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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960416028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896041602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896041602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-16
- Monat1896-04
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Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: -Ito Klemms Sortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 1, LoniS Lösche, slatharinenstr. 1s, Part, und KönigSvlah 7. 1S2. Abend-Ausgabe. KjWM TagMalt Anzeiger. Ämtsökatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Nattjes nnd Volizei-Nmles der Stadt Leipzig. Donnerstag den 16. April 1896. Anzcigcn-Prei- die 6 gespaltene Pctitzeile 20 Psg. Reclameu unter dem Redactionsstrich l4ge- spalten) 50 4Z, vor Len Familiennachrichlen (6gespalten- 40/^- Größere Schriften laut uiiserein Prei-. verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsax nach höheren'. Tarif. —— vxtia-veilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung >tl 60.—, mit Poslbcförderung 70.—. —»o—c»»— Ännahmelchlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen. Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E- Polz in Leipzig so. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. April. Die Wiener Kaisertage bilden das ergänzende Seitenstück zu der Venediger Monarchenbegegnung; mutatis inutuuäis darf daher Alles, was über Bedeutung und Tragweite der letzteren Zusammenkunft in den ernsterer Beachtung wertsten Organen der TageSpresse ausgeführt worden ist, auch für Men Geltung in Anspruch nehmen. Dort wie hier überwiegt das persönliche Moment bei Weitem das politische, denn wie schon ein Blick auf die bezüglichen Tagesprogramme erweist, verbot sich die Vertiefung in Staatsgeschäfte schon durch den Mangel der aä lioe verfüg baren Zeit. Auch die Wiener Monarchenbegegnung war, gleich ihrer Vorgängerin von Venedig, wesentlich die erneuerte Bethätigung der langjährigen intimen Freundschaft, welche zwischen den Herrschern und ihren Familien waltet und weiter wirkend auck um Staaten und Völker das Band wechselseitiger Sympathie und Zdeenübereinstimmung schlingt. Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Italien, uachwievor in unerschütterlicher Bundcstreue zusammenhaltend, dem Frieden der Welt zu Nutze, Niemandem zum Trutze, das ist die Signatur der Tage von Venedig nnd Wien, und in diesem Sinne begrüßen auch alle mit den Bestrebungen des Dreibundes einverstandenen Bolkskreise die Begegnungen der Herrscher. Daß den politischen Geschäften als solchen bei den Zusammenkünften in Venedig und Wien nicht die erste Rolle zugefallen ist, entspricht nur dem Charakter der Situation. Wo bezüglich aller wichtigeren Tagesfragen eine so erfreuliche Uebereinstimmung herrscht, wie zwischen den Staatsmännern des Dreibundes, da bedarf es in der That keiner orientirenden Conferenzen, um einem Lockerwerden der gegenseitigen Fühlung vorzubeugen. Auch ohnedies nimmt die Action der mitteleuropäischen Mächte im Rahmen der durch den Bundesvertrag festgcstellten Zuständigkeit ihren normalen Fortgang, und daß sie' auf dem rechten Wege ist, lehrt das Bild der internationalen Gesammtlage, deren im Allgemeinen durchaus befriedigende Gestaltung nicht zum wenigsten als das Werk der ohne großes Geräusch, aber desto erfolgreicher arbeitenden Thätigkeit der im Dreibunde sich verkörpernden Politik angesehen werden darf. Insofern als die Ta^e von Venedig und Wien Zeugniß ab legen von dem unveränderten Stande der Gesinnungen und Ziele