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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980924020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898092402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898092402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-24
- Monat1898-09
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Die Vretzf«»-Aff«1re hat ein neue», diesmal schuldlose«I Müßte die Kongoacte eine wesentliche Aeuderuug erfahren, Opfer gefordert. Man meldet auS: I deren hieraufbrzügliche Bestimmungen seiner Zeit von seiner * Part», 24. September. (Telegramm.) Gestern Nach-1 Excellenz Freiherrn von Marschall, ehemaligem Staats- mittag begab sich Frau Paulmier, die Gemahlin des Deputirten I s«retair des Auswärtigen Amtes m.t Entschiedenheit ver- für das Departement kalvado», nach dem Bureau de» Blatte. La N'f^s Ltz^^L U-^ürden unftre^tter- Lanterne und verlangte Mill-rand zu sprechen. Da dieser nicht f^jgcn ^cht, welche ein bedeutendes militairisck-S Con- zugegen mar, ging der ReLacteur Oliv.er zu Frau Paulm,er, die I st-ll-n kann, das Gleichgewicht in Südafrika aushebt, aus den Eintretenden zwei Revo lversch üsse abgab. Olivier, I pj- Bildung eines großen angelsächsischen Reichs ermöglicht der in den Unterleib getrosten war, wurde in das Hospital I und damit die Existenz nuferer eigenen Colonien in Zukunft geschasst; mau zweisrlt an seinem Auskommen. Frau Paul-1 außerordentlich bedroht, heben wir als letztes und schwerstes mier gab an, sie habe Millerand tödten wollen wegen I Bedenken abschließend hervor. Zn die Frage der „Compen- eineS gestern in der „Lanterne" erschienenen Artikel» über einen > saNonen" vermögen wir emgehend erst dann einzutreten, Brief Paulmirr's, in dem dieser verlangt, daß der Kriegsminister I Erste und glaubhafte Mittheilungen nach leser . . I Richtung vorlieqeu. Wir müssen jedoch schon heute betonen, den durch Li. DreI cines besiedluugSfähigen und von auf die Armee Einhalt thue. Sie betrachte diesen Artikel als sur I Weißen niederdeutschen BluteS bereits besiedelten Land- ihren Gemahl und sich beleidigend. - Der Verfasser Les Artikels I stricht keine Compensalion in den überhaupt iu Betracht in der „Lanterne" war nicht Olivier, sondern rin Journalist, Namens I kommenden afrikanischen, sämmtlich tropischen Gebieten ge- Turot. Der Artikel war ein Entrefilet mit beleidigenden Angaben I funden werden kann. über das Privatleben Paulmier's. I e- 23. September. Die beiden in Berlin er- Die unselige Thal der Frau Paulmier ist charakteristisch für I scheinenden Anarchistenblätter beschäftigen sich fort- dic Verfassung, in der sich die französische Republik zur Zeit I gesetzt mit der Ermordung der Kaiserin von befindet, sie zeigt einmal, wie der Kampf um das Recht sich zu I O e st e r r e i ch. Der „Sociali st" sagt in seiner soeben er- einem Kampf aus Leben und Tod zwischen Militair- und I schienenen Nummer von dem Mörder: „Und doch ist Luccheni Civilgewalt zuspitzt, und sie zeigt ferner, wie weit schon die I der u n g l U cl l i ch st e aller Attentäter. So viel ist zwar Erregung der Gemüther in Paris gediehen ist. Es herrscht I sicher: er glaubt zweifellos noch, daß er mit seinem Dolchstoß dort eine beklemmende Atmosphäre, wie vor der Entladung I ein Hinderniß seines, vielleicht unseres Ideals aus dem Wege elektrischer Spannungen, und es hat den Anschein, daß I geräumt — und wer menschlich fühlt, wird wünschen, daß er die Revolverschüsse, welche die Frau des Deputaten l diesen Glauben nie verliere —, aber unglücklich ist Lurchen, auf den Nedacteur Olivier abgab, nicht vereinzelt bleiben I im Erfolg: er hat das Gegentheil von Dem erreicht, was er werden. Sollte», was von verschicdeneu Seiten verlangtigewollt. Denn an dem Leben oder Nichtleben der Kaiserin wird, die Kammern einberufen werden, so könnte man sich I kann ihm nichts gelegen Haden, so wenig wie an dem des auf gefährliche Zwischenfälle gefaßt machen. Ministerpräsident l Herzogs von Orleans, dem der Dolchstoß zuerst zugedacht war. Brisson ist deshalb auch, wie verlautet, gegen dielEr wollte dem Volke, seinen Leidens- Berufung; er ist der Meinung, die Angelegenheit der »geführten, ein Kampfmittel gegen die Revision sei lediglich Sache der Regierung und Admiral I L y r a n n e i vor führen; und er hat mehr als je ein Steveilvre richtete an den früheren Colonialminister I Anderer, mehr als Ausnahmegesetze und Henkersarbeit dazu Deputaten Guicysse, der sich gegen die Einberufung der I gethan, daß das Volk diese Kampfmittel verabscheut. Welches Kammer anläßlich der Revisionsfrage ausgesprochen bat, ein I der zwei Opfer, die das Ereigniß forderte, ist das unglücklichere? Zustimmunzsschreiben, in dem er erklärt, jetzt, wo ein Theil > Die Kaiserin, welche schmerzlos stirbt, ohne zu ahnen, daß ein der Presse an die Gewaltthätigkeit und an den Staats-1 Attentat gegen sie verübt ist? — oder Luccheni, der einen eat- streich zu appelliren wage, sei der CassationShof allein I schlichen Jrrthum mit entsetzlicher Einkerkerung bis an sein berufen, Frankreich auS dem unglückseligen Wirrsal heraus-1 Lebensende büßen muß?" — Der „Arme Konra d", das zuführen; ausschließlich Sache des CassationShofes sei e?, I jüngste der anarchistischen Preßorganc, ereifert sich über die über die Revision Beschluß zu fassen. Der gegenwärtige I Ausweisungen: „Allerorts hat eine wüthcnde Hetze begonnen", Stand der Revisionssache erhellt ans folgender Mittheilung: I schreibt das Blatt, „gegen Alle, die sich Anarchisten nennen. * Paris, 24. September. (Telegramm.) Die l e tz t e! Abgesehen von der Schweiz, deren feige Spießbürgerregierung Sitzung der Commission in der Angelegenheit der Revision des I Mnz aus dem Häuschen gerdthen ist und verhaftet, was ihr Protestes Drrysus, die gestern Abend abqehalten werden sollte, I ""ter die Finger kommt, geht die Anarchtstenverfolgung auch wurde auf Sonnabend Vormittag verschoben. Die Anträge °nderwarts los In Pest sind-.n- A^ - r. r. n- -kc- . - an . I worden, darunter der bekannte Theoretiker des Anarchismus sind jedoch bereits f-stgest-llt Die Comm.sswn wird Eugen Heinrich Schmitt, der niemals der Gewalt oder laut des Gutachtens endgiltig sestsetzen und dem Justijniin.ster I politischen Morde das Wort geredet hat. So sinnlose Ge- übermitteln. In ministeriellen Kreisen wird geglaubt, die Commission l waltmaßregeln der Regierungen werden unserer Sache mehr werde sich der Revision geneigt zeigen. I nützen als schaden." Oberst Picguart ist gestern nicht verhört worden. I — Zum festlichen Empfange Sr. Majestät des Kaisers Labor, erschien zweimal ,m Gefängmß Cherche-Midr, um I sind auf Befehl des Sultans auch in Beirut und Damaskus rhn zu sehen, man antwortete ihm jedoch, Piequart sei im I besondere Festausschüsse gebildet worden, die schon jetzt in engeren Gewahrsam (!) und d,e Erlaubmß, ihn zu sehen, I voller Thätigkeit sind. In Damaskus wird der Kaiser im werde erst ertheilt werden, wenn seme Versetzung m den I Palais des Gouverneurs wohnen. Die deutsche evangelische Anklagezustand ungeordnet worden sei. I Gemeinde in Jerusalem wird, der „Nordd. Allg. Ztg." zu- —_ I folge, dem Kaiser bei seinem Besuche in der heiligen Stadt keine Bibel widmen. Diese ist in der württembergischeu I Bibelanstalt in Stuttgart sertiggestellt worden und das erste I Exemplar einer ganz neuen, von der Bibelanstalt ver- * Berlin, 23. September. Der Alldeutsche Verband I austaltete» Ausgabe. hat nunmehr in Verfolg des Münchener Beschlusses eine I — Die Berathungen des BundeSratheS werden in motivirte Eingabe an den Reichskanzler gerichtet, welche I den nächsten Tagen wieder ausgenommen werden ; es soll ihm zu dem Schluß kommt: I der „Kreuz-Ztg." zufolge zunächst der Reichsvcrsicherungs- „Wir müssen auf das Entschiedenste gegen jede Minderung des I gesetzeutwurf und der Entwurf einer neuen SeemannSordnung deutschen Einflusses in der Delagoabucht uns auSsprechen und I Zugeheu. richten an Ew. Durchlaucht das ehrerbietige Ersuchen, jeder dahin-1 — Die „Altonaer Nachrichten" hatten gemeldet, daß die zielenden britischen Politik al» mit den Interessen und der Ehre I Viehsperre gegenDänemark aufgehoben sei. Auf de» deutschen Volkes unvereinbar schärfsten» entgegen zu treten". I Erkundigung an zust^Liger Stelle erfahrt die „Deutsche In der Begründung wird auSgeführt: Die Bedeutung TAztg."^^ der Bucht liegt weniger in dem Werthe der portugiesischen I Deutschland eme verfugt Besitzung an sich, als m deren Eigenschaft als Vorlanv und! geplant se.. V,elle,cht siege eme Verwechselung ,uso unentbehrliche! Luftcanal für di- südafrikanische Republik und »«,. v°r, als m Dänemark d.e Aufhebung der Grenzsperre den Oranje-Freistaat. Beide Staaten sind wirthschaftlich und I verfugt oder geplant sei. politisch vollkommen von Großbritannien abhängig, falls! — DaS Reichspostamt hat den Contract mit der ihnen dieser letzte freie Zugang zum Ocean und zum Völker-1 Rhederei Zebsen-Apenrade betreffend die Uebernahme verkehr verschlossen wird. Ein Preisgeben der Delagoabucht I der Postverbindung zwischen Shanghai-Kiautschau-Tientsin und der Boeren wird unsere ReibuugSfläche mit Groß-1 auf weitere zwei Jahre verlängert. Künftig werden zwei britannien nicht verkleinern, sondern vergrößern. Bis jetzt I Postdampfer verkehren. bilde» die Boeren die Hemmung und auf sie fällt der I — Der Cultusminister und der Minister des Innern britische Druck. Zukünftig wäre Deutschland der Wall, der I haherr den Oberpräsidenten und Regierungspräsidenten einen sich zwischen dem Nilgebiet und dem brisischen Südafrika I Erlaß zugestellt, der sich aus die Ausstellung von Denk- erhebt. Die derzeitige Dankbarkeit der Briten wird sich I mälern für die Mitglieder des Königlichen HauseS rasch m neue Wünsche umsetzen: entweder wird der Ver-1 beicht. Der Erlaß lautet: binduugSweg westlich der Seen, also auf Kosten Deutsch-1 Aus Anlaß einiger Specialfälle wird hierdurch die Anordnung OstafrikaS, gesucht werden oder östlich der Seen, d. h. es ß des Runderlasses vom 17. Juni 1897 in Erinnerung gebracht, daß bei der beabsichtigten Ausstellung von Denkmälern für Mitglieder de» königlichen Hause» die Allerhöchste Genehmigung im Instanzenwege rechtzeitig, jedenfalls vor Eingehung von Ver pflichtungen für die Ausführung de» Denkmales, nachzusuchen ist und daß auf die Verwendung guten, wetterbeständigen Materiale» geachtet werden muß. Die Ausführung solcher Denk mäler in Galvan o-Bronze kann aus technischen und namentlich auS künstlerischen Gründen von uns nicht befürwortet werden, weil die sabrikationsmäßige Herstellung einer Mehrheit von Monumenten nach demselben Modelle der Bedeutung eines solchen Werkes nicht entspricht. Wenn nur beschränkte Mittel vorhanden sind, läßt dos patriotische Unternehme» sich durch Aufstellung eine« einfachen, aber in künstlerischer Forin gehaltenen Denkmales, etwa unter Verwendung eines siir diesen Zweck in edlem Materiale besonders hergestrllten Bildnisse» in Relief- oder Büsten-Form, in würdiger Weis« durch- sühren. — Alljährlich wird über die Schulausbildung der bei dem Landheer und der Marine eingestellten Mannschaften eine Statistik aufgenommen. Es liegen uns jetzt die Zahlen ür Preußen aus dem Jahre 1897/98 vor. Danach waren von 15l 398 Mannschaften 170 ohne Schulbildung, das sind 11 auf 10 000; im Ersatzjahre 1879/80, daS zum Vergleich raneben gestellt wird, waren es noch 230 auf 10 000, also ast zwanzig Mal soviel. DaS ist ein erheblicher Culturfort- chritl. Am stärksten betheilizt sind an den Necruten ohne Schulbildung die Provinzen Posen mit 43, Ostpreußen mit 37, Westpreiißen mit 30, Schlesien mit 19, die Rheinprovinz mit 13, Pommern mit 7 und Brandenburg mit 5; die übrigen Provinzen weisen 1 oder 2 auf, wobei zu bemerken ist, daß für Pommern sich der Procentsatz höher stellt als für die Rheinprovinz. Wie erfolgreich aber namentlich in den Ost provinzen die preußische Volksschule gewirkt hat, ergiebt sich daraus, daß vom Jahre 1879/80 in Posen unter 10 000 solcher Recruten noch 1099 ohne Schulbildung waren; diese Zahl hat sich auf 42 zu 10 000 verringert; ebenso hat sich in Ost- und Westpreiißen die damalige Zahl der Analphabeten auf den zwanzigsten Theil verringert. — In confessionellen Schulen, die von einer größeren Anzahl von Kindern einer anderen Confession be ucht werden, welche freilich nicht von ihren Eltern der be treffenden Schule zugeführt, sondern zur Erfüllung der Schulpflicht dorthin überwiesen sind, wird dem „Centralblatt der Unterrichts-Verwaltung" zufolge auf Anordnung des CultuSministeriums vom 12. August d. I. die für paritä tische Schulen bestimmte Ausgabe deS Lesebuchs eingeführt. — Der Deutsche Photographenverein hat an das Reichsjustizamt eine Eingabe gerichtet, worin auf die Nothwendigkeit eines photographischen Schutzgesetzes hingewiesen und gebeten wird, nach der Erledigung der für die Abänderung deS Gesetzes über daS Urheberrecht in Aus sicht genommenen Verhandlungen auch die Vorberathungen für ein photographisches Schutzgesetz einzuleiten. Als Sach verständige für diese Verhandlungen schlägt der Verein die Herren Prof. vr. Bruno Meyer, Director Schultz-Hencke und den Vorsitzenden deS Deutschen Photographenvereins K. Schuser vor. — Der Vorsitzende des Deutschen Apotheker-Vereins, Apotheker Frölich-Berlin, ist zum 1. October als Hilfs arbeiter in bas CultuSministerium berufen worden. In Apothekerkreisen hofft man, daß die Stellung in einiger Zeit in die etatsmäßige Stellung eines Decernenten für Apotheken angelegenheiten umgewandelt werde. — Der deutsche Militair-Attachö Hauptmann v. Tiedemann, der sich der Expedition deS Sirdar Kitchenrr nach Faschoda ange schlossen hatte, ist, wie die „Post" mittheilt, nach der Einnahme Onidurinans sofort nach Kairo zurückgekehrt. — Der deutsche Botschafter in Rom, Frhr. v. Saurina-Jeltsch, ist aus Schlesien angekommen. * FriedrichSruh, 22. September. Der Bau des M a u s o - leums für den Fürsten Bismarrck wird durch eine große Zahl von Arbeitern verhältmßmäßig rasch gefördert. Die großen Dimensionen treten immer deutlicher hervor: die Höhe des Kuppelbaues wird annähernd der Länge des ganzen Gebäudes entsprechen und demnach 26—27 oa betragen. Die Mauern, die auf der Innenseite aus Ziegelsteinen, außen aus Steinquader^ bestehen, sind bis zu Iß m dick. Die Mitte des Mausoleums wird ein im Capellenstil gehaltener Andachtsraum mit Altar rc. bilden. Die Hauptgruft, welche die Särge des Fürsten