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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.07.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980723027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898072302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898072302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-07
- Tag1898-07-23
- Monat1898-07
- Jahr1898
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Die Red.) nur Gründe rein persönlicher Natur mich zu diesem Schritte veranlaßt haben, daß aber keineswegs eine Aenderung meiner wirth- fchaftspolitischen Anschauungen stattgefunden hat. Die selben werde ich stets, wie bisher, vertreten und nach wie vor der wirthschaftlichen Bereinigung des Reichstags angehören, von der Groebeu-Arenstein, Mitglied des Herrenhauses und des Reichstages. Der Geist der Sprache läßt seiner nicht spotten. Herr v. d. Gröben-Arenstein will, wir wissen natürlich nicht warum, überhaupt etwas sagen, er will aber nicht sagen, was er denkt oder empfindet, daher daS sprachwidrige „zumeist nur". Daß der frühere Borsitzende des Bundes der Landwirthe in Ostpreußen über Nacht seine wirthschaftspolitischen An schauungen geändert, bat Niemand geglaubt, vielmehr war von vornherein anznnehmen, daß für seinen Austritt „persön liche" Gründe bestimmend waren. Nur daß das Wort mehr objectiv als subjektiv zu verstehen ist: die Person des Herrn v Wangenheim und die Personen, die dessen Wahl zu Stande gebracht, sind dem trotz Allem konservativ gebliebenen Herrn — unsympathisch. Ein angeblichin Rom wohnender Herr that der „Dresdner Zeitung" kund ukld zu wissen, der Eardinal-Aürstbischof Kopp in Breslau werde nach dem Tode Leo'S XIII. — Papst werden. Zwar sei die Sache nicht so leicht zu machen, wie die älteren Damen im Leserkreise der „Dresdner Zeitung" sich es viel leicht verstellten, die Polen möchten keinen Deutschen, die Franzosen natürlich auch nicht, die italienischen Cardinale erst recht nicht. Aber es geht doch: „Alle diese Widerstände, so unüberwindlich sie auch aus den ersten Blick scheinen mögen, sind doch aus einem Punkte zu ruriren. Dieser eine Punkt ist das Jesuiten gesetz. Wenn die deutsche Reichsregierung ihre Zustimmung zur Aufhebung des Jesuiten- gesetzes zusichern würde, wäre man bereit, den deutschen Cardinal Kopp zum Papste zu wählen. Sobald man sich aus deutscher Seite zu Verhandlungen über diesen wundesten Punkt (!) der katholischen Kirche bereit zeigt, darf mau auch auf Entgegenkommen bei Regelung dieser Angelegenheit rechnen. Die deutsche Regierung hat nun freilich in dieser Frage an erster Stelle Rücksicht zu nehmen aus die Stimmung der protestantischen Bevölkerung. Nur wenn Umstände vorhanden sind, welche dieser die Aushebung des Jejuitengesetzes im milderen Lichte erscheinen lassen würden, kann sie solche Verhandlungen sichren. Von einem deutschen Papste ist wohl zu erwarten, daß er sich ge- eignet erweist, auf den Nationalttätenstreit in den deutschen Ost provinzen und besonders auch in Oesterreich in der Weise zu wirken, daß der slawische Klerus seine aufreizende Thätigkcit gegen das Deutschthum etnstellt und LaS Nationalbewußlsein im deutschen Klerus gestärkt wird. In diesem Zusammenhang« betrachtet, erscheint bereits die Ernennung des früheren römischen Botschafters von Bülow zum Staatssecrctair des Auswärtigen (nächst der vorangegangenen Berufung eines katholischen