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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.04.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960413013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896041301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896041301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-13
- Monat1896-04
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Größere Schriften laut unserem Prei^ verzeichniß. Tabellarischer und Zisferwatz nach höherem Tarif. Ertra-Veilagcn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 80.—, nnt Postbeförderung 70.—. Ännahmeschlok für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig a°185. Montag den 13. April 1896. W. Jahrgang. WWWWWWWWMMMWWWWMMWWWWMWMo vr. Gensei, S. schon beire Ver- von land- ost Der eben erwähnte verschiedene Grundcharakter der Zu sammensetzung der alten Stände und der heutigen ist bedingt durch den verschiedenen Ursprung, den landständischen Verfassungen haben. Der altständischen fafsung fehlt ein fest normirter Ansangspunct, dem aus nickt nur die Zusammensetzung des schaftlicken Körpers, die ja, wie wir sahen, sehr willkürlich und den verschiedensten Einflüssen unterworfen war, sondern auch vor allen Dingen die Entstehung der Rechte der Stände datirt. Dieser Ursprung ist aufs Engste verbunden mit der Entstehung der landes herrlichen Hobeitsrechte, und die Geschichte zeigt, wie diese beiden Factoren der Staatsgewalt, die Oberhoheit deS Fürsten und die Reckte der Stände, in der Entwicklung während der Zeit der allständischen Verfassung fast vollständig parallel geben. Anders ist dies bei der jetzigen ständischen Verfassung. Diese beruht in der Zusammensetzung der Stände, ihren Rechten :c. auf der Verfassungsurknnde, also auf einem be sonderen, unter Wechselwirkung der Regierung und den alten Ständen entstandenen Gesetz oder Vertrag. Dem rein ge schichtlichen Ursprung der alten Stände steht also hier ein gesetz- oder vertragsmäßiger gegenüber, und in Folge dessen tonnen die jetzigen Stände durchaus nicht als Fortsetzung der früheren bezeichnet werden. Nun bedingt allerdings der eben erwähnte Unterschied im Ursprung an sich eine Verschieden heit der Zusammensetzung nicht; denn in die Verfassung hätten, wenn man die alten Stände hätte beibehalten wollen, nur die Bestimmungen der Landtagsordnnng von 1728 ausgenommen werden können, und damit wäre eine wesentliche Uebereinstimmung der alten neuen Landstände erreicht worden. Daß aber diese Uebereinstimmung nicht be steht, zeigt eben, daß unsere jetzigen Stände eine Neuschöpfung der Verfassung von 1831 sind, und daß die allgemeinen Principien bez. ver jetzigen und früheren Zusammensetzung total verschieden sind. Eine allgemeine Charakteristik dieser Principien wird diesen wichtigsten, weil Wesensunterschied, zeigen. „ Sehr häufig findet man die alten Landstande mit der Be zeichnung Feudalstände belegt, und wenn auch dieser Begriff etwas an Einseitigkeit leidet, so deckt er sich doch theilweise mit den thalsächlichen Verbältnissen, wie sie bei den früheren Ständen zu Grunde lagen. Vollständig paßt jener Aus druck, der doch das durch das alte Lehnsshitem Lcdingte Vorherrschen des Adels in den Ständen bezeichnen will, auf jene, den eigentlichen Landtagen vorangehenden placitL, und wenn auch im XV. Jahrhundert die bürgerlichen Vertreter der Städte dazu kommen, so ist und bleibt doch den Land ständen die Signatur des UeberwiegenS adeliger Elemente, zu denen auch die Geistlichkeit gerechnet werden muß, ausgeprägt. Diese Tbatsache erhellt deutlich aus den Einzelheiten, die wir bez. der Zusammensetzung oben gaben, ferner aus den Be stimmungen über die Ahnenprobe, aus den Streitigkeiten über die Aufnahme von Bürgerlichen, aus der einflußreichen