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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.08.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980805028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898080502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898080502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-05
- Monat1898-08
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Gröbere Schriften laut unserem PreiS- derzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. »rtta-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l SO.—, mit Postbeförderuug ^l 70.—. Annahmrschluß fir Aiyeize»: Abend-Au-gab«: Bori-kittsgS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stund« früher. Anzeige« sind stet» an die Sr-kdttia» zu richten. Druck und Berlag von E. Volz in Leipzig. M. Freitag den 5. August 1898. L , 92. Jahrgang. Seileidskun-getmngen zum Tode des Fürsten Lismarck. Wie nachträglich auS Wilhelmshaven bekannt wird, bielt der Kaiser am Sonntag auf der „Hobenzollern" vor Beginn des Gottesdienstes eine Ansprache über dir Ver dienste Bismarck'S, worin er hervorhob, dem Fürsten Bismarck hätten wir es zu danken, daß wir Deutsche seien. Die „Hamb. Nachr." veröffentlichen eine Reihe von Beileidstelegrammen, die von regierenden Fürsten oder deren Angehörigen an den Fürsten Herbert Bi-marck gerichtet sind. DaS Telegramm deS Kaisers ist bereits bekannt. Die Kaiserin sandte folgendes Telegramm: WtlhelmShöhe (Schloß). Der Kaiser theilt mir soeben den Tod Ihres Vaters mit. Empfangen Sie den Ausdruck der auf richtigsten Theilnahme, mit der Ich Ihrer und der Ihrigen Schmerz bei diesem Verlust gedenke, den mit Ihnen jeder Deutsche theilt. Auguste Victoria R. Ferner seien noch folgende Beileidstelegramme erwähnt: Schloß FricdrichShof. Zu dem Ableben Ihres Vaters sprecht ich Ihnen und Len Ihrigen meine aufrichtigste Theilnahme au». Kaiserin Friedrich. Fllsan. Tiefst bewegt. Heinrich. Norichach. Ties bewegten Herzens sprech« ich Ihnen meine innigste Theilnahme aus mit der Bitte, dieselbe auch den übrigen Hinterbliebenen übermitteln zu wollen. Da» Dahinscheiden des Fürsten bedeutet mir nicht nur den schweren unersetzlichen Verlust, den unser Gesammtvaterland erlitten, sondern auch einen persön lichen durch das große, immer gleiche Wohlwollen, dessen ich mich von seiner Seite stets zu erfreuen hatte. Aufrichtig trauert Deutsch land beim Heimgang seines großen Kanzlers. Wilhelm, König von Württemberg. Karlsruhe. Seine königliche Hoheit der Grobherzog, der zur Zeit in St. Moritz im Engadin weilt, hat mich beauftragt, Eurer Durchlaucht und dero Geschwistern sein treues Beileid im Andenken an Len unersetzlichen Verlust zu übermitteln. Der Großherzog hat mich ferner angewiesen, ihn bei der BeisetzungSseier zu vertreten. Ich darf wohl um gütige Mittheilung bitten, wo und wann die Beisetzung erfolgt. Minister von Brauer. Außerdem werden noch mitgetheilt die zum Theil schon be- kannten Telegramme des Königs von Sachsen, deS Herzog» von Meiningen, des Großherzogs von Sachsen-Weimar, des Herzogs von Sachsen-Altenburg, der Fürsten zu Waldeck, zu Schaumburg- Lippe, des Graf-Negenten von Lippe, des Senatspräsidenten von Hamburg u. a. m. Von den Depeschen der fremden Souveraine theilen wir folgende mit: Ischl. Euer Durchlaucht, sowie Ihre ganze Familie