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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980829020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898082902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898082902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-29
- Monat1898-08
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Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Ukr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Montag den 29. August 1898. 92. Jahrgang. Der Frie-ensruf -es Zaren. —t>. Der jugendliche Zar Nikolaus II., der soeben in Moskau den Manen seines Großvaters, des Zar-Befreier», huldigt, hat die Welt mit einer Kundgebung überrascht, die nichts Geringeres bezweckt, als den KriegSgott vom Throne zu stürzen, den in Eisen starrenden Nationen die Waffen aus der Hand zu nehmen und mit dem Beginne des 20. Jahrhunderts eine Aera des allgemeinen VölkerfriedrnS beraufzuführen. Die Kunde von der unerwarteten kaiserlichen Enunciation konnten wir gestern noch durch Anschlag der Oeffentlichkeit zu übermitteln, während wir heute Morgen in derLage waren, den Wortlaut derVerordnung zu veröffentlichen. Welches Echo wird der Friedensappell des Zaren in den Völkern wecken? Es war am 2l. October 1869, als ein großer Gelehrter und kleiner Politiker dein preußischen Abgeordnetenhause den Antrag der Fortschrittspartei unterbreitete, die StaatS- rcgierung aufzufordern, dahin zu wirken, daß die Ausgaben der Mililairverwaltung deS norddeutschen Bundes entsprechend beschränkt würden, und daß durch diplomatische Ver handlungen eine allgemeine Abrüstung herbeigcführt werde: Sieben Monate darauf kam die französische Kriegserklärung. Hätte das Abgeordnetenhaus nicht am S. November desselben Jahres den Antrag Virchow mit erdrückender Majorität abgelehnt, welchen Gang wäre die Weltgeschichte dann gegangen, wo wäre heute daS deutsche Reich! Aber der Fluch der Lächerlichkeit, der dem ingeniösen Antrag seitdem anhaftet, trifft nicht so sehr die Welt- friedenSidee an sich als die politische Prophetengabe der damaligen Fortschrittspartei, die die Zeichen der Zeit nicht zu deuten vermochte, weil sie für dieselben blind war oder blind sein wollte. Der Gedanke, den männer mordenden Krieg als einen Nest unmenschlichen Barbaren- thumS ganz aus der Welt zu schaffen und eine fried liche Ausgleichung der zwischen einzelnen Völkern ent stehenden Streitigkeiten herbeizuführen, ist für zahlreiche edle Geister unseres Volkes, wie aller übrigenNationen der Leit stern geblieben und sie sind ihm, um mit dem Apostel der Liebe zu reden, nachgejagt wie einem himmlischen Kleinod, daS freilich, so oft sie es erfassen zu können glaubten, in immer weitere Ferne entschwand. Die Gesellschaft der Friedens vereine hat in den 40er und 50er Jahren in Brüssel, Paris und Frankfurt a. M. Friedenscongresse abgehalten, die Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre abermals in Pari», dann in London, Rom, Bern und Chicago immer mehr einen internationalen Charakter annahmen und mit inter parlamentarischen Conferenzen verbunden waren. Die letzteren waren von englischen Politikern ins Leben gerufen und eine wachsende Anzahl von Parlamentariern (zuletzt weit über 300) hat an ihnen theilgenommen. Positiv Ergebnisse sind freilich noch nicht erreicht worden, zumal da eS französischen Chauvinisten gelang, in der Friedensliga eine dominireude Rolle zu spielen, so daß die idealen Bestrebungen der Friedensfreunde an dem Zwist darüber zu scheitern noch immer in Gefahr sind, ob eine „elsaß-lothringische