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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.07.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980702012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898070201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898070201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-07
- Tag1898-07-02
- Monat1898-07
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5018 2 Fällen, in ferneren 2 Fällen wird der verurtheilte Angeschul digte freigesprochcn und in einem Falle der freigesprocheue Angeschuldigte zur Strafe verurtheilt. Im Jahre 1897 ist die erkannte Strafe bestätigt in 27 Fällen, gemildert in 4 und verschärft in 2 Fällen; in 3 weiteren Fällen wird der vom ersten Richter verurtheilte Angeschuldigte sreigesprochen. So weit solche Ueberfichten in Zahlen zu beweisen vermögen, ergiebt sich hieraus, daß die einst ausgesprochene Befürchtung, daß die lediglich aus Rechtsanwälten bestehenden Ehrengerichte erster Instanz die ihnen vorliegenden Fälle zu milde beur- theilen könnten, sich nicht bewahrheitet hat, im Gegentheil widerlegt worden ist. /S. Berlin, 1. Juli. „Du warst der Säulen eine, die in Noth — Und die in Zweifel nimmer wich und wankte, — Tu warst der Epheu, der die alte Burg — Der Hohenzollern liebevoll umrankte". So heißt es in einem „Gruße", welcher der „Kreuz zeitung" zu ihrem 50jährigen Jubiläum aus Nom zugegaugen ist, und auf diesen Ton ist sowohl der Leitartikel ihrer gestrigen Ausgabe als auch die „Festbeilage" gestimmt. Wir verkennen nicht, daß die „Kreuzztg." bei den letzten Wahlen die von den „Hamb.'Nachr." aukgegebcne Parole „Gegen die Socialdemokratie" zuerst von den kon servativen Blättern zu der ihrigen gemacht, bei den Stich wahlen ganz wesentlich zum Zusammenschluß der bürger lichen Parteien gegen die Umstürzler beigetrage» und dadurch einen dringenden Wunsch der Negierung der Erfüllung näher gebracht hat; wir verkennen auch nicht, daß das Blatt unter feiner jetzigen Leitung eine wesentlich correctere Haltung be obachtet als nnter der des Herrn v. Hammerstein. Aber gerade deshalb muß an einige geschichtliche Thatsachen aus neuerer Zeit erinnert werden, die eine dringende Mahnung enthalten, die abschüssige Bahn zu vermeiden, auf der das Blatt unter dem Einflüsse eines Stöcker sich befand. Am 9. Februar 1889 theilte das konservative „Deutsche Tageblatt" mit, daß der Kaiser gegenüber einem Abgeord neten (es war der Abgeordnete für Potsdam) sich erstaunt und mißbilligend über die Haltung der „Kreuzztg." aus gesprochen habe: „Der Ehefredactenr v. Hammerstein und sein Einfluß sollen als wenig günstig für die weitere Entwickelung des genannten Blattes hierbei besonders Erwähnung gefunden haben." — Am folgenden Tage bestätigte die „Kreuzztg." die Richtigkeit dieser Nachricht. Neun Monate später, am 2. Octobcr 1889, ließ sich der „Reichsanzeiger" folgender maßen vernehmen: „Se. Majestät der Kaiser und König hat von dem Inhalt der „Kreuzztg." vom 26. v. M. Kenntnis genommen und die darin ausgesprochenen politischen Ausfassungen und Angriffe auf andere Fractionen lebhaft gcmißbilligt. Se. Majestät gestatten keiner Partei, sich das Ansehen zu geben, als besäße dieselbe das kaiserliche Ohr. Der Kaiser sieht aber in der Verständigung und gegenseitigen Schonung der staatserhaltenden Par teien unter einander eine für unser parlamentarisches Leben sachlich nützliche Einrichtung und hat die Allerhöchste Mißbilligung der dagegen von der „Kreuzztg." gerichteten Angriffe und Insinuationen unzweideutig ausgesprochen. Se. Majestät sieht in dem Cartell eine den Grundsätzen Seiner Regierung entsprechende politische Ge- staltung und vermag die Mittel, mit denen die „Kreuzztg." das selbe angreift, mit derAchtung vor der Allerhöchsten Person und vor unseren verfassungsmäßigen Institutionen nicht