bitte ich, anläßlich des Ablebens Ihre- Herrn Vater- den Musdruck meiner herzlichsten Theilnahme zu empfangen, einer Theilnahme, die ich um so inniger empfinde, als dieser Augenblick mir mit besonderer Lebhaftigkeit meine persönlichen Beziehungen zu dem Tahin geschiedenen in Erinnerung ruft. Möge das Bewußtsein von der Unvergänglichkeit seines Andenken- Ihnen einigen Trost in Ihrem berechtigten, tiefen Schmerze gewähren. Franz Joseph. Turin, Schloß. I,» rvios et wvi NOUS vous prösentons Iss couclolvancss Iss plus atlsstueuses pour la mort cku priues äs Uismarolr, votrs pöre, ckont le uom ^loriem vivru «laus Iss siseles entours ä'aclmiration et <ls respvct. Lum dort. Osbvrne. Ich bitte Sir, den Aurdruck meine» Beileid» zu empfangen bet dem schweren Verlust, den Eie erlitten haben. Victoria L. I. Oovstnntkuopls, ?üäir. /o w'assoeis L I» srauäs äouleur gus vous eauis la mort cks votrv lllostre psrs et je m'smpresse cko vous eipriwer mes siocsre» voväolüancos. -l.d<lul Lawiä. * Marftrand. Ich spreche Ihnen und allen Ihren Angehörigen mein tiefe» Mitgefühl bei Ihrem großen Verluste au». Selten fah die Welt Ihre» Vater» Gleichen, «nd da- ganze einige deutsche Volk kann ihm nie Dankbarkeit genug zollen. Ich werde mich immer seiner freundlichen Sestunuug mir gegenüber mit Dank erinnern. O-car. Wir fügen hieran eine Auswahl der Trauerkundgebungen von bekannten Persönlichkeiten und Staatsmännern. Wien. Ich bitte Euer Durchlaucht, deu Ausdruck inniger Theil nahme der K. u. K. Regierung an dem unermeßlichen Verluste, der Sie betroffen, entgegrnzunehmen. Graf Voluchowski. Ockessa. llo vsur t'erprimer, cder »mi, eowdien jv partaxe ta xrauäe üoulsur. kriärs äs transwettrs ms, oouäolSaucss L touts I» tawlUs awsi gas eeUss cks ma komm». Oomts kaul Lvbovvalofk. RozSnyo. Der Tod Deines Vaters, den ich al» größten Mann deS Jahrhundert- bewunderte, erweckt ein tiefes Beileid und theil- nahmevollen Schmerz, den ich Dir al» mitfühlender Freund und Verwandter entgegenbriugr. Grza Andrassh. Rom. Olmßrms« par I'atkreuss nouvells jo vous soukaito coura<so et envois ms» oonäolsaocei. Lina Orispi. Lack Oasleln. lou tznov kov entirol^ I »Kars ^our sorrov; am rvritinx. Rosebery. Lonckou. kray acoept tds erpression ok our äeop anä siucere SMipLtdx kor tdo lass ok a lovia^ katder anä sxlsuäiä gsoius. kalisdur^. Lerlln. I bavo tdo davor to romit tdo kollorviv« meseagv ol vdied a eox^ La» bovu Lanäsck tv tdo Imperial torestsn oklleo. VLtto, Xmda.ssaclor, Lorlin. Dko Rresickeut odarg^s ^ou to erpress iu proper okksial quarter to tks dersaveck Lierman Nation anä to tds kawil^ ok tdo äeesassck statesman tdo sorrov, »Lied tds Government anä peopls ok tdo Lnitsck States ksel al tks passim; »va^ ok tds xroat Odaneellor, rvdoss Memory is ever assoeiateä witd tdo xroatnsss ok tdo Lierman Lmpirs. ^äee, aetiox seeretary. tVitd prokounck respect anä sympatdy tVLite, Hmbassaäor. Pretoria. Die Mitglieder des aussührenden Rathes und ich persönlich sprechen Ihnen unsere tiefgefühlte Sympathie au» mit dem schweren Verlust» den Sir erlitten haben durch da» Absterben Ihre» großen Vater». Möge der Herr Ihnen in dieser traurigen Stunde seinen Trost gewähren. Präsident Krüger. Jauerntg. Der gemeinsamen Trauer schließt sich mit inniger Theilnahme und dankbaren Erinnerungen an Cardinal Kopp. Jever. Auf» Tiefste erschüttert