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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.10.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981027028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898102702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898102702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-10
- Tag1898-10-27
- Monat1898-10
- Jahr1898
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit dtt Morgen-Ausgabe, ohne Postbesvrderun; 60—, mrt Postbesördrrung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: BormftwgS 10 Uhr. Msrgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde srüher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig Donnerstag den 27. October 1898. 92. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 27. Oktober. Wie wir dieser Tage nach der „Kolberger Zeitung" ge meldet haben, ist „höheren OrtS" verfügt worden, daß ZeitungS-Extrablätter nur bei außergewöhnlichen wichtigen Veranlassungen, z. B. in Kriegszeiten, zur unentgeltlichen Versendung durch die Post zugelassen werden sollen. Ten ZeitungSexpeditionen wird geratben, sich durch Zusendung eines „Probeexemplars" an die Postämter die Gewißheit zu verschaffen, ob die Versendung erfolgen könne. Die konserva tive „Kolb. Zeitung" hat zu dieser Neuigkeit bemerkt: „Man weiß in der That nicht, was man hierzu sagen soll." Einiges läßt sich aber doch dazu bemerken. Vor Allem: man muß »«nehmen, daß die zuletzt erfolgte Ver sendung von Extrablättern den Anstoß zu der „höheren OrtS" getroffenen Bestimmung gegeben hat. Diese außerordentliche Inanspruchnahme der Post ist aber durch den Tod des Fürsten BiSmarck veranlaßt worden, ein Ereigniß, das in Preußen der allgemeinen Anordnung von Traueracten in den Schulen nicht für Werth erachtet worden ist. Auch eine Entscheidung der Berliner- Polizei führt auf die Spur der der erwähnten Postverfügung zu Grunde liegenden „Erwägungen". Fürst Bismarck starb bekanntlich kurz vor Anbruch eines Sonntages, welcher Um stand eS einer große» Anzahl von Zeitungen unmöglich machte, ihren Lesern in einer gewöhnlichen Ausgabe diese Kunde zu bringen. Einem Berliner Blatte, das gemäß der Ausnahmen von den Vorschriften über die Sonntagsruhe zulassenden Bestimmung der Gewerbeordnung am andern Tage ein Extrablatt Herstellen lassen wollte, wurde die dazu nachgesuchte polizeiliche Erlaubniß verweigert, auf einen: Polizeiamte sogar mit der Begründung, der Tod BiSmarck'S sei „kein Naturereigniß". Andere Berliner- Zeitungen aber konnten an jenem Tage drucken. Die hier zu Tage getretene Ungleichheit der Behandlung gleicher Anträge führt zur praktischen Seite der neuen Anordnung. Was außergewöhnlich wichtige Ver anlassung ist, darüber wird sehr häufig Meinungsverschieden heit bei den verschiedenen Postämtern des Reiches herrschen. Dafür, daß dies sogar bei den Gerichten der Fall ist, haben wir schon den Beweis. Nach dem an einem Sonntag be kannt gewordenen Ausbruch des letzten Krieges zwischen der Türkei und Griechenland meldeten zwei Zeitungen, eine schlesische nnd — wenn wir uns recht erinnern — eine pommersche, das Ereigniß durch Extrablätter. Die eine wurde wegen Uebertretung der Gewerbeordnung verurtheilt, weil es das Gericht nicht für außergewöhnlich wichtig ansah, daß hinten weit in der Türkei die Völker aufeinander zu schlagen anfingen, die andere wurde von einem andern Gerichte in Erwägung der politischen und