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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980927010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898092701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898092701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-27
- Monat1898-09
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Der neue Entwurf der Novelle soll, wir die officiöse „Deutsche Verkehrszeitung" vor Kurzem mittheilte, mit der früheren Vorlage üdereinstimmen, im Uebrigen aber auch Be stimmungen über eine Entschädigung der Privatpostanstalten enthalten. Er faßt demnach wiederum in» Auge: 1) das Maximalgewicht für den einfachen Brief auf 20 « M erhöhen, 2) den Reichskanzler zu ermächtigen, den Geltungsbereich der Ortstaxe auf Nachbarort« auszudehnen, die durch den Verkehr eng verbunden sind, und 3) den Postzwang, betreffend oie Beförderung geschlossener Briefe, auch auf Briefe anzuwenden, die innerhalb ihres mit einer Postanstalt versehenen Ursprungs ortes verbleiben. Wir wollen den einzelnen Puncten näher treten und dabei auch auf die Motive zum alten Entwurf und auf die Er läuterungen und Ausführungen, welche der StaatSsecretair des Reichspostamts im Reichstage bezw. bei den Commissions- berathungen gegeben hat, zurückgehen. Bis zum 1, Januar 1872 galt als Ge wichtsgrenze für den einfachen Brief das Zollloth, welches genau dem Gewichte von 16»/» g entspricht. Die Aenderung dieses Verhältnisses wurde durch die an jenem Tage erfolgte Einführung der neuen Maß- und Gewichtsordnung bedingt. Das Postgesetz vom 28. Oktober 1871 grenzte die Briefgewichtsstufe auf 16 g ab. Diese Ab grenzung stieß im Reichstage auf keine besonderen Bedenken; man erklärte sich davon überzeugt, daß das Publicum sich schon einrichten werde. Die Motive zu der Novelle sagen nun dem entgegen, die Erfahrung habe bewiesen, daß die Zurück schiebung der Gewichtsgrenze um 1»/» g vom Publicum aller Claflen und Erwerbszweigr als eine Erschwerung des Brief verkehrs empfunden werde. Wir bestätigen diese Behauptung gern und begrüßen die in Aussicht genommen» Erhöhung der fraglichen Gewlchtsstufe auf 20 mit Freude. Wichtiger und einschneidender als diese Maßnahme erscheint uns aber die Ausdehnung des Geltungsbereiches der Ortsbrieftaxe auf Nachbarorte, welche durch den Verkehr eng verbunden sind, Vor dem Erlaß des Posttaxgesetzes vom 24. October 1867 bestanden im Norddeutschen Bunde noch mehrstufige Briefporto sätze. In Preußen war der dreistufige Portosatz ohne Zuschlag für unfrankirte Briefe geltend. In Mecklenburg-Schwerin galten drei Portosätze für Entfernungen von 6, 10 und über 10 Meilen (7j Pfg" 1« Sgr., 22j Pfg.). Im Thurn- und Taxis'schrn Gebiete wurde für Entfernungen bis zu 6 Meilen ein Satz von j Sgr., bis 15 Meilen von 1 Sgr., bis 36 -Meilen von 2 Sgr. und über 30 Meilen von 3 Sgr. durchschnittlich erhoben. Im Königreich Sachsen bestand für Entfernungen unter 5 Meilen ein Portosatz von j Sgr. und für Entfernungen über 5 Meilen der Portosatz von 1 Sgr. Die Einführung des Einheitssatzes von 1 Sgr. mußte unter den obwaltenden Umständen mancher- seits schwer empfunden werden, und es war daher erklärlich, oaß bei Berathung des angeführten Gesetzes entschiedene Opposition gegen sie gemacht wurde. Dabei kam auch die Ansicht zum Ausdruck, daß es wünschenswerth sei, überhaupt als EinheitLsatznichtlSgr., sonderns Sgr., min- destens aber H Sgr. für Entfernungen bis zu 5 Meilen fr st zusetzen. Hiergegen erklärte der Bundes- commisiar Generalpostdirector von Philippsborn, daß es nicht thunlich sei, neben dem Porto von 1 Sgr. für den Brief auf jede Entfernung noch «in Porto zu geringerem Betrage auf die mäßigeren Entfernungen vorzuschlagen, nicht thunlich aus finan ziellen Rücksichten und um der Postverwaltung unter allen Um ständen reichliche Mittel zu erhalten, damit sie ihre Einrichtungen entwickeln könne. Bei der Berathung des Posttaxgesetzes vom 28. October 1871 wurde die Frage wegen Einführung des Halbgroschenportos wieder zur Sprache gebracht und insbesondere hervorgehoben, daß in Sachsen der Einheitssatz von 1 Gr. als eine schwer- Belastung des kleinen Verkehrs empfunden werde. Interessant war die Aeußerung des Generalpostdirectors Stephan. Er wirs darauf hin, daß der Wunsch nach der Festsetzung eines Etnhalbgroschenportos für kleinere Entfernungen wohl noch lange nicht werde befriedigt werden können; der Moment dafür werde erst dann eingetreten sein, wenn die Postverwaltung in die glück liche Lage komme, ein Einheitsporto von über- haüpteinemhalbenGroschenherzu st eilen. Die Wiedereinführung von mehrstufigen Briefportosätzen würde einen erheblichen Rückschritt bedeuten. Durch die Ausdehnung des Geltungsbereiches der Ortsbricf- tare auf Nachbarorte würde nun das starre Princip der Porto- einheitSsatzes durchbrochen, den s. Z. bei Berathung der Taxgesetze geäußerten Wünschen, wenn auch nur in beschränktem Maße, Rechnung getragen werden. Die Motive zur Postgesetznovelle weisen darauf hin, daß in denjenigen Fallen, in welchen der Bestcllbezirk einer Post anstalt Theile eines angrenzenden Postortes mit umfaßt, die Ortstaxe nach den Vorschriften der Postordnung (8 38) zwar auf den Verkehr zwischen dem Orte der bestellenden Postanstalt und jenen benachbarten Ortstheilen angewendet werde, nicht aber auch auf den Verkehr zwischen den letzteren und dem übrigen Theile des eigenen Ortes. Für diesen Verkehr komme vielmehr auf Grund des Posttaxgesetzes vom 28. Oktober 1871 das volle Porto (die Ferntaxe) zur Erhebung. Es bestehe somit das eigenthümliche Verhältniß, daß innerhalb eines und des selben Ortes für den Briefverkehr der Einwohner unter einander zwei verschiedene Taxen — die Orts- und die Ferntaxe — Anwendung finden und daß zugleich ein Theil der Einwohner für den Verkehr mit dem ganzen Gebiete des Nachbarpostorte» i die Ortstaxe genießt. Nun, wir stimmen mit der Postverwaltung I darin überein, daß das fragliche Verhältniß ein eigenthümliche» I ist; aber wir können nicht umhin, unsere Verwunderung darüber auszusprechen, wie überhaupt dieses eigenthümliche Verhältniß von der Postverwaltung hat geschaffen bezw. aufrecht erhalten werde» können. Unseres Erachtens steht nämlich die betreffende Bestimmung der Postordnung im Widerspruch mit dem Post gesetze. Letzteres sagt im § 50 unter 7, daß die Postordnung zu enthalten habe „Anordnungen über die Gebühren für Bestellung der Stadtbriefe". Es kann nun aber gar kein Zweifel sein, daß unter Stadt briefen (Ortsbriefen) im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung d i e Briefe zu verstehen sind, welche bei der Postanstalt am Orte aufgeliefert werden und für Einwohner dieses Ortes bestimmt sind. Wenn daher die Postordnung die fragliche Gebühr statt für Orts briefe für Briefe an Einwohner im Ortsbestell- bezirke des Aufgabeorts festsetzt, so wendet sie jene gesetzliche Bestimmung falsch an, und es erübrigt daher, hier Remedur ein treten zu lassen. Die Motive erklären weiter, daß die angestellten Ermittelun gen und Erwägungen es wünschenswerth machten, daß die Orts taxe nicht nur für die zusammenhängenden Postorte, sondern auch für diejenigen Nachbarpostorte eingeführt werde, welche über haupt so nahe bei einander liegen und in so engen wirthschaft- lichcn Beziehungen stehen, daß sie als ein einheitlicher Verkehrsbezirk angesehen werden können. Hier ist zu bemerken, daß die Motive die Bestimmung des Gesetzentwurfs einzu schränken suchen. Denn letzterer spricht von Nachbarorten, welche durch den Verkehr eng verbunden sind, verlangt also nicht, daß sie auch als ein einheitlicher Verkehrs bezirk erscheinen. Hier herrscht mindestens Unklarheit, welche zu beseitigen sein möchte. Im Urbrigen stimmen wir mit der Postverwaltung darin überein, daß es gerechtfertigt erscheint, für den Naheoerkehr ein mäßigeres Porto einzuführen, und ferner halten wir eS bei der Mannigfaltigkeit und den häufigen Verschiebungen der in Be tracht kommenden Verhältnisse für zweckmäßig, die Regelung jm ''-rordnungswegr durchzuführen. Allerdings läßt sich die Be fürchtung nicht von der Hand weisen, daß die Postverwaltung dabei mit vielen Berufungen und unberechtigten Ansprüchen zu kämpfen haben wird. Auf der anderen Seite erscheint aber di« Hoffnung nicht unberechtigt, daß sich die Maßnahme im Laufe der Zeit zu einer allgemeinen Herabsetzung des Portos für Briefe auswachsen werde, was in der That einen erheblichen Fortschritt bedeuten würde. Erhöhung des Maximalgewichtes für den ein fachen Brief und die Ausdehnung der Ortstax« auf den Nahverkehr, das also sind die ersten Gaben, die uns der Nachfolger des großen Stephan von Neuem auf den Tisch setzen wird. Und als Gegengeschenk wird wiederum di; Ausdehnung des Postzwanges auf Ortsbriefe verlangt werden, Kein Zweifel, diese Erweiterung des Postregals erscheint als eine wirthschaftliche Maßnahme von großer Bedeutung, deren gründliche Prüfung um so nothwendiger ist, als sie die Freiheit der Privatthätigkeit beträchtlich unterbindet und wohlerworbene Rechte bedenklich tangirt. Die Gesichtspunkte, welche sür diese Prüfung in Betracht kommen, sind im Wesentlichen dieselben, von denen der ganze Postzwang beherrscht wird. Es dürfte daher von Interesse sein, auch einen Rückblick auf die Verhandlungen zu werfen, welche bei Berathung der Postgesetze Uber den fraglichen Punct gepflogen worden sind, und den Standpunct zu beleuchten, den s. Z. die Regierung dazu eingenommen hat. Deutsches Reich. * Leipzig, 26. September, Die Quelle, aus der die Meldungen der „Kölnischen Zeitung" und der „Neuen Freien Presse", der Leipziger Universität sei der literarische Nachlaß des Fürsten Bismarck vergebens angeboten worden, stammen, ist gefunden: cs Ist der „ V o g t l ä n d i s ch e Anzeiger", in dem ein Herr W o l f v. Metzsch - Schil - bach am Schlüsse eines „Giebt es Bismarck-Memoiren?" über schriebenen Artiksls das Folgende schreibt: ^Ein Memoirenwcrk Birmarck's eriftirt also bis aus di« ge ring«» Fragment«, »je mit Bucher s Hilfe entstanden find, nicht; wohl aber stehen in Friedrtchsruh einige fünfzig Kisten mit Acten und bibliothekarischem Material, uns diese find vor noch gar nicht langer Zeit der Leipziger Universität als Geschenk angeboten worden. Gräfin Arnim und Or. khrysauver waren es j» erster Linie, welche dieserhalb nach Leipzig hi« in Verbindung traten. Ausschlaggebend für Bismarck und sein« Familie zur Wahl der Universität Leipzig als Ort, wo die BiSmarck-Menioiren-Eibliothek ihren Litz erhalten sollte, war bi« Erwägung, daß Bismarck s Mutter bekanntlich einer Leipziger Geichrtensaupili« entstammt«. Auch Horst Kohl war Po» Friedrichsruh aus als Kurator der Lammluirg in Aussicht ge nommen worden. Es war erklärlich, daß der bekannte Professor der Geschichte zu Leipzig, Lamprecht, mit Wärme für diese der Uurversität so überaus wertvolle Stiftung eintrat. Gräfin Arnim hatte noch KLervfes eine wesentliche Erweiterung des Material? in Aussicht gestellt, indem sie dafür thätjg sein wollt«, patz der ge- sammte aitpreutzische Adel Kopien der zahlreickxn Originalbriesc, die i» seinem Besitz find, nach Leipzig einscndte, AlleWegc waren bereits geebyet, als Plötzlich von hoher Geile Wei l'ungeneintxasen,denen zufolgedttPlS»« nicht virwirklicht werden kannten. Laß hierüber iu gelehr te» Kressen ein großes Bedaneru herrscht, darf man erklärlich ftn- st>e«, zumal Horst Kohl der Ansicht ist, datz in dem angebotenen *) Markstein«, Reu«» Festbüchlei» de« Rauh«» Hous«« 1833—1898. D«n Hau-gexossen na» Freunden der Anstalt über, nicht von I. Wichern, vr theol 2. wesentlich vernretzet« Unsiag, mit 48 Illustration«». 1898. Verlag der Agentur de« Rauhen Haus«» iu Horn bei Hamburg. Zustimmung angenommen wurden. Hunderte boteu sofort die Hand und bald waren glle Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt. Am 1. November zog Wichern mit feiner Mutter in das „Raube Haus", dessen Einweihung still und geräuschlos erfolgte, ein upd nahm gleich darauf, qm 8. No vember, die erste» Knabe» zu sich. Bis zu», Ende des Jahres 1833 traten 12 Knaben «in, mehr konnte dqs alte Rauhe HauS nicht fasse». Weilfaber viel« Eltern und Linderfreunde anklopften und um Aufnahme sür ihre Linder baten, so mußt« bereits im nächsten Jahr« ei» neues Häuschen gebaut werden, das sogenannte Schweizerhaus (jetzt Druckerei), und so wuchs und weitete sich im Laufe der Jahre, ähnlich wie es bei den Francke'schen Waisenhaus-Stiftungen in Halle der Fall war, die alte Hütte aus zu einem ganzen großen Complex einfacher, aber würdiger und in ihrer Art stattlicher Bauten, welche in ihrer Gesammtheit den Namen Raubes Haus beibehieltcn. Wichern'S Anstatt, welche sür viele ähnlich« Institute in Deutschland, Frankreich, England, Holland re. vorbildlich wurde, umfaßt jetzt «i» Rettungshaus für siltlicb ver wahrloste Linder, «in Pensionat für Linder höherer Stände und eine Bildungsaostalt für Solche, welche sich dem Schulamt« oder einem Amt in Eorrxctivns-, Stxaf- und Kraukenanstalten im Sinne der Inneren Mission widmen Wolle», auch eine Buchdrucker«, Buchbinderei