durch den Tod S. Durchlaucht de» Fürsten Bismarck, erlauben sich ihre tief empfundene Theilnahme au dem Heimgang des großen MannrS in unwandelbarer Treue zu demselben auszusprechen Die Getreuen v. Jever. Wiligrad. Unter dem schmerzerfüllten deutschen Volke steht in erster Linie tieferschüttert die Deutsche Eolonial-Gesellschaft an der Bohre de» Heimgegangenen Fürsten, trauernd nm den Vater der deutschen Colonien, um den mächtigen Förderer deutschen Sinne» und deutscher Machtentsaltung ring» auf dem weiten Erden rund. Möge sein Geist lebendig unter un» bleiben, daß wir kräftig weiter schaffen, würdig de- Andenkens unsere» unvergeßlichen Meister»! Johan« Albrecht, Herzog zu Mecklenburg, Präsident der Deutschen Eolonial-Gesellschaft. Berlin. Die im Tentralverbande deutscher Industrieller ver tretene deutsche Industrie ist auf da- Schmerzlichste ergriffen von dem Heimgang« Seiner Durchlaucht deS Fürsten Bismarck. Sie vergegenwärtigt sich heute mehr denn je die Zeiten, da die deutsche Industrie tief darniederlag und durch die Eoncurrenz des Aus landes fast erdrückt wurde. Der Einsicht und dem starken Willen des dahingeschiedeneu Fürsten verdankt sie es, wenn die heimische Arbeit wieder zu Ehren kommen konnte und wenn in der vom Fürsten durch- geführten Arbeiterschuhgefctzgebung die Grundlagen für ein gesundes Verhältniß zwischen ihr und ihren Arbeitern geschaffen wurde. Wenn im geeinigten deutschen Vaterlande und im wiedererstandenen deutschen Reiche für alle Zeiten der Name des Fürsten Bismarck unvergessen sein wird, so wird insbesondere die deutsche Industrie des Heimgegangenen Fürsten in aller Zukunft in unvergänglicher Dankbarkeit gedenken. Da-Direktorium de-Centralverbande» deutscher Jndstrieller. Berlin. Im Gefühle de» tiefsten Schmerze» bitte ich Sie, den Ausdruck meiner innigen Theilnahme genehmigen und den Uebrigen übermitteln zu wollen. Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst. Berlin. In tiefer Trauer über das erschütternde Ereignis; möchte ich, der ich zu allen Zeiten meine persönliche Liebe und Verehrung für Ihren Heimgegangenen Herrn Vater treu im Herzen bewahrt habe. Ihnen und Ihrer Familie mein innigstes Beileid und Mitgefühl doch wenigstens auf diesem Wege auSdrücken. v. Miqu «l. AuS einer großen Anzahl von deutschen Städten liegen neuerdings Nachrichten über beschlossene TrauerkundgebunHen vor, ferner haben unzählige Corporationen und Vereine Trauerebrungen veranstaltet und in stimmlichen Universitäten finden feierliche Traueracte statt. — Der „Allgemeine Depu- tirten-Convent der deutschen Burschenschaften" bat den Beschluß gefaßt, daß die Burschenschaften zu dem Leichen- begängniß deS Fürsten Bismarck je drei Chargirte zu ent senden haben. Der spanisch-amerikanische Krieg. —p Rasche Entschlüsse entsprechen nicht dem Charakter der spanischen Politik, und so wird auch die Entscheidung über den Präliminarfrieden mit den Vereinigten Staaten so lange wie möglich bingezögert, in der Hoffnung, günstigere Bedingungen zu erkalten oder irgend etwa- wie einen ckeus ex wucdina dazwischentreten zu sehen, waS der Lage noch in letzter Stunde eine freundlichere Wendung geben könnte. In dem gestern unter Vorsitz der Königin-Regentin abgehalttenen Ministerrathe gab Ministerpräsident Sagasta einen kurzen Ueberblick über die Entschließungen der Minister