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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189810306
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18981030
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18981030
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-10
- Tag1898-10-30
- Monat1898-10
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1898
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Die Morgen-Au-gabe erscheint um V,? Uhr, di« Ubend-Ansgab« Wochentag» nm b Uhr. Lr-actio« und Lr-eMo«: Johanne-gasse 8. Die LkPeditton ist Wochentag» unnnterbroche» tzröffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. / Filialen: vtt» Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn), UniverfitätZsttaß« 8 (Paultnum), LaniS LSfche, Katharinenstr. 14, Part, und Königsplatz 7, Bezug-Preis R» der tztmptqpedition oder den km Etats» beetrt nnd den Bororten errichteten AnS- aabestrllea ab geholt: vierteljährlich 4.50, »ei »weimaliger täglicher Zustellung tn» Han» ü.bO. Durch di» Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertrllährlich 8.—. Direkte tägliche Kreuzbandlendung In» A«»land: monatlich 7.S0. WpMkr TagMM Anzeiger. NlNtsvM döS Königliche« Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes nnd Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Auzeigeu-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SO Pf-, Reklamen unter dem RedactionSstrich (4ga» spalten) üO^, vor den Familiennachrichtrn (6 gespalten) 40/ij. 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Die von den Radikalen ausgegebene Parole, in die da und dort auch Nationalliberale ein stimmten, lantete: „Gegen die Junker", trotzdem haben die Conservativen nur wenige Sitze eingebüßt, deren Gewinner noch dazu keineswegs ausschließlich der Freisinn ist: es fällt von den der Rechten verloren gegangenen Mandaten ein Theil dem NationattiberalismuS zu. Was der Freisinn erobert hat, ist den Nationalliberalen entrissen und diese werden — warum eS leugnen?— selbst dann eine moralische Nieder lage zu verzeichnen haben, wenn alle ihre Verluste nach links durch Zuwachs von rechts her gedeckt werden sollten. Aber die Sieger sind nicht die Freisinnigen, sondern die Social demokraten, mögen sie nun ein Mandat von den Unter stützten erpressen oder nicht; möglich ist das Letztere ja in BreSiau und vielleicht auch anderswo. Der „Vorwärts" ist in seinem guten Rechte, wenn er dem Freisinn mit demüthi- gendem Hochmuth begegnet, weil die bürgerliche Linke Alle», was sie ergattert, nur von der Socialdemokratie erlangt habe. Die Richtigkeit der socialdemokratischen Rechnung zeigt sich in Frankfurt a. M. und in Hagen-Schwelm. Die Socialdemokratie ist es, die in beiden Wahlkreisen die Nationalliberalen delogirt hat. Hagen, Jahrzehnte hindurch einer der sichersten Sitze deS Frei- sinnsNichter'S, der auch dort gewählt wurde, war an die National liberalen gefallen, weil ein beträchtlicher Theil des freisinnigen Heerbannes den natürlichen EntwickelungSgang beendet hatte, socialdemokratisch geworden war und deshalb der Landtag-wahl fern blieb. Dem diesmaligen selbstständigen Hinzutritt dieser Elemente verdankt der Freisinn den „Sieg". Am deutlichsten zeigt sich die Existenz deS Gesetzes, wonach aus der Demo kratie sich die Socialdemokratie entpuppt, in Altona. In diesem Wahlkreise zählte man im Jahre 1888 188 freisinnige Wahlmänner; jetzt sind gewählt 150 Socialdemokraten und 40 Freisinnige. Diese letzteren zwei Ziffern zusammen genommen bilden fast genau den freisinnigen Gesammtbestand von vor