Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980824029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898082402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898082402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-24
- Monat1898-08
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Abend-Ausgabe eipMerIilMalt Anzeiger l'u, Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. 92. Jahrgang Mittwoch den 24. August 1898. kiisi Feuilleton Die Morgen-AuSgabr erscheint um '/,7 Uhr, die Lbrod-AuSgabe Wochentag» »m b NHz, bei und sich In auf, Häuser, neuerdings ein solches in Aarhus (Jütland), wobei die 180 000 Kronen betragenden Kosten von den Arbeitern durch freiwillige Beiträge aufgebracht werden. In Kopenhagen besitzt die Partei vier Volkshäuser auf eigenen Grundstücken. Nach dem neuerdings in Norwegen das allgemeine Stimmrecht eingeführt worden ist, dürfte, wie nochmals in diesem Zu sammenhange erwähnt sei, auch die norwegische Social demokratie, die bei den letzten Wahlen den Ausschlag zu Gunsten der Linken gegeben und auf ihrem letzten Parteitage sich für die Auflösung der Union mit Schweden erklärt hat, bald ihren Einzug ins Storthing halten. Im schwedischen Reichstag sitzt bis jetzt rin in Stockholm gewählter Social demokrat. I. >705 S.20 Ul, /Ladr. dotsv.) >2.— >3,75 >4,40 13,10 In der Beleuchtung, welche dem letzten japanischen Cabinet swechsel durch eingehendere Berichte aus Tokio zutheil wurde, gewinnt dieses Ereigniß eine erhöhte Bedeutung. Es ist nämlich damit ein weiterer Schritt auf der Bahn der Europäisirung der politischen Einrichtungen Japans vollzogen. Bei aller Nachahmung des europäischen Parlamen tarismus hatte man sich in Tokio gegen jene Consequenz des Constitutionalismus, wonach die stärkste Partei der Volks vertretung zur Lenkung der Angelegenheiten des Landes be rufen ist, bisher heftig gesträubt. Die inneren Verhältnisse hatten jedoch eine derartige Entwickelung genommen, daß sich die Annahme dieses Princips, wenn überhaupt ein Zusammen wirken von Regierung und Parlament erzielt werden sollte, kaum noch lange hätte hinausschieben lassen. Von dieser Er- kenntniß geleitet, batte der gewesene Ministerpräsident Marquis Ito beabsichtigt, die Action bei den Neuwahlen für das Parla ment derart zu leiten, daß eine kräftige Majorität zu Stande komme, als deren Ausdruck sich das Cabinet hätte betrachten können. Zur Erreichung dieses Zweckes sollte eine engere >4.00 13.50 >o,so »3,25 11.10 js,50 52,60 38,— 33,75 70.50 51.10 35,— 06,— 77.— 34.50 13,30 45,— 62,— 50.50 48.— 07,2S 12.50 56.50 84,— 4900 5000 1 3075 113025 2800 3050 4250 2000 40 0 11525 13700 13700 8000 7200 4040 550 > d« islä- rti.u mev 06 50 >87,50 73,70 124.25 .08,75 »00,42 10810 »02 — .70.40 »06,— »13.10 »22,75 81,— 40.25 >5,50 8,20 !2,7O >7,— >120 3-, 68.80 »16,05 >14 — >16.10 Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. '»eket/- 1/8> ck«r 4»wprsr ck»wps«r »nr la la" voa 8»ato»; ii Oool», a»" von riclori»- Ix>a<toa; Iwockss, üa" von . -Nove I a»ca M" aaeti all U Qtv«. 0,30 2,50 0,10 0,60 0,30 >1,50 >2,10 >9,00 Nrdactiou und Ervedittou^- JohanneSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. 2»>. 5^ 4>« 8»/.. '1. 