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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189808078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980807
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980807
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-07
- Monat1898-08
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1898
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Bezugs-PrriS ßtt der Hmlptexpedtttmr oder de« tm ktadt- bezirk und den Vororten errichtete« Aut- aabestellen abgrholt: vierteljährlich ^läckO, ort »weimaliaer täglicher Hu stell««- in» Hau- SLO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandsendung int Ausland: monatlich 7.Ü0. Di» Morgen-Autgab« ^scheint um '/,? Uhr. die Abend-Ausgab« Wochentag« um k Uhr. Ne-action und Lrvedition: J-hannes-affe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend« 7 Uhr. Filialen: Ltto klemm'« Sorttm. (Alfred Hahn), UniversitätSstraße L (Paulinmn), LoiiiS Lösche, Aatharinenstr. I«, Part, und König«platz 7. MpMer TagMM Anzeiger. Amtsvlatt des KWgkiche« Land- und Amtsgerichtes Leipzig, > -es Nathes und Nsttzei-Ämtes der Ltadt Leipzig. 38«. Sonntag den 7. August 1898. AnzeigenPrei- dle S gespaltene Petitzetle 20 Psg. Meelame» «Mer dem Redartiontstrich (4-w spalten) 50^, vor den Aamtlieunachrichte» (6gespalten) 40-4- Gröber« Schriften laut unserem Preis« verzeichnib. Tabellarischer und Zissernjatz »ach höherem Tarif, Extra-Vetl«G«tt (gefalzt), n«, mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuug 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschluß für Ä«)eigen: Abend-Ausgab«: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Autgab«: Nachmittag« «Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richte«. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. 92. Jahrgang. Äus -er Woche. Die Todtenwoche ist vorüber, die Straßen der Städte nehmen ihr Alltag«au«sehcn an, da« AlltagStreiben tritt wieder in seine Neckte. Es ist vorbei und nicht vorbei. Von dem Grabe, daS sich in Friedrichsruh aufgethan, wird immer Leben auSgehcn und wehe Deutschland, wenn die Zeit käme, wo eS nichts mehr zu sagen hätte. Wahr und schon brsiugt ein Dichter, Robert Haaß, die ZukunfSbrdeutung von Bismarck'« Ruhestätte: Hierher, ihr Deutschen, wenn der Muth erschlafft, Hier sind dir starken Wurzeln eurer Kraft! In diesen Boden ist gelegt dle Saat Hu jeder künst'gen großen deutschen That. Hier liegt sie! Mögen die kommenden Geschlechter, die vom Pharao des deutschen Bundes nicht« mehr wissen, niemals deS großen Befreier« au« Zerrissenheit und Schmach (Vorbild und Lehre vergessen. Wir wollen eS als gutes Vor zeichen nehmen, daß die letzte Huldigung, die der lebende Bis- Inarck empfing, von den Abiturienten eine« süddeutschen Gym- snasiuniö auSging, die bei ihrem Eintritt in die Periode des Selbft- bestiminungSrechteS dem Schöpfer von Kaiser und Reich Treue zu seinem Werke gelobten. Wenn der sterbende Große dies Versprechen der Vertreter eine« mehr al« sechzig Jahre von ihm getrennten Geschlechts als gute Bürgschaft für den Fortbestand und vas Gedeihen des geeinten Deutschlands genommen, so soll er, hoffen wir, sich nicht getäuscht haben. Mag aber vor Allem die Zuversicht der patriotischen Jugend, daß die in der Gegenwart das politische Leben Bestimmenden und