Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981022021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898102202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898102202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-10
- Tag1898-10-22
- Monat1898-10
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
792» tragShafea vnd es ist — immer die Richtigkeit der Meldung de» „Bureau Dalziel" vorausgesetzt — das erste Mal, daß eine europäische Macht die Hand auf einen solchen gelegt bat. Die BertragSbäfen galten bisher für unantastbar. Nun hat Rußland, das freilich die Verträge achten und Niutschwang dem Welthandel, dem eS seine Bedeutung verdankt, osfenhalten wird, mit dieser alten Tradition gebrochen und mau wird in England gewiß darüber Lärm schlagen, wenn man auch deshalb nicht mu »spieß und. Schwert gegen Rußland ausziehen wird. Die englische Presse hat sich ja in der letzten Zeit unter Aufgabe der Politik der „offenen Thüren" mit der praktischeren Politik der Auftheilung der Interessensphären angefreundet und scheint sogar nicht abgeneigt zu sein, Rußlands Ansprüche auf die Mandschurei ziemlich ungeschmälert anzuerkenncu, wofern Rußland sich dazu versteht, die englischen Ansprüche auf das Aangtsethal ebenfalls zu achten. Trotzdem wird die Besetzung Niutschwangs und die Erkenntniß, daß die Mandschurei nun endgiltig russisches Land geworden, in England verblüffend wirken. Deutsches Reich k Berlin, 2l. October. (Reichs-Berggesetz.) „Je mehr gemeinsame RechtScinrichtungcn wir schaffen, desto mehr befestigen wir das deutsche Reich." Dieser Gedanke des Fürsten Bismarck hat bei der Begründung der deutschen Nechtseinheit auf dem Gebiete Leö bürgerlichen und Strafrechts seine Triebkraft bewiesen, und auf dieses Mahnwort greift nun eine Abhandlung des cheinaligen langjährigen Bonner BerghauptmannS 0r. H. Brassert zurück, die in der Zeit schrift für deutsches Bergrecht erschienen ist und nochmals für ein den deutschen Bergbau in seiner Ge« fammtheit umfassendes gemeinsames Recht ein tritt. Daß diese Materie bei der Verschiedenheit der landes gesetzlichen Bestimmungen noch mancherlei Schwierigkeiten bieten wird, obwohl die größeren deutschen Staaten, die ein Berggesetz besitzen, dieses im Wesentlichen dem preußischen Berggesetz vom Juli 1865 nachgebildet haben, bekundet sick schön darin, daß im Einführungsgesetz zum Bürger lichen Gesetzbuch ausdrücklich bestimmt wurde, die einzel staatlichen Vorschriften auf dem Gebiete des Bergrechts sollten davon unberührt bleiben. Im Reichstag hat wiederholt und zuletzt in diesem Winter diese Streit frage zu lebhafteren Auseinandersetzungen Anlaß gegeben. Jsvlirt stand der reichsparteiliche Abg. Freiherr v. Stumm, der in Rücksicht auf die ganze historische Entwickelung des Bergrechts für die Ordnung auf dem Wege der einzelstaat lichen Gesetzgebung eintrat, weil man nicht die Rechte der Einzelstaaten beschneiden solle, wo eS im nationalen Inter esse nickt geboten sei. Als berufener Kenner des Bergrechts trat demgegenüber der nationalliberale Abg. Or. Ham macher für ein Reichsgesetz ein mit folgenden gewichtigen Gründen: Ein solches Berggesetz nur garantire eine gleichmäßige und ausreichende Ausübung der Bergpolizei; ein solches Gesetz schaffe vor Allem Einheitlichkeit, wo, wie in den thüringischen Staaten, die verschiedenen berg gesetzlichen Bestimmungen störend durcheinander laufen. „AuS der Selbstständigkeit der Bergpolizei in Anhalt und Preußen sind bei dem Salzbergbau an der Grenze zwischen Leopoldshall und Staßfurt heute gefahrvolle Uebel entstanden, welche bei dem Vorhandensein eines sich auf alle deutschen Staaten erstreckenden Bergpolizeirechts zu vermeiden gewesen wären." Eine Erwiderung des Frhrn. v. Stumm gab dem Abg. vr. Hammacher Anlaß, insbesondere noch Zweierlei zu betonen: daß das Gewerkschaftörecht