berathungen der letzten Tage, eine endgiltige Entscheidung ist aber noch nicht getroffen worden. Vielmehr setzte Sagasta die Besprechung mit verschiedenen Politikern gestern Abend noch fort. In Washington, wo das Friedens- bedürfniß kaum geringer ist al« ,n Madrid, erwartet man mit größter Ungeduld das entscheidende Wort. Ein Mitglied des Washingtoner CabinetS, das gestern Nachmittag eine Unterredung mit dem Präsidenten Mac Kinley hatte, erklärte nach derselben, es sei sicher, daß die endgiltige Ant wort Spaniens vor Sonnabend Nachmittag Mac Kinley osficiell mitgetheilt werden würde. Man erwarte jeden Augenblick, daß der franrösische Botschafter Cambon eine Unterredung mit dem Präsidenten nachsuche. So prompt dürfte die Sache indessen nicht erledigt werden, denn die spanische Regierung legt Werth darauf, zu erklären, daß sie sich noch in keiner Weise hinsichtlich der Friedensbedingungen gebunden habe. Allerdings ist das liberale Ministerium ent schlossen, einen FriedenSpact zu Stande zu bringen, aber aus der folgenden Meldung geht hervor, daß nickt alle maß gebenden Personen in Spanien unbedingte Anhänger des Friedensschlusses sind und daß die Regierung mit Rücksicht auf die Dynastie mit dieser Thatsache rechnen muß. Die Meldung lautet: * Madrid, b. August. Wenn unter den befragten Personen di Ansicht zu Gunsten der Fortsetzung de» Krieges sich geltend machte, würde da» Ministerium dem Throne frristellen, andere Rath geber zu wählen. Alle um ihre Ansicht befragten Personen beobachteten Zurückhaltung, Robledo erklärte sich für die Fortsetzung de- Kriege». So sind die Aussichten für eine baldige Beendigung des kläglichsten Kriege«, den je die Geschichte gesehen hat, augen blicklich wieder etwas herabgestimmt. Der Grund liegt darin, daß die leitenden Kreise in der Ueberzrugung, daß man Spanien eher zu wenig al» zu viel znmuthe, von einem Entgegenkommen absolut nicht« wissen wollen. Präsident Mac Kinley hat die Anträge de« französischen Bot schafter« Cambon auf Abänderungen in den Friedensbedingungen, ausgenommen einzelne Puncte, ab- gelehnt. Wenn dieser Meldung hinzugefügt wird: „Zweifel los sind die Unterhandlungen in gutem Gange", so ist die« nach dem vorher Gesagten doch sehr cum ssravo sali» zu verstehen, und die „New Uork Evening Post" eilt wohl den Thatsachen voraus, wenn' sie berichtet, die Regierung habe beschlossen, unverzüglich Truppen an mehreren Stellen der Nordküste Cubas landen zu lassen, denn die Friedensverhandlungen seien bereit« soweit fort geschritten, daß die Regierung Maßnahmen zur Errichtung einer Militärverwaltung auf Euba treffen könne. Die Landung von neuen Truppen dürfte vielmehr den Zweck haben, mit dem noch nicht gebrochenen militairischrn Widerstand Spanien« aufzuräumen. Aus Gibara an der Nordküste (Provinz Santiago) haben die Spanier sich zurückgezogen, worauf die Aufständischen einrückten und 18 Freiwillige tödteten, aber bei Monteverde siegten die Spanier und brachten den Aufständischen beträcht liche Verluste bei. Marschall Blanco ist durchaus nicht Willens, die Flinte schon in» Korn zu werfen, und beginnt bictatorisch aufzutrrtrn. Er decretirte die Suspension de« Parlaments der Insel Euba, und eine amtliche Depesche au« Puerto Rico meldet nach Madrid, daß Oberst San Martin erschossen wurde, weil er mit seinen Truppen Ponce ohne Kampf