in Einklang zu bringen." Im Anschluß hieran bemerkte das Organ des Fürsten Bismarck, die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": „Der Vereinigung der staatserhaltenden und national gesinnten Parteien, welche unter lauter Billigung von Aller höchster Stelle in dem Cartell ihren patriotischen Ausdruck gefunden hat, war die „Kreuzztg." von Anfang an mit Uebelwollen gegenübergetreten. Angesichts der von patriotischem Schwünge getragenen Erfolge des CartellS bei den letzten Reichstagswahlen und angesichts der Genug« thuung, welche der hochselige Kaiser Wilhelm über deren Ergebnisse noch am Abend seines Lebens empfand, mußte das Blatt, welches KünigStreue mit Vorliebe als Aushängeschild benutzt, seiner Mißgunst Zügel anlegen. Jetzt, nach dem Regierungswechsel, versucht die „Kreuzztg.", ob sie unter Beibehaltung der Maske der Königstreur ihrem ParteihaßundihrerHerrschsucht die Zügel schießen lassen kann. In ihrer Hetze gegen das Cartell ist sie aber nicht das Organ einer selbstständigen Partei; ihr Anhang ist gering und ihre Hintermänner sind unbedeutend. Dessen ist daS Blatt sich bewußt und sucht deshalb nach Mitteln, um seine mit den thatsächlichen Verhältnissen nicht vertrauten Leser über seine Bedeutung dadurch zu täuschen, daß eS sich das falsche Ansehen giebt, als ob seine Bestrebungen an hoher Stelle An klang fände». Die „Kreuzztg." schreckt nicht vor der Ueberhebung zurück, den Monarchen in ihren FractionSgeist bannen zu wollen. Die plumpe Aufdringlichkeit, mit der sie sich an die Aller höchste Stelle heranzudrängen sucht, unter dem heuchlerischen Vorwande der Besorgniß, daß die Macht des Königthums durch das Zusammenhalten der national gesinnten Elemente im Volke be- droht sei, hat dazu geführt, daß der Kaiser dieses Gebühren lebhaft gemißbilligt und den Wunsch ausgesprochen habe, dies zur öffent- lichen Kenntniß gebracht zu sehen." Am 5. October theilte die „Norddeutsche Allg. Ztg." mit, daß die „Kreuzzig." schon von Kaiser Wilhelm I. wegen eines „gehässigen", gegen ihn unschicklichen Auftretens bis zu dessen Lebensende von seinem Angesicht verbannt ge wesen sei. Am 6. October berichtete die „Köln. Ztg." halb amtlich, daß die oben wiedergegebene Kundgebung im „Reichs anzeiger", wenn auch Fürst Bismarck von ihr gewußt habe, der eigensten Anregung und dem unmittelbaren Willen des Kaisers entsprungen sei. U Berlin, 1. Juli. Die national-polnische Hetz presse ist durch den Ausfall der Reichstagswahlen in die übelste Laune versetzt worden. Sie wüthet auf das Heftigste gegen die Polenpolitik der preußischen Staatsregierung, welche von dem „Postemp" als „elende Täuschung, Falschheit und Verblendung" charakterisier wird, die nach dem Grund satz: „Wehe den Besiegten!" verfahre. Der „Lech" vergleicht alle Polen, welche „für einen Menschen stimmen, der anderen Glaubens und anderer Nationalität ist", d. h. für einen protestantischen Deutschen, mit Judas Jschariot und fährt in der Ausmalung dieses anmuthigen Vergleiches wie folgt fort: „Was that JudaS, als er Christus verrathen hatte? Er nabm sich daS Leben durch Erhängen. DaS Gewisse» wird Demjenigen stets Vorwürfe machen, welcher für eine Wurst und ein Gläschen Schnaps oder vergleichen seine Stimme verkauft oder sich der Stimmabgabe enthält. Einen solchen Menschen kann mau nur als einen nationalen Judas bezeichnen." Natürlich läßt die großpolniscke Hetzpresse auch an dem Verbote des FeilhaltenS polnischer Zeitungen auf dem Posener Bahnhofe kein gutes Haar. Ihrem Publicum wird bedeutet, eS „müsse" im höchsten Grade darüber entrüstet sein („Dziennik PoznanSki"), und ähnlich plaidirt auch der neben dem „Dziennik" in erster Linie von dem Verbot betroffene „Kurycr PoznanSki" in energischester Weise pro ckomo. Den deutschen Wahlaufrufen wird von den großpolnischen Fanatikern bezeugt, daß sie „Lügen und