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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980718022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898071802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898071802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-07
- Tag1898-07-18
- Monat1898-07
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AVend-Ausgabe eipügtr Tagtblall Druck und Verlag von E. Bolz in Leipzig. Jahrgang ^-417 Donnerstag den 18. August 1898. SIS,so Feitilletsir i/Lndr. dotso.) Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. die Lbend-AuSgabe Wochentag- um b Uhr, 1030 3250 1800 2800 2825 14750 9875 585 425 480 6820 02 75 88.20 88 80 59.40 80,25 82,10 8S.70 cdtlkt, r. Io , Uv«r islust. :02- :33.70 .64.— :33.25 14-, 119^« - 76°!, 11>9 SS>^ 78^ 88'1, «6^ 58.— 32 — S71S In England scheint man das bekannte Wort von dem Sacke, den man schlägt, und dem Esel, den man meint, in der ostasia tischen Angelegenheit durchführen zu wollen. Wieder holt wird in den Blättern dafür plaidirt, daß man mit R u ß land nichts zu thun habe, sondern sich an China halten müsse, weil dieses die mit England abgeschlossenen Verträge mißachtet. Das Motiv dieser Taktich liegt auf der Hand: man hat natürlich mit dem schwachen China viel leichter Fertigwcrden, als mit dem starken Rußland. Diese Taktik hat aber eben den Fehler, so durchsichtig zu sein, daß die Engländer keinen Vortheil davon werden ziehen können. Denn wenn sie auf China eine Pression ausüben, um die angeblich verletzten englischen Vertragsrcchte zu wahren, so wird, sobald China dem englischen Drucke nachgiebt, Rußland dadurch geschädigt. Um bei dem Eingangs erwähnten Sprichworts zu bleiben: der Esel würde die Schläge merken, die dem Sacke versetzt werden, und wie man Rußland kennt, kann man sich darauf verlassen, daß es sich diese indirekte Applicirung von Prügeln ebenso wenig gefallen lassen würde, wie eine directe. Einen Nutzen also kann diese Politik von „hintenherum" für England nicht haben, wohl aber muß sie das Ansehen Englands schädigen, denn es ist eines starken und selbstbewußten Staates nicht würdig, einen mächtigen Gegner übersehen zu wollen und sich auf einen schwachen, ja, man kann mit Bezug auf die militairische Ohnmacht Chinas geradezu sagen, wehrlosen Geg ner zu stürzen. 86.50 172,25 224,50 111.75 SS,60 205.75 183.80 182 50 196.60 113.60 123 — 80,20 40,80 !04,50 >35.— :4S,90 ZS2,— 184.75 132,— 140.— 180.25 141.50 184.60 172,— 1V3.80 187.75 102.75 76.50 134.90 111.60 321.50 339.50 258,40 150,— 207.50 312 — 158.25 180.75 167,70 alles Französischen bei den Eingeborenen kundgiebt. Die Deut schcn haben kaum noch das Fundament gelegt für ihre zukünftige präponderirende Stellung; sie haben wenig Schulen, fast gar keine Zeitungen, keine Handelskammern und nur wenig andere nationale Organisationen. Aber dcis, was von den Deutschen bisher geschaffen worden ist, bildet immerhin einen so vieloer sprechenden Anfang, daß die Franzosen schon jetzt für ihre Machtstellung fürchten. Zu wünschen wäre nur, daß die Bc fürchtung sich als begründet, und d»ß die Orientfahrt des deut schen Kaisers sich als ein weiterer Ansporn für den Unter nehmungsgeist des Deutschthums inv Orient und als ein För derungsmittel für die Interessen her in der Türkei lebenden Deutschen erweisen möge. Gerüchtweise wurde