Frage" als solche anzuerkennen und auf Lösung derselben hinzu arbeiten sei. Die weitgreifende, äußerst lebhafte Agitation für eine allgemeine Abrüstung ist politisch ergebnißloS ge blieben und schließlich der allgemeinen Nichtbeachtung verfallen. Etwas Anderes aber ist eS, wenn eine Bertha von Suttner, etwas Anderes, wenn Zar Nikolaus, der Herrscher aller Reußen, der Repräsentant der gewaltigsten Kriegsmacht neben Deutschland, den Ruf „Die Waffen nieder!" an die Ca- binette und die Völker ergehen läßt. Von dieser Stelle aus wird die Mahnung, „auf dem Wege internationaler Berathung, die wirksamsten Mittel zu suchen, um allen Völkern die Wohlthaten wahren und dauernden Friedens zu sichern und vor Allem der fortschreitenden Entwickelung der gegenwärtigen Rüstungen ein Ziel zu setzen", zu einem diplo matischen Acte von allergrößter Bedeutung. Männer, die auf so hohem Postamente stehen, wie der Zar, überschauen daS internationale Schachbret und durchschauen die Scenerie deü WelttheaterS ganz anders als gewöhnliche Sterbliche; sie sind, sollte man meinen, daher auch eher in der Lage, zu beurtheilen, wann für die Realisirung dieser oder jener für das Völkerleben epochemachenden Idee die Zeit gekommen ist. Kein Wunder daher, daß die Welt aushvrcht bei der wie ein Evangelium anmuthenden Kunde vom Newastrande und das Schlagwort „Allgemeine Abrüstung" für lange hinaus auf die Tagesordnung der öffentlichen DiScussivn in allen civilisirten Ländern gesetzt wirv. Schon liegen aus Rom, London und Paris Aeußerungen der Presse über das Rundschreiben des Grafen Murawjew vor. Sie besagen: * Rom, 29. August. (Telegramm.) Das Communiquv im russischen „RegierungSboteu" hat hier lebhaften Eindruck ge- macht. Einige Blätter begrüßen dasselbe mit Beifall, andere mit Vorbehalt oder Mißtrauen. * London, 29. August. (Telegramm.) Uebcr die Kuno- gebung des „Regierungsboten" betreffs der allgemeinen Abrüstung äußern die „Times", der Vorschlag des Zaren fei an sich selbst ein großes politisches Ereigniß, das, selbst wenn es zu einem un mittelbaren Erfolge nicht führen sollte, große Ehre auf seinen Namen und seine Regierung häufen werde. Der „Standard" meint, so lange England Grund zu der Auffassung habe, daß seine Handels- interessen bedroht seien, werde cs von seinen Anstrengungen nicht ablassen können, den Vorsprung sich zu er- halten, den es vor seinen Nebenbuhlern zur See habe. Die „Morn ing Post" schreibt, während der allgemeine Plan zum Frieden und zur Abrüstung für Rußland ganz gut passen könnte, würde er England durchaus nicht an stehen. „Daily News" und „Daily Chronicle" erwarten, England werde der russischen Einladung unvorzüglich folgen. „Daily I Telegraph" giebt die Bedeutung des Vorschlags des Zaren zu und bespricht die Schwierigkeiten, die die Conserenz zu überwinden I haben werde. * Paris, 29. August. (Telgramm.) DaS Rundschreiben des russischen Ministers des Aeußern erregt in den politischen Kreisen von Paris das lebhafteste Aufsehen. Man kann sich da» Vorgehen des Zaren nicht erklären, und so hört mau vielfach die Ueberzeugung äußern, daß Rußland die Conserenzidee nicht aus eigene Faust lancire und daß ein Gedankenaustausch zwischen dem Zaren und dem Kaiser Wilhelm stattgefunden haben müsse. Man sieht schon auS diesen wenigen Mittheilungen, daß die Aufnahme der hochherzigen Anregung des Zaren eine sehr getheilte ist und daß auf dem Weg zum Ziele sich ungeheure Schwierigkeiten aufthürmen werden. Bor allen Dingen will eS nicht recht einleuchten, daß gerade jetzt der geeignetste Augenblick sein soll für den Zusammentritt derofficiellenFricdenSconferenz. JnFrankreich hatderProceß Zola erst von Neuem wieder gezeigt, wie die Revanchcidee selbst in den Reihen der höchsten und einflußreichsten Stützen der Republik noch ebenso mächtig ist, als vor 26 Jahren, und erst kürz lich hat ein französischer Professor Aubeuf nachzuweisen versucht, daß Frankreich eine Million mehr ausgebildete Truppen be sitze als Deutschland, und daß darum jetzt der geeignetste Augenblick sei, über Deutschland herzusallen. Schon einmal hat Nikolaus II., unmittelbar nach seinem Besuch in Paris, offen seinen Wunsch kundgegeben, daß die beiden feindlichen Nachbarn sich versöhnen mögen und seine guten Dienste als Vermittler angeboten. Man hat in Frankreich seine Worte absichtlich überhört, weil man keine Versöhnung will und mit Rußland gerade deshalb sich verbündet, um einst doch noch an Deutschland Revanche üben zu können. Schon geraume Zeit betrachtet man den russischen Verbündeten mit Mißtrauen, und der jetzige Aufruf deS Zaren dürfte die große Mehrheit Derer, die in der Alliance nicht eine Förderung, sondern ein Hemmniß für Frankreich erblicken, schwerlich vermindern. Wir fürchten, die gute Absicht deS Zaren werde an der „der Geschichte immanenten Gerechtigkeit" scheitern, w<? man- sie an der Seine versteht. Aber auch von anderer Seite-erheben sich keine zu über- sehi'nden Schwierigkeiten. In Ostasien sind diese soweit gediehen, daß Rußland und England dem großen Waffen gang um daS Prädvminium kaum noch ausweichen können, und in den V e r e i n i g t e n S t a a t e n ist dort ein neuer gefährlicher Concurrent auf den Plan getreten, der in dem Raubzug nach Cuba und den Philippinen der Welt deutlich zu verstehen gegeben hat, daß er entschlossen ist, ein gewichtiges Wort im internationalen Wettkampf mitzusprechen, ein Con current Rußlands, an dessen Seite im gegebenen Falle England und vielleicht auch Japan stehen werden. So ist überall — auch die egyptische Frage und die französisch-englischen Grenz- conflicte in Afrika dürfen nicht vergessen werden — Zünd stoff genug angehäuft, der furchtbare Explosionen erwarten läßt. Möglich ist es ja nach den jüngsten Meldungen, daß Eng land und Rußland sich über China verständigt haben, aber wahrscheinlich nicht. Vorläufig concentrirt sich eine starke englische Kriegsflotte bei Wei-Hai-Wei, und an der russischen Flottenvcrmehrung, für welche bekanntlich vor Kurzem erst 90 Millionen Rubel ausgeworfen worden sind, wird eifrigst weiter gearbeitet. DaS führt auf die Frage: Wie kommt gerade Rußland, diejenige Macht also, die am ge waltigsten rüstet und am frühesten mit einem Kriege rechnen muß, dazu, plötzlich eine allgemeine Niederlegung der Waffen vorzu schlagen? Englische Blätter fassen diesen Schritt des Zaren schon als ein Eingeständniß der Schwäche Rußlands und seiner Furcht vor einer bewaffneten Auseinandersetzung mit England auf und rathen, nun erst recht prcssiv gegen den lästigen Concurrenten aufzulreten und ihm die Pistole auf die Brust zu setzen. So kommt die Mahnung des Zaren — ganz abgesehen von der heiklen Frage: Wer soll zuerst abrüsten? — nach unserem Dafürhalten gerade in dem wenigst günstigen Moment. Aber, wie gesagt, vielleicht rechnet Nikolaus II. höchstwahrscheinlich im Einversländniß mit einer Reihe anderer Monarchen, mit einer internationalen Cvnstellation, die dem Fernstehenden noch nicht erkennbar und die geeignet ist, sein hohes und hehres Ideal in die Wirklichkeit umzusetzen. Mit wie kühlen Erwägungen und mit wie großen Bedenken wir auch seiner Les Schweißes der