Stellung des nur auS Adeligen bestehenden engeren, rittersckaftlichen Ausschusses, aus der strengen Absonderung der 1. Curie rc. Was nun speciell die Landstände von 1815—1831 betrifft, so ist das Begründen von Wablständen im Jahre 1820 als ein Versuch zu betrachten, dem sog. Sechzebnabnen-Adel das alleinige Recht der Landtagsfäbigkeit zu beschränken, aber einerseits waren die das active und passive Wahlrecht ein schränkenden Bestimmungen nicht dazu geeignet, andere, be sonders bürgerliche Elemente in den Landtag zu bringen, andererseits konnte durch die verhältnißmäßig geringe Zahl der Wahlstände eine wesentliche Umgestaltung oder Ver änderung des feudalen, b. h. vorwiegend adeligen Charakters der Landstände nicht bewirkt werden. Vollständig anders liegen die Verhältnisse bei den jetzigen Lanbstäneen. Wie die Verfassung in tz 34 alle zur Erlangung von Siaatsämtern früher maßgebenden Standes- und Geburts unterschiede aufgehoben hat, so kennt auch die Verfassung Amtlicher^Theil. Bekanntmachung. Wir machen schon jetzt darauf aufmerksam, daß die diesjährige Herdftledermefse am Montag Ser 3. Metzwoche, also den 14. September beginnt und die Mehbürse für die Lederindustrie Dienstag, den 15. September Nachmittags 2—4 Uhr im Saale der Neuen Börse am Blücherplap allhter abgehalten werden wird. Leipzig, am 10. April 1896. Der Rath der Stadt Leipzig I». 1798. Vr. Georgi. Lpe. Auf Antrag der Erben des Mechanikers und Optikus Friedrich August Dteize soll das zu dessen Nachlasse gehörige Hausgrundstück mit Hofraum in Leipzig, Webergasse Nr. 6, Folium 1862 des Grund- und Hypothekenbuchs, Nr. 506 des Brandkatasters und 1234 des Flurbuch» für die Stadl Leipzig, auf dem 423 Steuer einheiten haften, »en 24. April 18S«, Bormittags II Uhr, von dem unterzeichneten Amtsgericht an Gerichtsstelle, Peters- steinweg Nr. 8, Zimmer 119, freiwillig versteigert werden. Die Versteigerungsbedingungen sind au» dem an der Grrichtstafel hängenden Anschläge zu ersehen, werden aber auch im Termine bekannt gegeben werden. Leipzig, den 8. April 1896. Da» königliche Amtsgericht, Abth. V. Tret. 1. V. 1. V. 190/86. Nr. 83. Kunze. L. Zur Wählbarkeit ist das erfüllte 30., zur Theilnahme an der Wahl das erfüllte 25. Lebensjahr erforderlich. Außer dem besitzen sowohl die active als auch passive Wahlfädig keit nicht solche Personen, die unter Curatel stehen, über deren Vermögen der ConcurS ausgebrochen ist und die wegen entehrender Verbrechen vor Gericht verurtheilt worden sind. Der Präsident der H. Kammer wird vom Könige aus 4 von der Kammer vorgeschlagenen Abgeordneten ernannt. . Diese so geschilderte Zusammensetzung der sächsischen Ständeversammlung blieb aber in dem ca. 60 jährigen Zeit räume des Bestehen? der Verfassung nicht dieselbe, sondern wurde durch ergangene Gesetze, die natürlich gleichzeitig eine Aenderung der Verfassung brachten, verschiedentlich modificirt. Verhältnißmäßig gering sind die Veränderungen, welche die Zusammensetzung der I. Kammer betroffen bat. Bei Punct13desH 63 wurde die Wählbarkeit zu den 12 Ritterguts besitzern auch auf die Inhaber größerer, ländlicher Güter aus gedehnt. (Gesetz vom 3. December 1868.) Ferner wurden als neue Mitglieder der I. Kammer hinzugefügt: „5 vom Könige nach freier Wahl auf Lebenszeit ernannte Männer" (das selbe Gesetz). Diese Veränderung verwirklichte theilweise einen Vorschlag, den die Ritterschaft schon bei der Beralhung der ursprünglichen Verfassungsurkunde gemacht hatte, ohne daß er berücksichtigt wurde, dahingehend, daß der König der I. Kammer noch 6 Mitglieder beigeben möge, bei denen kein weiteres Erforderniß vorausgesetzt würde, als daß sie in die II. Kammer wählbar seien. Weiter erhielt 8 65 eine andere Fassung, indem bez. der Wahl der unter 13 und 14 genannten Abgeordneten auf das