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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960316027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896031602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896031602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-03
- Tag1896-03-16
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Die Expedition Ist Wochentag? unnnterbrochrn g»öflnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: cito MkNtitt's Lortim. (Alfred Hshnt, UniversitätSstrahe 1, Lottis Lösche, Natbarinenstk. 14, pari, und KönigSplah 7. Abend-Ausgabe. Uciz>)igtr TagMM Anzeiger. ÄmtoKlatt des Königlichen Land- und Ämtsgerichies Leipzig, des Nalkes und Vokizei-Änttes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prett die 8 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Rrclainen unter demRedactionsstrich (4ge- spalt»n) bO^tz, vor den Jamiliennachrlchreii (Kgtspaltrn) 40^. Eiröhet» Schriften laut unserem Preis- verzeichn^. Tabellarischer und Mernjatz nach höherem Tarif. Vrtra-Veilaaea (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderuna SV—, mit Postbeförderung 70.-. Ännahmeschluß fnr Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die GtzpeVMon zu richten. Druck und Verlag von S. Polz in Leipzig Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. März. In den beiden letzten Sitzungen des Reichstags haben die Gegner unserer volontalpoltttk sich wieder einmal eine Gitte gethan und leider war ihnen dazu willkommene Gelegenheit geboten. Nicht nur durch die Herren Leist und Wehlan, aus deren Thatcn in der Debatte zurückgegrisfen wurde, sondern auch durch Vr. PeterS und die ihm vorgesetzte Behörde. Die letztere ist in einer schweren Lage. Sie hat bei der Wahl der Colonialbeamten keine große Auswahl und muß überdies mit der Thalsache rechnen, daß für den Dienst in unseren Colonien nur Männer sich eignen, die robuste Ge sundheit mit einem Drang nach energischer Betbätigung ihrer Kraft und einer gewissen Neigung zu Abenteuern verbinden. Daß solche Kräfte nicht selten sich aneinander reiben und rücksichts loser vorgehen, als sie in ver Heimatb würden vorgeben können, ist natürlich. Um so sorgfältiger hätte aber auch schon längst darauf Bedacht genommen werden müssen, die Befugnisse dieser Beamten zu begrenzen und allzu rücksichtslose Drauf gänger zu entfernen. Daß das nicht geschehen ist, Hal schon wiederholt zu berechtigten Klagen und Ausstellungen geführt. Dies» Unterlassung gereicht aber jenen Draufgängern zu einer gewissen Entschuldigung, besonders wenn sie durch ihre todver achtende Energie große Erfolge errungen haben und eben deshalb mit besonderer Schonung behandelt worden sind. In solchem Falle befindet sich vr. Peters. Ganz auf eigne Faust hat er unter den schwersten Berhältnissen feine ersten Verträge in Afrika abgeschlossen und seine Emin Pascha-Expedition durchgeführt; die großen Verdienste, die er sich dadurch erworben, sicherten ihm eine milde Bcurtheilung des mörderischen Kriegszugs, den er mit stolzem Behagen selbst geschildert, weitere Ver wendung im Colonialdienst und eine weitgehende Duldung jener Schwächen, die aus einem Ueberschuß an rücksichtslosem Thalendrange sich ergeben. Daß jene Parteien im Reichstag, die in unserer ganzen Colonialpolitik ein Uebel erblicken, jene Schwächen ebensowohl, wie die Rücksichten der Behörde auf die Natur der colonialen Draufgänger beim Colonialetat znr Sprache brachten, kann man ihnen nicht verargen. Aber die Art, mit der Parteiredner, die seit der Wahl des jetzigen Reichs tags nationale Begehungs- und Unterlassungssünden gebäuft haben, am