deS mitteleuropäischen Friedensbundes, wohnt ihnen auch die Bedeutung eines tagespolitischen Ereignisses ersten Ranges bei, dessen wohlthätige Folgen für die Zukunft Europas mit der Zeit sich immer deutlicher offenbaren werden. — Den vielfach in der Presse jetzt wieder auftauchenden Angaben gegenüber, daß bei der Monarchenbegegnung in Venedig und Wien auch die Erneuerung des Dreibundes in Frage gekommen sei, ist hervorzuyebcn, daß dies reine Com binationen ohne Kenntniß der wahren Sachlage sind. Die Erneuerung des Dreibundes ist vollständig unnöthig, weil sie bereits im Jahre 189l, und zwar auf l2 Jahre, erfolgt ist, mit der Bedingung, daß das Verhältniß, wenn seine Verlängerung bis zum Jahre 1903 nicht gewünscht werden sollte, vor dem Jahre 1897 gekündigt werden müsse. Gerade die Begegnung der Monarchen in Rom und Wien läßt es als ausgeschloffen erscheinen, daß von der Küudigungs- llausel Gebrauch gemacht werden wird, und so ist eS voll ständig müßig, sich über die Erneuerung deS Dreibundes den Hopf zu zerbrechen. Der deutsche Reichstag nimmt heute nach Beendigung der Osterpause seine Arbeiten mit der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs wieder auf. Da in dem Abschnitt vor Ostern außer dem Etat kaum etwas Erhebliches zu Stande gekommen ist, so bleibt der Haupttstcil der Arbeiten noch in den wenigen Wochen bis Pfingsten zu erledigen; denn darüber hinaus wird der Reichstag, der seit Jahren an beständiger Beschlußunfähigkeit leidet, kaum zusammenzuhalten sein. Da nun ferner bereits fest steht, daß die Bcratbung des Bürgerlichen Gesetzbuchs selbst in der Commission keineswegs zu Ende geführt werden wird, so wird der Reichstag für eine Ausdehnung der Tagung in keinem Falle zu haben sein nnd man wird sich mit dem Gedanken befreunden müssen, daß eine Ver tagung der Session bis zum November stattfindcn wird, so begründete Bedenken auch gegen ein solches Verfahren sprechen. Man wird schon zufrieden sein müssen, wenn bis Pfingsten außer den großen wirth- schaftlichen Gesetzen (Börsenreform, Margarinegesetz, die .Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes und Zuckersteuergesetz) noch die Justiz Novelle unter Dach und Fach gebracht wird. Aber auch das ist bei dem Mangel einer zuverlässigen Majorität, mit der die verbündeten Regierungen die Gesetzgebung im nationalen, staatserhaltenden Sinne anS- üben könnten, noch fraglich. DaS Organ des Fürsten Bismarck, die „Hamb. Nachr.", macht zwar in letzter Stunde noch den Versuch, die Bildung eines „neuen Cartells" an- zuregcn, zu dem alle nicht zu den Socialdcmokratcn, den Polen, der Kleriko-Demokratie und zu den „sonstigen Afsiliirten dieser Coterie" gehörigen Mitglieder deS Reichstages sich zusammenschließen sollen, um den „Hauptaufgaben der Gegen wart" gerecht zu werden, aber wir bezweifeln, daß Fürst Bismarck selbst an einen Erfolg dieses Versuches und an das Vorhandensein einer genügenden Anzahl von solchen Mit gliedern des jetzigen Reichstags glaubt, die gewillt und im Stande wären, statt der Puncte, in denen sie uneinig sind, diejenigen aufznsuchen, über welche eine Einigung möglich ist. Auch ist die Tagung zu weit vorgeschritten und die Parteien haben sich schon zu sehr in ihre Sonderansichten verbissen, als daß jetzt ein Annäherungsversuch mit Aussicht auf Erfolg unternommen werden könnte. Das Zentrum tritt nach der Osterpause auf deu parla mentarischen Kampfplatz unter Umständen, die seinen Eistfluß wesentlich beeinträchtigen könnten, wenn sie besonders von conservativer Seite gehörig ausgenützt würden. Die Bonner „Deutsche Reichsztg." ist bisher