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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.03.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960331022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896033102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896033102
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-03
- Tag1896-03-31
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Wie schon berichtet, hat am Sonnabend in BreSlau eine Versammlung von Landwtrthen aus den Kreisen des Centrums den Beschluß gefaßt, die Centrumsfraction des Reichstags aufzufordern: 1) für das Verbot des börsen mäßigen Terminhandels in Getreide und Mühlen fabrikaten zu stimmen; 2) den Reichskanzler aufzufordern, mit derKündigung der Meistbegünstigungsverträge auch die Handelsverträge mit den vertragschließenden Staaten einer Revision zu unterziehen; 3) betreffs der Zucker steuer soll die Centrumsfraction für eine Exportprämie von 3 für eine Consumsteuer in Höbe von 21 und für eine Contingentirung von 17 Millionen Doppelcentner stimmen. Ebenso soll die Centrumsfraction für die Doppelwährung eintreten. Ist schon dieser Beschluß bemerkenswerth, so ist noch auffälliger der, scharfe Ton, den diese „aus den Kreisen des Centrums" zusammengesetzte Versammlung gegen die Parteileitung anschlug. Am hef tigsten äußerte sich Herr v. Sckalscha, der heute noch dem preußischen Abgeordnetenhause angehört und bis 1893 auch Mitglied des Reichstags war, damals aber uickt wieder gewählt wurde, weil er mit der Parteileitung in Meinungs verschiedenheiten wegen der Militairvorlagc gerathen war. Herr v. Sckalscha äußerte sich nach einem Bericht der „Echtes. Ztg" wie folgt: Er gehöre nicht mehr zum Cenlrum, sei aber kein Apostat; nicht :r habe sich geändert, sondern das Centrum (Beifall), weiches die Bahnen Windthorst's verlassen habe. (Lebhafter Beifall.) Redner tadelt es, daß Centrumsblätter von der Begehrlichkeit des Landwirths sprächen, der doch nur jein einfaches, bescheidenes Auskommen ver- lange, während die Anderen verlangten, die Landwirthe sollten ihre Produkte billiger hergeben, als sie sie erzeugten. (Laute Zu- stimmung.) Wie sei es möglich, daß eine allein von der Land- wirtbschaft getragene Partei sich in krassesten Gegensatz zu der Land- wirthschaft setze! Die Freisinnigen und die Socialdemokraten, an deren Seite das Cenlrum heutzutage kämpfe, bekännten offen ihren Gegensatz zur Landwirthschast. Das Centrum habe schöne Worte für die Landwirthschast und thue dabei, was es könne, gegen dieselbe. (Laute Zustimmung.) Wie sei das zu erklären? Nach Windthorst's Tode hätten sich Persönlichkeiten gefunden, die voll überzeugt wären von ihrer Fähigkeit zum Antritte feiner Erbschaft, denen aber die geistigen Eigenschaften hierzu fehlten, denen überdies alle Fühlung mit der Landwirthschast abgehe. Dazu komme das unglückliche Kokettiren des Centrums mit der Arbeiterschaft. (Lebhafte Zu stimmung, Rus: Hitze!) Des wirthschaftlich Schwachen solle man sich annehmen, aber das sei der Arbeiter nicht mehr, der vielmehr dem Arbeitgeber seine Bedingungen dictire, sondern der Kleinbesitzer. Endlich strebe die Fraktion des Centrums seit Jahren danack, recht regierungsfreundlich zu sein. Erreicht habe sie damit gar nichts in kirchlichen Dingen, nicht die kleinste Gefällig keit. wie sich an der Breslauer Corpus Christi-Kirche zeige. Redner stimmt der Resolution zu, aber einen Effect beim Centrum erhofft er nicht. Bleibe die Resolution nun vom Centrum unbeachtet, dann möge man sich als eine katholische Abtheilung des Bundes