zehn Jahren. Ueber zwei Drittel aber sind hinüber gegangen, der Freisinn ist zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken. Und die- beim ersten Anlauf der Socialdemokratie. Ma in Berlin geschehen wäre, wenn die Socialdemokratie dort Wahlmänner ausgestellt hätte, kann man auö den Altonaer,! den Frankfurter, den Hagener und anderen Ziffern berechnen.! In fünf Jahren wird es keine Gegner selbstständiger Wahl- bethätigung in der Umstnrzpartei geben. Und darum schreit f da- Ergebniß vom 27. October förmlich nach einem Cartelt, einem Cartell natürlich, das die Natur deS Frei sinns berücksichtigt und ibn ausschließt. Diesmal haben Berliner und sonstige großstädtische Einflüsse, die durch die proncirte Städtefeindlichkeit der agrarischen Parteien unter stützt wurden, es dahin gebracht, daß die National liberalen da und dort der Leidenschaft und nicht der politischen Vernunft folgten. Ja einem Theile des Ostens sollten die Conservativen zurückgedrängt werden. Das Ergebniß berührt aber die Conservativen fast gar nicht, es zeigt eine Verschiebung bei der Linken zu Gunsten der radikalen Richtung, also für der. NationallibrraliSuiuö einen Schaden, von dem man sich nicht wundern darf, wenn er den Spott nach sich zieht. Man hat sich stellenweise den, Freisinn dergestalt ausgeliefert, daß man jetzt nicht einmal in der Lage ist, zu verhüten, daß rin socialdemokratischer Mandatsanspruch berück sichtigt werde. So wenigstens scheint eS in BreSlau zu liegen, von woher gemeldet wird, eS seien l>85 freisinnige, 9l socialdemokratische und 647 conservative Wahlmänncr gewählt, während von nationalliberalen nichts verlautet. Da der Freisinn ohne die socialdemokratischen Wahlmänner in der Minderheit ist, so wird er, wenn eS verlangt wird, der Socialdemokratie die Unterstützung mit einem Mandat abkausen müssen und der erste Socialdemokrat würde in den Landtag gebracht werden durch Wahlmänner, an deren Ernennung Natio- naltiberale betheiligt waren. An solche Möglichkeiten hat die exquisit« Klugheit der „Breslauer Elite" und die großstädtische PreßwriSbeit offenbar nicht gedacht. Es ist daher ungerecht, den betreffenden nationalliberalen Wählern oder gar. der natiooallideralen Partei den Borwurf zu machen, sie batten sich mit der Socialdemokratie verbrüdert und dieser zu Sitzen im Abgeordnetenhaus« verhelfen wollen; aber denjenigen Nationalliberalen, die den freisinnigen Radikalismus gegen die Conservativen unterstützten, sind von dem Vorwurfe nicht zu entlasten, daß sie durch Kurzsichtigkeit sich der Möglichkeit beraubt haben, Tauschgeschäfte zwischen dem Freisinn und seinem ihm über den Kopf gewachsenen socialdemokratischen Stiefkind« zu verhindern. Für den politischen Scharfblick, der im Osten waltete, ist eS charakteristisch, daß der langjährige treffliche nationalliberale Abgeordnete Sieg unterliegen mußte. Der Mann ist Land- Wirth und war als „zu agrarisch" verworfen. Aber e r ist eS, derben Ausspruch gethan bat, ihm sei noch niemals em so unsympathischer Mann entgegengetreten wie der vr. Hahn von der Leitung deS Bundes der Landwirlhe. Wenn, wie vorauözuseben, die Mißerfolge der Politiker der Revanche für daS Börsengesetz auf den Wablvruck durch Landräthe und sonstige Beamte zurückgeführt werden sollte, so mag man sich von vornherein gesagt sein lassen, daß dieser abgetriebene Gaul sich nicht vom Platze bewegen wird. Umgekehrt ließe sich Vieles von dem Terrorismus der Berlin kom munal, zu einem guten Theil auch geschäftlich beherr schenden freisinnige» Clique sagen. Wenn die frei sinnigen Zeitungen