611» IV 8»i, 88-u, Filialen: Vtt» Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn), UuiversitätSstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, uud AönigSplatz 7. Die Socialdemokratie macht in dem kleinen Dänemark große Fortschritte. Augenblicklich entwickelt sie eine lebhafte Agitation für die Anfang nächsten Monats statt findenden Urwahlen zum Oberhaus (Landsthing). Im Folkething (Unterhaus) sitzen bereits 12 Socialdemokraten, im Oberhaus bisher 2, die sich diesmal einer Neuwahl zu unter ziehen haben. Die Wahlmänner für das Oberhaus werden zu gleichen Theilen durch das allgemeine Wahlrecht und die Höchstbesteuerten gewählt. Die Mandatsdauer beträgt 8 Jahre und jedes vierte Jahr scheidet die Hälfte der Erwählten aus. Der diesmaligen Wahl legt man eine besondere Trag weite bei, weil ein etwaiger radicaler Ausfall ähnlich dem Ergebniß der Unterhauswahl dieses Frühjahrs zur Einsetzung eines demokratischen Cabinet s an Stelle des jetzigen conservativen Ministeriums führen könnte. Wie schon den Wahlen zum Unterhaus, haben auch diesmal die Linke Socialdemokraten ein Wahlcar teil geschlossen und verpflichtet, ihre Kandidaten gegenseitig zu unterstützen. Kopenhagen stellen die beiden Parteien drei Candidaten unter ihnen einen Socialdemokraten. Die socialdemokratische Partei, die sehr gemäßigt ist und in den letzten Jahren im ganzen Lande große Bedeutung gewonnen hat (in nahezu 150 Gemeinden sitzen socialdemokratische Vertreter), gründet immer mehr neue Zeitungen und eigene Versammlungs- und Vereins- Je näher man dem Tage des Zusammentrittes des belgischen Parlamentes kommt, desto greifbarere Gestalt nehmen die Meldungen über bevorstehende Veränderungen inner halb des Ministeriums Desmet de Naeyer an. Außer dem Minister des Innern und des öffentlichen Unterrichts, Schollaert, dessen Unfähigkeit gerade in den letzten Monaten Jedermann offenkundig wurde, bezeichnet man jetzt auch die beiden ältesten Mitglieder des Cabinets als amtsmüde, nämlich den Ackerbau Minister de Bruyn und den Eisenbahnminister Vandenpeereboom. der bekanntlich seit zwei Jahren in Ermangelung eines Generals auch das Kriegsministerium verwaltet. Di« drei genannten Minister sind entschiedene Anhänger der extrem-klerikalen Politik, wie 'sie der Staatsminister Woeste, der verhängnißvolle Mann, wie ihn der König einmal genannt hat, befürwortet und die das Ministerium Desmet de Naeyer. auch in der letzten Zeit befolgt hat. In den gemäßigten ultramontanen Kreisen kann man sich aber der Wahrnehmung nicht verschließen, daß diese extreme klerikale Politik bisher nur drei, keineswegs beabsichtigte Erfolge aufzuweisen hat, nämlich die Abdrängung der Liberalen ins radicale Lager, die erhebliche Stärkung der Socialdemo kratie und die Hervorrufung jener katholisch-demokratischen Be wegung, deren der Ultramontanismus jetzt nicht Herr zu werden vermag. Die gemäßigten Klerikalen, die seit Beernaert's Rück tritt in den Hintergrund gedrängt worden sind, haben im Arbeitsminister Nyffen» «inen geschickten Wortführer innerhalb des Cabinets gefunden, und da auch die Hofpartei mit großem Nachdruck eine Politik der Mäßigung wünscht, so ist eine Um gestaltung des Ministeriums Desmet de Naeyer in diesem Sinne nicht unwahrscheinlich. Auuahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stund« früher. Anreisen sind stet» an die Sr-ebttto» zu richten. hör war zu Ende. Ein Polizist kam und lud Will zum Verhör in der Voruntersuchung, das auf zehn Uhr angesetzt war. Da die Zeit nicht mehr fern war, nahm der Richter Hut und Ueber- zieher und ging mit seinem Sohne fort. Neue Enthüllungen ggb es bei dem Verhör nicht. Will Lang- ford erzählte Alles ohne Umschweife und Brant schwieg seinem Plane gemäß hartnäckig. Der Untersuchungsrichter ließ darauf für Brant einen Antrag auf „Nicht schuldig" eintragen, gab einen Verhaftsbefehl und stellte die Caution auf 10 000 Dollars fest. Forsyth und Antoine waren anwesend und der Letztere machte den Redactcur mit Richter Langford bekannt. Treu seinem Versprechen, Brant in der Zeit der Noch ein Freund zu sein, erbot sich der Richter sofort, für Bürgen zu sorgen, aber Forsyth schüttelte den Kopf. „Hat keinen