Aufhetzungen" enthalten, die „alles polnische Empfinden empören". Der „Postemp" schreibt in einer Anwandlung unfreiwilliger Komik: „Trotz des Wohl wollens der Polen für die Deutschen sind die Deutschen von versteckter Verachtung und auch von Haß gegen die Polen voll, und zwar untrüglich in Folge von oben her er- theilter verhetzender Weisungen, jedenfalls ist die» die schändliche Waffe nichtsnutziger Agitatoren. Mögen die Deutschen nicht mit GcsinnnngSadel und außerordent licher Menschenfreundlichkeit prahlen. Haben sie sich die Unterwerfung der ihnen fremden Neger in Afrika und auch der Chinesen nur 24 Stunden lang überlegt? Sicherlich nicht. Im Augenblick kam die Gelegenheit und das Lüstchen, die genannten Nationen zu unterwerfen; die Action war fertig und vollzogen." Wenn es nicht Schwarz aus Weiß gedruckt dastände, man würde es kaum ür möglich halten, was für Ungeheuerlichkeiten die groß- wlnischen Hetzer auShecken und unter daS polnisch redende Volk bringen, lediglich um der verhaßten Polenpolitik der preußischen Negierung das Wasser abzngraben. Immerhin hat — so wollen wir hoffen — die maßlose Wuth des groß polnischen DemagogenthumS daS Gute, den deutschen Be völkerungskreisen der Ostmarken dauernd das nationale Ge wissen zu schärfen und sie vor dem Zurücksinken in Apathie und Gleichgiltigkeit zu bewahren. — Ein große Conferenz der Mormonen Deutsch lands soll hier am 3. Juli stattsinden. — Zu der Frage, ob Schumacher, der social demokratische Sondcrcandidat in Solingen, durch dessen Schuld der Wahlkreis der Socialdemokratie verloren gegangen ist, ofsiciell aus der Partei aus gestoßen werden soll, schreibt der „Vorwärts": „Nach unserer Parteiorganisation 8 2 Abs. II entscheiden über die Zugehörigkeit znr Partei die Parteigenossen der einzelnen Orte oder ReichstagSwabl- kreise. Ob unsere Solinger Genossen eS noch für der Mühe Werth halten, die neuen Bundesgenossen der Liberalen und speciell Georg Schumacher mit Schimpf und Schande aus der Partei auSzustoßen, wissen wir nicht. Für die Partei leitung liegt jetzt kein Anlaß vor, neue Schritte in der Sache zu thun. Es wird Sache dcö nächsten Parteitages sein, über daS in der Partei beispiellos dastehende verrätberische Gebühren Schumacher's und seines Anhanges daS letzte Wort zu sprechen." — Man will also nicht schon jetzt, gewissermaßen unter der Hand, Schumacher anSschlicßen, sondern spart ihn sich bis zum nächsten Parteitage auf, um ihn dann in seiner ganzen Schlechtigkeit vorzusühren und vor versammeltem Kriegövolke feierlichst aus der Partei auSzustoßen. * Kiel, 1. Juli. (Telegramm.) Der Kaiser besuchte gestern Abend den Liederabend des kaiserlichen Nachtclubs in der Marine-Akademie und kehrte nm 11 Uhr auf die „Hohenzollern" zurück. Heute sfrüh 7'/-2 Uhr begab er sich an Bord des „Meteor" zur Theilnahme an der Seeregatta Kiel-Travemünde. — Die Kaiserin verabschiedete sich im Schlosse von den prinzlichcn Kindern und begab sich alsdann in Begleitung der Prinzessin Heinrich, des Prinzen Adalbert und der Herzogin Friedrich Ferdinand von Schleswig-Holstein an Bord der „Hohenzollern", die um iU/r Uhr Vormittags den Hasen verließ. * Stolp, 30. Juni. In einem Protest gegen die Wahl des hier gegen den Caudidaten der freisinnigen Vereinigung gewählten conservativen Abgeordneten Will wird Folgendes angeführt: „Im 8. Wahlbezirk der Stadt Stolp, in welchem die Arbeiter der Westphal'schen Ziegeleiwerke wahlberechtigt sind, fand sich der Arbeitgeber Herr Conrad Westphal gegen 12 Uhr Mittags am Stich- Wahltage mit einem seiner Beamten ein. Herr W. nahm am Tische der Wahlcommission in unmittelbarer Nähe des Vorsitzenden Platz, um von hier ans seine wählenden Arbeiter beobachten zu können. Sein Beamter theilte vor dem Wahllocal zusammengesaltete Wahl zettel für den Conservativen Will aus, die die Ziegeleiarbeiter zur Wahlurne abgeben