eia gleichmäßiges und gemeinschaftliches werden müsse, daS heute in verschiedenen Staaten verschieden sei, und daß die civilistischen Verhältnisse und Beziehungen, welche aus der Gewerkschaft entstehen, mit Bezug auf das Grundeigenthum u. s. w. einheitlich nach den Grundsätzen deS bürgerlichen Rechtes geordnet würden. Daran anknüpsend, entwickelt vr. Brassert folgende Gesichtspunkte: Die Be stimmungen über die Sicherheitsmaßregeln müßten freilich den Einzelstaaten vorzubehalten bleiben, da die praktische Ausübung der Bergpolizci den Landesbehörden keinenfalls aus der Hand genommen werden dürfe. Ausscheiden und der Gewerbegesetzgebung überweisen solle man weiter die Regelung der Rechtsverhältnisse der Bergarbeiter und die Feststellung von Grundsätzen über den Arbeitsvertrag. Auch für eine neue Rechtsordnung des bergbaulichen KnappschaftsweseoS biete ein Reichs - Berggesetz keine geeignete Stätte. Hingegen liege zunächst im Allgemeinen und im bergbaulichen Interesse, daß die Gegenstände, auf welche die Bergpolizei sich zu erstrecken und zu beschränken habe, einheitlich für das ganze Reich sicher gestellt würden. Weiter aber sei es in Rücksicht auf die zu erwartenden Rück wirkungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs insbesondere auf dem Gebiet deS Grunderwerbes unerläßlich» durch ein neues, ein heitliches besonderes Gesetz dem deutschen Bergbau gegen die Wiederkehr unerträglicher Rechtsunsicherheit und Rechts zersplitterung zu schützen. So vr. Blasiert, der eine Autorität auf diesem Gebiete ist. * Berlin, 21. October. (Socialistischer TesrroriS- mus.) Die „Conservative Correspond enz" hatte derselbe vertritt hier den Dienst einer vortrefflichen Vogelscheuche, er wird ihnen eine Warnung sein und sie lehren, daß mein Motto heißh: Gehorsam oder Tod; thut, was ich Euch sage oder ich schlage Euch den Schädel ein. Das ist die Sprache, die sie ver stehen, und ich denke, sie kennen mich jetzt. Sie sehen ja, heut' sind sie so munter wie Flöhe und ruhig wie Alligatoren, die auf einem Sumpf schlafen." Die Antwort des Schiffers auf diese Rede verstand ich nicht, aber sicherlich lag kein Vorwurf oder Verweis im Ton seiner Stimme. „Das Blut des Knaben wird über Euch kommen", dachte ich, als ich wegging, nachdem ich «inen verstohlenen Blick auf den Schönen geworfen hatte, dessen häßliches Gesicht drohend und finster wie eine Gewitterwolke über den Compaß geneigt war. Einige Tage nach dem Tode des Schiffsjungen hatte ich einen Unfall; ein Ereigniß, welches oft auf See berichtet wird, aber aus einem einleuchtenden Grund sehr selten von Demjenigen, der es erlebt hat. Der Capitain ging auf der Windseite auf und ab, der Matrose Sawings stand am Rade und Miß Franklin blätterte in einem Buche, auf der Leeseite der Campanje sitzend. Die Wache war im Takelwerk und auf Deck beschäftigt. Die Brigg machte gute Fahrt unter dem günstigen Winde, der sie streifte. Das große Segel war voll gerundet und bildete eine mächtige, weiße, anmuthige Wölbung zwischen den Geitauen und Raa nocken; nur die Reuls raffelten oben, als wenn die Brigg be ständig im Begriff wäre, zu wenden, es sich aber immer wieder anders überlegte. Ehe ich die Leute an di« Brassen rief, sprang ich auf die Schanzkleidung und mich an einer Pardune haltend, ließ ich meine Augen über den sich neigenden S«gelthurm schweifen. Zu einem Unglllcksfall auf See gehört nur ein Augen blick. Ein Mann im Takelwerk schwingt sich an einem Tau, dasselbe ist nicht fest und mit ihm in den Händen fällt er zer schmettert aufs Deck. Oder es steht Einer auf einer Paardr, ein plötzlicher Ruck läßt dieselbe unter seinen Füßen abgleiten, er saust durch die Luft und ist dahin für immer. Was mir geschah, traf mich auch so plötzlich, daß ich keine Ahnung habe, in welcher Weise es sich ereignete. In der einen Minute befand ich