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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980926017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898092601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898092601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-26
- Monat1898-09
- Jahr1898
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Eie Morgen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, dir Abend-AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. Redaktion und Expedition: JohanneSgnffe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ltto Klemm's Sortim. (Alfred Hahn), Universitätsstratze 3 (Pauling), Lo«iS Lösche, Katharinenstr. 14, pari, uud KönigSplatz 7. Morgen-Ausgabe. MpMer Tagtblail Anzeiger. Amlsölatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes nn- Nolizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. Uuzetgen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Rrclamea unter demRedactionSstrich ^ge spalten) 50^j, vor den Familiennachrichtei (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- ve-zeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesürderuag 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end »Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anreisen sind stets an ds« Expedition zu richten. Druck und Lerlag von E. Polz i« Leipzig, 488. Msntag den 26. September 1898. 92. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Von dem unterzeichneten Armenamte sollen Dienstag, Sc» 27. September lsd. MtS., Vormittags von 9 Uhr an im hiesigen Stadthause verschiedene Gegenstände, und zwar: Möbel» Betten, Wäsche, KleidnugSftücke, HanS-, Küchen-, WirthschaftSgeräthe u. A. m. öffnitlich versteigert werde». Leipzig, am 24. September 1898. Das Armcnamt. Hentschel. Artus. Oeffentliche Zustellung. Der Schneidermeister Julius Schröter in Leipzig, vertreten durch Rechtsanwalt vr. Kleinert daselbst, klagt gegen den früheren Stallmeister Johannes (Johann) Jank, früher in Leipzig, später in Wien, jetzt unbekannten Aufenthaltes, wegen Forderung mit dem Anträge, den Beklagten kostenpflichtig zu verurtheiien, an den Kläger 925 nebst 5 "/<> Zinsen von 907 ./L 50 seit dem Tage der Klagzustellnng zu zahlen und dieses Urtheil gegen Sicherdeitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, und ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die vierte Civil- kaniiner des Königlichen Landgerichts zu Leipzig auf den 8. Dezember 1888, Vormittags 9 Uhr, mit der Aufforderung, eine» bei dem gedachten Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Der GcrichtSschreibcr beim Königliche» Landgerichte Leipzig, am 21. September 1898. Wachs, Sekr. Oeffentliche Zustellung. Die Wirthschafterin Emma Rossel in Leipzig, vertreten durch die Rechtsanwälte O. E. und B. Freytag hier, klagt gegen den Stellmacher Leonard Emil Heinze, früher in Gautzsch, jetzt UN- bekannten Aufenthalts, wegen Rückzahlung eines baaren Darlehns von 400 ./l( mit dem Anträge, den Beklagten kostenpflichtig zu ver- urtheilen, der Klägerin 400 ./S nebst 5 Proc. Zinsen von der Klag- Zustellung ab zu bezahlen, sowie die Kosten des voraufgegangenen Arrestverfahrens zu trage» und daS Urtheil gegen Sicherheits leistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, und ladet den Ve- Foiiilloton. Hund und Katze. Humoreske von H. Erl in. Nachdruck verboten. „Nein! Ich mag nun einmal keine Hunde!" „Und ich begreife nicht, wie man Katzen gern haben kann!" „Und mir ist Ihre Vorliebe für solch kläffende, schmutzige Köter räthselhaft!" „Aber erlauben Sie mal! Die SaWUrkeit der Hunde . . ." „Bitte, das Wort Sauberkeit päßr überhaupt nur auf Katzen!" „Aber Fräulein Steffi . . „Fräulein Gottberg, wenn ich bitten darf!" Herr Arthur Plötz, aufgehender Stern am musikalischen Himmel der Gegenwart und Zukunft, neigt lächelnd sein Haupt. „Gut! Wie Sie befehlen! Also: gnädiges Fräulein Gott berg wollen mir vielleicht gestatten, ohne näher auf die etwas heikle Reinlichkeitsfrage einzugehen, nur die naturgeschichtlich nachgewiesene Thatsache hervorzuheben, daß der Hund allezeit als treuester Freund und Beschützer des Menschen geschätzt war, während die Katze . . ." „Danke für weitere Belehrung!" Ein Paar kornblumblaue Augen schleudern Blitze, und der reizendste hellblonde Krauskopf, den Herr Arthur Plötz kennt, wendet sich gcringschätzcnd von ihm ab. „Was verstehen Sie überhaupt von Hunden! Sie haben ja gar keinen!" „Unb Sie, mein Fräulein, die Sie die edlen Eigenschaften der Katzen so rühmen, besitzen Sie etwa . . „Nein, hier augenblicklich in der Pension halt' ich mir freilich keine Katze", ruft Steffi ungeduldig und zerzaust kampfeslustig ihr Taschentuch in den Händen. „Aber warten Sie! Jetzt schaff' ich mir sofort eine an, um Ihnen zu be weisen, wie reizend lieb und anhänglich die graziösen Thierchen sind!" Mit leichtem Spott verbeugt sich der Zukunftssänger. „Sehr liebenswürdig, sich so um mich zu bemühen. Ich werde mir zur Zeit dann einen Bullenbeißer kommen lassen!" „Um mich für Hunbe zu begeistern . . .?" „Nein! Aber um Ihrer Katze das Dasein zu verleiden!" „O pfui!" Die kleine Steffi ist vor Aerger roth geworden. „Sie sind grob!" „Und Sie heute ganz besonders — hm — reizend, verehrte Collegin!" Mit spitzbübischem Lächeln schaut er ihr in das empörte Gesichtchen. Da springt sie außer sich vom Stuhl auf. „Ich ... ich lasse mir Ihre Hänseleien nicht mehr gefallen, Herr Plötz!" stößt sie hervor. „Ich ... ich bin siebzehn Jahr und kein Kind! Außerdem studire ich ebenso gut Musik wie Sie, und meine Eltern bezahlen dieselbe Pension für mich, wie die Ihren für Sie, und . . . und ... ob Sie Hunde oder Katzen gern haben, das ist mir gleichgiltig in Zukunft!" Krach! Hinter Fräulein Steffi Gottberg flog die Thür zu. Einigermaßen verdutzt schaut ihr der Liebhaber des Hunde geschlechts nach. Das sckh ja aus wie Feindschaft! Feindschaft um elende Katzenthiere? ... Ach waS! Lange würde der Groll schon nicht dauern! Morgen war sicher Alles wieder gut. Und fidel den Dessauer Marsch trällernd, verließ Herr Arthur Plötz klagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die vierte Civiikammer des Königlichen Landgerichts zu Leipzig auf den 8. Dezember 1898, Vormittags 9 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Der GcrtchtSschrciber beim Königlichen Landgerichte Leipzig, am 21. September 1898. Wachs, Sekr. Roderich Lenedir. Fünfundzwanzig Jahre sind heute verflossen, seitdem Roderich Benedix aus dem Leben geschieden, und es ge ziemt wohl der Leipziger Presse, einen Cypressenzweig auf sein Grab zu legen. An diesem Grabe auf dem alten, dem Untergange geweihten Johanniskirchhof hielt ich damals selbst die Todtenrede, und ich kann nach 25 Jahren mich noch ganz zu ihrem Inhalte bekennen. Die Zeit ist, freilich!, seitdem eine andere geworden; neue literarische Strömungen haben das Publicum mit sich fortgerissen; Sturm und Drang haben eine begeisterte Jugend in anscheinend neue Bahnen gedrängt, obschon diese nur frühere tumultuarische Epochen der Literatur lebhaft widerspiegeln. Kritische Bohrwürmer, die sich auch an feststehende Tempelsäulen des Ruhmes wagen, haben auch den Ruhm von Benedix nicht verschont; ein Theil der Kritik, be sonders an der Spree, hat den Dichter zum alten Eisen ge worfen, von der Höhe der modernen Geistreichigkeit verächtlich auf den zurückgebliebenen Philister herabgesehen, seine Stücke auf den Scherbenberg geworfen, wo sich der literarische Kehricht zusammenfindet, und trotzdem zeigt ein Blick auf die Repertoire der deutschen Bühnen, daß überall an großen und kleinen Theatern die Lustspiele von Benedix gegeben werden, mit vielem Beifall und Erfolg, so daß er sogar mitten im Trubel der mit den Ellenbogen sich vordrängenden Genies von jüngstem Datum Schule gemacht hat. Die besten Stücke von L'Arronge gehören seiner Schule an und könnten in seinen gesammelten Werken stehen, und selbst die Modernen wandeln gelegentlich in seinen Bahnen. Ludwig Fulda's „Jugendfreunde" sind im Stil von Benedix gehalten und erinnern sogar lebhaft an dessen Stück: „Ein Lustspiel". Eine Kritik, die mit fixen Ideen und wohl applicirtem Scheuleder an die Arbeit geht, wird natürlich das Alles über sehen, jedes Lebenszeichen eines Schriftstellers, den sie todt- geschlagen, für einen wesenlosen Spuk erklären, und da zu diesen Kritikern auch viele Literarhistoriker der Gegenwart gehören, alsbald den gemeinsamen Salon, um sich auf sein Zimmer zu begeben. Höchst neugierig, wie Steffi wohl den Frieden einleiten würde, betritt er anderen Tages den Eßsaal, wo sich alle Pensionsmrtglieder zusammenzufinden pflegten und . . . Nanu! Die Kleine ist nirgends zu erblicken? — Auf Befragen berichtet die Wirthin, Fräulein Gottberg wünsche bis auf Weiteres in ihrem Zimmer allein zu speisen. „So? — Ich auch ... ich esse von heute an auch allein!" erklärte er, ohne in der Eile eine Begründung für nöthig zu halten und stürmt in seine Stube zurück. Gut! Sie hat den Fehdehandschuh hingeworfen, — er hebt ihn auf . . . Nachgeben wird er keinesfalls. Er hat sie gar nicht einmal wirklich beleidigt . . . Albernheit, ihre Katzen schwärmerei! — Den ganzen Tag über blieb Herr Plötz in seinem Zimmer und übte sämmtliche Tonleitern in Dur. Gerade über ihm, wo Fräulein Steffi ihr Heim hatte, ertönte andauernd rasendes Clavierspiel: abwechselnd aus dem „Orackus aä I^arnassriiii" und Bach's „wohltemperirtem Clavier". Am Abend nach Tische fand der Sänger, daß es recht langweilig ohne die gewohnte Plaüderstunde im Salon fei, und mißmuthig ging er aus. Der nächste Tag verlief ähnlich. Am darauffolgenden traf er Steffi auf dem Wege zur Hochschule. Er grüßte. Sic dankte kaum. Von da an sang Herr Arthur Plötz nur noch Tonleitern in Moll. Bon oben her erklang Chopin's Trauermarsch und die „Lonnts mölanoiioliqrie" von Moscheles. Am vierten Tage nach Beginn der Fehde schmetterte er mit dem Ausdruck vollster Ucberzeugung: „Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht . . ." Ueber ihm ertönte „Jsblde's Liebes tod" in der Bearbeitung von Franz Liszt. Wieder eine Reihe endlos öder Stunden! Da fliegen mit einem Mal«, von zorniger Hand zusammengeballt, des Zukunfts sängers sämmtliche Arien in eine Ecke. „Ich halt's nicht mehr aus!" schreit er verzweifelt und fährt sich wild durch die reichlich vorhandene Mähne. „Sehen muß ich sie! Ganz gleich, ob sie für Hunde oder Katzen schwärmt!" — Nein, mehr noch: versöhnen mußte er sie! Denn nun erst, wo sie sich ihm so lange ferngehalten, weiß er, was sie ihm bisher Var. Bei Gott, er liebt sie — liebt sie rasend i Sie, die nun Unerreichbare! Glücklich hätte er darüber sein müssen, die Katze dieses Engels überhaupt nur streicheln zu dürfen, anstatt . . . . Aber noch dürfte es nicht zu spät sein! — Nur ... wie es an fangen, ihre Freundschaft wieder zu gewinnen? . . . Sie auf suchen wie «in abbittender Schulknabe? Nein, dagegen empört sich sein zukünftiger Sängerruhm. Einen Brief schreiben?.... Pah, das war zu abgeschmackt, zu populär! Etwas Besseres muß er thUn! Ein Opfer bringen, ihr be weisen, daß er Gefühl habe, daß er eines Sinnes mit ihr sei.... eines Sinnes? Da ... da dämmert ihm eine Idee . . . eine wunderbare Idee ... Ja, das war's! Jetzt hatte er's! Und leuchtenden Angesichts verläßt er alsbald seine Woh nung, um lange, sehr lange weg zu bleiben. Als er endlich wieder heimkehrt, ist er nicht mehr allein in seinem traulichen Junggesellenheim. Eine große, weiße Katze kauert auf dem Ofen und faucht ihn tückisch funkelnden Auges au. Herr Arthur Plötz indessen begrüßt sie mit dem freudigsten Lächeln der Welt. die, soweit sie nicht von einander abschreiben, nur nach Sym pathien und Antipathien urtheilen und todtschweigen, so werden die Register der Literaturgeschichte allerdings in Verwirrung gebracht und manche Autoren, welche umfassende Betrachtung ver dienen, an ein bescheidenes Plätzchen zurückgedrängt. Ouiqiiv 8UUM — sagt die echte Literaturgeschichte und Kritik, die diesen Namen verdient, üio niger est, stuno tu, liomnno. ea- veto — rufen die Schlllffelverwalter der Unsterblichkeit, die Alles beiseite schieben, was in ihren Kram nicht paßt. Auch Benedix ist oft genug in solcher Weise beiseite geschoben worden. Unbefangene Würdigung und eingehende Charakteristik — bas ist die Aufgabe des Literargeschichtschreibers. Parteischriften und Pamphlete, wenn sie noch so umfangreich sind, gehören nicht in seinen Bereich. Es bedurfte nicht des lärmenden Zetergeschreis der jüngsten nachgeborenen Kritik, um die Schranke nachzuweisen, welche für die Dramen von Benedix charakteristisch ist; sie ver treten eine beschränkte Gattung des Lustspiels; aber in dieser Gattung ist er Meister. Man wird ihn nicht zu den führenden Geistern der Nation rechnen, aber er ist und bleibt ein vor trefflicher Lustspieldichter. Das Vorbild von Roderich Benedix in Bezug auf den Ton, die geistige und sittliche Haltung seiner Stücke war Jffland; wohl aber strebte er dem gleichzeitigen Bühnenbeherrscher Kotze bue, obschon dessen frivoles Wesen seiner ganzen Natur fremd war, in der heiteren Beweglichkeit der Handlung, in ihren Ver wickelungen und Verwechselungen nach. So darf man von ihm sagen, daß er die Ueberlieferung der Jffland-Kotzebue'schen Dramaturgie in würdiger Weise und ohne sclavische Abhängigkeit in der Gegenwart fortgeführt, ja die Vorzüge Beider in einzelnen seiner Werke vereinigt habe: das sittlich Bildende und ernst Rührende Jffland's mit Kotzebue's wirksamem Situationswitz. An äußeren Bühnenerfolgen stand er hinter keinem seiner Vor gänger zurück. Unerläßlich zu solcher Beherrschung der Bühne war ihre genaue Kenntniß, welche sich bei dieser Gattung nicht auf großartige, scenische Wirkungen, auf die Entfaltung von Maschinerien, auf den decorativen Pomp, auf andere scenische Errungenschaften der Neuzeit zu erstrecken brauchte, sondern nur auf jene intimeren Wirkungen des Zusammenspiels, die martir- teren Ausgänge auf jene Intuition der Bübne, welche bei dem Schaffen der Situation zugleich die Stellung und Gruppirung der Personen auf der Bühne erschaut, auf das Wirksame heiterer Wechselreden und scenischer Ueberraschungen. Benedix aber besaß eine solche Biihnenkenntniß; denn er hat von Jugend auf der Bühne nahegestanden, anfangs als Sänger und Schauspieler, dann als Oberregisseur, zuletzt als Theaterintendant. Man hat Benedix zu verkleinern gesucht, indem man ihn einen Dichter des Philisteriums nannte — mit Unrecht; man „Schön, daß sie dich glücklich hertransportirt haben, Mieze! Nun wollen wir mal Freundschaft miteinander schließen. Komm her, mein Miezechen! Komm doch, Mieze, komm . . ." Doch umsonst alles Rufen und Bitten! Umsonst aller Schmelz seines umfangreichen Tenors . . . Einen grimmigen Buckel machend, verharrt Mieze ungerührt in ihrer feindlichen Stellung. „Miezechen.... komm doch her, mein Pusselchen, mein kleines . . ." Vom Ofen her antwortet ein drohendes Knurren. „Rabenvieh elendes, wirst du gleich Herkommen!" brüllt der junge Sänger nun wüthend. Da aber auch dieses Donnerwort nichts fruchtet, wirft er sich erschöpft auf's Sofa. Jetzt hat er sich solch Katzenthier gekauft, um durch freund schaftliche Beziehungen zu ihm Steffi's Herz zu rühren, von der Aufopferungsfähigkeit seiner Liebe zu überzeugen — und nun setzt dieses tückische Geschöpf seinen Annäherungsbestrebungen hartnäckig Widerstand entgegen. Doch halt! Vielleicht ließ sich der Thieres Gunst durch Leckerbissen erringen! — Von neuer Hoffnung erfüllt, springt er auf, um Milch und Fleisch herbeizuholen. Dann abermals zärtliches Locken: „Komm, Mieze, komm " Regungslos verharrt die weiße Schönheit abseits vom Milch napfe, solange der galante Sänger in dessen Nähe weilt; sobald er sich aber davon entfernt, schleicht sie lüstern heran. „Doch schon ein kleiner Erfolg!" denkt sich Plötz. Immer hin aber kann es auf diesem Wege noch lange dauern, ehe die Katze freiwillig in persönlichen Meinungsaustausch mit ihm tritt! .... Welches Mittel mochte wohl dieser Widerspenstigen Zähmung am denkbar schnellsten bewirken? Herr Arthur Plötz versinkt in sorgenvolles Grübeln; er be sinnt sich auf Alles, was er je im Leben hat von Katzen er zählen hören, und dabei kommt ihm mit einem Male in Er innerung, der Geruch des Baldrians solle den Katzen unwider stehlich anziehend sein. Heureka! Baldrian war noch zu beschaffen. Ein Versuch konnte nichts schaden. Wenig später, und der hoffnungsvolle Zukunftsfänger ist dabei, feine Hände über und über mit Baldricmtinktur zu be streichen. Aufmerksam schaut khm die Katze zu, beginnt schließlich zu schnubbern, ihre grünen Augen fangen an zu funkeln, der Schnurrbart geräth in Bewegung . . . „Mieze, komm . . . kommm, mein Thierchen . . ." Da — wahrhaftig! Sie nähert sich den ihr entgegenge streckten Händen — reibt den Kopf daran, beginnt zu schnurren und läßt sich unter allen Zeichen des Behagens streicheln. Gesiegt! Und wenn er täglich ein ganzes Baldrianbad nehmen sollte — was thut der Mensch nicht aus Liebe! Seine Hoffnungen, sich nunmehr bald völlig der Zuneigung des Thieres zu erfreuen, trügen ihn nicht, denn schon anderen Tages hat er seine schneeweiße Mieze so weit, daß sie ihm auf der Schulter sitzt und den Kopf an seinen Hals schmiegt. So muß ihn Steffi sehen! Und so sucht er ihr nach langer Zeit zum ersten Mal wieder im gemeinsamen Salon zu begegnen. Doch eS glückt ihm nicht sogleich, sie zu treffen. Seine Katze auf dem Arme, ein Buch in der Hand, sitzt er geraume Zeit einsam wartend und lauscht gespannt auf jeden Schritt, der draußen ertönt. könnte ihn eher einen Dichter des deutschen Bürgerthums nennen, dessen spießbürgerliche Auswüchse er oft satirisch gegeißelt hat, dessen Grundeigenschaften aber, so weit sie nicht von den wühlerischen Zeitmächten zerfressen sind, gesunde Tüchtigkeit und heiteres Behagen bleiben. Dieses Bürgerthum fand sicy selbst, seine Sitten, seine Stimmungen in den Lustspielen unseres Autors wieder. Es ist nicht jener Tiers-Etat, der ein. ausgeprägtes politisches Bewußtsein zur Schau trug und al- dessen Dichter man Gustav Freytag bezeichnen muß; es ist das nicht reflectirende, naive Bürgerthum mit seiner Häuslichkeir, seinem Familienleben, das sich in den Stücken von Benedix spiegelt. Problematische Charaktere, wie überhaupt geniale Probleme, waren stets ausgeschlossen, geschlechtliche Ver wickelungen mit pikantem Beigeschmack vermieden. Der ernste Kern seiner Lustspiele ist die Liebe, nicht die romantische Lieoe eines Max und Romeo, nicht die sinnlich-üppige eines Boccaccio und Heyse, nein, die bürgerliche Lieb«, die darauf ausgeht, sich die Braut als Lebensgewinn zu erringen. Diese Liebe ist allerdings etwas einförmig und läßt wenig Modifikationen zu, aber sie wird desto bereitwilliger nachempfunden, und Benedix weiß sie in anziehender, gemüthswarmrr Weise auszudrücken. Seine Mädchen sind etwas mehr ernst oder munter, hin uno wieder etwas verbildet, doch meist von schlichter Empfindung. Der echt deutsche Aschenbrödeltypus war sehr beliebt bei ihm: wir erinnern nur an die Thusnclva in den „Zärtlichen Ver wandten" und die Elfriede in „Aschenbrödel". Die Grund - stiminung seiner Lustspiele ist die eines heiteren Behagens; ein- optimistische Beleuchtung ruht auf allen seinen Stücken; er löst keine düsteren Lebensräthsel, aber er wirft sie auch nicht au: Alles Skeptische und Dämonische liegt ihm fern, darum finden sich auch keine eigentlich bösen Charaktere in seinen milo beleuchteten Bildern. Man könnte darin eine Versündigung gegen die reale Lebenswahrheit sehen; denn die schlechten Kerle, welche verdienen, von der Satire schonungslos an den Prange gestellt zu werden, laufen in der Welt so zahlreich herum, daß der Dichter sehr kurzsichtig sein muß, der sie übersieht. Schärferen Geistern steht es gewiß frei, sie im Spiegel dec Komödie aufzufangen, — man denke nur an Moliöre's „Tar- tuffe" und „Harpagon"; doch Benedix kann sich auf einen Aus spruch Sch'iller's berufen: „Das Ziel der Komödie ist einerlei mit dem Höchsten, wonach der Mensch zu ringen hat, frei von Leiden schaft zu sein, immer ruhig aus sich und in sich zu schauen, überall mehr Zufall als Schicksal zu finden und mehr über Un gereimtheit zu lachen, als über Bosheit zu zürnen." Man könnte fragen, ob Benedix eigentlich Witz besaß; an zerstreuten witzigen Einfällen fehlt es in seinen Stücken nicht; aber zu den vorzugsweise witzigen Köpfen kann man ihn nicht Plötzlich — fast hat er schon für heute zu hoffen aufgehört — ein flüchtiges: tripp—trapp! .... Der Miez noch ein: schnelle, ausmunternde Liebkosung, dann neigt sich der Sänger tief über seine Lectüre. — Das Tripp, trapp kommt näher, die Thürklinke wird be rührt, die Thür öffnet sich und Von Herrn Platzens Schulter herunter, dicht an seinen Augen vorüber fliegt ein weißes Etwas . . . Zugleich ein fürchterliches Klirren und Klingen . . . wüthendes Hunbegebell, Geschrei... und Alles übertönend eine angstbebende Stimme: „Die Katze . . . mein Gott, die schreckliche Katze!" Der Sänger ist entsetzt von seinem Stuhle aufgefahren, ohne zunächst zu begreifen, was eigentlich passirt ist. Scherben um ihn her . . . ein umgcfallenes Lampentischchen — Steffi schreckensbleich im Thürrahmen, und — jetzt klärt sich ihm die Situation — seine Katze mitten im Zimmer im fürchter lichen Pfotengemenge mit einem großen, schwarzen Pudel! „Dec Köter!" ruft er nun außer sich, „wer hat denn den gräßlichen Hund . . ." „Nein! Die Katze ist's ja!" schreit Steffi händeringend dazwischen. „Sie kratzt ven armen Hund todt! Bitte, bitte, bringen Sir die Beiden auseinander!" Ein energischer Ruck — und Plötz hat die Katze am Kragen, zugleich ergreift Steffi den Pudel am Halsband, ihn krampfhaft festhaliend. „Das ... das war ja grauenhaft", meint sie nach einer kleinen Pause, tief Athcm schöpfend. „Wem nur die gräßliche Katze gehören mag?" „Mir! Aber die bösartige Creatur da . . . ." „Ist mein Hund!" Tableau! Jeder sein unruhig zerrendes Eigenthum im Arm, starren sie einander verblüfft an. „Ich ... ich denke, Sie können keine Katzen leiden, Herr Plötz?" faßt sich die Kleine zuerst. „Ach, das . . . das war früher! Aber Sie . . ." Ungläubig deutet er auf den noch immer heftig knurrenden Pudel. Dunkle Röthe überfliegt ihr Gesichtchen. „Ja — Pudel! Gerade Pudel hab' ich immer gern ge mocht. Weil sie so klug sind!" „So!" meint er verstehend. „Wenn sich die Beiden aber nun nicht vertragen ... wie wir zwei Beide zum Beispiel, Fräulein Steffi?" „Oh, sie müssen sich eben — aneinander gewöhnen!" Er sieht ein Lächeln um ihre Lippen zucken, ein liebes, Alles verrathendes Lächeln . . . „Steffi!" Im nächsten Moment hat er die verdutzte Katze zur nächsten Thür hinausbefördert und diese geschloffen. Dann reißt er die halb abgewandt stehende Kleine stürmisch ans Herz. „Steffi . . . kleine, herzallerliebste Steffi, mein Wort darauf, sie sollen sich aneinander gewöhnen! " Ob sie's wirklich thaten? . . . Pensionsgenossen, die drei Jahre später Herrn Opernsänger Plötz und seine reizende Frau Steffi besuchten, erklärten be geistert, es herrsche ein wahrhaft paradiesischer Frieden im Heim des jungen Paares — sogar Katze und Hund fräßen bc: ihnen aus einem Napfe.
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