die Entscheidung auf die ihr von dem Freiherrn v. Loö gestellte Alternative, entweder den Enthüller der dunklen Pläne gewisser ultramontaner Größen zu nennen und seine „Beweise" für die Sonder bestrebungen der von ihm angegriffenen Bischöfe und Aristo kraten beiHubringen, oder einzugesteben, daß sie mitsammt ihrem Gewährsmann geflunkert habe, schuldig geblieben. Augen scheinlich erachten die Hintermänner des klerikalen Blattes den Zweck des Vorstoßes, die DiScreditirung der „katholischen Agrarier", bereits für hinlänglich erreicht, um die Loslösung von den dissentirenden Gruppen im Westen und Osten in die Wege leiten zu können. Herr vi. Lieber bat sich als Vormann dieser Aufgabe schon in einer langen Rede in Limburg unterzogen, indem er erklärte, das Centrum werde den Kampf gegen die Meuterer im eigenen Lajzer auf nehmen. Daß gerade er den Anfang macht, beweist, daß die Gefolgschaft des „Abgeordneten für Montabaur" und dieser selbst des Erfolges sicher sind. Eine zweite Niederlage, wie die, welche vr. Lieber vor zwei Jahren erfahren bat, würde denselben wohl auch in den Augen seiner Anhänger unmöglich machen, auch wenn sie sich ebenso still vollzöge, wie die frühere. Mit Kem jetzigen Auftreten Lieber s ist die Analogie zwischen den jetzigen internen Kämpfen im Centrum und denen von 1893 vollständig geworden; auch die nächstbetbeiligten Per soncn sind hüben wie drüben zum größten Theil die gleichen, wie damals, nur daß 1893 die Militair Vorlage und jetzt die Agrarfrage in den Vordergrund geschoben ist. Da mals richtete die „Germania" ihr Geschütz vornehmlich gegen deu inzwischen verstorbenen Freih. von Schorlemer- Alst, den sie als den „neuen Heroslrat" bezeichnete, dem sie „Unwahrheit und Undankbarkeit" vorwarf und von dein sie sagte, er sei der eigenen Partei „in die Flanke gefallen." Gleichzeitig hielt vi. Lieber in Aschaffen burg seine bekannte Mnßprcußen-Rede und erklärte in Köln mit Bezug auf das Centrum: „Wir danken sür den katho lischen Taubenschlag, in den aus- und einsliegt, wer Flügel hat; wer zu unS gehören will, der muß sich auch zu unserem wirthschastlichen Programm bekennen." Ein Jahr später, auf dem Katholikentage in Köln, klang der Ton ganz anders; Herr Lieber, der geschworen hatte, „mit seinen Gegnern im Cent rum einen offenen Kampf zu wagen", hielt eine Rede über die — Ideale und blieb sonst ziemlich im Dunkel der Verborgenheit, während der „neue Herostrat" von den Teilnehmern an dem Katholikentage stürmisch acclamirt wurde. Was sich inzwischen ereignet, daS verriethen die von hochstehender kirchlicher Seite aus dem Katholikentage vorgetragenen Mahnungen zur Duldsamkeit gegenüber abweichenden Meinungen, daS deutet auch Fürst Löwenstein-Wertheim in seinem Schreiben au die „D. Reichsztg." an, wenn er bemerkt, von autoritativer Seite sei ihm die Versicherung geworden, daß das Princip der Freiheit der Meinung im Centrum jetzt wieder (seit drei Jahren) hochgehalten werde. Die „Köln. Volksztg." und vr. Lieber haben bereits Stellung gegen diese Aeußerung ge nommen. Damit ist der vor zwei Jahren vertagte Kampf von Neuem ausgenommen. Die kleri kale Regierung in Belgien Hal am Sonntag von der Wählerschaft der erzbischöflichen Stadt M ech ein eine Lehre empfangen, die sie hoffentlich nicht so bald vergessen wird. Beiden letztenGemeinderathSw ahlen im November v. I., die bekanntlich den ultramontanen Erwartungen in keiner Weise entsprachen, haben die Klerikalen unter anderen Städten auch die Stadt Mecheln verloren. Dieser Verlust war ihr besonders schmerzlich, weil die erwähnte Stadt die Residenz des ersten