für seine Gesundheit Verantwortlichen ihr dereinst das vom ersten Kanzler hinterlassene Arbeitsfeld als ein fruchtbar gebliebenes überweisen, nicht zu Schanden werden. Einfach, wie Fürst Bismarck eS gewünscht und wie seine ganze Lebensführung gewesen, ist sein Leichnam der vorläufigen Ruhe bis zum Tage der endgiltigen Beisetzung übergeben worden. In das schlichte FriedrichSruher Herrenhaus hätte auch kein Pomp gepaßt, ja, dort wäre, wie Professor Lcnbach bezeugt, die Entfaltung eines Leichenprunkes gar nicht möglich gewesen. Diejenigen Verehrer, die dem ersten Kanzler genau seit dem 30. Juli in der freisinnigen Presse entstanden sind, mögen sich also beruhigen. Auch darüber, daß die Hinterbliebenen nicht der Todtenfeier in der Berliner Wilhelm-Getächtnißkirche beigewohnt baden. DaS geht die Freisinnigen und sonstigen krittelnden Herrschaften gar nichts an. Ebensowenig die Wahl der Begräbnißstätte. Bismarck hat sie sich selbst ausgesucht und er wird dort schön ruhen. Ringsum ist freie starke Waldesluft — Schafft die Lakaien weg von dieser Grufti — So lautet ein anderer Spruch von Robert Haaß. Und fürwahr, die Lakaien haben sich an den Tobten zu drängen gesucht. Lakaien und Gesinnungsverwandte von Lakaien. Von so Manchem, der Licht von dieser Leiche leihen wollte, weiß man, daß er im Jahre 1889 mit dabei gewesen, als es galt, den Kaiser in der Absicht, sich von Bismarck zu trennen, zu bestärken, und über so manches Beileidstelegramm mag sich der Wohl unterrichtete Sohn seine eigenen Gedanken gemacht haben. Doch war es diesmal wohl nicht so schlimm als vor, während und ganz kurze Zeit nach der ersten Begegnung deS Kaisers mit dem im Ruhestand Lebenden. Es muß aber auch solche Käuze geben. Charaktere, wie deren einer in der „Magdeburgischcn Zeitung" das Todtengerickt über Bismarck zu halten den Muth fand, sind selten. Der Unbestechliche schrieb: „Im Verlaufe der dreißig Jahre haben wir in diesen Blättern nie aufgehört, darüber Klage zu führen, daß er, um augenblickliche Vortheile zu erreichen, die Parteien immer rücksichtslos gegen ein ander auslpielte und mit Virtuosität nach dem alten Worte: „Ent zwei' und gebiete" verfuhr, anstatt dem weiseren Rathe zu folgen: „Verein' und leite!" Al« er vom Schauplatz zurücktrat, bot die innere Politik ein Bild größter Verworrenheit dar. Die Zustände, unter Herr« Nachwirk««- wir ja heute noch stehe« »nd voraus sichtlich »och lange stehen werden, find derart, daß man wohl mit Sorge in die Zukunft blicken muß. Al« Bismarck das Steuerruder übernahm, gab r« keine Socialdemokratie und keine Eentrumspartei. Und heut»? Die verhängnlßvollen Fehler, di« schon allein in der Behandlnng dieser Partei»« von Haus« au« gemacht worden sind, wird dir Geschichte erst in späteren Tagen, wenn di» Leidenschaft der Gegenwart verflogen sein wird, mit Sicherheit beurtheilen können. Schade, daß Sybel und Treitschke todt sind und ihr Urtheil über Bismarck nicht mehr nach der Richtschnur, die „wir" in der „Magdeb.Ztg." dreißigJahrr hindurch vergeblich vorgezrichnet, berichtigen könne«. „Wir" haben, wie der Ber liner sagt, ja so recht und „wir" baden nicht einmal dir ganze Wahrheit gesagt. Denn ohne Bismarck gäbe eS heute auch keine Welfenpartei, keine Dänischgesinnten auf preußischem Boden, keine elsässischen Protestler und keinen Dsroulöde. Solche