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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981105024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898110502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898110502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-11
- Tag1898-11-05
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828« dieselbe Kammer vor wenigen Tag«, da» Cabinet Briffon gestürzt, weil rS revisionSfreundlich war? Offenbar hat sich em gewaltiger Umschwung der öffentlichen Meinung in Frankreich vollzogen und das Verdienst, daß eS so gekommen, gebührt der mannhasten Haltung des obersten Gerichtshofes, seinen leidenschaftslosen Darlegungen und seiner über zeugenden Beweisführung. So ist vorauSzusehen, daß daö richterliche, voraussichtlich freisprrchende Urtheil in der DreyfuS-Angelegenheit vom Lande mit Ruhe, vielleicht mit Beifall wird hingenommen werden und daß die Führer der Antisemiten und der Nationalisten auf den erhoffte» Umsturz nicht werden rechnen können. Wie sehr das neue Ministerium Ernst macht, alle Hindernisse der Revision aus dem Wege zu räumen, mag man daraus ersehen, daß, wie gemeldet, der General st absches Renouard seines Amtes enthoben und den Posten mit dem Commandanten des elften Corps, General Brault, vertauschen mußte. Renouard konnte als Intimus Boisbeffre's das geheime Dossier nicht ausfolgen, Brault dagegen gehört der antiklerikalen Richtung an und war stets Vertrauensmann des jetzigen Kriegsministers Freycinet. Aber so kraft- und würdevoll das Auftreten des neuen Ministeriums der republikanischen Concenlration nach innen, sein entschiedenes Eintreten für die Suprematie der Civilgewalt über die Militairgewalt war, so schwach und eindruckslos zeigte eS sich in seiner Haltung bezüglich der äußeren Politik. Seiner Stellungnahme zum Faschodastreit wurde schon oben gedacht. Hier sei nur noch hervorgehvben, daß die Phrase der ministeriellen Erklärung, die Negierung sei bedacht darauf, „ihre Bemühungen dem Werthe des Zieles anzupassen", eine sehr ärmliche Bemäntelung der Aufgabe eines Zieles ist, dessen Werth man bis znr Abberufung Marchand's gar hoch bewerthet hatte. Frankreich giebt in Afrika England für immer den Vortritt und das Ministerium Tupuy täuscht sich und dem Lande vor, es bandle sich nur um das Bischen Falchoda, um eine Bagatelle! Komisch, sehr komisch berührt dabei die freilich nicht zu umgehende Er wähnung des „kostbaren" Bündnisses. Hier verzeichnet der Kammerbericht keinen anhaltenden Beifall. Der russische Verbündete hat Frankreich bei seinem ersten, die vitalsten Interessen des Landes berührenden Conflict im Stiche gelassen: daS wird nicht ohne Folgen bleiben. Deutsches Reich. * Leipzig, 5. November. Die Sächsische National liberale Correspondenz schreibt: „In Anknüpfung an Erörterungen über die von conservativer Seite erfolgte Auf stellung des Herrn RechtSanwaltS vr. Stöckel als Landtags candidaten im V. Dresdner Wahlkreise war von einem natio- nalliberalen Blatte darauf aufmerksam gemacht worden, daß das Cartell bei Schluß des letzten Landtags nicht erneuert worden sei und damit etwaige frühere Abmachungen zwischen den beiderseitigen Parteileitungen im Augenblick als verbind lich nicht in Anspruch genommen werden könnten. Diese ein fache Feststellung einer Thatsache veranlaßt das „Vaterland", das officielle Organ des conservativen Landesvereins und sämmtlicher conservativen Vereine im Königreich Sachsen, „von der nationalliberalen Parteileitung nachdrücklich eine offene und gerade Erklärung darüber zu fordern, ob sich dieselbe an die früher getroffenen Abmachungen noch für gebunden erachtet oder nicht, und ob sie im ersten Falle Willens ist, ihre Parteiangehörigen zur stricken Einhaltung der übernommenen