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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980905029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898090502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898090502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-05
- Monat1898-09
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V6S2 Auge gefaßt. Ueber dle zweckmäßigste Lösung dieser Frage sind Er hebungen und Erwägungen im Gange, die unseres Wissens noch nicht zum Abschluß gelangt siud. Es läßt sich daher auch »och nicht übersehe», ob alS bergpolizeiliche Unierbeamte von den Bergarbeitern zu wählende Delegirte berusen werden sollen. Jedensalls dürfte der „Vorwärts" sich gründlich in der Annahme irren, durch sein agitatorisches Treiben die rein sachliche Entscheidung in dieser verantwortungs vollen Frage in dem von ihm gewollten Sinne zu beeinflussen. Es wird sich nicht umgehen lassen, bei der Schaffung eines unteren Aussichtsdienstes iu den Gruben die Möglichkeit einer mißbräuchlichen Ausnutzung desselben im socialislischen Sinne zu erwägen. Der „Vorwärts" erweist den Bergarbeitern wahrlich keinen Dienst, wenn er auf die Autorität des Steiger- Kuhlmann hin „feslstellt", daß die staatliche Grubeuinspection in ihren Wirkungen völlig versagt habe, daher sei die Anstellung von Arbeiterdelegirten unerläßlich. Letztere werden unter allen Um ständen nur als Ergänzung der staatlichen Contrvle zu be trachten sein, sie werden niemals, wie der „Vorwärts" möchte, Führer im politischen Classrnkampse sein dürfen." Sonderbare Nachrichten geben über ein deutsch-eng lisches Abkommen um. Ihre Quelle ist natürlich London. Die „Pall-Mall-Gazette" spricht von einem förmlichen Schutz- und Trutzdündniß zwischen beiden Mächten und meint, gegenwärtig würde England einen guten Preis für Deutschlands Unterstützung zahlen, namentlich wenn darin ein Besprechen einer nicht blvS sogenannten moralischen Unterstützung eingeschlossen sei. Deutschland könne Englands Occupation Egyptens garantiren und noch viele andere gute Dienste thun. Gegenüber Rußlands und Frankreichs Uebel- wollen brauche England so viele Alliirte wie möglich. Das glauben wir gern, die englischen Diplomaten gehen ja immer von Zeit zu Zeit mit der Laterne auf die Suche nach einem Bundesgenossen, der ihnen die Kastanien aus dem Feuer holt, und den man dann als den Mohr, der seine Schuldigkeit gcthan, heim schicken kann. Daß Gras Hatzfeld in London einen solchen Vertrag unterzeichnet bat, glaubt selbst in England nur die „Pall Mall Gazette". ES käme ja einen vollkommenen Frontwechsel Deutschlands gleich, der den Krieg mit Frank reich und Rußland bedeuten würde. Vielleicht schwellen die Segel der englischen Hoffnungen wieder, wenn es bekannt wird, daß Kaiser Wilhelm bei dem gestrigen Feldgottes dienst in Hannover in sympathischer Weise deS englischen Sieges über den Chalifen und der einstmaligen Waffenbrüderschaft bei Waterloo gedacht hat, aber dort sprach der Kaiser zweifellos nur als Militair, als oberster Kriegsherr in Deutschland, der einen tapferen und gegen Bar baren siegreichen Feldherrn grüßt. Etwas weniger anspruchs voll ist die Londoner „Daily Mail", die, wie schon berichtet wurde von einem Präliminarvertrag zu melden weiß, welcher als der Vorläufer zu einem förmlichen Bündniß betrachtet werden könne. In diesem Vertrag soll England sich verpflichtet haben, Deutschland nicht in den Weg zu treten, wenn es in Kleinasien eine Gebietsabtretung anstrebe, während Deutschland als „Gegenleistung" versprochen habe, keine» An spruch auf die Delagoa-Bai zu erheben, falls England dieselbe pachtweise erwerben wolle. Deutschland werde auch die englische Politik in der