Hagelberg, Aeltester der Kaufmannschaft von Berlin. Geb. Comm.-Rath Alb. Hahn. Paul Heckmann. Hermann Jacoby. Stadtrath I. Kaempt, Bice-Präsident der Nettesten der Kaufmann schaft von Berlin. Stadtrath H. Kochhann, Vice-Präsident der Nettesten der Kaufmannschaft von Berlin. Emil Kümmerte, Generat-Consul Eugen Landau, in Firma: Jakob Landau. Richard Michel et, Tirector der Bank für Handel und Industrie. Coimn - Rath Hugo Lovcnheim. Rich. Rösicke, Director der Schuliheiß- Brauerei, Actien-Gesellschaft, Mitglied des Reichstags. Eisenbahu- Director a. D. Karl Schrader. James Simon, in Firma: Gebr. Simon. Siegfried Sobernheim, in Firma: Gebr. Sobern- heim, Aeltester der Kaufmannschaft von Berlin. W. Staudt, in Firma: Staudt Co. Max Sternthal, Director der Deutschen Bank. Sladtrath Or. M. Weigert, Aeltester der Kaufmannschaft von Berlin." — Die socialdemokratische Märzzeitung, dem Andenken an die Revolution von 1848 gewidmet, ist diesmal sehr früh, und zwar im Berlage von Auer L To. in Hamburg achlseitig erschienen. Bon der rothen Farbe, die früher bei Len im Bading'jchen Verlage herausgekommenen Märznummern unvermeidlich war, hat man Abstand genommen; rcth geblieben ist nur da» Titelbild und selbst verständlich der Inhalt. * Bremen, 10. März. Graf Hoensbroech hielt hier gestern Abend vor einer Versammlung von 4000 Personen einen vom Evangelischen Bunde veranlaßten Vortrag über die römische Kirche und das evangelische Christenthum. Die Versammlung war eine großartige Kundgebung de? Bundes. (M. Z.) .4. Pofen. Der bekannte MarcinkowSki'fche Verein zur Unterstützung der lernenden polnischen Jugend hat im Jahre 1895 23 000 an Beiträgen vercinnabmt, c. b. über 7 Proc. mehr als im vorhergehenden Berichtsjahre. Außer dem hat der Verein noch wesentlich höhere Einnahmen aus seinen Capitalzinsen gehabt. Somit war er im Stande, 51 000 .6 für Stipendien zu verwenden. Davon erhielten Gymnasiasten, Real- und Mittelschüler 19 500, während ter iSS Leuillrtsn. Die Leipziger Kleiderordnungen. Urbrr den ersten Vortrag, den Herr Stadtbibliothekar vr. Krokrr über Leipziger Kleiderordnungen am letzten Vor» tragSabend de» vergangenen Jahres im „Verein für die Ge schichte Leipzig»" hielt, haben wir bereits berichtet. In srinrm zweiten Vortrage kam der Herr Redner auf die Bewragründe der Kleiderordnungen zu sprechen. Einmal war es das Bestreben, der Verschwendung zu steuern und die AuS» artungen der Mode zu bekämpfen, in welchem Sinne die Geistlichkeit besonder« thätig war, die an der üppigen Pracht und unanständigen Entblößung Anstoß nahm unv den allzu weltlichen Geist in feurigen Bußpredigten strafte. Zweiten» kam hierzu der Wunsch, die alten Stände — Adel, BUrger- thum und Bauernschaft — auch in der Tracht getrennt zu halten. Dieser Wunsch tritt nicht nur in den Kleider ordnungen der französischen Könige, sondern auch in den Ordnungen der deutschen Städte und Fürsten deutlich hervor. Der Bauer-Mann sollte sich einfacher tragen al« der Bürger, der Bürger einfacher als der Edelmann, und in den Städten sollte der Handwerker geringer gekleidet sein als der Krämer und dieser geringer al« der Kaufherr und der Rath«berr. Diese Kleiderordnungen, die gegen die Eitelkeit erlassen Wurden, entsprangen zu einem guten Theile gerade der Eitel keit der herrschend«» Stande, die vor den geringeren Leuten etwa« voranShaben wollten. — Die Bezeichnung „Kleider ordnung- war für diese Polizeigesetze eigentlich viel zu eng. Diese Bestimmungen betrafen nicht allein den Aufwand in der Tracht, sie wendeten sich auch gegen die Verschwendung, die bei Kamilirnfestlichkeitrn, so bri Hochzeiten und Kindtaufen, getrieben wurden, sie suchten auch die großen Gastereien — „die Ouäfsr", wie e« damals in Leipzig hieß — zu beschränken, belegten ferner da« Glücksspiel mit Strafen, verboten die Schlittenfahrten in der Stadt, griffen auch später noch ver schiedene Einzelheiten heraus und tadelten bald Dieses, bald Jene». Trotzdem ist es nicht ganz unberechtigt, wenn man alle diese Bestimmungen der Kleiderordnungen zusammenfaßt. Denn wenn sich auch allerlei Schößlinge darum rankten, so bildeten doch die Verordnungen über Vie Tracht den Stamm de« Ganzen. Frankreich und Italien waren Deutschland im Kampfe gegen den Luxu« um Jahrhunderte vorauSgegangen. In Deutschland entstanden die ältesten Kleidrrorvnungen in den reichen süddeutschen und westdeutschen Stätten um dir Mitte de« 14. Jahrhunderts. Die sächsischen Städte folgten erst um die Mitt« des 15. Jahrhundert« nach, und zwar geschah dies unter dem Eindruck der Bußprrvigten v«S Franziskaner« Johann von Eapistran. Nachdem der Kampf auch hier einmal begonnen batte, wurde er bald mit immer schärferen Waffen geführt. Die älteste