Freitag und Sonnabend aus Grund erst noch zu prüfen den Anklagematerials sich zu Richtern über Peters und seine vorgesetzte Behörde aufwarfen, ist beschämend für das deutsche Parlament. Wenn ein Bebel Beschuldigungen erhebt, ohne die Beweisstücke auf den Tisch des Hauses zu legen, so ist es des deutschen Reichstags unwürdig, daraufhin das schärfste Verdammnngsurtheil zu fällen, und unwürdig des Präsidiums, Ausrufe zu dulden, die an Pöbelexcesse erinnern. Prüft man rukig und objectiv die an beiden Tagen gegen ttr. Peters erhobenen Beschuldigungen, von denen die schwerste die der Tödtung zweier Menschen ist, so sieht man sich, wie geringe Vorliebe für den Angeschuldizten man auch hegen mag, zu vorsichtiger Zurückhaltung des Urtheilß gezwungen. Der Abg. Bebel hatte am Freitag behauptet, daß Peters am Kilimandscharo unter vorbergängiger Beobachtung der For malitäten eines Kriegsgerichts ein Negermädchen, das seine Geliebte gewesen, weil cs sich mit einem Neger eingelassen, sammt diesem Neger habe hängen lasten. Die Verur teilung der Briden sei wegen angeblicher Spionage Montag den erfolgt, Peters habe aber später in einem Briefe an den englischen MissionSbisckof Tucker sich dabin gerecht fertigt, er sei mit dem Mädchen nach mobamedanischem Gewtz verbeiratbet gewesen und habe Kraft dieses Gesetzes die Ehebrecherin tobten dürfen. Dieser Brief, wenn wirklich geschrieben, würde den unwiderleglichen Beweis liefern, daß die Hinrichtung nicht in Verfolgung der dem NeickiScommiffar am Kilimandscharo zugefallenen Aufgaben berbeigefübrt worden sein konnte. Direktor Kayser erklärte denn auch am Sonn abend im Reichstag, daß in einem solchen Briefe, von dessen angeblicher Existenz die Colonialabtheilun^ erst ans Bedel'ß Munde etwas erfahren hätte, ein volles ^ckultbekennlniß zu erblicken wäre und daß die Behauptung des socialdemokratischen Abgeordneten den Reichskanzler veranlaßt habe, sofort eine neue Untersuchung gegen Peters anzuordnen. Dieser Erklärung ließ nun der Abgeordnete Graf Arnim die Verlesung eines an ibn gerichteten Schreibens dcS ttr. Peters folgen, in dem dieser versichert, niemals einen Brief dieses Inhalts an Tucker geschrieben zu haben, und bestreitet, daß das Hingerichtete Mädchen dasjenige gewesen sei, mit dem er Beziehungen unterhalten batte. Die Gehängte, so versichert Peters weiter, habe sich mit dem Neger, der auch des Dieb stahls geständig war, in einer für die Truppe des Neicks- commissars kritischen Zeit des Verratbs schuldig gemacht, und er sei zur Vollziehung des Unheils durch seine Unler- officiere, die um der eigenen Sicherheit willen ein Exempel statuirt sehen wollten, gezwungen worden. Graf Arnim erhob gegen Bebel den Vorwurf, dieser habe zur ergiebigen Ausbeulung des Vorfalles die Phantasie des Publikums durch einen Act der Eifersucht zu entzünden versucht. Nun konnte zwar Tirector Kayser durch Verlesung eines mit Peters aufgenommenen und von diesem unterzeichneten Protokolls einen Widerspruch der neuesten Behauptung Peters' über sein Verhältniß Zu dem Hingerichteten Negermädchen mit einem früheren Eingeständniß in dem selben Puncte feststellen; die protokollarische Bekundung ist jedoch nicht von der Art, daß ein Act der Eifersucht an genommen werden könnte. Ueber die Ableugnung des Schreibens an Bischof Tucker ließ sich Vr. Kayser selbstver ständlich nicht aus, da der Behörde hierüber zur Zeit keinerlei Material zu Gebote stebt. Die Frage der Selbstbeschuldigung bleibt also zunächst offen. Dagegen läßt diejenige nach dem Vorhandensein eines dringenden Verdachts beim Colonialamt zu der Zeit, wo PeterS zum Landeshauptmann von Tanganika