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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.03.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960323013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896032301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896032301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-03
- Tag1896-03-23
- Monat1896-03
- Jahr1896
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M Die vkorgen-An-gab« erscheint mn '/,? Uhr, di« Abeud-Uusgabe Wochentag» »m b Uhr. NrLactton und Lrprditto«: Johanne«,ass» 8. Dl« Expedition ist Wochentag» «nnnterbroche« ««öffnet von früh S bi» Abend» 7 Uhr. Filiale«: ktto Klemm'» Sortim. («Ifretz Hahn). Untversitätssttaß« 1, . . L-ut» Lösche, «atharinenstr. 14, part. und KSnigsplatz 7. BezugS-PreiS d« Hanpttxpedttioa od«r den im Stadt. b«irf n»d de» Bororten errichteten An», aabestrllen ab geholt: viertrliLbrlich ^14.50, bei zwetmaliaer täglicher Zustellung in» Hau» ^l -.50. Durch di« Post bezogen für Drutschland uud Oesterreich: »iertrljädrlich 0.—. Ltrect« täglich« Kreuzbandiendung in» Ausland: monatlich ^4 7.50. Morgen-Ausgabe. MpMer TagMM Anzeiger. Ämtsbtatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Votizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Montag den 23. März 1896. UnzeigenPreis die S gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionssttich (»ge spalten) 50-^, vor den Faniiliennachrichten (6 gespalten) 40/^. Gröbere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Tarif. kxtra»Vella,en (gefalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbeförderung Sv.—, mit Postb«förd«rung 70.—. Ännahmeschluß fir Anzeigen: Ab «ad »Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Vrt den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig so. Jahrgang. Amtlicher Theil. Holzarten 70 30 25 30 2000 75—100 125—150 175-200 225—300 1 60-80 35 30 Des Raths Forstdeputation. 15-25 40-70 3000 3000 3000 3000 3000 60 50 25 6 80 20 80 Stück, zahl 3000 2000 2000 1000 1000 3M 1000 150-200 1M-2M 100—200 300—4M 75-150 20-30 40—70 20—30 50 25 75 35 3M 2000 2000 1000 1000 40 20 65 30 M 50 140 I. I-»ndbNIr«r: a. Sämlinge: 2 jährige Eichen, (jasre. psä. I«. . 3 . . 2 jährigen Bergahorn, Xcer xseu- ckopl. 1/ 2 jährige Eschen, b'rnrinus ere. I.. 3 - » . » » Feld- und Wiesenverpachtung. Die nachstehenden, der Stadtgemeinde Leipzig gehörigen Grund» stücke 1) 85,27 a --- 1 Acker 162 IHR., Abtheilung IV der Parcelle Nr. 363b des Flurbuchs für Leipzig - Kleinzschocher, an der Ecke des Mühlwegs und der Plagwitzer Straße daselbst gelegen, 2) 94,52 a — 1 Acker 212 IHR., Theil von Parcelle Nr. 659 Höhe der Pflanzen em d. Verschulte: Amerik. Rotheichen, tzuere. rubra I-. Eichen-Ausschuh, (jusrc. peä. I,. . Eichen» u. Ahorn-Ausschuß . . . Birken, Lstnla alda I. Eschenblätt. Ahorn, ^oer nex. . . II. XuaeUldlrsr: Fichten, ^bies exe. Osc. 2 mal ver schult mit Ballen I. Wahl II I , II. 1 I. Preis pro Stück Waldpflanzm-Verkauf. von dem Forstreviere Leipzig-Lonnewitz können in diesem Frühjahre durch den Herrn Nevtersörster Zacharias iu Leipzig. Connewitz nachstehende Holzpflanzen zu den beigesetztrn Preisen gegen vaarzahlung oder Nachnahme und vorherige schriftliche Bestellung, sowie gegen Vergütung der Selbstkosten für Verpackung und Transport