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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980711012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898071101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898071101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-07
- Tag1898-07-11
- Monat1898-07
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Größer« Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernlatz nach höherem Tarif. ErtrO.Beilagen (gefalzt), nur mit der Warnen-Ausgabe, ohne Postbefürderung ^s SO.-, mit Postbeförderung ^tl 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stund« früher. Anzeigen sind stet« an die Srpevitiorr zu richten. Druck »ud Verlag von E. Polz in Leipzig. ^rAS. Montag den 11. Juli 1898. 92. Jahrgang. Sächsische Lurgeu und Schlösser, n vr»4»ma Weiter nach Süden wandernd, fesselt das romantische Zschopau thal zwischen Zschopau und Wolkenstein den Blick deS Wanderer-, besonders aber haftet sein Auge an dem herrlich gelegenen Schloß Scharfen st rin. Dasselbe liegt auf einem steilen, von Strauch- und Buschwerk bedeckten Felsen, den Fuß desselben umrauscht dir tosende Zschopau. Burg Scharfenstein erwarben 1430 die Herren von Einstedel von den Herren von Waldenburg, die sich auch von Scharfenstein schrieben. Noch im Dreißigjährigen Kriege muß der Scharfenstein eine bedeutende Beste gewesen sein, denn er widerstand der Belagerung. Schloß Scharfenstein ist vom Zahn der Zeit arg benagt worden, auch hat Blitzschlag viel zum rascheren verfall« beigetrag«,. Im Jahr» 1797 brannten die Waldungen, die die steile Felswand dem Schlosse gegenüber be decken, nieder, was einen einzigen Anblick gewährt haben muß, wenn vor den Flammen die alte Ruin« sich aus dem Flammen meer abhob. Aeltere Nachrichten sinh von dem Schlosse nicht vorhanden. Höher und höher gelangt man auf der Wanderung an der Zschopau entlang in« Erzgebirge, der Fluß wird tosender und das That enger, aber auch noch romantischer. Auf einem der romantischsten Fleckchen liegt auf steilem Felsen Schloß Wolkenstein. Die Zeit der Erbauung verliert sich im Dunkel der Geschichte. Der erste bekannte Besitzer ist der Herr von Waldenberg oder Waldenburg, ,r wird in einer Urkunde von 1241 erwähnt. In diesem Hahr« übergah Markgraf Heinrich dem Kloster Buch etliche Dörfer, darunter auch Schreckenwald», welches Hugo Miles de Waldenbergk Herr zum Wolkenstein ausgelassen hatte. Im Mittelalter scheinen die Herren vom Wolkenstein keine Muster echter Ritterlichkeit gewesen zu sein, denn um 1373 stifteten sie zehn Schock Groschen bei der Kirch« St. Jacobi zu Chemnitz zu einer ewigen Se«lenm«ffe wegen mehrerer von ihnen begangener Todtschläg«. Die Herrschaft Wolk«nst«in, zu welcher die Städte G«yer, Ehrenfriedersdorf, Thum und Zschopau ge hörten, ging, nachdem die beiden Brüdrr Anarg und Heinrich von Waldenburg 1440 ohne Erben gestorben waren, in Besitz der Landesfürsten über. Bei der 1485 erfolgten Theilung zwischen Kurfürst Friedrich und Herzog Albrecht erhielt Letzterer auch die Herrschaft Wolkenstein mit zu seinem Besitz, seit dieser Zeit ist Wolkenstein Besitz Sachsens geblieben. Nach Albrecht's Tode residirte sein Sohn Heinrich öfters auf dem Wolkenstein», ebenso Vater August, der hier öfters Hof hielt. Während des Hussiten krieges, des Bauernkrieges, des Dreißigjährigen Krieg«- und Siebenjährigen Krieges hatte Schloß Wolkenstein viel Ungemach zu leiden, denn wiederholt hatte es Besatzung, ward geplündert und verwüstet. Schloß Wolkenstein war ursprünglich ein weit läufiges Gebäude, welches ohne Plan angelegt worden war. In ihm fanden sich viele große Zimmer und starke Gewölbe. Hein rich der Fromme, der sich ost auf dem Wolkenstein aufhielt, er baute die Schloßcapelle. Die Wittw« Heinrichs des Frommen nannte Wolkenstein für gewöhnlich ihr« fest« Burg. In der Nähe der Burg liegt das Wolkensteiner Warmbad, das durch den Besuch von Angehörigen der sächsischen H«rrscherfamilie berühmt ward. Wendet man sich vom Wolkenstein nach Westen und geht in dem herrlichen Zschopauthale aufwärts bis Schlettau und dann westlich nach dem Thale des Schwarzwassers, so fesselt bei Schwarzenberg auf steilem Fels Schloß Schwarzenberg den Blick des Wanderer«. Seiner Bauart nach gehört dieses Schloß zu den ältrsten Besten in Sachsen. Erwähnt wird es zuerst in einer Urkunde aus dem zehnten Jahrhunderte, zu welcher Zeit «in Herr von Reuß hier Burgvogt war. Später kam Schwarzenberg in böhmischen Besitz, von dem Böhmen herzog Heinrich kauft« Kaiser Friedrich I. das Schloß nebst Zubehör und Kaiser Friedrich H. schenkte es am 15. October 1212 dem Böhmenkönig Ottokar als Belohnung für treue Dienste. Durch Verheirathung des Herzogs Albrecht von Sachsen mit Zedene, einer böhmischen Prinzessin, kam eS wieder an Sachsen. Schloß Schwarzenberg ist von der freundlichen Stadt Schwarzen berg umgtben, von der Höhe, auf welcher Stadt und Schloß liegen, hat man einen herrlichen Ausblick in da- Schwarzwaffer- thql, zu Füßen liegt das reizend« Bad Ottenstein mit seinen zierlichen Anlagen ringsumher. Setzt man die Wanderung im Schwarzwasserthale thalabwärts fort, so berührt man die Stätten, die aus der Geschichte des sächsischen Prinzenraubrs bekannt sind. An dem rasch aufblühenden Aue vorüber gelangt man zur Prinzenhöhle und m das prächtige Thal der Zwickauer Mulde. Unterhalb der Prinzenhöhle an einer scharfen Biegung der Mulde liegt in r«izvoll»r Umgebung Schloß Stein. Das Alter des Schlosses ist nicht sicher zu bestimmen; erst bei Gelegenheit deS Prinzenraubes wird e- 1485 erwähnt. DaS Schloß ist auf mehrere Felsen theils in, theiks neben der rauschenden Mulde erbaut; der Bau hängt an dem Felsen, so daß dieser das Mauerwerk mit ersehen muß. Nicht wett vom Schlohthurme sind noch Ueberreste ein«S älteren Bauwerkes. Di« Lag« des Schlosses St«in ist inmitten der dunklen Waldein samkeit an dem Ufer der wildrauschenden Mulde ein einzige, Dem Schlosse Stein gegenüber lag vordem noch das feste Schloß Ejsenburg, man hat es abgebrochen und die Steine zum Bau der Kirche in Wildbach benutzt. Eimr alten Sage nach sollten die Schlösser Stein und Sisenburg durch einen unterirdischen Gang v«rbund»n sein, zu Anfang dieses Jahrhundert» konnte man allerdings von der Ruine Eisenburg durch eine Thür gegen 20 Ell«n Länge in einen Gang »indringen, dann aber war der selbe verfallen und mit Schütt verfällt, so daß eine weitere Untersuchung unmöglich ward. Ganz nahe bei Schloß Stein liegt die Stadt und Schloß Hartenstein. Genanntes Schloß liegt auf einer ziemlichen Anhöhe, an deren Fuße die Stadt erbaut ist. Schloß und Herrschaft Harten stein gehörten ehedem zum Besitz d«r Markgrafen von Meißen, die auch Grafen von Hartenstein genannt wurden. Um 1406 ver kaufte Burggraf Heinrich die ganze Herrschaft an Beit von Schönburg. Hartenstein war öfters Residenz der Burggrafen von Meißen sowohl als auch der Grafen von Schönburg. Graf Hugo von Schönburg lieh 1572 das Schloß in allen seinen Theilen repariren und das Schönburgische Wappen an einem Pfeiler des inneren Schlosses anbringen; 1646 wurden das mittlere und innere Schloßthor neu gebaut. Eine Stunde von Hartenstein entfernt liegt Schloß Wildenfels. AuS dem Dunkel der Geschichte tritt «S um 1222, in welchem Jahre Henricus de Wildenfels als Besitzer genannt wird. Im Besitz dieser Familie blieb es bis 1412; nun kam es an die Familie von Tettau, dann an die Burggrafen von Meißen; bis 1490 waren die Grasen von Reuß zu Weida im Besitz, um 1563 erkauften Schloß und Herrschaft wieder die Herren von Wilden- els. Die Einzelheiten der Geschickte dieser Burg fehlen, da m Dreißigjährigen Kriege die Schweden in Wildenfels besonders ib«l gehaust haben, sie nahmen die Urkunden aus den Archiven und warfen sie den Pferden als Streue unter. Durch die Grafen SolmS ward das Schloß zu Anfang diese» Jahrhunderts er weitert und verschönert, insonderheit der Schloßgarten einer sorgfältigen Umgestaltung unterzogen. In der Nähe des Schlosses liegen auch noch andere Ruinen, so die von Schloß Wiesen bürg, auch findet sich zwischen Chemnitz und Zwickau das prächtig ermuerte Schloß Lichtenstein. Die Geschichte dieses RittersitzeS reicht bestimmt bis zum Jahre 1375 zurück, in welchem Jahre Friedrich der Gestrenge das fest« Schloß Lichtenstein zerstörte. Zu Anfang des Jahr hundert- ward es in neuerrm Äeschmacke aufgeführt, bedeutend erweitert und mit einem schönen Thurme versehen. Von dem Schlosse aus hat man eine unvergleichlich schöne Umgebung und auf die weitere Ferne. Di« bewaldeten Höhen ringS umher verleiben der Landschaft einen besonderen Reiz. Nach dieser Ab schweifung vom Thal« der Mulde wenden wir uns demselben wieder selbst zu und gelangen zu dem Theile, der zu dem ro mantischsten unseres Vaterlandes gehört und an Schönheit von kaum einem Thale des deutschen Mittelgebirges übertroffen wird. Inmitten dieses herrlichen Stückes Erde liegt hoch oben über dem rauschenden Flusse von Wald, herrlichen Park- und Garten anlagen umgeben Schloß Wolkenburg, welches reiche Sammlungen für Kunst und Literatur enthält. Unstreitig ist hier eine der reizendsten Stellen des Landes. Die neue Kirche, von Graf Detlev von Einsiedel 1794 erbaut, ist eine der schönsten Dorfkirchen Sachsens; in ihr befindet sich am Altar «in Gemälde, «s ist Oiser's letztes Werk. Zu Wolkenburg gehört das Dorf Kaufungen, der Geburtsort und das Stammgut des Prinzenräubers Kunz von Kaufungen. Nach seiner Hinrichtung ward es vom Kurfürsten Friedrich den Sanftmüthigen einge zogen. Je weiter man den Wanderstab nach Norden setzt, desto prächtiger, herrlicher und reicher an Naturschönheiten wird das Thal der Zwickauer Mulde. Unterhalb Penig thront auf hoher Felsenzinne «ine der ältesten, größten und besterhaltensten Ritter burgen Sachsens, Schloß RochSburg. Die auf einem 60 Meter hohen Felsen liegende Burg bildet ein Juwel in dem Kranze der landschaftlichen Schönheiten, die sich hier dem Auge des Beschauers bieten. Trotzig und stolz blickt sie von ihrer sicheren, luftigen Höhe hinab in das lachende Thal und spiegelt sich in dem Wasserspiegel der rauschenden Mulde. Die die Burg umgebenden Berge sind mit dem präch tigsten Laubwalde geschmückt, der hin und wieder von dunklem Nadelwalde durchbrochen wird. Unvergeßlich bleibt der idyllische Eindruck, den man von der Zinne dieser Burg mit hinwegnimmt. Die eigenartige Lage der Burg verlieh derselben vor Zeiten eine außerordentlich« Festigkeit, so daß der Burgherr jedem Angriff trotzen konnte. Vor den starken, steilaufsteigenden Mauern, die mit Zinnen und Thürmchen geschmückt waren, befand sich ein tiefer in d«n Fels gehauener Graben, über den eine Zugbrücke zu dem mit Eisen beschlagenen Burgthore führte. So ver wahrt, war dem Feinde der Zugang zur Burg fast unmöglich gemacht und doch eroberten es die Truppen Johann Friedrich s des Großmüthigen im Jahre 1547 und verwüsteten cs; eine nachfolgende Feuersbrunst, die auch den älteren Theil der Burg tn Asche legte, trug noch dazu bei, den Verfall zu beschleunigen. Durch die Thatkraft des Besitzers erstand die Burg, die man heute noch bewundert, wenn auch im Laufe der Jahrhunderte nöthig gewordene An- und Umbauten vollzogen wurden, die aber den Charakter einer alten, echten Ritterburg nicht verändert haben. Wenn man heute die Burg betritt, so muß man zunächst auf einer Zugbrücke den in den Felsen gehauenen Graben über schreiten. Durch das mit einem alten Wappen geschmückte Thor tritt man in den Vorhof, durch ein zweites Thor gelangt man in den Zwinger. Die starken Mauern sind mit Schießscharten versehen, so daß einem Angriffe nach allen Seiten hin wirksam begegnet werden konnte. Vom Zwinger aus führt ein Thor in den äußeren Schloßhof, der von Wirthschafts- gebäuden umsäumt ist. Hier findet sich der viereckige 25 Meter hohe Thurm, der vordem als Pulverthurm diente, ferner den 80 Meter tiefen Schloßbrunnen, aus welchem ein in den Felsen ge hauener Gang ins Freie führt. Der äußere Schloßhof ist mit dem inneren durch eine Treppe verbunden. Um den inneren Schloßhof her breitet sich das quadratisch erbaute Schloß aus, das den höchsten Punct des Felsens krönt. In den drei Stock Werken des Schlosses finden sich die prächtigen Zimmer, Säle mir mancherlei Alterthümern und außerdem die im Jahre 1500 er baute Schloßcapelle. Unter dem 32 Meter hohen Hauptthurme befindet sich tief unten das dumpfe Burgverließ. Der erste Er bauer dieser herrlichen Ritterburg ist unbekannt, doch ist fest gestellt, daß schon um 1200 die Burg bereits vorhanden war. Im 16. Jahrhundert ging die Rochsburg in den dauernden Be sitz der Herren von Schönburg über. — Ein wenig aufwärts von Rochsburg, nahe bei Penig, lagen vor Zeiten zwei Rauüburgen, Zinnberg und Drachenfels, von denen gegenwärtig nur noch weniges Gcmäuer übrig ist. Diese Burgen waren in dem Besitz zweier Brüder, die man die Schachtritter nannte, weil ein unterirdiscl)er Gang beide Burgen zu gegenseitiger Hilfeleistung verband. Von diesen Burgen weiß die Sage Folgendes zu berichten: „Der eine dieser Brüder, der Ritter auf dem Drachenfels, war mit Fräulein Els beth, der Tochter des Ritters Haimburg zu Waldenburg, verlobt. Elsbeth erhielt einst heimlich Nachricht, ihr Verlobter betreibe Räuberei. Um sich zu überzeugen, ob diese Kunde wahr oder falsch sei, machte sie sich mit Bewilligung ihres Vaters auf und fuhr, von den Vaters Knappen begleitet, bis an den Felsen, welcher unmittelbar am rechten Muldenufer hart hinter Penig am Fuße des Galgenberges liegt. Hier stieg sie, ihr Gespann stehen lassend, aus dem Wagen und begab sich auf die Burg. Auf dieser herrschte unheimliche Stille. Düstere Ahnungen durchbebten des Fräuleins Seele: sie schaute sich um, fand Blut spuren auf dem Borsaale und an dem Kamin deS Ritters Siegelring. Noch mehr Blutspuren nebst einem bluttriefenden Dolche fand das Fräulein auf dem Zimmer des Ritters, der eben vorher einen Mord begangen hatte und bei dem Ringen mit seinem Schlachtopfer den Siegelring verlor. Elsberh nahm LrrNHetoi» dann Und Die Kinderfrau. Humoreske von C- F. Phillip». Aus dem Englischen von Julius Halm. Nachdruck »rrdrlin. „Ach, du grundgütiger Himmel, wa» bin ich für »in geplagter Mann!" seufzte Bansittart. Doctor Musgrave lachte. „Ich wollte, ich könnte Ihnen helfen. Ich habe ein junges Frauenzimmer in meinem Bekanntenkreise gehabt, die Ihnen in jeder Beziehung zugesagt hätte; denn ich habe sie seit ihrer Kindheit gekannt und bürge für ihren Charakter. Sie hat bei einem meiner Freunde al» Kinderfrau gedient und ist für diesen Posten wie geschaffen. Aber leider habe ich gestern Abend gehört, daß st« einen neuen Posten angetreten hat." „Das kenn' ich!" brummte Vanffttart. „DaS ist »in alte» Lied: eine prächtig« Person, di« in j«d«r Beziehung entsprechen dürfte, ad», leider vergriffen. Haben Tie sonst nichts für mich, lieber Freund?" „Momentan leider nicht. Aber warum onnonciren Sie nicht?" „Hab' ich! Zweimal, und sieben Offerten erhalten. Sieben! Drei darunter trugen blaue Brillen, hie vierte schien an allen Gliedern gelähmt zu s«in. Ach du lieber Gott, hatte ich nur die Kodbin» nicht ziehen lassen! Jetzt weiß ick erst, wa» für ein Juwel ich an ihr besessen. Seit dem Tode meiner armen Frau hatte ich nie auch den geringsten Verdruß, und jetzt lastet die Pflicht und die Verantwortlichkeit eine- Wittwer-, der auch noch Vater eine- hilflosen, drei Jahr, alten Kindes ist, mit Crntner- last auf meinen Schultern- Und dirs« Dienstbotensrag« macht mich grau. Bet jedem Worte verrathr ich meine entsetzliche Unwissenheit. E» wär« wünschenSwrrth, wenn Jemand ein Werk herautgebe unter dem Titel; „Nathschkäge str Wittwer in der Dienstbotenfrage". Di, impertinenten Dinge» bemerken m«in« Nervosität und beuten st« au». Ein» unter ihnen schien zu entsprechen." vp. Mu-grsv» rieb sich befriedigt d>« Hände. ,Mun Gott sei Dank, so haben endlich alle Verdrießlichkeiten «in End,! Sie dürfen nicht zu anspruchsvoll sein, Freundchen, und dürfen nicht verlangen, daß Ihre Kinderfrau rsn Ideal an Vollkommenheit sei, Sie haben eine paffende Person ge funden, so hört also alle Unannehmlichkeit auf." „Ja, Kuchen!" brummte vanffttart. „Jetzt mutz ich erst Erkundigungen einziehen und nach Twickenham »der wie Teufel d«r Ort heißt --- fahren, bei einer Wildfremden Dam, anklopsen und sie über alle möglichen und UNMösfichen Eigenschaften meiner zukünftigen Kinderfrau befragen, bi» sie mich hinaus- wirft. Doctor, ich rathe Ihnen — Sre sind Arzt —, geben Sie Acht auf Ihre Frau! Vater eines kränklichen KindeS zu sein und kein hilfreiches weibliches Wesen zu haben, das sich darauf versteht, ein« Kinderfrau aufzunehmen, Doctor, das ist ärger als di« Hölle." Dasselbe brummte Bansittart nervös und ärgerlich vor sich hin, als er am Nachmittage des nächsten Tages an dem Thor der reizenden Villa anklopfte, wo er die sehnlichst gewünschten Aufschlüsse zu erhalten hoffte. Wie heimlich und reizvoll doch dies Häuschen war; die Geranien in den Blumenbeeten prangten in frischerer Blüthenvracht als die Blumen seines Gartens; die schneeweißen Gardinen waren geschmackvoller drapirt, ja, sogar die Schwelle war reiner und anheimelnder als zu Hause, wo fremde Händ« das Regiment führten. „Die gnädige Frau zu sprechen?" Der Besuch ward in den Salon geführt. Mit wachsendem Neid besichtigte er die herrlichen Farren, da- schimmernde Por zellan, die zwanglos geordneten Nippsachen. Ach Gott, wie unentbehrlich doch eine Frau ist! Da ging eine Thür auf und er wandte sich hastig um. „Verzeihung, meine Gnädige", begann er verlegen; brach er plötzlich ab und rief überrascht: „Magda!" „Frank — Herr Vanffttart! Ist'» möglich?" „ES ist Thatsache. Aber welch rigenthümlicher Zufall! Sir hab«n sich nicht im Mindesten verändert!" -ie lachte. „Wußten Sir denn picht, zu wem Sie kommen?" »Ich hgttr keine Ahnung davon. Nach so langen Jahren, ich wußte ja gar nicht, ob Sie in England sind. Ich kam — wie komisch es auch klingen mag — um mich bei Ihnen nach einer Kinderfrau zu erkundigen." „Nach einer Kinderfrau? So sind Sie — also — — ver- hetrathet?" „Ich heirathet» vor vier Jahren und bin schon seit drei Jahren Wittwer. Ich hab, ein einzige- Kind, «in Mädchen." Sin« klein» Verlegenheitspause, während welcher er an seinen Handschuhen zupfte, tndeß sie mit dem Falzbein spielte. «Ihr Herr Gemahl ist vosfentlich wohlauf?" fragte ,r endlich mühsam. Sie zuckt« zusammen. Einst waren sie einander so nah« gestanden, und nun wußte er gar nicht, daß sie Wittwe wa». „Ich Verl», meinen Mann", flüstert» sie, „kurz noch de, Hochzeit." „Ach -- verzeihen Eiet Armer Jack, wir waren ja »inst s» gute Freund», bevor — —. Und Sie haben «in Kind?" «Ja, einen reizenden Knaben. Ehr Sie scheiden, muß ich Ihnen meinen Buben zeigen. Sie sind doch mein Gast zum Gabelfrühstück?" ' ' ' „Mit Vergnügen! Wie etgentbiimlich dieses Wiedersehen ist, Magda. Sie haben mir doch hoffentlich di» unbedackten Wort» verziehen, mit denen ich Sie beim Schilden kränkt»' »Ich fürcht?. Ihre W"F war,ff nur zu wohlverdient", flüsterte sie demuihsvoll, „wir waren beide jung und heißblütig; doch das ist vorüber. Waren Sie glücklich in Ihrer Ehe?" „O ja — a! o ja! ich war ganz glücklich. Und Sie?" „Jack war sehr gütig und nachsichtsvoll", flüsterte sie. „Ich hatte keinen Grund, unzufrieden zu fein. Aber sagen Sie, ich habe wohl falsch verstanden — sind Sic wirklich einer Kinderfrau wegen zu mir gekommen? Wie soll die Person heißen?" Er stöberte in seiner Brieftasche herum. „Sarah Brown. Ich brauche sie für meine Kleine. Ach, wenn es Ihnen möglich ist, so geben Sie mir günstige Aus künfte, denn eine neue Enttäuschung wäre mein Tod." „Bedürfen Sie ihrer denn gar so dringend?" „Ich brauche Jemanden sehr, sehr dringend. Entweder sie oder eine Andere. Ach, Magda — gnädige Frau — Sie haben keine Idee davon, was es heißt, Vater zu sein. Die Suche nach einer Kinderfrau verkürzt mir entschieden das Leben." „Armer Frank", sagte Magda theilnahmvoll. „Nun, ich glaube, Sarah würde Ihnen zusagen; sie ist für diesen Posten geeignet und ich bedauere wirklich, daß ich sie entlassen habe." „Warum haben Sie sie entlassen?" fragt« er. „Wegen Launenhaftigkeit; aber wenn ich ganz, ganz auf richtig sein soll, so weiß ich nicht, ob die Launenhaftigkeit nicht meinerseits war. Sonst kann ich ihr daS beste Zeugniß auS- stellen.' „Gott sei Dank, daS wäre also in Ordnung. Ach. Sie haben keine Ahnung davon, wie bang mir vor dieser Unterredung war; aber mit Ihnen war selbst diese prosaisch« Frage so glatt erledigt. Sie waren immer so verläßlich, Magda, das heißt ausgenommen jene- eine Mal! Ist da» Ihre Photographie, darf ich sie ansehen?" Sr nahm di» Photographie und betrachtete sie forschend. „Sin gelungene» Bild, s«hr gelungen! Ganz so, wie daS Original! Wie alt ist da» Bild? Die neueste Aufnahme! Wirklich? Fast möcht« ich glauben, e» stelle daS junge Mädchen vor, dessen Tischnachbar ich vor sieben Jahren bei Richmonds war." Er stellte ha- VUd aus seinen Platz upd blickte auf die junge Frau. „Auch Sie sind noch immer so jugendfrisch wie damal». Ich bin «in reifer Mann geworden und Lie sind noch die frisch« Biüthe, di» mich damal- >—- —. Erinnern Sie sich jene» Abend-? Wie grausam Hi, mich damals behandelten!" „Sie wollen wohl sagen, Sie warm unartig?" versetzte sie lächelnd. „Unartig? Nein! Sie tanzten dreimal nacheinander mit Jack Hillana, trotz meiner ausdrücklichen Bitte. Er ist todt. LasssMS wi?s gut sein. Armer Jack! Und wft zwei Einsame sitzen einander jetzt gegenüber, oder fühlen Sie sich nicht einsam?" „Zuweilen", gab sie freimüihlg zu. „Abe, ich habe mein Kind, und auch Eie haben ja Ihr Töchterchen. E- mutz Ihnen großen Trvft grwäbren." „Ach, Magda, wenn ich mein Töchterchen einmal ßSkßriNOM dürfte! Außer den zwei dienstbaren Geistern sieht das arme Kind den ganzen Monat kein weiblick-es Wesen. Ebenso geht es mir. Wir vegetiren Beide, ich und das Kind, in dem alten großen Haufe wie ein paar Eremiten; es ist rein herzbrechend!" Die Kammerzofe trat herein mit der Meldung, das Gabel frühstück sei fervirt, und Bansittart gab seiner liebenswürdigen Hausfrau den Arm und ging mit ihr ins Speisezimmer. „Ach, Magda", seufzte Bansittart, nachdem er ein Glas vorzüglichen Sherrys geschlürft und seine Aufmerksamkeit einem zarten Schnittchen Lachs zugewandt hatte. Sie thäten ein Wert der Barmherzigkeit, wenn Sie uns zuweilen in unserer Eremitenklause aufsuchen würden. Nicht allein an meinem Kinde, sondern auch an mir. Sie verjüngen mich, Magda, Sie lassen mich die langen, langen sieben Jahre vergessen, die an uns vorüberzogen." „Die sieben langen Jahre", wiederholte Frau Hillang sinnend. „Mir ist's, als trüge ich wieder eine Rose im Knopflock und als wäre ich noch eitel auf den tadellosen Sitz meiner Handschuhe. Was für eine Zauberin ist doch eine Frau! AU daS haben Sie in einer Stunde durch ein paar gütige Wone bewirkt." „Wäre es denn gar so befremdend, wenn Sie wirklich eine Rose im Knopfloch trügen? Kommen Sie her, ich muß Ihnen wirklich eine anstecken. Und gelegentlich will ich Sie auch eine ; Tages in Ihrem Heim aufsuchen. Ihre Lage, wie Sie mir sie schildern, ist ja einfach herzzerreißend." Lächelnd steckte sie ihm eine thaufrisch« Knospe ins Knopflock. „So ist'- schon besser", bemerkte sie, ihn mit prüfendem Blick betrachtend. „Wissen Sie, mein lieber alter Einsiedler, daß e- ein wahre» Glück für Sie war, daß Sie mir in den Weg kamen? Noch zwei, drei Jahre der Einsamkeit, und Tie wären unverbesserlich geworden. Jetzt sind Sie noch reparatur fähig." „O ja, mit großer Sorgfalt und Geschicklichkeit ließe sick noch etwa- au- mir machen, glaube ich", pflichtet» Bansittart bei. „Aber sagen Sie, Magda, was thu' ich, wenn mich eines Tage» auch Ihr» Sarah im Etich« läßt?" Der Klang seiner Stimme mußt» wohl mehr sagen als Worte, denn Frau Magda rrrotheie und beugte ihr Haupt tiefer über die Erdbeeren. „Sagen Sie, Magda, darf ich nach dem köstlichen Heute nicht auch auf »in Morgen hoffen? Denn dies Heute ohne Morgen wäre so grausam, Wit «in» Vorspeise ohne Diner für einen Hungrigen." „Man darf Niemandem di» Hoffnung rauben", flüsterte sie mit strahlendem Lächeln. „Bringen Sie nur morgen Ihr Töchterchen, Frank." Bansittart drückt» einen heißen Kuß auf die schlanken weitzrn Finger. „Auf mvrgen!"
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