commerziellen Tragweite des Krieges freigesprochen. Wenn die Postämter über die Dringlichkeit eines Anlasses zur Herausgabe eines Extrablattes zu befinden haben, wird eS beim besten Willen nicht zu vermeiden sein, daß solche Meinungsverschiedenheit sich häufig bemerkbar und für Zeitungen und Publicum lästig macht. Wir wiesen kürzlich darauf bin, daß den Socialdcmo- kraten bei ihrem Parteitage in Stuttgart der Warte saal 1. Classe für ihr EmpfangSbureau freigezeben worden sei, und bemerkten, daß die in dieser Freigebung liegende Aufmerksamkeit der württembergischen Regierung gegen die Feinde des bestehenden Staates nicht unbedenklich sei. Wir fügten hinzu, daß gerade in Württemberg die socialistischen Pöbelexcesse in Heilbronn und Göppingen gezeigt hätten, wie wenig mit einem zartfühlenden Verhalten gegen über der Socialdemokratie erreicht wird. Mit einer wahren Berserkerwuth nimmt sich nun das Haupt organ der württembergischen bürgerlichen Demokratie, der „Beobachter", der „Genossen" an, indem eS zugleich das Verhalten der königl. württembergischen Eisenbahn-General- direction für durchaus gerechtfertigt erklärt. Es sei, wenn auch ein EmpfangSbureau für die socialdemokratischen Dele- girten im Wartesaal I. Classe eingerichtet worden, doch noch Platz genug für andere Reisende I. Classe gewesen. Darauf kommt es gar nicht an, sondern vielmehr daranf, daß die Eisenbahngebäude überhaupt nicht für politische Parteizwecke da sind, ganz gewiß aber nicht für die Zwecke der staatsfeindlichen Socialdcmokratie. Wie ein derartiges Entgegenkommen von der Socialdemokratie ausgebentet wird, zeigt sich in dem der Generaldirection von der socialdcnro- kratischcn „Schwäbischen Tagwacht" gespendeten Lobe: die Direction habe auch in diesem Falle bewiesen, daß sie ihre Colleginnen im übrigen Deutschland an Klugheit übertreffe. Der Gegensatz, in den hier die Geueral- direction zu den gleichstehenden Verwaltungen im übrigen Deutschland gebracht wird, und die Kritik, die damit an ihren Colleginnen geübt wird, kann sie unmöglich angenehm berührt haben. Ebensowenig dürfte eS die würtlembergische Negierung angenehm berühren, daß ein particularistisches und republikanisches Blatt wie der „Beobachter" ihre Art ter Be handlung der Socialdcmokratie billigt. Wie schlecht übrigens die bürgerlich radikalen Bundesgenossen der Sozialisten bei ihrem eifrigen Eintreten für die „Genossen" davoukommen, Hal sich gerade bei den württembergischen Reichstagswahlen gezeigt, denn die Fortschritte der Socialdcmokratie vollzogen sich dort wesentlich auf Kosten der Volkspartci. Dies ist ja auch die ganz natürliche Entwickelung, denn die von der Volkspartei und ihrem Leitorgane betriebene systematische Hetze bestellt den Acker für die Socialdemokratie. Ueber die Neubildung des französische» CabinctS ver lautet, daß eine Concentration aller Republikaner mit pro- gressistischer Tendenz beabsichtigt sei. Wenn cs sich um eine Regierung handeln soll, der die Aufgabe gestellt ist, „die Agitation der Dreyfusfreunde unbedingt wegzufegen, die Armee zu beschützen und ihre Angreifer zum Schweigen zu bringen", wie das „Petit Journal" sagt, so scheint allerdings die fortschrittlich abgetönte Con centration daö geeignetste Mittel. Sie entspricht allerdings insofern nicht der vorgestrigen Kammermehrheit, welche das Cabinet Brisson zum Sturz brachte, als die Rechte und die Ralliirten unberücksichtigt bleiben. Allein dieser beiden