vor einigen Tagen aus Gibraltar der Tod des jungen Sultans von Marokko gemeldet; die Nachricht ist bisher noch in keiner Weise bestätigt worden, aber ausgeschlossen erscheint sie natürlich nicht. Der Todes fall würde, wenn er sich bewahrheiten sollte, selbstverständlich zu schweren Thronfolgewirren in Marokko führen und den Keim zu vielen neuen Verwickelungen im Nordwesten Afrikas bilden. Daß bei solchen inneren Wirren auch die inter nationalen Fragen, die sich an Marokko anknüpfen, zu stärkerem Ausdruck gelangen würden, versteht sich von selbst. Bemerkenswerth ist nun, daß ein englisches Blatt im Anschluß an das Gerücht vom Tode deS Sultans den Versuch macht, Deutschland und Frankreich gegen einander zu Hetzen. „St. ZameS Gazette" schreibt: „Wenn der Kampf kommt — und er ist bisher nur verschoben — wird er sich, wenigstens was das Innere angeht, namentlich zwischen Frankreich und Deutschland abjpielen. Der Quai d'Orjaii hat schon seit vielen Jahren sein Auge aus Marokko gerichtet. Es ist ihm gelungen, den Sheris von Wazan, dessen religiöser Einfluss sehr gross ist, unter seine schützenden Arme zu bekommen, wahrens Deutschland in den letzten Jahren einen bedeutenden Handel mir Marokko treibt. Unser Interesse concentrirt sich hauvtjächlich auf Tanger. Dieses darf niemals in die Hände einer anderen Macht gelangen. Unsere Ansprüche sind zu gross. Und wenn sie das auch nicht wären, so müssen wir dafür sorgen, in jenem Blatte eine Ausführung über die Lage der katholischen Kirche im Königreiche Sachsen, und in dieser wird über die vom Osten kommenden katholische» Tachscugäugcr geklagt, die durch ihre wirthschaftliche Lage und moralische Beschaffenheit den Katholicismus in Mißcredit brächten und besonders auch auf den confessionellen Procentsatz in der Criminalstatistik einen üblen Einfluß ausübten. Dabei sollen sie durchschnittlich von „Religion ein so geringes Maß mitbringen, daß man darüber einfach erstaunt sein muß". Dieser Theil der Ausführung ist eine directe Anklage gegen den katholischen Klerus unserer O st p r o v i n z c n, der seine kirchlichen Pflegebefohlenen mit einem so geringen Maß von religiöser Erkenntniß in evange lische Gegenden ziehen läßt; man wird abzuwarten haben, was auf diesen Vorwurf die polnische Geistlichkeit zu erwidern haben wird. Zwischen der polnischen Deutschenhetze im geistlichen Ge wände, der Verdrängung der deutschen Sprache aus den katho lischen Volksschulen deutscher Nationalität, dem Hinweis auf die Wiederherstellung des Königreiches Polen u. s. w. und der Ein prägung katholischer Glaubenslehren ist eben immerhin noch ein Unterschied, und aus der Umgebung des apostolischen Vicars für das Königreich Sachsen Bischof v. Wahl wird er zu Un gunsten des polnischen Klerus öffentlich constatirt. Änuahmeschluß für Anzeigen: Ab end-AuLgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialirn und Annahmestellen je etne halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedittv» zu richten. 75,60 61.50 54,- 31,— 78,— 08,65 47,25 30.50 06,25 UU. 2'!. S6»,< Da „leitende" Centrumsblatt unter die „Polen fresser" gehe» zu sehen, ist gewiß ein origineller Anblick. Der Eifer dieses Organs für di« polnischen Interessen ist bekanntlich derartig, daß er sich sogar in Sympathieerklärungen für die pol- Sxtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgab«, ohne Postbeförderung 60.