belgischen Kirchenfürsten ist und weil sie seit 1830 immer sich in den Händen einer klerikalen Verwaltung befunden hatte. Die Regierung erwies dem Cardinal-Erzbischof Goossens, der sich über den WahlauSsall nicht trösten konnte, den Gefallen, die Wahlen vom 17. November v. I. für un- giltig zu erklären, unter dem Vorwande, Laß die Liberalen sich der Wahlbcstechung schuldig gemacht hätten. Dieses nach jeder Richtung hin ungesetzliche Vorgehen gegen die Re gierung erzeugte in Mecheln, sowie in ganz Belgien eine derartige Entrüstung, daß seither mehrfache Unruhen in der sonst so ruhigen Erzbisckofstadt vorgekommen sind. Sogar der erzbischöfliche Palast mußte wiederholt militairisch geschützt werden. Am Wahltage nun erreichten diese Unruhen einen bedenklichen Grad, was aus der Thalsache hervorgeht, daß 40 Personen verwundet und 70 verhaftet wurden. Trotz des Druckes von Seiten der Regierung und des Cardinal-Erzbischofs, der sich nicht scheute, persönlich in die Wahlbcwegung einzutreten, errangen die Liberalen am Sonntag iu Mecheln einen neuen.glänzenden Sieg, welcher der ultramontanen Herrschaft daselbst eiu endgiltiges Ende setzt. Die Regierung selbst hat damit eine schwere Nieder ¬ lage erlitten, uud sic wird eS wohl nicht wagen, daS neuer liche Wahlergebniß nochmals für ungiltig zu erklären. Die „Hamb. Nachr." kommen nochmals auf die neue englische Frechheit, der deutsche Kaiser wäre in England erst daun willkommen, wenn seine Regierung der englischen gegenüber deu Gang nach Canossa augetreten habe, zunia und begrüßen die energische Zurückweisung dieser alles Mas; überschreitenden Unverschämtheit in der deutschen Presse nm besonderer Genugthuung. „Wir freuen uns", schreibt da- BiSmarck-Organ, „wenn die Wiederholung der englischen Frechheiten iu Deutschland immer entschiedenere Abwehr finde! und das deutsche Wohlwollen für England auf das iu unsenn eigenen moralischen und materiellen Interesse begründete Mast zurückgeführt wird. Die Befürchtung ängstlicher Gc müther, wie der „Weser-Ztg.", daß England, wenn eS nicht von uns die nöthige „Rücksicht" erfahre, vielleicht die mari time Unterstützung Italiens sür den Fall eines Drci- bundkriegeS von seinem politischen Programm streiche und somit die Chancen des Dreibundes schädige, beweist eine völlige Verkennung der Motive der englischen Politik: weun der Schutz der italienischen Küste England in seinem eigenen Interesse nützlich erscheint, so wird cs sich an der Ausübung desselben gegebenen Falls durch ein weniger gutes Verhältniß zu Deutschland nicht abhalten lassen, und umgekehrt würde die vollste UnterwerfungDeutschlands unter die englischen Ansprüche nicht Verbindern, daß England Italien preisgäoe, wenn die eure päischc Constellation und das englische Interesse in derselben c<- erheischtcu. Es existier mithin kein den Dreibundsrücksichten ent nommener Grund für Deutschland, England gegenüber ans die Währung seiner nationalen Würde zu verzichten, ebenso wenig wie ein solcher aus unserem eigenen Interesse hervor geht. Die deutsche Politik erfreut sich gerade der englischen gegenüber eines besonders hohen Maßes von Eutschließungs sreiheit; England braucht uns mehr, als wir England brauchen." Der Beschluß des CvugresseS der Bereinigte» Staaten, betreffend die Anerkennung der Aufständischen auf t>nl>a ak' kriegführende Partei und die Einmischung in die inneren An gelcgcnheiien CubaS, ist von dem Staatssecretair des Auo wärtigen ÄsmlcS Olney in Washington nun dock in sofcni nicht unbeachtet gelassen worden, 'als er zunächst der spanischcn Regierung seine guten Dienste zur