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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.08.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189808282
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980828
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980828
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-28
- Monat1898-08
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.08.1898
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Vez«g-*PreV Dl ßk» tz«-tqp«dilt»a ober den tm Htadt- tqm «d da Vorort« «ntchtrte» >»«- oabestella abgeholt: vtateljahrltq^LbL oei zweimaliger täglicher Zustillung tu« Hau« ÜLO. Lurch die Post bezogen für Datschlattd uud Oesterreich: vierteliLdrlich «st S>—. Direkt» tü-ltch« tkrenzbaudseuvung tot Autland: mouatltch 7.LO. Li« Vtorga-Lwtgab« erscheint um Uhr, di» Abend-Ausgabe Wochentag« um b Uhr, Vrdartton vnd Lrve-Mo« r JohanneSgaffe 8. Di« Expedition ist Wochentag« unmiterbrocha grüffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. , Filialen: Otto Klemm'« Sorttm. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinmn), Leui« Lösch-, Katharinerrstr. 14, part. und König-Platz 7. MMgcrIilMM Anzeiger. ÄNttsliM dös Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-PreiS -ie 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem Nedactlonsstrlch stge« spalten) SO^, vor den ssamilieniiachrichtcn (6 gespalten- M -4- Größere Schriften laut unserem Preis- verzetchniß. Tabellarischer und Zissernjay nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nnr mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbefürderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 435. Sonntag den 28. August 1898. 92. Jahrgang. Aus der Woche. Unter den Ruhmestiteln des FürstenBiSmarck wird, so steht zu befürchten, der eines politischen Er zieher« seiner Nation, eine« Erziehers von nachhaltigem Einfluß, sich nicht befinden. Es liegt am Schüler, nicht am Lehrer. Al« der Gedanke auskam und — mit dem selbst verständlichen lächerlichen Ergebniß — zu verwirklichen ge sucht wurde, die Kosten für deutsche Kriegsschiffe durch eine Collecte aufzubringen, mußte man sich sagen: Hat denn der Große wirklich so ganz vergeblich in Wort und That seinen Deutschen gepredigt, nicht Unmögliches anzufassen. Und jetzt wird wieder ein Projekt in die Oeffentlichkeit geworfen, da« diese Frag« herausfordert, bedauerlicher Weise sogar ein Projekt, da« Bismarck und sein Angedenken selbst betrifft. Wie wir kurz erwähnt, bat eine Versammlung zu Wiesbaden einen geschäftSführenden Ausschuß gewählt, der «ine Ehrung de« verewigten Kanzlers im großen Stil, durch Begründung einer Bismarck-Stiftung, in di« Wege leiten soll. Gegen den Plan an sich ist nicht« zu erinnern. Um so mehr dagegen, wie man sich nach einem unberichtigt gebliebenen Berliner Blatte dir Ausführung „ungefähr denkt". Nämlich so: „ES wird ein Fonds gebildet, zu dem alle Deutschen beisteuern. Sobald ein Capital von, sagen wir, 100 Millionen zusammengekommen, werden jährlich die Zinsen zu nationalen Zwecken verwandt. K o m m t Deutschland je in Noth, dann soll ihm dies gewaltige Vermögen eine Sicherheit sein. Ueberbaupt soll diese Samm lung, die allen Deutschen zu Gute kommen soll, aus das Ausland einen großen Eindruck machen, soll zeigen, daß die Deutschen wissen, welchen Dank sie dem Einiger schulden". Es ist gewiß nicht ungerecht, zu sagen, dieser Plan sei nicht hinreichend durchdacht. Es ist wahr, 100 Millionen Wäre eine gewaltiges Vermögen. Gewaltig schon in