zur Bahn re. bezogen werden. dergleichen dergleichen dergleichen dergleichen dergleichen dergleichen Weißtannen, ^.dies peet. vee. 2 mal verschult mit Ballen vorstehende Fichten I-Wahl eignen sich besonder» zu Park» nnd Garten» anlagen, II. Wahl zu Remisen re. Lnpzig, am 9. März 1896. Hundert des Flurbuchs für Leipzig»Liubenau, an der Merse burger Straße gelegen, und 3) 2 da 10,2 a -- 3 Acker 239 (DR-, Parcelle Nr. 268 des Flurbuchs für Möckern, zwischen der abgebrochenen sogenannten Bauernbrücke und der Thüringischen Eisen bahn zu beiden Seiten des von ersterer nach der Marien- brücke führenden Fahrweg« von einschließlich eines Stückes Fluthriune sollen, and zwar da« »ä 1) vom 80. September und das L«I 2) von Anfang ds». JHS. ab auf 3 Jahre zum Feldbau, sowie das unter 3) von Anfang dsS. JHS. ab auf v Jahre zur EraS-, Heu- und iörummetnutzuug, mü Ausschluß feder anderen VeuutzuugSweise TteuStaa, den 24. März 18S6, Vormittag II Uhr im alten Polizeigebäude — Reichsstraße Nr. 3 — 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 22, an die Meistbietenden verpachtet werden. Die Versteigerung-» und Berpachtungsbedingungen sowie die bett. Lagepläne liegen auf dem Rathhaus-Saale, 1. Obergeschoß, zur Einsichtnahme au«. Leipzig, den 16. März 1896. Der Rath der Stadt Leipzig. Id. 324. le. 802. vr. Tröudlia. Morche. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Geschäftsräume können in unserem Melde amte, Wächterstraße Nr. 5, am 24. dieses Monats in Abtheilung II (für Fremd«), am 2S dieses Monat» in Abtheilung I, Buchstabe LI—2 (für bleibend« Einwohner), sowie Abtheilung ÜI (für Dienstboten), ferner am 20. und 27. dieses Monats iu Abtheilung I, Buchstabe I, (für bleibende Einwohner) nur dringliche Geschäfte erledigt werden. Leipzig, am 18. März 1896. DaS Polizeiamt der Stadt Leipzig. v. R. 1305. Bretschneider. H. General-Versammlung der vrtskrankenrafse für Leipzig und Umgegend Dienstag, den 31. März 1886, Abends 8 Uhr im Theatersaale des KrystallpalasteS, Leipzig, Wtntcrgartcnstratze 17/18 Tagesordnung. 1) Vornahme der erforderlichen Neuwahlen für den Vorstand; 2) Bericht des Finanz-Ausschusses und Abnahme der Jahres rechnung pro 1895; 3) Bericht des Verfassungs-Ausschusses; 4) Bericht des Sanitäts-Ausschusses; 5) Beschlußfassung über den Antrag des Vorstandes: „Er höhung der Leistungen an die Mitglieder und damit in Ver» düng stehende Aenderung der 88 II und 14 des Statuts". Teilnehmer an der Versammlung sind die im Februar laufenden Jahre« gewählten Vertreter der Mitglieder und der Arbeitgeber. Nur die diesen Vertretern der General-Versammlung zugehende Eintrittskarte berechtigt zur Theilnahme an der General-Versammlung. Diejenigen Vertreter, welche bis zum 30. d. Mts. eine Eintritts karte nicht erhalten haben, werden ersucht, diese im Bureau, Gellert- straße Nr. 7/9, I. Stock, Zimmer Nr. 16, zu reclamirrn. Leipzig, am 21. März 1896. Der Vorstand der OrtSkrankencasse für Leipzig und Umgegend. vr. Willmar Schwabe, Vorsitzender. G. Zonale Lilder aus dem sächsischen Dorfleben. Von Johannes Corvey. NaLdruck verboten. III.*) Eine Erholung im höheren Sinne giebt es bei uns nur selten; wenn man den Kirchgang, den die Bauern aber meistens auch nur nach alter Gewohnheit und mit sehr getheiltcm Herzen machen, und vielleicht eine Besichtigung der Felder an schönen Sonntag-Nachmittagen ausnimmt. An Sonn- und Festtagen wird in der Schänke von den Meisten Karte gespielt. Doch sind die Spielbelräge bei uns gering; nicht so in manchen benachbarten Dörfern, in denen nament lich früher von den Bauern sehr erhebliche Summen ver spielt wurden. Jetzt sind die meisten jener „hohen Spieler" entweder vernünftig geworden oder verdorben und gestorben. Doch fast sämmtliche Bauern und ebenso die „kleinen Leute" spielen in der Lotterie. Jede Ziehung wird mit Spannung erwartet; selbst jener Bauer, welcher nie eine Zeitung zur Hand nimmt, sieht au den Ziehungs tagen in der Schänke nach, ob seine Nummer „heraus gekommen" ist oder er zieht iu anderer Weise Erkundigungen ein. Zehn Mal enttäuscht, hofft man doch immer wieder auf einen glücklichen Treffer. Die Frauen sind dem Lotteriespiel gleichfalls hold und spielen ost auf eigene Rechnung; vielleicht mit dem Gedanken, durch einen größeren Gewinn in die Lage zu kommen, den Kindern ein gutes Stück Geld mit auf den Lebensweg geben zu können. Die Sorge für die oft sehr zahlreich vorhandenen Kinder ist in manchen Bauernfamilien groß, doch auch nur in gewisser Richtung. Ist das Kind krank,.so ist die Mutter meistens besorgt. Aber sie „verarztet" da» arme Spesen gewöhnlich mit allerlei oft recht thörichten Hausmitteln. Schlagen diese nicht an, so wird zu einer weisen Fran geschickt, die in jedem Dorfe Wohl vorhanden ist; erst wenn äuch deren Kunst nicht hilft, wird der wissenschaftlich gebildete Arzt geholt, der dann sehr oft zu spät kommt. Vor Aerzten und Medicinern hat der Bauer Respect, doch ist schwer zu entscheiden, ob dieser mehr auf die mit einer ernsten Krankheit verbundenen Geldkosten oder auf die Behandlung der Krankheit selbst zurückzuführen ist. Hal der Bauer aber einmal den Doctor geholt, so verlangt er auch ein Recept; je bitterer der Apotheker den Trank mischt und je höher der Preis ist, *) Artikel I. siehe Nr. 123 vom 9. März. Artikel II. Nr. 136 vom 16. März. um so höher steigt oft das bäuerliche Vertrauen zu der Heil wirkung. Die meisten Bauern in unserer Gegend sind von dein Wesen des menschlichen Körpers nur sehr schwach unter- ricktet. Oft behandeln sie sich in Krankheitsfällen nach Recepten, die der Thierarzt oder ein kluger Dörfler ihrem Vieh verordnet hat. Gesundheitspflege giebt eS nicht. Es ist merkwürdig und geradezu auffällig, daß der Bauer, der dock gewohnt ist, in der freien GotteSnatur die herrlichste Luft zu alhmen, in seiner Wohnung nicht da« geringste B«- dürfniß nach guter Luft empfindet. Für ein regelmäßiges Lüften der Räume hat er meisten« kein Verständnis. Thüren und Fenster werden im Winter fest verschlossen gehalten und auch im Sommer selten geöffnet. ES beruht das auf schlechter Gewohnheit, Unkenntniß und Geiz. Der Bauer denkt. eS sei schade um die Feuerung, wenn in einem geheizten Zimmer das Fenster geöffnet wird. Daher findet man besonders im Winter in vielen Bauernstuben und Schlafkammern bei uns einen üblen Dunst, eine verdorbene Luft, die dem nicht daran gewöhnten und nicht abgestumpften Be sucher den Aufenthalt darin sehr schnell verleidet. Alle Aus einandersetzungen des an das Krankenbett gerufenen Arztes über die Nothwendigkeit der Lufteruruerung bleiben entweder von vornherein ohne Wirkung oder werben sehr