Kauze, wie der in der „Magdeb. Ztg." einer ist, müßte es eigentlich nicht geben. Daß nur ganz vereinzelte französische Stimmen dem Tobten, wenn nicht Gerechtigkeit haben widerfahren lassen, so doch ihm gegenüber den Anstand be wahrt haben, giebt heute unter dem Ausdruck seine« Bedauern« selbst ein angesehener französischer Schriftsteller zu. Wie der Grundtou der öffentlichen Besprechung war, wissen unsere Leser nicht. Wir haben bisher darüber keine ausführlicheren Mittheilunaen gemacht, nicht aus Schonung, sondern weil der Raum fehlte. Da aber dem Deutschen kein Zug au« dem Antlitz seines ewig lauernden Feinde- entgehen soll, so setzen wir hierher, was em viel gelesene- französische- Blatt, die „Patrie", ohne von anderen gescholten zu werden, nach dem Tode Bismarck's schrieb: „Wenn e« wahr ist, daß der Körper eine« tobten Feindes immer gut riecht, so muß da«, wa» von dem Henker Elsaß-Lothringen» übrig ist, in dieser Stunde durch ganz Frankreich einen Dust von einer Köstlichkeit verbreiten, neben welcher die zartesten Wohlgerüchr de« Orient« verblassen würden. Der übermüthige Fälscher, der thierische Schlächter, der Bandit ohne Glauben und Gesetz, der dieses barbarische Axiom schvs: „Die Macht ist da« Recht . diese Basis aller Thaten seine« Leben«, und dessen Name gleichbedeutend mit Dieb und Mörder ist, wird auf dieser Seite des Rhein» weder rin Wort deS Mitleids, noch ein Wort des Vergessens finden. Er ist gestorben, wie wir es wünschten; die Märtyrer von Bazeilles sind gerächt; die Pariser, die vor achtundzwanzig Jahren ihre Freunde und ihre theuersten Verwandten in den Grauen des Elends, des Hungers und der Kälte erliegen sahen, kosten zu dieser Stunde eine ungemischt« Freude; der Henker ist zehn Jahre lang in den grau- samsten Schmerzen hingesiecht, ehe er in diese- Nichts eintrat, welche« «och die schnellste und sicherste Vergeltung ist. Zehn Jahre lang heulte der Kanzler von Eisen und Blut in namenlosen Martern. Seine letzten Augenblicke sind für unsere Herzen ein wohlthuender Balsam gewesen: er hat Alles gelitten, was ein Mann erleiden kann. Möge die Erde diesem Unerbittlichen schwer sein!" So spricht Frankreich. Die preußische Ungeschicklichkeit, ohne die es seit acht Jahren bei keiner Gelegenheit abgeht, hat sich auch gegenüber dem er schütternden Geschehniß nicht verleugnet. Der „Freis. Ztg." ist, wir haben eS schon gemeldet, von der Berliner Polizei unter sagt worden, an dem dem Todestage des Fürsten folgenden Sonntag eine Sonderausgabe ihres Blattes Herstellen zu lassen, und zwar mit der Begründung: „DaS ist kein Natur- ereigniß." Die Untergebenen deS Herrn v. d. Recke sind in der politischen Naturgeschichte schlecht bewandert und man wird sich auf diesen Umstand berufen, wenn er wieder ein mal weitere Befugnisse für sie verlangen sollte. Ein anderes Blatt in Berlin durfte übrigen« drucken lassen; eS scheint sich also der Ungeschicklichkeit die Anordnung zu gesellen. Deutsches Reich. tt Berlin, 6. August. Da in dem großpolnis chen AgitationSprogramm auch die wirthschaftliche Eman- cipirung der Bevölkerung polnischer Zunge von ihren deutschen Mitbürgern eine hervorragende Rolle spielt, so dürfte der Hin weis nicht ohne Interesse erscheinen, daß, wie die galizischen Handelsfachzeitungen in Lemberg berichten, sich dort unlängst ein Institut gebildet hat, welches die Bezeichnung „Landes- Jndustrieverband" trägt und eine energische Thätigkeit zur Hebung der galizisch-polnischen Industrie, namentlich auch mittels Ausdehnung des Absatzes galizischer Jndustrieerzeugnisse auf den preußischen Osten bezw. auf Berlin, zu entfalten beabsichtigt. Der „Dziennik Berlinski" begrüßt dieses Projekt mit rückhaltloser Sympathie, denn Berlin sei „in Handelsbeziehungen der Schwerpunkt für das Groß- herzogthum Posen . „Hier concentrirt sich der Handel mit den östlichen Provinzen, hier und in Breslau versehen sich unsere Kaufleute und Industriellen mit Maaren, und auf diese Weise wird Berlin gleichsam das Thor für den Handelsverkehr mit dem Posenschen. Nicht Posen, keine von den Provinzialstädten des Großherzogthums, sondern Berlin würde sich wie keine andere Stadt als Ausgangspunkt für eine energische Geschäfts agitation eignen, die die Anknüpfung von Beziehungen mit den polnischen Provinzen des deutschen Kaiserreiches zum Ziele hat. Die Veranstaltung, wenn auch nur einer zeitweisen Aus stellung von Erzeugnissen der galizischen Industrie, insbesondere im Herbst und im Frühjahr, wo unsere Kaufleute hier Zu sammenkommen, um sich auf der Berliner Messe mit Maaren zu versehen, würde eine ungeheure Bedeutung haben, denn dies würde ihnen die Möglichkeit geben, manche Erzeugnisse der hei- mathlichen Industrie zu prüfen und mit den Erzeugnissen der deutschen Industrie zu vergleichen." Wie wir aus dem „Dziennik Berlinski" ersehen, sind bereits Schritte zur Errichtung einer Berliner Agentur des galizischen Jndustrie- verbandeS gethan, welche „den Handel mit den östlichen deutschen Provinzen, mit Galizien und dem Königreich Polen erleichtern und vermitteln könnte". * Berlin, 6. August. Zur Frage der Handelshoch schulen berichtet der „Hann. Courier": „DaS Protokoll der auf Veranlassung des Handelsministers in Berlin am 31. Januar und 1. Februar d. I. stattgehabten Verhandlungen über das kaufmännisch« Unterrichtswesen in Preußen ist nunmehr im Druck erschienen. Daraus ist zu ersehen, daß sich der Kom missar des Handelsministers, Geheimer RegierungSrath Simon, in der Versammlung auch ausführlich über die Handelshoch schulfrage verbreitet, insbesondere die Entstehung der dies bezüglichen Bestrebungen und den jetzigen Stand der Angelegen heit erläutert hat. Die für und gegen die Errichtung einer Handelshochschule geltend gemachten Gründe seien noch reiflich zu überlegen; namentlich verdient die Frage eine eingehende Prüfung, ob wir in Preußen dauernd die nöthige Schülcrzahl für eine Handelshochschule haben würden, wenn erst in Leipzig eine solche Anstalt errichtet sein werde. Einfacher liege die Sache schon, wenn man sich darauf beschränke, an die vorhandenen Hochschulen besondere Abtheilungen für Handelswisscnschaften a n z u g l i e d e r n, wie man das in Aachen beabsichtige. Ob Aachen gerade ein günstiger Platz für einen solchen Versuch sei, müsse dahingestellt bleiben. Jeden falls würden, wenn man lediglich die Lage des Ortes betrachte, Berlin, Breslau und Hannover den Vorzug verdienen. Der Kommissar des Kultusministers, Geh. Oberregierungsrath vr. Wehrenpfennig, führte in der Versammlung auS, in Aachen hätten sich die Professoren der technischen Hochschule besonders entgegenkommend gezeigt, indem sie sich erboten, keinen Anspruch auf Entschädigung zu erheben, soweit es sich um Vorlesungen handele, die bereits an der technischen Hochschule vorhanden seien. Nachdem in Leipzig die Handelshochschule, wenn auch nur lose, mit der Universität verbunden sei, könne es vielleicht ganz erwünscht sein, einen ähnlichen Versuch mit einer tech nischen Hochschule zu machen. Wenn sich Herausstellen sollte, daß der Besuch zu gering sei, so schade das nichts, da es sich nur um einen Versuch handle. Gelinge dieser nicht, so sei für Niemand ein Schaden daraus erwachsen, die Abtheilung werde wieder aufgehoben, und die technische Hochschule bleibe davon un berührt. Von anderer Seite wurde bemerkt, daß sicherlich auch sehr viele Schüler der technischen Hochschulen mit Freuden dir Gelegenheit ergreifen würden, sich im kaufmännischen Wissen auszubilden. Auch der deutsche Jngenieurverband habe auf die Nothwendigkeit hingewiesen, die jungen Techniker mit kauf männischem Wissen bekannt zu machen. Die Vertreter der kaufmännischen Körperschaften von Altona, Berlin, Breslau, Königsberg i. Pr. und Steftin, denen sich in der Folge auch noch mehrere andere Redner anschloflen, gaben die Erklärung ab, daß sie «in Bedürfniß für die Errichtung selbstständiger Handels schulen als vorhanden nicht anerkennten, daß sie es dagegen für zweckmäßig hielten, an die bestehenden Hochschulen handels wissenschaftliche Lehrfächer anzugliedern, ohne den besonderen Bestrebungen der einzelnen Städte vorzugretfen." * Berlin, 6.August. Die Gunst der GeschäftScon ju nctu r ist im Schwinden begriffen. Darüber täuscht auch die Tbat» fache nicht hinweg, daß im Kohlenbergbau und in der Eisen industrie noch ganz ausnahmsweise gute Zeiten zu verzeichnen sind. Aber mählich werden die immer noch hoch gespannten Erwartungen durch die nüchterne Wirklichkeit selbst an der so boffnungSsreudigen Berliner Börse Lügen gestraft. Der Jahresabschluß deS Bochumer Verein« für Bergbau und Guß- stahlfabrikation, so günstig er relativ lautete, brachte dock in dem Sinken der Course die Meinung zum Ausdruck, daß die Curve der Conjunctur nach unten zeigt. Der Arbeits markt im Monat Juli giebt ein deutliches Bild von dem Nachlassen deS Geschäfts. Hat schon der Juni einen kleinen Rückgang gezeigt, so weist der Juli einen unerwartet starken Andrang von Arbeitssuchenden auf. Nach den Ergebnissen der deutschen Arbeitsnachweis-Verwaltungen, wie sie in der Berliner Monatsschrift „Der Arbeit-markt" veröffent licht werden, bewarben sich um 100 offene Stellen im Juli diese« Jahre« 1l4,4 gegen 108,7 im Juli 1897. Bon 49 Arbeitsnachweisen liegen vergleichbare Daten vor. Bon diesen weisen im Vergleich zum Juli vorigen Jahre« 25 (-j- 1 ausländischer) eine Abnahme und 21 (-s- 3 ausländische), darunter jedoch die bedeutendsten eine Zunahme de«Andranges auf. Abnahme: Nixdorf, Quedlin burg, Osnabrück, Münster, Dortmund, Essen, Elberfeld, Düsseldorf, Trier, Mainz, Gießen, Darmstadt, Straßburg, Heidelberg, Lahr, Schopfheim, Karlsruhe, Offenburg, Mann heim, Ludwigsburg, Eßlingen, Göppingen, Ulm, Fürth, Augs burg. — sBrünn.j Zunahme: Posen, BreSlau, Frank furt a. O., Berlin, Kiel, Halle a. S., Erfurt, Gera, Hannover, Köln, M.-Gladbach, Aachen, Wiesbaden, Frankfurt a. M., WormS, Freiburg i. B., Stuttgart, Kanustatt, Heilbronn, Nürnberg, München. — sWien, Bern, Winterthur.) KZ Berlin, 6. August. (Privattelegramm.) Die Meldung mehrerer Blätter, daß von amtlicher Seite die Veröffentlichung deS Wortlautes de« Entlass»«--» gesucheS Bismarck's vorbereitet werde, ist gänzlich un begründet. Von bestuuterrichteter Seite wtrd versichert, daß eine solche Publikation nicht erfolgen wird. L. Berlin, 6. August. (Privattelegramm.) Die „Vossische Zeitung" erfährt: Nickt die Verlagsanstalt „Union", sondern der I. G. Eotta'fche Berlag erwarb die Denk würdigkeiten BiSmarck'S. — Ueber die Memoiren des Fürsten Bismarck erfährt die „Berk. Ztg." von einer der Cotta'schen Verlags handlung nahestehenden Seite, daß das Manuscript der Me moiren im Jahre 1891 vom Geheimrath Kröner erworben worden ist. Kröner übernahm damals als Inhaber der Cotta'schen Ver lagsbuchhandlung den Verlag der „Münch. Allg. Ztg.", wodurch er mit Friedrichsruh in nahe Beziehung kam. Bei einem ge legentlichen Besuche erzählte ihm Bismarck, daß man ihm vom Auslande horrende Summen für seine Memoiren geboten habe. Aber als Patriot wünschte er, daß diese in einem deutschen Ver- Um die Erde. Reisebriefe von Paul Lindenberg. «-»druck vnbeten. JnderSadtderMormonen. — Deutsche Musik« grüße. — Günstiger Eindruck. — „Isis Lis- inarvlr". — JetztundEinst. — BrighamUoung. — Die Tempelanlage. — Im Tabernakel.— Herrliche Musik. — Am Salzsee. — Inter essante Begegnung. — Ein holsteinischer Freiheitskämpfer. — Bei Milford Woodruff, dem Präsidenten der Mormonen. S a l z se e st a d t, 14. Juni. Deutsche Musikweisen waren es, die mich eine Stunde nach meiner Ankunft in der „Stadt der jüngsten Heiligen" begrüßten; auf der Terrasse eines vornehmeren Restaurant« in der Haupt straße spielte ein gut besetztes Orchester, und al» ich ziellos auf dem breiten Bürgersteige umherbummelte, da — horch! — klang e» mit einem Mal herab: „Seht ihr, wie viel Sternlein stehen", und kurz danach hallten durch dir vom Gewitter gereinigte Luft di« getragenen Töne des „Wer hat Dich, Du schöner Wald". — Jener Augenblick, wo mich, der ich allein in der Fremd« war, Tausende Meilen von der Heimath entfernt, diese deutschen Töne unvermuthet erreichten, er gekört auch zu jenen, in welchem Einem da« Herz ganz merkwürdig zu klopfen ansängt und,« seltsam um die Augen herum brennt! Und wir „thörichten deutschen Schwärmer", wir unS die Amerikaner ironisch gern nennen, wir wollen un» jener Momente nicht schämen; Bott sei Dank, daß uns diese» wie vieles Andere vom Uankeethum trennt, und daß wir un« trotz all der gewaltigen politischen und socialen Umwälzungen der neuen Zeit noch so Manche« bewahrt haben, wa« man „deutsche Eigenart" nenntl Der deutsch« klan-reiche Gruß aber brachte mich gleich dem ganzen Ort näher, und wenn'« auch nicht immer zutrisft, so bewahrheitet sich doch in den meisten Fällen da» Wort, daß der erste Eindruck der richtige ist! Und in den wenigen Tagen meine» Hierseins hat sich dieser erste sympathische Eindruck we sentlich verstärkt, und daß ich an demselben obigen Abend auf ein hübsches, neue» Local stieß, über dessen Eingang mit mäch tigen Buchstaben „Isis Liowarok" stand, und daß sich dieses deutsch« Restaurant als eine bewährte Durststillstation erwies, eS trug auch seinen Theil zu der günstigen Stimmung bei und zu dem bekannten gehobenen Gefühl, in welchem man sorglos fragt: was kostet die Welt? — Eine wunderhübsche Gartenstadt — das ist diese Haupt ansiedelung der Mormonen. Ueberall Rauschen von Bäumen unv Flüstern von Quellen, überall Ordnung und Sauberkeit, Wohlstand und Wohlthun, die Hauptstraßen breit und mit großen, stattlichen Häusern, in denen sich sehr elegante Läden befinden, besetzt, überall elektrische Beleuchtung und elektrisch« Bahnen, die Nebenstraßen von völligem Dillencharakter, jede« Häuschen für sich in einem Garten liegend und nur von einer Familie bewohnt, nirgend« find Arme oder Zerlumpte zu treffen, und selbst die Indianer, die man gelegentlich steht, haben noch etwa« von einer freiheitlichen Würde an sich. Außerhalb der Stadlgrenzen aber fruchtbare Felder von reichem Ertrage und von zahllosen Dirhheerden bevölkerte Wiesen, und in den Bergen dort, die mit ihren Schneehäuptrrn da» liebliche Thal umsäumen, Uwaltig« Schätze von Erzen aller Art, von Kupfer, Silber und Die Stadt zählt jetzt ungefähr 60000 Einwohner, unter denen sich an 2000 deutschsprechende (zum überwiegenden Theil Schweizer) befinden mögen. Gerade KO Jahre liegt ihre Be gründung zurück, damals wurden hier die ersten Holzhütten er richtet, au» roh behauenen Planken bestehend und mit Pallisaden umgeben, denn mit den Indianern vom Utah-Stamm gab e« häufig scharfe Kämpfe. Au« den Gebieten von Arkansas und Missouri waren dir Mormonen, di« „Heiligen der jüngsten Tage", vertrieben worden, und auch am oberen Missouri war ihre« Bleiben« nicht lange. Da beschloß der 1808 geborene Präsident Brigham Uouna, der dem 1841 in Nauvor ermordeten ersten Mormonen-Präsidenten Smith al» oberster Priester der neuen Religion gefolgt war, seine Gläubigen weit fortzuführen nach den Gebieten der wilden Rocky Mountain», um sich und sie vor jedrrx Verfolgung weltlicher Obrigkeiten zu schützen. Als 1847 die ersten Frühjahrsgräser aus dem Boden sproßten, machte sich Uoung mit 143 Begleitern — Männern, Frauen und Kindern — auf den Weg und zog den oben genannten Felsen gebirgen zu. Es war in seiner Art ein ganz einziges Unter nehmen, denn durch unbekannte, noch niemals zuvor von Weißen betretene, viele Hunderte von Meilen sich erstreckende Gebiete ging es, über tosende Flüsse und durch unwirthliche Prairien, oft gab eS heiße Zusammenstöße mit den Indianern, aber Uoung, der eine fortreißende Natur gewesen sein muß, kannte kein Zagen und wußte die Seinen mit immer neuem Muth und neuer Ausdauer zu begeistern. Am 24. Juli, nach monate langem Wandern, sah man von den Bergen auf das Thal am Salzsee herab, damals Alles öd und unfruchtbar; trotzdem be schloß Doung, hier die Stadt der Mormonen zu errichten. Und unverzüglich ging es ans Werk, schnell wurde gerodet und ge ackert, gesäet und gepflanzt, andere Marmonenschaaren folgten, und ihr „Zion", wie zunächst der Ort genannt wurde, gewann immer größere Ausdehnung. Dieser so schnell emporschießenden ersten Ansiedelung schloffen sich allmählich weitere an, von be- wundernswerthem Fleiß und von zähester Ausdauer erwiesen sich die Mormonen, und Uoung, dem sie willig folgten, führte eine musterhafte Verwaltung ein, die politisch wie social diesen kleinen Staat erstarken machte, daß er, von den rel giösen Sachen ab gesehen, später ein freilich in den wenigsten Fällen erreichtes Vorbild für andere amerikanische Staaten wurde! Die geistige Macht unter