—, mu Postbesörderung 70.—. Auzeigen'PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg.' Reclamen unter dem Redactionsstrich (-ge spalten) bO^, vor den Familieunachrichten (6 gespalten) 40^. Grössere Schriften laut unserem Preis- verzrichniss. Tabellarischer und Zifserujatz nach höherem Tarif. Ne-action und Expedition: JohanneSgasse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ltt» Nlcmm'S Torttm. (Alfred Hahn), Universitätsstrasse 3 (Paulinuui), Louis Lösche, Aatharineustr. 14, pari, und AönigSplatz 7. 01,50 75,25 32 50 86,80 80.40 3-j. danken zu können, Mr. Brant. Es war sehr, .sehr gut von Ihnen, daß Sie uns halfen." „Erwähnen Sie das, bitte, nicht; Jeder würde unter den selben Verhältnissen ebenso gehandelt haben", erwiderte er und fügte noch hinzu: „und zwar ohne Hoffnung auf Lohn." Dorothy wußte, was er meinte, Oder glaubte es wenigstens zu wissen, und sie wünschte, daß er sich noch weiter aussprach. „Ich denke, wir erwarten Alle in irgend einer Weise Lohn für unsere guten Thaten, und gewöhnlich erhalten wir ihn auch, nicht wahr?" „Vielleicht öfter, als wir verdienen; ich aber vermißte den meinen." Dorothy hatte diese Gelegenheit herbeigewünscht und um die Kraft gebeten, sie ausnutzen zu können; aber sie mußte sich von ihm abwenden, ehe sie antworten konnte. „Zuweilen glauben wir, Dinge verloren zu haben, wenn wir sie nur übersehen haben", sagte sie zaghaft; dann aber fand sie plötzlich den Muth, gerade auf den Kern der Sache loszugehen, und fragte: „Mr. Brant, weshalb kommen Sie gar nicht mehr zu uns?" Von ihrem Gesichtspunkte war es eine grausame Frage, aber sie war entschlossen, sich selbst Gewißheit zu verschaffen und Jsabel's Glück zu sichern dadurch, daß sie sein Vertrauen er zwang, und sie sah keinen besseren Weg dazu. Dennoch kam ihr seine Antwort unerwartet. „Aus sehr gewichtigem Grunde, Miß Langford; man hat mir das Haus verboten." Es schien ihr fast unglaublich, daß er Jsabel's abweisende Antwort so schwer auffaßte. „Ich verstehe wirklich nicht", sagte sie erstaunt. „Ohne Zweifel —" „Verzeihen Sie einen Augenblick, Miß Langford", fiel er ein. „Glauben Sie an eine Reue?" „Gewiß, ohne die wären wir ja hoffnungslos." „Dann hören Sie einmal ein« kleine Geschichte an — eine Parabel, wenn Sie wollen. Es war einmal ein Mann, der war recht schlecht — ganz dem Dienst des Teufels verfallen. Eines Tages erkannte dieser Mann, auf welchen Irrwegen er ging, und beschloß, fortan ein anderes Leben zu führen. Dann fand er ein Weib und liebte es — liebte es mit reiner Liebe, die nicht dachte an die große Kluft, die ihn von ihr trennte, sie ganz ver gaß, bis das Gespenst seiner schlechten Vergangenheit erschien und ihn an seine Unwürdigkeit erinnerte. Folgen Sie mir?" Ihr „ja" war nur geflüstert, aber er hatte eS gehört und fuhr fort: „Und nun urthrilen Sie zwischen dies«m Manne und der Welt. Giebt es eine Hoffnung für ihn? Würde geduldiges „Sie dürfen stets über mich befehlen", sagte er noch, „wenn ich Ihnen wieder helfen kann. Ich hoffe, die Gelegenheit wird nicht kommen; kommt sie doch, so lassen Sie es mich wissen." „Ich werde es gewiß thun", erwiderte sie dankbar, „aber Sie müssen uns auch besuchen. Leben Sie wohl!" Als sie fort war, zog der Geistliche seinen Stuhl näher zu Brant heran. „Eine vortreffliche junge Dame", sagte er mit