bald zu Gunsten des alten Schlendrians wieder vergessen. Achnlich sieht es mit der Gesundheitspflege auch auf anderen Gebieten auS. Es ist daher sehr leicht zu erklären, daß Krankheiten in den dörflichen Familien unserer Gegend ziemlich häufig sind. Namentlich die Kinder entwickeln sich körperlich nicht derart gesund, als man eS von Dorfkindern meistens erwartet. Natürlich schwächen diese Krankheiten durch die mit ihnen verbundenen Arzt- und Arzneikosten mancke dörfliche Familie auch finanziell ganz erheblich. Einer wirklich tüchtigen Erziehung erfreuen sich in unserem Dorf nur wenige Kinder. Die Eltern kümmern sich zu wenig um die Erziehung; meistens wissen sie selber nicht, was tüchtige Erziehung ist. Man fühlt auch hier, daß den Eltern ein sichtige Strenge und das Gefühl der Verantwortlichkeit fehlen. Die meisten Kinder kennen nur die Schulzucht, aber keine Familienzucht; ost stellt sich die Familie der Schulzucht hinderlich entgegen. Ein Dorflehrer hat in dieser Beziehung meistens sehr unerquickliche Kämpfe durchzumachea. AIS günstig kann man eS bezeichnen, wenn die Dorfkinder von den Eltern zu regelmäßiger Arbeit angehalten werden. Das geschieht häufig, aber nicht immer. Wo es der Fall ist, werden die Kinder meistens in der häuslichen Oekonomie be schäftigt. Eine landwirthschaftliche Kinderarbeit, wie diese in gewissen Jahreszeiten z. B. in Nord- und Ostdeutschland besteht, kennt man bei uns nicht. Doch werden vielfach die Knaben solcher Einwohner, die kein eigenes Gut haben, in den letzten Schuljahren auf einen benachbarten Hof gegeben. Solche Jungen bekommen bei dem Bauer die Kost und auch noch eine kleine Geldvergütung, dafür haben sie in der schul freien Zeit leichtere land- und hauSwirtbschaftliche Arbeiten zu verrichten. Sie sind, sobald die Eltern ein derartiges Fauillrtsn. Die Lahe des Sankiers. Novrllettt nach dem Englischen von R. Ebell. Nachdruck verboten. In ganz London fand man keinen charakteristischeren Ver treter seines Standes, als Sir Philipp Tredgold, Chef der Bankiersfirma Smith, Sillery und Tredgold. Vor vierzig Jahren war er als ein armer Junge in das HauS eingetreten. Er war damals 17 Jahre alt, uud als ein entfernter Verwandter de- nun verstorbenen Chefs, Mr. Samuel Sillery, erhielt er einen Vertrauensposten bei der Cassenabtheilung in seinem Comptoir. Hier arbeitete er sich nach und nach herauf, bi- er endlich Leiter und Theil- haber deSgroßen Hause« wurde. Ein Mann, der sich so emporarbeiten konnte, mußte natürlich sehr praktisch und vernünftig sein. Und doch litt er an einer besonderen Form von — man konnte beinahe sagen, von Verrücktheit, nämlich an einer unvertilgbaren Liebe zu einer schwarzen alten Katze mit einem großen weißen, halb menschlichem Gesichte. Er hütete sie, als ob sie ein Kind sei, er hätschelte und liebkoste sie zur Zeit und zur Unzeit, und fehlte ihr etwas, so schickte er gleich den hervor ragendsten Thierarzt zu ihr. Zum Unglück für Sir Philipp starb die Katze daran, daß sich sein« kleine Tochter Mary auf sie setzte. Sir Philipp war tief betrübt. Der einzige Trost, den er fand, war, sie au-zustopfeu und in einen Glas schrank setzen zu lassen. Und da ging er nun früh und spät hin und streichelte sie. Ja, Tredgold'« Liebe zu seiner Katze schien mit den Jahren noch zu wachsen. Als er zum