ernannt wurde, und früher eine bejahende Beantwortung zu. Schon am Freitag hatte Vr. Kayser, obschon er PeterS vertheidigen zu wollen schien, seine Zweifel an dem Vorhandensein eines auch sub jektiven Verschuldens mit einigem Zagen laut werden lassen, und am Sonnabend hat er seine bisherige Lage Or. Peters gegenüber mit der wenig beneidenSwerthen eines Richter verglichen, der nach dem Gesetze freisprechen muß, wo er bedauert, nicht strafen zu können. Wenn ein Vorgesetzter einen Untergebenen von einem juristisch und menschlich fürchterlichen Verdacht nickt freisprechen kann, so ist er, sollte man meinen, berechtigt und verpflicktet, nach einer Lösung des dienstlichen Verhältnisses zu trachten. Jedenfalls aber bat er keinen Grund, dieses Verhältniß zu befestigen und — wie es mit der Ernennung des Vr. Peters zum Landeshauptmann in Afrika geschehen ist — aber- 16. März 1896. malS die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen sich Unthaten, wie die gemuthmaßten, wiederholen können. Der Abg. vr. Hammacher bat dieses Moment nickt unberührt gelassen und zugleich auf den wundesten Punct bingezeigt, den die wider Peters ergebnißlos durchgeführte Untersuchung auf zuweisen hat. Der Lieutenant Bronsart von Schellen dorf, der sich geweigert batte, die Erecution der beiden vom Kriegsgericht verurtheilten Schwarzen zu vollziehen, ist, wie vr. Kayser —> nicht auf die Bemängelung des Abg. vr. Hammacher hin, sondern in einem späteren Stadium der SonnabcndSdebatte — mittheilte, als Zeuge vernommen worden und hat ausgesagt, er habe das Urtheil mißbilligt und deshalb die Execution abgelehnt. Peters bestreitet die Ablehnung, und der Director der Colonialabtheilung begnügt sich mit der Feststellung, es sei unklar, ob die Weigerung stattgefunden habe oder nickt. Aber an die Aufklärung dieses Punktes hätte Alles gesetzt werden müssen, denn wenn der Officier die Vornahme der Execution abgelehnt bat, so spricht dock die größte Wahrscheinlichkeit dafür, daß er so gehandelt, weil er die Einsetzung und den Spruch des Kriegsgerichts nickt als dienstliche Acte ansehen konnte. Die principielle Seite der Angelegenheit wurde gl ichsalls vom Abg. Or. Hammacker hervorgekebrt, der es n chl billigte, daß man lange Zeit die Nichtverfolgbarkeit des i i Afrika verübten Amtsmißbraucks tbatenlos über sich bat ergeben lassen. Gerade weil die Schlußfolgerung des Justiz ministers Schönstedt: „Da die Amtsgewalt Leijl's die reine Willkür war, ist er criminell nicht zu fasten gewesen" juristisch unantastbar ist, hätte man die Gewalt der Colonialbeamten begrenzen müssen. Das Geschäft der Anschwärzung aller Colonialbcamten ohne Ausnahme, das von Rednern der Linken auch am Sonnabend wieder betrieben wurde und beute fort gesetzt werden dürste, würde durch eine rechtzeitige Regelung der Beamtenbefugniß erheblich erschwert worden sein. Ueber den von der Budgctcommission des Reichstags an genommenen Antrag des CentrumsfübrerS Or. Lieber, im EtatSjabre 1896/87 die rechnungsmäßigen Uebrrscküsse der Ueberweisungssteuern rund zur Hälfte den Bundesstaaten zufließen zu lassen, zur anderen Hälfte aber vom Sckulden- titel des Reiches abzuschreiben und eine gleiche Regelung auch schon für das laufende Jahr 1895/96 stattsinden zu lasten, bat sich, wie die „Berl. Polit. Nachr." erfahren, der Schatzsccretair Graf v. Posadowsky dahin geäußert, daß er einen Versuch mit der Tilgung der Neicksschulv nur will kommen beißen könne, daß e« sich sicher aber mehr empfohlen hätte, diesen Versuch in die Form eine« Gesetzentwurfs zu kleiden. In der Einfügung der betreffenden Be stimmung in daS Etats ge setz könnten die