Verpflichtungen zu veranlassen." Dem gegenüber möchten wir bemerken, daß das „Vaterland" von der nationalliberalen Parteileitung überhaupt nichts zu fordern hat und sich mit derartigen formlosen Anzapfungen an seine eigenen Vereine oder solche Adressen wenden mag, die zu ihm in irgend einem Abhängigkeitsverhältniß stehen. Sollte auf conservativer Seile das Bedürfniß bestehen, von der nationalliberalen Parteileitung über irgend etwas Aufschluß zu erhalten, so weiß man, wie daS in sehr einfacher Weise möglich und bisher auch stets in einer Form geschehen ist, die sich aufs Vortheilhafteste von der vom „Vaterland" beliebten unterscheidet. Im Uebrigen scheint das Blatt, obwohl eS Organ des conservativen Landesvereins ist, nicht zu wissen, daß mehrere Tage vor Veröffentlichung seiner taktlosen Forderung zwischen sehr maßgebenden nationalliberalen und conservativen Persönlichkeiten eine vor läufige Besprechung stattgefunden bat, durch die sein selt sames Verlangen vollkommen überflüssig wurde. Ein Cartell besteht im Augenblick für die im nächsten Jahre bevor stehenden Landtagswahlen nicht; daß die wünschenswerthe Erneuerung desselben durch das „Vaterland" gerade ge fördert werde, wird das Blatt selbst nicht behaupten wollen." 6.8. Berlin, 4. November. (Die Socialdemokraten und die Landtagswahlen.) Die Socialdemokraten haben sich in einer Wahlversammlung des socialdemokratischen Wahlvereins für den zweiten Wahlkreis sehr eingehend mit dem Ausfall der Landtagswahlen beschäftigt und durch ihre Führer erklären lassen, daß sie in den nächsten fünf Jahren die Sache energischer betreiben würden. Der Beschluß der Versammlung im Feenpalast, sich der Be theiligung an der Wahl zu enthalten, sei vollkommen ver fehlt gewesen. Der frühere Reichstagsabgeordnete Fischer wie» auf die Erfolge in Linde«, Brandenburg, Elberfeld, Breslau und Altona hin und meinte, daß man vielleicht durch eigene Kraft den dritten Berliner Wahlkreis >ätte erobern können. Aehnlich sprachen sich die Genossen Uthe» und vr. AronS auS; Letzterer war der Meinung, daß man in fünf Jahren überall socialdemokratische Wahlmänner aufstellen müsse. Alle Genossen waren der Ansicht, daß man nach den jetzigen Erfahrungen Maßregelungen wegen der Be- theiliguug an der Wahl nicht zu fürchten habe. ReichStagS- abgeordneter Auer plaidirte ganz energisch für Wahl- betheiligung; daS jetzige Ergebniß bei den Landtagswahlen ei ein viel günstigeres, als er sich vorgestellt; hätte man diesmal alle Kräfte zusammengefaßt, so hätte man schon jetzt große Erfolge erzielt. Die Socialdemokraten hätten verhindern könne», daß in Teltow-Beeskow-Storkow Männer wie Fetisch, der Vater deS PosadowSky'schen Erlasses, und Ring, der Hauptagrarier, gewählt wurden; hätte die Social demokratie vor den Thoren Berlins 100 Wahlmänner durch gebracht, so hätte sie in Berlin die Fortschrittler mit der Macht, die sie auch in Berlin erreicht, zwingen können, der Socialdcmokratie ein Mandat abzutreten. Genosse Silb er seh midt erklärte, daß er aus einem Saulus ein Paulus geworden sei; früher sei er ganz energisch gegen die Wabl- bethcilignng gewesen, aber die Erfolge hätten ihn vollständig »nigestimmt; in fünf Jahren, hoffe er, marschire die ganze Partei zu den Laudtagswahlen auf. Beschlüsse wurde» zwar nicht gefaßt, aber die früher so kräftige Opposition gegen die Betheilignug an den Landtagswahlen scheint vollständig ver stummt zu sein. * Berlin, 4. November. Ueber den Eisenbahnbau in Deutsch-Südwestafrika wird der „Schl. Ztg." ge schrieben: In dem Etat für daS südwestafrikanische Schutz gebiet auf daS Rechnungsjahr 1898/99 war für den Eisen- bahnbau eine Million Mark ausgeworfen, und zwar aus drücklich für den Bau der Eisenbahn und des Tele graphen bis nach Otjimbingue, etwa 165 lcm von der