sollten. Nachdem mehrere Wähler gegen die Wahlbeeinflussungen protestirt hatten, entfernte sich der Herr West phal, wobei er im Wahllocal erklärte, „daß keiner feiner Arbeiter vom 1. October ds. Jrs. ab das „Deutsche Reichsblatt" mehr lesen dürfte, wenn sie bei ihm während der Wintermonate Arbeit haben wollten." * Danzig, 30. Juni. Der Ober-Werftdirector in Danzig hatte unter dem 10. und 21. zwei Tagesbefehle an die Werftarbeiter hinsichtlich der Wahl, bezw. Stichwahl erlassen, in denen cs heißt: „Ich vertraue Eurer vernünftigen Ueberlegung, daß Euer Stand- punct nur aus Seiten der Reichsregicrung sein kann und daß Ihr nichts gemein habt mit jenen vaterlandslosen Gesellen, den Anhängern der internationalen Socialdemokratie. Noch vor wenigen Tagen weilte der Kaiser in Eurer Mitte und hat Euren Leistungen seine. Allerhöchste Anerkennung zu Theil werden lassen. Mit derselben patriotischen Gesinnung, mit der Ihr ihm Euer jubelndes Hurrah als Abschiedsgruß zugerufeu habt, mögt Ihr auch an die Wahlurne treten und als deutsche Arbeiter treu uud fest zu Kaiser und Reich stehen. Also: „Keinem Rcichsfeind Eure Stimme." Wer noch einen Funken von Liebe für sein deutsches Vaterland hat, wer in Treue zu Kaiser und Reich steht, der trete mannhaft am 24. d. M. an die Wahlurne und gebe seine Stimme dem staatserhaltenden Candidaten Danzigs, dem treuen Bürger dieser Stadt. Berechtigte Forderungen und Wünsche der Arbeiter wird die Regierung mit solchen Männern von Ueberzeugung und patriotischer Gesinnung berathen und zum Wohle der Arbeiter und des gesammten deutschen Vaterlandes berücksichtigen." Wegen dieser Tagesbefehle soll die Wahl Rickert'S ange fochten werden. * Fric-richSrnh, 30. Juni. Staatsminister v. Lucius traf gestern zum Besuch beim Fürsten Bismarck hier ein und reiste heute nach Berlin weiter. Gestern bat daS Trompetercorps des Ludwigsluster Dragoner - Regiments, dem Fürsten Mittags ein Ständchen bringen zu dürfen; dieser Bitte konnte nicht entsprochen werden, weil, wie es hieß, das Befinden des Fürsten das nicht gestattete. Thatsächlich plagen den Fürsten noch immer heftige rheumatische Schmerzen in den Beinen und namentlich in den Füßen, während das Allgemeinbefinden seinem Alter ent sprechend nicht schlecht ist. Er verweilt Abends bis 11 und 12 Uhr im Familienkreise, in seinem Rollsessel ruhend und Zeitung lesend, betheiligt sich auch an der Unterhaltung und raucht dabei die gewohnte Pfeife. Zur Zeit weilt Geheim rath Schweninger hier, sonstiger Besuch ist nicht an wesend. (Hamb. Corr.) * Post»,- 30. Juni. Sind Stimmzettel in polnischer Sprache giltig oder nicht? Die „Elbinger Zeitung" hatte sich, wie berichtet, von hier schreiben kaffen, daß bei der Stichwahl zwischen Motty und Andrzejewski für den Letzteren Stimmzettel in polnischer Sprache abgegeben worden seien und zwar mit der Aufschrift „Ltaniglav ^nckrrejervski v kornaniu uiica 8vr. Ilareina". Nach der „Elbinger Zeitung" wären aber alle diese Stimmzettel ungiltig, und da auch bei der Hauptwahl für Andrzejewski Stimmzettel in polnischer Sprache abgegeben worden wären, so wäre diese ebenfalls ungiltig und nicht Andrzejewski, sondern der national- liberal-conservaiive Candidat Hugger hätte mit Herrn Motty in die Stichwahl kommen müssen. Der Reichstag muffe sofort nach seinem Zusammentreten die Posener Reichstagswahl wegen der für Andrzejewski in polnischer Sprache abgegebenen Stimmzettel für ungiltig erklären. So die „Elbinger Ztg.". Ganz abgesehen davon, daß Andrzejewski mit Vornamen Franz heißt und nicht Stanislaus, daß auch der Wortlaut der Stimmzettel für Andrzejewski ein anderer war, als die „Elbinger Zeitung" an- giebt, waren auch die Stimmzettel für Motty nur in polnischer Sprache hergestellt. Auch in den meisten Reichstagswahlkreisen der Provinz Posen sind diesmal wie bei jeder Reichstagswahl seit 27 Jahren