verbündeten Regierungen eine Beeinträchtigung ihrer Ent schließ» ngSfreibeit erblicken. Der Antrag entspreche auch nicht dem letzten Finanzreformgesetz, welches die un- getheilte Ueberweisung der rechnungsmäßigen Ueberschüsse an daS Reich vorsah. Er könne bei dieser Sachlage auch bezüglich der Stellung der verbündeten Regierungen zu dem Anträge Lieber zur Zeit keinerlei Erklärungen ab geben. Auch wolle er schließlich noch darauf Hinweisen, daß dieser Antrag die Notbwendigkeit bedinge, feste Grundsätze für die Veranschlagung der Einnahmen zu beschließen, da die Form der Veranschlagung jetzt eine wesentliche Grundlage SV. Jahrgang. für die Bemessung der Matricularbeiträge und damit auch für die Gestaltung der rechnungsmäßigen Ueberschüfse bilde. Zu dieser Auslastung bemerken die „B. P. N." ganz im Sinne unserer schon aM Sonnabend ausgesprochenen Ansicht: „In dieser Erklärung hat der Staatssecretair des Rrichsfchatz- amies mit vollem Rechte darauf hingewiesen, welche schweren Bedenken es habe, derartige Bestimmungen ohne jede Vorbereitung durch einen einfachen Beschluß der Budgetcommission in das Etats gesetz auszunehmen und dadurch die verbündeten Regierungen in eine Zwangslage zu bringen. Der für die Regelung der finanziellen Verhältnisse allein des kommenden Jahres bestimmte Etatsgesetzeutwurf greift demnach sogar in das laufende Jahr zurück und entzieht den E i n z e l st a a t e n Mittel, auf welche sie bereits ein verfassungsmäßiges und gesetzliches Recht haben und über welche sie zum großen Theile schon disponirt haben, jedenfalls zu disponiren berechtigt waren. Auch für die Zukunft würde der Antrag die Lage der Einzelstaaten noch wesentlich ver schlechtern, da in guten Jahren denselben die Mittel verkürzt werden, während sie in ungünstigen Jahren sich eine Steigerung der Matricularumlagen gefallen lassen müßten. Der Antrag zeigt wiederum, wie nolhwenoig eine organische Regelung des Verhältnisses der Einzelstaaten zum Reiche auf dem finanziellen Gebiete ist und zu welchen bedenklichen Eonse- qnenzen im Finanzwesen eine Gelegenheitsgesetzgebung führt, so gut sie auch gemeint sein mag." Die Bulgaren haben nun einen Fürsten, einen wirklichen, der den Anerkennungsferman des Sultans in ter Tasche hat. Sie können stolz darauf sein, denn einen fürstlicheren Fürsten bekommen sie nicht wieder, bat Ferdinand I. dock schon am Goldrien Horn, um das fürstliche Decoruni zu wahren und der Etikette nichts zu vergeben, einen kleinen Zwischenfall geschaffen, der sein Ansehen in den Augen der Muselmanen gewaltig gehoben haben soll. Was das Verhältniß des Fürstenthums zu Rußland anlangt, so ver sichert die osficiöse Petersburger Presse auf das Feierlichste, daß Rußland nichts ferner liege, als sich in die innrren Verhältnisse Bulgariens einzumischen; es verlange „nur", daß die bulgarische Regierung sich in Zukunft aller Schritte enthalte, welche geeignet seien, die Interessen Rußlands zu schädigen oder den Frieden ans der Balkanhalbinsel zu stören, da hierdurch das Larenreick in internationale Verwickelungen, die es gegenwärtig absolut nicht brauchen kann, bineingezogen werden konnte. In diesem Sinne bat die russische Regierung nicht nur Len mace doniscken Comits« friedfertige Ratbschläge ertbeilt, sondern sie ist auch entschlossen, ihren jüngst ernannten d i p l o m a t i s ck e n Vertreter in Sofia, Tscharv kow, in demselben Augenblicke wieder ab zuberufen, wo die genannten Comit 6 s durch das Sofianer Cabinet offene oder ge- beime Unterstützung finden sollten. Wir begrüßen eS mit Freuden, daß Rußland seinen Einfluß in Sofia zur Ver hütung aller der Rude auf der Balkanhalbinsel gefährlichen Pläne geltend machen wird, aber für ehrgeizige Pläne Ferdinand'« I. ist jetzt kein Platz mehr, er wird russische -Ordre pariren müssen, oder er wird nicht mehr sein. Auf Kreta verschlimmern sich die Zustände zusehends, und wenn man im Aildiz-Kiosk die bisherige schroffe Verneinung gegenüber den "Beschwerden der Kretenser beidebält, ist ein Aufstand sicher zu erwarten. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Pforte im Stande ist, einen Aufstand aus Kreta ^eiriHetoir. Zeine „Lumme" kleine ^rau. Lös Roman von F. Klinck-LiitrtSburg. Nachdruck verboten. Später ging man mit einem Achselzucken darüber hinweg. Die kleine Fran Herrengrund war wohl nichts weiter als eine kokette Person. Der Rechtsanwalt hatte übergenug mit ihr zu schaffen, man sah es ja dem Manne auch an, daß er nicht auf Rosen gebettet war. Wie hatte er sich in der kurzen Zeit seit seiner Verheirathung verändert! Darum war Unfriede in seinem Hause. Auch mit dem Assessor Ragnbn hatte sie kokettirt. Ia — an dem Abend, als man sic bewußtlos im Schnee gefunden — lag sie keine fünf Schritt von der Wohnung des Assessors entfernt. Insbesondere sfräulein Reitzenstein wußte mit siegender Beredtsamkeit alle Möglichkeiten zu einer vollendeten Gewißheit zusammenzu fügen. Nun, ihre Strafe hatte die junge Frau bekommen. Sie war zunächst unter katarrhalischen Erscheinungen erkrankt und ihr Zustand hatte sich nach einigen Tagen so sehr ver schlechtert, daß ihr Gatte telegraphisch Vater und Mutter kerbeigerusen batte, da er jeden Augenblick den Tod seiner Gattin erwartete. Sie erholte sich zwar wieder, war aber jetzt, Ende März, noch so schwach, daß man sie von einem Bett ins andere tragen mußte und Frau Bodenstein noch immer nicht an die Abreise denken konnte. Dem war in der That so. Volle sieben Wochen nach tem Tage, an welchem Vorübergehende die junge Frau, bereits von einer leichten Schneebrille überdeckt, am Fuße einer Straßenlaterne zusammengekauert gefunden, lag sie noch immer bleich und still, ohne daS geringste Zeichen von Tbeil- »ahme für ihre Umgebung, aus ihrem Lager. Nur dem Umstand, daß sie nicht im Dunkeln daS Bewußtsein verloren, war e« vielleicht zu danken, daß sie bald gesehen und so von einem sicheren Tod errettet worden war. Gatte, Vater und Mutter, am wenigsten aber der Arzt, batten in der ersten Zeit daran gedacht, sie dem Leben zu erkalten. Wochenlang durchschüttelte den zarten Körper der jungen Frau ein furchtbare« Fieber, und al« diese« endlich nachgelassen, lag sie noch lange Zeit wie eine Tobte. Alle Bemühungen, ihr Interesse für irgend etwa« zu beleben, scheiterten. Auf an sie gerichtet« Fragen gab sie keine Ant wort, nur das Bedürfnis einer absoluten Ruhe machte sich »n ihr bemerkbar. Frau Bodenstein war nickt von dem Lager ihres KindeS gewichen; Scklaf hatte sie in einem Lehnstuhl am Bette des selben gesucht und gefunden. Die Fieberphantasien der Kranken, obgleich sie nur zu einem geringen Tbeil von ihr verstanden wurden, lieferten ihr doch den Beweis, daß ihre Besorgnisse, die sie in Bezug auf da« Eheglück ihres Kindes gehegt, keine übertriebenen gewesen. Sie war aber weit davon entfernt, den Schwiegersohn als den schuldigen Tbeil anzuseben. Gertrud's Charakter, den sie ja gewiß zu würdigen verstand, war ihr seit jeher Anlaß zur Sorge gewesen. Das, was sie von der Welt und den Menschen verlangte, ließ sich eben absolut nicht erreichen, aber Fran Bodenstein hatte ge hofft, daß ihre Lehren nicht wirkungslos gewesen waren und die Liebe zu dem Gatten manche Härten an ihr abschleifen würde. Auf einen solchen AuSgana war ste nicht vorbereitet. Herrengrund