der Landwirthe constituiren. (Jubelnder Beifall.) Zweifellos wird sich an diese Versammlung und besonders an den Vorschlag der Bildung einer katholischen Abtheilung deS Bundes der Landwirthe, über dessen Ausführung eine demnächst einzuberufende Versammlung berathen soll, eine lebhafte Erörterung in der Presse knüpfen, und sicherlich wird auch die Ansicht zum Ausdrucke kommen, der schon so oft vorhergesagte „Riß im Centrumsthurme" sei jetzt eingetreten. Wir unsererseits halten es nicht für ausgeschlossen, daß ein solches Urtheil sich schließlich doch als vorschnell erweist. DaS Centrum hat es bisher stet« verstanden, sich auch die oppositionellen Elemente anzugliederu und sie, wenn uuc», im Widerspruche zu einer früheren Action der Partei, den klerikalen Interessen dienstbar zu machen. Welcher Sturm der Entrüstung ging durch die Centrumsorßane, als Herr Fusangel in Opposition gegen einen officiellen CentrumScandidaten in den Reichstag sich wählen ließ, und trotzdem ist er in die Fraction ausgenommen worden. Noch tiefer gebend war der Zwiespalt in der Fraction gelegentlich der Reichstagswahlen von 1893. Major Szmula, der «eben falls gegen den von der schlesischen Parteiorganisation norm- nirten Candidaten gewählt wurde, fand Aufnahme in die Fraction und hat an dem Rechtsanwalt Radwanski einen Genoffen gefunden, gegen dessen Wahl die officielle Partei organisation mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln an gekämpft hat. Und wie in diesen Fällen die Fraction der siegreichen Opposition großmüthig verziehen hat, so zählt die Partei auch heute noch die damals unterlegenen Vertreter der Parteiorganisation, die Huene, Ballestrem, Reitzenstein u. A. m., zu den Ihrigen. Alle Proteste, die an die Fraction gegen die Aufnahme der Fusangel, RadwanSki u. s. w. gerichtet wurden, sind unbeachtet ge blieben und ungehört verhallt. Es erscheint daher, wie gesagt, nicht völlig ausgeschlossen, daß auch der Versuch einer agrarischen Separation, für diesmal wenigstens, im Sande verläuft. Aber wenn auch das Cenlrum den Stoß, der durch den Versuch der Abtrennung eines agrarischen Flügels von der Gesammtpartei geführt wird, überwinden sollte, so ist dieses Ereigniß doch ein neues Anzeichen dafür, daß irgend einmal der Zeitpunkt kommen wird, in welchem daS kon fessionelle Baud, das einzige Perbindungsmittel zwischen den völlig heterogenen Elementen jnncrhalb des Centrums, nicht mehr zum Zusammenhalten der Partei genügen wird. Der Eintritt dieses Zeitpunktes hängt ganz wesentlich von den Conservativen ab, die de» Zerfall beschleunigen können, wenn sie darauf verzichten, durch Diversionen, wie jetzt beim Bürgerlichen Gesetzbuch, den Centrumsführern will kommene Gelegenheit zur Sammlung ihrer streitenden An hänger zu bieten. . Tic Republik Ecuador will auf die süße füdamerikanischr Gewohnheit des Bankerott machens nicht verzichten und hat „die Zahlung der auswärtigen Schuld einstweilen ein gestellt". So viel wir wissen, wirb deutsches Capital durch diesen heroische» Entschluß nicht in Mitleidenschaft gezogen. Aber was hier nicht ist, kann anderwärts noch werden, wie es ja schon oft genug geworden ist. Und deshalb ist das südamerikanische Ereigniß nach zwei Richtungen hin für uns beachtenswerth. Zunächst ist es geeignet, die ab wartende und gelegentlich abwehrende Haltung, welche die deutsche, die preußische, die bayerische und die sächsische Regierung gegenüber dem Drängen nach Herabsetzung des Zinsfußes für die Staatspapiere entgegensetzen, aufs Neue zu rechtfertigen. Wenn das Geld in den Schränken der kleineren