Reichskanzlers in der Person des Fürsten Hohenlohe, dec bekanntlich der Bruder des leider zu srüh verstorbenen deutfchgesinnten Cardinals Hohenlohe ist) als ein vorbereitender Schritt zu dem gekennzeichneten Ziele. Wenn man sich daran er innert, daß Herr von Bülow der Bismarchschen Diplomatenschule angehört, so wird man den großen BiSmarckischen Zug diese- weit» ausschauenden Unternehmens unschwer erkennen, unter Benutzung diese- letzten Trumpfes aus dem Spiele des CulturkampseS groß deutsche Politik zu treiben." . So, jetzt wissen wir's. Nur Schade, daß die Redemp toristen schon zugelaffen sind. Für die hätte man mit dem großartigen BiSmarck'schen Zuge gewiß auch einen deutschen Cardinal-Staatssecretair, vielleicht sogar mit einem Jesuiten- General als Zugabe bekommen. Wenn nur aber jetzt kein Krieg zwischen der „DreSdn. Ztg." und der „Leipz. Ztg." ausbricht; diese will bekanntlich ein neues Wahlrecht für die Jesuiten haben. Der Friedensschluß zwischen Amerika und Spanien dürfte den englischen Blättern insofern recht ungelegen kommen, als eS ihnen jetzt schwerer fallen wird, fortwährend neue Zwischenfälle zu erfinden und zu entstellen, durch die der Beweis geführt werden soll, daß Deutschland etwas aethan habe, was geeignet sei, die amerikanische Empfindlich keit zu verletzen. Die letzte Gelegenheit, die Fahrt des Generals Augustin auf dem deutschen Kreuzer „Kaiserin Augusta", haben sie dafür auch mit besonderem Eifer auS- genutzt. An der Spitze stehen natürlich die „Times". Sie führen aus, General Augustin sei klüger gewesen, als General Blanko, denn es sei ihm gelungen, seinen Posten so srüh zu ver lassen, daß er von seiner Regierung nicht mehr abberufen werden konnte, was ihm allerdings nicht möglich gewesen wäre ohne die Anwesenheit eines gefälligen deutschen CapitainS. So viel Worte, so viel Unwahrheiten. Augustin, der nicht capi- tuliren sollte, da er als General-Gouverneur sür die ganze Inselgruppe, nicht bloS für Manila, hätte unterzeichnen müssen, war längst abgesetzt, als er an Bord des deutschen Schiffes kam, und wenn von einer deutschen Gefälligkeit die Rede sein kann, so hatte an ihr der amerikanische Admiral mindestens den gleichen Antheil, da er sich mit der Abreise des Generals an Bord des deutschen Schiffes vollständig einverstanden erklärte. DaS hindert aber die „Times" nicht, von einer Handlung zu sprechen, die „einem beabsichtigten Bruch der Neutralität verzweifelt nahe komme". Ganz in dasselbe Horn stößt die „Morning Post", die ein Tele gramm veröffentlicht, nach welchem die Washingtoner Regierung in Abrede stelle, daß wegen oiese» Vorfalls in Deutschland Vorstellungen erhoben habe; gleich zeitig aber will das Blatt wissen, daß sich der Regierung sehr nahestehende Persönlichkeiten die größte Mühe gäben, die öffentliche Aufmerksamkeit auf den „offenbaren Bruch der Neutralitätsgesetze hinznlenken, die der Kreuzer „Kaiserin Augusta" begangen habe, als er den General Augustin, den wichtigsten Gefangenen, den Amerika machen konnte, vor der endgiltigen Uebergabe Manilas entkommen ließ". Genau dieselbe Tonart wie in den „Times" und genau dieselben Un- wahrbeiteu, theilweise in wörtlich übereinstimmender Form! Aus Eigenem wird noch hinzugefüzt, daß Amerika eine genaue Untersuchung über diesen Fall veranstalten werde, aus dem sich wohl nützliche Schlüsse auf die von Deutschland verfolgte Politik ergeben würden. Eifrige Hilfe finden die