Vermittlung dahin an geboten hat,daß diescdurchGewährung vvnVerwaltungsrcformcn auf Cuba friedliche innere Zustände oder wenigstens einen moäu8 vivendi herbeisühre. Der Weg, den damit das Wasbing toner Cabmet eingeschlagen hat, laßt sich in seiner Fort setzung schwer übersehen. Nachdem einmal A gesagt worden, wird eS sich fragen, ob das Cabinet gegenüber dem Au dränge der amerikanischen einflußreichen Freunde der ans ständischen Cubaner nicht auch-zum B und C gedrängt werden wird. Die erste Nachgiebigkeit, die jetzt erfolgt itz, kann nur zu leicht auf eine abschüssige Babu führen. Auck ist es klar, daß jeder Schein, den die amerikanische Regierung h^rvorruft, daß sie bereit sei, die cubanischen Aufständischen zu unterstützen, uothwendig die Noth, das Elend und die Greuelthaten auf der unglücklichen Insel verstärken must Die Aufständischen werden zu Neuem Widerstande angereizt und die RegierungSlruppcn werden mit um so heftigerer Leidenschaft deu Ausstand inederruschkagen versuchen. Man hat in diesem Winter nur zu betrübende Erfahrungen in Armenien in dies.r Hinsickt gemacht. DaS unüberlegte Vorgeben des Londoner CabiuctS erweckte bei den armen Armeniern die weitestgehenden Erwartungen und ermuthigte sie zur Fortsetzung deS be Fenilleton. Gottbegnadet. 25) Noman von Konrad Telmann. Nachlruck vrrl'otcn. Als das Kind in seinem Bettchen lag und Tbea daneben kniete, um, mit ihren Händen die seinen umschließend, es sein Abendgebet sprechen zu lassen, fiel ihr plötzlich zum ersten Mal auf, daß es Stirn, Nase und Mund ganz von seinem Vater hatte. Thea hatte das früher nie gemerkt oder nickt merken wollen. Vielleicht war es auch noch gar nickt hervor getreten bis heute. Heute sah sie, daß daS Kind seinem Vater ähnlich wurde. Es konnte gar keinen Zweifel darüber geben. Wie eine lebendige Mahnung an ihn würde cs lebenslang neben ihr hingehen. Und die Großmutter dieses Kindes war alt und krank und einsam und litt Mangel, seit ihr einziger Sohn, den sie über Alles in der Welt geliebt, geliebt bis zum Verbrechen, verschollen, vielleicht in der Fremde, wo er weder Glück noch Stern gehabt, verdorben und gestorben war. Tbea erhob sich vom Boden, küßte das müde Kind auf die Augen und verließ das Gemach. Sie ging iu das Inspectorzimmer hinüber und gab dort die Weisung, daß sich morgen früh ein reitender Bote bereit halten solle, um eine Werthsendung zur Post in die Stadt zu bringen, dieselbe müsse mit dem ersten Zuge befördert werden. Dann kam daS Schwierigere: sie mußte von Parsenow, der ihre Geldgeschäfte noch immer und zwar musterhaft verwaltete, Geld fordern, und viel Geld. Sie that das ungern. Es war zwar ihr Recht und kümmerte Keinen, aber sie sckeute fick vor seinen forschenden Augen. Ein bischen geizig war der Alte ohnehin, außer wenn es sich um Ausgaben für ihre eigene Person handelte; aber die Male ließen sich zählen. „Parsenow, ich brauche Geld, viel Geld, und heute Abend noch — denn morgen früh muß es fort." Mit diesen Worten trat Thea bei dem Alten ein. „Wie viel denn?" fragte er knurrig und runzelte die buschigen grauen Augenbrauen. Thea nannte die Summe., Der Alte blieS durch die Zähne. Dann ging er im Zimmer aus und nieder und that, als ob er nicht gehört hätte. Endlich blieb er stehen und sagte: „Gnädige Frau, Sie haben »u befehlen. Und wenn Sie befehle», das GutShauS von «ensihn wird angesteck», so wird'« angrstrckt — unweigerlich. Aber mit freudigem Herzen nickt, wie man sich so ungefähr denken kann. Und was unsere Lage anbetrifft, so ist sie diese: der Herr hatte aus Lensibn vielmehr 'rauSgezogen, als drin war, und