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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.07.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980701010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898070101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898070101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-07
- Tag1898-07-01
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in« Re-action «a- Lr»etttt-«r T»-«r«»<asse 8. Li« Expedition ist Wochentag» «nnntirbroch« grösfuet von früh 8 bi» Wend» 7 Uhr, Filiale»: Ltt» Mem»'» Eorttnr. (Alfred HahaX UnivrrsitLt-straß, S (Pa»lt»«u), Lsai» L-sche, Katharinenstr. 14, -art. und König-Platz 7. monatlich ^r 7.00. o«»d>« Die VorgenMMga», «rschKnt «t'/,7 Uh«, die «bend-AiLgab« Wochentag» n» » LH«. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes ««- Molizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-PrOts die 6 gespaltene Petitzeile KV Pfg. Reklamen unter dem Redaction«strich (-ge spalten) bO^, vor den Familiennachrichtea (8 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichaiß. Tabellarischer und Zifserusatz nach höherem Tarif. Eixtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: StachmittagS 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halb« Stunde früher. Anzeige» sind stet» an di« Expedition z» richten. Druck und Beklag von E. Pol» in Leipzig. 327. Freitag den 1. Juli 18S8. 92. Jahrgang. Bestellungen auf Rtiseabmeultilts nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus Die EM-iim des Mi-tt Ti-khliitr», Johannisgasse 8. Rußland- England und China. r. 8. Der Gegensatz zwischen England und dem Zarenreiche, der allenthalben die Politik beherrscht, tritt besonder» im Osten, in dem uralten Kaiserreiche China, zu Tage. Der Wettbewerb beider Staaten trägt mitunter einen ausfallenden und drohenden Charakter, der die kommende Auseinander setzung als unmittelbar bevorstehend anzukllndigen scheint. Bisher ist zwar Alles noch ruhig geblieben, aber wenn erst die Rüstungen vollendet sind, die ebenso in Rußland, wie in Großbritannien noch Viele» zu wünschen übrig lasten, dann dürfte der Widerstreit der beiden Großmächte sehr rasch zum blutigen AuStrag kommen. Einstweilen sind eS nur die beiderseitigen Staatsmänner, die Minister in London wie in Petersburg, und die Vertreter dieser Regierungen in der Hauptstadt Peking, welche iu heftigem Kampfe stehen und sich gegenseitig den Boden abzugraben suchen. Dabei kann man beständig die Beobachtung machen, daß bald der Eine, bald der Andere da- Uebergewicht am chinesischen Hofe erhält und Zugeständnisse erlangt, welche die brennende Eifersucht des GegentheilS erwecken. So konnten wir sehen, daß die beutelustigen Engländer, nachdem Rußland Port Arthur „gepachtet" hatte, alsbald sich Wei-hai-weiS bemächtigten und gleich darauf im Süden de» himm lischen Reiche-, in der Gegend Hongkongs, 200 Quadrat meilen Land erwarben, um dort einen sicheren Stützpunkt zu gewinnen. In Petersburg verhielt man sich auffallend ruhig. Man spielte den Gleichgiltigen und erklärte, kein Interesse daran zu haben, wer den zweiten Schlüssel zum Golfe von Petschili m Händen hält. Denn Anderes bedeutet Wei-hai-wei that- sächlich nicht. DaS war aber nur Täuschung. Jeder Zeit konnte man gefaßt darauf sein, daß Rußland diesen Eingriff der britischen Regierung, der die Machtverhältniffe am Gelben Meere zu Ungunsten deS Zarenreiches verschieben muß, nicht ruhig und widerstandslos hmnehmen würde. Und da Frankreich durch die Festsetzung der Engländer im Süden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen ist, so war e- ein Leichtes, die Regierung der Republik zu einem gemeinsamen diplomatischen Vorgehen gegen England zu veranlassen. So ist es gekommen, daß Rußland und Frankreich den Tsung-Li-Aamen veranlaßt baden, ihnen bedeutende Vergünstigungen hinsichtlich einer Reibe von Eisenbahnbauten zuzugestehen. Der Telegraph bat bereits vor einiger Zeit die Meldung verbreitet, daß Rußland und Frankreich die Controle über die Verwaltung eiuigerLinien erhalten haben, die Peking mit dem Norden und dem Süden des Reiches verbinden werden. Die Theilung der Einflußsphäre geht derart von Statten, daß Rußland den Norden und Frankreich den Süden bis zum Gestade deS Uantse-Kiang erhält; da beide Staaten im Engländer den Feind erblicken, der gemeinsam mit aller Macht bekämpft werden muß, so macht eS für die Briten gewiß keinen Unterschied, daß das Eisenbahngebiet der Russen und Franzosen getrennt werden wird. Die Gemein samkeit der Interessen de- Zarenreiches und Frankreichs wird Beide zu einmüthigem Handeln veranlassen, um den Briten im Norden und ebenso im Süden wirksam und erfolgreich rntgegenzutreten. Der Vertrag, welchen Rußland mit China schloß, ist bereit- bekannt. Wir wollen gleichwohl noch darauf Hinweisen, daß die Eisenbahnlinie Peking-Haukau, deren Fertigstellung der russische Geschäftsträger in Peking cneraiscb fordert, strategisch keine geringe Bedeutung für Rußland besitzt. Die letztere Macht gewinnt dadurch die Möglichkeit, die große Straße nach Eentralasien in directe Verbindung mit den wichtigsten LandeStheilen China» zu bringen. Singanfu am Hoangho liegt unweit dieser Straße und würde da» Zarenreich außer durch die Nordbahnen in die Lage versetzen, Truppen nach Belieben nach China zu befördern. Daß China solchen Absichten nicht Widerstreiten will, ersteht man schon au» dem einen Umstande, daß russische Militairinstructeure und Unterosficier« in jenen Gegenden China» Verwendung finden sollen. Die Erregung m England über den Vorstoß Rußland» ist durchaus erklärlich. Im britischen Parlamente wurde sofort die Regierung Über di« Sache befragt, aber die Antworten der Minister dürften wohl kaum irgend Jemand wirklich zufriedengestellt haben, obwohl auch den Engländern gewisse Zugeständnisse, namentlich auf der Halbinsel Liavtong, gemacht worden sind. Aber da» fällt Nicht in» Bewickt gegenüber den bedeutenden Errungenschaften der Russen. England wird sich diese» Mal bescheiden müssen. Die Zugeständnisse an Rußland kann e» nicht durchkreuzen und sieht feine eigene» Erwerbungen gefährdet. Vernt»tblich wird man suchen, auf anderen Gebieten und durch neue Mittel sich Ersatz zu schaffe«, um doch schließlich zum vorgesetzten Ziele »u gelangen und einen Stützpunkt zur Wahrung seine» Handel» z» finden. Aber lang« wird e» dauern, wenn di« Verwirklichung dieser Absicht überhaupt möglich ist. Vor läufig ist England entschieden im Weichen und Rußland dringt in China unaufhaltsam vorwärt». Vie Harrspfie-e al- sociales Lil-ungsmittel. I«. Weit empfindlicher al» di« sociale» Unterschiede, die au» dem Stand« de» vermöge»« entspringen, erweisen sich i« Verkehr der verschiedrnen Elaffen nnter einander sehr »st »,» NtttschiM d«r vildun- «td der r»tzfi»d««-. Itt -4« mancher Beziehung stehen sich die Mitglieder der verschiedenen Gesellschaftsklassen trotz der großen und sicherlich überwiegenden Zahl der gemeinschaftlichen Interessen gegenüber wie Fremde, die zwar eine Sprache reden, sich aber nicht verstehen. Die Trennung zwischen Vorderhaus und Hinterhaus, um den Gegensatz in eine bekannte TageSformel aus der modernen Literatur knapp zusammenzufaffen, ist in den