freundlicher Begeisterung. „Ich weiß wirklich nicht, wie wir in der Gemeinde ohne sie auskommen sollten. Kennen Sie die Langfords schon lange?" „Etwa drei Monate." „Reizende Familie — das heißt, mit Ausnahme des Jungen. Ist etwas gar zu wild, fürchte ich." „Ja", sagte Brant, der sich klar darüber wurde, daß seine Vorstellung durch Dorothy eigentlich eine schlechte Einleitung zu seinem Vorhaben war. „Der Richter weiß es auch und versucht, was er kann", fuhr Mr. Croßwell fort, indem er seinen Gedanken erst zu EnKe ent wickelte, „aber Mrs. Langford verdirbt den Jungen. Doch ver zeihen Sie — Sie hatten etwas mit mir zu sprechen." „Ja", sagt« Brant und ging ohne Umwege gleich auf sein Ziel los. „Sie haben gewiß viel Verwendung für Geld zu wohlthätigen Zwecken, nicht wahr, Mr. Croßwell?" „O gewiß; Sie können davon bei einem thätigen Geistlichen stets überzeugt sein." „Nun wohl, ich habe einiges Geld hier" — er nahm die Rolle von Scheinen aus der Tasche — „das in gewissem Sinne wohl als Gewissensgeld zu bezeichnen ist. Würden Sie nichts dagegen haben, wenn ich es Ihrem Wohlthätigkeitsfonds über wiese?" „Durchaus nicht, wenn es wirklich Gewissensgeld ist. Aber ich muß die Garantie haben, daß die Möglichkeit der Rückerstat tung an die eigentlichen Besitzer ausgeschlossen ist." „Ist gänzlich ausgeschlossen; es ist Geld, das am Spiel tisch gewonnen wurde — nicht kürzlich", fügte er schnell hinzu, als er den erstaunten Blick des Geistlichen bemerkte, „sondern vor längerer Zeit. Ich weiß nicht, was ich sonst damit machen soll, und es wird wirklich ein Act der Barmherzigkeit von Ihnen sein, wenn Sie es nehmen." „Unter diesen Umstünden will ich das Geld gern für Sie unterbringen, Mr. Brant. Es ist sehr erfreulich, daß Sie die Sache von dem Standpunkte betrachten, ebenso erfreulich wie selten." . < „Es ist nur eine Sache der Gerechtigkeit, Mr. Croßwell, und ich fürchte, meine Motive sind rein selbstsüchtiger Natip. Da- Zeug brennt mir in den Fingern." >22000 4125 > 400 > 3425 1850 300 > 25700 150 2400 3425 350 >13400 675 3250 > 4525 >s 5600 »-I11-K, »Ii»dl »rt «ak ur <j«iu »otloir Anzeiger. Amtsblatt des ÄSnigl'ichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes nnd Molizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Gegenüber der in einem Theile der ausländischen Presse hartnäckig aufrechterhaltenen naiven Behauptung, Kaiser Wilhrln« strebe dasProtectoratüberdie orienta lische» Christen an, schreibt man der „Schles. Ztg." aus Konstantinopel u. A.: Nur Bosheit und Unverstand kann eine solche Behauptung aufstellen, die eine nüchterne Ueber- legung schnell auf ihre Unhaltbarkeit zurückführt. Was ver steht man eigentlich unter einem Protcctorate über die orienta lischen Christen? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil sie oben nur ein Schlagwort von unbestimmtem Inhalte ist. Der Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche übt auch das kirchliche Protectorat über die orientalischen Katholiken aus, wobei er vom französischen Klerus unterstützt wird. Dieser be sitzt seit alten Zeiten hier viele Niederlassungen, Schulen, An stalten u. s. w. und übt einen großen Einfluß aus. Durch seine Tbätigkeit hat hauptsächlich das Franzosenthum im Oriente jene Bedeutung gewonnen, Vie >s heutzutage besitzt. Ein welt liches Protectorat wird überhaupt nicht mehr ausgeübt, die hier