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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980905011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898090501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898090501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Seiten doppelt vorhanden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-05
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Reklamen unter dem RedactionSstrich (4g«e spalten) üO^, vor den Familiennachrichlei (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis» ve^eichniß. Tabellarischer und Zisfrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Rtoraen-Ausgabe, ohne Postbeförderung M.—, mlt Postbeförderuug 70.—. Ännahmeschluß fir Äuzeigen: Ab end.Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde frnher. Anreigen sind stets an Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. 92. Jahrgang. Der Handwerkerschuh. Von ?. F. E. Kröber-Bocka. Die lange Zeit hindurch in Sachsen und Thüringen giltige Landesordnung der fürstlichen Brüder Ernst und Albert aus dem Jahre 1482 bestimmte über das Handjverk auf dem Lande: „Es soll Niemand, welches Standes, Würden oder Wesens er sei, aus keinem Dors, das davon nicht besonders be freit ist, einen Hanttwerksmann sitzen, zu Haus sein, noch sein Handwerk einen Tay treiben lassen. Anders aber in demjenigen Dorse, das den Städten über ein Mertel Weges, d. h. eine Meile entlegen, das mag zu gemeinem Nutzen, den armen Leuten zu Gute einen Schmied und einen Leineweber haben, der doch nur dann den armen Leuten um ihten Lohn und grobes Ding zu ihrer Nothdurft arbeitet. Welcher Dorfsherr das mit Wissen anders verfügte, der soll deshalb in unsere Ungnade und Strafe, und die Gemeinde des Dorfes, Jo oft das Verbrechen erfahren würde, dem nächsten unsrem Amtmann dabei zehn rheinische Gulden zu Buße (zu zahlen) verfallen sein. Denn wir sind nicht schuldig, einem Manne oder einer Dorfschaft zuzulassen, was einer ganzen Stadt, auch dem fürstlichen Wesen Schaden und Abbruch thut." Doch wurde z. B. 1513, wie vr. Krebs auf Grund des von ihm theilweise schon veröffentlichten, handschrift lichen Urkundenmaterials des Burgarchivs von Gnandstein (1896) bemerkt, in 15 altenburgischen v. Einsiedel'schen Dörfern auch ein Schneider zugelassen; aber es durfte derselbe keinen Gesellen oder Lohrjungen halten und den Bauersleuten nichts Neues arbeiten. Vielfach wurde obige Landesordnung heimlich und öffentlich umgangen. Kam aber die Gesetzesübertretung zur Kenntnitz der Geschädigten und zur Anzeige bei der Obrig- leit, so entstand langwieriger Strit und viel Aerger bei allen Be theiligten. So führt (nach Krebs) das Schneiderhandwerk von Geithain von 1522—1527 Krieg gegen den Schneider des Dorfes Roda (Mischen Geithain und Frohburg), dem sie, weil er der Entscheidung des Landesherrn zuwider weiter dort arbeitete, am 23. Januar 1523 in seiner Behausung zu Roda all sein Handwerkszeug weggenommen hatten. Und obwohl Herzog Georg erst 1522 der Geithaimr Innung einen Schutzbrief mit genauer Instruction an die fürstlichen Beamten über die Hilfe leistung bei seiner Durchführung gegeben hatte, wonach innerhalb einer Meile um Geithain nur der Schneider sein Handwerk treiben solle, der gegen die Innung zu G. seine Pflichten er füllt habe, entschied er doch 1527, daß