Parteien ist die republikanische Regierung sicher, wenn eS gilt, die „Ehre der Armee" zu schützen, um so sicherer, als sie selbst, als Product der vorgestrigen Abstimmungen, in der Armee die Hüterin der republikanischen Gesetze erblicken, von ihr keinen Staatsstreich befürchten und sich nicht scheuen dürste, den Soldatenstiefel zu küssen, der ja augenblicklich das Symbol der Republik ist. Die Betonung des progressistischen Cha rakters der neuen Regierung erscheint deshalb glücklich, weil nur fünfundzwanzig fortschrittliche Republikaner für den VertrauenSantrag Berteaux' stimmten und zwölf sich der Abstimmung enthielten. Sonach besteht die Hoff- nung, den ganzen progressistischen Flügel, der mit den Radikalen enge Fühlung hat, zu gewinnen. Ja, man glaubt sogar Veranlassung zu haben, den Radicalen selber die Thür zur Rückkehr aus der „Verblendung" möglichst weit aufzutbun, haben doch auch von ihnen bei dem Antrag Berteaux' neun nicht mitgestimmt und hat doch schließlich bei der Gesammtabstimninng, wie wir schon hervorhoben, fast die ganze radikale Partei entmuthigt bei Seite gestanden. Bier socialistische Radicale stimmten sogar gegen den Antrag Berteaux, zwei und ein Sozialist ent hielten sich der Abstimmung. Warum sollte ein solches Cabinet der Concentration gegen die DreyfuSfronde, mit dem natürlich auch die Antisemiten und Nationalisten durch Dick uud Dünn gehen würden, nicht lebensfähig sein? Allein wir schätzen seine Lebensdauer nicht sehr hoch, denn die „Vertheidigcr der Republik", welche die gegenwärtige Kammer ins Ministerium schicken kann, sind ja im innersten Marke keine Republikaner mebr. Die Kammer hat sich ent würdigt, indem sie zwar der Phrase: „Suprematie der Cwil- gewalt über die Militairgewatt" zustimmte, in demselben Athen: aber vor der Militairgewalt sich in den Staub warf. Das Auftreten des Kriegsministers Chauvin e und der donnernde Beifall, mit welchem die Kammer cs begrüßte, sagt ja in dieser Hinsicht genug. Dieser Officier bat seine Rolle in der Sitzung vom Dienstag entweder nach einem vorher festgestellten Plane gespielt — dann ist er seinem College» ehrlos in den Rücken gefallen; oder er hat sie aus dem Stegreif gespielt, weil er sah, daß die Stimmung der Kammer dem Cabinet unfreundlich war — dann ist er als Feigling in: Augenblick des Kampfes desertirt. So ist Chanoiue ein würdiger Nachfolger jenes Generals Tibaudin, der Kriegsminister wurde, obgleich er sein im Kriege von 1870 gegebenes Ehrenwort infam gebrochen hatte, ein würdiger Nachfolger auch des Generals Boulanger, der sich sowohl als Minister, wie als Commandirender eines ArmeecorpS eine DiSciplinlosigkeit nach der andern hatte zu Schulden kommen lassen, und der das trostlose Ende einer verlorenen Existenz fand. In jener Zeit der Blütbe Boulanger'S sprach Bismarck sein berühmtes Wort, daß unsere Gegner uns Alles nach machen könnten, nur nicht unser OfficiercorpS. Seitdem sind mebr als 10 Jahre ins Land gegangen, aber das Beispiel Chanoine's beweist, daß das Wort noch heute seine Giltigkeit hat. Einen: solchen Repräsentanten der Armee jubelte die Kammer zu nnd ließ eS obendrein geschehen, daß der Kriegs minister sich über die parlamentarische Sitte verwegen binweg- setzte, indem er seine Demission nicht den: Ministerpräsidenten, sondern der Kammer kundthat. Hiermit wollte er — darüber konnte Niemand zweifelhaft sein — zum Ausdruck bringen, daß in: republikanischen Frankreich von heule einem General, wenn er nur dreist austritt, Alles erlaubt ist. Der jesuitisch geschulte Militarismus ist daran, dem RepublikaniSmuS die Schlinge um den Hals zu legen, und dieser neigt ihn: sterbcnswillig das Haupt. So kann sich unversehens die republikanische Concentration in ein Parlament von WachS- pnppen verwandeln, aus welchen: eine harte Militairfaust kneten kann, was sie will. Dabei ist allerdings Eins zu be denken. Ein Frankreich, das in der Armee seine einzige „Zukunstsboffnung" erblickt, das noch immer nach Re vanche dürstet und nicht eher ruht, als bis eS noch einmal die Waffen mit Deutschland gemessen, kann nicht anders als die „Ehre der Armee" über Alles zu stellen, selbst über Recht und Gerechtigkeit und dem Säbel, auch wenn er fleckig ist, seine Ehrfurcht zu bezeugen. Andernfalls würde eS sich selber und sein „Ideal" aufgeben. Die Republik hat schon vor dem Herrscher aller Reußen gewedelt wie ein Hund, warum soll sie sich nicht die Faust eines MilitairdictatorS in den Nacken setzen lassen? DaS ist schmachvoll, ohne Zweifel, aber eS ist consequent. Heute beginnen die Verhandlungen des Cassations- hofeS, in wenigen Tagen werden wir sehen, ob eS in der französischen Republik, in der die Republikaner auSgestorbeu sind, wenigstens noch Richter giebt. Seit 1879 ist die Bevölkerung in BoSnie» und der Herzegowina ganz bedeutend gewachsen. Damals zählte man 1 158 164 Bewohner, 1895 aber 1 568 092. Die Ver- mehrnng betrug also fast 410 000 (35 Procent). Die Zu nahme vertheilt sich fast gleichmäßig auf alle drei Cott- fessioncn; nur die Muhaniedaner stehen etwas zurück, da ja an der Einwanderung die Katholiken und die griechischen Orthodoxen fast allein bctheiligt sind. Man ermittelte 1895 548 632 Mnhamedaner, 673 246 griechische Katholiken, 331142 römische Katholiken, 8213 Juden und 3859 Pro testanten. Letztere haben sicb zu Gemeinden in Banjoluka, Braujewo, Franz IosesSfeld, Rudolfsthal und Sarajewo ver einigt. Groß sind die Culturfortschritte der beiden occupirteu Länder seit 1879 gewesen. Während vor der Besetzung durch die Oesterreicher nur wenige und schlechte Straßen zu fiuden waren, während damals Communication und Trans port noch hauptsächlich mit Reitpferden und Saumthiereu besorgt werden mußten, verfügt das Land heute nicht nur über gute und zahlreiche Straßen, sondern auch über ein stattliches Eisenbahnnetz. Die Zahl der Spitäler ist auf 21 gestiegen. In Sarajewo, Mostar und Travnik giebt cs Obergymnasien; daS in der Hauptstadt Bosniens wird von nahezu 400 Schülern besucht. In Banjaluka besteht eine Oberrealschule. Ferner finden sich in Sarajewo eine Lehrer bildungsanstalt, eine technische Mittelschule und eine all gemeine Mädchenschule. Im ganzen Lande bestehen weiter 10 Handelsschulen mit mehr als 600 und fast 300 Elementar schulen mit fast 25 000 Schülern. Segensreich wirken auch zahlreiche landwirthschaftliche Stationen, Obst- und Weinbau stationen und Kunstgewerbeschulen. In Sarajewo erscheint eine Lehrcrzeituug. Tic Kosten der LandeSverwaltung und der Landeölruppen (4 Regimenter zu je 4 Bataillonen) werden aus den eigenen Einnahmen des Landes gedeckt. Die soge nannte Grundablösuug, d. h. die Freimachung der noch zu Robotb und Zehent an die Grundherren verpflichteten Bauern, macht von Jahr zu Jahr Fortschritte. Diese Hörigen oder Knieten sind noch immer 88 970 Familien stark, aber die Zahl der Freibauern hat sie fast erreicht <86 867). Zur Be