englischen Blätter bei dem „Hew Aork Herald", der nach einem begeisterten Lobe des französischen Botschafters in Washington, Cambon's, die Be hauptung aufstellt, die Haltung des deutschen Botschafters in Washington sei „nicht immer vom friedlichsten Charakter gewesen". Nach einem nicht genannten Blatte erzählt der „New Aork Herald" ferner eine wüste Räuberzeschichte, als deren Quelle ein spanischer auf Manila in Gefangenschaft gerathener Unterofsicier angegeben wird. Dieser will nämlich gesehen haben, wie von der deutschen Flotte zwei Feldgeschütze in großer Heimlichkeit ans Land gebracht worden seien, die dann im Kampfe gegen die Amerikaner die besten Dienste geleistet hätten. Es hieße seine Zeit verlieren, wenn man sich mit solchen Albernheiten länger aufhalten wollte. Aber man muß dieselben wiedergeben, damit man sich iu Amerika nicht wundern möge, wenn die Stimmung in Deutschland durch solche Lügen schließlich auch erregt wird und wenn es auS dem Busche herausschallt, wie hineingerufen wird. ES werden unverweilt Verhandlungen zwischen dem päpstlichen StaatSsecretariat und der Unionsregie rung in Washington eröffnet werden, um eine neue Hierarchie in den spanischen Colonien, die in amerika nischen Besitz gelangt sind, einzurichten. Man glaubt, daß der Vatikan und die Unionsregierung sich an das Muster des Vorganges halten werden, der bei der Einverleibung der Nachbargebiete von Mexico in die Vereinigten Staaten beobachtet wurde. In allen diesen Gebieten, nament lich in Neu-Mexico, Colorado, Arizona, TexaS, Cali- fornien, wurde der spanische CleruS nach und nach durch Geistliche anderer Nationalität, insbesondere durch französische Geistliche ersetzt, welche Wahl auS dem Grunde getroffen wurde, weil der französische Klerus in den Bereinigten Staaten blühende Missionsanstalten besitzt und diese Missionäre geeigneter sind als die englischen und irischen, sich das Spanische anzueignen und bei der spanischen Bevölkerung Vertrauen zu erwecken. Deshalb sei cs auch wahrscheinlich, daß auf Cuba, Puerto Rico und eventuell auf den Philippinen der gleiche Vorgang beobachtet werden wird. Die guten Beziehungen zwischen dem Vatikan und der Regie rung der Vereinigten Staaten lassen im Vatikan hoffen, daß sich in Bezug auf die kirchliche Lage auf den in amerikanischen Besitz übergehenden spanischen Colonien keine ernsten Schwierigkeiten ergeben werden. Der bekannte panslawistische General Tschernajew ist, wie wir meldeten, vor ein paar Tagen in Petersburg gestorben — fast unbeachtet und jedenfalls im Gegensatz zu seiner früheren Bedeutung fast vollständig „kalt gestellt". Nachdem er schon zu L-ozricest dZs Zal<» 'Alexastoer lll. durch eine giftige Polemik gegen die centralasiatischen Pläne dieses Herrschers, insbesondere gegen die von diesem projectirten Eisenbahnbauten, sich hohe Un gnade zugezogen und von derselben auch nicht durch den jetzigen Zaren befreit worden, ist sein Name nur noch ab und zu gelegent lich der Versammlungen des „slawischen Wohlthätigkeits- Vereins" genannt worden, der, von Tschernajew als pan slawistischer Agitationsverein gegründet und geleitet, seine Be deutung aber ebenfalls längst eingebüßt hat und nur noch in sehr bescheidener und harmloser Weise fortvegetirt. Tschernajew war ein „politischer" General gleich Siobelew, aber ihm standen nicht gleich diesem militairische Lorbeeren zur Verfügung. Er hat sich solche niemals erworben