Capitalistcn von Staats wegen auf neue An leihen bingewiesen wird, dann haben die großen exotischen Versprechungskünstler leichtes Spiel, und wir bezweifeln gar nicht, daß, wenn das Reich und die größeren Einzelstaaten ihre zusammen über fünf Milliarden betragende vier- procentige Schuld kündigen, sich bei allen faulen Schuldnern unter den Staaten ein plötzliches Geldbedürfniß, natürlich „zu productiven, die an sich zweifellos vorhandene Credit- würdigkeit des Landes noch steigernden Anlagen", bemerkbar machen wird. Die Abelen Spitzeder mit Staatssiegeln werden auf dem Plan erscheinen und — Geschäfte machen. Erfolgt dann später die „Begleichung" der Schulden nach dem Muster von Ecuador, Griechenland, Portugal u. s. w., so wird die Schädigung des Volksvermögens den Zinsgewinn des Staats aus einer nicht mit der größten Vorsicht unter nommenen Rentenconversion reichlich aufwiegen. Das ist die eine Lehre, die Ecuador predigt. Die andere sollten nicht nur die Regierungen, sondern auch der Reichstag beherzigen. Die Börsencommission hat bekanntlich ihren ersten Bejchluß über die Haftbarkeit der Emittenten von Werthpapieren preis gegeben. Wird die Bestimmung der Regierungsvorlage Gesetz, so ist Demjenigen, der Actien und Schuldscheine ini „Werthe" von Hunderten von Millionen auf den deutschen Markt wirft, gesagt, daß er bei der Prüfung der Angaben, mit denen er die Papiere empfiehlt, nicht „die Sorgfalt eines ordentlichen Kauf manns" anzuwenden braucht. Das ginge in derThat aus der Ge schichte des tz 41 deS Börsengesetzes hervor. Aber gerade wegen dieser Geschichte und der «Schlüsse, die die Gerichte aus ihr ziehen müßten, sollte man es sich noch einmal sehr reiflich überlegen, bevor man die Gründer und Emittenten jener Sorgfalt entbindet. Im ultramontanen Lager der Niederlande ist Helle Entrüstung auSgebrocheu. In Leiden wurde au Stelle deS verstorbenen vr. Land der bisherige Lehrer der englischen Sprache am Gymnasium „Willem III." in Batavia, Bolland, zum Professor der Philosophie, Metaphysik und Psychologie ernannt. Bolland hat außer zahlreichen Arbeiten auf philosophischem Gebiet auch verschiedene Abbandlungen und Monographien, die sich auf dem Gebiete der alt- und neutestamentlichen Kritik bewegen, veröffentlicht. Besonders haben seine Werke über den Pentateuch und das Johannis evangelium, in denen er so ziemlich auf dem Boden der Tübinger Schule steht, Aergerniß und Anstoß erregt. Daß der Minister van Houten diesem Gelehrten, dem natür lich von ultramontaner Seite jede wissenschaftliche Be deutung kurzweg abgesprochen wird, ein akademische- Lehramt übertragen hat, ohne sich um seine Stellung zur Dogmatik der christlichen Kirche, die übrigens mit dem von ibm zu docirenden Fächern auch gar nichts zu schaffen hat, zu kümmern, wird ihm von liberaler Seite zu boberEhre gerechnet, „Tyd", „Cenlrum" und andere klerikale Blätter von einem „Skandal", von einem „Schlag ins Gesicht der Gläubigen" und dergl. sprechen. Auch daS den Ultramontanen von jeher getreue, Borspanndienste leistende conservalive „Dagblad" im Haag spricht von dem „nicht mehr zu ertragenden und Besorgniß erregenden Uebermuth der Wissenschaft". Durch Bolland's Lehrtätigkeit an der Universität wirb deren Besuch sicher keinen Ausfall erleiden, wenn auch die Eltern gewarnt werden, ihre Söhne nicht mehr nach Leiden zu schicken. Wenn Bolland wirtlich ein so unbedeutender Mann ist, wie die katholischen Blätter glauben machen wollen, dann ist er auch höchst ungefährlich und jene Warnung demgemäß unnöthig. Die Regierung aber hat damit ihr Schuldconto bei den