der Hauptstadt über die Oesfentlichkeit deS Wahlaktes jammern, so mag es ihnen damit Ernst sein in Bezug auf die ländlichen Wahlkreise, für Berlin ist es Heuchelei. Die Controle der Abstimmung ist dort großartig organisirt nnd bei der herkömmlichen winzigen Wahl betheiligung besonders gut durchzuführen. Wehe dem irgend wie von dem ForlschrittSring Abhängigen, der Seiten- sprünge macht! Ucbrigens wird der Berliner Freisinn immer und unter allen Umständen über die bürgerlichen Parteien obsiegen, so lange er den landläufigen Antisemitismus zu bekämpfen bat, wie eS auch diesmal wieder der Fall gewesen. Auf solchen Antisemitismus geht der zum Abgeordnetenhause wählende Berliner nicht ein. Wie eS scheint, hat e- aber auch der Bauer nicht gethan. Von den Aussichten der antisemitischen Candidaturen im Lande hört man nicht», sie müssen aber schlecht sein, denn daS antisemitische Hauptorgan, die „StaatS- bürger-Ztg.", läßt sich über die „conservativen Schlappen" folgendermaßen auS: „Aalest zu irgend welchem Bedauern dürfte daS nicht bieten, da eine unverhältnißmüßig starke conservative Partei im Landkag ebenso vom Nebel wäre, wie die Alleinherrschaft des Centrums im Reichs tag. Die konservative Partei ist auch bereits im Gefühl ihrer Macht anderen nationalen Parteien gegenüber zu übermüthig geworden." Also antisemitische Genugthuung über „jüdische" Wahl erfolge. Zur Anarchiften-Conferenz. Von juristischer Seite geht der „Deutsch. Volksw. Corr." fol gende Zuschrift zu: „Wer aus der Geschichte des Auslieferungsrechts die zahl- reickM, ausnahmslos vergeblichen Versuche kennt, welche zum Zwecke des Abschlusses eines sogenannten Weltauslieferungs- Vertrages gemacht wurden, dürfte keinen Anlaß haben, auf die Ergebnisse der Anarchistenconferenz, soweit sie sich mit der Aus lieferung anarchistischer Verbrecher befassen wird, allzugroße Hoffnungen zu setzen. Erinnern wir uns daran, daß selbst eine so selbstverständlich« Durchbrechung des Grundsatzes der Nicht auslieferung politischer Verbrecher, wi< sie in der sogenannten belgischen Attentatsclausel enthalten ist, in die von England, Italien und der Schweiz abgeschlossenen Verträge nicht ausgenommen wurde, so wird eS nicht als Beweis eines übertriebenen Pessimismus ausgelegt werden, wenn wir die Befürchtung aussprechen, daß die Einigung hierüber großen Schwierigkeiten begegnen dürfte. Dieselben werden nicht am wenigsten dadurch hervorgerufen, daß Staaten, in welchen di; Auslieferung von Verbrechern durch Gesetz geregelt ist, bindende Verpflichtungen hierüber vorerst gar nicht eingehen können. Eine Aenderung der Gesetzgebung würde aber in den Staaten, di« hier bei vor Allem in Betracht kommen, z. B. in der S ch w e i z, trotz der allgemeinen Ueberzeugung von der Nothwendigkeit rücksichts loser Verfolgung der Anarchisten kaum möglich sein. Uebrigens ist gerade das schweizerische Recht dasjenige, welches einer Abänderung am wenigsten bedürfte, vorausgesetzt, daß es richtig ausgelrgt wird. Nach demselben kann die Auslieferung auch wegen eines gemischt-politischen Verbrechens er folgen, sofern der Charakter des gemeinen Deliktes der über wiegende ist. Man muß doch ohne Weiteres annehmen, daß bei allen anarchistischen Verbrechen, soweit bei denselben von einem politischen Charakter überhaupt die Rede sein kann, dieser voll ständig hinter dem gemeinen verschwindet, und daß dieserhalb die Auslieferung auf Grund dieser Formel in allen Fällen sollte er folgen können, in welchen die Auslieferung eines Anarchisten wegen eines Verbrechens in Frage kommt. Dieselbe ist