lebenden Angehörigen der europäischen Staaten stehen unter dem Schutze der „Kapitulationen", sie haben ihre eigene Gerichts barkeit und leben sonst auch wie ein Staat im Staate. Die christlichen Unterthanen des Sultans genießen vollständige Frei heit in der Ausübung ihrer Religion und brauchen keinen Pro tektor. Wenn ein solcher dennoch ab und zu auftaucht, so ver folgt er damit lediglich politische Zwecke, denen er ein religiöses Mäntelchen umhängt. Wie man die Sache auch drehen und wenden mag, der Begriff eines Protectorates über die orienta lischen Christen hat heutzutage keinen Inhalt mehr. Und so einem nebelhaften Begriff sollte der deutsche Kaiser nachstreben? Das glauben auch seine Feinde nicht, und wenn sie ihm solche Absichten zuschreiben, so wollen sie damit nur die speciell dem Franzosenthum unangenehme Thatsache bemänteln: nämlich den Rückgang des französischen und die Zu nahme des deutschen Einflusses im Orient. So aufgefaßt, haben die Klagen der Franzosen einen Sinn und entsprechen auch den Thatsachen. Leicht wird der Sieg des Deutschthums nicht sein. Ihre Jahrhunderte alten politischen und kommerziellen Beziehungen zum türkischen Reiche haben den Franzosen hier eine Machtstellung erworben, die sich besonders in der Herrschaft der französischen Sprache und der Beliebtheit VezugS'PreiS t» der Hauptexpedttioa oder den im Stadt» beitrk w»d deu Vororten errichteten Aus- oabeslrllen abgeholt: vierteljährliches4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Han» 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestähriich ^il S.—. Directe tägliche Kreuzbandsendung ins Ausland: monatlich es 7chO. Politische Tagesschau. * Leipzig, l8. August. Der Gegensatz zwischen konservative» lind extreme» Agrarier», der in der verschiedenen Beurtbeilung der Wahl deS Herrn v. Wangenheim zum Vorsitzenden des Bundes der Landwirthe zum Vorschein kommt, tritt auch sonst zu Tage. Während z. B. die „Deutsche Tagesztg." über die Erhöhung des Zinsfußes der Eentralgenossenschaft (nicht der „Zinsfüße", wie uns vorgestern ein Druckfehler sagen ließ) tobt, hat die „Kreuzztg." die officiöse Begründung der Maßregel ohne ein Wort des Widerspruchs veröffentlicht. Inzwischen fährt die „Staatsbürgerztg." fort, in die den Couser- vativen durch die Wahl des Herrn v. Wangenheim geschlagenen Wunden Pfeffer zu streuen, sowie dem aus dem Bunde aus geschiedenen Herrn v. d. Gröben Malicen zu sagen. Die „Staatsbürgerztg." ist eben nichts als antisemitisch, in Bundes kreisen aber scheint man den Schritt deS früheren ost preußischen Führers um so peinlicher zu empfinden, als einer der Extremen dieser Provinz, Graf Klinckowström, und mit ihm die Hetzpolitik überhaupt, soeben eine schwere Niederlage erlitten hat. Graf Klinckowström batte vor zwei Jahren unter dem Beifall der Bundespresse An griffe gegen die Königsberger Börse wegen der Getreide preisnotirungen erhoben. Er hatte u. A. großes Gewicht darauf gelegt, daß nicht einmal Preise für verschiedene Qualitäten, wie auch keine Preise für Hafer, für Gerste und andere in der Stadt Königsberg gehandelte Producte notirt würden. Jetzt kommen in dem Jahresbericht der Land- wirthschaftskammer für Ostpreußen deren Ver treter im Börsenvorstand zu Wort, und da lauten die Dinge ganz anders. Einer der Herren, v. Schütz, führt aus: „Es ist schon früher Klage geführt worden