Ultra montanen aufs Neue mit einem schweren Posten belastet. Allerdings ist es eine grausame Ironie des Schicksals, daß eine Regierung, die ihr Dasein hauptsächlich der Unter stützung der Ultramontanen zu danken hat, diesen in so rück sichtsloser Weise mitspielt. In England herrscht, wie die „Times" verrathen, voll kommene Klarheit darüber, daß aus der Abstimmung des deutschen Vertreters in der egyp tisch en Angelegenheit keinerlei Aenderung in den Grundsätzen der England gegen über in den südafrikanischen Angelegenheiten beob achteten Haltung folge, wie andererseits mit voller Klar heit angenommen werden dürfe, daß nicht« in der Lage in Egypten den geringsten Einfluß nach der Richtung einer Ablenkung der britischen Reich-Politik in Südafrika ausüben könne. In Deutschland haben Wohl nur Wenige er wartet, daß England für den großen Dienst, welche» Deutscb land ihm soeben geleistet hat, sich irgendwie erkenntlich zeigen und irgendwo auf deutsche Jutereffen Rücksicht nehmen werde DaS widerspräche ja einer Jahrhunderte langen britischen Tradition. Immerhin ist es erfreulich, daß e« auch in Eng land Stimmen giebt, welche einer anständigeren und zugleich klügeren Haltung Deutschland gegenüber das Wort reden So schreibt daS Londoner „Echo": „Wir haben immer wieder und wieder betont, daß Deutschland in der neuen Reihe von Ereignissen, welch« England eingeleitet ha, rin weit wichtigerer Factor ist, al« die Meisten auuehmen. Deutschland oppouirte unserer armenisch« Politik, und die Folge war, daß sie ein vollendeter Fehlschlag wurde. Es wäre aber gan , anders geworden, wenn Deutschland auf Seite England« g> wesen wäre. Nicht aber an den Ufer» des Nils, sondern an den Ufern des Baal« wird Deutschland wahrscheinlich tu Lonflici mit England gerathen. Die Deutsch« sind ei» langsame«, siche, gehendes Volk und nicht leicht zur Begeisterung zu entflammen Aber der Einfall Jameson's machte sie vor Erregung zittern. Wenn der deutsche Kaiser in einem kritischen Augenblick «u bc- zeichnendes Telegramm an den Präsidenten Krüger sandte, so wird sich sein Interesse an der Republik nicht verwinde«, jetzt, wo Schaar« von Deutschen in deu Transvaal ström«. Die Haltung und Handlungsweise Deutschlands gegen England in Egypten wird hauptsächlich davon abhängen, wie wir uns in Südafrika benehmen. Wird das Gefühl der Deutschen in Südafrika verletzt, so wird un Deutschland in Nordasrika nicht helfen. Wir hätten jetzt kein« Fug in Kairo rühren können, um die erste Zahlung aus dem Reserve sonds zu erhalten, wenn Deutschland sein« Zustimmung nicht ge geben hätte. Deutschland mutz versöhnt, wenn nicht zu Rathe gezogen werden bei der Entwickelung und Richtung de, neu« südafrikanischen Combinatioueu." Das ist sehr einsichtig iund läßt sich fast durchweg unter schreiben; daß aber weitere, geschweige denn maßgebende Kreise in England für eine derartige Diplomatie mehr als ein mitleidiges Lächeln haben sollten, glaubt Wohl Niemand Das Marabeleland, in welchem ein Aufstand gegen die Engländer auSgebrocheu ist, bildet den Haupttheil dec Prolectoratsgebiets von Britisch-Sambesia, daS durch den ini April 1888 zwischen den, Matabele-Häuptling Lobengula und der Chartered Company unter Cecil Rbodes abgeschlossenen Vertrag geschaffen wurde. DaS Gebiet grenzt südlich an Transvaal; das Maschonaland, wohin Cecil Rhodes, de, Expremier von, Cap, als Verwalter versetzt wurde, liegt im nordöstlichen Tbeile des ehemaligen MatabelereichS. Cecil RhodeS ist bekanntlich eben im Begriff, sick auf seinen Posten zu begeben, und wird dieser Tage in Buluwayo erwartet