Edelsten werthcn Anregung gegenüberstehen, wir zollen ihm aufrichtigsten Dank für seine menschlich schöne, seinem Herzen zur höchsten Ehre gereichende That und wissen uns eins mit ihm in dem Wunsche, daß sie der Anstoß sein möge z» einer Gestaltung der Dinge, wie sic die EngelSbotschafl meint mit ihrem „Friede auf Erden!" Politische Lagesschau. * Leipzig, 29. August. „Der Werth von Mittheilungen über Bismarck aus den letzten Jahren und Monaten seines Lebens wird vielfach beeinträchtigt, wenn sozusagen nur die Randbemerkungen des großen Staatsmannes zur Wiedergabe gelangen, daS Tbema aber, zu dem sie gehören, verschwiegen wird. Wenn z. B. in einem Berliner Blatte Graf Hoensbroech den Professor Schweninger erzählen läßt, noch nicht lange sei es her, da habe bei einem Gespräche über Politik der Altreichskanzler mit beiden Händen nach dem Kopf gegriffen und gerufen: „Könnte ich doch in die Schweinerei einmal hineinfahren und ihnen sagen, wohin das führt", so bleibt eS Jedem überlassen, unter dem „bestimmten politischen Gegenstand", der nicht näher definirt wird, sich zu denken, was er will. Ist damit irgend etwas gewonnen oder gefördert? Im Gegcntheil! Öder will man die Vermehrung der Unsicherheit im Urtheilen über politische Fragen als etwas ansehen, dessen sich die jenigen zu befleißigen hätten, die sich in ter bevorzugten Lage befinden, Kritiken Bismarck s mit dessen eigensten Worten I wiedergeben zu können? Das deutsche Volk wird denen von I Herzen dankbar sein, die ihm aus dem Schatz ihrer persönlichen > Erlebnisse mittheilen, was nur immer in Beziehung zu unserm Feuilleton. In -er Lrandung -es Lebens. 20) Roman auS dem amerikanischen Westen. Von Theodor Eicke. Nachdruck v-rboUn. Jarvis öffnete die Thür und blickte auf die Kleidungsstücke, die in Ordnung an der Hinteren Wand hingen. „Die gehören alle Brant, nicht wahr?" sagte er gleichgiltig. „Na natürlich, wem sollten sie denn sonst gehören?" „Sind das alle, dir er hat?" „Meinen Sie, es hätte Einer davon gestohlen?" antwortete etwas verletzt Mary. „Natürlich sind sie'k alle, bi» auf die, die Mr. Antoine und der Junge ihm ins Gefängniß brachten." „Junge — was für ein Junge?" „Du lieber Gott, ich weiß e» nicht, irgend so 'n Bengel von der Straße. Er hatte einen Brief von Mr. Brant; da liegt er noch auf dem Tisch." Jarvi» sprang durch daS Zimmer und zog ein schmutziges Stück Papier unter dem Briefbeschwerer hervor. Ein unortho graphisches Bleistiftgekritzel stand darauf mit Brant'» Unter schrift, und der Reporter brauchte e» nicht zweimal anzusehen, um den plumpen Betrug zu erkennen. „Mary, mein Engel", sagte er affectuirt, „Sie sind eine Perle, die ihresgleichen nicht hat." „Hören Sie auf mit Ihren Schmeicheleien." „Aber wer denkt an Schmeichelei? Sah Mr». Seeley diesen Brief?" „Ja gewiß." „Und sie gab dem Jungen den Anzug, den er haben wollte?" „Natürlich. Ich habe mich auch gewundert, wa» Mr. Brant mit den alten Lumpen machen wollte." „Von allen unseren Freunden — soweit sie Frauen sind — befreie uns, lieber Gott!" sagte Jarvi» leise und fügte laut hinzu: „Da hatten Sie ganz Recht, Mary; sahen Sie den An zug selbst?" „Natürlich — so ein altes schmutziges Zeug, so «ine Pfeffer- und Salzsarbe, wissen Sie, wie sie Mr. Brant überhaupt nie trug." „Stimmt." Der Reporter steckte sein Notizbuch in die Tasche und ver schwand so schnell wie möglich. E« war zwar nicht viel, was er gefunden hatte, aber das Eine wurde ihm daraus klar, daß der Einbrecher Harding's Vertrauter gewesen war, denn der war, wie er von Allen, die er ausgefragt, gehört hatte, immer in solch einem schäbigen Anzuge von Pfeffer- und Salzfarbe erschienen. In seiner Trunkenheit hatte er dann offenbar einen Anzug Brant's gestohlen und seinen eigenen zurückgelassen. Als er dann nüchtern geworden war, hatte er eingesehen, ein wie gefährliches Beweisstück der zurückgelassen« Anzug war, und hatte ihn wieder in seinen Besitz gebracht. Konnte er nun die Identität des Ein brechers feststellen und herausbekommen, was für Beziehungen eigentlich zwischen ihm und Harding existirt hatten, dann, das fühlte er, würde das Geheimniß sich schon zu klären beginnen. An einer der nächsten Straßenecken traf er einen Dienstboten aus dem Osirian-Club, und zwar denselben, der in der Nacht des Mordes im oberen Corridor Dienst gehabt hatte. „Heda, Binkie, auf dem Wege ins Geschäft?" rief er und stellte den Mann, fast aus reiner Gewohnheit. „Ganz recht", war die Antwort. „Was giebt's Neues?" „Gar nichts; das Geschäft geht mächtig schlecht seit dem Radau auf Nummer 7." „Wahrhaftig? Sagen Sie doch 'mal, Binkie, war da eigentlich noch Jemand im Saale zu der Zeit, als George Brant kam?" „Nicht 'ne Seele." Der Mann trat eine Weile unruhig von einem Fuß auf den anderen, dann fuhr er fort wie Einer, der sich gern etwas vom Herzen reden will. „Wissen Sie, das hab' ich immer gesagt und sage es jetzt auch; aber da ist doch noch so was passirt, da» hab' ich keinem Menschen erzählt, aber, weiß Gott, die Geschichte quält mich doch." „Was war denn daS?" fragte Jarvis scheinbar gleichgiltig, während seine Neugierde auf daS Aeußerste gespannt war. „Wissen Sie, George kam herauf und fragte mich nach den beiden Herren und wo sie wären, und ich sagt' es. Und dann sah ich ihn nach dem Saal raufgehen; wissen Sie, so deutlich, wie ich Sie jetzt vor mir sehe. Na, und zwei Minuten nachher ging ich 'mal von meiner Thür weg, um ein Fenster auf dem Vorplatz zu öffnen, und als ich zurückkomme, ist George immer noch da und geht immer noch nach dem Saale rauf, gerade wie ich es vorher gesehen hatte." „Und es war sicher Brant?" fragte der Reporter, den nach einer verneinenden Antwort hungert« und dürstete, der aber doch nicht wagte, sir dem Manne gewissermaßen in den Mund zu legen. „Sicher", sagte d«r Mann kurz. „Zuerst glaubt' ich's ja nicht; es kam mir vor, als ob er dünner wäre, als ob er nicht so recht in seine Kleider reinpaßte. Aber 's konnte doch kein Anderer sein; ich hätte ihn doch müssen Vie Treppe rauskommen sehen — nicht wahr?" Der Mann verlangte offenbar nach Bestätigung seiner An sicht und er erhielt sie schleunigst. „Aber selbstverständlich; wahr scheinlich kam George zurück, um Sie nach etwas zu fragen, be sann sich aber und kehrte wieder um. Aber ich habe noch zu thun; guten Abend!" „Donnerwetter", sagte der Reporter zu sich selbst, als er den Mann verlassen hatte, „da sage noch Einer, daß es keinen Zufall giebt! Na, so was! Da stolpere ich einfach über zwei Dinge, nach denen ich gar nicht suchte, uno sie passen zusammen wie geschmiert! Sein Doppelgänger war es in dem gestohlenen Anzug — selbstverständlich!" Eine Viertelstunde später wußte Forsyth Alles, was Jarvis ausgekundschaftet hatte, worauf er schleunigst seine Ansicht über den jungen Mann änderte und sofort einen Kriegsrath ein zurufen beschloß. Richter Langford wurde telephonisch benach richtigt, und das war das Glockenzeichen gewesen, das ihn beim Beginne des Diners gestört hatte. Als der Richter die Ohrmuschel wieder an ihren Haken ge hängt hatte und ii das Speisezimmer zurückkehren wollte, hörte er in der Dunkelheit über sich ein« leise Stimme. „Papa, was war es?" „Bist Du es, mein Kind? Es war eine Botschaft von Mr. Forsyth; es sind wieder neue Entdeckungen gemacht — und zwar erfreulich«, wie ich glaube. Ich gehe nach dem Essen in die Stadt; wenn Du noch auf bist nach meiner Rückkehr, dann erzähle ich Dir Alles. Inzwischen sei guten Muthes und verliere die Hoffnung nicht!" Der Richter ging wieder in das Speisezimmer, doch ehe er seinen Platz eingenommen hatte, ertönte die Hausglocke, und das Mahl wurde wieder unterbrochen, als ein Dienstbote eintrat mit einem Telegramm für Mrs. Hobart. Kate la» es und reichte es dem Hausherrn. „Das ist gut", sagte er. „Wann trifft der Zug vom Westen ein, Harry?" „Etwa um halb neun; als ich vom Bureau fortging, waren zwei Stunden Verspätung gemeldet." „Das paßt ja gerade. Hobart kommt, und wir wollen ihn am Bahnhofe in Empfang nehmen." Zur angegebenen Zeit trafen der Richter und Antoine auf dem Bahnhofe «in, wo dem Letzteren ein Diensttelegramm über reicht wurde, während der Zug gerade «inlief. Das Telegramm enthielt für Antoine den Auftrag, sofort zur Vertretung eines erkrankten Beamten nach der Station Voltamo zu gehen. „Hol' der Teufel den Kerl in Voltamo!" sagte er zu dem Richter, als sie sich durch die Menge nach dem Schlafwagen hin drängten. „Der Mensch wird immer zur unrechten Zeit krank. Ich muß heute noch fort; können Sie nicht, wenn Sie mit der Geschichte bei Forsyth durch sind, in unserem Telegraphenbureau vorsprechen und dem Beamten die Thatsachen mittheilen? Ich werde mich von Voltamo aus mit ihm in Verbindung setzen; sonst habe ich doch keine Ruhe." Der Richter versprach es; und gleich darauf erblickte er Hobart, der erfreut war, -inen alten Freund zu begrüßen und einen neuen kennen zu lernen. „Sie kommen gerade zur rechten Zeit, Ned", sagte der Richter. „Lassen Sie Ihr Gepäck vorläufig hier und kommen Sie mit mir in die Stadt. Ich werde Ihnen auf dem Wege alles Nöthiae erklären." So that der Richter, und als sie auf der Reoaction des „Plainsman" ankamen, wußte Hobart Alles, was ihm der Richter erzählen konnte. Forsyth begrüßte den Ankömmling herzlich; dann wurde Jarvis vorgestellt und aufgefordert, dem Richter und Hobart seine Geschichte noch einmal zu erzählen. Hobart hörte schweigend zu; als der Reporter geendigt hatte, seufzte er erleichtert auf. „Die Einbrechergeschichte erklärt mir Alles", sagte er. „Ich hörte gestern Abend zum ersten Male von der ganzen Sach«; und nach einem Briefe, den Brant mir vor etwa drei Wochen schrieb, hatte ich allen Grund, anzunehmen, daß er einfach Rache an seinem Feinde genommen hatte." „An seinem Feinde?" fragte erstaunt der Richter. „Ja; hören Sie zu, dann will ich Ihnen seine Geschichte erzählen, soweit ich sie kenne." Er that es der Wahrheit gemäß, indem er mit ihrer Uni versitätsfreundschaft begann und mit der eindrucksvollen kleinen Scene im Mondlicht auf dem Jack Mountain endete. „Was seit jener Nacht sich ereignet hat, wissen Sie All? besser als ich", schloß er, „doch ich möchte noch eins hinzufügen: wenn Brant sagt, er that es nicht, so genügt das — er würde darum nicht lügen, wenn auch die Lüge zehn Mal sein Leben retten würde." Der Richter war tief bewegt. „Meine lieben Freunde", sagte er, „jetzt ist keine Zeit zu Heimlichkeiten. Ich habe zu Mr. Hobart's Erzählung etwas hinzuzufügen, das des jungen Mannes bisher so unerklärliches Schweigen als den Ausfluß eines höchst ritterlichen und heroischen Vorsatzes erscheinen läßt — einer That, die des b«st«n Ritter» würdig ist, der in den alten
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