und wohl auch nicht ..as Zeug gehabt; als er sich 1878 beim russisch-türkischen Kriege dem Großfürsten Michael in Asien zur. Verfügung stellen wollte, wurde er ziemlich schnöde mit der Antwort abgespeist, es seien genug Generale vorhanden, die es verständen, sich schlagen zu lassen, man brauche keine neuen aus Serbien zu beziehen. (Tschernajew war 1876 mit einer Anzahl von anderen Frei willigen in die serbische Armee eingetreten.) Allerdings hatte Tschernajew vorher in Asien schnell Carriöre gemacht, da er eine Reihe leichter und billiger Siege über turkestanische Emire davon getragen hatte. Als er aber später nach dem Tode des Generals v. Kauffmann General-Gouverneur von Turkestan wurde, be wies er seine volle Unfähigkeit und wurde sehr bald dieses Postens enthoben. Tschernajew's Thätigkcit als prahlerischer Agitator ist auch nur zeitweise von Erfolg begleitet gewesen; jedenfalls hatte er, als die Tschechen ihn vor 20 Jahren in ähn licher Weise umjubelten, wie unlängst den „General" Komarow, auch keine wesentlich größeren „Verdienste" aufzuweisen, wie dieser. „Ja, er hat sich wiederholt der russischen Regierung sehr unbequem bewiesen und ist z. B. 1878 während des Krieges durch die russische Regierung aus Adrianopel ausgewiesen worden. Er war Alles in Allem einer jener panslawistischen Domini» vozugeurs, die sich in Belgrad, Sophia, Cettinje und gelegentlich auch im goldenen Prag sehen lassen, dort ihr Unwesen treiben, bis eine löbliche Behörde ihnen, wenn auch gewöhnlich etwas zu spät, den Rath «rtheilt, an anderem Orte Zerstreuung zu suchen. Tschernajew hat ein Alter von 70 Jahren erreicht. Deutsches Reich. * Berlin, 22. August. Der bereits kurz erwähnte Artikel der „Hamburger Nachrichten" über die zu erwartende Ein richtung von Handelshochschulen lautet ausführlicher wie folgt: „ES darf als ziemlich sicher angenommen werden, daß im nächsten preußischen Etat sich Positionen vorfinden werden, die auf das kaufmännische Unterrichtswesen Bezug haben. Jedenfalls wird man die Einrichtung von Handels hochschulen an dieser oder jener preußischen Univer sität und die Begründung weiterer Handelsschulen durch Verhandlung mit den betreffenden größeren Gemeinden, in denen solche noch nicht bestehen, anstreben. Darüber kann nach Allem, was sich im Laufe des Jahres 1898 ab gespielt hat, und namentlich nach den im Anfang des Jahres im preußischen Handelsministerium abgebaltenen Con- ferenzen kein Zweifel sein. Würde Preußen auf dieser Bahn nicht vorgehen, so würde es auch bald gegenüber anderen Bundesstaaten wieder ins Hintertreffen kommen, wie es dies leider auf dem Gebiete des gewerblichen Fachschulwesens schon gelhan hat. Im Königreich Sachsen beispielsweise hat man der Universität Leipzig bereits seit dem 1. April d. I. eine solche Handelshochschule beigegeben. In Württem berg sind Verhandlungen darüber eingeleitet. Wahrschein lich wird das Polytechnikum in Stuttgart und nicht Tübingen die neue Abtheilung erhalten. Wenn der preu ßische Staat energischer als bisher das kaufmännische Unter richtswesen fördern wollte, so würde dem überall nur freudig zugestimmt werden können. Es ist ja bekannt, daß der deutsche Kaufmann überall, und nicht zum Wenigsten im AuSlande, namentlich wegenseiner Sprachkenntnisse und seiner Gewandtheit in der Einlebung in fremde Verhältnisse, stark gesucht ist. Der beste Beweis dafür ist, daß er recht häufig selbst in englischen