darüber, dass für gute Qualitäten von Hafer Preise effektiv gezahlt worden sind in Königsberg, die iin Börsenbericht niemals zum Ausdruck ge kommen sind. Das hat durchaus keine besonderen Gründe, denn es ist allerdings wahr, dass an der Börse ganz bedeutend weniger zum Verkauf kommt, weil ein großer Theil schon vorher durch Makler oder ohne solche umgesetzt wird. Morgens irüh sind die Makler im Besitze hzr Frachtscheine und Connossements, sie warten nun nicht die Börsenstuade ab, sondern suchen schon vorher von Contor zu Contor abzusetzen, was sie können, denn Zeit ist Geld. Sowie das Geschäft perfect ist, kann die Waare weitergehen und die Unkosten werden geringere. Nun giebt es aber sür gewisse Maaren ganz feste Abnehmer hier; dazu gehört die Braugerste und die beste Qualität Hafer. Die Folge davon ist, dass die Braugerste niemals im Börsenbericht erscheint. So lange ich thätig war, ist es nicht geschehen, und ich glaube auch, dass es überhaupt sehr selten Vorkommen wird. Allerdings möchte ich noch das Eine hinzufügen: Braugerste und Braugerste ist ein himmelweiter Unterschied. Wir haben das Bestreben gehabt, hierbei zu specialisiren nach der Richtung hin, Braugerste und Futter gerste und hier eine Grenze sestzustellen. Das ist uns aber nicht gelungen; denn sehr häufig wird Braugerste, die die eine Brauerei ganz gerne glatt abnimmt, von einer anderen für unbrauchbar bezeichnet, eine feste Grenze dafür giebt es nicht. Nun ist gesagt, dann wollen wir wenigstens die Qualität als Braugerste notiren, die von jeder Brauerei fraglos auch bei noch so hohen Ansprüchen als Braugerste angenommen wird. Aber wir kommen dann zu diesem Vacuum, dass Braugerste überhaupt nicht an der Börse er scheint. Ebenso steht es mit Haser, ganz besonders in diesem Winter, wo der Haser sehr leicht ist. Wo nur einigermassen gut auSsehende Qualitäten mit schwerem Gewicht Herkommen, liegen schon so viele Aufträge vor, dass sie gar nicht mehr an die Börse kommen. Das wird immer bestehen bleiben, das kann auch durch unsere Mit wirkung nicht aus der Welt geschafft werden, dass in Königsberg von Commissionairen für Maaren höhere Preise gezahlt werden, als die höchsten Notirungen im Börsenbericht. Das beruht auf der Lrisi 3600 4800 5000 3100 13925 2800 4250 2860 4925 11525 13750 13700 8000 402S 560 In -er Lrandung -es Lebens. 11) Roman auS dem amerikanischen Westen. Boa Theodor Eicke. Nachdruck verbot«». Brant that, wie ihm gesagt worden war, und da Niemand auf sein Klopfen an der halb offenen Thür antwortete, trat er ein. Eine junge Dame saß in der Ecke und las — und Brant stand plötzlich da wie ein Schuljunge, als er sah, daß es Dorothy war. Ader nur einen Augenblick, denn Dorothy stand schnell auf und kam ihm mit ausgrstreckter Hand entgegen. „Aber, Mr. Brant, Sie haben mich wirklich erschreckt! Ich hörte etwas an der Thür und dachte, es wäre Mr. Croßwell. Wie geht es Ihnen? Wo sind Sie denn alle die Wochen ge wesen?" Brant jubelte vor Freude. So hatte er sich doch getäuscht, und Mrs. Langford hatte Alles für sich behalten. Es war kaum zu glauben und stotternd antwortete er: „Ich — ich war nirgends — das heißt — ich war hier — nein — nicht gerade hier, aber —" Dorothy lachte hell und herzlich auf. „Man merkt gleich den Einfluß des Ortes", sagte sie. „Die Leute kommen hierher, um ihre Sünden zu beichten, und