Baronet erhoben wurde, ließ er in sein Wappenschild eine schwarte Katze mit dem Motto setzen: ^ortunnm äeäi". Sein Sohn Francis, dem die wunderlichen Gerichte bekannt waren, zu denen seine« Vaters Monomanie Veranlassung gegeben halten, kümmerte sich nicht besonder« um da- Thier, und hatte nicht eben Lust, sich durch ein Versprechen zur Erhaltung der Katze zu verpflichten. Sir Philipp merkte da« und er sagte sich, daß da« Verhalten seine« Sohnes bei der Lage der Ding« nicht so unvernünftig sei. Sollte sich Franci» um da- Thier bemühen, so mußte er ihm schon gute Gründe dazu geben. Aber die Jahre gingen hin und er gab ihm keinen Grund dazu . . . Ein Abend im Spätherbst war». Sir Philipp und Francis saßen zusammen und plauderten. „Frank", sagte Sir Philipp plötzlich, „ich «rlrb« den Sommer nicht mehr." „O, sprich nicht so, Vater, sprich nicht so. Ich hoffe, Du wirst noch viele Sommer und Winter erleben." „Ja, da» hoffst Du, aber da- glaubst Du nicht", sagte Sir Philipp; „nein, mit meinem Leben ist'» au-, und Du, Frank, kennst seine Geschichte". „Ja, und «L bi» stolz darauf." „So sagst Du", antwortete Sir Philipp traurig, „aber Du kennst sie nicht ganz. Ich will sie Dir jetzt erzäylen." „Du kennst die Umstande, unter denen ich in unsere Firma eintrat. Gott weiß, ich war damals froh, eine Anstellung zu finden, obwohl ich in den ersten fünf, secks Jahren in der Bank da- Gnadenbrod essen mußte. Ich sage ungern etwas Schlechtes über einen Tobten; aber um der Wahrheit willen muß ich sagen, daß Sillery, der mir den Poften über trug, eine« der rohesten und brutalsten Geschöpfe war, die ich kennen gelernt habe. Er war nie glücklicher, als wenn er seine Untergebenen höhnen konnte. Du weißt, Du bist nack einem jüngeren Bruder von mir genannt, den Du nie gesehen hast. Als mein Vater starb, besuchte Frank noch die Sckule. Indem ich selbst Mangel litt, setzte ich es durch, ihm den Schulbesuch zu ermöglichen, bi« er 17 Jahre alt war. Ich that'S in der Hoffnung, dann die eine oder andere passende Stellung für ihn zu erlangen. Uud das erreichte ich denn auch. Eines TageS kam ein Herr au» Indien in GeschäftSangelegenheiten zur Bank, ich kam in'S Gespräch mit ihm, und in der Unterhaltung zeigte e« sich, daß er ein alter Schulkamerad meines Vaters war. Ich erzählte ihm nun von mir und meinem Bruder und fragte ihn, ob er glaube, daß für meinen Bruder in Indien eine geeignete Stelle wäre. Zu meiner großen Freude erhielt ich schon am nächsten Tage einen Brief von ihm, er wisse einen lohnenden Posten in Kalkutta und mein Bruder könne ihn haben, wenn er wolle. Natürlich nahm ich den Posten sofort für meinen Bruder an. Aber ich hatte nicht daran gedacht, wa» die Ausrüstung koste. Sie kam auf 1000 zu stehen, und ich besaß nicht einmal 10 In meiner Verzweiflung bat ich Sillery, mir di« Summe zu leihen. Aber er batte für meine Bitte nur Hohn und meinte, er habe für mich und meinen Bruder genug gethau; wenn wir ihn mehr plagten, so würde er zu sehen, unS Beide lo» zu werden. So gab'« nur einen Aus weg: einen Wucherer. Ich ging also zu einem Geldleiher, der mir 1000 gegen eine Anweisung auf 2000 lieh, die in einem Jahre zahlbar sein sollten. Mein Bruder sollte gleich nach seiner Ankunft in Indien ein schöne« Gehalt habe»; er versprach mir, rechtzeitig da» Geld zu