verließ. Oberstlieuteaant Puiz beging Selbstmord. Diese Vorkommnisse bestätigen die Vermuthung, daß in der spanischen Armee DiSciplinlostgkeit einzureißen beginnt und daß einzelne Officiere mit dem Femde zu fraternisiren anfangen. Da» ist ein sehr bedenkliche« Zeichen. Andererseits ist e« dem amerikanischen Prestige nicht eben förderlich, daß, wie die ,Firne«" au» New Dork unterm 4. August melven, die Fübrer der amerikanischen Trupven in Santiago dem General Shafter in einer Adresse erklärten, die Truppen müßten sofort in die Hcimath zurückgebracht werden, wenn man sie nicht umkommen lassen wolle. Die Truppen sollen deshalb baldigst nach Len Vereinigten Staaten Vergeltung. 9j Erzählung von Wilkie Collin». Nachdruck vertokm. Sein Gesicht war mit Blut besudelt. Ueber dem Ohr war eine furchtbare Wunde sichtbar. Der Baron blickte auf und er kannte seine Tochter, ehe er in ihren Armen wieder ohnmächtig wurde. Seine Hände und sein Anzug waren mit Erde be schmutzt, er mußte sich eine ziemliche Strecke weit fvrtgeschleppt haben, und in diesem schrecklichen Zustande mehr als einmal ge fallen sein, ehe er das Haus erreichte. Lavinia wischte ihm das Blut vom Gesicht, Vally beschwor ihn in wahnsinniger Auf regung, ihr zu verzeihen, ehe er sterbe, der sanfte, gutherzige Vater, den sie so sehmählich betrogen hatte! Die Dienerschaft kam erschrocken herbeigelaufen. Ihr Er scheinen erweckte Evers aus der Erstarrung, die ihn gelähmt zu haben schien. Er winkte einem der Diener, ihm in den Garten zu folgen, um den Verwundeten ins Zimmer zu tragen, und auf das Sopha zu betten. Vally kniete neben ihrem Vater nieder und stützte ihm den Kopf, Lavinia suchte das noch immer aus der Wunde sickernde Blut zu stillen, während ihr Mädchen Lein wand und kaltes Wasser herbeischaffte und der Kutscher fort eilte, den Arzt zu holen. Mit Ever» allein geblieben, bemerkte Vally, daß sein forschender Blick unverwandt aus den Kopf d«S Vater» gerichtet war. Er sprach kein Wort und starrte unau». gesetzt die Wund« an. Der Arzt kam. Noch ehe di« Tochter oder dir Schwester deS Schwerverletzten die Frage hervorbringen konnten, that fie Evers: „Wird er leben od«r sterben?" „Beruhigen Sie sich", tröstete er dir Angehörigen. „Et ist keine Gefahr vorhanden. In wenigen Tagen wird der Patient wieder hergestellt sein." In stummer Dankbarkeit sanken Vally und ihr« Tante auf die Knie. Nachdem der Arzt die Wunde verbunden hatte, sah er sich nach dem Hausherrn um. Ever», der noch vor wenigen Minuten in athemloser Spannung den Ausspruch vr. Martin'» erwartet hatte, schien jetzt jedes Interesse an dem Fall verloren zu haben. Er stand nachdenklich am Fenster und blickte auf den Friedhof hinan». Der Diener, der bei der Untersuchung der Kleider des Verwundeten behilflich war, entdeckte, daß Börse und Uhr fehlten. Ohne ein Wort der Erklärung, mit bloßem Kopf, ging Evers in den Garten, um, wie seine Leute vermuthe- ten, die Spur des Räubers aufzusuchen, der den Baron über fallen hatte. Während Herr v. Ko-lyn unter der Aufsicht Vr. Martin's in sein Schlafzimmer getragen wurde, erwachte der Kranke wieder zum Bewußtsein. Der Arzt verabschiedete sich von den Ange hörigen des Barons mit der wiederholt« Versicherung, daß keiner lei Veranlassung zur Bcsorgniß vorhanden sei, als Evers schwe ren Schritte» ins Hau» zurückkehrte. Er hatte