batte sich nur selten im Krankenzimmer sehen lassen. Wenn die Welt sagte, daß eine große Ver änderung mit ihm vorgegangen sei, so enthielt dies nur eine Wahrheit. DaS ewig lächelnde, freundliche Gesicht blickte zu meist mürrisch und verdrossen in die Welt, und seine Leute auf dem Bureau fanden alle Tage mehr Anlaß, die schlechte Laune deS „Alten" nicht berauSzufordern. Anlaß zu einer solchen war ja freilich für ibn bis zum Uebermaß vorbanden. Erstens die kranke Frau, nnd dann auch noch mancherlei Aerger im Geschäft — man konnte ihm schon ein bischen zu gute halten. Der geschäftliche Aerger aber machte ihm jedenfalls am meisten zu schaffen, wie sein Bureauvorsteher und die Schreiber annahmen. Man merkte ihm an, daß er sich nicht befriedigt fühlte. Vielleicht hatte er gehofft, ein Therl von Leineweber S Clienten würde nun ihm sich zuwrnden, aber auch nicht ein einziger davon verirrte sich in Herrengrund'S Bureau. Die Sache deS Herrn von Greisingen war von ihm doch eigentlich zu schleckt geführt worden. Kaum daß der Iustizrath Hell muth sie übernommen, da ging e« Schlag auf Schlag, während Herrengrund ihm eigentlich nicht« genützt, sondern eher geschadet hatte. Diese Meinung hatte insbesondere der Amtsrichter Dörner offen ausgesprochen, indem er gesagt: „Irren ist menschlich. Wenn unserein« zum ersten Malt einem Menschen entgegentritt, von dem man nur da- Schlechtrste gehört, und eS kommt noch diese« oder jene« Moment hinzu, daS unS auffällig ist und mit Allem, wa« un« zugetragen worden, im Einklang zu sieben scheint — ja — du lieber Gottl Ein Richter tbut sein Beste«, er ist aber doch nickt unfehlbar! Ganz anders strbt'S mit Herren grund. Soviel UrtheilSvermögen muß man doch schließlich von einem Rechtsanwalt verlangen, daß er einen ehrlichen Kerl nicht für einen Gauner hält, und zu Maßnahmen greift, die dem Richter die Vermuthung autvrängen, er habe eS mit einem solchen zu tbun. Wohin kommen wir da? Ich mache Herrcngrund für den ganzen Kram, der dem Haupt mann von Greisingen im Laufe der letzten zehn Monate passirt ist, verantwortlich, und wenn ich der Geschädigte wäre, so wüßt' ick die Stelle schon zu finden, ihm zu zeigen, waS Pflickt beißt." Die Worte des Amtsrichter- waren schnell genug weiter getragen worden, und mochten wohl nicht ohne Einfluß auf die Beurtheilung Herrengrund'S geblieben sein. Einen ge schäftlichen Nachtheil konnte man sehr gut für ibn daraus verleiten. Er selbst wußte am besten, wie tief einschneidend der Fall Greifingen auf seine Zukunft wirken würde. Jahre konnten vergehen, ehe der Angriff auf seine Tüchtigkeit der Vergessenheit übergeben war. Und wem dankte er diese Niederlage? Seine Weißen Zähne preßten sich in seine Unterlippe, und seine Hände ballten fick zusammen, wenn er diese Frage sich beantworten mußte. Wem anders als der dummen, kleinen Frau, die nichts von der Welt wußte und sich in seine geschäftlichen Angelegenheiten gemischt. Erst hatte er keine Ahnung von dem Geschehenen gehabt. DaS unverschlossene Fach seines Schreibtisches war ihm nicht aufgefallen, noch hatte er die in demselben aufbewakrten ZeitungSblätter und den Entwurf de« Artikels vermißt. Ihre eigenen Fieberphantasien hatten ibn erst stutzig und aufmerksam gemacht. Dann war rin Unglück nach dem anderen für ibn ge kommen und daS Ende noch nicht abznseben. Wilhelm Herrengrund trocknete sich oft die kalten Schweißtropfen von der Stirn, wenn er des möglichen AuSgangeS gedachte. Herr von Greifingen hatte die Beleidigungsklage gegen die ver schiedenen Zeitungen erhoben. Direct war für ibn nichts zu befürchten, nicht einmal durch den Zeugnißzwang, die Re» dacteure würden seinen Namen nicht nennen. Es gab aber einen Fall, in welchem er sich al« unrettbar verloren be trachten konnte: wenn der Entwurf des Artikels zu Tage kommen sollte. Wilhelm Hrrrengrund verlebte eine grauenvolle Zeit. Die Strafe, welche ihm durch dieselbe zu Tbeil wurde, dünkte ihm in keinem Berbältniß zu seinem Vergehen, obwohl die Folgen desselben ihn förmlich verblüfften. Er würde doch nicht die Verurtbeilung eines Clienten berbeizusübren versucht haben, von dessen vollkommener Unschuld er überzeugt gewesen wäre. Niemand konnte mehr von dem scheinbar wirklichen Sach verbalt der Dinge, die Herrn von Greifingen bedrängt, über rascht sein al« er selbst. Nicht im entferntesten hatte er sich die Gischichte so gedacht. Alle« — wa« Herr von Greifingen ibm gesagt — wahr! Konnte denn nur ein vernünftiger Mensch den Unsinn begreifen! Er batte sich von Anfang an eine falsche Vorstellung gemacht, Nagel'- Einfluß war hinzu ¬ gekommen, die Meinung deS Amtsrichters Börner — der nun die Schuld auf ihn wälzen wollte und dock sein Bestes ge than, ihn in seiner Unsicherheit zu bestärken. Er hatte in der Tbat geglaubt, daß mit dem ehemaligen Haiwtmann nicht Alles in Ordnung gewesen. Endlich — der Verdruß mit seiner Frau. Ia, im Hinblick auf diese batte ihm wirk lich daran gelegen, zu beweisen, daß er fick nicht über Herrn von Greifingen getäuscht, und in seinem Eifer hatte er fick zu etwas binreißen lassen, daS gewiß bester ungeschehen ge blieben wäre, aber nicht dazu batte dienen sollen, diesen Mann zu stürzen. DaS Schlimmste, besten man ihn be schuldigen konnte, war doch nur, daß er mit gearbeitet, einen vorausgesehenen Sturz zu beschleunigen. Für einen Irrtbum — Herrengrund wollte nur einen solchen anerkennen — war die Strafe zu hart, schon jetzt Nickt nur seine juristische Laufbahn war dadurch in einer nicht auszugleichenden Weise geschädigt worden, sondern auck das Glück seiner Ebe zerschellt. E« würde nie mehr zu einer Verständigung zwischen seiner Frau und ihm kommen können. DaS, was sie ihm zugefügt, würde immer unvergessen bleiben, und sie? Nicht ein Mal hatte sie nach ibm gefragt. In ihren Blicken, mit welchen sie ibn angesehen, lagen schwere Vor würfe — nicht« weiter. E« wurde ihm unendlich sauer, nur den Schein zu wahren. Wenn es nach ibm gegangen wäre, nicht um Alle« in der Welt würde er das Krankenzimmer betreten haben. Aber er wenigsten« wollte nicht Anlaß zu Redereien geben. Allmählich begann die Kranke sich zu erholen. Durch die offenen Fenster drang der Duft der Veilchen uns Hyacintben, und Frau Gertrud saß daran die werdende Natur zu beob achten. Wa« war in dem Zeiträume von nicht einem Jahre au« der allerdings zarten, aber doch gesunden jungen Frau geworden? Eia unendlich schmales, blasses Gefickt mit großen, tiefliegenden Augen, in welchem der Ausdruck einer heimlichen Sehnsucht lag, sckaute aus dem weißen Kisten hervor, auf welche« mit liebender Sorgfalt die Mutter das Haupt ihre« Kindes gebettet. Die kleinen, arbeit-gewohnten Hände lagen müde, gefaltet im Schooß. Der April brauste, von Stürmen durchschauert, vorüber, dann kam der Mai, al« wirklicher Wonnemond. Schon im Anfang desselben war die Natur in voller Pracht. E« hatte den Anschein, al« ob die junge Frau in der That sich zu erholen anfange. Auf ihren Wangen zeigte sich ein feiner Hauch von Rothe, und sie begann von einem Zimmer in da« andere zu gehen und Umschau im Hause zu halten. Rur da« Zimmer ihre« Gatten batte sie noch nicht wieder betreten. Leicheubläste bedeckte ihr Gesicht, wenn sie sich nur der Thür desselben näherte.
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