mich in völligem Gleichgewicht auf der Schanz kleidung, in der nächsten war ich unter Wasser mit einem Lärm, wie Donner in meinen Ohren. ES war sonderbar, daß, so lange ich unter Wasser war, mich die feste Ueberzeugung beseelte, daß ich träumte. Ich hatte keine Furcht; denn ich glaubte nicht an die Wirklichkeit meiner Lage. Ob e» daher kam, daß ich von dem Schlag auf da» Wasser etwa» bekanntlich kürzlich eine Kritik deS „Vorwärts" über die Oeynhausener Rede de« Kaiser« eine „dreiste Entstellung der Thatsachen" genannt und bemerkt, daß es sich bei dem be nannten Gesetzesvorschlage um die Abwehr gegenüber dem socialistischen TerroriSmuS handele. Der „Vorwärts"' war über diese Abfertigung hochentrüstet und fragte: „Wann und wo hat es denn „socialdemokratischen Terrorismus" gegeben? Wir haben Bismarck'schen TerroriSmuS gehabt, wir haben Stumm'jchen Terrorismus, wir haben junkerlichen Landraths« Terrorismus, wir sollen jetzt Zuchthaus-TerrorismuS bekommen — aber von socialdemokratischem TerroriSmuS kann nur Der sprechen, welcher entweder nicht weiß, was die Worte bedeuten, oder mit Worten freche Falschmünzerei treibt." Zur Antwort aus diese Frage nimmt die „Germania" folgendermaßen das Wort: „Ohne uns mit der„Conservativen Correspondenz" zu identificiren, müssen wir ihr in puncto TerroriSmuS Recht geben. Dem „Vor wärts" würde es wohl anstehen, nicht mit so dreister Stirne zu fragen: „Aber wann und wo hat es denn socialdemokratischen Terrorismus gegeben?" Ohne auf das Pariser Beispiel aus den letzten Tagen Hinweisen zu wollen, wo die Socialdcmokratie die führende Rolle hatte, können wir auf die Bestrafungen verweisen, denen verschiedentlich die Genossen wegen Belästigung Arbeitswilliger verfallen sind. Ferner müßten die Herren vom „Vorwärts" die Versammlungen LeS Berliner christlichen Gewerk- Vereins „Arbeiterschutz" besuchen, dann würden sie Klagen unserer Vereinsmitglieder hierüber in Hülle und Fülle hören. Die Herren Genossen scheuen da vor keinem Mittel zurück. Betritt rin „Geselle" einen Bau und erhält Arbeit, dann sind die „Genossen", noch bevor er recht „warm" geworden ist, bei der Hand und fragen den Neuling, ob er „reine Wäsche" hat, d. h. ob er eine socialdemokratische Quittungskarte nebst den zugehörigen Klebckarten besitzt, überhaupt ob er den Anforderungen der „Genossen" entspricht. Ist das nicht der Fall und ist der Geselle nicht willig, jo wird nichts unversucht gelassen, ihn aus dem Bane hinaus zu bringen. Nicht nur werden die Stiefel, Kleider zer schnitten, wird das Handwerkszeug versteckt, ja es kommt sogar vor, daß dem Störrischen, wenn er nicht ganz handfest ist, unter sechs Augen eine Lection erthcilt wird, die ihn am eigenen Körper die Collegialität dec Genossen fühlen läßt. Wendet sich der Polier gegen ein solches Getriebe und die Genossen wissen, daß die Fertig, stellung des Baues drängt, dann legen sie plötzlich die Arbeit nieder und sperren Len Bau." — Die Kaiserin Auguste Victoria, geboren am 22. October 1858, feiert morgen ihren vierzigsten Ge burtstag. Die meisten Berliner Blätter feiern diesen schon heute in Artikeln, die das ivohlthätige und segensreiche Wirken der hoben Frau preisen und betonen, daß alle Volksschichten in herzlicher Liebe, Verehrung und Dankbarkeit der am Gol denen Horn weilenden Fürstin gedenken. Die „Verl. N. N." fügen hinzu: Tie Vorsehung hat es gewollt, daß LaS junge Paar frühe zur höchsten, verantwortungsreichsten Stelle kam. Und wenn Kaiser Wilhelm II. seinen Herrschcrpflichten stets mit hingebendem Eifer nach kam, so schöpfte er wohl den besten Theil der Kraft und Freudigkeit aus dem Heim, welches ihm Kaiserin Auguste Victoria geschaffen hat und mit Liebe und Versländniß in edelstem Sinne pflegt. Ist doch das Familienleben des Kaiserpaarcs, daS sieben blühende Kinder um geben, ein erfrischender Anblick, ein