für die polnischen Candidaten ausschließlich Stimmzettel in polnischer Sprache abgegeben worden. Nur in Meferitz-Bomst und Fraustadt-Lissa waren, weil dort Cen trumscandidaten statt der Polen diesmal aufgestellt waren, die Stimmzettel deutsch. Wahrscheinlich sind auch in Bromberg für Herrn v. CzarlinSki die Stimmzettel meist in deutscher Sprache hergestellt worden. In früheren Jahren wurden übrigens auch in verschiedenen westpreußischen Reichstagswahlkreisen, wie uns erinnerlich, polnisch« Stimmzettel abgegeben. Ob jetzt noch, wissen wir nicht. Wenn der Reichstag im Sinne der „Elbinger Zeitung" entscheiden sollte, so würde nicht nur die Posener Wahl, sondern die der sämmtlichen zehn anderen in der Provinz Posen gewählten Polen für ungiltig erklärt werden müssen und alle bisherigen polnischen Wahlen im Posenschen beziehentlich in ver schiedenen westpreußischen Wahlkreisen wären ungiltig gewesen. Denn alle diese polnischen Abgeordneten find bisher nur durch Stimmzettel in polnischer Sprache gewählt worden. Der Reichstag wird sich also jedenfalls mit dieser Principienfrage bald nach seinem Zusammentritt zu beschäftigen haben. Die „Schlesische ZtitnAß*, welche die Meldung der „Elbinger Ztg." wiedergiebt, ist der Ansicht, daß das Amtssprachengesetz auf Stimmzettel wohl kaum Anwendung finden dürfte. Wir wollen hier daran erinnern, daß nach dem Wahlreglement nur solche Stimmzettel ungiltig sind, „aus denen der Name des Can didaten nicht mit Bestimmtheit zu erkenne» ist". Im Wahl reglement befindet sich übrigens keine Mittheilung darüber, daß die Stimmzettel nur in deutscher Sprache abzugeben sind. Es sind uns übrigens auch elsaß-lothringische Stimmzettel in die Hände gekommen, welche in französischer Sprache hergestellt waren. Immerhin wird der Reichstag nach seinem Zusammen tritt nicht umhin können, sich mit der Frage zu beschäftigen. * Duisburg, 30. Juni. vr. Hammacher'S frühere Wähler in DuiSburg-Rnhrort-Mülbeim haben ihm, der die Wieder- annabme des Mandats bekanntlich abgelehnt bat, während der Wahlen vielfache Beweise freundlicher Gesinnungen zu gehen lassen. Die Stadt Weiderich bat ihn zum Ehren bürger ernannt, so daß er jetzt Ehrenbürger aller Städte deS Wahlkreises ist. ch SluS Thüringen, 1. Juli. Dem NeichStagswahlkreiS Meiningen I droht eine Wiederholung der erregten Wahl zeit. Der Candidat der Neformpartei, Hermann KurzhalS- Snhl, schreibt im „Thür. Landboten" wie folgt: „Da von den gegnerischen Parteien keine Weißen, sondern gelbe und graue Stimmzettel verwendet worden sind, so wird Protest gegen die Wahl erhoben und die Wahl wohl auch für ungiltig erklärt werden. Darum Freunde und Gesinnungsgenossen, nicht erlahmen im Kampfe. ES gilt, uns zur Nachwahl vorznbereiten und dafür zu sorgen, daß wir dann die Früchte unserer Arbeit ernten." F Kattowitz, 1. Juli. (Privattelcgramm.) In Bogutschütz folgten der Entlassung von Bergleuten, die an der socialdemokratischen Wahlagitation betheiligt gewesen waren, starke Abendtumulte. * Frankfurt a. M., 30. Juni. Pfarrer Rade theilt in der „Christlichen Welt" mit, daß er sein Pfarramt auf geben wird, um vom 1. Januar 1899 ab ausschließlich die Redaktion und den Verlag der „Christlichen Welt" zu übernehmen. Der Mißerfolg der Naumann, Göhre, Kötzschke nach ihrer Trennung vom geistlichen Amt scheint ihn nicht zu schrecken. * Darmstadt, 30. Inin. Da morgen der 1. Juli ist und der für diesen Tag in Aussicht gestellte Rücktritt des Staats ministers Finger noch nicht erfolgt ist, so „verlautet" heute, der Großherzog habe daS NiicklrittSgesuch Finger's nicht be willigt, über kurz oder lang werde er aber doch dem Nnhe- bedürsniß seines Staatsministers Rechnung tragen müssen. Als Nachfolger Finger's nennt man jetzt den Finanzminister Weber, der neben dem Präsidium die Finanzen beibehalten würde. Für daS Innere „soll" Geheimrath Rothe