schicken, um den Wechsel ein- zulöseo. Die Ausrüstung wurde gekauft, Frank reiste ab und neun Monate gingen in« Land. Da bekam ich von meinem Bruder «inen Brief, worin er schrieb, er sei sehr krank gewesen und könne daher da« Geld noch nicht schicken. Drei weitere Monate verginge», und ick erhielt einen neuen Brief, worin er mich bat, den Wechsel unter allen Bedingungen zu verlängern Er sei nickt im Stande gewesen, etwa- bei Seite zu legen. In fünf, sechs Monaten aber, so könne er mir da« Doppelte und Dreifache schicken. Ich ging also wieder zu dem Wucherer. Ich mußte mich varrin finden, ihm eine Anweisung aus 4000 zahlbar in neun Monaten, au-zustellen. Ich acceptirte die Bedingungen — ich konnte ja nicht ander- — und schrieb da- meinem Bruder. Langsam vergingen die neun Monate. Inzwischen erhielt ich mehrere ermunternde Briefe von meinem Bruder. Es ging ihm gut, er legte Geld beiseite und war sicher, mir das Geld zur richtigen Zeit senden zu können. Der Wucherer seinerseits kam mehrere Male auf die Bank, um nachzuseben, ob ich noch da sei, und mich zu versichern, wenn das Geld nicht am Verfallstage bezahlt würde, so werde er meinen Chef von der ganzen Geschichte in Kenntniß setzen. Wie der Zahlungstermin näher und näher rückte, wuchs meine Angst immer mehr. In den letzten Wochen erwachte ich jeden Morgen in der Erwartung eines Briefes von meinem Bruder. Aber es kam nichts. Der Verfalltag kam — aber kein Brief von meinem Bruder. An diesem Tage ging ich wie gewöhnlich ins Comptoir. Nachmittags wurde ich mit 4000 Mark in die Cityfiliale zu Sillery geschickt. Wie ick hinkam, saß er in seinem Privat comptoir. Er sah auS, als ob er getrunken hätte, und war sich nur halb bewußt, was er that. Er empfing mich mit einer Fluth von Schimpfreden, nahm mir das Geld ab und befahl mir, da ich so spät gekommen sei, noch nach den Andern im Comptoir zu bleiben und da zu warten, bis er zurückkomme. Eine kleine Weile später wurde die Bank ge schlossen, und nun saß ich da und wartete auf Sillery'S Rückkehr. Wie lange ich da saß, weiß ich nicht. Es wurde aber sehr spät, bis Sillery kam. Er war noch voller wie vorher und in noch brutalerer Laune. Er ging in sein Privat comptoir und kramte dort unter seinen Papieren. Dann kam er zurück uud fragte, ob ich wüßte, was er mit dem Gelde gemacht habe, das ich ihm gebracht hätte. Ich wußte e- aber nicht. Er schimpfte und fluchte und ging wieder in sein Comptoir. Nach einer Weile schwankte er wieder heraus, und indem er mir befahl, die Thür zu schließen und zu gehen, verließ er die Bank. Ich schickte mich also in sehr trauriger und unglücklicher Stimmung an, die Thüren zu schließen. Während ,ch damit beschäftigt war, siel mir ein, daß Sillery eineu Regenmantel angezogen und seinen Ueberzieher angehängt hatte, bevor er Nachmittags da« Comptoir verließ, und daß er die Summe vielleichl in der Tasche de« Ueberziehers hatte stecken lassen. Eine plötzliche Neugier bemächtigte sich meiner. Ich zündete da« GaS wieder an, öffnete sein Privat-Comptoir und ging hinein. Da hing der Ueberzieher. Ich fühlte an die Taschen. Meine Vermuthung war richtig. Er hatte den Rock abgelegt und da« Geld darin vergessen. Und da — Gott sei mir gnädig, Frank! — da fuhr mir ein Gedanke durch den Sinn, der mich in Fieber versetzte Hier waren 4000 Mark — genau so viel, al« ich brauchte, um mich am nächsten Tage vor dem Ruine zu retten. Oben drein war die Summe m Gold und man konnte ihr also nicht nachforschen. Der Besitzer war reich und konnte das Geld mit Leichtigkeit ersetzen. Mein Unterdrücker war er, und ich schuldete ihm weder Liebe noch Pflicht. Ich — nahm das Geld. Ich arrangirte den Ueberzieher derart, daß er wieder so hing, wie ich ihn gesunden hatte, und wandte mich zum Gehen. Aber während ich das that, trafen meine Augen auf einen Anblick, der mich vor Schreck fast wahnsinnig machte. Unter einem fast herabgelaffenen Rouleaux, an dem Fenster gerade gegenüber dem Comptoir sah ich zwei Augen, die intensiv auf mich starrten! Bevor ich vor Schreck zu mjr kommen konnte, verschwanden sie und ich hörte draußen auf der Treppe ein leises Geräusch, als ob sich einer herabschliche. Ich war entdeckt! Schon morgen mußte ich inS Gefängniß! Fast wahnsinnig vor Schreck und Schmerz riß ich da« Geld aus meiner Tasche, rannte zu Sillertss Ueberzieher und legte es dahin zurück, von wo ich es weggenommen hatte. Und noch ganz voll von Entsetzen lief ich nach Hause. Wie ich den Abend heim kam, weiß ich nicht. Aber wie ich meine Wohnung betrat, war ein Brief da und wartete auf mich — von meinem Bruder. Er erhielt eine Bank anweisung auf 5000 Wäre er nur zwölf Stunden früher angekommen, er hätte mich unsäglich glücklich gemacht; aber jetzt schien er mein Unglück nur noch zu vergrößern. Ich war ja unehrlich gegen meinen Chef, ein Dieb geworden, und einer, den ich nicht kannte, hatte mein Verbrechen gesehen. . . Ich will nicht versuchen, Dir die grausame Angst zu schildern, die mich am nächsten Tage verzehrte. Jeden Menschen, der daS Comptoir betrat, fürchtete ich. Aber eine Wocke nach der anderen kam und ging, ohne daß ich etwas von meinem Verbrecken hörte. Im Gegentheil: Mr. Smith, der andere Chef, schien an mir mehr und mehr Gefallen zu finden und machte mich schließlich zu seinem Geheim- secretair. Die Furcht vor Entdeckung schwand nach und nach. Später erfuhr ick, daß Sillery am Morgen nach seiner Betrunkenheit in das Comptoir geeilt sei und das Geld gefunden habe. Fand er e« nicht, so hätte er wissen müssen, daß nur ich das Geld hatte nehmen können. So hatten mich die Augen unter dem Rouleaux vor Schande und Untergang gerettet Mehrere Monate später saß ich an einem trüben Nach mittage allein in Sillery'S Privatcomptoir. DaS Gas war angesteckt, und Alles war just so wie an jenem entsetzlichen Abend. Ich hörte draußen im Hose ein lriseS Geräusch und blickte hinaus. Und da bemerkte ich im Fenster gerade gegenüber dieselben beiden Augen, die an jenem Abend auf mich gestarrt batten. Ich sah und sah und konnte meine Augen nicht lo-reißen. Aber da entdeckte ich auch, daß eS keine Menschenaugen waren. Ich ging zum Fenster und untersuchte die Situation naher. Und da auf dem Fenster- bret saß der Eigenthümer der Augen: eine große schwarze Katze mit einem großen, weißen, halb menschlichen Gesicht. Hinterher erfuhr ich, daß die Katze einer alten Portirr-frau gehörte, die im Hause wohnte. Ich kaufte sie. Den Rest der Geschichte kennst Du. Kannst Du nun verstehen, Frank, Wa ich meine, wenn ich sage, daß e- diese alte Katze war, die mir mein Vermögen schuf?"
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