meisten Fällen nicht nur eine räumliche, sondern auch eine tief in den Charakter, die Lebensauffassung der Parteien eingreifende. Sicherlich besteht ja zwischen den durch Bildung und Ver mögen bevorzugten Classen und zwischen den minder bevor zugten bezw. benachtheiligten eine wechselseitige Beeinflussung, sie zu verfolgen freilich ungemein schwierig ist. Ein irgend wie engerer Verkehr aber, der über äußerliche dienstliche und geschäftliche Beziehungen hinaus käme, findet kaum statt. Eine öffentlich« Geselligkeit, die im Stande wäre, die Unter schiede auSzugleichen, giebt e» nicht. Die unabweiSliche Voraussetzung jeder socialen HilfS- tbatigkeit ist nun ohne Zweifel die Vertrautheit mit den Lebensformen und Lebensauffassungen der Gesellschaftsklasse, der ein Dienst erwiesen werden soll. Sie zu erwerben, ist aber keineswegs mühelos, um so mehr, al» der Reservirtbeit gebildeter Stände ein Gegenstück bei den weniger Ge bildeten durchaus nicht fehlt. Neben der Möglichkeit, die akademische Jugend in den Dienst allgemeiner Wohlfahrts interessen zu stellen, verdient nun die HauSpflege gewiß als ein Mittel empfohlen ru werden, da- den Töchtern der be mittelten Stände jene so wünschenSwerthe Vertrautheit mit den Verhältnissen und den Charakteren der Hilfsbedürftigen zu verschaffen geeignet ist. Die HauSpfleaevereine, die zum ersten Male 1892 in Frankfurt a. M. in« Leben traten und deren segensreiche Wirksamkeit später auch in anderen Städten, z. B. in Berlin, Potsdam, Gotha, Mühlhausen, Charlottenburg, Danzig ,c., verständnißvoll ausgenommen worden ist, stellen sich bekanntlich die Aufgabe, den Haushalt ärmerer Familien dadurch aufrecht zu erhalten, daß sie die häusliche Arbeit (Waschen, Flicken, Kochen, Reinigen, Kinderpflege rc.) in Fällen übernehmen, in denen die Hausfrau durch Krankheit, Wochenbett daran verhindert ist. Selbst bei nicht allzugroßer Ausdehnung ihrer BerufSthätigkeit bedürfen solche Hauspflege- vereine, deren Begründung aller Orten nicht warm genug empfohlen werden kann, einer großen Zahl weiblicher Hilfs kräfte; die Opfer, die an diese gestellt werden, können unter Umständen sowohl in Bezug auf Zeit und Kraft als aus moralischen Muth nicht unbeträchtlich sein, weil eben diese Thätigkeit ein unmittelbares, keinerlei zimperlichen Rücksicht zugängliches Eingreifen in die praktischen Aufgaben deS Tages erheischt. Mindestens so hoch aber als der Segen, der nothleidenden Familien aus der ununterbrochenen Aufrechterhaltung ihres Haushaltes erwachsen kann, ist der mittelbare Erfolg dieser Art von praktischer und persönlicher Woblthätigkeit einzu schätzen, wenn er nicht durch zu besoldend« Hilfsorgane, sondern durch Angehörige der besser gestellten Stände selbst besorgt wird. Erst durch solche persönliche Hingabe an schwierige sociale Arbeit kann deren moralischer Gewinn für beide Theile völlig auSaenutzt werden, erst durch sie wird der Blick der Reicheren für die tausenderlei wirthschaftlichen, geistigen und sittlichen Fragen unserer Zeit geschärft und der Muth zu ihrer Lösung auf privatem Wege nach Kräften beizutragen, an- gefxuert werden. Die Hilfe des Staate» kann nicht in alle Winkel, in denen Noth und Elend sich verkriechen, hinein reichen; die private Wohltbätigkeit, daS Pflichtbewußtsein Aller, für den nothleidenden Mitmenschen einzutreten, gestattet aber die weiteste Möglichkeit der Bewegung im Großen wie im Kleinen. Selbstverständlich werden nur die reiferen und selbstständigeren Naturen unter unseren Mädchen und Frauen im Dienste der HauSpflege srgtnSreich wirken können, ihnen aber winken hier reiche Aufgaben, deren Lösung vielen von ihnen eine innere Befriedigung gewähren wird. Eine Er weiterung aber des PflichtenkreiseS unserer Frauen heißt zu gleich einen Theil der modernen Frauenfrage lösen, die ;a nicht zuletzt au» dem Mangel an ernster, Geist und Herz ausfüllender Beschäftigung entstand«« ist und von hier aus fortwährend genährt wird. Deutsche- Reich. ä Berlin, 30. Juni. Au» Nordschleswig wird un» zu dem Ausgang der Reichstag-Wahlen geschrieben: Die dänischePartei hat eineZunahme der dänischen Stimmen gegen 18SS zu verzeichnen, unv zwar beträgt die Zahl der dänischen Stimmen im ersten Wahlkreise (HaderSleben- Sonderburg), wo Johannsen mit der erwarteten großen Majorität gewählt worden ist, 10 421 gegen 9597 im Jahre 1893. Im »weiten Wahlkreise (Apenrade-FlenSburg) ist die Zahl der dänischen Stimmen von 3180 auf 3349 und im vierten (Toadern-Husum-Tiderstadt) von 1596 auf 1669 gestiegen. Daran» folgt aber keineswegs, daß da« Dänenthum im Ganren ruaenommea hat. Da» Gearntheil ist der Fall. In den ersten Wahlkreisen, de» Kreisen HaderSlebe» und Sonvrrburg, be finden sich di« Hochburgen de» Dänenthum». Wenn man nun bedenkt, daß seit Anfang der achtziger Jahre die nord- schle»wigsch« Jugend jetzt im Land« verbleibt, während sie früher nach Dänemark ging, und daß di« sogenannten Optanten meisten» in den preußischen Untertbanenverband ausgenommen worden sind un» die ihnen erwiesene Wohlrhat damit belohnt haben, daß sie mit wenigen Ausnahmen auf die dänische Seite getreten sind, so wird man bei der außer ordentlichen beispiellosen Agitation, welche die dänische Partei entfaltet Hs», bi« Stimmrnzunah«, der Dänen in diesem Kreise nur gering finden. Dagegen ist da» Anwachsen der deutschen Stimmen daselbst von 3127 auf 3713 viel tztdttttUttgldoller u«b bedeutet einen wirklichen Fortschritt de» Deutschthum». In den beide» andere» Wahlkreisen mit dänifchen Stimmen hat die Zuuahm« der dänischen Stimmen dieselben Gründe. Hier aber z«ist sich in bim zwischen Hlen«b«rg, Lanbern, Lüaum- klafter, Apenrade un» Graveaste,n gelegenen Gebiet ein fort- dauernder starker Rückgang »,» Daarmhnm» und Fortschritt bt» Deutschthtt«». Fast all« Sewtiuben i» diese« Srbirt zeigen wieder eine erhebliche Abnahme der dänischen und eine bedeutendeZunahme der deutschen Stimmen. Trotz der dänischen Volkssprache nimmt hier die Bevölkerung, welche dem deutschen Sprachgebiet nahe ist und in fortwährendem regen Verkehr mit dem deutschen Süden steht, immer mehr deutsche Gesinnung an. DaS gedachte Gebiet nehmen die Dänen auch bereits als verloren an. Die freisinnige Partei ist sehr stark im Rückgänge. Namentlich zeigt sich die» im vierten Wahlkreise, wo der nationalliberale Candidat bei mäßiger Wahlbetheiligung im ersten Wahlgange leicht siegte. In Eiderstadt und den Kreisen Husum und Tondern gehörten recht viele Landlente früher zur freisinnigen Partei, in die sie auö ihrer früheren parti- cularistischen Opposition übergetreten waren. Sie schließen sich immer mehr der nationalliberalen Partei an. In dem dritten Wahlkreise (SchleSwig-Eckernförde) hat die freisinnige Volkspartei durch die Gunst der Verhältnisse ein Mandat gegen ein Mitglied der Reichspartei erlangt. Wäre für diesen Kreis ein nationalliberaler Candidat aufgestellt worden, so wäre ihm wahrscheinlich da» Mandat zugefallcn. Die nationalliberale Partei hat den vierten Wahl kreis leicht behauptet, hat aber leider den zweiten (Apen rade-FlenSburg) verloren, indem die Agrar-Agitation in dem national nicht ungefährdeten Kreise trotz der von den Führern gegebenen Versprechungen eine Spaltung der Deutschen ver anlaßte und bei dieser Spaltung allerdings glücklicherweise noch die Stichwahl zwischen Socialvemokrat und Däne ver mieden, jevoch anstatt eines Nationalliberalen ein Mitglied der antisemitischen Reformpartei gewählt wurde. Wie übel diese- Versehen der Agrarpartei in Apenrade empfunden wird, zeigt die Stichwahl, wobei dort gegen 296 socialdemo kratische Stimmen nur 173 Stimmen für Raab abgegeben wurden, während bei der Hauptwahl nur 98 socialdemokra- tiiche Stimmen gezählt wurden, Iebsen (nat.-lib.) 486, Raab 29, DiniS (fr. B.) 114 und der Däne 318 erhielt. * Berlin, 30. Juli. In ihrer letzten Nummer knüpfen die „Hamb. Nachr." an die Erklärung der ultramontanen „Köln. Volksztg", daß sie nicht mehr an Minister glaube, die, wie Fürst Bismarck, ihr Programm auch dem Monarchen gegenüber aufrecht erhalten und ihre ganze Kraft daran setzen, den widerstrebenden Monarchen trotz aller „Friktionen" für das von ihnen al- richtig Erkannte zu ge winnen, — die folgenden Ausführungen, die wahrscheinlich an gewissen Stellen m Berlin nicht angenehm berühren, aber gerade deshalb am Platze sind: „Ein solches Bestreben ist nach unserer Auffassung die Pflicht jedes Ministers, der Ver- antwortlichkeitsgefühl besitzt und den Interessen des Landes nach seiner Ueberzeugung dienen will. Wenn ein leitender Minister glaubt, daß die allerhöchsten Entschließungen den Landes- intereffen nicht entsprechen, so ist er, wie wir früher wieder holt ausgeführt haben, seinerseits verpflichtet, den ihm ver fassungsmäßig zustehenden Einfluß auf die Krone dahin geltend zu machen, daß die Ausführung der Ent schließungen unterbleibe. Der Minister bandelt pflichtwidrig, wenn er ander» verfährt; er leistet dem Monarcken und dem Lande den treuesten Dienst dadurch, daß er seine Meinung mit Nachdruck und Entschiedenheit vertritt. Wenn der Minister meint, daß die Wege, die sein Herr zu gehen entschlossen ist, gefährliche Wege seien, so ist er amtlich und vor seinem Gewissen gehalten, dies offen auszusprechen. Man dient seinem Herrn am besten, indem man ihn warnt, sich in Gefahr zu be geben. Gelingt eS dem Minister nicht, den Monarchen von der Bedenklicbkeit der geplanten Maßregel zu überzeugen, weil der Minister infolge seiner Antecedentien oder aus vor gefaßter Meinung als parteiisch angesehen wird, so ist er noch nicht ohne Weitere» berechtigt, die Dinge ihren Lauf nehmen zu lassen und eventuell um seinen Abschied zu bitten. Er hat dann den Versuch zu machen, seine abweichende Ueberzeugung durch andere Personen und Instanzen, die das Vertrauen des Monarchen in der fraglichen Angelegenheit vielleicht mehr besitzen als der leitende, verantwortliche Minister, der Krone gegenüber vertreten zu lassen. Die Nächstberufenen hierzu sind die übrigen Minister. Hat er auch hiermit keinen Erfolg und rechtfertigt es die Sache, so bandelt der Minister im LandeSinteresse, wenn er dem Monarchen anrätb, vor der Ausführung seiner Entschließungen eine gutachtliche Beurtheilung derselben durch sachverständige Autoritäten, die nicht seine Minister sind, herbeizuführen. Jedenfalls hat der leitende Minister Alles aufzubieten, um daS von ihm für richtig Erkannte durchzusetzen. Das kann unter Umständen sehr unbequem sein und Harke Kämpfe kosten, die nicht Jedermann- Sache sind; aber rin Minister, der aus Bequemlichkeit oder weil er an seinem Amte klebr, auf die Führung diese» Kampfe» verzichten wollte, würde pflicht widrig handeln." * Berlin, 30. Juni. Die „Neue Preußische Zeitung", bekannterunter dem Namen „Kreuz-Zeitung", friert heute ihr 50 jähriges Jubiläum. Den ersten Glückwunsch bringt ihr die „Börs.-Ztg." dar, indem sie schreibt: „Bekanntlich in den aufgeregten Tagen de» Ausstande» geplant, erschien da» Blatt mit der Devise „Mit Lott für König und Vater, land" al» Sammelpunct der staat»,«haltenden Elemente jener Tage und Fürst Bismarck erwarb sich in derselben die ersten journalistischen Sporen. ES würde zu weit führen, den geschichtlichen Tang unserer inneren Entwickelung durch tzervorheben de» Wandeln» und Werden der einzelnen Phasen in der Stellungnahme der „Kr.-Ztg." zur Regierung darzulege», wie interessant die» auch sein könnte. Zur Stund« s«i di« Jubilarin nur al» Kollegin beglückwünscht, denn auch sie ist ei» markante» Zeichen eine» starken Wollen» einer beachten-, wetthen Partei in unseren Tagen de» Aufkinanderplatzen« der Leister. Aach sielst «in Zengnlß für den Kamps der sich gegen, überstehenden Weltanschauungen, au« dem der Proceß de» Fort« schreiten« sich in einem blühendem Gtaat«wese» «ntwlckelt. Der Jubilarin blieb weder Kummer noch Ungemach erspart, wie jedem Kämpfer auf Erden, und auch ihr Schicksal ist «ine Folge de» Zu- sammentreffeu« vieler äußerer und innerer Einzel-Umstände. Am Jubiläum«tage können wir der ,Ar.-Ztg." keinen besseren Wunsch mit auf den ferneren Weg geben, al« daß sie fortsahre, „Mit Lott für Ktiuig „d Vaterland" Anschauungen zu „eanservirrn", die sich al» fruchtbarer Bode» de« Keime»» und Lestalteu» bewähren, denn so allein erfüllt sie in Wahrheit die Aufgabe, die ihre Begründer im Auge hatten." Man darf gerade'jetzt hinzuzufügen nicht vergessen, daß während der Wahlbewegung die „Kreuzztg." sebr erheblich zu dem Zusammenwirken der alten Cartelparteien gegen die Elemente de» Umsturzes beigetragen und überhaupt unter ihrer jetzigen Leitung einer vornehmeren und sachlicheren Haltung sich befleißigt hat als unter der Leitung eines Mannes, den Herr Stöcker als Genossen seiner Scheiter- Hausen-Politik zu betrachten ein Recht batte. Diese neuer liche Haltung ist um so mehr anzuerkennen, je mehr ihr einer seits der Einfluß der Berliner Leitung des Bundes der Land- wirthe entgegenwirkte und je mehr sie andererseits durch die „Nat.-Ztg." erschwert wurde. Wir wolle» hoffen und wünschen, daß bei der Probe, auf welche die preußischen Land- tagSwahlen die „Kreuzztg." und die ganze conservative Partei Preußens stellen, das Blatt in demselben Geiste geleitet werde, den es bei den Reichstagswahlen bekundet hat. (-) Berlin, 30. Juni. (Telegramm.) Laut telegra phischer Meldung an daS Ober-Commando der Marine ist S. M. S. „Geyer", Commandant Corvettcu - Capitain Jacobsen, am 29. Juni von Havanna (unter Anlaufen von Jamaica behufs Kohlenergänzung) nach Santiago de Cuba in See gegangen. — Angeblich auf Grund bester Nachrichten meldet der „Homburger General-Anzeiger", es sei eine Kundgebung von höchster Stelle nach dem Muster des PodbielSki'scheu Erlasses an sämmtliche Beamte bevorstehend, in der ihnen die Betheiligung an der Socialdemokratie auf das Strengste verboten wird. Ein fortlaufender Bericht über die Durchführung deS Erlasses an den Kaiser werte befohlen. — Die vom Rrichsamt deS Innern neu und ausdrücklich für die Vorbereitung der Handelsverträge heraus gegebenen sogenannten „grünen Hefte" sind, wie man aus Berlin der Münchener „Allg. Ztg." schreibt, in Abweichung von der Reichsstatistik nicht nur lückenhaft, sondern ent halten selbst in dem gegebenen Material mancherlei Fehlest unv Versehen, so daß ihre praktische Brauchbarkeit wesent lich beeinträchtigt erscheine. Die (private) „Centraistclle für Vorbereitung von Handelsverträgen" sei bereits mit einer Revision beschäftigt. — Für den Verkehr der Stenerverwaltung mit dem Publicum hat hinsichtlich überflüssiger Titulaturen der Finanzminister angeordnet, daß im schriftlichen Verkehr der Behörden mit den cinkommcn- und ergäuzuugssteuer- pflichtigen Personen in geeignet scheinenden Fällen die Prädicate „Hochgeboren" und „Hochwohlgeboren", die im Texte der Schreiben rc. durchgängig fortzufallen haben, auf den Adressen nach wie vor zur Anwendung kommen können. Dagegen sei das Prädicat „Wohl geboren" durchweg zu vermeiden. — Gegen Maximilian Harden, den Herausgeber der „Zu- kunft", joll wegen des in der vorlepteu Nuunncr dieser Zcilicprift enthaltenen Artikels „Pudel Majestät" daS Verfahren wegen Majrslätsbeleidigung bereits eingeleitet worden sein. * Kiel, 30. Juni. (Telegramm.) Der Kaiser fuhr heute früh 8 Uhr zur kaiserlichen Werst und besichtigte den neuen Kreuzer „Hertha". Um 10 Uhr hörte er aus der „Hobenzollern" den Vortrag des Reichskanzlers Fürsten zu Hohenlohe und beobachtete sodann um 11 Uhr die interne Regatta der Kriegsschisfsboote. Während der gestrigen Tafel im kaiserlichen Nachtclub gründete der Kaiser unter dem Namen „Com modo re-Stiftung" einen Fonds zur Unter stützung verunglückter Jach tmat rosen bez. Versorgung von deren Hinterbliebenen. Der Kaiser zeichnete 10 000 .<?, Geh. Commcrzienratb Krupp die gleiche Summe. Im Ganzen sind mehr als 42 000 gezeichnet worden. * Düsseldorf, 28. Juni. Im vergangenen Iabre hatte sich der hier längst bestehende Ortsvcrein zur Beschäftigung unv Verpflegung obdachloser Wanderer mit dem Ausschuß der Centra^nachweiSslelle zu dem „Verein für Arbeits nachweis, sowie für Beschäftigung und Verpflegung von Arbeitsuchenden in Düsseldorf" vereinigt. Nach dem Jahres bericht hat ter Erfolg des verstossenen Jahres gezeigt, daß die Verschmelzung für alle Theile von Vortheil gewesen ist. Der Betrieb und die Casscnfiibrung sind wesentlich vereinfacht und daS Ergcbniß ein durchaus erfreuliches. Der Verein hofft den Arbeitsnachweis durch den Anschluß an die für den Regie rungsbezirk Düsseldorf gegründete Centralstelle, sowie au die neuerdings ins Leben gerufene Düsseldorfer Centrale, die alle Arbeitsnachweise der Stadt zu gegenseitiger Unterstützung und Mittheilung ihrer offenen Stellen und ver angeborenen Arbeitskräfte vereinigen soll, noch lebensfähiger und aus giebiger zu gestalten. Die enge Verbindung mit der Herberge, sowie mit der WanderarbeitSstätte bat sich durchaus bewährt. Die Zakl der Wanderer, die die Herberge aufsuchten, betrug 2329. In der Herberge wurden 10 337 Nachtlager gewährt, 87l8 Portionen Miltagessen, 8730 Abendessen und 20 785 Portionen Kaffee und Brod au-gegeben. Von den Arbeit suchenden wurden 1467 untergebracht. Der Rechnungs abschluß von 1897 schließt mit 48 860 in Einnahme und Ausgabe ab. * Kassel, 30. Juni. Die Ankunft der Kaiserin und der kaiserlichen Kinder auf Schloß Wilbelm«höhe, die ursprünglich schon Anfang diese» Monat« erfolgen sollte, wird nunmehr am 10. Juli erwartet. tki. Weimar, 30. Juni. Auf da» von dem Vorstand de» Hauptverein« de« Evangelischen Bunde» des Groß- Her,ogthum« an den Großberzog zum 80. Geburtstag gerichtete Glückwunschtelegramm ist folgende Antwort eia- gegangen: Dem Vorstände »e» Hauptverein« lv» «von,«lischt» Bunde« im Grohhrrzogthum Sachsen dank, ich von Herzt» für seine treue« Wünsch« zu meinrm «tburt«wg, und erwidere sie mit Freude« durch den wiederholten Ausdruck ryeiuer bekannten Lesinnuuge». Earl Alexander. * Kronber», 30. Juni. (Telegramm.) Der Kron prinz und di« Kronprinzessin »on Orirchenland sind heule Vormittag auf etwa drei Lösch«» »ach England
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