und Buchhand lung, Die Linder sind i» Familie» getheilt, van denen jede zwölf Kinder umfaßt und unter Leitung und Aussicht eines jungen Handwerker» steht. Obre Wartung und Pflege ist Gehilfen anvertraut, die am Unterricht in der Anstalt tkeil- oehmen, um sich für di« Wirksamkeit an andexen Anstallen im Dieusic der Inneren Mission vorzubilden. Ein« zur Aus- bilduag juuger Männer für da» Vorsteher- und Oberauf- seberanit in anderen ähnlichen Anstalten 1845 ins Leben ge rufene Bruderanstalt hat man ueuerdiugS als einen vollkommen orgauisirten Orden (eine Brüderschaft) nackzuweiseu gesucht. Public«stisch«S Organ des Rauhen Hause« sind die seit 188 t erscheinenden „Fliegenden Blätter", Wichern selbst unternabm Reisen durch alle Theile Deutschland» »ud förderte hei diese« Gelegenheiten di« Be gründung pon Anstalten und Gesellschaften aller Art zur Erziehung, Kraukeu-, Armem und Gesaiigeuenpftege, überall mit veu Erfahrungen, welche er »n seinem Rauhe« Hause ge wacht, Fingerzeige gebend nnd die Wege bahnend. So er schien ex auch uu Jahr« 1848, dem wildbrwegte« Revo- lutionsjabr, in Wittenberg, wo der Gründer de» Rauhen Hause« znm Begründer der Innern Missuw wurde, und so schwebt« über den Theiluehiuern am 50. Iuheffeste der Mission, da« ahermals an der Stätte de» Wirtens Martin Luther'» ^feiert wurde, der Geist Wichern », das Bild deS Rauhen Hause«. — Feuilleton. Das Rauhe Haus. Als in den letzte« Tagen im altberühmten Witteuberg, an den Gräbern der großen deutschen Reformatoren Luther, Melanchtbon und Buggendagen das fünfzigste Jubelfest der Inneren Mission begangen wurde, da ist unter den Tausenden, die dort zusammenkamen, um aus dem erhebenden Rückblick auf das Werk eine« halben Jahrhunderts neue Begeisterung zu neuem Wirken im Dienste erbarmender Menschenliebe zu schöpfen, der Name des »Rauben Hause»" wohl ungezählte Male genannt worden. Rauhes HauSl Eine sonderbare Bezeichnung, deren Etymologie wohl nicht alle» bekannt ist, die sich ihrer bediene», unbekaynt auch Biele», die Be scheid wisse» über die Entstehung und Bedeutung der W«lt- oekannten unter diesem Namen begriffenen Hamburger An stalten, und schon davon gebürt uud gelesen baben, daß ohne die reiche Erfahrung uqd Vorarbeit -es Begründers dieses In stituts, des ehrwürdige» unermüdliche» Johann Heinrich Wickern wohl kaum der 23. September deS Jahres 18-8 al« Gründungstag per Inneren Mission zu verzeichnen wäre, der Tag, an welchem auf bk» Wittenberger Kixcheutage nach dem begeisternden, hinreißenden Appell Wichern'S in der Kirche Lutber's die Bildung de» tzfentral-AuSsckusseS für Innere Mission unter dem Vorsitz vyz» vr, p, Bcthmann - Hollweg und Wichern erfolgte. Rauhe« Haus. W«S hat eS damit für eine Brwaudtuiß? Al» io den erste« Jahrzehnten nach den großen Freiheits kriegen der Frühling-Hauch «,««s neuen Leben« unser Bater- lanv durchwebte, «ls die glaubenSinuig« und glaubensstarke Predigt de- aste», pielfsck Vergessenen Evangelium« allent halben wieder -rößer und größer peerdeude Scharren um sich sammelt«, da regten sich >u erfreuliche«, Verheißung»- vollen, Drang zum Lichte die Keime der mannigsaitigen christliche» Liebeswerke, di» wir jetzt jibexali in deutsche» Landen und weit darüber binqu- blühen und Frücht« trage« sehen. Au« dem Streben jener jugendfrischen Zeit ist das Rauhe Haus erstanden. In Hamburg bildete sich damals ein Freundeskreis, dessen Seele der Canbidgt de» Theologie Johann Hinrich Wickern war. Diese ernstgestimnfterz Jünglinge und jungen Männer begründeten einen „Besuch-Verein", welcher sich die Aufgabe stellte,Arm», Krank« und Nothleidend« aller Art aufzusuchep, nm sie zu unterstütz««, ihnen zu Helsen und gleichseitig, Mg- »an beut» Innere Mission treiben nenn«, st« religio» auzuregen, sie sür die HritSwahrheiten und Ideale de- Ehristentbum- zn gewmnen oder wieder zu gewinnen. In einer dieser Versammlungen wurde der Gedankt laut, fri dringend nöthiß, für Hamburg eiu» Anstalt zu gründen, i« welcher Elter», dl« «- nicht selbst peemüchte», ihren Linder» eine sorgfältige christliche Erziehung bieten könnten. Dieser Plan fand bald ungesuckte, fast wunderbare Er- muthigung. Ein der Sache ziemlich Fernstehender schenkte Wert begann. In der vorerwähnten Schrift wird zum ersten Male der Nachweis erbracht, daß nie ei» Rüge — so sollte der Mann geheißen haben — Besitzer jenes Häuschens ge wesen ist, auch hat kein Bewohner desselben NameuS Rüge trotz der eingehendsten Nachforschungen bi« jetzt entdeckt werden könne». Es bleibt darnach — wir folgen der Darstellung der instruktiven Festschrift deS Sohnes Wichexn's*) — nur die Möglichkeit einer etbymologischeu Deutung bestehen, um so mehr, als die Form, in welcher der Name zuerst auflritt, Rugebaus, Rugeuhau« (ni« Rüge'« Haus) aus das niederdeutsche Wort ruh, rauh zurückruführen ist. Es giebt unzählig« Dörfer, Eiuödeu, Höfe, auch Häuser iu Nieder deutschland, dereu Name sich mit Rüge, Rauh rc. zusammen gesetzt findet. Das niederdeutsche rub, rauh findet sich ferner nicht selten auch in Flurnameu in der Bedeutung „bewaldet", wie Professor vr. Rohde in seiner Schrift über die Ortsnamen des Amtes Ritzebüttel bemerkt bat. Pa« alte Rauhe Haus war einst ganz von uralte« Bäume« besckattet, di« zum Theil noch erhalten sind, auch lag eS in ältester Zeit völlig einsam uud war da nur vo« kahle« Haiden umgeben, und »och dazu auf einem Höhenzuge gelegen, unmittelbar den raube» Winken ausgesetzt. Da« Rauhe Haus stand bereits im Jahre 1745, also vor nuninehr 153 Jahren. 1786 er schien zum ersten Mal« dex Name Rugenhau«, also 47 Jahr« vor Gründung des Instituts, 1816 zurrst die Form „raube« HauS", also 17 Jahre vor dem Einzüge Wichern'S, 1836, also 3 Jahre nach Begründung der Anstalt, die Schreibweise „Rauhe« HauS*. Es kann also gar keine Red« davon sein, daß da« HauS uud Institut etwa »ach den Principien der in demselben geübten Lehr- und Erziehungsmethode, als sei es «ine harte, rauhe, spartanisch« gewesen und sei es noch, getauft worden sind. Wichern kam also, wie Sievekiog ibm geschrieben batte, um selbst nachzusehen, und was sah er? Eine verfallene Bauernhütte, die bis dahin nur einem Gärtner als nolb- dürftiges Obdach gedient hatte. Alle»» vor Wichern'S Geist erblühte aus dem Verfall neues Leben, und er sah schon da mals vorauSschauend die weitverzweigten Aeste deS Baume«, zu dem er eben den Keim zu pflanzen bereit war. Inzwischen batten ia auch die Verhandlungen wegen detz mehrfach erwähnten Legate« die glücklichste Wendung ge, nonimen. Und »UN war die Geburtestun de der Schöpfung Wichern'S gekommen: der 12. September wurde der Stift tungStag de« Rauben Hause«; in der Börsenhall« i» Hani, bürg fand «ine öffentlich« Versammlung stak«, in welcher di« vo» Wichern entworfenen Vorschläge zur Errichtung einer Anstalt vorgtlegt, berathen und mit allgemeiner freudiger hundert Thaler und Senator Hodtwalker stellte aus einem, von ihm verwalteten, sür wohlthätige Zwecke bestimmten Legat« eine namhafte Summe zur Verfügung. Sogar eine Anzahl christlicher Dienstmädchen that sich zusammen, ihr Scherflein beizusteuern, und ein armer Schuhmachergeselle überbrachte Wichern seine» gefüllten Spartopf für daS Liebeswerk. Doch gerade während schon Alles den günstigsten Erfolg versprach, wurde die Zuversicht der Freude des Unternehmens uvch auf eiop harte Probe gestellt. Jenes Legat schien der zu gründenden Anstalt verloren gehen zu sollen, und alle Venucke, einen für den Humanitären Zweck geeignete« HauS nebst Garte« zu finden, führten auf unvorhergesehen« Schwierig keiten. D» klopfte, — es war am 27. April 1853 — ein Diener an Pi« Tbür des Candivaten Wichern und überbrachte ihm einen Brief von der Hand des ShudiouS vr. Sieveking, dessen Gattin, Amalie Sieveking, durck Frömmigkeit und ge- mriunützige» Siu» ausgezeickuet, iu hohem Grade anregend auf Wicheru gewirkt batte. Sieveking schrieb, er besitze in Horn, ei»«Nl Dorfe bei Hamburg, ein Haus, welches sich in viel facher Beziehung für den ins Auge gcfaßleo Zweck eigne. E« sei zwar klein, aber für den Anfang ausreichend. Unter einem Strohdach habe eS einige Zimmer^ daueben liege ei» tiefer Brunne», beschattet vo» der schönsten Kastanie der ganze» Gegeftd; eiu Garten, ein Fischteich und Anderes ge- börseu auch dazu, Es trage seit Menschengedenkcn den Rsme» «daS Rauhe Hau«". Wichern möge selbst kommen und sehen. E« war a» diesem 27. April, als Wichern zu« ersten Male den Namen „Raubes HauS" hörte. Wie er selber über diese Benennung anfangs erstaunt gewesen sein mag, so bat sie seit Ighrziehntr« viel Anlaß zu Diskussionen ge geben und in Kreisen, denen daS Institut sonst fremd ist, vielfach Vorurtheile erzeugt. Daß der Name der Anstalt, di« sich von jeher deS all« gemeinen Vertrauens, namentlich auch von Seiten per Lehrer welt, hat erfreuen dürfen, mit dem Eharakter und den er ziehlich«» Einrichtungen derselbe» absolut nicht« zu thun hat, ist schon unzählige Male ausgesprochen worden. Da« beweist iu überzeugender Weise auch ein« 1897 erschieyeue kleine Schrift, Pie auf Grund eingehender Nachforschungen, welche Tenqt-srcmaix vr. Hagedorn im hamburgisch«» Staatt- arckiv hat anstellen lassen, und di« auf Grund ethhmologisckrr Untersuchungen über die Entstehung deS NameuS Aufschluß zu ^ben »ersucht. In letzterer Hinsicht sind zwei aus dem Eorrespondenzblatt beS Verein« für niederdeutsche Sprach forschung wiedergegebene Aufsätze von vr. Walther (Ham burg) und Archivar 0r. Kovpmanu (Rostock), sowie eiu« Abhandlung Professor vr. Rohde'« (Cuxhqven) besonders beachtenSwerth. Seit Jahrzehnte»! hatte sich di« Traditio» ,«bildet, der Name de« Rauhen Hause» bange mit dem Erbauer, resp. dem ersten Bewohner jener kleinen strohgedeckten Hütte Zu sammen, in welcher Doctor Wichern vor 65 Jahren sein
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