der von seinem so mäch tigen Erb-, Lohn- und Gerichtsherrn Heinrich von Einsiedel und den Rodaern unterstützte Schneider dort sein Handwerk un gehindert treiben durfte. Die ihm gewaltsam weggenommenen Gegenstände aber mußten ihm zurllckerstattet werden. Auf Grund des Eingangs als Landesgesetz erwähnten, überall geltenden, von den städtischen Händwerksinnungen streng ge hüteten Meilenrechtes, das im Mittelalter weithin in deutschen Landen in ähnlicher Weife das städtische Handwerk schützte (so wurde nach Lamprecht Deutsche Geschichte 5, 1, 85 schon 1297 in Gent verboten, daß im Umkreise von 3 Meilen Tuch fabriclrt wurde, 1524 in Münster, daß 2 Meilen im Umkreis ein Handwerk getrieben, Bier gebraut oder Brod gebacken werde, zum Nachtheil der Bürger, während 1331 schon durch das Bannmeilenrecht allen Orten innerhalb einer Meile um Chemnitz verboten war, zu brauen und Handwerker zu setzen, 1357 aber durch dortiges Bleichpridilegium angeordnet wurde, daß alle Maaren, die im Umkreise von 10 Meilen gewebt wurden, nach Chemnitz aus die Bleiche gelegt werden mußten), erlangte die Handwerkerinnung der Leineweber von Alteniburg 1530 trotz aller Gegenvorstellun gen der Ortsbewohner und ihres Gerichtsherrn Herrn v. Ein siedel die kurfürstliche Bestätigung des Verbotes des Altenburger Amtmanns Günther von Bünau, wonach die Leineweber des eins Stunde östlich von Altenburg gelegenen Dorfes Bocka ihr Handwerk nicht fernerhin dort treiben dürsten. Kurfürst Moritz erneuerte 1551 die von ihm 1541 zur Freude der Dorfhand- werker erst aufgehobene Landesordnung, „weil daraus nichts Anderes, denn gewisser Schaden und Verderb der Stadt endlich folgen müsse". Ja, er verbot dem Landadel geradezu die Aus übung irgend eines Gewerbes in seinen Besitzungen, weil es seiner trotz hohen Alters dieser Erwerbsquellen und Uebervor- theilungen durch die so geschätzten Innungen der Städte nicht Würdig sei. Die alte Landesordnung mit dem sogenannten Meilenrechte hat diese Dinge auf Jahrhunderte hinaus in ihrer Entwickelung bestimmt. So viel mir bekannt ist, bis in dies Jahrhundert hinein. Mitte des vorigen Jahrhunderts war es Rechtsgrundsatz, daß Niemandem verwehrt werden solle, für sich persönlich und für seine Familie allerlei Handwerks-Arbeit zu verfertigen; dagegen sei Keinem, der nicht zunftmäßig sei, die Freiheit gelassen, daß er für Andere um Lohn arbeite und da durch die Innungen störe („Stöhrer"), er sei, weß Standes er wolle. Die löblichen Gerichtsherrschaften seien deshalb ver bunden, ihren GerichtLdienern und anderen Dienstleuten (Schäfer, Scharfrichter u. s. w.) die öfter nebenbei betriebene Ausübung eines Handwerkes zu untersagen. Auch dürften die Stadtmeister wohl, wenn unparteiisch geurtheilt würde, die von Dorfhandwerkern, namentlich Wagnern und Schmieden, den in ihrer Stadt wohnenden reichen Gutsherrschaften, die aus übertriebener Sparsamkeit «zum Schaden der Stadt und des mit viel Abgaben beschwerten Stadthandwerkes auf dem Lande arbeiten ließen, gelieferten Arbeiten mit obrigkeitlicher Einwilli gung und Hilfe wegnehmen lassen. Dagegen war in den meisten Dörfern von dort hantirenden Handwerkern für die Erlaubniß, sich dort niederlasien zu dürfen und für den von der Orts-Ge richtsherrschaft wider die Ansprüche der Stadtinnungen ge währten Schutz eine jährliche Abgabe als Erbzins an die