damals in dem unseligen Berliner Winter, als ich noch dazu hier schwer krank lag, ist so ziemlich Alles drunter und drüber gegangen. Sozusagen standen wir vor'm Bankerott. Und dann bat's die gnädige Frau doch noch mal wieder in Schick gekrackt, — mit Fleiß und mit Sparsam keit und mit Energie. Es ist Alles wieder 'neingebracht worden. Und das war gar nichts Kleines, weiß der Himmel. Ganz im Gegentheil. Aber glänzend stehn wir deshalb doch noch nicht da, — noch lange nicht. Es balancirt man so gerade. Und blos wenn wir so weiter wirthschaften, bringen wir'S noch 'mal zu etwas. Blos dann. Wenn wir aber solche Summen auf einmal so mir nichts dir nichts 'rauS- zieben und wegschicken, dann nicht, dann ganz und gar nicht. So! Das wollt' ich gehorsamst gesagt baden. Die gnädige Frau bat ja ein Kind und für das Kind muß sie sorgen. Weiter hätt' ich nichts zu sagen, gnädige Frau. Thea lächelte. „Nun gut, ich danke Ihnen. Und nun geben Sie mir, bitte, das Geld. Recht haben Sie ja in Allem. Aber es muß sein." Parsenow war tief entrüstet. Aber jetzt wagte er keinen Widerspruch mehr. Er zählte das Geld in lauter Scheinen auf, die er einem eisernen Schrank entnahm, und biß die Zähne zusammen. Erst als Thea die Summe an sich ge nommen hatte und gehen wollte, sagte er mit knirschender Stimme: „Nock ein paar Mal so, und dann kann die Sub- hastation ja man loSgehn." 13. Einisie Tage später kam Eberhard von Asten. Als er Thea wieder nicht im Gutshause vorfand, der alte Parsenow aber ihn diesmal nicht mehr rundweg abzuweisen wagte, ritt er aufs Feld hinaus, sie zu suchen. Es war nicht schwer, von den Schnittern, die er überall auf den gelben Weizen breiten beschäftigt fand, zu erfahren, wo er die Gutsherrin finden würde. Als Thea, die dem Ausladen der ersten Garben beiwohnte, die Silhouette deS schlanken Reiters sich fernher vom Hinter grund deS AbendbimmelS abheben sah, klopfte ihr Herz hör bar. Secundenlang schoß ihr ein abenteuerlicher Gedanke durch den Sinn. Wenn er eS wäre und käme nach jahre- lanaer Verschollenheit so zurück und alles wäre wieder wie einst — nein, nicht wie einst, sondern tausend-, tausendfach besser und schöner! S,e mußte secundenlang die Äuge ¬ schließen, weil es ihr wie ein Schwindel davor hinzog. Dann, als sie sie wieder öffnete, war Alles vorüber. Sie erkannte nun auch den vom Waldsanm bcr schneller bcransprengenden Reiter und ein heißes Roth stieg ihr in die Wangen. Sit wußte selbst nicht, ob es aus Scheu vor einem Wiedersehen mit ihm geschah oder ans Scham über ihre thörichte Ein bildung. Uebriaens war sie in ihrem Costüm auch nicht eigentlich in der Lage, einen Besuch zu empfangen. Sie blickte un willkürlich an sick nieder: auf das aufgeschürzte, enganliegende, blaue Leincukleid, auf die verstaubten Schuhe, und zum ersten Mal nach langer Zeit kam eine Regung weiblicher Eitelkeit über sie. Es war ihr nicht recht, daß Eberhard von Olsten sie nach so langen Jahren so Wiedersehen sollte. Es war aber nicht mehr zu ändern. Auch der Landrath hatte sie erkannt und seinem Pferde die Sporen gegeben. In der nächsten Minute hielt er unweit von ihr, sprang herab und trat, die Zügel einem der Knechte zuwerfend, mit dem Hut iu der Hand vor sie. Gnädige Frau! Endlich! Eine tiefe, ungeheuchelte Bewegung bebte in seinen Worten, die Hand, die er ihr entgezenstreckte, zitterte leicht. Auch Thea war ergriffen. Während sie seine Hand nahm, ohne zu dulden, daß er sie an die Lippen führte, wozu er Miene machte, konnte sie kaum sprechen. Aber sie sah ihn an und gewahrte, daß er sich jehr verändert hatte. Der lange Aufenthalt im