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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980926024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898092602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898092602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-26
- Monat1898-09
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»MS Neber den Umschwung t« Peking liegen heute verschiedene Meldungen vor, welche bestätige», daß rS sich bei der Ab- setzung de- Kaisers uod bei der Wiedereinsetzung Li- Hung-Tschang'S thatsächlich um einen Kampf zwischen dem englische» und dem russischen Einfluß gehandelt hat, bei welchem der Letztere unterlegen ist. Wir verzeichnen die folgenden Nachrichten: * London, LS. September. Dem „Bureau Dalziel" wird aus Shanghai gemeldet: Kang hu Weh kam hier an Bord des eng lischen Dampfers „Chung Kiang" an. In Woosung wurde er auf Befehl des Admiral» au Bord de» englischen Kanonenboots „Esk" genommen, um ihn vor der Rache Li-Hung-Tschang'S zu schützen. Die chinesischen Behörden verlangten die Auslieferung, der Capitain der „Esk" verweigerte sie. (Frkf. Ztg.) * Tientsin, 25. September. Die Gerüchte vom Tode des Kaiser» sind unbegründet. Die Thore Pekings sind wieder geöffnet worden. Die Krise wird russischen Einflüssen zugeschrieben. Li-Hung-Tschang und die russische Partei sind wieder eingesetzt, die englische Partei ist geschlagen und der Kaiser gezwungen worden, dem Throne zu entsagen. (Fkf. Ztg.) * London, 26. September. (Telegramm.) Die „Daily Mail" meldet auS Peking, der Oberste der Palast-Eunuchen erklärt, der Kaiser sei ernstlich erkrankt und sein Ableben nicht unwahrscheinlich. — Die „Times" berichten aus Peking, Kang- yu-Wey sei gerichtet, und Tschang-Wn-Huan, der Rivale Li-Hung- Tschang's sei in Canto» unter der Beschuldigung, Kang-yu- Wey beherbergt zu haben, verhaftet worden, und werde aller seiner Aemter entsetzt werden. Damit habe die Macht Li-Hung-Tschang's gesiegt. Die Beamten hatten die Rückkehr der Kaiserin - Mutter zur Herrschaft begrüßt; Las Volk sei indeß gleichgiltig gegen sie. Ferner meldet das Blatt aus Shanghai Kang-yu-Wey, der morgen nach Hongkong Weiterreisen werde, habe in einer Unterredung mitgetheilt, er habe Peking infolge einer geheimen Warnung durch den Kaiser, der in ihn gedrungen sei, sich zu bemühen, daß er die Unterstützung derer erhalte, die an der Wohlfahrt des Landes ein Interesse hätten, am Dienstage verlassen. Die Partei der Königin-Mutter sei durch eine geheime Ab machung mit Rußland gebunden. Rußland habe die Absicht, die Mandschu-Herrfchaft in China aufrecht zu erhalten. Der Einfluß Li- Hung-Tschang's trete jetzt gegenüber dem Jung-Tus zurück und werde wahrscheinlich abnehmen. Die Gesundheit des Kaisers sei vor züglich. Dieser sei für den Fortschritt eingenommen, Loch über- zeugt, daß es unmöglich sei, die Opposition ohne Englands Bei stand zu unterdrücken. Es wird hinzugcfügt, wenn die Opfer des Staatsstreichs nicht beschützt würden, würde cs in Zukunft für die Eingeborenen unmöglich sein, die englischen Interessen zu unterstützen. Aus diesen Meldungen ist abermals nicht zu entnehmen, ob der Kaiser von China todt ist, oder ob er noch lebt und ob sein Leben bedroht ist oder nicht. Wichtiger noch ist die Frage, ob England thatsächlich Truppen bei Taku, also unmittelbar vor Tientsin, dem Thore Pekings, landen wird. Wie sehr es sich engagirt fühlt und mit der unterlegenen Partei sich ideuti- ficirt, geht schon daraus hervor, daß Kang-yu-Wey an Bord eines englischen Schiffes geflohen ist und daß dieses seine Auslieferung verweigert. Deutsches Reich. D Berlin, 25. September. Von den drei mit deutschen Steinkohlen iür das Kohlendepot in Kiautschau entsandten Dampfern bat nur einer sein Ziel erreicht. Der Anfang Juni von Wilhelmshaven abgegangene Dampfer „Trinidad" ist bei schwerem Taifun in der Formosastraßr untergegau gen und der Dampfer „Juan", der am 2 l. Juni Rotterdam verließ, ist seit dem 26. August verschollen. Wahrscheinlich ist er demselben Sturme zum Opfer gefallen. Am 24. September ist nun der dritte mit Steinkohlen nach Kiautschau gesandte Dampfer „Mourcno" nach llwöchiger Reise an seinem Bestimmungsorte angelangt. Die Zu- suhr deutscher Steinkohlen nach Kiautschau soll fort gesetzt werden, bis die Kohlenfelder ShantungS erschlossen sind und der große Bedarf durch diese gedeckt werden kann. Durch die eingetroffenen und noch unterwegs befindlichen KohlentranSporte ist schon jetzt die Möglichkeit gegeben, die in ostasiatischen Gewässern kreuzenden deutschen Kriegsschiffe von Kiautschau aus mit Kohlen zu versorgen. Den von Kiautschau abwesenden Schiffen werden die Kohlen mit einem Dampfer zugeführt. Somit ist Deutschland jetzt in der Lage, für seine Kriegsschiffe aus die theuren englischen und die minderwerthigen japanischen Kohlen zu verzichten. In ab sehbarer Zeit dürfte auch den vielen deutschen Handelsschiffen die Möglichkeit geboten werden, sich von auswärtigen Kohlen märkten frei zu machen. rz Berlin, 25. September. In einzelnen Gegenden sind zur Zeit Pie Behörden bemüht, die im 8 119» der Gewerbe ordnung erlassene Bestimmung über die Auszahlung der Löhne minderjähriger Arbeiter an deren Eltern und Vormünder, welche nur einen facultativcn Charakter hat, mehr als bisher zur Durchführung gelangen zu lassen. Die letzten Berichte der Gewerbe- aufslcht» beamten kußerten sich Vbtv isie bis herige Wirkung dieser Bestimmung wenig erfreulich. In der Provinz Sachsen hatte der Landeshaupt mann die Frage angeregt, ob nicht die Provinz als größerer Communal-Verband statutarische Bestimmungen erlassen solle, auf Grund deren die Auszahlung des Lohnes an Eltern und Vor münder zu erfolgen habe. Aus dem RegierungsbezirkErfurt konnte berichtet werden, daß dort schon jetzt die jugendlichen Arbeiter von selbst ihren Lohn abliefern. Im Bezirk Merseburg ist eine solche Bestimmung für zwei Landkreise getroffen worden. In Hannover ist die Anordnung nur in vereinzelten Gemeinden getroffen. Im Bezirk Wiesbaden hat nur eine Stadt gemeinde von den Bestimmungen Gebrauch gemacht. In W e st- falcn bestehen zwar im Regierungsbezirk Münster Orts statute, aber von den Bestimmungen derselben wird nach wie vor kein Gebrauch gemacht. Die Lohnzahlung erfolgt niemals an die Eltern oder den Vormund, sondern stets an die jugendlichen Arbeiter, weil die Eltern selbst den zu ihrem Schutze erlassenen Bestimmungen keinen Werth beilegen und Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen oft mit Vorwissen oder unter Zu stimmung der Eltern erfolgen. Im Regierungsbezirk: Minden werden wieder solche ortsstatutarische Bestimmun gen dringend empfohlen. In der Rheinprovinz bestehen solche Bestimmungen für den Landkreis Coblenz, für fünf Communen im Regierungsbezirk Düsseldorf, bei einzelnen Be trieben in Mühlheim am Rhein. Dann kommen noch einzelne Betriebe in Düsseldorf. Das war Alles. InAachen hat sich nun der Regierungspräsident an die dortige Handelskammer mit einer entsprechenden Anregung gewandt. Die Handelskammer hat sich deshalb eingehend damit befaßt und im Interesse einer all gemeineren Durchführung der gedachten Bestimmung der Ge werbeordnung empfohlen, die ortsstatutarischen Bestimmungen so zu halten, daß die Eltern der Kinder lediglich die Kennt- nißnahme des an die Minderjährigen verabfolgten Lohnes in bestimmten, etwa vierwöchentlichen Fristen zu be scheinigen haben. Zu diesem Zwecke wären für die Minder jährigen Lohnbücher anzulegen, in denen die Höhe des Lohnes an gegeben wird und in denen ferner die Eltern die Einsichtnahm: unterschriftlich zu bestätigen haben. Auf Antrag müßte ferner die Polizeibehörde für Dispense zuständig erklärt werden, sowohl für die Fälle, in denen die Eltern oder Vormünder für die Controle der Lohnverhältnisse der Minderjährigen sich un würdig erweisen, oder aber wenn die betreffende Person zu weit wohnt oder aus anderen Gründen der Controle Schwierig keiten entstehen. * Berlin, 25. September. Der unter dem Protectvrat des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg stehende ,, Hauptverband Deutscher Flottenvere ine im Auslande" erläßt cinenAufruf, dessen wesentlichen Inhalt wir in Nachstehendem wiederzeben: Als innere Veranlassung zu seiner Begründung nennt der Verein die Thatsache, daß unter Len im Auslande lebenden Deutschen die Ucbeizeugnng von der Nothweudigkeit einer starken deutschen Flotte allgemein ist und in engeren oder weiteren Kreisen schon mehrfach die Absicht sich gezeigt hat, das lebhafte Interesse der Auslands- Deutschen an der Entwickelung unserer maritimen Wehrkraft durch die That in Form freiwilliger Geldbeistencrn für die Flotte zu bethütigen. Derartige Bestrebungen will der Hauptverband fördern nnd für sie einen Mittelpunkt abgeben, indem er als sein Ziel bezeichnet, 1) darauf hinzuwirkcn, daß die im Auslände ansässigen oder thätigen Deutschen sich zu Vereinen zusammenschließen, um durch freiwillige, in jeder Höhe willkommene jährliche Zahlungen oder sonstige Zuwendungen zur Verstärkung der deutschen Flotte und zur Vermehrung der Indiens!- Haltungen beizutragcn; 2) die Verwendung der gesammelten Fonds sür Marinezwecke zu vermitteln, und 3) sür die Bestrebungen der im Auslande bestehenden deutschen Flottenvereine einen gemeinsamen Mittelpunct zu bilden und unter Betonen der großen gemeinsamen Interessen unserer Nation an der Flotte, aber unter Fernbaltung von jeder Parteipolitik, dahin zu wirken, daß diese Vereine sich zu festen Stützpuncten des Deutschthums im Auslände ge stalten. Er hat für seine Ziele die Billigung und Unterstützung des Auswärtigen und des Neichs-Marine-Amts gefunden. Die nutzbare Verwendung der aufkommenden Geldbeträge im Interesse der Marine ist infolge Allerhöchster Bestimmung des Kaisers gesichert. Alle im Auslande ansässigen Deutschen fordert der Hauptverband zur Mithilfe und zur Bildung von Flottenvercinen unter Hinweis auf die oben dargelegten Ziele auf. — Bezüglich des deutsch-englischen Abkommens taucht jetzt die Nachricht auf, daß der Text des Vertrages erst dann bekannt gegeben werden solle, wenn die portu giesischen Cortes ihre Zustimmung zu dem angekündigten englisch-portugiesische» Abkommen gegeben. Der „Post" zu folge ist diese Nachricht gerade so erfunden, wie die betreffs des Inhalts jenes Vertrages; denn über den Zeitpunct der Veröffentlichung deS Abkommens sei bis jetzt noch keine Be stimmung getroffen. " — Ein wirklicher Vertrauensmann BiSmarck'S. Der Bruder Lothar Bucher'S, der Hofrath Bruno Bucher in Wien, hat dem Berichterstatter eines hiesigen Blattes auf die Frage, ob er im Besitz von Memoiren seines Bruders sei, erklärt, er besitze gar nichts von seinem Bruder, was der Veröffentlichung werth wäre. Nach Lothar Bucher'S Tode fand sich im Nachlaß ein versiegelte« Couvert, da» Lofrath Bucher sofort Bi-marck übersandte. Der Verleger Hirrel wollte schon damals Bucher'S angebliche Memoiren veröffentlichen. Der Hofrath drängte seinen Bruder wiederholt, er möge Memoiren niederschreiben, und dieser befaßte sich in seinen, sogenannten Ruhestand längere Zeit damit, kam aber zu dem Entschlüsse, den er in Goethe'S Wort zusammenfaßle: „Da» Beste, waS Du wissen kannst, darfst Du den Buben doch nickt sagen." Später sichtete er seine Papiere und zerstörte Alles, dessen mögliche Veröffentlichung ihm als Ver- lrauenSbruch erschien. — Spanische Orden sind jetzt einer Anzahl Officiere deS deutschen Panzerschiffes „Oldenburg", das bekanntlich nach Ausbruch des spanisch-amerikanischen Krieges längere Zeit im spanischen Kriegshafen zu Cadix gelegen bat, in Folge der mustergiltigen Ausführung der deutschen Seeleute von der Königin-Regentin von Spanien verliehen worden. — Der „Vorwärts" giebt eine Uebersicht über den Stand der Frage der Betheiligung der Socialvemokraten an den Landtagswahlen. Danach haben 63 Kreise ihre Ent scheidung über die Landtagswahl getroffen und von diesen sich 21 endgiltig sür und 42 gegen eine Betheiligung erklärt. Bemcrkenswerth ist, daß nur 4 Kreise sich die Singer'sche Auslegung deS Hamburger Parteitagsbeschlusses angeeignet haben, wonach eine etwaige Betheiligung nur durch Auf stellung eigener Wahlmänuer zu erfolgen bat. In der großen Mehrzahl der Fälle wird, wo die Aufstellung eigener Wahl männer unmöglich ist, schon bei den Urwahlen die bürgerliche Opposition unterstützt werden, während 3 Kreise allgemein das Eintreten für bürgerliche Wahlmänner beschlossen haben. Im Kreise Hagen-Schwelm ist es den Genossen freigcstellt, an der Wabl zu Gunsten des Freisinns theilzunchmen; keines falls aber dürfen sie für den Nationalliberalen stimmen. — In der Bundesratbsverordnung über den Betrieb der Bäckereien uudConditoreienist unter Anderem bestimmt worden, daß die Gehilfen außerhalb der zulässigen Arbeilsschichten nur zu gelegentlichen Dienstleistungen verwendet werten dürfen. Als das Entscheidende bei dem Begriff dieser gelegentlichen Dienstleistungen hat der Gewerbe minister jetzt ten Umstand bezeichnet, daß sie nicht zur Befriedigung regelmäßiger Bedürfnisse des Däckereigewerbes dienen, sondern nur gelegentlich, d. h. ab und zu, ohne feste Regel erforderlich werden. — In Berlin soll demnächst unter dem Titel „Go Goa Chien Weng" eine chinesische Zeitung erscheinen, die sich als Organ zur Vertretung der europäischen Industrie in China bezeichnet. — Die dentschsociale Reformpartci hat ihren Aufruf zu den Landtagswahlen veröffentlicht, der die Nothweudigkeit für die Partei hervorbebt, daß sie diesmal endlich auch im preußischen Abgeordnetenhause einige Sitze erringe, und betont, daß dieses Ziel bereits bei der letzten Wahl in einigen Kreisen nahezu erreicht worden sei. Die Aussichten wären nicht ungünstig. Es wäre nur eine ener gische Agitation nothwendig, die Parteigenossen möchten daher schleunigst die Mittel dafür ausbringen. Die „Cons. Corr." bemerkt zu der Wahlkundgebung: „Der Erfolg dürfte den „Aussichten" entsprechend ähnlich sein wie be, den NeichS- tagswahlen." — Der deutsche Botschafter in Wien, Graf zu Eulenburg, ist aus Wie», der deutsche Botschafter in Washington, von Holleben, ans Amerika hier angekoniinen. Der preußische Gesandte in Weimar, Prinz von Ratibor und Corvey, hat einen ihm bewilligten Ur laub angetreten. * Danzig, 24. September. Das hiesige polnische Hetz blatt „Gaz. Gdanska" hat in einer seiner letzten Nummern das Andenken des Fürsten Bismarck in gemeinster Weise verunglimpft. Wie nach der „Elb. Ztg." verlautet, hat sich die politische Abtheilung der hiesigen Polizeibehörde der Sache angenommen und sie an die Staatsanwaltschaft weiter gegeben. 0. Posen, 26. September. (Privatte leg ramm.) Ein Comit« nationallibcraler und freisinniger Bürger beschloß, den Justizratb vr. Lewinski (nationalliberal) als Landtags- candidaten sür Posen aufzustellen. * Köln, 25. September. Tie Anregung des Vereins der Industriellen des Regierungsbezirks Köln zur Veranstaltung einer gemeinsamen Kundgebung der wirthschaftlichen Körperschaften für Rheinland und Westfalen g e g e n d a s F e st- un wesen hat allgemeine Zustimmung gefunden, so daß an einer umfassenden Betheiligung an der in Aussicht genommenen Versammlung wohl nicht zu zweifeln ist. Von den Handels kammern haben sich bis jetzt wegen der Kürze der Zeit zwar nur wenige geäußert, aber diese, mit einer durch örtliche Verhältnisse (W^sel) bedingten Ausnahme, sämmtlich im Sinne der An regung. Sie erklären sich meistens ausdrücklich bereit, sich an einem gemeinsamen Vorgehen in gedachter Richtung zu bethei ligen. Es sind dies die Handelskammern zu Düsseldorf, Aachen, Essen, Coblenz, Mühlheim a. Rh., Dillenburg und Bonn. Eick einheitliches und gemeinsames Vorgehen steht auch von dem Ver ein zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen in' Düsseldorf und von dem Verein deutscher Werkzeugmaschinenfabriken in Aussicht; ferner haben der Verband der rheinisch-westfälischen Baumwollspinner in M.- Gladbach und der Verein zur Förderung wirthschaftlicher Inter essen in Honnef, dieser unter näherer Anführung der in seinem Bezirk obwaltenden Mißstände, der Anregung zugestimmt. Mehrere Antwortschreiben haben unter nachdrücklicher Betonung des Bedürfnisses einer Beschränkung der Festlichkeiten hcrvorge- hoben, daß die zu beseitigenden Mißstände in neuerer Zeit sich lediglich noch vergrößert haben und daß gerade diejenigen Werke übel daran sind, deren Arbeiter in verschiedenen Gemeindebe zirken wohnen. Sie werden dadurch in die Nothweudigkeit ver setzt, den Betrieb öfters im Jahre wegen der Kirmesfeiern an diesen verschiedenen Orten cinzustellen. Auf Grund dieser Wahr nehmungen hat der Vorstand des Vereins in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen, eine Versammlung ein zuberufen, in der über gemeinsame Schritte zur Eindämmung der öffentlichen Lustbarkeiten verhandelt und beschlossen werden soll. Diese Versammlung wird hier am 15. October im Civil- casino staitfinden. * BreSlan, 26. September. (Telegramm.) Dir Kaiserin Friedrich ist gestern Abend gegen 11 Uhr aus Breslau nach Berlin abgereist. Zur Verabschiedung waren der Erbprinz und die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, der Fürst und die Fürstin v. Hatzfeldt, sowie das Officiercorps des Grenadierregiments Nr. 11 auf dem Bahnhof erschienen. Die Prinzessin Heinrich war bereits um 10 Uhr Abends nach Livadia abgereist. Belgien. Attentat. * Brüssel, 26. September. (Telegramm.) An dem Millionär Crombe ist ein Mordversuch begangen worden. Die Annahme, daß der Mörder ein Anarchist sei, scheint sich nicht zu bestätigen. Schweiz. Acndcrung des WahlvcrfahrcnS. * Luzern, 25. September. Eine VertrauenSmänner- Versammlung der Parteien der äußersten Linken beschloß eine Doppel-Initiative für directe BolkSwahl deS Bundes- ratheS und Einführung des Proportional » Wahl verfahrens bei der Nationalrathswahl. Spanien. Friedcnscammisfion. * Madrid, 26. September. (Telegramm.) Die Mit glieder der FriedenScommission werden heute Abend nach Paris abreisen. Orient. Lage aus Kreta London, 26. September. (Telegramm.) Nach einer Mittbeilung des „Standard" aus Canea vom 24. d. Mts. hat Admiral Noel am 23. d. M. im Drahtwege die Sendung von 2000 Mann zur Verstärkung der englischen Be satzung erbeten. * London, 26. September. (Telegramm.) „Daily News" berichten aus Candia, die Entwaffnung schreite langsam vor. Asien. Philippinenfrage * New Bork, 24. September. (Frkf. Ztg.) Die affociirte Presse verbreitet die Nachricht, daß Deutschland die In surgenten auf den Philippinen in der Opposition gegen die Amerikaner bestärke und große Mengen Kriegsmaterial liefere. (Es handelt sich hierbei zweifellos wieder um eine jener Tendenznachrichten der amerikanischen Presse, welche sich in der Hetze gegen Deutschland nicht genug thun kann. D. Red.) Afrika. Tndanfcldjug. * Tuakinl, 25. September. Eine von Kassala aus ent sandte Streitmacht unter dem Befehl des Obersten Parsons bat am 22. d. MlS. nach lebhaftem, drei Stunden währenvem Kampfe Gedaref besetzt. Der Feind, in der Stärke von etwa 3000 Mann, floh in voller Auflösung nach einem Ver luste von 500 Todlen. Die Verluste der Egypter betrugen 37 Todte und 59 Verwundete. Von den russischen Ofsicieren ist keiner getödtet oder verwundet. * London, 26. September. (Telegramm.) Wie der „Daily Telegraph" aus Kairo unter dem 26. d. M. meldet, traf GeneralKitchener dieExpeditionMarchand's inFaschoda an und theilte Marchand mit, er hätte aus drückliche Instructionen, das betreffende Gebiet für englisch zu erklären, die Franzosen müßten es verlassen. Marchand lehnte ab, sich zurückzuziehen, ohne daß eS die fran zösische Regierung angeordnet hätte. Kitchener hißte die englische und die egyptische Flagge und ließ zwei Er wartete ungeduldig auf die Ankunft eines Modells, das er gestern aufgetrieben hatte; anstatt dessen kam seine Miethsfrau herein und meldete zwei Damen und einen Herrn, die sich nicht abweisen lassen wollten, sondern schon im Nebenzimmer warteten. — Das kam ihm sehr ungelegen, bis es ihm plötzlich mit Centnerschwere auf die Seele fiel, daß Henny und Hedwig ihre Ankunft brieflich gemeldet hatten und er in seiner Zerstreut heit gestern und heute nicht wieder daran gedacht hatte. Schnell ging er in den angrenzenden Raum. „Henny, grüß Gott!" Er kam ihr mit ausgestreckten Händen entgegen, und im Hintergründe Philipp König gewahrend: „Wo kommen Sie denn her, König?" Er schüttelte Hedwig und deren Verlobten die Hand. „Du bist ein liebenswürdiger Vetter, Axel! Wir annoncirten unsere Ankunft drei Tage vorher, kamen gestern Abend an, aber kein Axel auf dem Bahnhofe zu sehen! Und jetzt läuft Du, als ob wir vom Himmel herabgeschneit wären, ob gleich wir eigentlich von der Erde vier Treppen hoch zum Himmel hinaufgeklettert sind. — Hoffentlich hörst Du noch auf Deinen Vornamen, Axel!" „Ach ja; ich habe so riesig viel zu arbeiten! Nehmt es nicht übel! Wollt ihr Euch nicht setzen?" Er rückte einige Rohrstühe zurecht und schleuderte Kleidungs stücke, die über der Lehne eines derselben hingen, in eine Ecke. — Sein ganzes Wesen zeigte die großartige Verlegenheit, die nur Leute kennen, die aus ihrer Arbeit und ihrer Ideenwelt selten aufgestört werden und sich in der Wirklichkeit nicht rasch zurecht finden können. „'n Tag, Philipp König! Wo kommen Sie denn her?" fragte er noch einmal. „Durch Telegraph hierher beordert", rief Henny munter. „Was sagst Du denn zu Hedwig? Sie hat sich doch großartig erholt, nicht wahr? — Du hast ihr nicht einmal einen Kuß gegeben, Axel!" Dieser that es. „Ja, Hedwig, Du siehst famos aus! Wirk lich ganz rothe Backen! Also es geht Euch Allen gut?" Die anderen Drei sahen ihn verwundert an. Wie war es möglich, daß sich ein Mensch in wenigen Minuten so veränderte! Eine Pause trat «in und Axel horchte nach der Thür, weil er glaubte, auf der Treppe Schritte zu hören und Besorgniß fühlte, ob das Modell auch Wort halten würde. „Also, Axel", begann Henny — „nachdem Du Dich von dem Paroxysmus der Wiedersehensfreude erholt hast, laß uns ver nünftig miteinander reden! Was fvngen wir heute an? Kommst Du mit in die Ausstellung?" . Er rieb di« Handflächen verlegen aneinander. „Es thut mir sehr, sehr leid, «her ich hab: wirklich heute Morgen keine Zeit!" „Aber Axel! Wir bleiben vielleicht nur einen Tag hier!" meinte Hedwig vorwurfsvoll. Henny hielt die Augen fest auf Axel's Gesicht gerichtet. Sie bewahrte mühsam den heiteren Gesichtsausdruck, obgleich sie sich enttäuscht fühlte. Die Veränderung in seinem Aeußeren fiel ihr erst jetzt auf. Seine Augen, der gespannte Blick, der mehr nach innen als nach außen gerichtet schien, bewiesen ihr, daß in seiner Seele Alles, was nicht mit seinem Streben zusammenhing, nur nebensächliche Bedeutung für ihn hatte. Ja, es war eine Enttäuschung! -Sie hatte geglaubt, er würde ihr freudestrahlend entgegentreten, mit jeder Minute des Zu sammenseins geizen! Ein leises Klopfen an der Thür ließ ihn hastig dorthin gehen und schien ihn freudig zu erregen. „Gott sei Dank! Ich glaubte schon, Sie würden nicht Wort halten. Kommen Sie nur herein! — Das Mädchen will mir Modell stehen", fügte «r, zu den Anderen gewendet, hinzu. Ein Mädchen mit gewöhnlichem Gesicht, aber großer, statt licher Gestalt trat herein und musterte mit den dunklen Augen ziemlich keck die Anwesenden. „Setzen Sie sich einstweilen", sagte Axel. Philipp König begann zu lachen. — Die Gesichter von Hedwig und Henny waren unaussprechlich komisch. Die Officierstöchte^konnten sich in diese Situation absolut nicht hineinfinden, besonders Henny hatte einen dunkelrothen Kopf bekommen und sich vom Stuhl «rhoben. „Axel, wir wollen nicht länger stören? Kann man Dich heute überhaupt noch sehen?" „Ja, gewiß! Natürlich! Wenn «s Euch recht ist, treffen wir uns Nachmittags um fünf Uhr im Rathskeller!" Er gab Allen flüchtig die Hand. „Also im Rathskeller! Merkt Euch den Namen!" meinte Henny und folgte dem Brautpaar, das bereits das Zimmer ver lassen hatte. „Henny, willst Du nicht einen Blick in mein Atelier werfen?" fragte Axel, als sie schon in der Thür stand. Sie zögerte eine Secunde, rief dann d«n Anderen zu, sie sollten warten, und ging in einem großen Bogen um das Modell herum rasch in das Atelier. Er schloß die Thür. — Henny sah sich stumm sein« Studien an, während er in der Mitte des Raumes stehen geblieben war und mit den Blicken ihrer Gestalt folgte. Vor dem letzten, noch auf der Staffelei stehenden Act ver weilte si« länger. Tin Mann in Lebensgröße; in den Händen schleppte er, den Oberkörper zurückgelehnt, einen schweren be hauenen Steinblock! Die ganze Musculatur schien zum Platzen gespannt; die Züge des Gesichts verriethen in den hochgezogenen Stirnfalten und dem festen Aufeinanderpressen der Kinnbacken die Anstrengung und den eisernen Willen, die Last zu tragen. „Der Fleiß!" sagte Henny leise, indem sie unwillkürlich die Schlußworte der durch die Zeichnung geweckten Gedankenreihe aussprach. — „Ja, der Fleiß bis zur Erschöpfung mit dem Drangeben jeder Muskel, jedes Nervs und des ganzen Willens." Axel war dicht hinter sie getreten, während sie den feinen Kopf über die Schulter zurück zu ihm hinauf hob. „Ich verstehe Dich jetzt!" hauchte sie leise und lehnte sich leicht gegen seine Brust. „Henny!" Er legte beide Hände auf ihre Schultern; sie schloß langsam die Augen, und er küßte sie auf den Mund und fühlte, wie ihr Oberkörper sich schwer gegen seine Brust lehnte. — „Henny! Liebe, liebe Henny Hurrah! Sei mir nicht böse! Nicht wahr, jetzt weißt Du, wie es in mir aussieht! Ich war so hungrig nach solcher Arbeit geworden, in den langen Jahren! Ich denke ja nichts Anderes, als die Arbeit, Henny! Aber am Ziel stehst Du! Dein liebes, muthiges Gesicht!" Ihre Lippen lächelten, die hübschen, weißen Zähnchen sahen so verführerisch dazwischen hervor. Da küßte er sie noch einmal, lange, lange. „Axel!" Sie rang nach Athem und trat von ihm fort, um mit den Händen an beiden Seiten des Kopfes das wellige Haar zurückzustreichen. „Auf Wiedersehen, Axel!" Damit war sie hinaus; er stand eine Weile mit herabhängen den Armen, richtete sich dann hoch auf, mit einem siegesfrohen Blick in den Augen, und rief das wartende Mädchen herein. — Henny mußte auf der Fahrt nach dem Ausstellungsgebäude Axel'S Schwester viele begütigende Worte sagen, um sie mit des Bruders anscheinender Gleichgiltigkeit auszusöhnen. „Laßt ihn nur in Ruhe, Kinder! Der hat angefangen, sich selbst auszuleben, und hat dabei Eile. » « Am Abend war Axel wie ausgewechselt, er sprudelte über von Lebenslust und Uebermuth! Ausgelassen wie Schulkinder, betrieben er und Henny den ganzen Abend eine bis zum tollsten Uebermuth sich steigernde Neckerei. — Mit Hedwig besprach er kurz Toni'S Zukunft, und konnte der ersteren nicht recht geben in ihrem Bedauern, daß die jüngere Schwester so selbstbewußt und selbstständig über ihre eigene Zu kunft dachte. — „Hedwig!" sagte er auf dem Heimwege, während Philipp und Henny folgten: „Hedwig, Du bekommst einen Mann, wie es deren wenige giebt. Vergiß nur nie, daß konventionelle Aeußer- lichkeiten vielleicht etwas Werthvolles und Angenehmes sein können, wenn sie von vornehmen Naturen gehandhabt werden, aber daß dieselben nie allein den Werth eines Menschen aus machen." Sie sah ihn froh und zuversichtlich an. „Axel, ich werde sehr glücklich sein. Du brauchst keine Angst zu haben." ' „Als Frau eines Handwerkers?" „Ja, ich will nie etwas Anderes sein." König wurde dann in ein Bierlocal geschickt, wo ihn Axel treffen wollte, nachdem er die Damen ins Hotel begleitet hätte. Als Hedwig die Hoteltreppe hinaufging, sagte ihr Bruder zu Henny: „Kann ich Dich nicht einmal allein sprechen, ehe Ihr abreist? Wann treffe ich Dich morgen hier?" Er fühlte, wie ihre Hand in der feinigen zitterte. Sie sah einen Augenblick zu Boden und bewegte die feine Hand nervös am Treppengeländer auf und ab. — „Ja, Axel, sehr gern! Ich erwarte Dich morgen Nachmittag um fünf Uhr! Woran arbeitest Du jetzt?" „Es ist von einem österreichischen Fürsten ein Wettbewerb ausgeschrieben, da ein noch im Bau befindliches Schloß desselben in der Halle mit Fresken aus der Tirols Geschichte ausgestattet werden soll. Ich werde den ganzen Sommer der Studien wegen in Tirol verleben, nnd es handelt sich darum, eine riesige Con- currenz zu besiegen, aber es lohnt sich, und ich habe eigentlich ein durch nichts gerechtfertigtes Vertrauen." — „Wie mich das freut, Axel! Und wann fällt die Ent« scheidung?" „Anfang nächsten Jahres, Henny! Also auf Wiedersehen!" Sie eilte die Treppe hinauf, blieb aber schon an der nächsten Biegung athemlos stehen und beugte sich über das Geländer hinab. — Mit txr Athemnoth und dem kurzen, trockenen Husten kam eine unsagbare Angst über sie, daß sie ihn nie Wiedersehen würde. Es hallte ordentlich zu ihr hinauf, wie er mit festen Schritten über die Steinplatten des Vestibüls schritt. Sie schlief in dieser Nacht kaum eine Stunde, weil sie den schwersten Kampf durchringen mußte, den ein liebendes Weib zu kämpfen hat, und als Axel sich am anderen Tage zu der festgesetzten Stunde melden ließ, wurde ihm von Hedwig der Bescheid, daß Henny sich zu un wohl fühle, um ihn zu sehen. — Es sei aber nichts Bedenkliches, wahrscheinlich nur «ine fieberhafte Erkältung. (Schluß folgte
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