Orts obrigkeit zu entrichten. So gab der Besitzer der 1682 in Zweinaundorf bei Leipzig neuerbauten Schmiede jährlich 1 Neu schock (Groschen) dem Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn daselbst, der sich dafür verbünden hatte, seinen Schmied wider das Schmiedehandwerk zu vertreten. Dagegen war es laut Landesverordnung den Dorfschul meistern erlaubt, wenn sie ein Handwerk zünftig erlernt hatten, und es mit einer Lade hielten, dasselbe in ihrer Wohnung außer den Schulstunden ohne Verfäümniß ihres Amtes gehörig zu treiben, damit sie mit den Ihrigen besser auskommen könnten, indem ja bekannt genug sei, daß der größte Theil Bauern ihren Schuldienern, Kirchnern und Kinderlehrern gar selten mehr zu Gute thäten, als wozu sie verbunden seien, wofern nicht jene mit den Bauern besonders unrzugehen wüßten. Jedoch sollten dergleichen Schulbediente diese ihnen nachgelassene Freiheit auch nicht mißbrauchen und etwa Arbeit auf den Verkauf anfertigen und liegen haben. Dagegen waren wohl (und sind die Kirch schullehrer theilweise noch heute) diese „Schul-Bediente" meist berechtigt, auf den Dörfern die Hochzeits- und Gevatter-Briefe anzufertrgen und zu bestellen, konnten es aber an manchen Orten nicht verhindern, daß diese früher ziemlich einträgliche Arbeit auch von Anderen verrichtet werden dürfte, wie der Abschied des Oberhosgerichts in dem Proceß der Gemeinde Poxdorf (zwischen Jen» und Eisenberg, S.-Weimar) gegen ihren Lehrer Johann Schieferdecker 1726 beweist. Auch durften die Dorfschullehrer den Bauern Kaufcontracte, Vergleiche u. s. w. aufsktzen, damit dieselben der Gerichtsobrigkeit deutlicher vorgelegt werden konn ten. Das wurde aber von namhaften Rechtslehrern stark be kämpft und in der Gothaischen Landesordnung, Capitel 3, Ar tikel 21 mit der Begründung verboten, daß die Dorfschülmeister von dergleichen Dingen öfters schlechten Verstand haben und an ihren Amtsgeschäften sich dadurch verhindern. Gleichwohl habe ich sogar noch in unseren Tagen unter ihnen solch einen ver dorbenen Dorf-Advocaien kennen gelernt, der es selbst während der Bormittagsschule sich nicht verkneifen konnte, bei einem in der Nähe seiner Schule abgehaltenen, unter seiner Beihilfe ein geleiteten Gutsverpachtungstermin zu erscheinen, die Anwesenden zu begrüßen u. s. w. Dagegen heißt es 1816 in einem Jn- spectionsberichte über den alten Schullehrer von Oberpfannen stiel bei Schwarzenberg (vgl. meine Chronik von O. Pf. bei Kästner-Waldenburg 50 H). Der bisherig« Schulhalter und Strumpstvirkermeister Lauckner wird invalide; er verdient sich nebenbei so Manches als Strumpfwirker, fährt wchl auch mit dem Schubkarren ins Holz. . Zum Blühen und Gedeihen des Handwerks war es nöthig, Laß die Ortsobrigkeit nicht zu vielen Handwerkern in Dörfern und Städten die Niederlassung er laubte, ihre Zahl vielmehr des besseren Emporkommens der Ein zelnen wegen beschränkte. Daß und wie dies angeordnet wurde, ersieht man aus folgendem Schreiben des Amtes Penig vom 9. Januar 1714: „Ihrs Hochgräfl. Gnaden, der hochgeborene Graf und Herr, Herr August Siegfried, Les heil. röm. Reiches Graf und Herr von Schönburg u. s. w., Unser gnädiger Graf und Herr älssen auf des ehrbaren Handwerkes der Tischler allhier unterthänigrs Vorstellen und Bitten, nicht mehr denn 6 Meister allhier aufzunehmen und zu dulden, in Gnaden so- thanes Handwerk versichern und die Gnädige Resolution zurück vermelden: Es sollen in Ansehung dessen, daß bet hiesiger nicht gar großer Stadt 6 Tischler genüg, und mehrere sich und die Arideren ruiniren würden, gleichwie für jetzt, als auch für künftig nicht mehr denn 6 Meister geduldet und nicht eher einer, denn bis ein jetzt hier wohnender weggezogen oder gestorben (wäre), welcher (neue) doch den Artikeln Genüge zu leisten hätte, allhier wieder recipiret, oder zum Meister gesprochen werden. In Hinsicht auf die geduldeten Dorfhandwerker kam es weiter darauf an, ob etwa durch dieselben die landesherrliche Steuereinuahme geschwächt wurde oder ob den benachbarten Stadtinnungen allzu empfindlicher Schaden erwuchs. Auf Beides mußten in erster Linie ihrer Pflicht gemäß die Steuer beamten (Acciseinnehmer, Accisinspectoren) Acht haben und der artige Beeinträchtigungen an zuständiger Stelle berichten. So berichtet denn am 15. April 1740 der Oberacciscommissar und Amtmann zu Düben, Johann Gottfried Bennemann, in einer ihm zur Weiterbeförderung übergebenen Beschwerde der Bitterfelder Töpferinnung über die ihnen widerfahrene Be einträchtigung der Töpfer auf dem Lande, insbesondere derer zu Pouch (Kreis Bitterfeld, am rechten Elbufer), Johann Gott fried Müller und Johann Heinrich Krahmer. Sie könnten, be haupten sie, laut Beunemann's Lirecter Eingabe an Se. Majestät den König und Kurfürst, unter diesen Umständen bei den vielen Abgaben in der Stadt nicht weiter bestehen. Sie suchten bei der landesherrlichen Generalaccise Schutz und Beihilfe, weil sie nicht im Stande wären, einen ordentlichen Proceß anzufangen, geschweige denn auszufiihren. Auch sei, wie die Acten nach wiesen, dem Töpfer Martin Müller in Pouch schon einmal, durch die Generalaccise die Ausübung seines Handwerks daselbst nach drücklichst untersagt worden, nun aber sein Sohn das Hand- Stadt betrieben, so daß sowohl den Töpfern in den Städten Ab- Stadt betrieben, so daß sowohl den Töpfern in der Stadt Ab bruch geschähe, auch dem Höhen König!. Interesse Nachtheile erwüchsen. In einer Eingabe an das Amt Bitterfeld behaupten die beiden PoucherTöpfer dagegen, das Töpfer Handwerk zu Bitter feld habe sie ja Beide als Landmeister in ihre Innung aus genommen und dadurch ein für alle Mal darein gewilligt, daß sie ihr Handwerk in Pouch trieben; Las Hohe Königliche Fereillctsn. Frauen und Mädchen in Dänemark. Von Theodor Hermann Lange. Nachdruck auch im Auszüge untersagt. „Den schönen, geistreichen und eleganten Schwedinnen muß man den Hof machen, die klugen, fleißigen, umsichtigen und wirthschaftlichen Däninnen aber heirathen." So murde mir diesen Sommer auf meiner Nordlandsreise wiederholt von Skandinaviern gesagt. Thatsächlich ist die Dänin nicht nur eine treffliche Hausfrau und vorzügliche Gattin, sondern auch außerordentlich gebildet, kenntnißreich und ein wirklich modernes Weib im besten Sinne des Wortes. Wenn das „Weib der Zukunft" die Vorzüge einer umsichtigen Hausfrau mit den Talenten einer wissenschaftlich gebildeten Frau in sich vereinen soll, so hat schon die Dänin der Gegenwart etwas von der Frau des zwanzigsten Jahrhunderts an sich. Es ist immer schön, ein ganzes Volk bei der Arbeit zu sehen. In dieser Hinsicht gebührt den Dänen und Däninnen der erste Preis. Wenn in Dänemark die allgemeine Bildung des Volkes am weitesten vorgeschritten ist, so besitzt unter den nordischen Nationen das kleine Dänemark die gebildetsten Frauen. Den Schweden beherrscht daS Gefühl, den Norweger ein fester Wille, Dänen und Däninnen lassen sich von der Erkenntniß und vom Wissen leiten. Die weibliche dänische Jugend ist außerordentlich bildungsbeflissen. Seit einer Reihe von Jahren giebt es in Kopenhagen zahlreiche Studentinnen, di« besonders Arznei wissenschaft, dann aber auch Philosophie, Naturwissenschaften, Mathematik u. s. w. studiren. Zwischen den Studenten und Studentinnen besteht bei Ab legung der Prüfungen ein außerordentlicher Wettstreit, vie Studentinnen sehen ihren ganzen Stolz darin, die Examina glänzender zu bestehen, al» ihre männlichen Commilitonen. Letztere sind ebenfalls wieder bemüht, die Studentinnen aus zustechen. Dadurch wird das Studium bei den Männern schon vom ersten Semester ab ein wesentlich intensiveres. Die Leistungen der dänischen Studenten sind, wie mir ein junger Kopenhagener Gelehrter sagte, wesentlich höhere als früher, obschon die PrllfungSvorschriften genau dieselben geblieben sind. Früher hatten wohl manche dänischen Studentinnen äußerlich etwa» burschikoses an sich. Sie gingen häufig in die CafüS, setzten sich dort, Cigaretten rauchend, an die großen Spiegel scheiben und musterten keck die Vorübergehenden. Sonst waren es aber fleißige und moralische Mädchen. Heute verschwindet diese Art von burschikosen Studentinnen immer mehr. Die Kopenhagener Studentinnen „ochsen" und „büffeln" furchtbar, meist mehr, als ihrer Gesundheit zuträglich ist. Leider findet in dem kleinen Dänemark, wo ja natürlich die socialen Verhält nisse nicht inS Große zugeschnitten sein können, die Frau wenigsten» materiell — nicht di« entsprechende Belohnung. Sonst hat man gerade in Dänemark den Frauen schon sehr zeitig die verschiedensten ErwerbSzweige erschlossen. So sind beispiels weise beim Magistrat in Kopenhagen schon seit mehr denn 20 Jahren in den verschiedensten DerwaltungSabtheilungen und ganz besonder» im Steuerwesen zahlreiche Damen beschäftigt. Dieselben sind, nicht verheirathet, pensionsberechtigt und be ziehen al» höchste» Gehalt 1400—1500 Kronen jährlich (1 Krone — 1,12 -4t). Heirathen die Damen, so verlieren sie die Pensionsberechtigung. Auch in der Post- und Telegraphie verwaltung find seit langen Jahren zahlreiche Damen be schäftigt, ganz besonders aber neuerdings in dem Fernsprechdienst, der durch ganz Dänemark, auch auf dem platten Lande, außer ordentlich entwickelt ist. Auch in den Comptoirs der Kaufleute u. s. w. findet man schon seit langen Jahren zahlreiche Damen als Buchhalterinnen, Correspondentinnen, Stenographinnen u. s. w. beschäftigt. Ja, es giebt sogar in Kopenhagen einen weiblichen Tischlermeister, der sechzehn Gesellen und Gesellinnen beschäftigt. Es ist dieses nicht etwa die nachgelassene Wittwe eines Tischlermeisters, die nach dem Tode ihres Mannes das Geschäft „unter dem Beistände des Altgesellen", wie man früher in Deutschland sagte, fortführt, sondern ein allerdings schon etwas ältliches Fräulein, das in seiner Jugend zunftmäßig sein Gesellen- und Meisterstück gemacht hat. Die Dänin beseelt überhaupt ein ganz besonderer Arbeits-, Bethätigungs- und Fortbildungstrieb. Besuchte ich Kirchen. Schlösser und Museen in Dänemark, so fand ich sehr häufig, daß die Töchter der Küster und Castellane, ja selbst die Töchter der Garderobenfrauen, während ihrer Mußezeit gleich in den Kirchen oder in den Vorhallen ihre Studien trieben, d. h. Französisch, Deutsch, Englisch, Geschichte, Geographie u. s. w. lernten. Bei den Eisenbahnfahrten durch das Land sieht man in den Coupes die reisenden Damen sehr oft sticken, häkeln und stricken. Ja, selbst wenn man in Kopenhagen in den Oerstedt- oder Rosenborgpark, die beiden größten Kinderspiel plätze der dänischen Hauptstadt, sich begiebt, so macht man die Beobachtung, daß zahlreiche Kindermädchen sticken, stricken, häkeln und dabei doch auf die Kinder Acht geben. Im All gemeinen hat man in Dänemark ein ziemlich gut geschultes weibliches Dienstpersonal. Lange bevor man in Deutschland daran dachte, in den Volksmädchenschulen den Kochunterricht einzuführen, gab es schon in zahlreichen dänischen Volksschulen Kochcurse. Erziehungsanstalten für Dienstmädchen sind schon seit mehreren Jahrzehnten in Dänemark bekannt. In diesen Anstalten werden hauptsächlich Waisenmädchen unterrichtet und zu wirklich brauchbaren Dienstmädchen und Köchinnen erzogen. Die ersten dieser Fachschulen für Dienstmädchen gingen aus WohlthätigkeitSstiftungen hervor. Auch der dänischen Arbeiterfrau ist das Geschick nicht ab zusprechen, ihr Heim sauber und behaglich zu gestalten. Auf der andern Seite muß allerdings hervorgehoben werden, daß gerade in Dänemark die Capitalisten, die Gemeinden und der Staat durch Anlage von billigen, gesunden und freundlichen Arbriterwohnungen, Arbeitergärten u. s. w., sowie durch Er richtung unzähliger Arbeiter-Wohlthätigkeitsanstalten außer ordentlich viel zur Hebung der arbeitenden Elasten gethan haben. Geht man durch die Vororte Kopenhagens und durch die Ar beiterviertel, so trifft man große, den Arbeiterfamilien gehörige Gartrnanlagen, die wieder in viele Dutzende, vereinzelt sogar in Hunderte von kleinen, besonders eingefriedeten Gärtchen zer- fallen. Jedes Gärtchen hat eine eigene, von frischem Grün umrankte, reizende Laube, über der' sich eine hohe Flaggenstange erhebt, von der Sonntag» stolz die Danebrogflayge weht. Ans der Entfernung gesehen, machen diese frischen, grünen Garten anlagen, von denen sich die rothweißen Fahnen scharf abhebrn, einen überau» angenehmen Eindruck. Die Pflege dieser freund lichen Gärten, in denen verschiedene» für die Küche wächst, ist hauptsächlich den Arbeiterfrauen anvertraut. Die Dänin besitzt viel Energie, große Selbstständigkeit und ähnelt hierin sehr der Amerikanerin. Die junge Dänin be sucht allein Gartenconcerte, Theater, geht allein spazieren unter nimmt allein Reisen und zeigt auch als Jungfrau große Selbst ständigkeit. Gerad« wie in Amerika sind auch in Dänemark Belästigungen allein befindlicher Damen seitens der Herrenwelt etwas ganz Unerhörtes und überaus Seltenes. Dem Sport sind die Däninnen, und zwar nicht nur die jungen, sehr eifrig ergeben. Ich sah in Dänemark öfters radelnde Damen mit schneeweißem Haar. Ziererei und Unnatürlichkeit sind den Däninnen fremd. Vor Allem aber berührt den Fremden angenehm der streng sittliche Zug, der durch alle Stände der dänischen Gesellschaft geht. Wie der Däne sich in seinem Lande glücklich und zufrieden fühlt, so auch in seiner Familie, Dank der umsichtigen, klugen und liebenswürdigen dänischen Haus frauen und Mütter. Sind doch auch in dieser Hinpcht die dänischen Königinnen stets ein nachahmungswerthes Muster ge wesen. Das Lob, eine gute Hausfrau und zugleich eine wirklich gebildete Dame zu sein, ist ja doch immer das Höchste, das man den Frauen spenden kann, und dies verdient die Dänin vollauf. Bismarck und die Blumen. Von Eugen Reichel (Berlin). Nachdruck verboten. Es ist in den letzten Tagen so Vieles über und von Bismarck erzählt worden, alte Schnurren und Geschichten hat man wieder ans Licht gezogen, auch nicht versäumt, nach den kleinen Schwächen des großen Mannes zu spähen und mit Behagen auszurufen: seht, er hat seine Menschlichkeiten gehabt wie wir. Aber so weit mir Zeitungen zu Gesicht gekommen sind, habe ich in keiner von Bismarck's Liebe für die Blumen etwas gelesen. Fast scheint es, als ob man glaub«, der eiserne Kanzler habe für die zartesten, süßesten Geschöpfe der Natur keinen Sinn gehabt. Und doch ist gerade das Gegentheil wahr. Wohl ist Bismarck nicht eigentlich ein Mann für Frauen gewesen, also für jene Wesen, die von Schmeichlern so oft für wandelnde Blumen ausgegeben werden, und die ja in ihrer ersten Jugend, wenn Anmuth, Schönheit und Geschmack ihnen gesellt ist, auch wirklich den Blumen zu gleichen scheinen und von dem empfindenden Manne mit derselben Liebe, mit derselben Innig keit betrachtet und gehegt zu werden pflegen, mit der er die Blumen zu betrachten und zu hegen pflegt. Don Liebesaben teuern Bismarck's hat man nie etwa» Authentisches gehört. Johanna von Puttkammer scheint wirklich seine erste und letzte, seine einzige Liebe zum Weibe gewesen zu sein. Trotzdem war der mächtige Mann Zeit seines Lebens ein tadelloser Kavalier allem Weiblichen gegenüber ; er soll im Verkehr mit Frauen von großer Zartheit gewesen sein und selbst in dem einfachsten, niedrigsten Weibe ein Wesen erblickt haben, das ihm würdig schien, mit dem Hut in der Hand begrüßt zu werden. Ob darin etwas Politik enthalten war, weil er, als Menschenkenner, sicher lich genau wußte, daß Niemand für erwiesene Artigkeiten un empfänglich ist — wer will da- entscheiden — ja, wer würde ihm daS Übelnehmen, selbst wenn e» nicht nur Ritterlichkeit, sondern auch ein wenig Berechnung gewesen wäre?! Jedenfalls haben Frauen, denen er gelegentlich auch sehr artige Schmeicheleien zu sagen wußte, seit 1866 zu seinen Verehrerinnen gehört; und als die Wallfahrten nach dem Sachsenwald« begannen, haben dort die Pilgerinnen nie gefehlt. Trotzdem kann man nicht sagen, daß die Frauen in Bismarck's Leben je eine Rolle gespielt haben. Er war zu sehr Mann, thätiger Mann, als daß ihm viel Zeit für die meistens viel Geld und Zeit kostende hokde Weiblichkeit übrig geblieben wäre. Auch auf der Höhe deS Ruhmes, wo sich die Frauen gewiß von allen Seiten zu ihm gedrängt haben werden, steht ihm das weibliche l Element fern; man hat nie eigentlich davon vernommen, daß l Bismarck einen Stab von Frauen um sich duldete; selbst schöne Frauen spielten in seinem Hause keine Rolle, wenn sie nicht zur Familie gehörten. Hielt er sich so die Frauen in Politik und Leben klugerweise fern, so stand er dagegen in recht nahen, herzlichen Beziehungen zu den Blumen. Schon als Student pflegte er sein Zimmer mit Blumen zu schmücken; und bis ins späte Alter hinein waren ihm Blumen die schönsten Angebinde. An Blumen durfte es denn auch in Friedrichsruh nie fehlen, und selbst sein Leibarzt wußte, daß er ihm mit einer Rose, einen schönen Blumenstrauß die schönste Freude bereiten konnte. An Blumen knüpfte er gelegentlich auch seine kleinen, stillen Wohlthaten. So war ich einmal (es mögen jetzt wohl 14 Jahre her sein) Zeuge eines Vorganges, der sich im Thiergarten ab spielte und durch den ich Kenntniß von einer der nirgend ge buchten Samariterthatcn des großen Mannes, des von manchen seiner engherzigen Gegner so oft und jetzt noch für herzlos ver schrieenen Helden, erhielt. Ich war um den Neuen See herum gegangen und hatte mich der Canal-Schleuße genähert, als ich den Fürsten in seiner Magdeburger Kiirassieruniform in Be gleitung eines Dieners den Fahrweg entlang reiten sah. Dorr, wo der Fußweg in den Fahrweg mündet, stand ein altes Frauchen, das jetzt, als der Fürst an ihr vorbeiritt, zu ihm hin trat und ihm eine Rose überreichte. Ich sah, daß er sie be grüßte und ihr schließlich herzhaft die Hand reichte. Als ich dann mit der Frau sprach, sagte sie mir, daß sie hier jetzt fast jeden Tag stehe, daß der Fürst jedesmal eine Rose oder Nelke oder ein paar Veilchen von ihr annehme und ihr jedesmal dafür einen Thaler schenke, da er wisse, daß sie eine arme Wittwe sei, die noch obendrein für eine kranke Tochter zu sorgen habe. Zuweilen machten sich auch Blumenoerkäuferinnen die Vor liebe des Fürsten für Blumen zu Nutze. Wenn sie z. B. ganz besonders schöne Rosen im Korbe hatten, so wußten sie es so einzurichten, daß der vorüberreitende Fürst sie gewahr wurde. Mehr als einmal winkte er dann so ein Mädchen oder auch einen Jungen zu sich heran, nahm die Prachtexemplare an sich und be zahlte sie so gut, daß die Händler eigentlich für den ganzen Tag ihr Geschäft gemacht hatten. Seit Jahren sind übrigens die Blumenhändler aus den Fahrstraßen des Thiergartens ver schwunden — heute könnte Fürst Bismarck durch den Thiergarten reiten, ohne daß er einen Blumenhändler anträfe, er müßte denn schon am Bahnhof Thiergarten Station machen. Wenn an den Geburtstagen des Fürsten die Blumen eine so hervorragende Rolle spielten, so war das kein Zufall. Das Poetenherz in Bismarck (und er besaß trotz Blut und Eisen ein echtes, starkes, großes, in Haß und Liebe schlagendes Poeten herz) sehnte sich nach den duftigen Kindern der Natur, und auch bei den täglichen Mahlzeiten haben sie nie auf der Tafel gefehlt. Wohl denkt man sich Bismarck im Hause vorzugsweise als den Familienvater im Schlafrock, die lange Pfeife im Munde, den Krug Bier neben sich. Zeichner, die auch die Größe nur klein zu sehen wissen, haben ihn uns in diesem Bilde vertrauter gemacht, als es vielleicht nöthig war. Den Bismarck, der sich einer Blume freute, hat uns kein Zeichner, kein Maler über liefert. Und doch gehört diese Liebe Bismarck's zu den Blumen ganz unabtrennbar zu dem Bilde des großen Nationalhelden; denn sie beweist mehr als vieles Andere, daß in Bismarck auch ein zarter, ein tief gemütbvoller Mensch, ein Poet lebendig war. Zarte Hände haben dem lobten mit feiner Empfindung ein» Rose in die mächtige Rechte gelegt — in die Hand, welche Thron» zertrümmert, das Reich und die Kaiserkrone geschmiedet hat. Er hatte die Blumen so geliebt — ein weibliches Herz wußte da» und gab sie ihm in» Grab mit. Sin schöner Zug!
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