südamerikanischcn Klima war nicht spurlos an ihm vorübergegangen, er hatte ihm die Haut gebräunt, viel leicht auch dazu, beigetragen, daß er viel älter erschien, als seine Jahre es mit sich brachten. Er sah sehr ernst aus, in seinem braunen Vollbart zeigten sich weiße Fäden, sein Haar war gelichtet, zahlreiche Fältchen gruben sich an den Augen winkeln in die Haut ein. „DaS bat lange gewährt, bis ich einmal zu Ihnen dringen konnte, gnädige Fraul" „Ich stehe allem Verkehr mit der Nachbarschaft fern", erwiderte Thea, sich allmählich fassend, „außer meinem Onkel sehe ich in Monaten kaum einen Menschen." „Ich Hörle davon. Auch im Winter nicht einmal, wie man mir sagt. Ist das — wenn ich fragen, darf — Ihre Neigung oder halten Sie e» für nothwendig in Ihrer Lag«?' „Beide» trifft zusammen in diesem Fall." Eberhard'nickte nachdenklich vor sich hin. ,<Jck begreife das", sagte er leise, „obgleich —. Aber lassen Sie mich vor allen Dingen hören, «ie eS Ihnen, dem Kinde und Ihrer Mutter geht. Don Hertha hab ich die freundlichsten Grüße für Die." Sie sprachen eine Weile mit kalb abwesenden Gedanken weiter, meist von alltäglichen Dingen nnd gleichgiltigen Menschen. Beide konnten sich immer noch nickt ganz in die veränderten Verhältnisse finden, unter denen sie sich wieder- sahen. Es war etwas Zerstreutes in ihrem Wesen und Gc haben, wie wenn sie sich ganz wo anders hinversetzt glaubten, als wo sie sick wirklich befanden. Endlich sagte Thea: „Fahren Sie mit mir nach Hause! Ich werde mich freuen, wenn Sie den Abend auf Lcnfihn verbringen wollen. Ihr Pferd brinHen die Leute nachher mit zurück." „Ich würde gern annehmen", erwiderte er, „aber ick weis; nichk, ob ich cs noch darf, nach dem, was Sir mir vorbin gesagt haben." „Für einen alten Freund mache ick gerade so gut eine Ausnahme wie sür einen nahen Verwandten. Kommen Sie." Sic bestiegen das leichte Gefährt, das, mit zwei Füchsen bespannt, ain Feldrand auf Thea wartete. Vorher hatte diese dem Oberkncckt nock ihre Weisungen ertheilt ; auch in dieser Stunde verließen sie ihre Besonnenheit und das Ve wußtsein ihrer Pflicht nicht. Als sie daun fuhren, sagte Eberhard: „Ich danke Ihnen, daß Sie mich als alten Freund betrachten. Bitte, thun Sie es jederzeit uud in jeder Lage Ihres Lebens." Nach einer Weile des Schweigens und während sie so zwischen all den gesegneten Fluren des frucht baren Landes weiter hinrollten, sagte er wieder: „Sie müssen manchmal ein Gefühl des Stolzes über Das Kegen, was Sic erreicht haben, gnädige Frau. Die ganze Gegend ist Ihres Lobes und Ihrer Bewunderung voll. Lensihn ist das best gehaltene Gut im Kreise. Selbst zu Herrn von Dörenberg s Zeiten soll cs weit weniger abgcworfen haben. Und die Tagelöhner singen Ihren Ruhm in allen Tonarten, ebenso wie die Armen im Kreise. Sie haben sick einen gesegneten Namen bei ihnen erworben. Der Besitz deS eigenen Grundes und BodenS, wenn man solche Verpflichtungen aus ihm ent nimmt, wie Sie, ist etwas Glückbringendes." , Tbea lenkte ab, ohne zu antworten. „Und wie sind Sie in unsere Gegend verschlagen? Der Posten kann Sie dock kaum gereizt haben. Wir liegen so gayz außerhalb der Welt. Und ich denke: Sie haben eine glänzende Carriöre vor sick. Man hat mir seiner Zeit in Berlin viel davon gesprochen. Seither bin ich ja freilich au« allem Zusammenhang." Eberhard von Asten war secundenlang erröthet, wie wenn er auf etwa» ertappt worden wäre, wa« er gern verheimlicht hätte. Dann entgegnete er: „Ein Spiel de» Zufalls — und keine-, dem ich Gram wär«. Man wollte in Berlin, daß ich
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