in Aus sicht genommen sein. ES „soll" allerdings auch möglich sein, daß dieser Herr Nachfolger des demnächst in den Ruhestand tretenden Ür. Neidhardt als BundeSrathsbevollmächtigter und hessischer Gesandter in Berlin wird. An seine Stelle als Provinzialdirector in Mainz „soll" KreiSrath Haas- Offenbach kommen, dessen Avancement eine Neuwahl sowohl für den Reichstag im Wahlkreis Erbach-Bensheim als auch für den hessischen Landtag im 10. Wahlbezirke nöthig machen würde. * Metz, 1. Juli. (Telegramm.) Heute feiert das hier garnisonirende sächsische Fußartillerie - Regiment Nr. 12 sein 25jähriges Bestehen. Die König - Jdhann- Caserne trägt Festschmuck. Vor ihr sind Kanonen aufgcfahren. An dem prächtig geschmückten Sachsen denkmale bei Sanct Privat wurde heute Vor mittag für das gesammte Regiment evangelischer und katho lischer Gottesdienst abgehalten, an den sich eine Ansprache des Obersten schloß. Nachmittags findet für die Ossiciere des Regiments und deren Gäste Festtafel statt. Gestern Abend führte das Regiment bereits ein Festspiel auf. Oesterreich-Ungarn. Die Ausschreitungen in Galizien. * Krakan, 1. Juli. (Telegramm.) Auf Grund des Ausnahmezustandes wurde das Erscheinen der hiesigen zwei socialdemokratischen, sowie der beiden christlich-socialen Volksblätter eingestellt. Die Revacteure der beiden anti semitischen Blätter wurden bloS verpflichtet, drei Stunden vor Ausgabe deS Blattes ein Exemplar der Staatsanwalt schaft vorzulegen. (Voss. Ztg.) Frankreich. Das neue Labinet. * Paris, 1. Juli. (Telegramm.) Die radikalen Blätter sind von dem Programme Brisson's befriedigt. Schon sein Versprechen, die Oberhoheit der Civilgewalt zu vertheidigen, genüge, um dem Cabinete daS Vertrauen der Republikaner zu sichern. — Die gemäßigten Blätter meinen, Brisson verdanke seine Mehrheit nicht nur der Mäßigung seines Programms, sondern auch dem Umstande, daß einige Opportunisten daS Cabinet nicht verurtheilen wollen, ehe sie eS am Werke gesehen hätten. — Cavaignac meint in seinem Blatte, die Nationalisten hätten Unrecht, Vertrauen in dieses Ministerium zu setzen. Cavaignac sei in der DreyfuSsache völlig machtlos. — Wie der „Figaro" meldet, habe Pierre LotS beim Staatsrathe wegen seiner Pensionirung, die von dem ehemaligen Marineminister BeSnard verfügt worden ist, Berufung eingelegt. Luxemburg. Der Grotzherzog. * Luxemburg, 1. Juli. (Telegramm.) Der Groß herzog ist gestern zum ersten Male wieder ausgefahren. DaS heutige Bulletin lautet: Die Ausfahrt ist dem Groß herzog gut bekommen. Die Lungenerscheinungen schwinden, das Allgemeinbefinden ist gut. Rußland. Asiatisches; Unfall des siamesischen Prinzen. * Petersburg, 1. Juli. (Telegramm.) Der Kaiser bestätigte den dreijährigen, zeitweiligen Etat der Verwaltung des Hafens von Port Arthur und befahl, denselben zeit weilig als Kriegsseehafen zweiter Kategorie anzusehen. — Die „Nowosti" melden, daß nach den chinesischen Ge wässern in diesem Jahre nur der Kreuzer „KaSboinik" und das Kanonenboot „Giljäk" abgehen werden. — Der russische Gesandte Onon ist aus Athen eingetroffen. * Petersburg, 1. Juli. (Telegramm.) Als der siamesische Prinz Tschakrabon und sein Gouverneur im Parke zu Peterhof einen Spazierritt machten, scheuten die Pferde, stießen an einen Karren an und warfen die Reiter ab. Der Gouverneur wurde nur leicht verletzt, der Prinz jedoch, der aus den Kopf fiel, erhielt einen ziemlich heftigen Stoß. Orient Die Pforte und Montenegro. * Konstantinopel, 1. Juli. (Telegramm.) Gestern fand die erste Berathung zwischen Saad Edhin Pascha und den montenegrinischen Delegirten betreffs des Wieder aufbaues der niedergebrannten Dörfer und der Zurückführung der Christen statt. Der Plan betreff- eine» ausschließlich albanesischen Armeecorps soll in der Bildung albanesischer Regimenter, ähnlich der Hamidje-Cavallerie, bestehen. Amerika. Der