wässerung dürrer Hocl>ebenen hat man gewaltige Thaksperre», errichtet, z. B. bei Gacko und auf dem LivanSkopoljc in Sud- west-BoS:nen. Tausende von deutschen, italienischen und tschechischen Colonisten sind inS Land gezogen worden und haben sich in stattlichen Dörfern zu großem Wohlstände emporgearbeitet. Deutsches Reich. Berkin, 26. October. (Feststellung der Grenze zwischen Klein- und Großgewrrbe in Preußen.) Die Mitteilung, im Handelsministerium werde augenblicklich ein Gesetzentwurf zur Ausführung des neuen Handels gesetzbuches vorbereitet und die Handelskammern seien zu gutachtlichen Aeußcrungen darüber aufgefordert worden, trifft insofern nicht zu, als eS sich nicht um einen Gesetz entwurf, sondern um den Erlaß von Ausführungs bestimmungen zu dem tz 4 deS Handelsgesetzbuchs handelt, für welche nach dem letzteren die Landesregierungen zuständig sind. Die Angelegenheit betrifft dje Feststellung der Grenze zwischen Klein- und Großgewerbe. Nach tz4 des neuen Handelsgesetzbuchs sollen, abgesehen von den Handwerkern, auch die Gewerbetreibenden, „deren Gewerbe betrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinaus- Feuilleton. Die kleine Lulu. 22s Seeroman von Clark Russell. Nachdruck verboten. Die sich überstürzenden Wogen veranlaßten mich, an das jetzt diele Meilen hinter uns befindliche Boot mit seinen un glücklichen Insassen zu denken. Würde die Nußschale sich flott halten, bis ein vorübersegelndes Schiff sie erblickte? Wahr haftig, es war eine grausame Rache, welche die Mannschaft ge nommen hatte, und mein Herz brannte mir aufs Neue, als ich sie jetzt, gehorsam dem Rufe Deacon's, nach hinten kommen sah. Dieser breitet« die Kürte auf dem Oberlicht aus, forderte die Leute auf, um ihn herum zu treten, und winkte auch mich näher heran. Wir bildeten einen ziemlich starken Haufen, wie wir da im Kreise standen; es war «in recht häßlicher Anblick. Die meisten der Leute hatten Pfeifen im Munde und die, welche nicht rauchten, kauten ihr« Prim. Das Deck war nach kurzer Zeit schwarz unter ihren Füßen. „Nau, Maats", sagte Deacon, „da ik mi för verpflichtet holl, tau Jug tau spreken, so ward ik in Jug Mitte treden, dormit Ji all mi hür'n un seihn künnt." Nach diesen Worten stieg er mit selbstzufriedenem Lächeln auf das Oberlicht und ließ sich dort kreuzbeinig nieder. „Lat uns mit Dien Ansprok in Rauh; segg kort, ahn vele Würd Dren Meinung", brummte der alte Sam. „Dit iS de Kart", begann Deacon, indem er seine Hand daraus legte, „hier is de Südsee, un da liggt Teapy; hier is dat Cap Horn un hier de Brigg." Die Leute drängten sich vor und stießen einander, um zu sehen. „Nach mien Meinung", fuhr er fort, „führt d« nächst Weg nach de Insel üm dat Cap Horn. Seiht mal, wenn wi hier, wo ik mit d« Fingerspih wis', nah Osten segeln däden, hädd wi dese ganz Streck See vor uns, dann müßten wi längs de Köst von Australien un Neu-Seeland fohren, dann bi en Meng' Inseln vörbi, un tauletzt hädd wi wedder en grot Stück Water vor uni. Wenn wi äwer nah Süd-West stüern, brüten wi blot dat Cap Horn ümsegrln, dann nordwestlich tau Hollen, un m Fohrt von vierteihn Dag bringt un» dorhen, wohen wi Wullen. Hebbt Ji mi vrrstunn'n?" - - »Je, jo, dat is klar, so un nich anners möt't sien", schrie Jimmy und nickte sehr sachverständig mit dem Kopfe. „Gand; also jedwerein, weck daför is, nah Süd-West tau stüern, heb de Hand in de Höcht." Jeder Mann erhob seinen rechten Arm. „Das ist also