Anbe- bctracht seines Zinsertrages, noch viel gewaltiger aber, inso fern, er durch freiwillige Beiträge gebildet werden soll. Ge- räth aber „Deutschland in Noth", so wäre — der Zustand mag immer welche Ursachen haben, wenn er nur den Begriff „Noth" rechtfertigt — die Summe eine Bagatelle. Viel schlimmer aber als diese finanzielle Blöße ist, daß offen hertMSgesazt wird, die Sammlung solle auf das Ausland einen großen Eindruck machen. Nach unseren Geschmack, den wir Niemand aufvrängen wollen, ist es schon nicht, daß bei einer Ehrung Bismarcks ein zu großes Gewicht auf das, was das Ausland dazu sagen wird, gelegt wird; das ist nach unserer Meinung nicht biSmarckisch. Aber gleichviel: Was wird geschehen, wenn, wie mit Sicherheit vorauszusehen, die 100 Millionen und selbst die Hälfte nicht zusammengebracht werden. Dann wird auS dem Versuche wegen der in Aussicht genommenen ungeheuren Ausdehnung und weil er ausgesprochener Maßen unternommen worden war, dem Auslande durch sein volles Gelingen die Größe der Dankbarkeit Deutschlands und seiner Einiger zu zeigen, eine große nationale Beschämung. Will man eine BiSmarck-Stiftung, so bemesse man sie von vorn herein nicht, auch nicht „ungefähr". Das Wiesbadener Projekt beruht auf einer gewaltigen Ueberschätzung der Zahl der großen Vermögen in Deutschland und leibet zudem au dem schweren Fehler, ein Ziel anzustreben, dem gegenüber kleinste Beiträge, auch wenn sie in den Piaffen eingeheu, wie verständigerweise erwartet werden kann, wenig oder gar nicht ins Gewicht sielen. Ein Viel, das vor allen Dingen von „vielen Wenig" gemacht werden kann, wäre jedenfalls er freulicher als eine mit DumaS'scher Einbildungskraft ins Soll der Gesammtheit der Beitragenden gesetzte Riesensumme. In der Presse bat sich eine Erörterung über die That- sache entspannen, daß der Kaiser während seines Aufent halts auf WilhelmShöhe „Hitzvacanz" für die Schüler in Cassel angeordnet hat. ES war Wohl keine dringende Noth vorhanden, diese Verfügung unter die staatsrechtliche Lupe zu nehmen und die Bestimmung der preußischen Verfassung an zuziehen, gemäß welcher alle Regierungsacte zu ihrer Giltig keit der Gegenzeichnung eines Ministers bedürfen. Nachdem aber dergestalt geurtheilt worden war, hätten AnderSmeinende, wenn sie die geübte Kritik nicht schon unbeachtet lassen wollten, was freilich das Klügste gewesen wäre, hier nicht mit Redensarten wie „verknöcherte Weisheit" und rem Hinweise auf die „schmorenden Sextaner" gegenüber treten sollen. Es bestehen allgemeine Vorschriften über das AuSsetzen des Unterrichts bei bestimmten Temperaturgraden. Ausnahmen, die darüber hinausgeben, sind zwar schon oft gemacht, dann aber regelmäßig durch die höchste Stelle veranlaßt, nicht befohlen worden.tzGanz so gleichgiltig, wie es auf den ersten Augenblick scheinen könnte, ist die Sache nicht. EsZ ist dem Ansehen der Lebrer bei den Schülern, also dem Respekt vor der Autorität bei dem Heranwachsenden Geschlecht förderlich', wenn die Schüler wissen, daß ihre unmittelbaren Vorgesetzten, und as sind doch die Lebrer und deren Vorgesetzte, Befugnisse haben, die nicht ohne Weiteres von einer anderen Stelle auSgeübt werden können. Darüber ist das Genaueste in Straßburg zu erfahren, wo noch Heute mancher Pädagoge nicht ohne Schaudern an die bekannte Ovation denkt, die, nach ihrer Meinung, überbürdet gewesene Gymnasiasten nach der An ordnung gewisser Neuerungen im Schulbetrieb vor dem Kaiserschlosse darbrack,ten. Sehr auffallend ist der von uns gemeldete Vorgang in dem landwirthschaftlichcn