Dieses Zusammentreffen ist immerhin bemerkenswerth. Cecil Rhodes ist natürlich Alles zuzutrauen, und es ist schon der allerdings bis jetzt positiv nicht begründete Verdacht aus gesprochen worden, daß der Aufstand von England bestellt sei. Jedenfalls ist er in einem überaus günstigen Augenblick ausgebrochen und giebt den Engländern Gelegenheit oder Vorwand, eine starke Truppenmachl au der nördlichen Grenze von Transvaal auszustellen. Die eingeborene Polizei meuterte, und die Empörung begann damit, daß der Polizeiinspector Jackson ermordet wurde. Für einen Hauptveranlasscr des Aufstandes gilt der Sohn deS Häupt lings Lobengnla, der voriges Jahr verbannt wurde, nun aber wieder nach Matabeleland zurückgekommen ist. Dem „Globe" wird geschrieben: Der Bezirk, in welchem der Aufstand ausgebrocken ist, liegt bei den Matopo-Bergen, südöstlich von Buluwayo. Gwelo, das in den Depeschen ebenfalls erwähnt Feuilletsi«. Gottbegnadet. IL) Roman von Konrad Telmann. Nachdruck verboten. 6. Es folgten aufregende Tage. Frau Lydia von Sennfeldt gab den Kampf gegen die Heirath ihres Sohnes noch lange nicht verloren. Seit sie sich davon überzeugt hatte, daß es sich tier um mehr als eine seiner vielen und rasch wechselnden Caprren bandelte, wurde ihr Widerstand nur im Gegentheil noch ^bittertcr. Eine Verheirathung Harry'S war ohnehin em fowerer Schlag für sie, die bisher ausschließlich für ihn und ,4t ihm gelebt hatte, die außer ihm eine Welt nicht mehr «nute; wenn sie aber das Opfer einmal brachte, sich von ihf zu trennen, wenn sie es über sich gewinnen sollte, ihn eiyr Anderen zu gönnen, so mußte diese Andere wenigst»- eine Frau nach ihrem Herzen sein. Diesem un- bedeutewen, unslüggen Gänschen, dieser bürgerlichen Kauf- mannStchter, die außer ihrer Jugend und ihrem passablen Aeußernauch nicht die kleinsten Vorzüge aufwies, wollte sie nicht wehen. Es würde ihr geradezu wie eine Schmach erschiene» sein. Und sie glaubte auch nicht an ein Glück für Harry. <«ine Frau mußte auS ganz anderen Kreisen stammen, mußte vo Allem ganz ander- zu repräsentiren wissen. Diese Heirath Erde ihm nur die Gesellschaft verschließen, in der er bi- das» allein heimisch gewesen. Aber^rry blieb fest. Obgleich sie kein Mittel unversucht ließ, ihn wzustimmen, zeigte er sich allen Vernunftgründen, selbst ihr» Thränen und leidenschaftlichen Bitten gegenüber, unzugängls. Sie kannte ihn manchmal gar nicht wieder. Dieses Mxhen mußte ihn geradezu verbext baben. Oder e- gab dc eine Macht, die der ihrigen über ibn entgegen arbeitete u» ihr überlegen war. Frau von Sennfeldt begriff auch bald ckug, wer darüber verfügte: nicht daS Mädchen, aber Frau Larcella. Sie haßte diese Frau, die ibr daS Herz ihre- lohne- gestohlen hatte, die ihn für ihre Tochter erobert hattmnt allen Künsten der Verführung und nun ihn nicht wiederlosließ, sondern beherrschte wie ein gefügiges Werkzeug, 'n« war die Kraft, gegen die sie vergeblich anraog, sie fhlte es. Frau Marcella Lindheim wollte durch Harry m allere Sphäre» gelaag» al- di«, m welch« sie bisher heimisch gewesen. Das war die eigentliche Triebfeder ihres Handelns. Diese Stettiner Kaufmannsfrau, die in Haltung und Wesen so gut die „Dame von Welt" zu imitiren wußte, hatte Geschmack gesunden an der Gesellschaft, in der sie bier verkehrte, und das hübsche Töchterchen mußte ibr zum Mittel dienen, um festen Fuß darin zu fassen. Wenn Harry manchmal schon wankend gemacht war durch ihre Vorstellungen, durch ihr stürmisches Drängen und Be schwören, wenn er weich und nachgiebig erschien: ein einziger Besuch bei Frau Marcella Lindheim machte