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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189604059
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960405
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-05
- Monat1896-04
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.04.1896
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Bezugs'PreiS k» d« Haupte^edMon oder den im Stadt, bezirk und d«, Vororten erttchtetn, Ao«, uabestellen ab, «holt: vierteljährliches^ bei iwetmaliaer täglicher Zustellung M- Ha«- -41 b-SL Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertel; Shrlich v.—. Direete tügliche Dreuzbaudlend«»« in* Au-land: monatlich ^4 7.Ü0. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Ibeud-Aulgabe Wochentags um 6 Uhr. Nedartion und Erffedittou: Johannes,affe 8. Die Expedition ist WocheatagS ununterbrochen -»öffnet von ftüh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filiale«: Dtt» Klemm'- Eortim. (Alfred Haha), UniversitStSstrahe 1, Laut» Lösche, Kniharinenstr. 14, part. und Aönig-vlatz 7. NWgcr. TagetM Anzeiger. Ämlsblalt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd Volizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Prei- dit Sgeipattme Petitzeile 20 Pfcz. Rrclamen unter dem Redactionsfirick (4g«> svaltenl 50^, vor den Familieanachrichtrn (6-efpaltral 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verznchniß. Tabellarischer und Zifferniap ' nach böherem Tarif. Extra-Beilage« (gefalzt), ,ur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Poslbefvrdernng ^l 60.—, mit Posldefvrdernng 70.—. Ännahmeschluß fir 2i«)ei-e«: Abend«Ausgabe: BornnttagS 10 Uhr. Margen-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» la Leivzig 9V. Jahrgang. Sonntag den 5. April 1896. 173. Die nächste Nrrinnrev erscheint anr Dienstag Morgen. Aus -er Woche. L. DaS hohe Fest, da- wir heute begehen, mahnt die Böller und jeden Einzelnen, da- Cbristenthum, di« Religion der Liebe, in sich selbst zu erneuern, und die vorausgegangenen Tage haben wahrlich nicht gezeigt, daß wir einer solchen Mahnung nicht bedürftig wären. Die Leidenschaften haben selbst in dieser geweihten Zeit nicht geschwiegen, von Zwist und Hader ist die stille Woche erfüllt gewesen. Am slörendsten in den Reihen Derjenigen, die unS am Cbarfreitag gesagt haben, daß sie im Alleinbesitz der göttlichen Wahrheit seien und daß, wenn diese Wahrheit zum vollen Siege sich durch ringen solle, wir alle uns ihnen geistig unterwerfen müßten. Eigensüchtig und häßlich ist dieser Streit gewesen, der die heilige Ruhe störte, nicht ein Waffengang in dem von göttlichem Feuer geschürten Kampfe um die Vervollkommnung der Menschheit, jenem Kampfe, der nie rastet und zu dem die hohen Feste ansporuen, anstatt ihm Schweigen zu gebieten. Nicht zum Wenigsten Ostern, da- Fest, an dem Glaube und Natur dem Menschen seine« Weg zeigen: aufwärts zum Lichte. Der Ablenkungen von dieser Straße heS Heils sind für alle Geschlechter Legion gewesen, unserer Zeit weltgeschichtlicher Wandlungen sind sie zahlreicher aufgejpart worden, als den Vätern und Großvätern. Die Probleme der Ordnung menschlicher Angelegenheiten sind düsterer verschleiert, das Er kennen deS Rechten ist schwieriger geworden. Wenn inmitten solchen Dunkels die Menschen sagen: die echte und wahre Religion führt aus der Wirrniß, so sprechen sie auS, was der Menschheit ewiger Trost bleibs. Wenn sie aber hinzu fügen: die echte, wahre Religion ist daS, was wir lehren, so prolestiren wir dagegen aus dem Gedanken des Osterfestes heraus al- gegen einen Frevel am Göttlichen wie am Mensck- lichen. Unser deutsche- Vaterland hat seinen Glanz, sein Ansehen, seinen Wohlstand dafür gegeben, um ein Ende damit zu machen, daß Menschen für irrthumSsreie Erklärer de- göttlichen WesenS anerkannt werden mußten, und das wieder erstandene Deutschland wird die unermeßlich theuer bezahlte Freiheit der Gewissen nicht verschleudern, an wen immer es sei. Und um dieses Gut handelt eS sich. Mag die Richtung, die — weniger in unserem engeren Vaterland«, um so mehr aber in dem größten und einflußreichsten deutschen Staate — den Buchstaben zum Alleinherrscher im Reiche deS Glaubens machen will, noch so überzeugt sein, den Weg deS Protestantis mus zu gehen, sie wirkt — der Kernpunkt der neu aufgeworfenen Civilehefrage, sowie der deS Bestimmungsrechtes deS Staates über die Schule zeigen eS deutlich genug — für den Sieg der römischen Klerisei. Eine durch Vorkommnisse der jüngsten Vergangenheit zeit gemäß gewordene, aber doch nicht in den am heutigen Tage gern vermiedenen politischen Streit hineinfübrende Frage er örtert ein „Eingesandt" m der „Krruzzeitnng": den Zwei kampf. Es ist selbstverständlich, daß man an dieser Stelle nicht den Vorurtheilea und der seichten Betrachtung deS Gegenstandes begegnet, die sonst nur zu häufig laut werden. Der Verfasser bestreitet, daß daS Duell unter irgend welcher Voraussetzung mit den Geboten deS Cbristeu- thum- in Einklang gebracht werden könnte, er verhehlt sich jedoch nicht, daß ein anderer Weg zur Wiederherstellung der ver letzten Ehre, wenigsten- wenn intime Familienverhältnisse die Anrufung eines Ehrengerichts verbieten, nicht gegeben sei. Er billmt diesen Weg nicht, sondern fordert von dem Ver letzten Resignation: „Wer in die schwere Lage kommt, ohne seine Schuld compromittirt zu werben, und sich nickt ge wappnet fühlt, sein Geschick in seinem bisherigen Kreise zu tragen, der muß au- demselben an-schriden." Daß diese Forderung, so ganz allgemein erhoben, eine furcht bare Härte in sich schließt, braucht nicht weiter dargethan zu werden. Schließt der Verzicht auf ein Duell dock unter Umständen den Verzichtenden nicht nur auS „seinem bisherigen Kreise", sondern auch auS den benachbarten Kreisen, ja sogar von einer ganzen gesellschaftlichen Schicht auS. Der Einsender siebt auch ein, daß seine Lösung nicht eine solche für alle Fälle sein kan«. Er schließt: „Ueber kurz oder lang werden auch bei unS wohl andere Auffassung-n zur Herrschaft gelangen. Aber zum Märtyrer der noch herrschenden äußer lichen Ehrbegriffe fühlt sich so leicht Niemand berufen. Der Baun, welcher jetzt herrscht, kann nur von oben fort genommen werden." Mit den letzten Worten wird allerdings ein Weg gezeigt, der gangbar gemacht werden könnte und auch bereits — wenigstens ist ein Beispiel dieser Art vor etwa fünfzehn Jahren bekannt geworden — betreten worden ist. Es wäre eine Ostrrtbat, wenn gerade jetzt der Mund, der schon oft ein erlösende- Wort zur rechten Zeit gefunden, den Bann auf- Neue zu brechen suchte, der seit jenem Beispiele drückender al- je geworden ist. Deutsches Reich. * Leipzig, 4. April. Wie unS auS Metz berichtet wird, schwebt seit einiger Zeit eine LandeSverrathSangelegen- heit, Vie sich gegen den Ingenieur und Müblenbesitzer Encillon au« Urgeville richtet. Die Voruntersuchung, die in dieser Sache vor einiger Zeit ringeleitet wurde, soll bereit- abgeschlossen sein; ein Anklagebeschluß de- Reichs gericht- liegt jedoch, wie wir erfahren, bis jetzt noch nicht vor. U Berlin, 4. April. Auch die vom Verein für Social- Politik veranlaßten Untersuchungen über die Lage einzelner Handwerke in verschiedenen Städten, deren Ergebnisse nun mehr zu einem großen Tdrile veröffentlicht sind, lassen erkennen, daß verschiedene Gewerb-zweige, in denen noch vor nicht langer Zeit bandwerksmäßige Betriebsweise überwog, infolae der Entwickelung der modernen Technik vollständig einen industriellen Eharaklrr angenommen Haden oder doch in kürzester Frist unter Abstoßung der noch vorhandenen handwerksmäßigen Betrieb« annehairn werden. E« ist die- eine Thatsacke, welch« für die bevorstehende Einführung der localen Hand werkSorganisation wohl beachtet werden sollte. Wer sich der ersten Grundzüge einer HancwerkSorganisation erinnert, welche vom preußischen Handelsministerium im „Rrich-anzeiger" veröffemlicht wurden, wird wissen, daß damals, al- daran gedacht wurde, alle Gewerbetreibenden, welche nicht mehr al- 2V Arbeiter regelmäßig beschäftigen, in die Organisation einzubeziehen, di« Bestimmung vorgesehen war, daß der BundeSrath bestimmte Gewerbszweige überhaupt von der HandwerkSorganisalion auSnehmen könnte. Dabei war sicherlich an jene Gewerbe gedacht, welche m neuerer Zeit einen rein industriellen Cbarakler erhallen haben. Es wäre auch völlig unverständlich, der Organisation solche Betriebe anzuschließen, die nicht den mindeuen Vorthcil davon hätten. Tie locale H^"dwerksorganisation soll u. A. einer besseren Ausbildung des Handwerkernachwuchses dienen. WaS nützte industriellen Beirieden, die gar keine Gesellen und Lehrlinge, sondern nur Arbeiter be,Lästigen, solche Anordnung? Der Wortlaut der neuerdings im Handelsministerium auSgearbeitetenVorlage über dieHandwerkS- organisation ist noch nicht bekannt, und man weiß deshalb auch nicht, ia welcher Weise der KreiS der für die Organisation in Aussicht genommenen Gewerbetreibenden abgegrenzr ist oder ob seine Abgrenzung in daS Belieben der Provinzialbehörden gestellt werden wird. Auf jeden Fall wäre eS erwünscht, wenn eine Bestimmung iu der Vorlage enthalten wäre, welche der oben erwähnten und in dem ersten Entwurf enthaltenen ähnlich wäre. Berit«, 4. April. Die Mittheilungen, welche die neueste Nummer deS amtlichen EolonialblatteS über die Er folge macht, die mit der Heranziehung der Ein geborenen ia de» Colonien zu regelmäßigem Militairdienst erzielt worden sind, berechtigen zu der Erwartung, daß auf diesem Gebiete in absehbarer Zeit sehr gute Resultate werden erreicht werden. Es ist aller dings zu berücksichtigen, daß Vie Versuche zunächst auf die südwestafrikaaische Eolonie beschränkt sind und daß da- dort zur Verfügung stehende Menschenmaterial auf einer verhältnißmäßig höheren Stufe steht, als vie eingeborene Bevölkerung in unseren übrigen afrikanischen Besitzungen. Indessen werden die Erfahrungen, welche in Süvwrstafrika gemacht werden,zweifellos dazu beitragen, ander- weiligeVersuche zu erleichtern, zumal da die beidenHauptschwierig- keiten, die Abneigung der Eingeborenen gegen einen geordneten Militairdienst und die mangelnde Sprackkennlniß, in Südwest- afrika ebensogut vorhanden sind, wie in anderen Colonien. Was die Vortheile der Heranziehung der Eingeborenen zum Militair- dienst sprciell für Südwestafrika anlangt, so liegen dieselben auf der Hand. Sowohl der stellvertretende Truppencomman- deur, wie der Landeshauptmann vertreten die Ansicht, daß die militairisch ausgebildeten Eingeborenen eine vorzügliche Hilfs truppe für den Fall eines Krieges iu dem Schutzgebiet ab geben werden. Damit eröffnet sich die Aussicht, daß mit der Zeit die Schutztruppe durch Eingeborene ersetzt werden kann, was in maucher Beziehung em Vortheil sein wird und geeignet ist, unS unsere südwestafrikanische Eolonie nock werthvoller zu machen. Unleugbar wirkt in dem vorliegenden Falle der „Militari-mu-" als Eulturelement in Süd- wrstafrika. Der Bericht de- stellvertretenden Trnppen- commandeur- über die bisher erzielten Erfolge stellt das außer Frage, so daß man auch unter diesem Gesichtspunkt da- Vorgehen der dortigen Verwaltung nur freudig begrüßen kann. * Berlin, 4. April. Herr Bebel hat bekanntlich der Behauptung der „Rhein.-Westfäl. Ztg.", er habe seine An klage gegen vr. Peter- erst anderthalb Jahre bei sich ge tragen und dann hauptsächlich deshalb vorgebracht, weil Peter- für die Flottenvermebrung eingetrelen und an Stelle de« Prinzen Arendera rum Vorsitzenden der Berliner Äbthei- lung der deutschen Colonialgesellschaft gewählt worden sei, im ^Vorwärts" die Erklärung entgegengesetzt: „Diese Miltdeiluag der „Rdein^Wrsts. Zig.' ist, soweit sie sich auf meine Person oder dir Partei bezieht, von A biS Z Erfindung. Ich habe da- gegen den Or. PeierS gerüstete Material erst wenige Wochen vor meiner bezüglichen Siede im Reichstag, zum Tbeil sogar erst während der Verhandlungen im Reichstag erhalten. Auch der Abgeordnete Prinz von Arenberg und das Eentrum stehen der Ver öffentlichung fern. Perlin, den 80. März 1886. A. Bebel." Hierauf antwortet jetzt bie „Rbein.-Westf. Ztg": „Wir halten demgegenüber an unserer Meldung durchaus fest und wollen sie nunmehr näher begründen. Unjerm Gewährsmann wurden am 4. Oktober 1884, Abend« zwischen 7 und 8 Udr, zu Zürich von einer m jeder Beziehung zuverlässigen Seite die Mit- theilungen gemacht, welche Bebel letzthin ,m Reichstag, „enthüllte". Insbesondere wurde berichtet, Peter« habe seine Eoncubme, welche mit einem Schwarzen habe flüchten wollen (nach der damaligen Au-schmückung war dieser Schwarze obendrein ihr früherer Bräutigam, dem sie von Peter« entrissen war), sammt ihren Geliebten vor seiner Dhürr aushängen lassen. Empört darüber hab« «in Missionar dnn P. da« Hau« verwiesen und darauf Peter« dem ersteren einen Bries geschrieben, de« Inhalt«, daß er dir Dhat anerkenne und sich dazu berechtig« glaub». Dirier Brief sammt einer Schilderung der Thatsacheu fei an Bebel ad- gesandt: man müsse also darauf geiaht sein, dah Bebel damit in der Session 18S4/9L «inen großartigen Eolonialscandal an- sange. Unser Gewährsmann hielt sich für verpslichtet, di» Au- gelegrnheit ia den Kreisen des Lolonialvereins und de« All- deutschen Verband»« — deren Mitglied Peirrs ist — zur Sprache »u bringen. So ist die Säcke im Winlet 1884 im Vorstand deS Essener ilolooialverein« auf einer Tagung des Gauver- bondr«d«rnt»hrrrbeinifch.wrstsälisckr>iEolonialverrine undaufeinerTagungderVertrauen«männer derOrtsgruppen des Alldeutschen Verbände« von Rheinland-Westfalen zu Düsseldorf besprochen werden. Sicherlich bO Personen in Rheinland« Westiaien können die« bezeugen. Man kam oder st,i« zur einstimmigen Ansicht, Laß Liessest« nicht« in der Sache geickeden könne, denn: 1) war nicht klar, ob dir Vorfälle in bie Zeit d.r Beamtenschaft Peters' fielen; 2) beruht« di« ganz« Vach, aus osrosrikani,chem »üsten- tlatsch; da« einzige Beweismittel (den Vries) muhte Bebel be- sitzen; fi- tonnte Niemand sich ein Reckt zuerkennen, Peter« auf Klatschereien hin um Aufklärung zu bitten. Derselben Ansicht muhie auch wohl Bebel sein, denn «r macht» von der ihm gewordenen Mittheilung IV, Jahre keinen Gebrauch. Wenn er jetzt behauptet, er habe sein Material während der Verhandlung erst erhalten, so sragt darauf die „Deutsche Tageszeitung" mit Reckt, wie er in solchem Falle die Richtigkeit der Angaben prüfen konnte. Es wäre also zweckdienlich, daß Herr Bebel mitlheilte, von wem er die Angaben hat. Nach der unserem Grwährsmanne in Zürich gemachten Mit- »Heilung ist die Anklage von englischer Seite damals an Bebel gegeben. Die menschenfreundliche Absicht liegt also aus flacher Hand. Um den Rest der Bebel'scken „Berichtigung" aus dem Wege zu räumen, so stellen wir sest, daß wir nie behaupteten, Prinz Arenberg ober das Centrum seien an der Veröffentlichung betheiligt. Wir jagten nur, daß Socialdemokraten und Ultramontane Peters angriffen, weil Letzterer für die Flottenvermehrung zu arbeiten an fing. Sollte Herr Bebel für seine Person bas bestreiten, so genügt es. ihm den Anfang seiner Rede vorzulejen; er sagte nach dem amtlichen Stenogramm: „Peters genießt ein Ruhegehalt von 6000 und benutzt dir ihm vollständig überlassene freie Zeit, wie Sie wissen, dazu, um in der bekannten Flottenvermchrungs- Agitakion aus Leibeskräften thätig zu sein. Die letztere hat uns im Augenblick nicht zu beschäftigen, sie wird beim Marine-Etat ihre Nolle spielen. Ich Kade nur auS der Rolle, die der Herr in letzterer Zeit gespielt hat, Veranlassung genommen, mich etwas mehr mst der Vergangenheit desselben bekannt zu machen, und da muß ich sagen . . ." Und nun folgt dir Anklage. Ueber die Absicht Bebel's ist man daher ebensowenig im Unklaren wie über diejenigen seiner englischen Informatoren." Herr Bebel wird sich in seiner Antwort wahrscheinlich darauf beschränken, der „Rbein.-Westf. Ztg." und den von ihr nam haft gemachten Vereinen den Vorwurf zu machen, daß sie die ihnen gemachten Mittheilungen todlzuschweigen versucht hätten. Und m der Tbat war eS ein Fehler von diesen Vereinen, daß sie dem „ostafrikanischen Küstenklatsck" nickt auf den Grund zu gehen suchten und nicht einmal Herrn vr. PeterS von dem ibm drohenden Angriffe in Kenntniß setzten. Gerade weil man wußte, daß Bebel Material zu einem solchen An griffe erhalten batte, hätte man es für Pflicht erachten müssen, Peters um Aufklärung zu ersuchen und ibm Gelegenheit zu geben, eine neue Discipliuaruntersuckung zu fordern. * Berlin, 4. April. In welch bedauerlichem Grave die konfessionelle Zersplitterung in Deutschland Fort schritte macht, beweist die Begründung eines katholischen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. Man sollte denken, daß die gemeinnützigen Bestrebungen ein Feld bildeten, auf dem sich nicht nur die Deutschen aller politischen Parteien, sondern auch aller Bekenntnisse begenen und zusammenfinren könnten, und eS ist auch nicht eine nicht gering zu veranschlagende Wirkung der politischen Einigung der deutschen Stämme, daß durch sie für Nord und Süd, Ost und West ein Boden gemeinsamen Wirkens geschaffen wurde. Leider aber muß in den letzten Jahren die Beobachtung feslgestelll werden, daß mehr und mehr auch bei der Gemeinnützigkeit der ConfessioualiSmuS sich geltend macht und zu besonderen VcreinSbilvungen führt, durch welche die Kräfte der Gesellschaft vielfach verzettelt und zersplittert werden. Der konfessionelle Gegensatz macht sich hierbei stärker bemerkbar als der politische. Die politischen Unter schiede zu überwinden und zu überbrücken, ist der Gemein nützigkeit noch möglich, die konfessionellen und religiösen dagegen anscheinend nicht mehr. Weshalb ist es notbwendig, für bie katholische Bevölkerung, bie im Uebrigen die Be strebungen des Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke billigt, einen besonderen Verein auf religiöser Grundlage zu er richten, weShalb kann sie sich jenem nicht anschließen? Ver stehen würde man dies, wenn der Verein durch seine Tbätig- keit die religiösen Empfindungen der Katholiken irgendwie gekränkt hätte, allein bas ist so wenig der Fall, daß der Verein bei den kirchlichen katholischen Behörden großen An klang findet und amtliche Empfehlung genießt. DaS bischöf liche Ordinariat in Mainz hat sogar vor einigen Jahren eine socialstatistische Erhebung dieses Vereins durch warme Unterstützung seitens der Diocesangeistlichkeit bei AuSkunft- ertheilung über Ursachen und Wirkungen des Alkoholismus sehr gefördert. Unter diesen Umständen ist es nicht bie Ab neigung gegen den Verein, bie zu einer besonderen Vereins bildung führt, sondern eS muß dies auf die allgemeine Nei gung zurückgcfübrt werden, auch die gemeinnützige Thäligkeit vom Boden der konfessionellen Gemeinschaft aus zu regeln und durchzufübren. Nur blinder Fanatismus könnte in dieser Erscheinung einen Vortheil für das Volksleben erblicken. Die übermäßige Betonung der konfessionellen Unterschiede ist schon an sich ein großer Schaden, sie wird aber zu einer Schädigung der tbeuersten Güter unserer Nation, wenn selbst dir schönste Blüthe menschlicher Gesinnung, die werklbälige Liebe, nickt mehr im Stande ist, die Menicken verschiedenen Glaubens zu gemeinsamer Arbeit zu vereinigen. Es heißt einer guten Sache, die man fördern will, einen schlechten Dienst erweisen, wenn man dieser konfessionellen Zersplitterung das Wort redet, statt von ihr abzuhalten. Anzeichen genug liegen dafür vor, daß auch hierbei ein planmäßige« und auf wohlüber legten Anschauungen beruhendes Vorgehen beabsichngl ist, und gerade um de-willen ist eS geboten, mit ernster Mahnung hiergegen nicht zurückzubalten. (Köln. Ztg.) V. Berlin, 4. April. (Telegramm.) Durch CabinetS- ordre vom 31. März ist der Contreadmiral Hoffmann von der Stellung al- Cdef der Kreuzer-Division entbunden, Contreadmiral Ttrpttz ist zum Chef der Kreuzer-Division rruannt worden. Corvettrncapitain Fischer, Comniandant der „Kaiserin Augusta", und Corvettrncapitain Brcusing, Comniandant de- Panzer- „Sachsen", sind zu Eapitainen zur See befördert worben. (Wiederholt.) Berlin, 4. April. (Telegramm.) Der neueHandelS- und Schifffabrtsvertra g zwischen LeutschlanS und Japan nebst einer Eonsular-Convention ist beut« von dem StaaiSsecretair deS Auswärtigen Arme«, Staat-minister Frei herrn Marschall von Bieberstein, und dem japanischen Ge sandten, Vicomte Aoki, unterzeichnet worden. Berlin, 4. April. (Telegramm.) Gegenüber dem Vorgehen e.ner angeblich preußischen Di-ciplinardebörve gegen Zrrtung-redactionrn, von welchen Mtttheitungen au- geheimen Aktenstücken veröffentlicht worden find, führt die „Nordd. Allgem. Ztg." au-, eS bandle sich bei den fraglichen Disciplinarvcrfabren um eine That, für welche den Zeitung-- redacteur oder seine Hilfskräfte eine rechtliche Verantwort lichkeit nicht treffe. Für einen Bruch de- Dienstgeheim nisses könne nur der die dienstliche Pflicht verletzende Beamte verantwortlich gemacht werden. Die Ver öffentlichung an sich sei nicht strafbar. Au- der Fassung des Beschlusses der mit der Vorberathung der Straf- proceß-Ordnungsn ovelle betrauten Commission er gebe sich, daß dieselbe sich bei dem bekannten Beschlüsse keines wegs auf den Standpunct gestillt habe, als solle gegen die bei dem Eischeinen einer Druckschrift betheiligten Personen der Zeugnißzwang behufs Ermittelung des Verfassers oder Einjenders unbedingt und für alle Fälle au-ge schlossen sein. Nur unter gewissen Voraussetzungen habe die Commission den Zeugnißzwang beseitigen wollen. Tie „Nordd. Allg. Ztg." weist sodann nach, daß die von der Commission gewollte Beseitigung deS Zeugnißzwanges auf solche Falle keine Anwendung gefunden hätte, für welche die Presse selbst die Verantwortung nicht zu tragen hat. Hier nach könne es nur auf einem Mißverständniß beruhen, wenn in neuerlichen Fällen der Zeugnißzwang zu Einwendungen gegen die Beschlußfassung der NeichSlagS-Commisfion benutzt worden sei. L. Berlin, 4. Avril. (Privattelegramm.) Professor v. Treitschkc, dessen Erkrankung bereits gemeldet wurde, leidet der „Nat.-Ztg." zufolge an starken asthmatischen Be schwerden. Sein Befinden ist ein wechselnde-; an manchen Tagen vermag er auszufahren. 6.8. Berlin, 4. Avril. (Privattelegramm.) Der Abgeordnete Eugen Richter bat der „Nationaiz«a." zufolge seinen Austritt auS dem Vereine für HüitdtlE- freibeit erklärt; er sei zu diesem Schritte offenbar durch die von ibm stets bekämpfte Gründung deS Schutzverbandes gegen agrarische Uebergriffe veranlaßt. (Wiederholt.) 6. 8. Berlin, 4. April. (Privattelegramm.) Die Maurer haben gestern beschlossen, den 1. Mai durch voll ständige Arbeitsruhe zu feiern. Die Arbeitgeber werden sicherlich auf diese Herausforderung die richtige Antwort geben. (Wiederholt.) ö. Berlin, 4. April. (Privattelegramm.) Mit dem beutigen Tage sind in den Streik die Modelleure und Gi Psbildbaner getreten; ihre Hauptforderung ist die Ver kürzung der Arbeitszeit auf 8^/, Stunden. — Die Lohn bewegung der Dachdecker nimmt einen für die Arbeiter ungünstiaen Verlauf, nachdem die Innung, welcher die meisten