von Rivier, dem kürzlich verstorbenen Lehrer des Völkerrechts in Brüssel, vorgeschlagen worden, und es wäre ein ganz hervor ragender Fortschritt, wenn die Staaten auf der Anarchisten conferenz sich über die Aufnahme derselben einigten. Die englische Praxis steht allerdings dem entgegen, wenngleich auch diese in den letzten Jahrzehnten von ihrer früheren Starr heit Manches verloren hat. Dagegen dürfte Frankreich ge- Unterseeische Schifffahrt. Bon Rudolf Surttu«. Nachdruck »rrioten. Zur Zeit, da die Amerikaner wie die Katze vor dem Mausloch vor Santiago mit ihrer Flotte lagen, um jeden Fluchtversuch der spanischen Escadre zu vereiteln, welche sich nach wochenlanger Fahrt über den Atlantischen Ocean in der Bucht des heiligen Jakob in vorläufige Sicherheit gebracht hatte, würde jede der. kriegführenden Parteien Jenem «in nach vielen Millionen zählen des Vermögen geboten haben, der ihr ein sicher functionirende» unterseeisches Boot zur Verfügung gestellt hätte. Die Ameri kaner, um die in der Hafeneinfahrt gelegten Seeminen zu zer stören, welche jedes Schiff mit Vernichtung bedrohten, das die enge Einfahrt zur Bucht zu forciren versuchte, die Spanier aber, um den gepanzerten Gürtel zu zersprengen, der sich immer enger um sie schloß und unter dessen eiserner Umarmung ihnen der Athem schier auszugehen drohte. Diese Bedürfnisse des Seekrieges sind von jeher die mächtig sten Triebfedern zum Bau von unterseeischen Booten gewesen, denen gegenüber dir mannigfachen FrirdenSarbeiten unter dem Wasserspiegel, wi« Legung von Fundamenten, Hebung gesunke ner Schiffe und Schiffstheile rc., nur in zweiter Linie in Betracht kommen. Die Kriegsmarinen fast sämmtlicher schifffcrhrttreiben den Staaten beschäftigen sich mit der Lösung dieses Problem», das auf eine beinahe dreihundertjähriae Geschichte zurückblickt, in der es zwar nicht an Mißerfolgen gefehlt hat, in d«r aber auch ein stetiger langsamer Fortschritt unverkennbar ist. Schon im Jahre 1624 befuhr Cornelius Drebbel mit einem von ihm erfundenen Taucherboot die Themse zwischen Greenwich und Westminster. Die Erfindung gerieth in Vergessenheit, ebenso - wi« die der Dampfschifffahrt, welche gleichfalls im 17. Jahr hundert bereit» einmal der befriedigenden Lösung nahe war, und eS bedurfte eine» Zeitraum» von anderthalb Jahrhunderten, eh« man sich auf» Neue mit der Idee zu beschäftigen begann. Während de» Befreiungskrieges, welchen die erstarkenden nordamerikanischen Colonien in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Men da» Mutterland Großbritannien führten, baute David Bushnell «in Untersee-Boot, mit welchem er das Wagestück versuchte, unter den Kiel de» englischen Linienschiffes „Eagle" zu tauchen, um dort eine Mine zu legen. Sein Fahr zeug vollführte, wenn man nach dem Stand« d«r damaligen Technik mißt, in geradezu bewunderungswürdiger Weise di« von ihm verlanaten Bewegungen; aber die Mine hatte nicht den ge wünschten Erfolg, da da» Kriegsschiff, abgesehen von einigen un bedeutenden Beschädigungen, unversehrt blieb. Es vergingen nun weitere dreißig Jahre ohne ernstliche Per suche. Aber seitdem sich im Jahre 1804 kein Geringerer al» Robert Fulton an den Bau eine» Unterseebootes machte, kam die Frage nicht mehr zum Stillstand, und namentlich in d«r Gegen wart vergeht kaum ein Jahr, ohne daß man von der Construction solcher Fahrzeuge «twa» Neue» zu hören bekommt. Aus der langen Reihe von versuchen, wrlche theil» gänzlich mißriethen, theil» nur halbe Erfolg« waren, verdient nur da» Taucherboot erwähnt zu werden, da» Bauer im Jahre 1860 in Kiel