Krieg. * Nein Kork, 1. Juli. (Telegramm.) Aufgrsangenen Drahtnachrichten de» Admiral« Cervera zufolge sind, wie au« Plapa t del Este gemeldet wird, die Lebensmittel und die Munition in ISantiago sehr knapp; letztere werden bald aufgebraucht sein. Seit Tagen schon war eS der amerikanischen Flotte nicht möglich, die Batterien am Eingänge des HafenS zum Feuern zu veranlassen, obgleich sie sehr nahe heranging. * Washington, 1. Juli. (Telegramm.) Dem Chef deS SignalwesenS ist von dem ersten Beamten deS Signalwesens auf Cuba eine Drahtineldnng zugegangen, nach der in einer Entfernung von uicht zwei Meilen von Santiago eine Telegraphen- und Fernsprechstation eingerichtet worden ist, die über Daiguiri mit Guantanamo Verbindung hat. * New Port, 1. Juli. (Telegramm.) DaS Gerücht don einer Schlacht bei Santiago, die gestern stattgefunden haben soll, wird amtlich für falsch erklärt. — Nach einer Drahtineldnng des „New York Herold" aus Washington besteht die Hauptaufgabe deS Geschwaders deS Commodore Watson darin, der Flotte Camara's entweder nach den Philippinen oder, wenn nach der Ueberzeugung der amerikanischen Marinebehörde Admiral Camara eine andere Richtung einschlägt, auch dorthin zu folgen. * Hongkong, 1. Juli. (Telegramm.) Nach zuverlässigen Nachrichten aus Manila hatte der spanische Generalgouverneur dieser Tage auf seinen Wunsch eine Zusammenkunft mit dem Chef des deutschen Geschwaders, Vice-Admiral v. Diederichs, um im Auftrage der spanischen Regierung vorzuschlagen, daß den neutralen Commandanten Manila in ckopositum übergeben werde. Der Vorschlag wurde von dem Chef des deutschen Kreuzer- geschwaderS mit Rücksicht auf die amerikanische Blockade abgelehnt. * Madrid, 1. Juli. (Telegramm.) Eine im Marineministe- rium eingegangene Drahtnachricht meldet, daß das Geschwader des Admirals Camara sich zur Zeit auf der Fahrt durch den Suezcanal befindet. — Ueber die Gerüchte hinsichtlich der Friedens verhandlungen befragt, erklärte Ministerpräsident Sagasta wiederholt, daß derartige Gerüchte lächerlich seien. * Köln, 1. Juli. (Telegramm.) Der Madrider Corre- spondent der „Kölnischen Zeitung" theilt eine Meldung aus Hongkong mit, nach der Aguinaldo durch seinen Triumph übermüthtg geworden sei und volle Unabhängigkeit sowohl von Dewey, als auch von Europa, Japan und China verlange. Wie eS in der Meldung weiter heißt, ist die amerikanische Expedition noch nicht vor Manila angekommen. * London, 1. Juli. (Telegramm.) Nach Washingtoner Drahtungen fährt die Haltung Deutschlands auf den Phi- lippinen fort, die öffentliche Aufmerksamkeit zu beschäftigen. Man glaube, Admiral Diederichs ermuntere die Aufständischen, eine un- abhängige Regierung unter dem Schutz der Großmächte herzustellen. Es verlautet, Admiral Dewey sei angewiesen, nach der Ankunft der ersten amerikanischen Truppen Manila in Besitz zu nehmen und den Vertretern der fremden Mächte zu versichern, er sei im Stande, deren Unterthanen zu schützen. Die amerikanische wie die deutsche Presse in New York bringen heftige Artikel gegen die angebliche Einmischung Deutschlands in Len Krieg. (Voss. Ztg.) Marine. * Berlin, I.Juli. (Telegramm.) Der englische Regierungs kutter „Rose" ist am 29. Juni vor Helgoland zu Anker gegangen. Sommerfest des Allgemeinen Turnvereins zu Leipzig. lieber 600 Mitglieder und Gäste des Allgemeinen Turnvereins fanden sich am vorigen Sonntag, den 26. Juni, auf dem Bayerischen Bahnhose ein, um 2 Uhr 20 Min. Nachmittags mittels Sonder- znges nach dem benachbarten Zwenkau zu fahren, woselbst der Zug nach halbstündiger Fahrt, empfangen von einer Musikcapelle, eintraf. Unter Vorantritt der Musik ging es trotz des strömenden Regens und des wenig angenehmen WegcS in gleichem Marschtritt nach dem geräumigen Schic tzenHause, tu welchem sich bald ein fröhliches Leben uud Treiben entwickelte. Leider war die Menge der