Wahlgesetz verwiesen und der Reinertrag der Güter auf 4000 Steuereinheiten normirt wurde (dasselbe Gesetz). Die Wahl deS Vicepräsidenten wurde durch Gesetz vom 12. October 1874 der Kammer zugewiesen. Eine wesentlich andere Gestalt erhielt die Zusammen setzung der Ü. Kammer. Zunächst vermehrte das Gesetz vom 19. October 1861 die Vertreter des Handels- und Fabrikwesens auf 10 und endlich bestimmte das mehrerwähnte Gesetz vom 3. December 1868: Die II. Kammer besteht auS: 35 Abgeordneten der Städte 45 - » ländlichen Wahlkreise, Selöstverstäudlich wurde nun auch tz 70 hinfällig und durch da« gleiche Gesetz aufgehoben. Die Erneuerung der Kammer erfolgt nach dem ver änderten ß 71 nunmehr aller 2 Jahre, zu welchem Zeit punkte r/s der Abgeordneten ausscheidet und eine Neuwahl resp. Wiederwahl der gleichen Anzahl erforderlich wird. Die Bedingungen bezüglich des Wahlrechts enthält die Verfassungsurkunde jetzt nicht mehr, sondern eS wird des Weiteren auf das Wahlgesetz verwiefen. Endlich wurde die Wahl des Präsidenten und des Vicepräsidenten durch Gesetz vom 12. Oktober 1874 ganz der II. Kammer übertragen. Mit diesen, im Vorstehenden gekennzeichneten Verände rungen hat die Zusammensetzung der sächsischen Ständever sammlung ihre heutige Gestaltung erreicht, und es möge nun noch unsere Aufgabe sein, diese zum Ausgangspunkt eines Vergleichs mit den Landständen der altständischen Verfassung vor 1831 zu nehmen. Bei jedem Vergleiche bat man auf Aehnlickkeiten und Unterschiede der beiden VergleickSobjecte zu achten, und wiewohl es angebracht ist, zuerst die zwei Objecte ver bindenden und dann die sie als Verschiedenheiten trennenden Momente bervorzuheben, ziehen wir doch vor, hier den um gekehrten Weg einzuschlagen, und zwar aus dem Grunde, weil bei den vorliegenden Objecten die Aebnlichkeiten sich nur auf Einzelheiten erstrecken und deshalb besser nach einer allgemeinen Charakteristik, die die Unterschiede deutlich zeigt, zu behandeln sind. Zur Geschichte Les sächsischen Landtags. Bon Tart Thümmler. Nachdruck verboten. IV. Die II. Kammer besteht auS folgenden Mitgliedern: 1) 20 Abgeordnete der Rittergutsbesitzer. Deren Wahl erfolgt auf den Kreis- und Provinziallandtagen von den Besitzern der im Wahlgesetz als wahlberechtigt bezeichneten Gütern auS den Rittergutsbesitzern, welche einen jährlichen Gutsertrag von mindestens 600 Thlr. haben; 2) 25 Abgeordnete der Städte; 3) 25 Abgeordnete deS Bauernstandes; 4) 5 Vertreter deS Handels- und Fabrikwesens. Die beiden Entwürfe hatten folgende Zusammensetzung vorgeschlagen: 1) 15 Abgeordnete der Rittergutsbesitzer; 2) 25 Abgeordnete der Städte; 3) 20 Abgeordnete des Bauernstandes. Die Vermehrung der Anzahl der Rittergutsbesitzer ist auf einen gemeinschaftlichen Antrag der Ritterschaft und Städte zurückzuführen, ebenso auch die Einfügung der 5 Ver treter deS Handel»- und Fabrikwesens. Die Erneuerung der II. Ständekammer erfolgt in der Weise, daß aller 3 Jahre ein bestimmter Theil der Abgeordneten ausscheidet und dafür eine gleiche Anzahl neuer Mitglieder gewählt wird. keine Bestimmung, welche die Landtagsfäbigkeit an solche Standes- und Geburlsvorzüge knüpft. Bezeichnend dafür ist, daß überhaupt die Verfassungsurkunde nirgends den Unterschied zwischen Adeligen und Bürgerlichen berührt. Dieser Auffassung widerspricht es auch nicht, wenn die Verfassung den Mitgliedern einiger Adelsfamilien, deren Lanbstandschaft auf besonderen Verträgen beruht oder die Besitzer größerer Standesherrschaften sind, z. B. den Besitzern der Schönbnrg'scken Receß- und Lebnskerrschafken, der Herr schaften Wildenfels, Königsbrück und Reibersdorf, erbliches Sitz- und Stimmrecht in der I. Kammer verleibt. Eine Bevorzugung der Aristokratie oder ein Hinneigcn zum aristokratischen Princip ist darin nickt zu