großen Firmen angeboren, die stricte Ablehnung der Forde rungen von vornherein und Entlassung aller Streikenden beschlossen bat. — Eine ungünstige Lage weist auch der Streik der Maler und Anstreicher auf; nach Mittbei- lungen der Streikecommission sollen etwa 250 Firmen mit circa 1800 Arbeitern die Forderungen der Streikenden be willigt haben; die übrigen, darunter die größten Geschäfte, haben nickt bewilligt und können zum größten Thril im vollen Umfang die Arbeit sortsetzen. * Stettin, 3. April. AuS Anlaß deS Ausstande- in der ConfectionSinduftrie ist da- hiesige Gewerbegericht vom Minister für Handel und Gewerbe angewiesen worden, über die Verhältnisse dieser Industrie in Stettin Ver nehmungen von Auskunft-Personen auS dem Kreise der Confectionaire, Zwischenmeister und Arbeiter zu veranstalten. * Bremen, 3. April. Die Frage der Reform de» bürger- schaftlicken Wahlrechts kommt bier nun in Fluß Da am Ende dieses Jahre- die Hälfte der Bürgerschaft neu zu wählen ist und da von socialdemokratiscker Seite sicher das Verlangen nach allgemeinem Wahlrecht auch für die Bürger schaft gestellt werten wird, so fühlt die bürgerschaftliche Linke das Bedürfniß, dem rechtzeitig zuvorzukommen. So weit, daS allgemeine Wahlrecht für die ganze Bürgerschaft zu fordern, gebrauch sie nicht, denn sie fühlt zu gut, daßemsolcke-Epperimcnt die Bürgerschaft den Socialdemokrateu ausliefern könnte. Jetzt ist die Bürgerschaft zusammengesetzt auS 14 Abge ordneten deS GelebrlenstandeS (je t Abgeordneter auf 18 Wähler), 42 Abgeordneten deS KaufmannSconventS (je l Ab geordneter auf 20 Wähler), 22 Abgeordneten de» Gewerbe- conventS (je 1 Abgeordneter auf 1 l Wähler), 44 Abgeordneten auS den übrigen Bürgern, welch letztere in Wahlbezirke ein- geibeilt sind und nack allgemeinem gleichen Stimmrecht wählen (je 1 Abgeordneter auf 280 Wähler). 28 Abge ordnete wählen die Hafenorte und da- Landgebiet. Der gewöhnliche Bürger bat also ein viel kleinere- Wahl recht als Gelehrte, Kaufleute und namentlich die Mit glieder des GewerbeconventS. Die veraltete Eintheilung der Wahlbezirke ist kürzlich beseitigt und nach allgemeiner Ansicht besser geordnet worden. Jetzt verlangen die Vertreter der vierten Ctasse und zugleich der politisch freisinnigen Vereine, daß der vierten Elaste eine größere Anzahl Sitze eingrraumt werde, und zwar auf Kosten der drei ersten. Sie verweisen darauf, daß die vierte Elaste, obwohl nach allgemeinem Stimmrecht wählend, doch stet» nur ganz wenig Socialdemokraten in die Bürgerschaft gewählt habe; man sei also nicht berechtigt, wegen der Socialdrmokratie da- Verlangen nach besserer Ver tretung abzulehnen. Ta im Allgemeinen in unserer Bürger schaft eine gute Eintracht zwischen allen Elasten gebenscht bat, so nimmt der „Hambg. Corr." an, daß die Frage der Wahlrechtsreform nicht allzu hitzig verlaufen werde. * Vase«, 3. April. Bekanntlich hatte der Abgeordnete v. CzarlinSki am 17. Februar im Reichstage die Ver letzung des nationalen Gefühl- polnischer Soldaten zur Sprache gebracht. Der Kriea-mi n ister versprach, die An gelegenbeit untersuchen zu lassen und den Abgeordneten von dem Resultat dieser Untersuchung brnackrichtigen zu wolle«. Gemäß diesem Versprechen bat nun da« Krieg-Ministerium,
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