egyp tischen Frage unterstützen und namentlich die Abschaffung der internationalen Tribunale befürworten. Was ist nun an dieser Sensationsnachricht Wahres? Die „Daily Mail" gilt als sehr unzuverlässig, allein auch andere Londoner Blätter, wie die „Darly News" bestätigen, daß in London lebhafte Conferenzen zwischen dem deutschen Botschafter und dein Auswärtigen Amte statt gefunden und zu einem bestimmten positiven Ergebniß geführt haben. Daran ist wohl auch nicht mehr zu zweifeln. Die Abmachungen sind colonialer Natur und dürften sich nach anscheinend ossiciösen Andeutungen der „National-Ztg." that- sächlich auf die Delagoabai beziehen. Die Bai ist schon seit den 20 er Jahren dieses Jahrhunderts ein Gegenstand des Streites zwischen England und Portugal. Da letzteres an chronischer Geldnoth leidet, ist eS wiederholt dem Gedanken uahegetreten, die Bai an England zu verkaufen und hat diesem auch das Vorkaufsrecht eingeräumt. Jetzt scheint man nun thatsächlich handelseinig zu werden. Deutsch land hat vielleicht den Abschluß deS Geschäftes nicht ver hindern können, aber da große deutsche Capitals- und Handelsinteressen dabei in Frage kommen, war es seine Pflicht, dafür zu sorgen — und das wird zweifellos geschehen sein — daß bei einer Machtverschicbung zu Gunsten Englands in Südafrika diese Interessen in keiner Weise beeinträchtigt werden. Das kann Deutschland als sein gutes Recht von England verlangen, und wir sehen durchaus keinen Grund, weshalb wir England für etwas so absolut Selbstverständliches irgendwelche Gegendienste in Egypten und sonstwo leisten sollen. Wenn Deutschland thatsächlich seine Ansprüche auf die Delagoabai aufgegeben haben sollte, dann hoffen und er warten wir vielmehr mit aller Bestimmtheit, daß man in Berlin die Gelegenheit besser als 1890 mit Zanzibar und Helgoland wahrgenommen hat, nicht nur die deutschen Interessen zu schützen, sondern auch als Gegenleistung für Deutschland entsprechend große Vorlheile beraus- zuschlagen. Mit Kleinasien ist uns nicht gedient. Das hat England nicht zu vergeben, und unsere Wünsche gehen dort auch nicht weiter, als dieses Land nach Möglichkeit dem deutschen Handel und dem deutschen Gewerbe zu erschließen. Aus unserer Seite ist es, zu verlangen, da England es ist, daS unserer Dienste bedarf. Darüber, wie die anderen Mächte sich zu einer etwaigen Pachtung der Delagoabai durch England stellen, verlautet noch nichts. Am meisten ist Frankreich inleressirt, da die Bai einen vortrefflichen Beobachtungsposten gegenüber Madagaskar bildet. Aber auch die asiatischen Colouialmächte bleiben nicht unberührt, denn die Delagoabai ist eine äußerst wichtige Station auf dem Wege nach Indien. Den armen Transvaal-Boeren wäre, nach Erfüllung der englischen Wünsche, der einzige Weg nach der Küste natürlich ab geschnitten, uud der Plan Cecil Rhodes', ein vom Cap bis zur Nilmündung reichendes englisches Colonialreich in Afrika, Wäre seiner Verwirklichung ein großes Stück nähergerückt. Im SudanfcldjUk ist den Engländern am Freitag ein großer Schlag gelungen: Omdurman, die Residenz deS Nachfolgers des Mahdi, welche Chartum, zu dessen Schutze, gerade gegenüber liegt, ist gefallen und mit ihm Chartum selbst. Ueber die Einnahme der Stadt berichtet der Special- correspondent des „Reuter'scben BureauS" auS Omdurman vom 2. September Nachmittags: Eine Cavalleriepatrouille ging heute früh gegen Omdurman vor und sah die feindliche Armee zum Angriff in Schlachtordnung vor rücken mit einer drei bis vier Meilen breiten Front. Unzählige Fahnen und Standarten wehten über den Reihen der Mahdisten, welche mit lauter Stimme sangen. Die englisch-egyptische Armee stellte sich sofort auf, um den Angriff aufzunehmen. Um 7 Uhr 