ibn wieder trotziger und beharrlicher als je. Und dieselbe Frau hatte die Stirn gehabt, ihr zu sagen, daß auch sie es für besser halte, wenn die ungleiche Partie nicht zu Stande komme, ja, sie wollte sogar Bedingungen stellen, ehe sie ihre Ein willigung gab, und ließ noch jetzt ihre Rolle einer zögernd und nur auS Liebe zur Tochter zustimmenden Mutter nicht fahren. Komödiantin, die sie war! Frau Lydia von Senn feldt ließ sich dadurch nicht täuschen. Uebrigens fand sie in ihrem Kampf unvermuthete Bundesgenoffen. Da war zunächst Asta von Flügge, die ihr redlich beistand, bald auf der einen, bald auf der anderen Seite Bedenken gegen die geplante Verbindung zu erregen und ein Mißtrauen zu schüren, daS bis zum Bruche führen sollte. Sie war Meisterin in aller band verdächtigenden Aeußerungen, die sie geschäftig bin und her trug, — das Alles natürlich nur um der guten Sache willen, uni Unheil zu verbüten, und in der uneigennützigsten Absicht von der Welt. Sie hatte ja beide Theile „so auf richtig lieb" und wollte nur ibr Bestes. In dieser Ver bindung aber konnte sie ibr Bestes nicht sehen. So war eS geradezu eine heilige Pflicht" für sie, derselben mit allen Mitteln entgegenzuarbeiten, nachdem Marcella alle ihre recht zeitig voraufgegangenen Warnungen — denn sie, Asta, batte die ganze Sacke ja längst kommen sehen — unbegreiflicher weife in den Wind geschlagen. Und dann war Ernst Lindheim selber ein entschiedener Gegner der Werbung Harry'S um seine Tochter. Er war auf den Ruf seiner Frau sofort herbeigeeilt, hatte sich Alle« berichten lassen, was geschehen war, und sick dann in seiner ruhigen und bestimmten Art gegen die Verbindung aus gesprochen, in der er kein Heil für Thea sah. Er war ein großer, starker, blondbärtiger Mann, der wie ein Riese auS- fah und dabei etwas merkwürdig ÜnbehilflicheS batte. Er sprach sebr wenig, aber waS er sagte, war klar und unzwei deutig. Seine etwa» verschaltet«, schmal« und tiefliegend« Lug« blickt» klug und scharf. „Gleich zu Gleich", sagte er. „Das ist ein Mann aus einer anderen Welt, in die wir und unser Kind nicht Passen. Auch er batte seinen Kaufherrn- und Partricierstolz, der sich vor dem der geadelten JngenieurSgattin nicht beugte. Im Gegentbeil: er blickte aus der gefesteten Stellung deS an gesehenen und wohlhabenden Bürzerthums mit kühler Gering schätzung auf die Kreise, iu denen der Freier seiner Tochter beimisch war. Er hatte nie mit ihnen Berührung gesucht oder gewünsckt. Seine politisch-freisinnigen Anschauungen hatten ohnehin zwischen jenen und den eigenen eine Scheide wand aufgerichtet, die er seinerseits am allerwenigsten ein zureißen gesonnen war. Daß er seine Tochter einem auS jenen Kreisen zur Frau geben sollte, erschien ihm wie Felonie und kam ihm wie eine Demütbigung vor; zum Wenigsten konnte man es so deuten, und er war der Mann nicht, der den kleinsten Makel auf seinem Bütgerstolz duldete. Zudem flößte ihm ein Mana, der keinen Äeruf in der Well aus füllte, kein Vertrauen ein. Er fand daS verächtlich, daS ganze Selbstbewußtsein des rastlos thätigen, erfolgreich und stetig seine Habe mehrenden Handelsherrn empörte sich dagegen. Auch persönlich konnte dieser „weichliche Frauenliebling", dies „verhätschelte Muttersöhnchen" trotz alles Aufgebots von Liebenswürdigkeit ihm keine Sympathie abnötbigen. Selbst sein Gesang ließ den völlig Unmusikalischen kalt. Da« mag ein ganz netter Zierath im Leben sein, meinte er, aber weiter nichts zu treiben — daS ist Sünde und Schande. Dennoch gelang eS Frau Marcella allmählich, diesen steifnackigen Starrsinn umzustimmen. Seiner Frau gegen über war Ernst Lindheim nachgiebig. ES gab da eine weiche Stelle, an die sie nur zu rühren brauchte, und er fügte sich. Aber er fügte sich ungern und äußerte rückhaltlos seine Be denken und die Gründe seines Widerstände«. Er wollte keiner von jenen reichen Kaufleuten sein, die e« für das böcksle Ziel ihres Streben« anseben und ihren Rubin darein setzen, sich einen recht vornehmen Schwiegersohn „kaufen" zu könuen. Daß man e« von ihm denken könnte, hätte allein hingereicht, ibn widerstandslustig zu stimmen. Erst als Harry auf Frau Marcella'S Idee, al« Gutsherr sich ein« bestimmten Wirkungs kreis zu schaffen, bereitwillig eingeaaugen war und sie schließ lich sogar mit einem gewissen Enthusiasmus ausgriff, trat Ernst Lindheim seiner Werbung weniger schroff entgegen. Wenn man ihn nur von seiner Mutter erst fortbringt, meinte er, möglich, daß dann noch ein ganz leidlicher Kerl au« ihm wird. Jetzt hat er sich d« Mag« a» all' de» Zuckerdrod »erd«-«, mit da» ße ih» füttert. Mit Frau Lvdia vou Sennfeldt gerieth Ernst Lindheim überkanpt mehrfach bart aneinander. Obgleich sie im Grunde beide genau das Gleiche wollten, fühlten sie sich doch al- Gegner. Frau von Sennfeldt konnte die kurz angebundene, formlose Art des Stettiner Kaufherrn ebensowenig vertragen, wie er selbst ibre glatten und selbstzufriedenen Manieren, auS denen ebensoviel unberechtigter Dunkel wie anmaßende Herablassung sprachen. „Sie thut immer so, als ob sie ein Pfund Rosinen von mir kaufen und mir was zu verdienen geben wollte", sagte er einmal zu Frau Marcella nach einer Unterredung mit Harry'S Mutter. Und die geborene Freiin von Witzleben hatte in der Thal niemals eine andere Art deS Verkehr« mit einem Kaufmann in ihrem Leben kennen gelernt. Selbst als sie sich endlich zu dem offenen Bekenntniß ver stehen mußte, daß ihre ursprünglich bedeutenden Mittel durch ihre luxuriöse Lebensweise — sie selber nannte sie „standes gemäß" — bi« auf ein Geringe« aufqezehrt seien und keines falls zu einem Gutsankauf reichen würden, sagte sie das iu einem Tone, als ob sie über em Herzogthum zu verfügen bätte. Immer ließ sich auS ihren Worten der Anspruch auf Dank herauShören, den man ibr schuldete dafür, daß sie sich überhaupt mit dieser „KaufmannSfamilie" rinließ. Ernst Lindbeim meinte endlich: „Wir werden unS noch bei ihr schließlich bedanken müssen, daß sie uns erlaubt, ihrem Sohn ein Gut zu kaufen. Ein- stebt aber fest: tz 1 deS ContractS wird lauten: „„Frau Lydia von Sennfeldt, geborene Freiin von Witzleben, darf nie länger als höchsten« seck« Wochen im Jabr aus dem Gute Hausen."" Sonst nistet sie sich dauernd dort ein und erlaubt unS in Gnaden, un« dadurch geschmeichelt zu fühlen, und dem gesammten Gesinde, sie al« Herrin zu betrachten und zu bedienen." So kam man nack langem Hin und Her endlich zu einer Einigung Alle waren müde geworden über den Verhand lungen. Noch am letzten Tage erklärte Frau von Sennfeldt. Harry könne alle« Ernste« eine Prinzessin Schönburg haben, man habe ibr da« ziemlich unzweideutig zu versieben gegeben. Bei Lindheim S ließ sich jedoch selbst hierdurch Niemand mehr imponiren. Wenn Frau von Sennfeldt jetzt gute Miene zum bösen Spiel machte, geschah e», weil sie keinen anderen Aus weg mehr sah. Harry hatte sich nun einmal in diese Sache verrannt und setzte seinen Kops auf, sie durfte e« also nicht zum Aeußersten treiben, um ihren Einfluß auf ihn nicht etwa überhaupt einzubüßen. So stellte sie sich, al- sei sie aa-- geführt. 9» Wahrheit gründet« sich ihre SmpSrung zm«iß
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