Küste. Nach den letzten Meldungen aus Süd westafrika war die Bahn von Swakopmund nach dem Innern zu Anfang deS Sommers auf 60 km fertig gestellt; es waren also noch über 100 km zu bauen. Biel wird diese Arbeit unterdessen noch nicht fortgeschritten sein, da es an Arbeitern fehlte und die in Tbätigkeit befind lichen Arbeiter nur wenig leisteten. Inzwischen sind von Deutschland aus geübte Leute dahin gesandt worden; eS ist deshalb anzunehmen, daß der Bahnbau bald in ein rascheres Tempo kommt. Nunmehr ist die Fortsetzung des Babnbaues bis nach Windhoek, etwa 330 km von der Küste, be schlossen worden und dafür sollen in den neuen Etat sieben Millionen Mark eingestellt werden; mit Einrech nung der Summe aus dem vorigen Etat würden im Durch schnitt ungefähr 25 000 -eü auf daS Kilometer gerechnet sein. Die Hauptsache ist.Iiaß die Arbeiten rasch gefördert werden. Im September 1T97 wurde mit dem Eisenbahnbau bei Swakopmund begonnen und schon nach zwei Monaten konnte der Betrieb bis NonidaS, etwa 20 km weit eröffnet werden; wenn man den Ausbau in demselben Tempo hätte fortsetzen köunen, würde man jetzt schon nahe bei Otjimbingue an gelangt sein. Deshalb ist es anzuerkennen, daß man euro päische Arbeiter dahin gesandt hat, um den Bau zu beschleunigen. — Den Einzug deS Kaisers in Jerusalem wird auf höheren Wunsch der Genremaler Friedrich Perlberg in Nürnberg im Gemälde darstellen. Der Künstler befindet sich in Jerusalem und wird den größten Theil deS Gemäldes an Ort und Stelle fertigstellen. — Die Kaiserin Friedrich hat, begleitet von ihrer Schwester, der Prinzessin Heinrich von Battenberg, Lord und Lady Scmphill auf dem herrlich gelegenen schottischen Landsitz Schloß Craigievar in Aberdeenshire einen Besuch abgestattet. — Die Münchener „A. Z." verzeichnet „unter allem Vor behalt" folgende Berliner Meldung: Im BundeSrath glaubt man an einzelnen Stellen, daß die Annahme der Allers- undJnvaliditäts-VersicherungSvorlageim BundeS rath nicht gesichert sei. — Die „Nordd. A. Z." schreibt: Die durch die Presse gehende Nachricht, daß die preußische Regierung beschlossen habe, für die Benutzung der canalisirten Main strecke Abgaben zu erbeben, bedarf kaum einer be sonderen Bestätigung. Die Abgabeneinführung war bereits im vorigen Jahre eine beschlossene Maßnahme, wie die Frankfurter Handelskammer in den Conserenzen mit Re gierungsvertretern am 9. und 10. December v. I. in Er fahrung brachte. Als die Angelegenheit am 11. März d. I. im Reichstage gelegentlich der Berathung der Postdampfer vorlage zur Sprache kam, verwies der StaatSsccretair deS Innern, Graf v. Posadowsky, den Gegner darauf, daß es in Preußen Grundsatz sei, nur solche Canäle zu bauen, welche ihre Unterhaltungskosten decken und noch eine bescheidene Ver zinsung des Anlagekapitals bringen. Es liegt kein Grund vor, warum die mit großem Kostenaufwand seitens des Staates canalisirte Mainstrecke ganz allein daS Privilegium genießen sollte, abgabenfrei zu bleiben. Auch würde eiu solchesPrivilegium i« offenem Widerspruch mit einer weise« und gerechten Eisen bahn- und Canalpolitik stehen. Die Regierung hat die Ab gaben für die canalisirte Mainstrecke auf ein sehr geringes Maß berechnet, und außerdem soll der Frankfurter Um schlagverkehr abgabenfrei bleiben, ein Zugeständnis durch welche» die Stadt Frankfurt für die Kosten, die ihm der neue Hafenbau verursachte, reichlich schadlos gehalten sein dürfte. UebrigenS ist wohl anzunehmen, daß die Regierungen von Bayern und Hessen, die an der geplanten Fortsetzung der Canalisirung bis Aschaffenburg betheiligt sind, über die Unerläßlichkeit von Canalgebühren nicht anders denken als die preußische Regierung. — Der allgemeine preußische Städtetag, dessen Vorstand am Sonnabend im hiesigen Ratdbause eine vor bereitende Sitzung abhalten wird, trat in Folge einer An regung deS früheren Oberbürgermeister» Zelle zum ersten Male am 28. September 1896 hier zusammen. Mit dem Ausscheiden Zelle'» aus dem Amte ist auch der Vorsitz im Vorstande des preußischen Städtetages sreigeworden. Dem Vernehmen nach besteht die Absicht, der ReichShauptstadt auch ferner die Führung zu belassen, wenngleich Herrn Kirschner die Bestätigung als Oberbürgermeister noch nicht zugegangen ist. Die übrigen Mitglieder deS Vorstandes sind: Oberbürgermeister Becker-Köln (stell vertretender Vorsitzender), Oberbürgermeister Bender-Breslau, Oberbürgermeister Wilting-Posen, Oberbürgermeister Hof mann-Königsberg i. Pr., Erster Bürgermeister Delbrück- Danzig, Oberbürgermeister Haken-Stettin, Oberbürgermeister Adolf-Frankfurt a. O., Oberbürgermeister Schneider-Magde burg, Stadtdirector Tramm-Hannover, Oberbürgermeister Giesc-Altona, Oberbürgermeister Schmieding-Dortmund und Oberbürgermeister Westerburg-Cassel. — Der Finanzminister vr. v. Miquel empfing gestern eine Abordnung des Bundes der Handels- und Gewerbe treibenden, bestehend aus den Herren Cvmnierzienralb Lissauer, Galmert und Neumann, die dem Minister eine Eingabe in Sachen der Rabatt-Sparvereine überreichte. Ter Finanzminister ließ sich ausführlich über die Schädigungen berichten, die nach Ansicht der Petenten sowohl dem Liefe ranten wie dem kaufenden Publicum durch diese Vereine zu gefügt werden, und versprach, die Wünsche des Bundes der Handels- und Gewerbetreibenden, die auf die Heranziehung Vieser Unternehmen zu den von allen anderen GeschästS- treibenden getragenen Steuern und Stellung derselben unter daS Gesetz der Wirthschaftsgcnossenschaften hinzielen, einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen. — Der Herausgeber der „Zukunft*, Maximilian Harden, ist wegen MajestätSbeleidigung und Beleidigung des Oberstaatsanwalts Drescher zu 6 Monaten Festung verurtheilt worden. Der Staatsanwalt hatte 1 Jahr Ge- fängniß beantragt. — Dienstwohnungen für Unterbeamte. OfficiöS wird mitgetheilt, daß die Fürsorge für die Gewährung von Dienstwohnungen an Unterbeamte und ständige Arbeiter von der preußischen Regierung demnächst in verstärktem Maße ausgenommen werden wird. Bekanntlich fehlen derartige Posten im Etat seit mehreren Jahren nicht, und der Staat begnügt sich mit einer Verzinsung deS aufgewendeten Capitals von 2>/r bis 3 Procent. — Der Botschafter der Vereinigten Staate» von Amerika am hiesigen Hofe Andrew D. White hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fnngirt der erste Botschafts-Secretair John Brinckerhoff Jackson als interimistischer Geschäftsträger. — Der Landwirthschaflsminister Freiherr von Hammerslein ist aus der Rheinprovinz hier wieder ringetrosfen. — Staatssecretair vonPodbielSki ist von seinem dienstlichen Ausslugenach CranipaS- Saßnitz — es handelte sich um die Besichtigung der mehrfach er wähnte» Kabellegung zwischen Deutschland und Schweden (Trelle- borg) — wieder in Berlin ringetrosfen. Im Auftrage des Staats- sccretairs wurden übrigens durch einen Berliner Hosphotographen von sämmtliche» Phasen der Kabellegung Ausnahmen gemacht, von denen mehrere Exempjare dem ReichSpostmuseum überwiesen werden. — Der herzoglich sächsische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats minister, Wirkliche Geheime Rath vr. von Bonin, ist in Berlin angekoinine». * Danzig, 4. November. Westpreußische Blätter melden, daß in Danzig noch im Lause dieses Monats verschiedene Vertreter der rheinländisch-westfälischen Industrie rintreffen werden, um sich an Ort und Stelle über die in Betracht kommenden Verhältnisse zu unterrichten. Weitere Be rat Hungen würden erst im Frühjahr in Berlin und Danzig erfolgen. * Pose», 4. November. Dieser Tage wurde gemeldet, der Ministerialdirector v. Bitter sei hier mit zwei Geheimräthen eingetroffen, um mit deni Oberpräsidenten der Provinz Pofen und den beiden Regierungspräsidenten von Pose» und Brom berg über die geeigneten Maßnahmen zur Hebung deS OstenS zu berathen. Heute berichten Berliner Blätter folgendes Nähere über die Cvnferenz: Die Berathungen, die im Oberpräsidium stattfanden, halten zum Zwecke, über Dinge, die für die wirthschaftliche Entwickelung des OstenS von Bedeutung sind, Klarheit zu schaffen. So wurde z. B. längere Zeit die Frage erörtert, wie der Leutenoth zu steuern fei und wie die Zulassung russisch-polnischer Arbeiter geregelt werden müsse. Daneben kamen Fragen de» deutsch-russischen Grenzverkehr», der Er? Weiterung de» Bahnnetze» der Provinz zur Verhandlung. Auch die Verhältnisse der Stadt Posen u. s. w. wurden erörtert. Bindende Beschlüsse konnten naturgemäß nicht gefaßt werde». * Münster t.W., 4. November. Ein Dankte leg ramm an de» Kaiser für die Ueberweisung der Dormition ist gestern nach der Wahl Namen» der Vertrauensmänner der CentrumSpartei für den Wahlkreis Münster-KöSfeld abgesandt worden. DaS Telegramm hat folgenden Wortlaut: Sr. Ma jestät Kaiser Wilhelm. Jerusalem. Ew. kaiserliche und könig liche Majestät bitten die zur Abgeordnetenwahl versammelten treugehorsamsten Vertrauensmänner der CentrumSpartei des Wahlkreises Münster-KöSfeld allerunterthänigst, ihren ehr furchtsvollsten Dank für Ew. Majestät huldreiche Ueberweisung de» Sanctuarium» der Dormition an den deutschen Verein vom heiligen Grabe allergnädigst entgegennehmen zu wollen. Namens der Vertrauensmänner: Graf Droste. * Weimar, 4. November. Auch an den Großherzog Karl Alexander ist ein Telegramm auS Jerusalem ein getroffen, worin der Kaiser seine Freude sowohl über den bisher so glücklichen Verlauf der Fahrt, al» auch über die glänzende Aufnahme in den türkischen Ländern kundgiebt. Zum Schluß de» Telegramms betont der Kaiser seine Ge- iiugthuung darüber, daß auch Weimar bei der so erhebenden EinweihuugSfeier der Erlöserkirche in Jerusalem vertreten war. — Von einem Vertrage zwischen den thüringischen Re gierungen über Errichtung eines thüringischen Poly technikum» in Rudolstadt ist nach der „Magd. Ztg." hier an unterrichteter Stelle nicht» bekannt. Die Mittheilung ist zurückzuführen auf den bekannten Plan der Gründung einer technischen Lehranstalt in Rudolstadt, bei dem eS sich aber um ein Privatunternehmen handelt. -r- Altenburg, 4. November. Der Landtag de» Herzogthums ist auf den 18. November einberufen worden. * BreSlan, 4. November. Bezüglich der Nachricht von einem angeblich für Mitte December in Aussicht genommenen Iagdbcsuche deS Kaisers bei dem Grasen Tschirschky- Renard auf Schloß Groß-Strehlitz wird von dort der „Schl. Ztg." mitgetheilt, daß daselbst von einem solchen Be- fuche nichts bekannt sei. * Pletz, 4. November. Der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand ist zum Besuche des Fürsten v. Plcß im Schlosse zu Pleß eingetroffen. * Rudolstadt, 4. November. Der Landtag wurde heute Vormittag durch den Staatsminister von Starck eröffnet. Zur Berathung kommen die neue Gemeinde-Ordnung, Vorlagen über Alterszulagen für Verwaltungsbeamte und Gymnasiallehrer, über Aenderungen deS Statuts der Landes- creditcasse und des Vereinsgesetzes, ferner ein Nothgesetz, be treffend die Verlängerung der Amtszeit der Gemeinderäthe. * Würzburg, 3. November. Der Trauerfackelzug, den die Studentenschaft Würzburg» zu Ehren Bis marck's zu veranstalten gedenkt, wird einige Tage vor der Beisetzung des Fürsten im Mausoleum stattfinden. * Darmstadt, 4. November. Der Großherzog und die Großherzogin von Hessen sind am Donnerstag in Begleitung des Großfürsten und der Großfürstin Sergius, sowie der Großfürsten Kyrill und Boris von Rußland von