Zweck", entgegnete er, „er will von Caution nichts wissen; ich kann ihn nicht einmal dazu bringen, einen Anwalt anzunehmen." „Aber, mein welcher Herr, das ist ja Selbstmord!" rief der Richter. „Gewiß, dasselbe habe ich ihm auch gesagt — aber es nützt nichts." Jetzt erwachte der Jurist in dem Richter und er wurde in- teressirt. „Will keinen Anwalt annehmen, was? Welchen Grund giebt er denn an?" Forsyth zögerte mit der Antwort, da er nicht wußte, wie weit er dem Fragenden vertrauen konnte. „Ueberhaupt keinen — will überhaupt nicht darüber sprechen; aber ich habe meine Gedanken — wir sind doch Alle Freunde von ihm, denke ich, und ich kann offen sprechen?" „Natürlich, nur zu." „Wissen Sie, er ist in mancher Hinsicht ein eigenthümlicher Mensch, den man nicht mit dem Durchschnittsmaß messen darf. Ich glaube, er hat di« That mit Ueberlegung begangen und zwar aus Gründen, die nicht auf der Oberfläche liegen. Und da er es gethan hat, will er auch die Folgen auf sich nehmen." „Hm!" machte der Richter nachdenklich. Dann fiel ihm ein, wie leicht es für Brant gewesen wäre, den Verdacht auf Will ab- zuwälzen, und sein Herz erwärmte sich für den Schuldigen.. „Wir dürfen das nicht zugeben, Mr. Forsyth. Der Gerichts hof wird ihm ja einen Anwalt zuweisen, er mag wollen oder nicht, aber dahin dürfen wir es nicht kommen lassen. Sie müssen ihn wieder aufsuchen und ihn veranlassen, Vernunft anzunehmen." Forsyth versprach zu thun, was er konnte, und der Richter und sein Sohn verließen zusammen das Gerichtsqebäude. Der' Journalist und Antoine folgten ihnen. Als die Langford» außer 1020 3250 1800 .2450 2800 14750 0900 Hörweite waren, begann der Bureauchef: „Sie mögen sagen, was Sie wollen, Forsyth, aber ich glaube nicht eher an Brant's Schuld, bis er sie selbst zugiebt." „Aber mein verehrter Freund, hat er denn das nicht so gut wie gethan?" „Nein. In dem Wenigen, was er gesagt hat, hat er den Punct sorgfältig umgangen." „Natürlich, das ist das einzig Richtige für ihn; er ist nicht verpflichtet, sich selbst zu beschuldigen." „Ist das einzig Richtige, wie Sie sagen, paßt aber durchaus nicht in Ihre Theorie. Wenn er den Mann tödtete und ent schlossen ist, die Folgen auf sich zu nehmen, weshalb in aller Welt bekennt er sich dann nicht schuldig und macht der Sache ein Ende?" Das war eine logische Frage, und Forsyth war nicht im Stande, sie zu beantworten. Er sagte es und fügte hinzu: „Wenn Sie Brant's Schuld bestreiten, bringen Sie den Jungen in schlimme Lage." Antoine hatte das wohl bedacht. „Dazu kann ich nichts", entgegnete er schnell. „Jider liegt so, wie er sich bettet. Wenn Sie auf die Motive kommen, dann sieht die Sache, wie Sie zu geben müssen, sogar nach Will's eigener Erzählung schlecht genug für ihn aus. Er allein hat mit Harding Streit gehabt." „Ja, ganz recht, aber — nein, ich kanns nicht glauben, An- toine, der reine Junge!" „Das stimmt, aber ein junger Taugenichts, hitzköpfig und aufgeregt. Ich habe ihn während seines ganzen Lebens gekannt, und meiner Ansicht nach ist ihm sowohl die That selbst als das Leugnen derselben wohl zuzutrauen." Sie hatten die Ecke erreicht, wo Antoine zu seinem Bureau abbiegen mußte. Der Journalist stand still und sah seinen Be gleiter fragend an. „Sie sind ein Freund der Langfords, nicht wahr?" meinte er. „Gewiß; aber Recht bleibt Recht. Ich würde dasselbe sagen, wenn Will Langford mein eigener Bruder wäre", erwiderte Antoine entschieden. „Ich weiß, daß Sie mir nicht zustimmen, und ich erwarte es auch von Niemandem, aber ich behaupte, Brant ist nicht schuldig und dabei bleibe ich." Forsyth ging unüberzeugt seines Weges, aber es war natür lich, daß Antoine's Ansicht das Gespräch, das er Nachmittags mit Brant