erbaut«, um damit die dänische Flott« anzugreifen; dasselbe versank jedoch bei einem Versuchsmanöver im dortigen Hafen und wurde erst dreiKg Jahre später als verrostetes Wrack ge hoben. Ferner würden noch die zahlreichen kleinen Untersee boote zu nennen sein, welche die Sclavenstaaten während des amerikanischen Gecessionskrieges gegen die Kriegsschiffe der Nord staaten zur Anwendung brachten. Eins derselben, der „David", brachte «S, nachdem die Versuche im Hafen schon viele Menschen leben gekostet hatten, dahin, in einer dunklen Nacht des Jahres 1863 den nordstaatlichen Panzer „Housatonic" durch eine wohl- placirte Mine zum Sinken zu bringen; indessen in dem Wasser grab, welch«» da» Riesrnfahrzeug verschlang, ging auch der an greifend« Theil sammt seiner muthigen Mannschaft unter. Im Jahr« 1885 konnten die Besucher der Kopenhagener Aus stellung ein Unterseeboot in Thätigkeit sehen, das den bekannten Erfinder der Schnellfeuerkanone Nordenfeldt zum Erbauer hatte und welches mit geradezu überraschender Leichtigkeit versank und wieder «mporstieg. Trotz aller Fortschritte und Vorzüge dieses Typus, von welchem drei Exemplare vom Erfinder für Rechnung d«r türkischen Regierung geliefert wurden, um jetzt wahrscheinlich in irgend einem Arsenale als altes Eisen ein beschauliches Friedensdasein zu führen, haftete demselben ein Fehler an, wel chen es mit allen Tonstructionen der siebziger und achtziger Jahre theilte, nämlich die g«ring« Schnelligkeit, welche dasselbe, völlig untergetabcht, in horizontaler Richtung entwickelte. Die Ursache diese» Mangel» lag daran, daß man als Triebkraft nur die Dampfmaschine kannte, welche, wenn sie die genügend« Kraft ent wickeln soll, um ein gänzlich unter Wasser befindliches und des wegen ein« bedeutend größer« RribungSfläche als ein gewöhnliches Schiff bietendes Boot zu treiben, Feuerungsanlagen und Luft zufuhr von solcher Größe voraussetzt, wie sie mit den durch die Natur gebotenen kleinen Dimensionen derartiger Fahrzeuge ver einbar sind. Erst die Fortschritte der Elektricität, und zlvar namentlich die Vervollkommnung der Accumulatoren boten dir Möglichkeit, dem ersehnten Ziele näher zu kommen. Besondere Rührigkeit entwickelten die Franzos««; der Schiffs bau-Ingenieur Dupuy de Lüme baute ein unterseeisches Torpedo boot, den „Gymnote", welches zunächst zwar ganz unbefriedigende Resultate ergab, aber sofort besser functionirte, nachdem der In genieur Gustav ZedS im Jahre 1887 einen starken Elektromotor in demselben installirte. Die damit erzielten günstigen Erfolge spornten ZedS an, «in Boot ganz und gar nach eigenen Plänen zu bauen. Da» nach ihm benannte Fahrzeug berechtigte zu weit gehenden Hoffnungen, ließ aber, als es 1896 fertiggestellt war, doch bedeutend« Abänderungen nothwendig erscheinen. Ehe der Erfinder dieselben ausführen könnt«, starb er, und die Sach« ge rietst in» Stocken, da die mit der Fortsetzung betrauten In genieure nicht die Selbsttxrkugnung besaßen, auf Z«d4'r Ideen wetterzubau«n, sondrrn «» vorzogen, die Verwirklichung der eigenen Pläne zu betreiben, unter denen bei einer von der Regie rung au»geschriebrnen Preiskonkurrenz jene der Ingenieure Lau- beuf und Romazotti und des SchiffSlieutenants CHSron d«n Sieg davontrugen. Von einem vor zwei Jahren von dem Spanier Peral erbauten unterseeischen Torpedoboote, welch«» d«m Erfinder hohe Ehren und außerordentliche Beförderung «iatrug, ist sonderbarer W«ise während de» ganzen Kriegt» gegen die Union nichts bekannt ge worden und auch von d«m vor Jahresfrist zu Baltimore auf den Werken der Columbian Jron