abgemacht", wandte sich Deacon zu mir. „Schön", antwortete ich. Darauf fuhr er fort: „Nau, Maats, Wullen wi d« Offciers wähl'». Jack Chadburn is Capteihn, dat is utmakt. Wer fall de irste Maat sien?" „Du", schrien mehrere Stimmen. „Ich willige ein", sprach er mit einer unbeschreiblich hoch mütigen Miene; er schien rein Lbergeschnappt; man hätte ihm ins Gesicht lachen können, wenn die ganze Sache nicht einen so entsetzlich tragischen Hintergrund gehabt hätte. „Aber wenn ich erster Maat bin, so bin ich für Euch nicht mehr „Sniggers", sondern, wie sich's gehört, „Mr. Deacon", und erwarte, „Sir" genannt zu werden." Ich sah mir die Gesichter der Leute an, um darin zu lesest, ob sie den Menschen nicht für toll hielten. Der alte Sam schrie auch gleich los: „I Gott bewohr! De Kierl iS wohrhoftig nahrsch worden, smit't em runner un haut em dat Ledder vull, dormit hei wedder tau Verstand kümmt." „De Düwel fall Di „Sir" näumen, Du oll Nilpierd", rief Blunt. „Wi wullen „Deacon" tau Di seggen, wenn Du dat girn willst, un Sündag-Nahmiddags ok mienentwegen noch „Mister", „Sirs" sllnd äwer nich an Bord von des« Schipp." „Ach wat, holt's Muk mit Dien dämlich Gesnak", fiel der alte Sam hier wieder rin, „dat höllt uns' Sak blot up, äwer frielich is 't en anner Ding mit Jack; mi dücht, indem hei jetzt uns' Master un Capteihn is, möten wi em ok jetzt „Mister" un „Sei" titeliren." „Ja, Sam het recht", stimmten Alle bei; „allens in Orndlich- keit un Manierlichkeit, Jack fall „Mister" sien." Jetzt trat ich vor und rief: „Gut, wie Ihr wollt, und damit Ihr gleich seht, wie ich'» meine, sag« ich Euch: macht bald ein Ende mit Eurem Geschwätz. Merkt Ihr denn nicht, wie der Wind stärker wird und hinter dem Nebel noch mehr steckt? Wir werden unser« Spieren verlieren, wenn wir nicht bald an die Arbeit gehen." „Jack red' so wahr as d« Bibel", knurrte Sam. „Wer fall tweiter Maat sien?" „Banyard", sagte Deacon. „Ja, Banyard soll 't sten", riefe» mehrere Stimmen; denn Keiner geizte nach der Ehre. „Wir müssen dieses Geschäft «in andermal beenden", rief ich. „Vorwärts, Jungens! Refft die Bramsegel! Die Falls vom Außenklüver loswerfen! Immer hurtig, es sind noch viele Segel zu kürzen." Es war wirklich hohe Zeit, daß die Arbeit gethan wurde; denn der Wind hatte sich hinter dem treibenden Nebel aufgefrischt, während wir sprachen und blies jetzt, daß die Kerbe auf Lee in Schaum begraben lag und das Takelwerk zitterte und knackte. Die Leute schafften munter: die Oberbram- und Bramsegel wurden gerefft, dir Klüver- und Stagsegel niedergeholt, und eine Zeit lang fuhren wir nur unter den großen Untersegeln. Da wir aber den Wind auf den Bug bringen mußten, um unseren neuen Curs zu gewinnen, und das Wetter auf der Windseite schwarz aussah wie ein Sack, so gab ich den Befehl, ein Reff in das Briggsegel und die Fock zu schlagen. Als dies geschehen war, ließ ich auch noch das Großsegel aufgeien. Hierauf brachte ich die Brigg in den richtigen Curs, die Halsen und Schooten wurden übergeholt, dir Raaen umgebraßt, dir Luvbrassen stramm geholt, und in wilder Fahrt flog nunmehr das Schiff — Richtung Süd west — durch Gischt und Schaum. Um uns her stand der Nebel wie «ine Wand. Der Wind war bitter kalt; ein Vorgeschmack von der Kälte, der wir jetzt entgegensteuerten. Ich blickte leewärts, als eine Stimme vom Vorderdeck brüllte: „Ruder backbord, hart backbord!" und ehe ich noch Zeit finden konnte, ans Rad zu stürzen, tauchte auf der