hatte, beeinflußte; leider war der Erfolg anders, als For syth gewünscht hätte. Während der Gefangene allerdings nichts sagte, woraus ein Bekenntnis! seiner Schuld hätte construirt werden können, verließ der Redacteur da» Gefängniß nur mit derselben, aber über allen Zweifel verstärkten, Ueberzeugung. In der Angelegenheit des Anwalts hatte er auch vergeblich versucht, Brant vernünftigen Erwägungen zugänglich zu machen. XXIV. So lange Richter Langford von der Furcht gequält war, daß sein Sohn zu allen seinen schlechten Streichen auch noch einen Mord begangen hätte, kam die unangenehme Thatsache, daß der Name der Familie durch die Zeitungen gezogen wurde, kaum in Betracht. Aber als es klar erschien, daß Will nicht schuldig war, kam auch das kleinere Unglück zur Geltung und der Richter schloß sich in sein Zimmer ein, um zu trauern über den Schiffbruch seines guten Namens. Zu ihm in seiner kummervollen Abgeschlossenheit kam Do rothy, schmerzbewegt und gebeugt von einer "Last von Angst, die zu schwer für sie war, um sie allein zu tragen. Der Richter liebte seine ältere Tochter zärtlich, und er vergaß sein eigenes Leid in dem Bemühen, das ihre zu lindern. „Was fehlt Dir, mein Kind? Ist es denn noch schlimmer als das Schlimmste?" fragte Richter Langford. „Ja, Papa; Alles ist meine Schuld!" schluchzte Dorothy, in dem sie ihr Gesicht in den Händen vergrub. „Deine Schuld?" — Ich versteh« Dich nicht. Was meinst Du?" „Er war dort, weil ich ihn gebeten hatte, zu gehen; er ver suchte. William zum Heimgehen zu bewegen." „Wer — Mr. Brant? Du batest ihn? Wie ist das möglich?" Dorothy trocknete ihre Augen und erzählte tapfer die ganze Geschichte, indem sie mit dem Zusammentreffen in Mr. Croß well's Arbeitszimmer anfing und ihrem Vater schließlich die beiden Briefe gab, die sie von Brant empfangen hatte. „Du handeltest in bester Absicht; ich zweifle nicht daran und tadele Dich nicht. Aber Du hast Recht — es erschwert die Sache ganz bedeutend. Es macht uns in gewissem Sinne mit verant wortlich, ohne allerdings zur Aufklärung des Geheimnissesetwas beizutragen. Wenn der junge Mann die Absicht hatte, William zu retten — und das scheint zweifellos — warum in aller Welt verdarb er seine gute That durch einen Mord?" „Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht! Aber hätte ich ihn nicht dorthin geschickt, so wäre er nicht dort gewesen." „Wahrscheinlich nicht. Aber Du mußt Deine Verantwort lichkeit nicht größer machen, als sie ist. Was auch sein Motiv war, sicher hängt es mit Harding's Derhältniß zu William nicht zusammen." „Wenn ich das nur sicher wüßte!" sagte Dorothy. „Nicht, daß es irgend einen Unterschied machte", fügte sie klagend hinzu; Anzeigen.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter demRedaction»strich (»uv- spalten) SO^, vor den Familieunachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verzrichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach Höherenr Tarif. Politische Tagesschau. * Leipzig, 24. August. Wir bringen die Berichte über den Katholikentag in Crefeld in solcher Ausführlichkeit nicht deswegen, weil er politisch etwas Neues zu Tage fördern könnte — das ist bei dem unverrückbaren Ziel des Ultramontanismus kaum möglich, — sondern um das Wesen der „regierenden Partei", ihr Wünschen und Wollen, sowie ihr ganzes Gethue wieder einmal recht deut lich vor Augen zu führen. An Blenden hat es nicht gefehlt, man mag über sie hinweggehen, da sie zum Wesen der „sinn berauschenden" ultramontanen Kirche gehören. Es mag hier vorläufig nur auf eine Geschichtsfälschung hingewiesen werden, die man sich seit einiger Zeit im Centrumslager und jetzt auch auf dem Katholikentage geleistet hat. Die Partei fühlt