Works Company vom Stapel ge laufenen „Plunger", welcher nach den amerikanischen Berichten «in Wunderwerk der Technik sein sollte, hat man keine Heldenthaten zu hören bekommen, so daß man zu der Annahme gezwungen ist, daß diese Fahrzeuge doch nicht den ihnen nachgerühmten hohen Grad von Vollendung besitzen. Eine gewissenhafte Prüfung ihrer Leistungen ist umsomehr erschwert, als die interessirtrn Staaten aus leicht begreiflichen Gründen um diese Kriegswerk zeuge den Schleier des dichtesten Geheimnisse» ziehen. Dagegen kann man als das Vollkommenste, was auf dem Ge biete der unterseeischen Schifffahrt bisher geleistet worden ist, zwei Fahrzeuge bezeichn«», über wrlche genaue Mittheilungen und specielle Pläne mit anerkennenswerther Rückhaltlosigkeit ver öffentlicht word«n sind, so daß ein Jrrthum über den Werth der Erfindungen so gut wie ausgeschlossen ist. Es sind dies die nur für Zwecke des Friedens bestimmt« Taucherlocomotive „Argo naut" und das zu Kriegszwecken von dem Franzosen Goubet er baute Unterseeboot, welches den Nam«n des Erfinders trägt. Das erstere Fahrzeug sieht äußerlich einer Cigarre nicht un ähnlich und trägt oben in seiner Mitte ein mit Glasfenstern ver sehenes Steuerhäuschen und den Schornstein der mit Gasolin ge heizten Maschine. Seine Wandungen sind so stark gebaut, daß sie mit Sicherheit dem Drucke des Wassers in 100 Meter Tiefe Stand halten können. Innen enthält das Boot 3 Räume, den Maschinenraum, die Tauchercabine und an der Spitze den Operations- bezw. Ausguckraum. Im ersteren befindet sich eine Dampfmaschine, welche die Triebkraft liefert, so lange das Boot auf der Oberfläche des Wassers fährt, und eine Dynamomaschine sammt Accumulatoren für die unterseeisch« Fortbewegung. Die hier erzeugte Kraft dient nicht nur zur Drehung der Propeller schraube, sondern läßt sich auch auf 2 am vorderen Theile des Schiffsbodens befindliche große Zahnräder übertragen, mittels deren das Schiff sich auf dem Boden des Meeres fortzubewegen vermag, wie eine Straßenlocomotiv« auf dem trockenen Land«. Des Weiteren befinden sich im Maschinenraume groß« Behälter mit Luft, wrlche auf den siebzigsten Theil ihres ursprünglichen Volumens zusammengedrllckt ist. Diese Reserveluft dient nicht nur zur Erneuerung der Athmungsluft, wenn diese durch mehr- stündigeSAthmen derMannschaft verdorben ist, sondern auch dazu, das Boot nach Belieben steigen und sinken zu lassen. Zu diesem Zwecke sind nämlich im Kielraum des Schiffes besondere Behälter angebracht, die zunächst mit Luft unter gewöhnlichem Drucke an gefüllt sind und am besten sich mit der Luftblase eines Fisches vergleichen lassen, deren Function sie vollständig versehen. Soll da» Boot hinabtauchrn, so läßt man in diese Behältnisse Wasser eintreten, wodurch das Fahrzeug specifisch schwerer wird und sinkt. Um dann wieder in die Höhe zu steigen, ist nichts nöthig, als einen Hahn einer Rohrleitung zu drehen, welcher der com- primirten Luft der vorerwähnten Lufttanks den Eintritt in die Wasserbehälter gestattet; in diesem dehnt sich die Luft aus, das Wasser wird verdrängt und das dergestalt leichter werdende Boot steigt wieder zur Oberfläche empor. Besonders «igenthümlich ist die Tauchercabine eingerichtet, indem dieselbe mit ein«m eigenen Luftmagazin in Verbindung steht und eine gegen den Meeresgrund zu sich öffnende Fall- thüre besitzt, welch« nur dann geöffnet werden kann, wenn der Luftdruck in der Cabine d«m draußen herrschend«« Wasserdruck da» Gleichgewicht hält. Nur durch diese Einrichtung ist es möglich, daß der im klebrigen natürlich im