Leipziger Kleiderorvnung — die vom 20. December 1452 — batte nur eine Einzelheit gerügt. „Da« Tragen der spitzen Schuhe oder Schnabelschub«." Aber schon in seinen nächsten Erlassen griff der Rath weiter, und schließlich richtete er sein« Aufmerksamkeit fast auf alle Kleidungsstücke und Sckmuckgegenständt von den Hüten der Manner und den goldenen Haarnetzen der Frauen bi« zu den Schuhen hinab. Auch die Universität ging gegen den LupuS der Studenten vor, wir denn 1482 dir Landesherren, Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht, ebenfalls mit einem aus führlichen Polizeigesetz in den Kampf «intraken. Um die Wende de« 15. und 1K. Jahrhunderts nahmen sich auch die Reichsstädte der Kleiderordnungen an und schon 1506 wurde in Leipzig die erste gedruckte Kleiderordnung auSgegeben, unter de>» Titel „Etliche der Stat Leipczk Gesetz ebir der Burger, Burgerin auch ander inwoner tracht, Cleidung wirt schaft vnd anders, vß des Raths ordnungen vnd statuten insunderheit gezogen, Verkündiget Dornstag nach b'elwis in kiuels anno 1508 in der fürstlichen Stat Lipczk durch Jak Thanner von WUrzburgk, Mitbürger." Diese Kleiderordnung ging aber nicht au« der Initiative de« Rathe« hervor, sondern sie folgt« einer Auf forderung de« Herzog« Georg de« Bärtigen, der darüber klagte, daß man die Hochzeiten und Kindtaufen und andere Wirtschaften zu herrlich angestrllet und in Kleidern sich zu kostbar bisher gehalten habe. Es war auch, wie schon der Titel bes^t, keine völlig neue Ordnung. Ihr Inhalt war auS des Raths Ordnungen und Statuten gezogen, da» beißt sie wurden im Wesentlichen durch die schon früher getroffenen Be stimmungen erneuert. So wurden auch jetzt wieder innerhalb der Bürgerschaft dir Rathsherren und di« ihnen gleichgestellten reichsten Kaufherren vor den übrigen Einwohnern bevorzugt. Den RathSherreu wurde gestattet, Kleider bis zu einem Werthe von vierzig Gulden zu tragen. Wenn man berück sichtigt, daß damals daS Geld vielleicht zehnmal böber im Preise stand al« jetzt, so ist ersichtlich, daß die Schranken, innerhalb deren sich die Modenarrbeit, trotz aller Kleider ordnungen auStoben durfte, nicht allzu eng gezogen waren. Dagegen wurde auch den RatbSherren und ihren Frauen Pelzwerk von Hermelin. Zobel und Lassitz — eine Wieselart ----- verboten, und ebenso ibnen jeder goldene und silberne Schmuck untersagt; nur ihre Frauen sollten an den Hauben eine Unze Gold tragen dürfen, während ibren Töchtern vier Loth Perlen, im Werthe von sechzehn Gülden, zu tragen gestattet war. Die gewöhnlichen Bürger und Handwerker sollten kein Kleid tragen, da» theurer Ware al» zwanzig! Gülden, ibre Frauen kein« theurer al« achtzehn Gülden; edle Steine, Seide, Reiherfedern oder Straußfedern wurden ihnen gänzlich verboten, und ihre Perlen sollten höchsten» sechs Gülden werth sein. „OeffentlickenjFrauen" war anbefohlen, sich durch einen kurzen gelben Mantel mit blauen Schnuren kenntlich zu macken. Das Hochzeitsgeschenk sollte nickt mehr al» einen Gülden betragen, bei Strafe von drei Gülden, das Patbengescbenk aber nur einen Gülden. Auf diese älteste gedruckte Leipziger Kleiderordnung folgte ein Zeitraum von neunzig Jahren ohne jede Kleiderordnung. Erst auS dem Jabre 1596 stammt die zweite un» erhaltene Kleiderordnung au« Leipzig. Dies ist außerordentlich merk würdig. AuS den fünfzig Jahren zwischen 1452 und 1506 kennen wir dock mindesten» sechs Ordnungen, und aus den neunzig Jabren zwischen 1506 und 1596 kein« einzige. Wie mag sich die» erklären? Ist hier eine Lücke in der lleberlieserung oder batte man während der Reformationszeil gar keine Äeranlafsung gehabt, gegen den LuruS anzu kämpfen? Ueberblicken wir die uns erhaltene Literatur, so findet sich allerdings manche Lücke in unserer Ueberlieferung unv c« wäre reckt wohl denkbar, daß die eine oder di« andere Leipziger Ordnung verloren gegangen s«in könnte. Die ein leitenden Worte der Verordnung von 1596 scheinen dies sogar zu beweisen, indem sie bezeuge», der Rath hätte „hicbeuorn zu vnterschiedenen mahlen löbliche nützliche und notbwendize Verordnuna vnd Bersehung über Tracht und Kleidung erlassen." Blickt man aber aus dir anderen drutschen Städte, so überrascht es, baß überall und nickt nur in Leipzig, da« fünfzehnte und da« siebzehnte Jahr hundert überaus reich an Kleiderordnungen waren, während das sechzehnte Jahrhundert deren nur wenige aufzuweifen hat. ES fft eine Thatsacke, die für ganz Deutschland fest steht, daß die deutschen Städte im sechzehnten Jahrhundert, also im ReformatwnSzritalter, selten gegen den LuruS ihrer Burger emgesckritten sind. Man hat die» dadurch zu er- klären versucht, daß die Reformation die Gewiffen geschärft
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