hier nach Paris abgereist. * AuS dem ViSthnm Trier, 4. November. Der Bischof von Trier vr. Ko rum soll bekanntlich nach Rom gereist sein, um eine Verurtheilung der Lehrmeinungen des Würz burger Professors Schell herbeizuführen. Von diesem Kircheiisürsten entwirft die „Köln. Ztg." folgende interessante Schilderung, welche den Mann völlig kennzeichnet, und auch sein Vorgehen gegen Professor Schell erklärt: Korum ist ein geborener Franzose lAltelsässer) und als Theologe und Bischof zugleich einer der fanatischsten Jesuitrnschüler von Innsbruck. Seit den erste» Schritten zur Beilegung des Culturkampfes ist Korum der preußische Bischof, der auf die reactiouairsle Weise jedes noch so begründete Entgegen kommen seitens der Kirche in Deutschland gegenüber der Staatsregierung zu Hintertreiben sucht. Jede Ermöglichung und Begünstigung des deutschen Universitätsstudiums der jungen Theologen hat er nicht bioS in seiner eigenen Diöcese, sondern auch in anderen Diöcesen zu hintertreibe» gesucht, wenn auch nicht mit ausdrücklichen und buchstäblichen Verboten, aber doch durch thatjächlichc Verhinderung. „Die theologischen Uni- vrrsitätsfacultäten sind unsere größte Verlegenheiti" Dieses Wort soll bei einer der Fuldaer Bischossconferenzen gefallen sein. In seinem Priestersemiuar zu Trier, das nach staatlichem Gesetze als „geeignet, das Universitätsstudium zu ersetzen" betrachtet wird, hat er eine Zwangserziehung eingefuhrt, die nach dem Urtheile vieler Einsichtiger vielmehr geeignet ist, die leibliche und geistige Entwickelung dec Zöglinge hintanzuhalten. Die Vor bildung für die seelsorgliche Wirksamkeit der jungen Priester geschieht im Geiste des jesuitischen Autoritätszwanges, der jede individuelle Regung und Bethätigung austreibt und verhindert. Daß der Import des Herrn Korum als Bischof gerade in daS zu entdecken, ob Deacon's Insel wirklich existirte oder ob sie ein bloßes Phantasiegebilde war. Wenn wir heute noch Land er blickten, wo uns die Karte nichts zeigte als Teapy, wohin wir noch einen vollen Tag zu segeln hatten, ehe wir es erreichen konnten, so mußte ich schließlich doch auch an das Geld glauben. Man sieht also, daß, trotz meiner Behauptung den Leuten gegen über, ich doch über die Sache noch zu keiner festen Ueber- zeugung gelangt war. Unter allen gewöhnlichen Segeln verfolgt« die Brigg ruhig auf der glatten, langrollenden See ihren Curs, und um Mittag, als ich die astronomischen Beobachtungen machte, erkannte ich, daß sic auf der von Deacon berechneten Breite, nämlich genau auf dem 30. Grad war und 185 Meilen östlich von Teapy. Blunt, welcher offenbar von den Leuten, an Deacon's Stelle, als ihr Führer erkoren war oder sich selbst dazu gemacht hatte, kam mit Welchy zu mir und verlangte zu wissen, welche Lage der Brigg sich aus der eben erfolgten Messung ergeben habe. Ich erwiderte, daß wir ungefähr 150 Meilen östlich von der Stelle wären, wohin wir wollten. „In weck Tied Warden wi sei erreicht hebben?" „Bei diesem leichten Wind morgen Nachmittag." Sie schienen dadurch zufrieden gestellt und nach einigen weiteren Fragen gingen sie wieder nach vorn. Ich trat zu Banyard, welcher auf dem Oberlicht saß, und sagte mit leiser Sjimme zu ihm: „Wenn Deacon's Insel überhaupt irgendwo ist, so muß sie hier herum sein. Ich habe mein« Gründ« gehabt, weshalb ich den Leuten gesagt habe, wir würden den Ort, wohin wir wollen, nicht vor morgen erreichen. Halten Sie Ihr Wetterauge offen und wenn Sie irgend etwas bemerken, was wie Land aus sieht, so rufen Sie mich." „Wat erwarten Sei tau seihn, Mister?" „Heute erwarte ich nichts zu sehen, sollte sich aber, gegen meine Annahme, doch irgendwo am Horizont Land zeigen, so lassen Sie es mich augenblicklich wissen." „Up Ve Kart' iS in des« Deil von d« Ser kein Land nich verteichnet?" q „Nein." „Aewer, tum Dünner, wonach soll ik denn da utkieken?" „Na, natürlich nach Deacon's Insel", antwortete ich und bemüht« mich, daS Lachen über des alten Kerls dummes Gesicht zu verbeißen. „D«acon'S Insel!" grunzte er mit widerwilliger Verachtung, „da wardrn Sei irst «in nig« Art Brille för mi «rfinn'n möten; 't i» sü» mim Sak nich, lau fluchen, äwer", fuhr «r mit ernst haftem Gesicht fort, „ik will verdammt sien, wen an Burd von des« Schipp en Poor Ogen sünd, de dcse Insel up dese Jrd seihn warden. Dat is woll, so'n Flag ut Wolken makt, ahn Anker grund för'n Christenminschen, so'n Flag, wo de fliegende Holländer anleggt, üm Water intaunahmen." Den alten Knaben seinen weiteren Gedanken überlassend, ging ich nunmehr, um Miß Franklin auf Deck zu holen. Ich machte ihr einen bequemen Sih am Oberlicht zurecht und, in ihre großen, schönen Augen blickend, flüsterte ich: „Uebermorgen um diese Zeit, Miß Franklin, wird unser Bugsprit, wenn es Gott gefällt, nach der direct entgegengesetzten Richtung zeigen, nach der Heimath!" Sie stutzt« und sah mich mit so großen Augen und «inem fragenden Blick an, daß mir das Herz erzitterte. „Sprechen Sie im Ernst?" fragte sie. „Gewiß thue ich das. Ich würde Sie in diesem Punkte nicht täuschen, selbst nicht um den Preis, Ihre Augen so wie jetzt auf leuchten zu sehen." „Wo werden dann dies« Leute sein?" „St!" flüstert« ich und blinzelte nach dem Rad« hin. „Wir sind fortwährend beobachtet, Alles um uns her kann Ohren haben. Nur Banyard ist eingeweiht, aber auch er hat noch keine Ahnung von der Kriegslist, die ich anwenden will, um Sie und die Brigg zu retten." „Sag«n Sie es mir", bat sie mit ihrer lieblichen Stimme, „mir können Sie doch wirklich vertrauen." „Nur noch ein wenig Geduld. Ich schweige nicht aus alberner Gehrimnißkrämerei, sondern aus einem Grunde, den Sie würdigen werden, wenn meine Zeit gekommen ist und ich Ihnen Alles sagen kann. Jetzt will ich den Mast besteigen und einen Blick umherwerfen." Mit diesen Worten ging ich nach vorn und stieg in das Fock- Takelwerk. Die Leute, die müßig auf dem Vorderdeck herum lungerten, starrten mir neugierig nach, als ich hinaufkletterte. Bis zur Oberbram-Raa steigend, beherrscht« ich von dieser ge waltigen Höhe auS eine Aussicht von vielen Seemeilen. Der Horizont rings umher umgürtete als eine völlig ununterbrochene klare Linie den sich im reinsten Blau über unS wölbenden Himmel. Fern im Süden war ein winziger weißer Fleck sichtbar, ein Schiff, das war Alle». Deacon's Worte, soweit ich mich erinnere, waren gewesen: „Ich habe ihre Lage ohne astronomische Berechnung bestimmt. Sie muß von der obersten Fock-Raa irgendwo in Sicht kommen, sobald die Brigg die Stelle «rreicht hat, auf welcher ich glaube, daß die Insel liegt." Von der Höhe der Vor-Oberbram-Raa aus, auf der ich jetzt stand, hätte ich, außer vielleicht einer ganz flachen Coralleninsel, Land auf volle siebzig Meilen Entfernung erkennen müssen, so klar und durchsichtig war die Luft. Jedoch auch nicht ein Schatten, welcher Land hätte andeuten können, verdunkelte die krystallene Klarheit der Wasserlinie auf dem ganzen Umkreis derselben. Ich that einen tiefen Athemzug. In deruabsolutcn Gleichförmigkeit und Farbe des Horizontes lag der sicherste Be weis, daß Deacon ein Lügner war oder, wenn kein Lügner, ein Verrückter, oder noch richtiger, ein von einer fixen Idee besessener Wahnsinniger. War es die Nachricht in der Zeitung, die ihm zuerst die Ge schichte in den Kopf gesetzt hatte? Oder hatte er wirklich beim Schiffbruch der „Königs-Eiche" infolge der dabei ausgestandenen Angst an seinem Gehirn gelitten und hiernach die fixe Idee ge faßt, das Gold gerettet und vergraben zu haben? Das Geheimniß lag auf dem Grunde der See. Wer kann die Verrücktheit eines Menschen erklären? Alle Phasen der Ge schichte, alle schlau ersonnenen Einzelheiten, die vollkommene Wahrscheinlichkeit derselben und vor Allem der eigene feste Glaube an die Einbildung waren jetzt, wo die vielen Meilen blauer See die ganze Sache als Erfindung kennzeichneten, ebenso viele Be weise für Deacon's Wahnsinn. Ich schwang mich in das Oberbram-Takelwerk, um an diesem auf die Dwarssahlingen hinabzugleiten. Die Leute unten beob achteten mich unausgesetzt und ich hörte jetzt eine Stimme: „Hebben Sei wat sahn, Capteihn?" „Nichts!" rief ich zurück. Dies war keine Enttäuschung. Erst morgen, glaubten sie, würde die Insel in Sicht kommen. Ich erreichte das Deck und begab mich ruhig auf meinen Platz neben Miß Franklin. „Ich habe eine Entdeckung gemacht", sagte ich und lächelte, als ich den fragenden, vor Neugier brennenden Blick sah, den sie auf mich heftete, während ich mich zu ihr setzte. „Welche?" fragt« sie mit leiser, zitternder Stimme. „Deacon's Insel liegt auf dem Monde." „Ich verstehe Sie nicht." „Ich will damit sagen, daß Deacon's Insel nicht existirt." .Ah!" „Er war ein Wahnsinniger, der sich eine Geschichte erdachte und diese für wahr hielt." „Ich hab« sie nie für wahr gehalten." „Und ich wußte bis heute nicht, waS ich davon halten sollte." „Und einer solchen krankhaften Einbildung wegen hat man meinen armen Bruder aus seinem Schiff vertrieben und in einem kleinen Boot vielleicht elend umkommen lassen? Ach, es ist schrecklich!" seufzte sie mit einem Ton, der wie die Klage einer Taube klang. „Nicht allein um deswillen aber wir wollen davon nicht sprechen, denn etwas Anderes ist es, womit sich Ihre Seele jetzt beschäftigen muß. Ich sage Ihnen, beten Sie, daß unsere Segel die ganze Nacht hindurch geschwellt bleiben mögen, damit ich Ihnen morgen um diese Zeit, dort über dem Backbord-Bug, einen blauen Streifen, di« Küste einer Insel, zeigen kann." Als die Zeit zur Ausführung meines Planes sich näherte, stieg meine Angst und Aufregung. Den ganzen Nachmittag hindurch bis zum Anbruch der Nacht hielten die Leute unablässig Ausguck und kletterten immer von Neuem in das Takelwerk. Die gespannte Erwartung machte sie völlig ruhelos und wirkte derart auf sie, daß sie nur noch leise miteinander sprachen. Das sonst so laute Gelächter, die lärmenden Possen und Neckereien waren verstummt; di« herrschend« Stille war wahrhaft un heimlich. Wenn ich mich in ihre Lage versetzte, so verstand ich diesen Gemüthszustand vollkommen. Die Reise war in gewissem Sinn beinahe zu Ende. Es war ihnen nicht mehr möglich, ihre bis herige sorglose Gleichgiltigkeit am Vorabend des Tages zu be - wahren, der die Entscheidung über ihr ganzes fermres Leben bringen mußte, der ihnen offenbaren sollte, ob sie sich vergeblich zu schweren, dem Tod« verfallenen Verbrechern gemacht hatten. Sie waren sich jetzt der Größe des Verbrechens, das sie begangen hatten, voll bewußt. Die Betäubung, in welcher sie bis hierher gelebt hatten, d. h. das Gefühl der Sicherheit, welches die un endliche Weite des Oceans in ihnen erzeugt hatte, di« sorglose Annahme, daß das Verbrechen in der großen ungeheuren Wasser wüste für ewig unentdeckt schlummern würde, hatte sie jetzt ver lassen; ihr Gewissen fing an, sich zu regen. Sie waren nieder geschlagen, ängstlich und wachsam und mit bangen Sorgen über den Ausgang des Unternehmens erfüllt. Die Nacht ging still vorüber. Es war eine Nacht von un übertrefflicher Schönheit. Die Bewegung dec Brigg war so un merklich, daß sie auf der friedevollen See zu schlummern schien; indeß so sanft der Wind auch war, so fanden wir doch jedesmal, wenn das Logg gehoben wurde, daß wir mit einer Geschwindigkeit von mehreren Meilen in der Stunde dahinglitten. (Fortsetzung folgt.)
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