Taucheranzuge arbei tend« Mann das Boot beliebig aufsuchen und wieder verlassen kann, ohne daß Wasser in diese» eindringt od«r ein unnützer Verbrauch des im Boote aufgespeicherten Luftvorrathes statt findet. Im Buge des Schiffes befindet sich endlich der Ausguckraum, von welchem aus der Lootse die Bewegungen des Schiffes leitet und ein« außen angebrachte eiserne Hebemaschine bedient. Hier befindet sich auch ein elektrischer Scheinwerfer von 2000 Kerzen Stärke, der den Meeresgrund bis auf eine Entfernung von 50 Meter erhellt. Das Goubet'sche Boot, welches unlängst feine ersten erfolg reichen Probefahrten gemacht hat, besitzt im Wesentlichen dieselben Tauch-, Steige- und Sicherheitsvorrichtungen wie der „Argo naut", dient aber vor Allem zur Legung von Torpedos und unter seeischen Minen. Der cigarrenförmige, etwa 10 Meter lange Schiffskörper trägt oben in der Mitte eine stählerne Kuppel mit Ausguckfenstern, in welcher der Führer Platz nimmt, wäh rend dahinter und tiefer unten der die Maschinen bedienende Elektriker sich befindet. Damit der Führer auch bei längerer Fahrt unter Wasser die Ereignisse auf der Oberwelt wahrnehmen kann, führt durch die Kuppel nach oben ein Messingrohr, welches über die Wasserfläche cmporragt. Auf ihm ist ein nach allen Seiten drehbarer Spiegel angebracht, welcher ein Bild der Wasseroberfläche durch das Rohr auf einen zweiten vor dem Führer angebrachten Spiegel wirft. Auf beiden Seiten befinden sich arm- und klammerartige, von innen dirigirbare Werkzeuge, mit denen es leicht ist, Minen und Petarden am Kiel« eines feindlichen Schiffes zu befestigen. Ferner befinden sich links und rechts vom Schiffskörper Stahl ringe zur Aufnahme von Withradtorpedos, die bekanntlich ihre eigene Treibkraft in sich haben und von dem sich einem feindlichen Panzerschiff leicht und ohne besondere Gefahr bis auf 40 bis 50 Meter zu nähern vermögenden Unterseeboot mit viel größerer Treffsicherheit abgesandt werden können, als von einem gewöhn lichen Torpedoboote, das sich höchstens bis auf 200 bis 300 Meter an den Panzer heranwagen kann. Ein 1000 Kilogramm schwerer Bleiklumpen, welcher sich am Kiel des Bootes befindet, kann durch eine einzige, ein Schrauben gewinde in Bewegung setzende Hebelbewegung abgelöst werden und sichert ein schnelles Aufsteigen des unter Wasser befindlichen Bootes im Augenblicke höchster Gefahr, wenn alle sonstigen Steigevorrichtungen versagen sollten. Diese» Boot, von dem zur Zeit zehn Exemplare für eine europäische Großmacht im Bau find, ist zwar von den über schwenglichen Leistungen eine- „Nautilus", den uns Jules Verne in einem seiner bekannten Phantasieromane schildert, noch weit entfernt, wi« sich überhaupt mit ziemlicher Sicherheit Voraus sagen läßt, daß der Mensch das Ideal, sich in der Fluth mit der Behendigkeit und Sicherheit des Fisches zu bewegen, nie er reichen wird. Das Goubet'sche Fahrzeug bedeutet aber auf dem Gebiete der unterseeisch«» Schifffahrt einen großen Fortschritt, und jener Staat, welcher sich zurrst mit derartigen Booten aus rüstet, zwingt alle anderen seefahrenden Mackste, dasselbe zu thun, wenn sie ihre allenthalben in Vergrößerung begriffenen Kriegsflotten nicht wehrlos d«m unsichtbaren Feinde prcisgeben wollen. Auch in der deutschen Kriegsmarine wird schon seit längerer Zeit unablässig auf diesem Gebiete gearbeitet, und eS ist zu hoffen, daß diese Versuche, über die natürlich nur unsichere Notizen in die Oesfentlichkeit dringen, auch bei uns zu einem befriedigenden Resultate führen. »
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