V'ereine für Rhein hessen. Ein hoher hessischer Beamter bat, wie erinnerlich, die Erregung der landwirthschastlichen Bevölkerung über die in der Erntezeit von der Militairbehörde zu Uebungszwecken verfügte Absperrung von Gelände als eine vollauf berechtigte be zeichnet. Er hat binzugesügt, man möge ja nicht glauben, daß die großherzogliche Regierung in dieser für die Land- wirthschaft so wichtigen Angelegenheit nichts gethan hätte; leider seien aber die Schritte, die die Negierung im Sinne der Hinausschiebung von Scharfschießübungen unter nommen, nur von geringem Erfolg gewesen. Hier ist etwas nicht in Ordnung. Entweder hat die Militairbehörde den landwirthschastlichen Betrieb in einem Umfang behindert, der ohne Zweifel über den vom Vertheidigungszweck des Heeres gebotenen Rahmen hinausging, oder die hessische Regierung hat daS Bedürfniß, Neibungsflächen für die Be rührung mit Preußen zu suchen unk die Oeffentlichkeit zur Zeugin derartiger Bemühungen zu mähen. Eine Ueberraschung hat der Crefllder „Katholikentag" gebracht. Der Ertrag der Peterspfennige geht zurück, so stark, daß ein Redner von der Nothwendigkcit, einen „finanziellen Zusammenbruch" des Papstes zu verhüten sprach, und der Weihbischof vr. Schmitz gab Einzelheiten, die diesen Ausdruck nicht gerade übertrieben erscheinen lassen. Welches sind die Ursachen dieser in einer Zeit großer äußerer Erfolge veS Ultramontanismus bemerkbaren Erscheinung? Angegeben wird, der spanisch-amerikanische Krieg habe die Einnahmen aus beiden Ländern gemindert. DaS ist, was Amerika anlangt, nicht recht glaublich. Aber auch Frank reich, wo eine klerikale Herrschaft sich vorbereitet und Oesterreich wo der Ultramontanismus regiert, ist „im Rückstand". Es giebt nur eine Erklärung für die wachsende Zurückhaltung: in den Massen vollzieht sich ein Umschwung, der an den Spitzen noch nicht bemerkbar ist. Daß Deutschland auS- erfehen sein soll, für daS Manko in dem vom Papst be günstigten Zweibundstaat und in dem frommen Oesterreich einzutreten, ist natürlich sehr schmeichelhaft. Während die Blätter der Socialdemokraten in Hannover und Frankfurt den Beschluß der Berliner „Genossen", der Landtagswahl fern zu bleiben, tadeln, haben die Social demokraten in den Berlin benachbarten Wahl kreisen Charlottenburg-Teltow und Rixdorf sich ebenfalls für Wahlenthaltung entschieden. Der Charlottenburger Beschluß ist deshalb von einiger Bedeutung, weit dort seit geraumer Zeit ein nationallibcral-sreisinnigeS (Übereinkommen für die Landtagswahl besteht; die jetzigen Abgeordneten des Kreises sind konservativ. Nach Allem wird die „National-Zeitnng" den nach ihrer Meinung ungesunden Zustand, daß die Social demokratie im preußischen Abgeordnetenbause ohne Vertretung ist, noch eine Weile mit ansehen müssen. Vielleicht eignet sich daS Blatt zu seinem Tröste die Anschauung der social demokratischen „Sächsischen Arbeiterzeitung" an, welche soeben schreibt: „Die Arbeiter überlegen nicht viel". Eine begreifliche Ansicht bei Leuten, die nur socialdemokratisch gedrillte Arbeiter kennen. Ostpreußische Blätter erzählen folgende merkwürdige Geschichte: „Vor einiger Zeit richtete der Gutsbesitzer Max Kirchsteln in Fünshöfen an den Landrath Hassenpslug in Strelno ein Schreiben, in dein er den Landrath durchweg mit „Euer Wohlgeboren" anredete. Ndrejsirt war das Schreiben: „An den Landrath des Kreises Strelno Wohlgeboren." In der Weglassung der Anrede „Herrn" und der Wahl des Prädicats Wohlgeboren statt Hochwohlgeboren hatte die Strafkammer in Jnowrazlaw eine Beleidigung des Landraths erblickt und den Gutsbesitzer zu 100 ./s Geldstrafe verurtheilt. Gegen dieses Urtheil hatte der Berurtheilte Revision eingelegt. Der Reichsanwolt hatte dieselbe für begründet erklärt. Es sei nicht ersichtlich und auch nicht sestgestellt, weshalb in der Weglassung von „Herrn", da die Adresse „An den Landrath" ohne Namens- nennung lautete, und in der Wahl des Wortes Wohlgeboren statt Hochwohlgeboren eine Beleidigung liegen solle. Ein Anspruch aus solche Prädicate könne überhaupt nicht erhoben werden, und im amtlichen Verkehr kämen sie immer mehr in Abnahme. Das Reichsgericht war derselben Ansicht, es hob das Urtheil auf und verwies die Sache an das Landgericht in Bromberg. Dieses ver- urtheilte jetzt den Angeklagten wiederum zu 100 Geldstrafe. Kirchstein wird nochmals Revision eiulegen." Wir sind natürlich weit entfernt, die Klage des Herrn Landraths nicht am Platze zu finden. Nur wundert es uns, daß die Staatsanwaltschaft nicht wegen Majestäts beleidigung einschreitet, wenn, wie es ja vorkommt, an den Monarchen Bittschriften und sonstige Schreiben einlaufen, in denen er mit „Herr Kaiser" angeredet wird. Auch die im vorigen Jahre während des Aufenthalts der Kaiserin in Tegernsee wiederholt gebrauchte Anrede „Frau Kaiserin" ist noch ungesühnt. Im Uebrigen möchten wir die Gesichter mancher adeliger Landrätbe gesehen haben, als sie diese Geschichte von der Klage ihres bürgerlichen College» hörten. Deutsches Reich. -2- Leipzig, 27. August. Tie „Sächsische Arbeiter zeitung" oder richtiger wobl der unter dem Pseudonym sich deckende „Genosse ParvuS" zahlt dem „Vorwärts" mit der „Unverfrorenheit des echten Tintenfaßpolitikers" seine Widersprüche gegen die Erörterung der Parteitaktik auf dem Parteitage heim und meint, die Fraction trete zu sehr in den Vordergrund. Man müsse daruin darauf bedacht sein, daß in der socialdemo- kratijchen Fraction mit ihren 56 Köpfen nicht das Gefühl auf- komme, sie sei die eigentliche Parteileitung. Das wäre der Weg zur Desorganisation der Partei. Dazu führe es aber, wenn die großen politischen Fragen sich um den Parlamentsbericht concentrirten. Die Fraction erscheine dabei immer als der politische Brennpunct, während sie doch nur die specielle Ausgabe habe, nach den von der Partei beschlossenen Grundsätzen deren Interessen im Reichstage wahrzunehmen. Was das für Grundsätze seien, darüber entscheide der Parteitag. Dessen Entscheidung aber werde zweifelsohne nach links fallen. Nicht weil man sich der lächerlichen Illusion hingab, vom „Tintenfaß" aus die Partei commandiren zu können, sondern auf Grund der Gesetze des proletarischen Classenkampfes und der gesammten Tradition der Partei. Wer glaube, daß die jetzigen taktischen Streitigkeiten auf Meinungsgegensätzen in den Arbeitern! assen beruhten, der habe kein Verständniß für die Arbeiterbewegung. Der ganze jetzige Wirrwarr sei nur dadurch entstanden, daß einige Parlamentarier auf dem bekannten glatten Boden ausgerutscht seien, ein paar Parteigelehrte durch übermäßige Lectüre politisch-ökonomischer Recensions-Literatur in einen Zustand geistiger Erstarrung gerathen wären und daß ein Advocat (Rechts- anwalt Heine) es unternommen habe, sociale Probleme zu lösen. Es sei eine Eonfusion innerhalb der „Intelligenz der Partei", die nun einmal die Arbeiterbewegung leite und deshalb auch irrrleiten könne. Darum sei es uothwendig, daß die proletarischen Massen wieder einmal klar und gerade heraus ihre Meinung zum Ausdruck bringen. Tas läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und Loch werden die in der „Arbeiterzeitung" zur Zeit hoch gebenden Wogen ätzender Kritik sich bis zum Parteitage und auf demselben glätten. Tie „Intelligenz" deö socialdemo- kratischen Führer Klüngel's, die von einer irregeleiteten Masse unbegreiflicher Weise auf den Schild erhoben und mit der Vertretung ihrer Interessen betraut ist, bat denn Loch ein zu großes Interesse daran, daß alles hübsch glatt unv riedlich abgeht. Man wirb eben an der Parteikrippe etwas enger zusammenrücken, um Platz für einige unbequeme Schreier zu machen und dann wird weitergcwurstelt, nicht wie der Parteitag will, sondern wie die Herren Alleswisser und sogenannten Arbeitervertreter von Volkes Gnaden wollen. Haboat sibi! * Berlin, 27. August. Gegen die Lehrlings züchterei wendet sich der „Hamburgische Korrespondent" mit folgenden Ausführungen: „Einer der größten Uebelstände, die der handwerksmäßige Betrieb im Gefolge hat, ist die sogenannte Lehrlingszüchterei, wie denn die im Jahre 1895 von dem kaiser lichen Statistischen Amt veranstalteten Erhebungen den Beweis geliefert haben, daß in einer großen Anzahl von Gewerben die Lehrlingshaltung in einem schreienden Mißvcrhältniß zu der Gesellenzahl steht. Der 8 128 des neuen Handwerkergesetzes er möglicht nun ein Einschreiten gegen derartige bedauerliche Zu stände, indem der unteren Verwaltungsbehörde die Berechtigung zugesprochen wird, einem Lehrherrn die Annahme weiterer Lehr linge über eine bestimmte Zahl zu untersagen. Weiter aber kann auf Grund desselben Paragraphen der Bundesrath „un beschadet der vorstehenden Bestimmungen für einzelne Gewerbs zweige Vorschriften über die höchste Zahl der Lehrlinge er lassen, die in Betrieben dieser Gewerbszweige gehalten werden darf." Ein erster Versuch, diesen Passus des Handwerkergcsetzes nutzbar zu machen, geht jetzt von dem Friseur- und Barbier gewerbe aus, indem sowohl der Congreß der freien Vereinigungen der Barbiere und Friseure Deutschlands, als auch der Verbandst tag des bayerischen Landesverbandes der Bader und Friseure beschlossen hat, den Bundesrath um den Erlaß einer Vorschrift zu ersuchen, „daß in Betrieben des Barbier- und Friseurgewerbes mehrere Lehrlinge zu gleicher Zeit nur insofern gehalten werden dürfen, als ihre Gesammtzahl die Zahl der regelmäßig beschäftig ten Gehilfen nicht überschreitet". Gerade das in Frage stehende Gewerbe gehört zu denjenigen, die am meisten mit Lehrlingen übersetzt sind. So wurden z. B. im Jahre 1896 auf je 100 Meister und Gehilfen im Bromberger Bezirk 23,6, im Posener Bezirk 22,6, im sächsisch-anhaltischen Bezirk 20 und in Mecklen burg und Vorpommern etwa ebenso viele Lehrlinge eingestellt, und innerhalb des Posener Bezirks wieder stieg der Procentsatz der Lehrlinge bis auf 86 (in Ostrowo). Ein dem Gesetz ent sprechendes Eingreifen des Bundesrathes thut also wohl noth und dürfte zur Folge haben, daß auch die anderen Handwerks zweige, die an dem gleichen Uebelstand laboriren, in ähnlicher Weise vorgehen." 0. ll Berlin, 27. August. Die Dreischraubenschiffe. Die „Kaiserin A u g u st a" ist bekanntlich der erste Kreuzer mit 3 Schrauben gewesen, welche den Atlantik im Jahre 1893 durchfuhr; kurze Zeit darauf kamen „Columbia" und „Minne apolis". Es sind also, so läßt sich der kaiserliche Marinebau meister v. Süßenguth in der „Marine-Rundschau" aus, Kreuzer gewesen, auf denen das Dreischrauben system in der Kriegsmarine zuerst verwendet i st. Es ist dies eine Folge davon, daß bei diesen Schiffen eine große Maschinenkraft bei geringer Höhe der Maschinenräume zu entwickeln ist. Man hatte bereits viel früher an drei Schrauben gedacht. Schon im Jahre 1878 ist dieses Project von M. Berlin für einen Monitor in Vorschlag gebracht. 1884 bis 1886 sind von M. de Bussy Versuche mit dem „Carpe" gemacht, dem Modell eines Panzers in einem Zehntel. Doch wurde diese An ordnung noch nicht eingefiihrt. Dieselbe ist dann wieder aus genommen auf dem „Bouvet", welcher noch nicht in Dienst gestellt ist. Gegenwärtig findet man sie auf dem „Massema, auf dem Typ „Gaulois" und „Henri IV." In Deutsch land hat man dieselbe, nachdem sie sich auf der „Kaiserin Meereswellen. Novellette von Otto Elster. Nachdruck vcrdoten. „Gnädigste Comteffe . . „Bei Allem was lebt — Baron Scharrnbeck — Sie in Binz?" Der in« eleganteste Strandcostiim gekleidete Freiherr Man fred von Scharrnbeck ließ das Monocle aus dem Auge fallen, klappte mit den Hacken zusammen und beugte sich tief über das kleine Händchen, welches Comteffe Hilma ihm bot. „Ich bin es in leibhaftigster Person, gnädigste Comteffe", versicherte er, di« Hand betheuernd auf die Stelle legend, wo da» Herz sitzen soll, wo bei Baron Scharrnbeck aber jetzt der Zipfel eines bunten Batisttaschentüchelchens hervorsah. „Konnte es in Berlin nicht mehr aushalten, Gnädigste — Kannibalische Hitze — Staub zum Ersticken — überall buddeln sie die Straßen auf — und da soll ein civilffirter Mensch noch athmen können! Schüttelte deshalb den Staub der Reichshauptstadt von den Füßen und «ilte hierher, wo ich Sie wetlen wußte, gnädigste Comteffe." Comteffe Hilma lacht« lustig auf. „Das ist prächtig von Ihnen, lieber Baron — Mama wird sich sehr freuen, nun hat sie doch Jemand, mit dem sie Piquet spielen kann." „Aber erlauben Sie, Gnädigste — zum Piquetspielen kommt man doch nicht nach Binz . . ." „Freilich nicht", lachte Hilma. „Aber wenn man einer Dame einen Gefallen erweisen kann .... oder wollen Sie sich lieber den trügerischen Wellen des Meeres anvertrauen, Baron?" „Mit Ihnen, Comteffe Hilma, wage ich Alle«!" pko erlauben Sie wohl, daß ich Ihnen meinen Vetter Max von Holten vorstelle. Er ist mein steter Begleiter auf allen See fahrten." Baron Scharrnbeck betrachtete den jungen unscheinbaren Herrn, der bislang ruhig lächelnd neben Hilma gestanden hatte, mit mißtrauischem Blick und sein „Sehr angenehm" klang wie ein „Hol' Dich der Teufel!" — Aber dieser junge unscheinbare Mensch — nach dem schauder haft gesunden Aussehen zu urtheilen, ein pommerscher Land junker — konnte ihm, dem von allen „Weibern" verwöhnten Baron Manfred von Scharrnbeck, gewiß nicht gefährlich werden. Der einzige Vortheil, den dieser junge Mensch voraus hatte, war seine Jugend; aber Baron Manfred sah mit seinen achtund dreißig Jahren doch auch noch ganz passabel, wenn auch etwas verbraucht aus. Und dann der weltmännische Schliff — der elegante Chic — „Den Deiwel auch", — das mußte ja einem Mädchen, wie Comteffe Hilma, die erst zwei Winter in der Berliner Gesellschaft verkehrte, imponiren. So wanderte er denn sehr, mit sich und dem Eindruck, den sein frisches Auftreten hervorgebracht, zufrieden, an der Seite Comteffe Hilma'« den Strand entlang, während Max von Holten an der anderen Seite der jungen Dame schweigend dahin schritt. De» jungen Mannes Auge war auf die schäumende See gerichtet, welche in ziemlich starker Brandung den Strand über- fttzthete, so daß bereits einige Schiffer ihre Kähne an Land zogen. Als eine kleine Pause in dem Geschwätz de« Barons einge- treten war. sagte Max von Holten, indem er stehen blieb und auf sie See hinaus zeigte: „Ich glaube, heute wird es nichts mit unserer Fahrt, Hilma." „Weshalb nicht?" wandte sich diese mit rascher Frage an ihn, indem eine leichte Röthe in ihre Wange stieg. „Ich hatte mich so auf die Fahrt gefreut", sedte sie leiser hinzu. „Ich trau« dem Wett» nicht", «ntgegnete Max von Holten. „Sieh nur die Brandung — und dort hinten die Wolkenwand scheint nichts Gutes im Schilde zu führen." „Du bist doch sonst nicht so ängstlich, Vetter", meinte Hilma unmuthig. „Wenn Herr von Scharrnbeck uns begleiten will, möchte ich ihn nicht in Gefahr bringen. . ." Donnerwetter! — das war stark! Der Baron gab sich einen Ruck. „Ich bitte, auf mich keine Rücksicht zu nehmen, Herr von Holten", sagte er scharf. „Ich werde mich doch vor den paar Wellen nicht fürchten." „Ah, ich wußte nicht, daß Sie ein „seebefahrener Mann" sind, Herr Baron", versetzte Herr von Holten leicht auflachend. „Aber ich bitte Dich, Max, Herr von Scharrnbeck war schon in Helgoland und Ostende . . ." „Auch auf der Insel Wight, meine Gnädigste!" „Na, dann kennen Sie ja das Meer", meinte Herr von Holten mit einem lustigen Zwinkern seiner blauen Augen. „Wie meine Tasche, Verehrtester." „Was meinst Du also, Cousine — sollen wir es wagen?" „Ohne Frage — der Herr kann ja Zurückbleiben, wenn er sich nicht auf» Meer hinauswagt. Mama wird sich sehr freuen . . . ." „Eine Partie Piquet mit mir zu spielen" unterbrach sie der Baron. „Ah, gnädigste Comteffe, wie grausam sind Sie?" „Nun, dann kommen Sie! Sehen Sir, da» dort ist unser Boot." > An der Landungsbrücke schaukelte sich ein zierlicher Segel kutter, der am Bug den Namen „Undine" in goldenen Lettern trug. Daneben am Strande stand breitspurig, in der Tracht der Schiffer Rügen», ein graubärtiger Bootsmann, behaglich sein kurzes Pfeifchen schmauchend. „Wie ist'»?" fragte er schmunzelnd. .Heut' fahren die Herr schaften wol nich?" „Gerade heute wollen wir fahren, Jansen", rief Comteffe Hilma. „Es ist ja entzückendes Wetter." „'n büschen lebhaft, gnäd'ges Frölein", meinte der Schiffer lachend. „Aberst das sünd ja die Herrschaften gewöhnt. — Wollen der Herr da auch mitföhren!" „Gewiß will ich mitfahren, lieber Mann", entgegnete Baron Scharrnbeck gereizt. „Ich meinte blos von wegen den schönen weißen Anzug. Wird woll 'n büschen naß werden, Herr . ." „Ach was, dummes Zeug! 's ist ja mein einziger nicht." „Glaub's gern, Herr . . ." „Na, dann also los!" Baron Manfred wollte mit einem eleganten Satz in das Boot springen, aber o Weh! — er glit aus dem nassen Boden des Bootes aus und setzte sich recht unsanft nieder. Der kleine Kutter gerieth bedenklich ins Schwanken, eine Spritzwelle über schüttete den Baron mit ihren Wasserperlen, der sich, schimpfend und sich schüttelnd wie ein im Wasser gewesener Pudel, auf richtete. „Verfluchte Gondelei", brummte er vor sich hin. Comteß Hilma lachte Thränen; Herr von Holten reichte dem Baron hilfsbereit die Hand. „Nicht so hastig, Herr Baron. Da» Wasser hat keine Balken." „Ein glitscherige» Vergnügen", suchte der Baron seinen Aerger hinwegzuspotten. „Kommen Sie, Baron, setzen Sie sich an meine Seite", sagte Hilma tröstend. „Aber hübsch ruhig müssen Sie sitzen." „Ja, ich merke, da» Ding kippelt . . ." Vorsichtig setzte er sich nieder und trocknete sich das Gesicht mit dem buntaetllpfelten Taschentuch«. „Wollen Sie das Steuer nehmen, Herr von Holten?" fragte Jansen. „Ja . . laß Segel fallen!" commandirte Max, indem er mit sicherem Griff das Steuer erfaßte. „Fertig? - Lo«! -"
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