den Anhängern de» Mormonen- thumS und deren materieller Reichthum gelangten in der 1853 begonnenen und Ende der 60er Jahre vollendeten großartigen Tempelanlage zum Ausdruck. Auch hier erwies sich Uoung (der 1877 starb) al» ein Mann von kühnem Blick und als ein Orga nisator ersten Range«, denn er schuf diese Tempel in ihrer äußeren wie inneren Gestaltung weit über die damalige Be deutung de« Ortes hinaus und er wußte all' die unendlichen Schwierigkeiten zu beseitigen, die sich der Beschaffung de« Ma terial« und dem Bau selbst entgegensetzten. Au» drei Gebäuden besteht diese am Ende der Hauptstraße, an welchrr sich auch die Dronzefigur Uoung'» erhebt, gelegene, von einer Mauer eingrschloffene und von hübschen Garten- Partien durchzogene Anlage: dem Temvel, dem Tabernakel und der Vrrsammlung»-Halle. Der erstere ist in den stolzen Formen eines Domes errichtet, ganz aus weißem Granit, welcher aus zwanzig Meilen entfernten Gebirgszügen stammt. In einer Länge von 180 und einer Breite von 120 Fuß erhebt sich daS schönheitsvoll errichtete, machtvolle Gebäude, an den Schmalseiten je drei prächtige Thürme zeigend, von denen jedesmal der mittelste die anderen überragt und dessen Spitze 210 Fuß von dem Erd boden entfernt ist. Das Innere, das künstlerisch in vornehmer Weise ausgeschmückt sein soll, darf nur von Mormonen betreten werden, es dient zur Vollziehung religiöser Handlungen, wobei ich bemerke, daß von der (gesetzlich ja verbotenen) Vielweiberei nur noch sehr selten Gebrauch gemacht wird, und daß die Mor monen froh sind, wenn sie nur für je eine Frau zu sorgen haben. Ein Präsident steht an der Spitze der Religionsgemeinschaft, er wird von zwei Räthen, zwölf Aposteln und einer Reihe Aeltester unterstützt; Bischöfe und Priester, die ihre Ausbildung auf der Mormonen-Universität in der Salzseestadt empfangen, üben die gottesdienstlichen Handlungen, die ja vielfach mit denen der evangelischen Kirche Hand in Hand gehen, aus; die Taufe an den Neugeborenen sowohl wie an neuen Mitgliedern der Religions gemeinschaft wird unter freiem Himmel in fließendem Wasser vollzogen. Das zweite Gebäude der Tempel-Anlage ist die Versamm« lungShalle, gleichfalls aus weißem Granit in Form einer Kirche erbaut, nur daß der Thurm in sehr geschickter Form aus der Mitte des Ganzen rmporsteigt; auch hier ist der Eintritt bloß Mormonen gestattet. Allen, auch den „Gentilet", den Nicht gläubigen, offen steht dagegen da» Tabernakel, ein ungefüger, langgestreckter Bau in ovaler Form, von außen einem der großen Berliner Stadtbahnhöfe ähnelnd; seine Länge beträgt 250, seine Breite 150 und seine Höhe 80 Fuß. Die von vielen Thüren und Fenstern durchbrochenen Wände sind von dunkelroth gefärbtem Holz, aus Granit bestehen die zahlreichen Strebepfeiler und auf weißgekalktem Sim» ruht das hochgewölbte Dach, welche» durch eine lange glasgedeckte Oeffnung das Licht auch von oben in da« Innere fallen läßt. Da» Innere ist vor Allem dadurch be« merkeniwerth, daß der riesige Raum, der 8000 Personen bequem Sitzgelegenheit bietet, keinerlei Stützen aufweist und daß er eine ganz einzige Akustik enthält. Etwa 15 Fuß über dem Erdboden geht um den ungeheueren Saal eine Galerie, die aber die schmale westlich« Seite freiläßt; hier, wo sich auch di« -«wallt-« (mit
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