höfliche Entschuldigungen sind nicht erlaubt. Kamen Sie auch, um zu beichten, Mr. Brant?" Ihre scherzende Frage kam der Wahrheit nahe genug, um ihn verlegen zu machen. „Ja — zu etwas Aehnlichem wenigstens; ich wollte etwas besprechen mit Mr. — Mr. —" „Croßwell", fiel sie ein. „Das war auch meine Absicht. Wollen Sie sich nicht setzen und auf ihn warten? Er muß gleich wieder hier sein." Brant folgte der Aufforderung. Während er Alles gegeben hätte für die Gelegenheit einer freien Aussprache mit Dorothy, saß er jetzt, wo er sie hatte' stumm da und wußte nichts Anderes anzufangen, als Knoten in seine Uhrkette zu machen. Dorothy las die Fragen in seinen Augen, aber sie mißverstand sie und wußte nicht, wie sie helfen sollte, ohne Jsabel's Geheimniß zu verrathen. Endlich begann er selbst: „DaS letzte Mal, als wir zusammen waren, hatten Sie Kummer. Hoffentlich ist die Veranlassung jetzt beseitigt." „Ja", erwiderte sie, „und ich habe mir oft gewünscht, Ihnen Ausharren auf dem guten Wege ihm eines Tages das Recht geben, seine Hand nach dem Preise auszustrecken? Kann er vor wärts schauen in eine Zeit, wo die große Kluft überbrückt sein wird, wo ein reines Weib, das das Schlimmste von ihm weiß, sich nicht mit Abscheu von ihm wenden wird?" Dorothy stand auf und sah ihn mit mild leuchtenden Augen an. „Wer bin ich, daß ich über solchen Mann urtheilen sollte?" fragte sie sanft. „Sie sind Sie selbst, Dorothy, und Sie kennen den Mann — und das Weib." Es war ein Augenblick äußerster Versuchung. Wie konnte sie ihm das ermuthigende Wort von Isabel geben, ohne Jsabel's Geheimniß zu verrathen? Und wie konnte sie andererseits es sich jemals verzeihen, wenn sie die Gelegenheit unbenutzt ließ und ihn mit leeren Händen fortschickte? „Nur der Schwachherzige", sagte sie schließlich mit fester Stimme, „verzweifelt. Schwierigkeiten sind zu überwinden, und wenn Einer nur beharrlich vorwärts strebt, dann ist immer Hoffnung für ihn —" „Das ist genug", fiel er mit feurigem Eifer ein. „Sie haben die Parabel gehört — dies ist die Deutung. Ich bin der Mann, Dorothy, und —" Sie hielt warnend den Finger hoch, und er hörte einen Fußtritt auf dem Kieswege. Es war der Geistliche; und ehe Brant das Wort sprechen konnte, zu dem alle anderen nur das Vorwort gewesen waren, war die Gelegenheit vorbei. Im nächsten Augenblick stellte Dorothy ihm einen schlanken, ältlichen Herrn mit freundlichem Gesichte vor, dessen Händedruck er kennen ließ, daß er warme Freundschaft halten konnte. „Ich freue mich, Sie zu sehen, Mr. Brant, freue mich immer, wenn ich einen Freund Miß Dorothy's kennen lerne. Nehmen Sie Platz — nehmen Sie Beide Platz, und lassen Sic es uns bequem machen." Brant folgte der Aufforderung, ober Dorothy zögerte. „Ich wollte Sie nur einen Augenblick wegen der Familie Crawley sprechen", sagte sie. „Sie sind wieder in Noth, und es übersteigt diesmal meine Mittel. Mr. Brant wollte Sie in anderer An gelegenheit sprechen; wenn Sie vorher nur eine Minute —" „Gewiß, gewiß; Mr. Brant entschuldigt uns." Sie gsiigen etwas zur Seite und besprachen den Fall, während Brant ein Buch zur Hand nahm. Gleich darauf ging Dorothy fort, indem sie Brant zum Abschied die Hand reichte und ihn ausforderte, sie in Altamont Terra« zu besuchen. Er sagte, er würde es mit Vergnügen thun, waS ja auch die Wahrheit war. Dorothy erröthete leicht unter seinem glühenden Blick, und ihre Hand zitterte in der seinigen. Vorschrift, dass au der Börse nur die Preise notirt werden dürfen irischen Protestanten Luft gemacht hat. Aber jetzt findet sich für diejenigen Maaren, die an derselben effectiv gehandelt worden sind. Was außerdem gehandelt wird, kommt nicht in den Börsen bericht und darf auch nicht ausgenommen werden." Herr v. Schütz spricht zum Schluß offen aus, daß, „wenn man praktisch thätig ist bei diesen Dingen, doch manche Sache etwas anders aussieht, als wir gelesen und gehört und gedacht haben". Die meisten Agrardemagogen haben, ehe sie Angriffe er hoben, überhaupt nicht gelesen und nicht gedacht, höchstens »gehört". Die in Wiesbaden tagende Hauptversammlung des Central- verbanveö deutscher Kaufleute hat soeben eine sehr geharnischte Resolution angenommen, in der er verlangt, daß entweder das Reich oder die Einzelstaaten die Besteuerung Ser Waarenhäuser in die Hand nehmen, weil viele städtische Gemeinden in diesem Puncte versagten. In der, der Resolution vorangegangenen Debatte hatte ein Redner die Abneigung der Gemeinden, sich mit der Besteuerung zu be fassen , auf ihre „manchesterliche" Zusammensetzung zurück geführt. Man kann selbst ein Anhänger der Besteuerung der Waarenhäuser sein und doch diesen Vorwurf unberechtigt finden. Gewiß werden manche Gemeinden aus principiellen Gründen gegen diese Steuer sein, andere werden an ihre Ausführung darum nicht herantreten wollen, weil der politische Beigeschmack dieser socialen Maßnahme zweifellos stark hervortritt. Es ist nur zu loben, wenn auch Gemeinde verbände sich mit socialpolitischen Dingen befassen, wie etwa mit der Schaffung billiger und gesunder Arbeiterwohnungen und dergleichen. Dann aber sollen die Maßregel eben den Charakter der Fürsorge für einen Stand tragen, nickt den der Abwehr gegen einen Stand oder bestimmten Berufszweig. Denn in dem letzteren Moment liegt die Entstehung politischer Zwietracht begründet und in politischen Zwistigkeiten eine Nolle zu spielen, ist nicht die Sache von Gemeindebehörden. Die Gemeinden können auch mit um so besserem Fug diese Zumuthung ablehnen, als sie ja oft genug von den staatlichen Behörden sehr nachdrücklich darauf hin gewiesen werden, daß sie mit politischen Dingen sich nicht befassen sollen. Deshalb war es, wenn überhaupt die Besteuerung der Waarenhäuser durchgeführt werden soll, richtig, daß die Resolution des Verbandes deutscher Kauf leute ven Staat aufforderte, den entscheidenden Schritt zu thun. Dabei soll aber bemerkt werden, daß, wenn vie Angelegenheit in die Hand genommen werden soll, die Regelung durck daS Reich besser ist, als durch die Einzel staaten, weil eS nicht dem Rcichsgedanken entspricht, daß ein für daS ganze Reich völlig gleich liegender Fall von den Einzelstaaten verschieden behandelt wird. Die Regelung der Angelegenheit durch das Reich ist um so nothwendiger, als es »unter Umständen einer Aenverung der Reichsgewerbe ordnung bedürfen würde. Man erinnert sich, daß vor zwei Jahren in der Session 1896—97 die Socialdemokraten einen Widerspruch zwischen der sächsischen Umsatzsteuer sür die Consumvereine und der Reichsgewerbeordnung herzustellen suchten und daß die damalige Widerlegung durch Herrn von Bötticher .nicht in allen Puncten als geglückt erscheinen konnte.
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