sich in der That nach dem Schurken umgesehen, der den Baron niedergestreckt. Den Beweggrund für diese» emsige Nachforschen konnten Andere unmöglich errathen. Seine eigene Sicherheit hing von der des Thoma» Wilde ab. Sobald er sich im Dunkel der Nacht vor jeder Beobachtung geschützt wußte, begab er sich in die Mälzerei. Die dort bereit liegenden Kleider waren noch unberührt, von seinem Mitschuldigen war keine Spur zu entdecken. E» blieb ihm nicht» übrig, al» wieder in» Hau» zu gehen, um sich die Gewißheit zu verschaffen, ob in seiner Abwesenheit bei irgend Jemand vielleicht ein Verdacht aufgestiegen war. Sin Diener meldete ihm, daß Vr. Martin e» übernommen habe, bei der Polizei die nöthiae Anzeige von dem Vorgefallenen zu erstatten. Ever« zuckte zusammen und wechselte die Farbe. Wenn Wilde in Abwesenheit seine» Herrn von Anderen verhört wurde, konnten sehr bedenkliche Folgen daraus entstehen. „Die Benachrichtigung der Polizei ist meine Sache", rief er. Den Diener, der in einer Kammer über dem Stall schlief, ent ließ er jetzt schon mit dem Bedeuten, daß er vor dem nächsten Morgen nicht mehr gebraucht werde. Vorsichtig über die Treppe spähend, sah ValeSka ihn die Thüren sämmtlicher Zimmer im Erdgeschoß schließen und die Schlüssel abziehen, und al» er sich endlich entfernte, um vr. Martin nachzueilen, hörte sie »hn auch die Hausthür verschließen. Unglaublich wie e» schien, fiarkd doch die Thatsache fest, daß die Bewohner de» Hause» Gefangene waren, bi» er zurückkam. Wa» bedeutete da»? E» bedeutet«, daß.Ever» noch Rache an der Frau zu nehmen hatte, di« ihm entschlüpft war, daß de» Baron» Leben noch zwischen dem Manne, der seinen Tod beschlossen, und zwischen dem Geld« stand, da» er sich um jeden Preis aneianen wollte; e» bedeutete, daß er sich zum Aeußersten getrieben sah, und die Schrecknisse und die Gefahren in 'dieser Nacht noch nicht zu Ende waren. Valeska und ihre Tante, die an dem Bette des Barons standen, sahen einander an. Der Verwundete war in einen Halbschlummer versunken, von ihm konnte keine Aufklärung kommen. Die Tante war die ruhigere von Bcjhen, weil kein Geheimniß ihr Gewissen belastete. „Unser Theurer ist uns erhalten", sagte die alte Dame sanft. „Gott war uns gnädig, wir sind in seinen Händen." In diesem Augenblick wurde die Hausthürglocke heftig ge zogen. Valeska öffnete das Fenster und trat auf den Balcon, der sich längs dieser ganzen Seite deS Hauses hinzog. Ein Telegraphenbote wartete unten, der sich nur mit schwerer Zunge verständlich machen konnte. Von ihrer jungen Gebieterin beauftragt, ging Vally's Kammerjungfer in den Hausflur und und kam mit einem Telegramm zurück, das der Bote unter der verschlossenen Thür durchgeschoben hatte. Die Entfernung von der Telegraphenstation bis zu dem Gute war beträchtlich, und der Bote hatte den Weihnachtsabend in mehr als einer Bierkneipe gefeiert und dadurch die Ablieferung des an Valeska adressirten Telegramms um mehrere Stunden verzögert. Sie öffnete und überflog e», ließ es zu Boden fallen und blieb in sprachlosem Entsetzen wie in Stein verwandelt stehen. Lavinia hob da» Telegramm auf. „Entsetzliche Nachrichten", laS sie. „R. E. hat Deine Ber- heirathung entdeckt, was mir bis heute verborgen gehalten wurde. Unverzügliche Flucht mit Deinem Manne ist die ein zige Möglichkeit der Rettung. Leider ist mir F.'S