sich als „regierende" und da glaubt sie sich neuerdings mit dem Mäntelchen der unentwegten Ordnungspartei schmücken zu müssen. Revolutionäre Ideen haben demgemäß in katholischen Kreisen natürlich nie bestanden, und wo sie bestanden haben, da haben die stets staatsgetreuen Herren Bischöfe sofort mit ihrem priesterlichen Oel die erregten Wogen geglättet. Das hätten diese treuen Diener des Staates ganz besonders im „rothen Jahre" gethan. Diese zeitgemäße Entdeckung tauchte gelegentlich der Märzerinnerungen in diesem Jahre auf, sie ging durch die katholischen Blätter als „unumstößliche geschicht liche Thatsache" und auf dem Katholikentage glaubte sie Herr Dr. Urfey, Rechtsanwalt in Crefeld und Chef des Ortscomitös, in richtiger Würdigung der Inferiorität seinen Zuhörern in wissen schaftlichen Dingen vortragen zu können. Nun sollte der Herr sich doch erinnern, daß die katholischen Pröbste und Bischöfe < ihren Schäflein bisweilen heute noch durch ihr widerspenstiges Wesen gegen den Staat ein recht schlechtes Beispiel zu geben sich nicht gescheut haben. Wenn sich der Erzbischof von Köln im Herbst 1837 und der Erzbischof von Posen im Herbst 1839 zum Widerstand gegen die Staatsgewalt für berechtigt glaubten, so mußten diejenigen, die in ihren geistlichen Herren die Un fehlbarkeit zu sehen gewohnt waren, es nachgerade als ihre Pflicht betrachten, dem Staat Widerstand zu leisten. „Schlechtes Beispiel verdirbt gute Sitten", und so sehen wir denn die rothe Fahne des Aufruhrs zuerst an den Stätten der schwarzen Staatsgetreuen sich erheben. Im Jahre 1848 beginnt die un ruhige Bewegung in München, Köln, Düsseldorf, Aachen, also in Städten mit fast durchweg katholischer Bevölkerung. Die Bewegung setzt sich fort im badischen Seekreise und im Oden walde, also auch in Gegenden mit sehr stark katholischer Be völkerung. Im April 1848 thut sich in der zu über 90 Proc. katholischen Gegend von Konstanz die erste deutsche Republik auf, die freilich ein rasches Ende findet, aber nicht durch die Thätigkeit der katholischen Geistlichkeit, sondern durch die Ge wehre der Soldaten. Ein furchtbarer, große Opfer an Blut erfordernder Aufstand wüthet in der überwiegend katholischen Provinz Posen und katholische Geistliche nehmen activ an dem AufstandTheil. Angesichts dieser Thatsachen sollte man doch endlich das Märchen, daß der katho lische Klerus von der Revolution zurückgehalten habe, nur noch Kindern erzählen, die noch nicht lesen können oder nur ganz geheim im Beichtstuhl, wo es zu dem Uebrigen kommt. Werden die neuen Handelsverträge auch erst in einigen Jahren den Reichstag beschäftigen, so wird ihre Vorbereitung doch schon jetzt in Angriff genommen, und eS muß darum vor Allem daran gedacht werden, nicht schon jetzt Schritte zu thun, durch die man in eine Sackgasse gerathen würde. Das führende Blatt der „regierenden" Partei läßt einen Mahnruf erschallen, der im Hinblick auf die gesammte innere Politik, wie insbesondere aus die Handelsvertragöpolitik dv höchsten Beachtung werth ist. Der Artikel übt zunächst eine scharfe Kritik an der Haltung der extremen Agrarier. Gleich im Eingang wird gesagt: „Jeder Unbefangene wird anerkennen, das; die gegenwärtige Regierung in Preußen und im Reiche aufrichtig bestrebt ist, den Schutz der nationalen Arbeit, die Fürsorge für die producirenden Stände, voran die Landwirthschaft, sich aus allen Kräften angelegen sein zu lassen. Man kann sich kaum vorstellcn, daß Minister zu finden seien, die Willens und im Stande wären, hier mehr zu leisten, als eben Graf v. PosadowSky, Freiherr von Haininerstein und Herr v. Miquel. Und dennoch beim Bunde der Landwirthe nichts als ein ewiges Klagen und Anklagen, nie ein Zeichen der Zufriedenheit. Bald wird gegen die B^rse nicht schneidig genug vorgegaugen, bald wird die Grenze nicht hermetisch genug abgesperrt, bald zahlen die Proviant-Aemter nicht genug für das Getreide, bald hat die Mar garine noch zu viel Freiheit rc." Im weiteren Verlaufe weist der Artikel die Angriffe gegen die ZinSerböhung der CentralgenossenschaftScasse und gegen die Eng land und Nordamerika gegenüber eingeschlagcne Handelspolitik scharf zurück und schließt dann mit folgender, höchst be- achtenswerther Auslassung über die künftigen Handelsverträge: „Welche Aussichten eröffnet das für die Verständigung über die künftige HandelSvertragS-Politik! Schon längst deutet ja schon Alles darauf hin, daß die Regierung sich die künftigen Verträge anders denkt, als die Führer des Bundes der Landwirthe. Daß diese trotz aller Politik der Sammlung ganz andere Pläne im Auge haben, als die Industriellen, ist ebenfalls kein Geheimnis;. Welch ein Wirrwarr wird nun entstehen, wenn die Bündler ver langen, die Regierung solle sich von anderen Staaten Zu geständnisse ausbedingen, die zu erlangen ikr unmöglich ist, unv wenn auf der anderen Seite die Industriellen keinen Zweifel mehr darüber lassen, daß sie keineswegs geneigt sind, die Forderungen der Kanitz, Kardorff, Hahn u. s. w. zu vertreten, sondern ihre eigenen Interessen verfolgen, die keine allzu großen Aenderungen der bestehenden Verträge bedingen." Für die allgemeine innere Politik ist sehr zu beachten, wie hier von dem klerikalen Blatte die gegenwärtige Regierung aner kannt, gelobt und vertheidigt wird. Die Klerikalen harren noch ihres Lohnes für ibre Haltung in der Marinevorlage, sie sind um so größerer Hoffnung, des Lohnes nicht verlustig zu gehen, als sie im neuen Reichstage mehr noch als im vorigen die Entscheidung in der Hand haben. Als kluge Leute wollen sie zunächst auf freundschaftlichem Wege zum Ziele zu gelangen suchen. So ist die Situation für Die jenigen, denen eine absolute CentrumSherrschaft kein er- strebenswerthes Ideal darstellt, ohnehin eine sehr bedenkliche. Wollen nun die Agrarier von rechts her dasselbe thun, was von links her die Fortschrittler thun, nämlich im Dienste des Jagdherrn, des Centrums, die Rolle des Treibers zu spielen, der das Wild, die Regierung, dem Jäger vor die Flinte bringt'? Es giebt doch wohl in der Partei, auf die sich die Agrarier vornehmlich stützen, in der conservativen Partei, noch eine Anzahl von Männern, die nicht in der CentrumSherrschaft das Heil Deutschlands erblicken. Diese Männer sollten zu ihrem Theil dafür sorgen, daß nicht durch die agrarischen Ansprüche die Regierung völlig dem Centrum verfällt. Will man aber schon die allgemeine innere Politik nicht berücksichtigen, will man das egoistische über daS vater- ländische Interesse gehen lassen, so soll man eö doch wenigstens nur dann thun, wenn man des Erfolges '«lcher ist. Wie steht es aber damit? Die Auslassung der „Köln. Volksztg." thut zur Genüge dar, daß im Ceuirum der haudelsvertragSfreuud- liche Flügel noch eben so stark ist wie 1893—94. Bei den ReichSparteilern und den Nationalliberalen mögen einige Mitglieder mehr als damals zn den Agrariern hinneigen, was aber dadurch wett gemacht wirv, daß die Socialdemo kraten ein Dutzend Mitglieder mehr zäblt als damals. Eine Mehrheit für Handelsverträge würde sich also ebenso finden, wie 1893—94. Zudem muß man noch Eins bedenken: die Conservativen haben beim russischen Handelsverträge fast geschlossen mit „Nein" gestimmt. Würden nicht aber die geringen Absplitterungen, die damals vor kamen, größer gewesen sein, wenn nicht die Gewißheit vorhanden gewesen wäre, daß die Annahme auch ohne die conservativen Stimmen gesichert war? ES wäre schon wegen ver Stellung einer ganzen Anzahl von conservativen Abgeordneten in ihrem bürgerlichen Leben unmöglich gewesen, ein von der Negierung für die innere wie für die äußere Politik als wichtig und absolut nothwendig erklärtes Gesetz zu Falle zn bringen, und man durfte sich die Opposition nur darum gestatten, weil sie praktisch nicht von Bedeutung war. Was damals der Fall war, ist es auch beute noch. Die absolute Negation jeder Handclsvertragspolitik könnte nur eine Schwächung des Ansehens der conservativen Partei, eine Stärkung des Einflusses der Centrumspartei und gegebenen falls eine Spaltung der conservativen Partei zur Folge haben. Wenn von agrarischer Seile schon jetzt gesucht wird, bei den künftigen Handelsverträgen für die agrarischen Interessen soviel als nur denkbar herauszudrücken, so ist daS das gute Recht der Agrarier; nur sollten sie als kluge Feldherren sich davor hüten, so zu speculiren, daß ihnen die RückzugSlinie gesperrt wird. Der Artikel der „Kölnischen Volksztg." verdient überall Beachtung, auf agrarischer Seite aber sollte er in ganz besonderem Maße beherzigt werden. In der Lrandung des Lebens. I6j Roman aus dem amerikanischen Westen. Von Theodor Eicke. Nachdruck verboten. Der furchtbare Verdacht, der gerade Dorothy weinend aus dem Zimmer getrieben hatte, kam auch über den Richter und schüttelte ihn, daß ihm die Knie zitterten. „Ihr — hattet Streit!" sagte er leise. „Fahr' fort, mein Sohn, fahr' fort; laß mich auch das Schlimmste wissen." „Dann kam Brant gerade herein, und ich weiß nicht genau, was vorging. Das Licht erlosch, und Jemand feuerte einen Pistolenschuß ab. In der Mitte der Decke hängt ein großer Kronleuchter mit elektrischen Lampen, den drehte Einer von draußen auf, und da sah ich, daß Harding getroffen war." Richter Langford schritt unruhig durch das Zimmer, dann trat er an seinen Sohn heran und legte seine Hände auf dessen Kopf. „William, Du sagst „Jemand"; so wahr Du auf Vergebung hoffst, sag' mir, warst Du es?" „Nein, Vater", rief der Junge mit Nachdruck, „ich kann es gar nicht gewesen sein. Weißt Du, als wir in Streit kamen, that ich so, als ob ich zum Revolver greifen wollte. Als Harding dies sah, zwang er mich, die Hände auf den Tisch zu halten, und ich wagte nicht, mich zu rühreR." , Der Vater othmete freier.*"'„Dann"'muß Brant^s ge wesen sein." „Vermuthlich, ras heißt, wcnn er sich nicht selbst angegeben hätte, würde ich darauf schwören, er wir' es nicht gewesen." „Warum?" „Ich sah ihn genau an, als er eintrat, habe auch seine beiden Hände gesehen, ober kein: Pistole darin." „Du bist dessen gewiß?" „Ja." „Du mußt Dir Alles klar vorstellen und zusammenhängend erzählen. Du wirst als Zeuge vernommen werden und vielleicht hängt Brant's Leben von Deiner Aussage ab." „Ich erinnere mich jetzt ganz gut, aber ich konnte nicht Alles sehen. Es schien, als ob Brant, die Hände auSqestreckt, vorwärts stürzt« und dabei di« Lampe zerbrach, und in demselben Augen-, blick fiel der Schuß." Der Schall der Hauschürglocke unterbrach ihn und das Der- Amtsblatt des Hönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Raches nnd Rolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. >122000 4250 > 370 > 3425 1050 260 >25700 135 > 2375 3375 350 >13150 850 -I 3225 > 4728 >1 5575 >, Lkont icnkisll- 7ictori» Bezugs-Preis 1» dar tzauptexpeditio» oder de» im Stadt bezirk nnd d« Vororten errichteten AuS- Ladestellen ab geholt: vierteljährlich ^1l4.bO, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Han» b.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährlich S.—. Direkte tägliche Kreuzbandirndung tu» Ausland: monatlich 7.HO.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite