Elbeblatt und Anzeiger : 10.02.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666406244-188002105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666406244-18800210
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666406244-18800210
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungElbeblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-02
- Tag1880-02-10
- Monat1880-02
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- Elbeblatt und Anzeiger : 10.02.1880
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Schriftsteller und Redner befreit sein wollte, muß die minder angenehmen Folgen deS Gesetze-vom Herbst 1878 in den Kauf nehmen und nun auch zusehen, wie es mit der neuen Landplage des Betteln- fertig wird. Auf dem Lande liegen die stockbewafsueten Bettler und Vagabunden, besonders da, wo eS sich um vereinzelte Höfe handelt, vielfach den Erpressungen ob, während ihnen in der Stadt der Gelegenheitsdiebstahl näher liegt. Bei der Neuheit der Erscheinung sind noch nicht viel exacte Beobachtungen angestellt und ver öffentlicht worden, doch hat man in Schleswig- Holstein schon 1879 angetragen, statistisches Material zu sammeln. Die Allgemeinheit des Phänomens be darf übrigens keines statistischen Nachweises; es genügt, aus den Zeitungen zu sehen, baß jetzt schlechthin überall Veranstaltungen zur Abwehr und Beschränkung der Bettelplage getroffen werden, bezw. schon getroffen worden sind. Das antike Leben hat die Bettelei durch zwei ärgere Uebel, die Sklaverei und die Rechtlosig keit des Fremden, ausgeschloffen; doch haben in späterer Zeit die Kirche, die aus einer religiösen Gemeinschaft immer mehr zu einer politischen entartete, ferner die Kreuzzüge, die Wallfahrten und fernerhindiestaatlicheZersplitterung Deutsch - lands, der vielen Kriege und Fehden und ganz besonders der 30jährige Krieg dem Bettlerthum und der Vagabundage bedeutenden Vorschub geleistet. Schon seit der Mitte des 14. Jahrhunderts finden wir die Staatsgewalt in Frankreich, England, Spanien rc. mit dem Bettelunfuge im Kampfe und sind die Bestrafungen der Bettler sehr harte, ja grausame gewesen. Auch in Deutschland hat man sich diesem Kampfe nicht zu ent ziehen vermocht, doch ist es hier wegen zu großer Zer splitterung der staatlichen Gewalt vor dem 18. Jahr hunderte zu keinem energischen und einheitlichen Vor gehen gekommen. Um die letzte Jahrhundertwende haben es ein paar geniale Repräsentanten der Staatsgewalt versucht, des Nebels Herr zu werden. Graf Rum- ford hat in Baiern 1790 einen vollständigen Feld zug gegen die Bettler und Landstreicher eröffnet, deren im Lande etwa 100000 aufgegriffen, um sie in den eingerichteten Versorgungs- und Arbeitshäusern unter zubringen und sie dort an Ordnung und nützliche Thätigkeit zu gewöhnen. Seine Ersolge waren un zweifelhaft und bedeutend, soweit fern Auge reichte; als er aber von seinem Posten abtrat, hörte die durch schlagende Wirkung auf. Napoleon I. wollte die Bettelei in Frankreich mit einem einzigen Gewaltschlage vernichten und der Welt das Schauspiel eines großen Landes ohne Bettler darbieten, allein er konnte auf St. Helena darüber nachdenken, warum er diese wie so viele andere Gewaltphantasien nicht habe verwirklichen können. Die concentrirte staatliche Gewalt ist solcher Aufgabe schlecht gewachsen; mit Gesetzen polizeilicher Wachsamkeit, administrativen Anstalten ist es eben nichts gethan. Das Vagabundenthum ist ein tiefsitzendes inneres Uebel, zu dessen Heilung der ganze Körper und Geist der Gesellschaft zweckentsprechend «mzestimmt werden muß. Durch Bettelei im Umherziehen seinen Lebensunterhalt zu verdienen ist in unserem Vaterlande Niemand genöthigt. Gesetz oder gleich gebieterisches Herkommen erlegen in jedem Staate der Heimaths- gemeinde die Pflicht auf, den Bedürftigen zu erhalten «nd ein Reichsgesetz regelt die Frage, welches in jedem gegebenen Falle die unterstützungspflichtige Gemeinde sei. Der Regel nach ist vorauszusetzen, daß der Bettler in Wahrheit kein Almosen braucht; giebt man es ihm trotzdem, so ermuthigt man ihn fortzusetzen in dem Versuch, auf Anderer Kosten zu leben. Richtigere Auf fassung des Bettelns als eines socialen Schmarotzer gewächses, dem alle Nahrung streng vorzuenthalten ist, muß und wird das Meiste thun, um uns von dieser Landplage zu befreien. Die Zurückdrängung und Aus rottung muß organisirt werden. Zwar kann ein einzelner entsprechend gestellter und geleiteter Verein seinen Ort binnen nicht zu langer Frist von dem Ueber- lauf der Bettler befreien. Das Schlimme ist nur, daß damit die Epidemie noch nicht ausstirbt, Venn anders wo wuchert sie fort, und wenn dann an dem zeitweilig geschützten Orte die Aufmerksamkeit nachläßt, das Vereins band erschlafft, alles in Sicherheit sich wiegt, so kehrt sie eines TageS von den Stätten ihres Wetterlebens zurück und überzieht die Sorglosen von Neuem. So dann wird die Einschränkung des BagabundttenS am Orte offenbar nicht erreicht, wenn nicht nahezu alle Bewohner deS OrteS entweder dem Verein beitreten oder wenigstens jede Gabe an einen Bettler verweigern. An diesem Umstande scheiterte bekanntlich auch der Unterstützungsverein in Riesa, wie so vick andere solcher Vereine. Die Bekämpfung muß daher einheitlich gestaltet werde», größere Bezirk um fass«, kurz im groß« Syke betrieben werd«. Die OrtSvereine müssen zu Bezirk-Verbände«, diese zu Provinzialverbänden, letztere zu Landes verbänden und diese womöglich zu einem ReichS- verbande zusammentreten. In Sachsen ist man neuerdings an vielen Orten, z. B. in den AmtShaupt- mannschaften Pirna, Grimma, Rochlitz, Meißen dazu verschütten, geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung deS Bettelunwesens einheitlich zu ge stalten und auf größere Bezirke auszudehnen. Es dürfte sich wohl empfehlen, auch in der Amtshaupt mannschaft Großenhain in gleicher Weise vor- zugrhen. Zwei Gesichtspunkte dürften hierbei wohl vor Allem festzuhalten sein, nämlich I. den sog. „aus laufenden Ortsbettlern" ein für alle Mal jede Unterstützung zu versagen, weil dieselben der Orts armenpflege anheimfallen und 2. die Unterstützung feiten des Verbandes nur solchen „armen Reisenden" zu gewähren, welche sich gehörig legitimiren können." — Nach längerer Debatte wurde beschlossen, eine Commission niederzusetzen, welche behufs weiterer Schritte die nöthigen Unterlagen zu sammeln und dann dem Verein zur weiteren Beschlußfassung vorzulegen hat. Als Mitglieder dieser Commission wurden gewählt die Herren: Kaufmann Schlegel, Lehrer Müde r, Nagel schmied Hänsch, Schmied Thieme und Gärtner Hanske. — Der Fragekasten enthielt eine Frage, dahingehend, der Gewerbeverein möge dahin wirken, daß sich Riesa bei der in Aussicht genommenen Verstärkung des Reichsheeres, also auch des sächsischen Armeecorps, um eine Garnison bewerben möge. Der Verein be fürwortete diese Frage und überwies sie an den „Städtischen Verein" mit der Bitte, die Frage bald möglichst in Erwägung ziehen zu wollen. — In der Zeit vom 5. bis 10. Mai 1880 findet währenddes fünften Schmiedetages der vereinig tenSchmiedemeisterDeuschlandsin Görlitz eine Ausstellung von Hülfsmaschinen, Werkzeugen und Materialien für das Schmiedegewerbe, sowie von Er zeugnissen des genannten Gewerbes statt; jedoch können auch Gegenstände der verwandten Gewerbe, wie Stell macher, Schlosser, Nagelschmiede, Feilenhauer rc. aus gestellt werden. Die auszustellenden Gegenstände müssen spätestens bis zum 25. April 1880 in Görlitz ein getroffen sein. Mittheilungen und Inserate für den Catalog können nur dann Aufnahme finden, wenn sie bis zum 20. April c. an den Vorstand des Local- Comitee's eingeliefert sind. Anmeldungen sind schrift lich an den Vorsitzenden des Local-Comitee's, Herrn Schmiedemeister A. Zenker in Görlitz, zu richten und zwar spätestens bis zum 15. März c. — Für den Ausstellungsraum wird den Ausstellern eine sehr mäßige Platzmiethe berechnet. Die Aussteller haben ihre Aus stellungsobjekte spesenfrei in den Ausstellungsraum ein zuliefern, dagegen wirb sich das Local-Comitee bemühen, die Erlassung der Rückfracht für die unverkauft ge bliebenen Gegenstände zu erwirken. — Ueber die durch sehr viele sächsische Blätter gegangene und auch von uns reproducirte Notiz betreffs des frei willigen Eintritts in den Militärdienst ist, wie das „M. T." inittheilt, zu bemerken, daß nur Diejenigen die Vergünstigung haben, sich den Truppentheil wählen zu dürfen, die sich vor Beginn der Wehrpflicht zum Militär dienst melden. — Die Redaction der Leipziger „Jllustrirten Zei tung" hat sich um Ueberlassunz des auch von uns ver öffentlichten Moltke'schen Briefes an die Redaction des „Pirnaer Anzeigers" gewandt, um denselben sodann facstmiliren zu lassen. Diesem Wunsche ist sofort ent sprochen worden und bald wird nun auch größeren Kreisen Gelegenheit geboten sein, die trotz des hohen Alters des berühmten Schreibers immer noch sehr markigen Schriftzüge bewundern zu können. — Die Hasenjagd, welche bei uns in Sachsen be kanntlich mit dem 1. Februar zu Ende ging, hat Heuer — soweit sichs nunmehr übersehen läßt — einen sehr geringen Ertrag ergeben und erreichte namentlich auf tiefgelegenen und wasserreichen Revieren kaum die Hälfte vom vorjährigen, weil hier die meisten jungen Hasen, welche im März und Anfang April gesetzt waren, durch Nässe und Kälte vernichtet wurden. Das Aussterben des ersten Wurfes wirkt aber um so schädigender auf den Bestand, als diese ersten Häschen im Herbste schon selbst wieder Junge zu haben pflegen. Ein leidliches Resultat haben die Besitzer solcher Reviere erzielt, welche bergig oder mindestens in der Nähe sonniger Berglehnen ge legen sind. Oschatz, 7. Februar. Im Anschluß an die Be kanntmachung unseres Stadtrathes, den Wucher in hiesiger Stadt betreffend, theilt man noch einen Fall mit, der noch überzeugender beweist, in welch' schänd licher Weis« dir Geldsauger ihr blutiges Geschäft treiben. Em armer Geschäftsmann lieh auf 10 Tage 32 M. Nach 10 Tag« kam derselbe wieder, um pünktlich die geliehene Summe zurückzuzahlen. Auf diese 10 Tage hat derselbe nun für diese geringe Summe 24 M- Zinsen, daS sind 2700 "/<> zu zahlen. — Gestern fand am hiesigen Seminar die diesjährige Rezipieudenprüfung statt. Bon den 29 Gemeldeten hatte» sich 28 zur Prüfung eingefunden, wovon einer durch Krankheit be hindert war. Ausgenommen wurden 20 in die sechste, 2 in die fünfte und 1 in die vierte Claffe. ü mußten wegen Unfähigkeit zurllckgewiesen werden. Merkwürdig ist die hier schon mehrmals beobachtete Erscheinung, daß unter Denjenigen, welche zurückgewiesen werd« müssen, sich regelmäßig Schüler befinden, welche vorher Zög linge von Realschulen waren. Großenhain. Als am 4. Februar in der Brennerei des Rittergutes Frauenhain der Brennerei- gehülfe Zobelt aus Diesbar den Treibriemen auf die Welle legen wollte, wurde dessen Schürze von dem Riemen erfaßt und er selbst in das Getriebe gezogen. Hierbei hat der Bedauernswerthe so starke Verletzungen erlitten, daß ihm das linke Bein amputirt werd« mußte. Roßwein, 7. Februar. Am gestrigen Nachmit tage war aus dem Gasthofe zu Schlegel bei Hainichen ein Pferd gestohlen, am selbigen Abend aber auch schon der Dieb hieraufgegriffen worden, und zwar hatte sich in diesem Falle wieder einmal der Telegraph, dessen sich die Gendarmerie bedient, als ein ausgezeichneter Vermittler erwiesen; denn kaum hatte der Dieb, ein Cavillergehülfe aus Keuern, das Geld für daS ver kaufte Roß eingestrichen, so wurde er auch selbst beim Kragen genommen und Pferd und Geld gerettet. Oederern, 5. Februar. Vergangenen Sonntag konnte hier leicht ein größeres Unglück passiren. Frau verw. Metzler, welche eine Stube in der ersten Etage ihres Hauses am Markt bewohnt, hatte soeben mit zwei ihrer Enkel das Abendbrot verzehrt, die Kinder hatten nach diesem die Stube verlassen und nur Frau Metzler saß bei ihrer Abendandacht am Ofen, als, wie das „Oed. Wochenbl." erzählt, drei sehr starke Balken, welche im Laufe langer Zeit aus dem Lager gefault waren, mit der Decke in die Stube herabstürzten, Alles zerschlagend, was sich unter ihnen befand. Hätten die Erwähnten nur noch wenige Minuten länger bei Tische gesessen, so waren sie sicher des Todes; nur Frau Metzler hat, da der Bruch nicht durchgehend war, eine kleine Streifung vom letzten herabstützenden Balken erhalten. Schandau. Trotz der angestrengten Thätigkeit der Polizeiorgane ist es leider noch nicht geluugen der Thäter habhaft zu werden, welche den Raubmord an dem Steinbrecher Heymann vollführt haben. Der Ueberfallene wurde seines Taschenmessers und Porte monnaies, welch' letzteres kaum noch eine Mark ent hielt, beraubt und hierauf in den am Wege vorüber fließenden Bach geworfen, worin man ihn dann in halbtodtem Zustande auffand. Plauen. Nach wenigstens halbjährigem Mühen ist es dem hiesigen Fabrikanten Knabe mit Hilfe eines bereits betagten Webermeisters und einer anderen tüchtigen Arbeitskraft gelungen, ein neues Product der Kunstweberei, Seidengaze genannt, zu Wege zu bringen. Kette und Schuß bestehen aus roher Seide, wie sie die Seiden raupe liefert, sie wird roh verarbeitet. Das Verfahren bei der Appretur ist Geheimniß. Ein Stück Seidengaze von 20 Meter Länge wiegt ungefähr 120 bis 150 Gramm. Leipzig. Der hiesige Thierschutzverein veranstaltet in der Zeit vom 2. bis 20. Mai 1880 im zoologischen Garten zu Leipzig (Pfaffendorfer Hof) eine Ausstellung aller derjenigen Gegenstände, welche unbeabsichtigter Thierquälerei vorbeugen können, oder Thieren, die der Mensch zu seinem Nutzen oder Vergnügen hält, in irgend einer Weise zu gute kommen. Gegenstände dieser Ausstellung sollen sein: Modelle oder Zeichnungen zweck entsprechender Aufenthaltsräume für Thiere aller Art, Geschirre, Modelle von gut construirten ArbeitSwagen oder solche Wagen selbst, Wagentheile, Huf- und Klauen beschlag, veterinärchirugische Instrumente, Heilapparate u. s. w. Anmeldung zur Ausstellung wolle man spätestens bis zum 15. März an das Commissions mitglied Julius Haeckel in Leipzig gelangen lassen. Vermischtes. * Ueber die Widerstandsfähigkeit des Eises macht ein Schweizer Blatt folgende interessante Mitteilungen: „Wenn das Eis eine Dicke von 4 Cm. hat, so trägt es das Gewicht eines einzelnen Mannes. Bei 8 Cm. kann Infanterie in Reih und Med, aber in gebro chenem Schritt darüber passiren. Für Cavallerie und leichte Feldstücke nimmt man eine Dickt von 11—16 Cm. an, und wenigsteps 20 Cm. für die Reservestücke. Bei 40 Cm. und darüber hinaus widersteht da- Eis dem Druck der schwersten Lasten.
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