erblicken, zunächst schon um der oben angeführten Verträge willen, dann aber vor Allem aus dem Grunde nicht, weil diesen StandeSherren die Mitgliedschaft nickt als Häupter oder Angehörige einer bestimmten Adelssamilie, sondern als Be sitzer der betreffenden Herrschaften zugetheilt worden ist. Diese Bestimmung leitet sich also, abgesehen von den Ver trägen, von dem einen Grundprincip des ständischen Systems in Sachsen ab, nach welchem dieses auf den Grundbesitz basirt ist, und ist kein Zugeständniß an das alte Feudalsystem. Eng verbunden mit dem Wesen ter allen Stände als Feudalstände ist ihre Eigenschaft als Vertreter von Sonder klassen der Bevölkerung. Die Unterscheidung der im Lehns- staat entstandenen Classen oder Stänke des Volkes trat gerade auf jenen ausländischen Landtagen hervor, da sie hier eine praktische Anerkennung und Anwendung fand. Der Name „Stände" für die auf den Landesversamm lungen Erschienenen stebt sicher im Zusammenhang mit der Thatsache, daß eben die alten Landslände für ihre Person Vertreter der einzelnen Classen waren, denen sie durch Geburt oder Amt oder Besitz angehörten. Dazu kommt noch, daß in causalem Zusammenhänge mit der eben erwähnten Eigcnsckaft diese Landslände nur Vertreter von Sonderinteressen waren. Tie Geistlichen traten ein für das Interesse ihrer Stifter und Klöster, die Universitäten für das ihrer Corporation und die Grasen und Herren, sowie die Ritterschaft entweder für ihre persönlichen Interessen oder für die ihrer unmittelbaren Feudaluntergebenen. Auch die städtische Vertretung vertrat Sonderklassen und -Interessen; denn die Abgeordneten wurden ans den Stadtmagistraten ohne Zuthun der Bürgerschaft gewählt, weshalb auch nicht von einer Vertretung der Interessen dieser letzteren die Rede sein konnte. Außerdem waren, was sehr wichtig für den Gesammtcharakler der alten Stände ist, bei der landschaftlichen Vertretung nicht alle Classen des Volkes berücksichtigt, die breite Masse des Volkes, der Bauernstand, die Handwerker, Gewerbtreibenden rc., waren davon ausgeschlossen, so daß also die früheren Stände ganz und gar nicht eine Vertretung des gesammlen Volkes waren. Dem gegenüber definirt die Verfassungsurknnde in tz 78 ausdrücklich die Stände als „das gesetzmäßige Organ der Gesammtheit der Staatsbürger und Unlerlhanen". Darin ist enthalten, daß die Abgeordneten nicht einzelne Stände oder Classen, noch ihre eigenen Interessen oder die eines be sonderen Standes vertreten, sondern als Repräsentanten der Gesammtheit deren Interessen zum Gegenstand ihrer ständi schen Wirksamkeit zu machen haben; wie denn auch jedes Srändemitglieb in dem zu leistenden Eide verspricht, „das Wohl des Vaterlandes allenthalben zu beobachten". Dieses eben gekennzeichnete Princip der Gesammtvertretung und des Gcsammlinleresses ist bei der Zusammensetzung beider Kammern berücksichtigt worden. Wenn auch in der I. Ständekammer in Berücksichtigung und Schonung gewisser auf Staatsverträgen beruhender ständischer Rechte der historische Gesichtspunkt beachtet worden ist, indem einige Siandesberren, Stifter rc. die Mitgliedschaft der Kammer erhalten baben, so ist oben schon angegeben worden, von welchem Standpunct aus diese Bestimmung zu Postschalter-Verkchr an Sonn- und Feiertagen. Von Ler Postverwaltung ist die Beschränkung der Zeit, während deren an den Sonntag»- und Feiertags-Nachmittagen die Post- ichalter geöffnet sind, auf eine Stunde, und zwar 5 bis 6 Uhr, in Aussicht genommen. Dafern gegen diese Maßregel in den Handels- und Industrie- Kreisen sachliche Bedenken obwalten, bitten wir solche bis zum 13. ». M. schriftlich bei unserer Kanzlei, Neue Börje, Tr. I., anzubringen. Leipzig, den 10. April 1896. Die Handelskammer. A. Thieme, Bors. Ferrillatsir. Unentbehrlich. Humoreske von Else Hofmann. Er hatte sie zum Entsetzen seiner Mutter „frischweg vom Conservatorium" geheirathet, seine reizende, achtzehnjährige Frau, sein Fränzchen. „Die wird eine nette Wirtschaft führen!" hatte die Mutter geseufzt und schließlich strahlend eingewilligt, als man sie bat, die ersten Jahre dem Haushalt deS jungen Paare« vorzustehen und Fränzchen etwas in die Pflichten einer Hausfrau einzuweihen. Aber diese hatte wenig Begeisterung gezeigt. „Ach, nur nicht kochen, Mama!" batte sie entsetzt gerufen und alle zehn Finger ihrer feinen, weißen Hände der Mutter gespreizt ent- gegenaehalten, schaudernd abwehrend. Dana war sie an den Flügel geeilt und batte die brillantesten Läufer gespielt. TbeilS betrübt ob solch einer Schwiegertochter, tbeils be glückt in dem Gedanke», unentbehrlich zu sein, wandte sich di« behäbige Mutter in ihr Reich, die Mich«. Aber Fränzchen trug deshalb doch den ganzen Vormittag eine zierliche Kochschürze, wischte Staub, strich und belegte ibrem Fritz die FrühftückSsemmel und spielte so nach außen eine allerliebste, kleine Hausfrau. ,Linder", sagte eine« Morgen« die Mama Werner, als man arglo« beim Kaffee saß, „Ihr kLunt mich doch wohl mal vier bi« fünf Tage entbehren?" „Aber natürlich!" rief e« zweistimmig, es klang beinahe beleidigend fidel. „Fünf Speisen kann ich sehr gut kochen", ereiferte sich Fränzchen, „z. B. Bratwurst". „Bitte, koche die nicht!" belehrte sie die Mutter und fuhr dann in feierlicherem Ton fort: „ES ist noch 14 Tage bis Ostern, da mußt Du die nächste Woche allerdings da« große Reinemachen übernehmen, Fränzcken!" Dies« legte die «»gebissene Semmel hin und sah hilflo- k» ihrem Fritz hinüber. Mama frohlockte. Ob, so unentbehrlich war sie denn doch nicht, als man hier glaubte! Fritz war als Mann der Gefaßte und sagte: „Na, das werden wir doch fertig bringen! Du schreibst Alles auf, Mutter, so furchtbar schwer wird das doch nicht sein!" In Fränzcben'S Gesicht kehrte die Farbe zurück. Mutter zog einen Zettel, ziemlich einen halben Meter lang, aus der Tasche und sagte: „Hier habe ich Alles bereits klar und deutlich ausge schrieben, danach richtet Euch!" „Vorwärts marsch, links!" commandirte Fritz weiter und beugte sich über seine kleine Frau weg, um etwas von dem endlosen Zettel entziffern zu können. „Erstens", laS er, „werden mit einem umwickelten Besen die Wände abgekehrt!" Fränzchen fand daS sehr einfach. „Erft natürlich alle Bilder herunter!" warf die Mutter ein. „Ack so!" Ein Seufzer von der mütterlichen Seite, von einem Kopf schütteln bealeitet. „Dann kommen die Doppelfenster berauS, das besorgt der Glaser, da« Stück kostet 20 Pfennige!" „DaS spare ich und mache eS selber!" gelobte sich daS kluge Fränzchen im Stillen. Die Mutter laS also den halben Meter herunter, Fränz- chenS Antlitz hellte fick auf, das ihres ManneS ebenfalls: ob, die Sache war so einfach! Mile war ja auch da, die mußte tüchtig helfen. „Reise beruhigt, Mama", sagte Fränzchen, „wenn Du kommst, blitzt die Wohnung!" „Mein Zimmer laßt aber, bitte, ganz auS dem Spiel, ich macke das in Ordnung, wenn ich wieder da bin! Heute ist Sonntag, morgen früh um Acht fahre ich ab und bin Freitag wieder da. Da habe ich noch den Sonnabend für mich. Also machtS gut, ich werde jetzt der Mile Alles klar macken!" Als die Mutter binauS war, flogen die Gatten einander in die Arme und lachten vergnügt. „Morgen früh, wenn Mutter fort ist, fange ich an", sagte Fränzchen kriegslustig, „wenn Du Mittags aus der Redaction kommst, ist Alles in voller Tbätigkeit!" „Fränzcken, Du mußt auck neue Gardinen ausstccken", sagte die Mutier nock, „sie liegen bereit!" „Nickts einfacher als das!" dackte sich die junge Frau wiederum und nakm den langen Zettel zur Hand, die ganze Reihe nochmals burcklesend. Montag früh! Herrliches Frühlingswetter! Mit Essen für drei Tage ausgestattet — die Eisenbabnfahrt dauerte aber blos drei Stunden —, ging Frau Werner fort. Der Gatte nahm beute doppelt zärtlichen Abschied von seinem ge schäftigen Fränzchen und versprach, wenn möglich, etwas eher sich frei zu macken, um helfen zu können. „Nicht nöthig!" protestirte seine Gattin mit Pathos. „Mile", rief Fränzcken in die Küche, „den Besen, bitte!" Mile brachte den verlangten Besen. Er wurde so dick um wickelt, wie ein Kind, das Halsscknierzen bat, und nun begann Fränzchen die Wände zu bearbeiten. Die Bilder hatte sie bereits mit Hilfe ihres Mannes abgenommen. Da, ein lautes Klirren in der Küche! Mile mußte etwas zerbrochen baben! Hoffentlich nicht die gute, geschliffene Glas- sckaale, ein tbeueres Andenken an eine Freundin der Mutter! Fränzchen trat in die Kückenthür, wo Mile als ein Bild der Verzweiflung vor den Glasscherben stand. „Aber, Mile, wie ist denn das passirt?" fragte die junge Frau entsetzt, sie erkannte an den Resten die bewußte geschliffene. „Ich trocknete sie ab und da flog sie mir plötzlich über den Kops!" berichtete Mile entsetzt. „Aber, mein Gott, Sie müssen ja mit Vehemenz ab- gettocknet baben!" sagte Fränzcken. Mile blickte ibre Herrin verständnißloS an und sagte: „Nee mit'» Trockentuck!" Fränzchen ging und rief nach einiger Zeit: „Mile, wir wollen jetzt die Doppelfenster berauSthun! Das Geld für den Glaser nehmen wir und kaufen eine neue Schale!" Das leuchtete Mile ein, sie erschien und griff energisch zu. Eine Fensterscheibe nach der anderen wurde ausgehoben. Fränzchen sagte sich, daß sie doch eigentlich viel praktischer noch als die Mutter sei. „Nur keine zerbrechen!" rief sie, aber da geschah auch daS Unglück schon. Mile batre an den Besen gestoßen, dieser im Fallen an eine kleine Porzellanfigur, und zwei aufeinander liegende Sckeiben waren durchlöchert. Fränzchen kamen die Tkränen, Mile versickerte in allen Tonarten ihre Unschuld, und die junge Frau stöhnte endlich: „Da müssen Sie doch zum Glaser, Beinlein heißt er, Sie wissen schon seine Wobnung!" Mile nickte und wischte sich mit ihrem blauen Taschentuch, das ein bischen abfärbte, bald den Schweiß, bald die Tbräuen ab. Die geretteten Sckeiben wurden sogleich von Mile auf den Boden getragen. „Die anderen muffen auch berauS gewascken werden!" befahl Fränzcken, die den langen Zettel an die Thür genagelt batte und beständig ablas. Mile gehorchte. „Aber worin wasche ich sie denn?" fragte sie. „Bringen Sie die große Badewanne herein!" sagte Fränzchen, welche sich davon daS Meiste versprach. Mile aber brachte diese nicht allein herein. So half Fränzchen. Bald herrschte fieberhafte Tbätigkeit. Mile versank fast mit dem Oberkörper in der Wanne, Fränzchen wu'ch die Bilder ab. Alle Stühle lagen und standen voll, ein Weg zur Tbür war nicht mehr frei. Draußen auf dem Herd aber batte Fränzchen schon um zebn Ubr die Bratwürste in der Pfanne hingestellt, die nun bis ins Zimmer prasselten und dufteten. „Himmel, die werden doch nickt anhrennen!" ries Fränzchen plötzlich, sich ihrer erinnernd, „Mile, schnell, schnell, sehen Sie nach!" Mile, in glühendem Pflichteifer, sah keinen anderen Weg al» den über die Wanne weg. Sie schwang sich auf den Rand, ein PlumpS, sie lag drinnen! Fränzcken sah plötzlich Mile von der Bildfläche ver schwinden; in der einen Hand ein Bild, in der anderen das Trockentuch, trat sie kreidebleich an die Wanne heran, wo Mile sich erhob. Mit Hilfe FränzchenS entstieg sic dem nassen Element und triefte in ihre Kammer. Fränzcken lief den nassen Spuren nach und nahm sich der bereits an gebrannten Bratwürste an. Ein tiefer Seufzer hob ihre Brust. Hausfrau sein ist dock viel schwerer, als sic sich'« gedacht hat'. La lachen di« Männ«r oft und sprechen von
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