Adresse un bekannt. Ich hoff«, daß Du dieses Telegramm erhältst, ehe E. nach Somersetshire zurückkehren kann. Ich bitte Dich, mir zu teleyraphiren, daß Du in Sicherheit bist. Wenn ich nicht recht zeitig von Dir höre, folge ich meinem Telegramm. Alicia." „Ist das wahr?" fragte Lavinia, ihre Nichte anblickend, und auf da» ehrwürdige Gesicht de» Vatxzs deutend, da» todte»- bleich vor ihr lag. DaS Bekenntniß war gemacht, Wort« der Reue und der Vergebung wurden gesprochen. Langsam und eretgnißlo» ver strichen die Minuten. Es war fast wie eine Erlösung, al» die Stille der Nacht ein zweites Mal durch ein Geräusch unter brochen wurde. Ein kleiner Stein flog an da» Fenster und «ine Stimme rief vorsichtig: „Fräulein Lavinia!" Valeska und Lavinia erkannten die Stimme des Dieners und beeilten sich, das Fenster zu öffnen. Der Diener hatte ihnen etwa» im Geheimen mitzutheile». Ein glücklicher Zufall, der schon von Bambert als für die be absichtigte Entführung günstig in Betracht genommen worden war, wurde jetzt auch von dem Diener benutzt, die Verbindung mit den Damen herzustellen. Da» Schloß des Schuppens, in dem der Gärtner seine Geräthschaften aufbewahrte, war zer brochen und zum Ausbessern weggegeben, so daß die Leiter des Gärtners für Jeden, der sie brauchte, zugänglich war. Bei der geringen Entfernung deS BalconS vom Boden war die Leiter lang genug, um auf ihr den Balcon zu ersteigen, und nach wenigen Minuten konnte der Diener mit ValeSka und ihrer Tante sprechen. „Ich bin in großer Sorge um die Herrschaften", sagte der Diener, „und möchte mich ins Dorf schleichen, um zu sehen, was dort vorgeht. Kann ich etwa» für Sie thun?" Vally nahm Lady Winword's Telegramm. „Fritz muß das erfahren", sagte sie zu ihrer Tante. „Wenn ich ihn nicht wissen lasse, was vorgefallen ist, kommt er mit Tagesanbruch hierher." „Mein Gott", rief Lavinia erblassend, „wenn er mit Roland zusammentrifft. Benachrichtige ihn sofort, laß e- ihn wissen, eh« es zu spät ist." Vally schrieb einige Zeilen an Bambert an die Adresse, unter welcher er in seiner dörflichen Wohnung bekannt war, beschwor ihn, keinen übereilten Schritt zu thun, und schloß Alicia Win word's Telegramm bei. Der Diener eilt« spornstreichs mit dem Briefe in das Dorf- da» Gemüth Dally's und ihrer Tante er füllte die gleiche Hoffnung, die einander einzugestehen sich Beide schämten, die Hoffnung, daß Bambert sich der Gefahr, die sie für hn fürchteten, aussehen und zu ihnen kommen wurde. Sie waren noch nicht lange wieder allein, als der Boron schlafbefangen die Augen öffnete und sie fragte, waS sie in seinem Zimmer zu thun hätten. Vorsichtig brachten sie ihm bei, daß er krank sei. Er legte die Hand an den Ko^f und erwiderte, sie hätten Recht, und verfiel von Neuem in Schlummer. Er schöpft von den überstandenen Aufregung«, erwarteten die beiden Frauen schweigend die Ereignisse, die sich noch zutrogen würden. Sine Art stumpfer Ergebung hatte sich ihrer be mächtigt. Nachdem sie Thür und Fenster verrammelt und da» in Kissen ruhende bleiche Gesicht geküßt hatten, sagten sie zu einander: „Wir wollen mit ihm leben oder sterben, wie e» Gott gefällt!" Lavinka saß am Bett ihres Bruders, Bally auf einem Schemel zu den Füßen ihrer Tante, mit geschlossenen Augen und den Kopf auf den Knien der alten Dame.
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