und der Fürstin aufnehmen wird, liegt davor, nach dem Kuppelbau zu, der sich am westlichen Ende erhebt. Der Eingang ist auf der Südseite, also dem Walde zugekchrt. Allgemein herrscht die An sicht, daß sich das Mausoleum weit größer und wirkungsvoller gestalten dürfte, als ursprünglich angenommen wurde. Der Bau wird natürlich mit passenden Anlagen umgeben werden. Wie schon neulich erwähnt, hofft man, daß er im Spätherbst soweit vollendet sein wird, um die Ueberführung und feierliche Bei setzung der Leiche zu ermöglichen. (Hamb. N.) * Hannover, 23. September. Die Reichstags- Ersatzwahl im 7. hannoverschen Reichstagswahlkreis«, die durch den Tod des welfischen Abgeordneten Grafen v. d. Decken erforderlich geworden ist, ist auf den 4. October angesetzt worden. , , ät. Apolda, 24. September. (P r i v a t t e le g r a m m.) Zur Einweihung des Kaiser-Friedrich-Denkmals am 18. Oktober wird di« Kaiserin Friedrich hiSr erwartet. * BreSlau, 24. September. (Telegramm.) Die Kaiserin Friedrich nahm gestern daS Diner beim Ober präsidenten Fürsten Hatzseldt zu Trachenberg, der König von Sachsen bei den erbprinzlich meiningischenHerrschaften ein. Abends 8r/r Uhr war großer Empfang in der Zwinger- resource. * München, 23. September. Ueber das Regens burger Verbot schreiben heute di« „M. N. N.": Die klerikale Presse hat bekanntlich, genau so wi« s«in«rzrit bei der Universität Innsbruck, geleugnet, daß den Theologen der Regens burger Diöcese der Besuch der Universität Würzburg verboten worden sei. Hier rin Beispiel für die Richtigkeit unserer ersten Mittheilung. Ein hiesiger Geistlicher wollte die Universität Würzburg besuchen, um dort den Doktorgrad zu erlangen. Ein hierauf eingereichtes Gesuch wurde von der oberhirtlichen Stelle in Regensburg einfach abschlägig beschieden. Der betreffende Geistliche ist der Cooperator Wilhelm Scheret aus Bayreuth, zur Zeit in Schwandorf. Oesterreich-Ungarn. Anarchist verhaftet. * Wien, 23. September. Die „Neue Fr. Presse" meldet auö Agram: Gestern wurde in Pisarovina ein Anarchist verhaftet, in dessen Besitz ein Dolch, ein geladener Revolver, 250 scharfe Patronen und, im Rockfutter eingenäht, Photo graphien hochgestellter Persönlichkeiten Oesterreichs gefunden wurden. Der Verhaftete ist 25 Jahre alt und solk ein Deutscher aus Westfalen sein; er war elegant gekleidet und zeigte ein intelligentes Aussehen. Angeblich war er am 17. d. MtS. in Genf, am 16. in Zürich, woselbst er eine Anweisung auf 100 Francs aus Paris erhielt. (M. Z.) Trauerkundgebung. * Wien, 23. September. Ein über die heutige Sitzung der parlamentarischen Commission der Majorität deS Abgeordnetenhauses auSgegebeneS CommuniquS besagt: Der Sitzung wohnten der Ministerpräsident Graf Thun, Vertreter aller Clubs der Majorität und Mitglieder des Präsidiums bei. Der Obmann der Commission Ritter von JaworSki hielt einen ergreifenden Nachruf auf die Kaiserin Elisabeth, worauf beschlossen wurde, NamenS der gesammten Majorität des Abgeordnetenhauses ein Bei leidsschreiben an den Kaiser Franz Josef durch Vermittelung des Ministerpräsidenten gelangen zu lassen. Hierauf wurde die politische Lage besprochen. Die nächste Sitzung der Com mission findet am Montag Abend statt. Krtsengcrücht. Vs. Wien, 24. September. (Privattelegramm.) Die „Neue Freie Presse" verzeichnet das Gerücht, der Handels minister Or. Äaernreither werde zurllckt reten, falls der Reichsrath wegen fortdauernder Actionssähigkeit wieder vertagt würde. Als Nachfolger Baernreither's wird in erster Linie der Pole Milewski, daneben auch Graf Leopold Auer-"- perg genannt. Belgien. Friedenskonferenz. * Brüssel, 23. September. Dem officiösen Blatt „Patriote" zufolge wird die FriedenSconferenz hier in Brüssel und zwar nach Neujahr zusammentreten. Niederlande. Zum Tode der Kaiserin Elisabeth. * Haag, 23. September. Die Zweite Kammer be schloß beute, die Regierung zu ersuchen, der österreichisch ungarischen Regierung das Beileid der Kammer zu dem Tode der Kaiserin Elisabeth auszudrücken. Schweiz. Maßregeln gegen den Anarchismus. * Bern, 23. September. Außer der Ausweisung von 36 Anarchisten aus der Schweiz hat der BundeSrath noch folgende Beschlüsse gefaßt: 1) Der Bundesanwalt wird beauftragt, über weitere, in der Schweiz sich aushaltende Ausländer, die an der anarchistischen Propaganda sich betheiligen oder gefährliche Anarchisten (sind, dem Bundes- rathe mit Beschleunigung Bericht und Antrag vorzulegen. 2) Die Can tone werden eingeladen, die Ausländer der unter Ziffer 1 erwähnten Kategorie, sobald sie ihr Gebiet betreten, dem Bundesanwalt namhaft zn machen und mit Bezug auf dieselben zu berichten. 3) Die Cantone werden weiter eingeladen, das Treiben aller aus ihrem Gebiete sich aufhaltenden Anarchisten genau zu überwachen und dem BundeSrathe etwaige Gesetzesübertretung sofort zur Kcnntniß zu bringen, insbesondere diejenigen, die sich auf das Bundes gesetz, betr. Ergänzung Les Bundesstrafrechts (Verbrechen gegen die öffentliche Sicherheit) beziehen. Die tiefe Erregung raubte ihm die Worte, während sie mit der Thürklinke in der Hand und mit gesenktem Kopfe da stand. — „Ich habe es mir lange überlegt", fuhr er dann doch fort: „Ich weiß auch, daß wir aus ganz verschiedenen Kreisen stam men. Ihre Eltern waren tüchtige Menschen, und ihre Groß eltern gewiß auch, 'brave Menschen, brave Menschen, di« ihre Pflicht thaten vor Gott, für ihre Kinder, für ihre Nächsten und für ihr Volk. Die Schuhe, in Lenen sie standen, waren gut, aber mit der Zeit sind sie nun defect geworden, und die Neuzeit geht mit altem Schuhwerk unvorsichtig um. Immer wieder besohlen, das hält kein Oberleder aus. Diese Hände hier, Fräu lein Hedwig, können arbeiten, und stark sind sie auch, und das Herz Les Kunstschlossers König meint es ehrlich —ich glaube — Sie könnten —" Er stockte; sie wandte sich ihm voll zu, Thränen in den Augen. »Ja, Philipp, ich will Buchhalter bei — Dir werden." Sie flog auf ihn zu, und ihre Arme legten sich fest um seinen Hals. Viel Zeit hatten sie nicht, da Henny unten wartete. Als sie dann nebeneinander zur Hausthür herauStraten, blickte Henny forschend in ihre Gesichter und wußte genug.' „Na, da sind Sie ja! Haben Sie Dank, Herr König. Ich bin mehrere Male um das ganze Haus herumgegangen; es ist fest gebaut, nur zu groß für einen einzelnen Herrn!" „Der Grundriß war richtig, Frau Brown", antwortete er, und sah dabei Hedwig, die glühend roth wurde, von der Seite an. Dann trennten sie sich, er ging rechts und di« Damen links die Straße hinunter. Philipp blieb nach wenigen Schritten stehen und blickte ihnen nach. „Wie schlank und hübsch sie da neben Frau Drown geht, und die ist doch auch «ine hübsche Frau", murmelt« er vor sich hin. — Acht Tage später, am Neujahrstage, waren Tressings und TrüxenS zu Henny gekommen, um zum Abschied bei ihr zu Mittag zu essen, da sie in wenigen Tagen abreisen wollte. Uexhus war auch da. Das Essen war gut und der Wein auch, aber die Stimmung blieb gezwungen. Niemand hatte große Zukunfts hoffnungen, ausgenommen Hedwig, di« sie jedoch noch für sich behielt. Der lange Graf versucht« einen launigen Toast auf Henny auszubringen, hatte aber kein Glück damit. Er ver fügte wohl über Sarkasmus, aber nicht über Humor, von dem er bchauptete, daß diese Gottesgabe während sriner Lieutenants jahre in seinem Contobuch stecken geblieben sei. Trüxen war zum Weihnacht-feste au» Berlin gekommen. Er schien nur Interesse für seine Champagnerfirma zu haben, und schimpfte bei jeder Gelegenheit auf die Militairverhältnisie, wobei Alle herausfühlten, daß dies für ihn das einzige Mittel war, überhaupt darüber sprechen zu können, ohne sentimental zu werden. Der alte Tressing konnte sich mit dem besten Willen nicht für des Schwiegersohnes Agenturerfolge intereffiren, und Graf Uexhus auch nur soiveit, um Stoff zu Witzen darin zu finden, während Hcnny's Mutter außer sich war, daß Trüxen immer wieder davon sprach. Louise sah ihren Mann oft be sorgt an. Er hatte dem Weine stark ^gesprochen und einen rothen Kopf davon bekommen. Der Nachttischkaffee war getrunken worden, und Herr von Tressing hatte schon davon gesprochen, daß sie bald gehen müßten, weil es für Henny zu viel würde. Von der Straße herauf tönten di« Schritte vieler nach der selben Richtung eilenden Menschen, dazwischen erregtes, lautes Sprechen und hier und da das Anstimmen eines Liedes. — „Was ist das nur?" fragte Henny. Uexhus trat ans Fenster. „Ach so", sagte er — „heute ist ja große Streikversammlung im Colosseum gewesen. Der Streik soll hauptsächlich von Ar beitern aus der Seefricd'schcn Fabrik angestiftet worden sein, die fast Alle entlassen wurden." — „Die Bande!" knurrte der Oberst. „Verdenken kann man es ihnen allerdings eigentlich nicht. Müller's Webereien haben auch Len Betrieb eingestellt. — Ich habe heute Morgen im Stadtblati darüber gelesen. — Ein gewisser Kunstschlosser König ist im Comitß und hat gestern eine Red« gehalten. Nichts wie Blech natürlich, aber Skr Kerl ist wenigstens leidlich vernünftig und soll bei den Arbeitern viel Einfluß haben." — Henny sah erschrocken zu Hedwig hinüber, welche am Sopha- tisch saß. Der Schein der Lampe fiel hell auf ihr erglühendes Gesicht. „Diese Kerls!" raisonnirte Trüxen. „Die Arbeiter können mir leid thun, sie werden ja nur von ihren Volkstribunen ver führt. Es ist zum Todtlachen; und dabei baut sich dieser Herr König ein schönes Haus vor dem Wallthor!" Hedwig stand langsam auf. „Ich glaube nicht, daß Herr König die Arbeiter verführt", sagte sie laut, zu Trüxen gewendet. „So? Was denkst Du denn, weshalb sich so Einer hinstellt und Reden hält und thut, als ob er die Weisheit an allen vier Zipfeln hätte?" „Hast Du die Rede gehört?" fragte Hedwig mit bebenden Lippen. , „Nein, das fehlte auch noch! Nicht» wie Eitelkeit! So Einer denkt, er ist ein großer Kerl, wenn seine Zuhörer „Bravo" rufen. Er glaubt ja selbst nicht, was er sagt! Schwindel! Nichts als Schwindel!" „Philipp König glaubt, was er sagt! Und er ist durch und Lurch ein ehrlicher Mensch", unterbrach ihn Hedwig's Helle Stimntze. — „Na, Ihr Damen versteht wohl etwas davon? — Was geht übrigens Dich dieser Schlossermeister an, Hedwig? Weshalb nimmst Du Dich seiner so sehr an? Nur weil Axel mit ihm auf der Schulbank gesessen hat?" Aller Blicke hatten sich Hedwig zugewandt, als sie ant wortete: „Weil ich mich mit Philipp König verlobt habe." Die Thür fiel hinter ihr ins Schloß. Es trat Todten- stille ein. „Das war recht!" rief Henny ihr nach. Sie hatte viel zu thun, um alle erregten Fragen zu beant worten. Nur Uexhus verhielt sich schweigend und Iheilnahmlos. Als die Herren später im Nebenzimmer ihre Cigarren rauchten und sich stritten, ob die Socialdemokratie überhaupt beachtens- werth sei oder nicht, wobei der lange Graf, als der klügste von den Dreien, ein ziemlich düsteres Zukunftsbild' entrollte, sagte Frau von Tressing zu Henny: „Also, so weit ist es nun mit Sternfelds gekommen, es konnte ja kein gutes Ende nehmen. Wenn das der alte Vater erlebt hätte!" „Onkel Sternfeld hätte die Sache vielleicht anders ange sehen, Mutter!" — Henny lag auf dem Sopha und hielt Lotte'» Hand fest in der ihren. „Ich wollte, Lotte, Du bekämst auch einen so guten Mann, wie diesen König!" „Laß doch die Ungereimtheiten, Henny!" warnte die Mutter. „Diese Hedwig! Und die Hochzeit wird wohl hier sein. Ich möchte wirklich wissen, wie wir uns dazu stellen sollen?" „Wie es das Herz uns eingiebt, Mutter", meinte Henny leise, und sah der alten Dame fest in die Augen. „Nur keine Umwege machen! Das Herz sagt „Ja" oder „Nein", und hat immer recht, wenn es auch zuweilen Dummheiten macht." In dem Ton, mit welchem sie das sagte, und in dem Aus druck ihrer Augen lag mehr, als die knappen Worte verriethen. Hatte die Mutter es herausgefühlt? Sie saß im Halbdunkel des Lampenschirmes, und es schien, als sänke ihre Gestalt immer tiefer in sich zusammen, nur ihre jetzt weißen Haare hoben sich scharf von dem dunklen Möbelstoff ab. — „Du bist oft sehr schroff, Henny!" Diese fühlte Mitleid mit der Mutter. „Nehmt doch solche Dinge nicht so furchtbar schwer! — E» ist ja richtig, Unsereins paßt am besten zu einem Officier oder Beamten, aber diese Kandidaten sind rar, wenigstens die mit hinreichender Heirathscaution. Ich kenne Herrn König, Mutter! Er ist ein ganzer Mann, das kann ich Dir sagen, und gebildet auch, gebildeter als wir Dreie zusammen genommen, mit Aus nahme der Umgangsformen, da hapert es bei ihm. Wenigstens nennt er mich schlechtweg „Frau Brown" und nicht „Gnädig« Frau"! Sei nur gut, Mütterchen! Du verreist mit dem Vater, iweM die Hochzeit ist, dann bist Du aus' allen Konflikten heraus!" Als Tressings später nach Hause gingen, sagte Henny's Mutter: „Henny ist sehr nervös! Es ist gut, daß sie bald abreist. — Mir hat sich doch in Amerika sehr verändert, auch in ihren Lebensanschauungen." Der Oberst antwortete nicht. Das Trottoir war glatt und seit dem Schlaganfall wollten seine alten Beine nicht mehr ihre Pflicht thun, ebenso wenig wie sein Kopf. Er las nur noch Romane und freute sich, wenn die Personen in denselben ver gnügt waren, nichts zu thun und zu denken hatten, sondern nur von der Liebe träumten und sich zum Schluß heiratheten. Er fand sich nicht mehr zurecht in der Gegenwart; und wenn Henny jene Heirath nicht so schrecklich fand, würde wohl Alles in Ord nung sein. Man konme sich ja über nichts mehr wundern, seit dem sogar das alte Exercirreglement geändert war und der Parademarsch mit „Gewehr auf" der Vergangenheit angehörte, Henny suchte Hedwig in ihrem Zimmer auf. „Hedwig! Armes Ding! Das war muthig von Dir!" „Ach, dazu gehört kein Muth", rief diese, und sah Henny mit blitzenden Augen an. „Es ist zu gemein, Jemanden, ohne ihn zu kennen, in der Weise zu verdächtigen. — Philipp König lügt nicht! Grob mag er sein können, aber wahr ist er auch und das Herz hat er auf dem rechten Fleck. Seine Frau will ich werben, des Menschen Philipp König Frau!" „Das meine ich auch, Hedwig!" Henny legte den Arm um die Schulter der Cousine. „Als ob di« politische Gesinnung etwa» nrit dem Menschen an sich zu thun hätte, als ob etwas daran läge, daß Jener Reden hält, di« meinem Schwager mißfallen! Trüxen's Reden würden wahrscheinlich Deinem Zukünftigen auch nicht gefallen, und wa» die sociale Stellung betrifft, so ist mir der Beruf eines Champagner-Agenten weniger sympathisch al» der eine» Kunstschlosser»." (Fortsetzung folgt l
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