Tbeiluehmer wegen des schlechten Wetters nur aus den Saal mit seinen Nebenräumen und den von der vorjährigen Ausstellung nach Zwenkau überführten Rothenburger Erker angewiesen, und während im ersteren die Jugend bald nach dem Einzug das Tanzbein schwang, saßen im letzteren mehr die älteren Mitglieder mit ihren Gästen, um an ge« müthlicher Tafelrunde die Unbill des Wetters zu vergessen. An ein Turnen im Freien war natürlich bei dem aufgewcichten Boden und dem fortwährenden Regen gar nicht zu Lenken, und es wurde deshalb beschlossen, das Wetttnrnen der Jugend- und Männer- Abthcilungen am Mittwoch, den 29. Juni, auf dem Turnplätze hinter der Turnhalle in der Turnerstraße abzuhalten. Ein Theil der Jugend-Abtheilungen aber, welcher zu Fuß den Weg nach Zwenkau zurückgelcgt hatte, begab sich allem Stegen zum Trotz unter Max Vogel's Leitung zum Spielen ans den grünen Wiesenplan. Währenddessen traten im Saale achtzig Turnerinnen des Vereins an, um nach einfachem Aufmarsch eine Gruppe von Stabübungen vorzuführen, welche trotz des be- schränkten Raumes vorzüglich ausgesührt wurden. Den Stab übungen folgte später ein Reigen, welcher ebenfalls ob seiner guten Ausführung allgemeinen Beifall fand. Wettspiele der Damen- abtheilungen, soweit dieselben im Saale zur Ausführung kommen konnten, füllten die Tanzpausen aus. Den Siegerinnen winkten prächtige Blumensträuße als Scegespreis. Durch Welt- und andere Belustigungsspiele vertrieben sich die Kinder in der großen Stube des Rothenburger Erkers unter eines Turnwarts sicherer Leitung die Zeit. Nützliche Geschenke belohnten die Kleinen für ihr Be- mühen. Vis gegen '/,11 Uhr währte noch der Tanz. Dann aber wurde aufgebrochen, um gegen 11 Uhr vergnügt die Rückfahrt an- zntreten. DaS Wettturnen der Jugend-und Männerabtheilungen, welches nunmehr Mittwoch Abend auf dem Turnplätze stattsand, hatte wiederum sehr unter dem Einfluß der Witterung zu leiden; zwar regnete es nicht, aber der Boden des Turnplatzes war von dem am Nächmiltag niedergegangenen Gewitter derartig durchweicht, daß das Laufen und Springen wesentlich erschwert wurde. Immerhin sind die erzielte» Ergebnisse als gute zu bezeichnen. Die Beiheiligung der Mitglieder am Wettturnen war eine zahlreiche. Nach dem Turnen fand rin geselliges Beisammensein der Mitglieder im Saale von Jabin's Gastwcrthschaft statt, und wurden daselbst die Preise an die aus den Wettkämpfen hevorgegangenen Sieger vertheilt. Es erhielten die jugendlichen Turner Nänzchen, die Erwachsenen aber Eichen kränze al« Siegerpreise. Als Sieger gingen in den nachfolgenden Wettkämpfen hervor: I. Jugendabtheilung, 14—16 Jahre, o. Freiringen: 1. Sieger Karl Möritz, 2. Sieger Hugo Thiemig. l>. Wettlaufen, 105 w glatte Bahn. 1. Sieger Georg Friedrich, 14,2 Sec., 2. Sieger Max Schiel, 14,4 Sec. Lobend erwähnt Hugo Thiemig, 15 Sec. II. Jugendabtheilung, 16 — 18 Jahre, a. Sturmhoch springen: I. Sieger Conrad Riemann, Sprunghöhe 2 m 2b em, 2. Sieger Willy Hammel, Sprunghöhe 2 m 25 cm; b. Kugelwerfei, in die Weite 5 kx: 1. Sieger Alfon« Singer, 10,30 w, 2. Sieger Arthur Schirl, 10,28 m. III. Erwachsene, a. Hürden-Laufen 100 m mit 4 Hürden: I. Buchheit, Oskar Strigel, OSkar Peters je 15 Sec.; beim Stechen über 100 m glatte Bahn wurde Sieger: I. Buchheit mit 11,6 See., ihm folgten Oskar Peter-mit 11,7 Sec. und OSkar Strigel mit 11,8 Sec.; d. Deutscher Dreisprung: Sieger: Johannes Buchheit, 11,14 m. Lobend erwähnt: Hermann Müller, 11,07 m. o. Ballschleudern: Sieger: vr. Rudolph Gasch, 32,10 m. Lobend erwähnt: Oskar Slrigel, 32 m. Au« diesen 3 Uebungen zusammengewerthet gingen al- Sieger folgende Turner hervor: l) Oskar Striael, 2) Johanne« Buchheit, Hermann Müller. Lobend erwähnt wurde Oskar Peters. Im Ringen ging al« Sieger Albert Oertel hervor. Lobend er wähnt wurde Alfred Rüger.
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