Vorbild für alle Welt. Aber auch weiter hinaus ist die Kaiserin ihrer hohen Ausgabe voll gerecht geworden. In Werken dec christlichen Liebe, der Wohlthätigkcit steht sie überall in erster Linie. So möge unsere Kaiserin noch lange Jahre segensreich wirken, selbst in schönster Weise beglückt im Kreise ihrer nächsten Lieben und durch die Verehrung des ganzen deutschen Volkes. — Eine unmittelbare Folge des Kaiserbesuches in Kon stantinopel wird, wie die Correspondenz „Vorarbeit" erfährt, die Ernennung eines maritimen Attaches bei der hiesigen türkischen Botschaft sein. Die Türkei unter hielt bisher keinen Marineattachs in Berlin, was in An betracht der großen Fortschritte ves deutschen SchisfsbaueS auf beiden Seiten als ein Uebelstand empfunden wurde. — Der geschästsführende Ausschuß des deutschen Flotten vereins hat den „Hamb. Nachr." zufolge für das See mannsheim in Kiau tschau 5000 „L bewilligt. Der Erbprinz von Hohenlohe-SchillingSfürst hat den Vorsitz deS Ortöverbandcs deutscher Flottenvereine im Auslände nieder gelegt. — In einer PrivatbeleidignngSklage gegen das „Grün berger Wochenblatt" batte der Kläger versucht, der Theorie vom „fliegenden Gerichtsstand der Presse" zu einer neuen Anerkennung zu verhelfen, indem er die Sache beim Amtsgericht zu Charlottenburg anhängig machte und sich auf einen dortigen Abonnenten als Zeugen für die Verbreitung des Blattes berief. DaS Charlottenburger Gericht hat sich aber für unzuständig erklärt und daher die Eröffnung des Hauplverfahrens abgelehnt. In dem Beschlüsse heißt eS, da das „Gründ. Wochenbl." in Grünberg erscheine, sei daS Grünberger und nicht das Char betäubt oder ob mein Geist unfähig war, die plötzliche Ver änderung des Zustandes sofort zu fassen, genug, das ist sicher, daß mein Gefühl so war, wie ich es beschrieben habe. Ich stieg wieder an die Oberfläche auf und mit dem ersten Athemzug frischer Luft erfaßte mich das ganze Entsetzen meiner Lage. Die Wogen, welche vom Deck der Brigg aus gar nicht bedeutend ausgesehen hatten, erschienen mir jetzt wie ebenso viele um mich herumtanzende Berge. Auf den Gipfel des einen derselben er hoben, konnte ich sehen, daß die Brigg Anstalten zum Beidrehen traf und Leute in der Nähe des Quarterboots auf der Leeseite beschäftigt waren. Darauf fuhr ich wieder herunter in die mir unermeßlich scheinende Kluft zwischen den Wellenbergen, das grüne Wasser wie die Mauern eines Hauses auf jeder Seite neben mir. Was mein Herz stocken machte und meine Arme beinahe lähmte, war die Entfernung, in welcher die Brigg sich befand. Eben war ich noch an Bord gewesen und jetzt war sie so weit weg, daß die Menschen an dem Seitenboot nicht größer aussahen als meine Daumen. Würde ich mich flott halten können, bis das Boot den Zwischenraum durchmessen hatte, welcher mich von der Brigg trennte? Ich war ein guter Schwimmer, aber das Bewußtsein der ungeheuren Tiefe unter mir, das Tosen des schäumenden Wassers über meinemKopf und um mich her, meineeigeneWinzig- keit in dieser bewegten grausigen Welt von Gischt und Schaum, all' dies war so «ntmuthigend, daß meine Willenskraft versagte, meine Kraft ermattete und nur der Instinkt, mein Leben zu er halten, mich trieb, mit den Armen zu rudern und den Kopf über Wasser zu heben. Auf den Kamm einer hohen Welle geschleudert, erblickte ich plötzlich, nicht fünfzig Meter von mir entfernt, einen gelben Gegenstand, eine Rettungsboje, welche Jemand wenige Sekunden, nachdem ich über Bord gefallen war, mir nachgeworfen haben mußte. Als ich von der brausenden Höhe wieder in den entsetzlichen Schlund gerissen wurde, begann mein Geist, durch den Anblick der Boje neu belebt, sich wieder zu regen; ich überlegte, wie ich es anfangen mußte, sie zu erreichen. Sie be fand sich windwärts von mir, jede See, welche sie in die Höhe hob, mußte sie mir näher bringen. Darum