Comptoiren zu finden ist, obwohl unsere Vettern jenseits des Canals den Deutschen im Allgemeinen nicht gerade hold sind. Aber die moderne Zeit stellt immer neue Anforde rungen an den KaufmannSstanv. Namentlich in seinen Spitzen wird er sich immer weitere und nicht bloS Special kenntnisse zu erwerben suchen müssen. Ein Großkaufmann auf der Höhe der Zeit muß in Handelsgeographie, Statistik, Ethnologie, Volkswirthschast und vielen anderen Zweigen der Wissenschaft schon recht gut Bescheid wissen, wenn er vorwärts kommen will. Hierin werden namentlich die Handels hochschulen für die nächste Zeit die geeignetsten Bildungsstätten sein. Aber auch der kleinere Kaufmann muß heutigen Tages über Fruilletsn. In der Brandung des Lebens. 15j Roman aus dem amerikanischen Westen. Von Theodor Eicke. Nachdruck verbot»». Der Reporter kehrte zurück, als sie die Straße erreicht hatten, und ein paar Minuten später wurde Brant auf der Polizei station dem diensthabenden Lieutenant vorgeführt. Der Officier jieß sich Brant's Namen sagen und nahm ihn zu Protokoll. Da Brant weitere Fragen nicht beantworten wollte, fand er sich bald im sicheren Gewahrsam des Stadtgefängnisses. In einer Ecke seiner Zelle stand ein Bett. Auf das warf Brant sich nieder, um nachzudenkcn, nicht über die Weisheit seiner Handlungsweise, sondern darüber, wie er den Folgen der selben gegenüber sich benehmen sollte. Brant sagte sich selbst, daß er mit dieser That seine Schuld der Gesellschaft gegenüber ein für alle Mal gebüßt hatte. Aber in der Leidenschaft seiner Aufopferung verlor er nicht Das aus dem Auge, was damit ge wonnen werden sollte. Dorothy's Bruder mußte auf alle Fälle von Schuld befreit werden; und dabei begannen die Schwierig keiten. Wenn Will Langford auch bei seinem Leugnen blieb, würde die Kette der Beweis« nicht zu stark sein, um sie zu durch brechen? Brant hoffte, daß es ihm gelingen würde, und zwar ohne sich selbst der That anzuschuldigen. Nicht Feigheit hielt ihn davon zurück, sondern «ine eigenthiimliche Gewissenhaftigkeit, eine Folge seiner letzten moralischen Erhebung, gestattete ihm nicht, sich eines Verbrechens zu beschuldigen, an dem er ganz unschuldig war. Es wäre seiner Meinung nach nicht besser als «in Meineid gewesen. Davon war er fest überzeugt, und der Ge danke, daß es noch größeres Unrecht war, wenn man zuließ, daß das Gesetz einen Unschuldigen bestrafte, störte die Logik seiner Ausführungen nicht. Für sich selbst mußte er bauen auf die Kraft des Jndicienbeweise», der gerade in diesem Falle sehr stark war. Alles, war er sonst zu thun hatte, war, so viel wie möglich den Bemühungen Derer, die ihm helfen wollten, zu begegnen; und darauf baute «r seinen Plan, sorgfältig, Schritt für Schritt, in dem er anfing mit dem vorläufigen Verhör, da» seine definitive Verhaftung herbeiführen würd«. Aber er hatte noch «ine frühere Prüfung zu bestehen. Tin Rasseln des Schlosse» unterbrach feinen Gedantengang, und die Thür seiner Zell« öffnete sich, um Forsyth rinzulaffen. Brant wollte sich erheben, aber der Re dakteur hielt ihn zurück und setzte sich auf die Ecke de» Bette». „Lassen Sie sich nicht stören", sagte er; „ich komme in fried licher Absicht. Jarvis hat mir Alles erzählt, und ich wollte Ihnen eben nur sagen, daß Sie noch ein paar Freunde haben, wenn Sie selbst auch der größte Thor unter der Sonne sind." „Das ist nett von Ihnen", erwiderte Brant, den die Freund lichkeit des Redakteurs aufs Angenehmste berührte. „Ich wußte es, daß Sie kommen würden, aber ich hatte Sie so schnell nicht erwarict." „Sie hätten sich sagen können, daß ich herbeieilen würde, so bald ich abkommen konnte. Ich denke, Sie werden in der Frühe vernommen werden?" „Vermuthlich; Bestimmtes weiß ich nicht." „Jedenfalls muß man damit rechnen", fuhr Forsyth fort, „upd da sind zwei Dinge inzwischen zu erledigen — Anwalt und Kaution. Geben Sie mir eine Liste ihrer Freunde, dann will ich zu diesen gehen und für Sie wirken." Brant lachte. „Ich habe nicht einmal genug angesehene Freunde, um bei einer Klage wegen Beleidigung oder Haus friedensbruch Kaution zu stellen. An anderen fehlt es nicht, aber ich habe nicht die Absicht, sie in Anspruch zu nehmen." „Ach, Thorheit! Das kann Ihnen doch jetzt egal sein! Sie können doch nicht hoffen, während des Mordprocesses Ihr In kognito aufrecht zu erhalten." „Es ist mir durchaus nicht egal", sagte Brant mit Bestimmt heit. „Ich wünsche keine Hilfe und werde sie auch nicht an nehmen — und damit genug davon." „Gut denn", erwiderte der Redakteur in guter Laune. „So werde ich sehen, was ich auf «igen« Faust thun kann." „Sie sollen gar nichts thun. Mein Fall wird in der nächsten Session vorkommen, und bis dahin werde ich bleiben, wo ich bin." Forsyth gab sich zufrieden. Dir Tage, wo solche Revolver, affairen mit Gleichgiltigkeit behandelt wurden, waren in Colo rado — wenigsten« in den Städten — vorbei, und eine gesund« öffentlich« Meinung begann eine schärfere Anwendung des Ge setze» zu fordern. Ueberdres hatte der „Plainsman" immer an der Spitze der Bewegung für Gesetzlichkeit und Ordnung ge standen und sein Redakteur hatte oft und heftig gegen die Lässig, keit der Richter und Geschworenen in Mordprocessen geschrieben. Deshalb ging er jetzt nicht ungern von der Frage der Caution zu der des Anwalts über. „Haben Sie sich schon überlegt, welchen Dertheidiger Sie nehmen wollen?" fragte er. „Gar keinen", sagte Brant. „Unsinn!" WrShalb denn nicht?" „Ich werd« meine Sache selbst führen." „Jawohl, Ihr eigener Rechtsanwalt mit einem Narren zum Clienten. Das kann nicht sein, Brant. Ich weiß, daß Sie in einer Umgebung gelebt haben, wo man, so zu sagen, fünf gerade sein läßt; aber mit den Anschauungen der Ansiedelungen dürfen Sie hier nicht rechnen; der öffentliche Ankläger wird Ihnen nicht den kleinsten Halt lasten — kann es auch nicht, unter dem Drucke der öffentlichen Meinung." „Einerlei, ich werde meine Sache selbst führen", wiederholte Brant mit Hartnäckigkeit. „Man wird Ihnen einfach nicht erlauben, sich selbst auf diese Weise den Strick um den Hals zu legen. Ich werde den besten Rechtsanwalt nehmen, den es giebt, und ihn in der Frühe zu Ihnen schicken." „Wenn Sie das thun, werde ich ihn wieder fortschicken." Der Redakteur sprang aus und lief ungeduldig in der Zelle auf und ab. „Was ist denn nur mit Ihnen los?" fragte er. „Sehen Sie denn nicht ein, daß Sie sich direkt an den Galgen bringen?" „Sie mögen vollkommen Recht haben, aber Sie reden doch ganz vergeblich. Ich sitze hier, angeklagt des Mordes an James Harding, und bin willens und bereit, die Folgen auf mich zu nehmen. Dazu brauche ich doch keinen Anwalt?" Da Forsyth Brant für schuldig hielt, beeilte er sich, ihn in Dem zu unterbrechen, was, wie er fürchtete, ein Bekenntniß der Schuld sein macht«. „Erzählen Sie mir, bitte, nichts", fiel er schnell ein. „Man weiß, daß wir intim miteinander sind, und es ist gar nicht un wahrscheinlich, daß ich als Zeuge gegen Sie geladen werde." Brant lächelte. „Quälen Sie sich nicht darum", sagte er. „Wenn Sie geladen werden sollten, müssen Sie natürlich die volle Wahrheit sagen; ich werde auch nicht mit einem Worte wider sprechen." Sie sind ein wunderbarer Heiliger", sagte der Redakteur nach einer Weile. „Die meisten Leute in Ihrer Lage würden nach einem Strohhalm greifen. Sie sind also vollständig entschlossen, daß Sie keinen Anwalt haben wollen?" „Vollständig." „Kann ich denn sonst etwas für Sie thun?" fragte Forsyth noch, als er die Fußtritte des zurllckkehrenden Wärters hörte. „Nein — doch ja; Sie könnten Langford'S Namen aus der Zeitung fortlassen." Forsyth schüttelte den Kopf. „Das wäre jetzt jedenfalls zu spät, wäre unter diesen Verhältnissen aber überhaupt nicht mög lich gewesen. Sonst nichts?" „Ich wüßte wirklich nichts." „Na, dann behalten Sie den Kopf oben und nehmen Sie Vernunft an. Ich komme Vormittags wieder." Die Thür schloß sich hinter dem Journalisten, und Brant drehte sich mit dem Gesichte der Wand zu und versuchte zu schlafen. Der erste Schritt in dem Labyrinth war erfolgreich gethan, aber es folgten ander« und schwierigere. Er würde alle seine Fähigkeiten brauchen, um nicht auszugleiten; der Gedanke daran und die tröstliche Zuversicht auf die Gerechtigkeit seiner Sache führten ihn bald in das Land des Vergessens. XXIII. Kate Hobart war ein echtes Kind Californiens, ein fröh liches W«ltkind mit ausgeprägtem Charakter, dessen Lebhaftig keit ohne Fesseln war und dem Geheimnißthuerei und melancho lisches Wesen in gleicher Weise unerträglich waren. Da die Langfords sie zweimal während des Sommers auf dem Jack Mountain besucht hatten, so hatte sie Mrs. Langford'ä Einladung zu einem Besuch in Denver gern angenommen. Aber zwei solche niederdrückende Tage, wie die ihrer Ankunft folgenden, machten ihr Heimweh nach den Bergen, und sie ging am Sonnabend Morgen mit der Absicht zum Frühstück hinunter, eine Ent schuldigung zur Abreise zu suchen. Am Frühstückstisch aber wurde sie anderen Sinnes. Die Wolke, die, ohne daß sie ein« Erklärung dafür hatte, über der Familie lagerte, hatte sich ebenso unerklärlich wieder gelüftet; und zum ersten Male seit dem Anfang ihres Besuches empfand Kate, daß jene geheimnißvolle Atmosphäre nicht als die normale Luft des Hauses zu betrachten war. Bis jetzt hatte Niemand als die Mutter den verlorenen Sohn gesehen, aber Alle wußten, daß er sicher im Hause war; und da er seine Abwesenheit von Hause durch eine geniale Paraphrase der Wahrheit erklärt hatte, so hatte man noch keine Ahnung von der fürchterlichen Geschichte, die da in der noch feuchten Zeitung neben dem Teller deS Richters verborgen war, um die Heiterkeit des Mahles zu stören. Nur Isabel wollte nicht einstimmen in die allgemeine Fröhlichkeit, und ihr Vater versuchte mit ihr zu scherzen. „Nun, was ist Dir denn heute Morgen, Bella?" sagte er. „Quält Dich die unerreichbare Pariser Schule oder will's mit dem Gemälde gerade nicht vorwärts gehen? Du siehst aus, als ob Du einen Freund verloren oder einen Feind gewonnen hättest." Isabel erröthete bei dem unbeabsichtigten Hinweis auf die Wahrheit und Dorothy kam ihr zu Hilfe. „Quäl' sie nicht, Vater", sagte sie. „Isabel wird uns eine» Tage» noch All« überraschen; und Du wirst dann Deinen Titel
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