Wetterseite ein großes Schiff aus dem Nebel hervor. Es streifte so dicht an uns vorüber, daß sein« große Leesegelspiere über unserem Gaffel ende wegglitt. Man hätte leicht von seinen ungeheueren Seiten auf unser Deck springen können, und als es vorbeischoß, brauste der Donner des an seinen Backen aufspritzenden Wassers und der im Takelwerk heulend« Wind uns in die Ohren. In wenigen Secunden war es im Nebel verschwunden; kaum hatten meine Augen im Dorüberfliegen vermocht, hohe Masten, einen ungeheueren eisernen Rumpf, zwei Männer am Rade und ein Deckhaus zu erkennen. ES hing an einem Haar, daß es uns übersegelt hätte. Wie viele Schiffe gehen auf diese Weis« mit Mann und Maus verloren! Ein im Hafen eben eingetroffenes Schiff berichtet, daß es unter der und der Breite und Länge mit einem anderen Schiffe zusammengestoßen sei, Name des Schiffes unbekannt; und Monat« darauf meldet der Lloyd, daß der „Tom Jones", welcher den Hafen von Jericho an dem und dem Datum verließ, verloren zu sein schiene. Ja, und er wird auch nie wieder gefunden werden, ewig wird sein Schicksal ein Geheimniß des Meeres bleiben. Der Zwischenfall hatte die Leute sichtlich erschreckt, stumm starrten sie noch eine ganze Weile auf die Stelle im Nebel, an welcher das Schiff verschwunden war. Dieser Eindruck hielt indeß nicht lange vor, bald gingen sie in ihrer lebhaften, sorglosen Art Nieder nach vorn, um die unter brochene Berathung mit Deacon und mir zu beendigen. — Bei der Fortsetzung der Bcrathung wurde beschlossen, daß die Wach-Eintheilung dieselbe bleiben sollte, wie sie bisher ge wesen, Deacon den Befehl über die Backbord- und Banyard den über die Steuerbord-Wache übernehmen solle. Ich für meine Person brauchte, da ich als Capita!» fungirte, keine Wache zu thun, sondern konnte nach Gefallen kommen und gehen. Der Koch, über die vorhandenen Lebensmittel befragt, gab an, daß noch ein guter Vorrath Trinkwaffer im Kielraum verstaut sei und sich ebenso Proviant zur Genüge, für wenigstens noch sechs Monate, im Lagerräume befänden. „Nun, Maats", sagte ich, „da wir hier Alle gleiche Rechte haben, muß auch beschlossen werden, wir es mit den für die Cajüte bestimmten Vorräthen gehalten werden soll; sollen die selben auf alle Köpfe vertheilt oder zur Benutzung der Dame re- servirt werden?" „Wat müg woll de Dam girn eten? un wo vel Tied Warden wi bruken, üm Deacon's Insel antaulopen?" fragte der Schöne. „Wir werden zwei Monate und mehr gute Fahrt brauchen." „So lat't dat Mäten behollm, wat tau de Spieskammer von de Cojüt gehört", rief Welchy, „ik bün taufreden mit der Vordercastell-Ratschon. Rinfleisch iS en gauden Eten. Mi dücht, 's wier gerecht, wenn wi d« Häuner un Ahnt' un was süs noch för de Cajüt sien fall, utwefleln gegen Rum. Wat meint Ji dortau, Jungs?" Ich wandte mich zu Deacon und sagte: „Wenn Du wünschst, Deine Insel zu erreichen, so lass' den Curs nicht durch daS Rum faß führen. Wird der Rum frei gegeben, so wird die Brigg bald einer schwimmenden Hölle gleichen." „Du sollst gleich meine Antwort haben", erwiderte er, sich im ganzen Kreise umblickend. „Wi känen mit den Rum malen, wat wi wullen. Wovel is dorvon da, Scum?" „Na, nich alltauvel", antwortete der Koch. „Glik seggst Du, wovel?" schrie Blunt. „Ein Faß vull." „Dat is Allens?" stöhnte Sam. „Jungs, wi möten uns RatfchonS utdeelen", sagte Deacon, „tweimal den Dag, bet AllenS utfupen is."
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