schwamm ich nicht mehr der Brigg entgegen, sondern wandte mich dem Gürtel zu und strich mit aller Macht aus. Ich hatte hierbei weniger die Absicht, auf ihn zuzuschwimmen, als mich von dem gewaltigen Andrang des Wassers nicht immer weiter abtreiben zu lassen. Manchmal brach sich der Kamm einer Woge über mir, mich mit einem Wirbel von Schaum überschüttend, in welchem ich sprudelte und planschte und halb erstickte. Keuchend, Haar und Wasser aus meinen Augen schüttelnd, rüstete ich mich aber immer wieder auf» lottenburger jAmtSgericht zuständig. Auch treffe nicht zu, sei wenigstens bisher nicht anzunehmen, daß da« „Gründ. Wochenbl." in Charlottenburg verbreitet sei. Der Zeuge habe zwar bekundet, daß er daS Blatt, obgleich nicht darauf abonmrt, doch auS Anhänglichkeit von dem Beschuldigten zu geschickt erhalte; allein darin könne ein Verbreitetsein deö Blattes in Charlottenburg nicht gefunden werden. — Der „Neichsanzeizer" veröffentlicht eine Bekanntmachung betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Ziegeleien und eine Ver ordnung betreffend das Bergwerkswesen in Deutsch- Ostasrika. — DaS Ministerium für Handel und Gewerbe hat, wie der „Schief. Ztg." aus Berlin gemeldet wird, vier Com missionen mit der Befahrung der Gruben des Saarbrücker, Dortmunder, oberschlesischen und niederschlesischen Reviers beauftragt. Die Resultate sollen für die geplante berg polizeiliche Reform grundlegend sein. — In der Frage der Loslösung der Wasserbau- Angelegenheiten vom Ministerium der öffent lichen Arbeiten ist eine Entscheidung auch heute noch nicht getroffen. Die von eiuer Seite aufgestellte Behauptung, es sei die Uebertragung dieser Angelegenheiten an das Land- wirthschaftS-Ministerium bereits beschlossene Sache, ist unzu treffend; im Gegentheil dürfte die Annahme richtig sein, daß die gegen diese Uebertragung sprechenden Gründe im StaatS- miuisterium in letzter Zeit nicht unwesentlich an Gewicht ge wonnen haben. — Wegen der Durchführung der Maincanalisation finden nach der „Allg. Ztg." außer Verhandlungen zwischen Preußen und Bayern auch solche mit Baden und Hessen statt. — Die socialdcmokratische Partei stellte im Wahl kreise Linden als Candidaten für die bevorstehende Wahl zum preußischen Landtage den Nedacteur des Parteiorgans „Volkswille", Rauch, auf. Wie verlautet, wird derselbe die Unterstützung der welfischcn Partei finden. Im Wahlkreise Brandenburg-Westhavelland haben die Socialdemo- kraten ebenfalls einen eigenen Candidaten aufgestellt, nämlich den Stadtverordneten Borgmann (Berlin). — Es sind also jetzt schon in fünf Wahlkreisen socialdemokratische Candidaturen ausgestellt worden, in Hanau, Altona-Ottensen, Elberfeld-Barmen, Linden und Brandenburg. Zwei werden Wohl noch in Halle a. S. hinzukommen. — Aus Anlaß des Processes Grünenthal empfiehlt die „Voss. Ztg." größere Vorsicht bei dcr Fertigstellung der Neichsbanknoten. Sie schreibt: „Ter Regel nach entsteht eine verpflichtende Urkunde durch die eigenhändige Unterschrift des Verpflichteten. Von der Echtheit der Unterschrift hängt die Echtheit dcr Urkunde ab. Bei Banknoten giebt es keine eigenhändige Unterschrift. Die Unterschriften der Reichsbank directoren werden mechanisch hergeslellt; ein expedirender Calculator wird nicht in Anspruch genommen. Der werthloje Papicrfetzen ver wandelt sich durch eine Reihe von rein mechanische» Verrichtungen in eine Banknote, und welches der Augenblick ist, in welchem sich diese Ver wandlung vollzogen bat, darüber fehlt dem Publicum das Urtbeil. Hier muß größere Klarheit und Sicherheit geschaffen werden. Bei Schaffung des Reichsinvalidensonds hat sich der Reichstag ein Recht der Mitwirkung und der Controle gesichert. Er hat sich einen Schlussel zu den Tresorschränken Vorbehalte». Wenn ncue Bank noten gedruckt werden, so erhält er Nachricht davon, daß und in welchem