20 Minuten erschien der Feind auf dem Gipfel des Bergkammes ober halb unseres Lagers und rückte in geschlossenen Reihen vor, unsere Flanken überflügelnd. Um 8 Uhr 20 Min. eröffnete unsere Artillerie das Feuer, welches die Schützen der Derwische beantworteten. Dann erfolgte ei» Angriff auf unsere linke Flanke, und nach ihrer gewöhn lichen Taktik stürzten sich die Derwische von dem Bergkamm auf uns. Aber die Andringenden wurden vollständig zer schmettert durch das Feuer unserer sänuntlichen Schußwaffe». Die Derwische wandten sich nun gegen unser Centruin, auf welches sie einen wüthenden Sturm ausführten. Eine große Streitmacht an Reitern versuchte den» Bleihagel zu trotzen, wurde aber buchstäblich weg gefegt und zog sich zurück, indem sie das Feld, mit Leichen bedeckt, zurückließ. Um 11 Uhr 15 Minuten befahl der Sirdar Kitchenrr Pascha den Vormarsch in staffel förmig ausgestellten Bataillonen. Sobald die Brigaden den an den Nil angrenzenden Bergkainm erreicht hatte», wurde die egyptische Brigade von dem Feinde wieder angegriffen. Dieser hatte sich unter dem Schutze des Kammes wieder geordnet und bildete unter der schwarzen Fahne des Khalifen selbst eine dicht ge schlossene Colonne, um eine äußerste Anstrengung zu machen und das Geschick Les Tages zu wenden. Eine Streitmacht von 15000 Mann stürzte sich aus die Sudanesen, welche, unterstützt von dem Feuer der Maximgeschütze, tapfer aushielten. Die englische Infanterie eilte herbei. Die Armee des Khalifen wurde in einer Vertiefung überrascht, sah sich dem vernichtenden Feuer dreier Brigaden und ihrer Artillerie ausgesetzt und warf sich in voller Flucht nach Omdurman. Der ausdauernde Muth der Derwische ist jedes Lobes würdig, sie trotzten dem schreck lichen Feuer ohne die geringste Furcht. Nach Erbeutung der Fahne des Khalifen begann die englische Armee um 12 Uhr 15 Min. wieder den Vormarsch und besetzte am Nachmittag Omdurman. Nur zwei englische Osficiere sind gefallen, mehrere verwundet. Ter Verlust der Derwische betrügt einige Tausend. Nach der letzten Drabtmeldung Kitchener Paschas hat sich der Rest der Streitkräfte des Khalifen ergeben. Es wurden sehr viele Gefangene gemacht. Cavallerie ist noch auf der Verfolgung des Khalifen begriffen, der sich mit nur 140 Mann anscheinend nach Kordofan gewandt bat. Kitchener hat am Sonnabend Chartum ausgesucht und die Stadt als vollständige Ruine vorgcsunden. Die österreichische Schwester Therese Grigolini und alle europäischen Gefangenen sind befreit und befinden sich wohl. — Mit der Eroberung Chartumd wird nun die müh same Arbeit der langsamen Wiedergewinnung der Sudan- provinzen zu beginnen haben. Was im Einzelnen bei den Engländern für Pläne bestehen, darüber läßt sich noch nichts Zuverlässiges sagen. Jedenfalls werden sie nunmehr erst recht nicht an eine Aufgabe Egyptens, am allerwenigsten aber an Abrüstung und AehnlicheS denken. Deutsches Reich. (D Berlin, 4. September. Nachdem dieser Tage der Ger maniawerft bei Kiel der Bau eines kleinen Kreuzers für die deutsche Marine übertragen worden ist, sind nunmehr sämmtliche durch den Marincetat 1898 vom Reichstage bewilligten Neu- bautenfürdie Flotte an die Werften vergeben worden. Der Reichstag beschloß bekanntlich, in diesem Jahre den Bau von zwei Linienschiffen, 1 großen Kreuzer, 2 kleinen Kreuzern und 2 Kanonenbooten in Angriff nehmen zu lassen. Von diesen 7 Schiffen werden 3, nämlich der große Kreuzer und die beiden Kanonenboote, auf kaiserlichen Werften erbaut, ersterer in Kiel, letzterer in Danzig. Die übrigen vier Bauten sind Privatwerften übertragen worden. Von den beiden Linienschiffen wird eines „Blech! Henny! — Ich will es Dir nur offen sagen — er — nun, er half mir aus einer Geldklemme." „Oh!" — Sie sah ihn überrascht an. — Heiße Röthe stieg ihr in die Wangen und ihre großen Augen blickten mit einem Ausdruck in sein Gesicht, daß selbst der Bruder davor die seidigen senken mußte. — Sie sagte dann nur „Pfui!" und wandte ihm kurz den Rücken. „Was willst Du?" brauste er auf — „glaubst Du, daß ich mit den lumpigen sechzig Mark Zuschuß heutzutage als Officier in Berlin anständig leben kann? — Man wird ja geradezu gezwungen, Schulden zu machen. Hol's der Teufel, es war ein Blödsinn vom Vater, mich Officier werden zu lassen!" Henny zerrte nervös an den Knopflöchern ihres Jackets. „Soll das ein stärkerer Wink sein, diesen Herrn Brown am Sylvesterabend mit zur Familie zu rechnen?" „Nein, das gerade nicht, aber ein Grund, dem Menschen, der sich anständig gegen mich benommen hat, freundlich zu be gegnen." „Wegen der lumpigen paar Thaler!" Karl senkte den Kopf. Lumpige paar Thaler! — Er hatte schon auf der Zunge, ihr zu sagen, daß die fragliche Summe nicht so lumpig gewesen sei, aber draußen donnerte jetzt der Vater im Corridor: „Da hört denn doch Alles auf! Karl! Henny!" „Ich werde Euch was pusten!" sagte Henny, die Handschuh ergreifend und aus der Thür stürmend. * * Und trotzdem war es ganz lustig am Sykvesterabend geworden! Henny hatte mit Axel zusammen, wie sie es nannte, einen Jux gemacht, das heißt, sie waren als Bänkelsänger aufgetreten und hatten in Knittelversen Jedem der Anwesenden kleine, harmlose Bosheiten und Anzüglichkeiten zugesungen, nur Mr. Brown war nicht bedacht worden. Die Verse für ihn existirten zwar, aber Henny hatte schließlich entschieden, daß dieselben nicht gesungen werden sollten. „Sonst kommt er sich zu wichtig vor", sagt« sie. Da Karl dieses Mal die Bowle gemacht chatte und nicht die Mutter, war sic ziemlich stark ausgefallen nach dem neuen Recept, worüber Keiner der Herren ein Wort verlor, was jedoch auf Henny's Stimmung insofern einwirkte, als Bodo, daS enkant terrible, behauptete: „Henny hat einen Schwips!" Sie war wirklich noch übermllthiger und fideler, als sonst bei solchen Gelegenheiten, und Axel, der sie so genau kannte, hatte das unbestimmt« Gefühl, al- sei ihre Lustigkeit über ¬ trieben. — Der Vater, welcher gern junge Leute um sich sah, saß in seinem Lehnstuhl, rauchte eine Cigarre nach der anderen, freute sich über sein Hurrahmädel und ärgerte sich ein wenig über Mr. Brown, der noch immer an feinem zweiten Glas Bowle Herumtrank. - , „Sehen Sie blos diesen Dankee an", flüsterte er Graf Uexhus zu, „nicht einmal ordentlich trinken können solche Menschen!" Eigentlich ärgerte er sich über etwas Anderes; er hatte nach dem Abendessen allerhand lustige Geschichten aus dem Feldzuge erzählt und die ganze Gesellschaft von Soldatenkindern hatte mit glänzenden Augen zugehört, nur Mr. Brown, obgleich geduldig dasitzend, nahm die Geschichten mit unbeweglichem Gesicht entgegen und schien gar kein Verständniß für die drastische Komik dieser Erinnerungen zu haben. Frau von Tressing, welche zu bemerken glaubte, daß Mr. Brown Henny kaum aus den Augen ließ, war ziemlich zufrieden, saß jedoch den ganzen Abend auf Kohlen, aus Furcht, daß Henny sich zu irgend einer Tollheit gegen ihren Protegö hinreißen lassen würde. — Trüxen besprach mit seinem Schwiegervater das in Aussicht stehende Frühjahrs-Avancement, war sonst aber kreuzfidel, und murrte nur einige Male gegen seine Frau, wenn dieselbe in die Heiterkeit mit sorgenvoller Miene den Ausruf hineinwarf: „Wenn nur unfern Jungens nichts passirt! Die Dienst boten sind so unzuverlässig!" „Sie hat eine merkwürdige Geschicklichkeit", sagte «r zu Hedwig Sternfeld, „Einem mitten im Lachen einen trockenen Kork zwischen die Zähne zu schieben." Hedwig mußte lachen. Sie war für ihre Jahre ein sehr ernstes, gesetztes Mädchen und beneidite Henny um ihr sorgloses Temperament. — Vielleicht kam es daher, daß sie sich schon so jung auf einen Lebensberuf vorbereiten und daß sie heut« Abend so oft an ihren einsamen Vater denken mußte, der mit der zwölfjährigen Toni allein zu House war. Die Kleine hatte den Keuchhusten und konnte deshalb nicht mitgenommen werden. Henny strich der Cousine einig« Male über die etwas bleich süchtigen Backen. „Sei nur fidel, Hedwig!" Auch der lange Graf beschäftigte sich viel mit Axel's Schwester; er hatte eine gewisse Zuneigung zu diesem ver ständigen, klugen, jungen Mädchen. Man konnte mit ihr ein vernünftiges Wort reden. Axel überbot beinahe Henny an Lustigkeit und war so harmlos tolpatschig, wie nur «in junger Maler von vierundzwanzig Jahren es sein kann. — Heimlich auf der Schichautverft in Danzig, KaS andere Sei Blohm L Voß in Hamburg erbaut, während die beiden kleinen Kreuzer der A.-G. Weser in Bremen und der Germaniawerft bei Kiel in Auftrag gegeben wurden. Außerdem baut die Schichcku- werft eine aus 6 Fahrzeugen bestehende Torpedobootsdivision. — Von früher in Auftrag gegebenen Schiffen sind noch eine ganze Reihe im Bau. Die Kreuzer „Hertha", „Victoria Luise" und „Freya" sind fertig und können noch in diesem Jahre benutzt werden, auch das Linienschiff „Kaiser Friedrich III." und der kleine Kreuzer „Gazelle" gehen der Vollendung entgegen. Im Bau sind dagegen noch 7 Schiffe, die beiden Linienschiffe „Kaiser Wilhelm II." und „Ersatz König Wilhelm", die drei großen Kreuzer „Fürst Bismarck", „Vineta" und „Hansa" und die Kanonenboote „Iltis" und „Ersatz Hyäne". Der Bau aller dieser Schiffe wird durch die drei kaiserlichen und fünf Privat werften bewirkt. ' '. - ' - U Berlin, 4. September. Nach den nunmehr vorliegenden Ergebnissen der Vertheilung der während deS IabreS 1897 von den Versicherungsanstalten und zugelassenen Cassen- «inrichtungen gezahlten Renten- und Beitrags erstattungen habe« die Jnvalidenrentenzahlungen etwa 50 Procent — gegen 43 Procent im Vorjahre — der Rentenzahlungen überhaupt betragen. Es sind ingesammt 55 Millionen Mark an Renten gezahlt. Davon entfielen 27,6 auf die Alters- und 27,4 auf die Inva lidenrenten. Preußen betheiligt sich an der Gesainmtsuniine mit 35.5 Millionen, Bayern mit 5,1 Millionen, Sachsen mit 3,3, Württemberg mit 1,7, Baden mit 1,3, Hessen mit 0,7, Mecklenburg mit 1,0, Thüringen mit 1,0, Oldenburg mit 0,2, Braunschweig mit 0,4, Hansestädte mit 0,6 uud Elsaß-Lothringen mit 1,3 Millionen. Der Rest entfällt auf die Casscneinrichtungen. Von den Alters rentenzahlungen sind durch das Reich 10,7 Millionen und von den Jnvalidenrentenzahlungen 10,8 Millionen erstattet worden. Legt man bei einer Begleichung der Belastung der ein zelnen Bundesstaaten einerseits die Bevölkeruugsziffern nach den Ergebnissen der Volkszählung vom 2. Deceinber 1895, andererseits die Zahl der nach der Berufsstatistik vom 14. Juni 1895 als versicherungspflichtig anzuseheuden Per sonen zu Grunde, so ergiebt sich, daß von den Renten zahlungen in Preußen auf den Kopf der Bevölkerung über haupt 115,4 Pfennige, auf den Kopf der versicherungs pflichtigen Bevölkerung 517,3 Pfennige entfallen, in Bayern 89.5 bezw. 376,5 Pfennige, in Sachsen 103,4 und 394,2, in Württemberg 81,7 uud 440,1, in Baden 77,2 und 355,3, in Hessen 69,0 und 340,0, in Mecklenburg 148,6 und 578,6, in den thüringischen Staaten 78,0 und 352,2, in Olden burg 64,8 und 326,0, in Braunschweig 89,3 und 361,6, in den Hansestädten 67,2 und 264,7, in Elsaß-Lothringen 83,9 und 406,5 Pfennige. Für daS ganze Reich stellt sich daS Verhältniß durchschnittlich auf 105,2 und 465,7 Pfennige. — Der Besuch des Kaisers in Stettin am 23. d. M. wird, nach einer Meldung Berliner Blätter, nur wenige Stunden dauern. Gegen Mittag trifft der Kaiser in Stettin ein und begiebt sich sofort nach dem neuen Hafen. Nach der Begrüßung durch die städtischen Behörden erfolgt dann in Gegenwart deS Monarchen die feierliche Eröffnung des Hafens. Voraussichtlich geht hierauf der Kaiser an Bord eines Salondampfers, der ihn zum Bollwerk am Postgebäude bringt. Ohne jeglichen Aufenthalt schreitet sodann der Kaiser zum Monumentalbrunnen der Stadt, einem Werk des Prof. Menzel-Berlin. Kurz vor der Ankunft des Kaisers werden die Wasserkünste des Brunnens in Thätigkeit gesetzt. Nach der Besichtigung des Brunnens fährt der Kaiser zum Bahn hof, um gegen zwei Uhr die Rückfahrt nach Potsdam an zutreten. — Der zur religiösen Unterweisung der drei ältesten kaiserlichen Prinzen nach Ploen berufene Garnisonpfarrer B. GoenS ist dorthin Lbergcsiedelt, um seine neue Amtsthätizkeit zu übernehmen. Die Einführung deS Prinzen Adalbert, des dritten kaiserlichen Prinzen, im Cadettenhause zu Ploen wird, der „Voss. Ztg." zufolge, gegen Mitte dieses Monats erwartet; sie soll durch die Kaiserin selbst erfolgen. -p — Der Reichskanzler empfing, dem «Hamb. Corr." zufolge, kürzlich eine Deputation von Gänse-Engroshändlern auö Rummelsburg, die sich über die schweren Beschränkungen deS Gänsehandels und die Grenzsperre beschwerte. Fürst Hohenlohe äußerte sich entgegenkommend, so daß vielleicht Erleichterungen der Grenzsperre für die Gänse zu erwarten sind. — Die „Frankfurter Zeitung" meldet aus Chefoo vom 2. September: KLaut sch au ist als Freihafen eröffnet worden. — Für das Bismarckdenkmal in Hamburg sind bereits 401 058 «eil, für das in Bremen ca. 132000 aufgebracht. — Nach einem der „Nordd. Allg. Ztg." aus Batavia zu gegangenen Telegramm ist dort der deutsche Ministerresident von Bangkok, vonSeldeneck, an den Folgen eines Leber- leidenS gestorben. — Das Neichs-BersichernngSamt bat gemäß dem Seeunfallversicherungsgesetz eine erneute Revision der Durch schnittsbeträge deS monatlichen Lohnes (Heuer) oder Gehalts, welcher bei der Bemessung deS IahreSarbeitsverdienstes der zur Besatzung deutscher Seefahrzeuge gehörenden schnitt er ihr Gesichter zu, wenn Mr. Brown etwas sagte. Dieser brachte nie «ine Dummheit heraus, aber er war so trocken wie Alaun und das wirkte komisch gegenüber den Bemühungen Frau von Trefsing's, ihn oft ins Gespräch zu ziehen. „Na, nun ist bald wieder «in Jahr herum", sagte Uexhus, der ganz aufgethaut war, „nun wird Watte gepustet, bis es zwölf Uhr schlägt, wie im vorigen Jahr! Herr Oberst, Sie müssen auch mitmachen; es ist gar nicht so übel, sich von ein«m Jahr ins andere hinüber zu pusten, was, Mr. Brown? Oder thut man das nicht in New Dort?" Alles setzt« sich um den ovalen Eßtisch und bald flog das Stückchen Watte mit den Sekunden des alten Jahres um die Wette. — Es wurde viel gelacht und Henny bekam Heiterkeits krämpfe über des Amerikaners unglaublich komisches Gesicht und seine krampfhaften Versuche, sein gemessenes Aeußere diesem Kinderspiel anzupassen. — Sie stand schließlich auf, weil die Mutter ihr über ihr tolles Lachen mißbilligende Blicke zuwarf. So war es beinahe Mitternacht geworden. „Wo ist Henny?" fragte Lotti plötzlich. Ja, wo war Henny geblieben? Niemand hatte darauf geachtet, daß sie schon länger fehlte. „Sie wird Wohl ihren Schwips ausschlafen", äußerte Bodo und könnt« feinem Schöpfer danken, daß seine Mutter absichtlich diese Bemerkung überhörte und sein Vater ihn dafür nur „dummer Bengel" nannte. Während Trüxen die Gläser füllte, stand Axel auf, um Henny zu fuchcn. Er blickte in das erleuchtete Nebenzimmer, dort war sie nicht; er ging an die halb angelehnte Thür zu des Onkels Rauchzimmer. Es war dunkel darin, und als Axel hineinschaute, war es ihm, als hörte er Jemanden schluchzen. „Henny", rief er leise. Keine Antwort, aber das Schluchzen hörte nicht auf und er schlich in dem ihm wohlbekannten Raum um den Tisch herum, weil er auf dem dahinterstrhenden Sopha sich etwas bewegen sah. „Henny, bist Du hier?" fragte er, sich niederbeugend, und erkannte nun, daß sie ein zusammengeknülltes Taschentuch an den Mund drückte. < „Aber Henny, was ist denn? Bist Du krank?" Er glaubte wirklich für «inen Moment, ihr sei die Bowle nicht gut bekommen. „Nein", sagte sie mit halberstickter Stimme — „laß mich doch heulen!" „Aber, lieb« Henny, was weinst Du denn? ich weiß gar nicht hat Dir Jemand etwa- zu Leide gethan?" Personen zu Grunde zu legen ist, vorgenommen. Dabei hat sich ergeben, daß zu einer anderweiten Festsetzung dieser DurchschuittSbeträge eine ausreichende Veranlassung nicht vor liegt. Die bisherigen Festsetzungen bleiben daher auch ferner hin in Geltung. — Der VerbandStag der deutschen Pfarrer vereine findet am 14. uud 15. September in Danzig statt. In der Abgeordnetenverlanimlung wird verhandelt über die Stellung des Psarrervereins zum Altersheim, über den Schutz der Seelsorge in 8 193 deS Reichsstrasgesetzbuches, über die Regelung der Pensionsvrrhältnisse in Preußen, über Desideria betreffs der Schulinspection u. A. In der Hauptversammlung wird berathen werden über drei Gefahren für die AmtSwirksamkeit: Opportunis mus, Kriticismus, PersectionismuS und über die Fürsorge für die Psarrtöchter. Die Berathungen finden im Gemeindehause zu St. Barbara statt. — Vom 17. bis 21. September d. I. wird in Trier der 17. deutsche Weiubau-Congreß und am 19. Sep tember die Generalversammlung des deutschen Weinbau- Vereins abgehalten. Der veutsche Weinbau - Verein feiert bei Gelegenheit deS CongrefleS das 25 jährige Jubiläum seines Bestehens. * Posen, 4. September. Der „Dzicnnik" erklärt, daß der Erzbischof Or. v. Stablewski Geistlichen gegenüber, die ihn um eine Directive für die Landtagswahlen gebeten hatten, entschieden entgegnet habe, daß er sich in die Wahlen nicht mehr hineinmenge, daß vielmehr ein Jeder so handeln solle, wie es ihm sein Gewissen und sein Verstand dictire. 0. Posen, 5. September. (Privattelegramm.) DaS 400 Hektar umfassende Rittergut Retsch, Kreis Znin, ist von der Ansiedelungs-Commission angekauft worden. * BreSla», 3. September. Der BaugewerkS-Berufö- genossenschaftötag, dem ein Vertreter des ReichSversichernngs- amtS und der hiesige Oberpräsident beiwohnten, beschloß die Betheiligung an der Pariser Weltausstellung durch Ausstellung von Modellen zur Verhütung von Unfällen. Oesterreich -Ungarn. Aufmerksamkeit des Zaren; der Ausgleich; Saisermanöver. * Wieu, 4. September. Nach der „Polit. Correspond." machte der Zar dem Kaiser Franz Josef eine Cassette mit allen gelegentlich der Moskauer Denkmalsenthüllunz gepreßten Erinnerungs-Medaillen, fünf an der Zahl, zum Geschenk. — Deutscherseits wird erklärt, die Partei führer werden sich in keine neuen Verhandlungen mit Thun einlassen, selbst wenn er die Sprachenverordnung abändert, da, so lange er Kanzler im Ministerium bleibt, keine Aenderung zu erwarten steht, die die Deutschen be- srievigen kann. Es verlautet übrigens, Thun habe die Absicht, m neue Verhandlungen einzutreten, fallen lassen.? * Pest, 4. September. Heute tagten hier mehrere Clubs oppositioneller Parteien. Diejenigen der National partei und der Volkspartei beschäftigten sich mit der Aus gleichsfrage. Die Volkspartei vermeidet jede Stellung nahme, so lange nicht concrete Vorschläge der Regierung vor liegen. Die Nationalpartei beschloß, in geeigneter Form die Regierung aufzufordern, sich schon jetzt über jene Schritte zu äußern, die geplant sind, falls ein parlamentarischer Aus gleich mit Oesterreich unmöglich ist. Graf Albert Apponyi betonte, die Partei habe freie Hand, da die Regierung von jenen Principien abgewichen sei, die sie im vorigen Jahre bei der Verhandlung der Provisoriumsvorlage sich zu eigen gemacht habe. * BuztaS, 4. September. <Der König wohnte heute der Messe bei. Um 1 Uhr fand ein Hofdiner statt. Niederlande. Zur KrönungSfcicr. * Amsterdam, 3. September. Heute Abend fand ein Empfang der auswärtigen Journalisten im Hause der Presse statt. Spanien. Rach dem Kriege. * Madrid, 4. September. Man versichert, zur Bezahlung der kubanischen Schuld von 1886 werde eine Anleihe abgeschlossen werden, doch erst später, da die Regelung der gesammten kubanischen Schuld Sache der Pariser Conserenz sei. — Blättermeldungen zufolge hätte es Leon Castillo abgelehut, an der Commission für die FriedenSverhanb- lungen theilzunehmen. * Madrid, 5. September. (Telegramm.) Dem Ver nehmen nach wird sich der Senat zunächst mit einer Jn- demnitätS-Bill bezüglich der Aufhebung der con- stitutionellen Garantien beschäftigen, während die Kammer sich über die Bevollmächtigung zu den Friedens verhandlungen schlüssig machen wird. — General Weyler ist hier eingetroffen, zahlreiche Freunde erwarteten ihn an der Bahn. Rußland. Der Abrüstungsvorschlag. * Petersburg, 4. September. Tas „Journal de St. Petersbourg" schreibt: Alle Kundgebungen der ausländischen Anstatt der Antwort schlangen sich plötzlich zwei Arme um seinen Nacken, ganz fest, säst krampfhaft! „Axel! Du lieber Kerl, Du! Ja kein Mensch kümmert sich sonst um mich!" Und dann, ja, dann fühlte er ihre weichen, jungen Lippen plötzlich auf den seinen. — Im nächsten Moment stand sie auch schon auf den Füßen. „Komm schnell, Axel!" Sie stürmte an ihm vorüber, und gerade als die Uhr ein setzte, um zwölf zu schlagen, kam sie hereingesaust und schrie: „Hurrah! Prosit Neujahr!" Und die Anderen thaten es auch; nur der Vater bemerkte, daß sie geweint hatte. — Sie stieß auch mit Mr. Brown an und sagte leise: „Ich danke Ihnen noch für das Bild!" Aber als Axel sich mit seinem Bowlenglas ihr näherte, bekam sie einen roth«n Kopf, that, als sähe sie ihn nicht, und trank ihr Glas auf einen Zug aus. Es war ihm, als habe er geträumt, als er nachher neben seiner Schwester durch di« Straßen schritt. Uexhus ging auf Hedwig's anderer Seite. „Was hatte Henny nur?" fragte sie. „Wissen Sie, Fräulein Sternfeld", antwortete der Graf, „bei solchen Kindern sitzt Lachen und Weinen dicht beieinander, sie wird es wohl selbst nicht wissen." „Aber sie war doch so vergnügt!" „Hm", meinte Uexhus, „solche Naturen, wie Henny eine besitzt, stehen immer vor der Wahl, sich durch's Leben zu lachen oder zu heulen!" - > Den Rest des Weges letzten die Drei schweigend zurück. „Kommen Sie, Sternfeld, wir trinken bei Tosti noch einen Kaff««", forderte der Graf ihn auf, der angebrochene Nächte, wie «r «s nannte, nicht unterbrechen mochte. Axel schloß die Hausthür hinter seiner Schwester zu, die mit dem brennenden Licht die Treppe hinaufeilte, während er neben Uexhus die Straße zurllckschlentxrte. Es fiel leichter, rieselnder Schnee, der versuchte, um die Laternen tanzend, auf ihren Glasdächern festen Fuß zu fassen. — Er fiel ganz sachte und gab sich Mühe, vom Himmel -«runter etwas Ruhe in die Neujahrsnacht der Menschen zu bringen, aber aus Kneipen und Wirthshäusern drang nock» wüster Lärm und in den Straßen johlten noch einig« Halbtrunkene „Prosit Neujahr!" Vielleicht bildeten sie sich rm, daß eS dadurch besser im nächsten Jahre weiden würde. lFortsetzung folgt.)
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