Betrage der Druck angeordnet sei, aber über alles Weitere bleibt er ebenso ununtcrrichtet wie daS Publicum. Jetzt ist Lehr geld bezahlt worden im Betrage von einer halben Million, von dem vielleicht »och ein Theil gerett.t wird. Aber dieses Lehrgeld muß nun die Veranlassung geben, daß Besserung cintritt." — Der Geheime Justiz- und Kammergerichtsrath Kehßner, früher in Stettin und am hiesigen Stadtgericht thätig, seit 1872 Kammergerichtsrath und etwa zwanzig Jahre Mitglied der Justiz- Prüfungscommijsion, feiert am 24. October sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum. Derselbe ist durch zahlreiche Arbeiten aus dem Gebiete des Handelsrechtes, in welchem er auch als Lehrer thätig ist, weithin bekannt und hat in letzter Zeit durch seine anregende Schrift: „Das Recht am eigenen Bilde" die Aufmerksamkeit weit über die Fachkreise hinaus auf sich gezogen. Der Jubilar erfreut sich einer großen Frische des Geistes und körperlicher Rüstigkeit. — Ter Reichsgerichlsrath a. D. Adolf Lesser ist heule früh hier gestorben. — Personalien. Dcr LegationSrath v. Nostiz ist nach Dresden, der russische Wirkl. Staatsrath v. Scalon nach Peters burg abgercist. * Ans -er Ostmark, 21. October. Ein Freund deS „Graudenzer Geselligen" aus dem Regierungsbezirke Marien werder sendet diesem Blatte folgende Liste polnisch ent stellter, ursprünglich deutscher Familiennamen: Empel (Hempel), Plata (Plath), Marek (Marks), Figcr (Finger), Wylke (Wilke), Bluma (Bluhm), Pieczka (Pischke), Warmbyer (Warm bier), Schweda (Schwcder), Kutza (Kutz). Prall (Prahl), Glasa (Glaser), Ridellek (Riedel), Wenda (Wendt), Mhszka (Mischke), Bujcbka (Busch), Pyszka (Pischke), Wernerowski (Werner), Tyx (Dyck), Dobrinski (Dobrindt), Rosenkalski (Rosenthal), Schute (Schütz), Kopiska (Kopischke), Kleinjchmitzki (Kleinschmidt), Krista (Kruse), WaldomSki (Waldow), Kopka (Kovke), Bucha (Buch), Jerka (Goerke), Stcrnicki (Stern), Rolla (Roll), Nojmann (Neumann), Frytza (Fritz). (D Osnabrück, 21. October. Der Bischof von Osnabrück vr. Höting ist auf seiner Reise nach Rom in Venedig ge Neue zu dem Kampf, meinen Platz zu behaupten, und endlich, nach etwa fünf Minuten tödtlicher Anstrengung, gelang es mir, die Boje zu fassen, als sie auf der Spitze einer Woge herabstürzte. In einer Secunde hatte ich sie mir über Kopf und Arme gezogen und fühlte mich nunmehr brusthoch sicher über dem Wasser ge tragen. Inzwischen war das niedergelassene Boot kräftig auf mich zugerudert. Ich sah ihm mit schrecklicher Angst entgegen, wie es sich abwechselnd hoch erhob und immer gleich wieder meinen Blicken entschwand. Das heiß ersehnte Boot kam von der Windseite und erforderte die sorgsamste Führung; aber obgleich ich halbtodt war, hatte ich noch Bewußtsein genug, Entzücken zu empfinden über die Ge schicklichkeit, mit welcher Klein-Welchy, der am Steuer stand, es regierte. Er richtete die Spitze desselben der See entgegen und ließ es mit dem Stern auf mich zutreiben, manchmal es unter stützend durch ein Eintauchen des Ruders. Nach einigen Augenblicken war es neben mir. Dieselbe Woge schleuderte uns zusammen in ein Wellenthal hinab. Als wir wieder gehoben wurden, packten mich vier Paar Hände und zogen mich triefend in das Boot hinein, in welchem ich mich sofort er brach und dann so schwach dalag, wie eine halb ersäufte junge Katze. Ein häßliches und schwieriges Geschäft war es jetzt, die Brigg wieder zu erreichen; denn das Boot mußte nunmehr den furcht baren Rollern gerade entgegenrudern Die vier Leute strengten sich aufs Aeußerste an und brauchten doch ejnc halbe Stunde, um das Boot längsseits zu bringen. Hierbei hing es wieder an einem Haar, daß es um uns Alle ge schehen war; denn als das Boot etwa bis zur Hälfte gehißt war, traf es eine Woge und riß ein paar Bohlen aus dem Boden. Zu schwach, um zu gehen, wurde ich von einigen Leuten in meine Cajllte getragen. Die Kleider wurden mir ausgezogen und mein Körper trocken gerieben, auch gab man mir ein Glas heißen Branntwein zu trinken. Warm und geborgen in meiner Pritsche, dankte ich Gott für meine Errettung und schlief «in. Als ich zwei Stunden darauf erwachte, war ich kräftig genug, um aufzustehen und auf Deck zu gehen. Von einem Vorfall dieser Art wird auf See nkcht viel her gemacht. Das Einzige, was der Capitain darüber bemerkte, war: „In Zukunft sehen Sie sich besser vor, ich habe keine Lust, meine Boote zu riskiren, und da das Tauwerk den Menschen nicht festhält, wie die Leimruthe eine Fliege, so fassen Sie ein andermal besser zu." Der Maat sagte gar nichts. Wäre ich während seiner Wache storben. Dir Bischof bat ein Alter von 78 Jahren erreicht. Am tiefsten werden die Welfen um ihn trauern. * vad Lauterberg a. H., 21. October. Major v. Miss- mann, der im Juni d. I. von hier nach den ihm bis dahin noch unbekannten Gebieten von Deutsch-Süd-Westafrika ab gereist ist, weilt deni „Hann. Courier" zufolge immer noch dort und wird nach direct hier eingelaufeuen Nachrichten erst im Januar n. I. hierher zurückkehren. Sein Befinden ist sehr befriedigend. * Arolsen, 21. October. Zur Taufe des jüngsten Prinzen von Waldeck am Montag werden hier die Königin von Holland mit ihrer Mutter, die Herzogin von Albany, daS Fürstenpaar von Schaumburg-Lippe und andere Fürstlich keiten eintreffen. Von hier trist die Königin Wilhelmina nach Stuttgart. * Hagen, 20. October. Diejenigen evangelischen Geist liche» HagenS, denen die OrtSschulinspection in den städtischen Volksschulen übertragen worden war, wurden nach der „Köln. Ztg." infolge der Neuordnung deS hiesigen Volks schulwesens ihres Amtes entbunden und ihre Befugnisse den Rectoren übergeben. * Düsseldorf, 21. October. Ueber den Düsseldorfer Couflikt zwischen dem Regierungspräsidenten und dem Oberbürgermeister liegt folgende Mittbeilung der „Rh.-Westf. Ztg." vor: Die königliche Regierung hatte die Verpachtung dcr Gräfenberger Waldungen vom FiSkuS an die Stadt Düsseldorf befürwortet, von der Voraussetzung ausgehend, daß diese alsdann dem Publicum noch mehr und besser zu gänglich gemacht werden würden, als eS unter der fiskalischen Verwaltung bis dahin möglich gewesen war. In dieser Hoffnung sah sich die Regierung getäuscht, und zwar durch verschiedene Maßnahmen der Stadtver waltung, welche auch den benachbarten Gemeinden Ludenberg und Gerresheim Veranlassung zu energischen Beschwerden bei dem Regierungspräsidenten Freiherr» von Rheinbaben boten. Die Erinnerungen und Vorstellungen bei der städtischen Ver waltung blieben aber erfolglos, und so entstanden von selbst Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierung und Stadt verwaltung, die freilich in den jüngsten Tagen eine tief reifende Gestalt angenommen haben müssen, wenn sie den Oberbürgermeister Lindemann zur Niederlegung seines Amtes mit veranlaßt haben. * Eisenach, 2l. October. Der Erb großherzog bezieht zu Beginn LeS Wintersemesters die Universität Jena. * Gera, 21. October. Der „Genosse" Hugo Nödiger, welcher der über ihn verhängten Gefängnißstrafe von einem Jahre und acht Monaten durch die Flucht sich entzog, hat bei verschiedenen kleinen Gewerbetreibenden seine Verpflichtungen zu erfüllen „vergessen". Sie dürften die einzigen sein, die ihm eine Thräne nachweinen. (Geraer Ztg.) * Karlsruhe, 21. October. Auch nach der Ankunft in Konstantinopel hat der Kaiser dem Großherzog tele graphisch Nachricht über seine glücklich beendete Fahrt gegeben. Oesterreich-Ungarn. Graf Murawjcw. * Wien, 21. October. Der russische Minister des Aus wärtigen Graf Murawjcw ist heute Abend hier eingetroffen. Dcr diesige russische Botschafter Graf Kapnist und der diesseitige Botschafter in Petersburg, Prinz Liechtenstein, waren znm Empfange am Bahnhöfe anwesend. Graf Murawjcw begab sich in das russische Botschaftshotel, wo er Absteigequartier nimmt. „8de". * Wien, 21. Octoter. Der Obmann und der Viceobmann des Jungtschechenclubs erschienen heute beim Kriegs min i st e r, um Beschwerde wegen der Bestrafung tschechischer Reservisten zu führen, die bei der Controlversammluug zu Prag „zde" statt „hier" gerufen haben. Der Kriegsminister erklärte, der Reservist stehe bei der Controlversammlung im Dienste und müsse daher die Armeesprache gebrauchen. Dies sei auch in Uagarn der Fall. Da die Reservisten dem er- theilten Befehle nicht Folge leisteten, so mußten sie bestraft werden. (Magdeb. Ztg.) Frankreich. Ter WllchsamkcitS-AnSschutz. * Paris, 22. October. (Telegramm.) Der neu gegründete socialistische Wachsamkeits - Ausschuß batte gestern Abend eine Versammlung im Etablissement Lac St. Fargeau einberufen. Die Weigerung des Eigen- thümerS, den Saal berzuzeben, halte heftige Zusammenstöße zur Folge. Die Polizei ging wiederholt geschlossen vor nnv mehrere Schutzleute zogen blank. Die Manifestanten wurven zurückgetrieben und wollten sich nun im Freien versammeln. Es wurden Ansprachen gehalten, aber die Polizei trieb die Versammlung auseinander und nahm zahlreiche Ver haftungen vor. TrehfnS. * Paris, 22. October. (Telegramm.) Hier geht daS Gerücht, Dreyfus befinde sich aus dem Mont Valörien. über Bord gefallen, so würde er mir wahrscheinlich einen Fluch nachgesandt haben, weil ich ihm die Mühe machte, die Brigg beizudrehen und ein Boot niederzulassen. Solche Art mag Manchem unglaublich oder übertrieben er scheinen, aber Keiner, der je auf irgend einem englischen Kauf fahrteischiff gedient hat, wird die Wahrheit meiner Darstellung bestreiten. Wenn jedoch der Unfall auch jedem Anderen ganz gleichgiltig war, so war ich davon doch tief ergriffen. Ich hatte mich in der That dem Ertrinken viel näher befunden, als angenommen wurde oder als ich mir selbst gestehen mochte. Ein Schwimmgürtel er hält einen Menschen nicht lange am Leben, wenn die Wogen sich über ihm brechen, und ich bin überzeugt, daß, wenn mich das Boot nicht bald erreicht, ich in den nächsten zehn Minuten meine Rech nung mit dem Leben abgeschlossen hätte. Infolge dessen sah ich so feierlich aus wie ein Geist, und als ich um acht Uhr auf Deck kam, um meine Wache bis um zwölf Uhr anzutreten, war ich in so melancholischer und sentimentaler Stimmung, wie ich mich kaum erinnere, je gewesen zu sein. „Wo würdest Du jetzt sein ohne jene Rettungsboje?" dachte ich im Stillen und sah auf das dunkle Wasser nieder; „da Unten, armer Jack, tief in dem schwarzen, grundlosen Wasser würdest Du als eine Leiche, als ein blasses Gespenst schaukeln, inmitten von tausend Faden Wasser, gestoßen von den Nasen der Fische, umringt von leuchtenden Augen, die sich grauen vor Deiner Häß lich leit — und um Dich her Todtcnstillr, ach Gott, welche Stille! Tief wie jene, welche herrschte, ehe diese Erde aus dem Chaos geschaffen wurde, eine Stille, in die kein Laut des mächtigsten Orkanes dringt, welcher an dem Dach des Hauses, das Dich be herbergt, rüttelt und schüttelt, als wollte er es abheben und davon führen." Es durchschauerte mich. Ich blickte auf zu den Sternen: „Gott sei Dank, daß ich euch noch sehe!" flüsterte ich wie Manfred, nur mit ehrfürchtigerer Dankbarkeit. Miß Franklin kam aus der Cajüte und schritt direct auf mich zu. „Ich habe noch nicht Gelegenheit gefunden, Ihnen zu sagen, wie froh ich bin, daß Sie mit dem Leben davongekommen sind. Ich war auf Deck, als Sie über Bord fielen, ich sah sogar gerade nach Ihnen hin, als Sie stürzten. Es war ein furchtbarer, ent setzlicher Moment. Ich zweifle, ob Sie mehr erschrocken sein können als ich, und der Schrei des Mannes am Rade: „Mann über Bord!" ging mir durch Mark und Bein." , (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder