Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.12.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981212019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898121201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898121201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-12
- Tag1898-12-12
- Monat1898-12
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bez«gS.Prei? Hl »U Hmtytexpeditio« oder de» im Etadt» teatrk md de» Vororte« errichtete« Aus- «aoestellr« abgeholt: vierteljährlich^4.SL »et zweimaliae« täglicher Zustellung sti» La« ^klbchL Durch die Post bezogen für DeutschlauL u«d Oesterreich: vierteljährlich ^-7. Direkt« tägliche Kreuzbaudknoun- j>A NuHIiüch; monatlich ^g ?,üO, Di» Morgen-Avsgab« erscheint um */,7 Uh», die dlbe«d-Su»gabe Wochentag» «m - Uhu vedactto« »ud Lrpe-Utoru AOtzan»e»«aß« >. Die Lrveditio» ist Wochentag» ununterbroch« »äsfnet von früh S bi, Abend» 7 Uh». FittalrÄ: vtts Klemm'« G-rti«. iRlfreh Hgh«)» Universitätssrraße 3 (Paulinus LouiS Lösche, Katbarinenstr. 14, Part. und KVeigSplatz 7. Morgen-Ausgabe. NMer..TagMllü Anzeiger. Amlsvlatt des ÄönigNchen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes und Notizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Nureigen-PreiS 1)ie 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. veclamen unter dem Redaction»strich (»ge spalten) bO/ch, vor den Familiennachrichle» (ügejpalteu) 40/^. Größer« Schriften laut unserem Preis, verzeichuib- Tabellarijcher und Ztssernjatz nach höherem Laris. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Margen»Ausgabe, ohne Postbeförderung ÜO.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag, 10 Uhr. Worge«»Ausgabe: Nachmittag, 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an df« Expedttios zu richten. Druck und Verlag von S. Polz i« Leipzi» «28. Montag den 12. December 1898. S2. Jahrgang. Ein College Gottscheds und Gellerts. Die philosophische Facultiit unserer Universität hat, wir das Tageblatt kürzlich meldete, für Vas nächste Jahr unter anderm die Preisaufgabe gestellt, „die Schriften eines hervor ragenden Historikers der rationalistischen Zeit, am besten Leibnizens oder Mascovs, auf di« Anwendung Der quellen kritischen Grundsätze zu untersuchen und die gefundenen quellen kritischen Grundsätze systematisch Varzustellen", v. h., es soll untersucht und ini Zusammenhänge gezeigt werden, in welcher Weise Historiker 'wie Leibniz und Mascov bei ihren historischen Arbeiten an 'den von ihnen benutzten Quellen Kritik geübt haben. Ein schönes, vornehmes Thema, besonders wenn man es mit den literargeschichtlichen Themen vergleicht, die jungen Doktoranden jetzt bisweilen gestellt werden, Themen, durch Vie sie nicht nur nicht auf di« Höhen, sowoern im Gegentheil in Vie tiefsten Niederungen ver Literatur, ja selbst in ihre Sümpfe gelockt werden. Freilich auch ein schwieriges Thema, das um fangreiche Studien, großen Scharfblick und, wenn es wirklich erschöpft werden soll, ein« geistige Reife voraussetzt, wie sie in jüngern Jahren nicht oft anzutrefftn ist. Hoffentlich findet sich ein krönenswürdiger Bearbeiter. So mancher wird aber wohl bei dieser Gelegenheit zum erstenmal einen Namen gelesen haben, mit dem hi«r umgegangen wird wie mit etwas ganz bekanntem und selbstverständlichem: den Namen Mascov. Wer war denn Mascov? Nun zunächst war Mascov ein Leipziger Universitätslehrer, und zwar ein älterer College Gottscheds und Gellerts; wenn wir uns die drei im Jahre 1750 neben einander denken wollen, so war Mascov damals 61, Gottsched 50, Gellert 36 Jahre alt. Er war ferner Leipziger Rathsherr. Endlich aber war er, wie man schon aus dem angeführten Thema schließen kann, einer der größten deutschen Geschichtschreiber, ja er gehört zu den Schöpfern der deutschen Geschichtschreibung. „Wir müßten swenn wir ihn mit jemand vergleichen wollens von Leibniz als Mascovs größtem Vorgänger sprechen; sie theilrn die Abneigung gegen die scholastisch-co-mpilatorische Art >der Geschichtschreibung, d«n scharfsinnigen Blick für ursprüngliche Quellen und abgeleitetes Gewässer, di« Feinheit in der Combination. Aber Leibnizens Annalenwerk blieb ungedruckt." Ein in dielen Stücken ihm geistesverwandter Nachfolger, der über hundert Jahre später auch auf einem Leipziger Universitäts katheder saß, hat eine ebenso gründliche wie feine Würdigung und Charakteristik Mascovs als Geschichtschreiber gegeben: Georg Voigt in seiner Leipziger Antrittsrede vom Jahre 1866. Sie ist gedruckt in SybelsHistorischer Zeitschrift von 1866 (S. 327 bis 358), und die oben angeführten Sätze sind daraus genommen, wie wir uns auch bei dem Nachfolgenden zunächst an sie halten wollen. Die deutsche Geschichtswissenschaft lag früher ganz in den Banden der Jurisprudenz und der Alterthumswissenschaft. Deutsche Geschichte trieb als Haupthilfswissenschaft, wer sich mit dem Staatsrecht beschäftigte. Die Geschichte half dem Staatsrecht die Beweise für seine Behauptungen und Ansprüche herbeischaffen. Die Kunst der Geschichtschreibung aber galt als ein Theil der „Humaniora". Zu den nothwendigen Erforder nissen des Geschichtschreibers gehörte ein elegantes Latein, der Geschichtschreiber war meist dieselbe Person mit dem Redner und dem Dichter. Sicherlich hat nun die deutsche Geschichte dem Staatsrecht viel zu danken; sie dankt ihm die Feststellung ihrer politischen Grundbegriffe, den äußern Aufbau, die sorgfältige Periodi- sirung und ein planmäßiges Studium. So gering auch die Lebenskraft in dem alten Reichskörper war, so erhielt doch die Geschichte durch Vie Verbindung mit ihm manchen Antrieb und eine gewisse Frische; man war immer genöthigt, die älteren Zeiten mit den Zuständen der Gegenwart in Zusammenhang zu denken. Bon den besseren Staaiscech-selnun kann man auch nicht sagen, daß sie nur für die staatsrechtlichen An sprüche und Streitigkeiten Sinn gehabt hätten. Sie haben unter anderm die Urkundenwissenschaft von Frankreich nach Deutschland herübergcbracht, wenn ihnen auch an der juristischen Beweiskraft der Urkunde mehr lag als an ihrer historischen Nutz barkeit. Sie haben die Geschichte vor der Gefahr behütet, durch eine ausschließlich „humaniore" Behandlung zur bloßen Be friedigung de: Bedürfnisse einer neugi.rigen Lesewclt hcrab- zusinken. Aber freilich, alles geschichtliche Lernen stand i.n Dienste der geschäftlichen Praxis. Die Handbücher des Staats rechts und der Reichsgeschichte führten den angehenden Prakriian- ten in die Jrrgänge des Reichskammergerichts, in das schwierige Verfahren des Regensburger Reichstages und in den Anwalts und Geschäftsdienst der Höfe und Regierungen ein. Ja das advocatorische Interesse verdarb nicht selten den reinen Sinn für geschichtliche Wahrheit. Mascovs Verdienst liegt nun darin, daß er die Rücksicht auf die Nutzbarmachung der Geschichte für die juristische Praxis fallen ließ, daß er die Geschichte als selbstständige Wissenschaft auffaßte und das Geschichtswerk als solches ohne alle praktischen Nebenzwecke hinstellte. Auch er war Staatsrechtslehrer, aber als solcher war er vor allem Historiker. Das Ziel, das Mascov vorschwebte, war eine Geschichte des deutschen Volles von seinen ersten Spuren etwa bis zum Tode Kaiser Sigismunds. Erreicht hat er dies Ziel freilich nur zum Theil und mit Lücken. 1726 erschien seine „Geschichte der Teutschen bis zu Anfang der fränkischen Monarchie in zehn Büchern", worin zum ersten Male in die Geschichte der Völker wanderung Licht und Ordnung gebracht ist. Elf Jahre später, 1737, folgte die „Geschichte der Teutschen bis zu Abgang der merovingischen Könige in sechs Büchern fortgesetzt". Ein dritter Band sollte die Geschichte der Deutschen unter den Karolingern bringen, ist aber nie erschienen. Es trieb Mascov vorwärts, die Geschichte des deutschen Reiches in Angriff zu nehmen. Auch sie erschien in Theilen. 1741 war sie von Konrads I. bis zum Tode Heinrichs III. geführt, 1748 die Zeit Heinrichs IV. und V. vollendet, und 1753 brach sie mit dem Tode Konrads III. ab. Aber während er die früheren Werke deutsch geschrieben hatte (sie waren dann ins Italienische, Englische, Holländische und Französische übersetzt worden), kehr'? er in der Geschichte o«s deutschen Reiches zur lateinischen Sprache zurück. Als Lornmonturii äs redus imperii komnno- Eermanici bezeichnete er sie; den stolzen Titel Historiu wagte er ihr nicht zu geben. Alle diese Werke sind von grundlegender wissenschaftlicher Be deutung. Die Oommsntnrii nannte noch Giesebrecht „ein durch Forschung und Darstellung sehr ausgezeichnetes Werk, das auf alle folgenden Behandlungen der Geschichte dieser Zeit den größten Einfluß geübt hat, aber auch neben ihnen seinen Werth behält". Zu den Eigenschaften aber, auf denen ihr dauernder Wetth beruht, gehört vor Allem, daß Mascov überall zu den unmittelbaren und ersten Quellen vorgedrungen, daß er stets bemüht gewesen ist, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit festzustellen, daß er dabei mit der größten Unparteilichkeit ver fahren ist, daß er den Stoff mit wahrhaft künstlerischem Geist ausgewählt und angeordnet und in geschmackvoller Form, in edler, einfacher, natürlicher Sprache ohne alle Affectation erzählt hat (deutsch ebenso wie lateinisch). Wer über olles dar Ausführlicheres wünscht, der lese die schöne Arbeit Voigts selber. Namentlich auch die Quellen behandlung und Quellenkritik Mascovs ist schon von Voigt in meisterhafter Weise kurz und mit schlagenden Beispielen be leuchtet worden. Hier sollen nur über das Leben und die mannigfache amtliche Thätigkeit Mascovs noch einige Mit theilungen gemacht werden. Was wir über sein äußeres Leben wissen — es ist wenig genug —, geht fast alles auf das Elogium zurück, das ein Jahr nach seinem Tode, 1762, der damalige Rector der Universität, der Philologe Johann August Ernesti, herausgegeben hat (wieder abgedruckt in der zweiten Auflage seiner Opusoula oialvria, Leyden 1767, S. 362 bis 378). Ein paar Kleinigkeiten, die sich bei Ernesti nicht finden, bietet Carl Renatus Hausen in seinem Aufsatz: Leben und Charakter Johann Jacob Mascovs (ausgenommen in Hausens Ver mischter Schriften, Halle 1766, S. 48 bis 55). Hausen, ein junger Leipziger (geb. 1740), war seit 1765 Docent der Geschichte an der Höllischen Universität, nachdem er schon einige Jahre an der Leipziger Universität Vorlesungen über Geschichte ge halten hatte. Er hatte Mascov noch persönlich gekannt; aber die Lebensnachrichten, die er über ihn giebt, hat er fast alle von Ernesti abgeschrieben, und in das Verzeichniß von Mascovs Schriften, das er angehängt hat, hat er auch eine Reihe von Dissertationen ausgenommen, die schwerlich alle von Mascov ver faßt sind.*) Mascov — oder wie er sich selbst im bürgerlichen Leben stets geschrieben hat, Mascou — war am 26. November 1689 in Danzig geboren. Da er früh beide Eltern verlor, wurde er von einem Verwandten der Mutter erzogen, besuchte die Schule und das Gymnasium in Danzig und kam im August 1709, zu so ungewöhnlicher Jahreszeit wegen einer in Danzig aus brechenden Pest, auf die Leipziger Universität, wo er noch im Sommersemester immatriculirt wurde. Er studirte hier anfangs Theologie, wandte sich aber dann auf den Rath namhafter Gönner dem Rechtsstudium zu. 1711 wurde er in der philo sophischen Facultät Magister. Später begleitete er einen jungen Buchwald auf einer Reise durch Deutschland und Belgien, dann zwei junge Grafen Watzdorfs durch Frankreich, Englang und Italien. Nachdem er von der zweiten Reise zurückgekehrt war, wurde er 1714 als Collegiat in das „Kleine Fürstencollegium" aus genommen, 1718 erwarb er sich in Halle die Würde eines Doctors der Rechte, und 1719 wurde ihm in Leipzig eine außerordentliche juristische Professur übertragen, die er am 9. August mit einer Vorlesung Vs ortu et pro8v688u zuris pudlici antrat. Wenige Monate darauf wurde er in den Rath der Stadt Leipzig ausgenommen. 1722 wurde er dann Beisitzer im kurfürstlichen C-nsistorium, 1729 Assessor im Oberhvfgecicht, und 1732 erhielt er den Titel Hosrath. Im Leipziger Rathscollegium wurde er 1734 zum Stadtrichter gewählt, 1742 zum Proconsul (die beiden Proconsuln waren die den drei Bürgermeistern zunächst stehenden Rathsmitglieder), sieben Mal ist er von 1725 an als Abgeordneter des Leipziger Raths (nicht der Universität, wie Voigt schreibt) auf dem Landtag in Dresden gewesen, und er wäre unzweifelhaft auch noch Bürgermeister geworden, wenn er nicht schwer erkrankt wäre: im Jahre 1755 traf ihn ein Schlaganfall, von dem er sich zwar wieder erholte, der aber 1757 heftiger wicderkehrte, so daß ihm die linke Seite gelähmt wurde. Am 21. Mai 1761 ist er dann im Alter von 71j Jahren gestorben. Etwas unklar ist, wie man sich das Verhältniß seiner Stellung im Leipziger Rath zu seiner Stellung an der Uni versität und seine Thätigkeit als Universitätslehrer zu denken habe. In den Leipziger Rath waren schon seit langer Zeit grundsätzlich keine Universitätsmitglieder mehr ausgenommen *) ES handelt sich da um die bekannte Frage über praeses und ^utor bei den Dissertationen und Disputationen im 17. und 18. Jahrhundert. In Siculs Koo-^nnule» lüpsionsss wird unter den Jahren 1721 bis 1729 bei nicht weniger als sechs solchen Mascovscben Dissertationen der „Respondent" al- Xutor respon- äaus bezeichnet, unter andern 1726 bei der Dissertation Vs jure toeäerum in 8. Rom. Imperio ein Herr Levin Friedrich von Bismarck. worden. Man hatte damit im 16. Jahrhundert so üble Er fahrungen gemacht, namentlich im städtischen Schöppenstuhl, der damals mit lauier Rathsmitgliedern besetzt war, daß Kurfürst August von 1572 an keinen Universitätsprofessor mehr als Raths Mitglied bestätigte. Von 1572 bis zu Kurfürst August's Tode (1586) sind überhaupt keine „Voetore8" wieder in den Raih gelassen worden. Erst unter seinen Nachfolgern brachte man wieder einige hinein, und im 17. Jahrhundert galt es dann wieder für selbstverständlich, daß der Rath theils aus Kauf leuten, theilS aus lülsruti, wie man nun sagte, bestand — es waren natürlich meist Juristen; aber Universitätsmitglieder hielt man grundsätzlich fern. Führte doch auch so noch im Laufe der Zeit die Aemterhäufung wieder zu solchen Mißständen, daß seit 1711 jeder neugcwählte Rathsherr einen Revers unter schreiben mußte, worin er sich verpflichtete, „ohne des Raths Vor bewußt und Einwilligung kein ander Amt, krueciicat oder Verrichtung, es sei bei Hofe oder bei der Liniversilaet oder anderswo annehmen" zu wollen. Nun war Mascov ohnehin nur durch eine außergewöhnliche Wahl in den Rath gekommen. Es waren erst im März 1719 fünf junge neue Rathsherren gewählt worden; da aber im October 1719 der Bürgermeister Gräve und auch der erste der fünf Reugewählten starb, so wurde am 2. November eine Nachwahl vorgenommen und die letzte Stelle Mascov übertragen. Man darf aber nicht glauben, daß ihn der Rath etwa geholt habe, wie es nach Ernestis Darstellung scheinen könnte, sondern Mascov hatte sich beworben und war außerdem von hochstehender Seite — wie es damals sehr oft geschah — so nachdrücklich empfohlen worden, daß sich der Rath gar nicht gut weigern konnte, ihn aufzunehmen. Der regierende Bürgermeister Lange sagte in der Wahlsitzung nur, „es hätte H. v. Johann Jacob Mascau sich gemeldet, auch hohe Uecommenclatiou vor sich. Er habe die Jahre dazu, daß er nützliche Dienste leisten könnte, auch unterschiedene Proben seiner Gelehrsamkeit an den Tag ge legt", und Bürgermeister Platz betonte, früher habe man nicht gern so außer der Zeit wegen eines Todesfalles eine Neuwahl vorgenommen, aber „voritzo hätte sich hervorgerhan die t-'on- äuits und Gelehrsamkeit Hn. v. Moskau, und die hohe ke- comweullLtiou des hohen hliumtreö würde alles gut machen". Der „hohe Minister" war jedenfalls Watzdorfs. Vor der Wahl aber hatte Mascov nicht nur den seit 1711 emgeführten Nevers unterschreiben müssen, sondern es war zu diesem Revers mit Rücksicht auf den besondern Fall noch fol gender Zusatz gemacht worden: „und erkläre mich hiermit, daß, wenn ich zu einem Rathsgliede erwählet und würklich reeipii et werde, ich sodann von dem bisher bei hiesiger Iluivsrsitaot Leipzigk gehabten Amte eines ?roks880N8 3uii8 und dessen sxsreitic» w'' I.olNionii>n8 pudliej8 fst privatis äizpu- tatiouibu8j und andern von der ?rote88icm ckepcmiirentcn An- und Zuveyörungen mich lossage (gestalt ich in eum sveutum mich hiermit darvon würklich lossage), wenn mir auch dergleichen in Zukunft wieder aufgetragen werden sollte, so lang ich bei dem Rathstuhle mich befinde, solches nicht annehmen will." Di« Worte: et privutis lli8putntioiubu8 stehen allerdings nur im Entwurf, sie wurden dann wieder gestrichen; ihm alle und jede Lehrtätigkeit zu verwehren, so weit wollte man doch nicht gehen. Aber öffentliche Vorlesungen sollte er nicht halten. Nun kann aber gar kein Zweifel darüber sein, daß Mascov trotzdem Vorlesungen gehalten hat. Zwar aus den paar Vor lesungsverzeichnissen, die sich aus seiner Zeit erhalten haben, ist darüber nichts zu entnehmen, aus dem einfachen Grunde, weil in diesen damals nur die Vorlesungen der ordentlichen Pro fessoren angekündigt wurden, was Mascov nie gewesen ist. Ebenso wenig kann man aus den sogenannten Magister- panegyrici etwas Sicheres herauslesen. In diesen wird zwar, namentlich in den vierziger Jahren, Mascov öfter — übrigens Ewige Liebe. Bon E. Fahrow (Neu - Ruppin)'. Nachdruck verboten. Es war schon zwölf Uhr vorüber, als Leonardo Travosti sich ein Herz faßte und Fräulein Hertha von Dasfurt seine Blumen überreichte. Den ganzen Wend hatte er nicht gewagt, sie aus der dunkeln Corridorecke hervorzuholen, wo er sie beim Kommen hin» gelegt hatte. Sie war eben wieder gar zu sehr umschwärmt gewesen. Ein schöner Mädchen, im Berliner Westen ausgewachsen, gehegt, verwöhnt im Schooße seiner Familie, dazu der „metallische Hintergrunds der heutzutage beinahe coaättio sivo gu» van ist, — e» Ware ja ein Wunder gewesen, wenn Hertha nicht umschwärmt gewesen wäre! Aber Leonardo Travosti war doch sehr traurig darüber. Al» junger, italienischer Attachö war auch er in Berlin sehr verwöhnt worden, und manches blaue Augenpaar batte rr- muthigend in das seine geblickt; denn auch er war bildhübsch. Er jedoch wollte nur von dieser Einen etwa» wissen, die kokett und doch spröde, itbermüthig und zugleich unnahbar, der Traum seines Lebens geworden! Al» er seine Orchideen endlich hereinholte und sie Hertha gab, flog ein Lächeln um ihren kleinen Mund: „Wo haben Sie denn um Mitternacht diese Blumen her gezaubert, Herr Travosti?* Er legte die Hand aus» Herz und sah sie mit einem seiner Gutblicke an: „Ich würde die Sterne vom Himmel zaubern, um sie Ihnen zu Füßen zu legen! Meiner Liehe ist nicht» unmöglich." Sie lacht« ihm in» Gesicht, indem auch sie die Hand auf» Herz legte und ihm nachmimte. „Oh Gott", sagte sie dann mit einem Plötzlichen Anslug von Ernst, .wa» für schöne Worte ihr Männer doch immer findet! — Aber nun vielen Dank für die Blumen, Signore, — zum Lohn dafür dürfen Sie auch htngehen und un» eine Tarantella spielen." Er setzt« sich gehorsam an den Flügel und begann den Tanz. Hertha aber, den fuhfreien, leichten Batistrock mit einer Hand ergreifend, stemmte die andere in die Hüsten und warf einen befehlenden Blick auf Alexander Binsch, den jungen Hausfreund, den sie allen Anderen vorzog. Mit diesem hatte sie im vergangenen Winter auf einem Kostümfest eine Tarantella getanzt und die Lust wandelte sie an, dies zu wiederholen. Alexander verstand sie. Da er einen Weißen Sportanzug trug, brauchte er auch nicht zu befürchten, eine lächerliche Figur zu machen, und so trat er wohlgemuth zum Tanz an. DaS hatte Leonardo nicht erwartet. — Denen zum Tanz aufzuspielen, die ihn alle Qualen der Eifersucht kost«» ließen, das ging fast über seine Kräfte. Dennoch spielte er weiter, immer wilder, immer rasender. Die Beiden tanzten wundervoll. Hertha'S dunkelblaue Augen glühten in fast schwarzem Feuer und Alexander schaute sie im Tanzen an, als sei sie schon sein eigen. Mit einigen wllthenden Accorden brach Travosti den Tanz ab und sprang auf, um gleich darauf hinauSzustürzen. Er ergriff Degen und Käppi und verschwand au» der Billa, im Herzen den brennenden Wunsch, daß diese Zusammenstürzen und unter ihren Trümmern speciell Herrn Alexander Binsch be graben möge. In den nächsten Wochen setzte Leonardo seine fruchtlosen Be lagerungen fort. Er klagte sein Leid aber nicht mehr so häufig Hertha, dieser „herzlosen Kokette", sondern deren Mutter, einer ideal veranlagten, gütigen, selbstlosen Frau, die in ihrem Mit leid den jungen welschen Lieutenant tröstete, so viel sie konnte. Obwohl Leonardo das schöne Mädchen in seinem Grimm eine herzlose Kokette nannte, konnte er sich doch nicht von ihr loS- machen; im Gegentheil, seine Leidenschaft für sie vertirfte sich von Tag zu Tag, und zuletzt schwor er, sie werde seine einzige und ewige Liebe bleiben. — Die Mutter bat bei dem Töchterchen für Travosti. Er sei doch ein so lieber Mensch und aus bester Familie; sie habe von ihm die Srlcrubniß oder vielmehr die flehentliche Bitte erhalten, an seinen Oberst in Neapel zu schreiben, um sich nach ihm zu er kundigen. Weshalb wolle denn Hertha nun wieder Nein sagen? Sie habe doch schon gegen zwanzig Freier hermgeschickt und einmal müsse sie doch wohl heirathrn. Da hatte Hertha ihre ernsten, blauen Augen auf die Mutter gerichtet: „Habe ich ihn in unser Haus gezogen?" „Rein, natürlich; er kam wie die Anderen alle . . „Habe ich ihm ein Recht gegeben, mich zu lieben?" „Mein Kind, dazu bedarf es keines Rechtes." „Ich bin anderer Meinung, Mama." „Liebes Herz, Du glaubst stolz zu sein, Du bist aber nur hochmüthig und eigenwillig." „Er wird nicht an seiner Liebe sterben." „Sage das nicht. — Er wird heute Abend noch einmal mit Dir sprechen und Abschied nehmen. Sagst Du wieder Nein, so will er mit den Truppen nach Abessinien gehen." „Ich wünsche ihm glückliche Reise." „Hertha! Hast Du denn gar kein Gefühl?" „Für alle diese jungen Leute — nein! Weißt Du, was sie mir sind, alle zusammen? — Hanswurste! — Jawohl, Muttchen, daS ist der einzig richtige Ausdruck. Bis jetzt habe ich noch nicht Einen nach Hause geschickt, der sich nicht spätestens in einem Jahre mit einer Anderen verlobt oder doch eine Andere geliebt hätte." „Uber verlangst Du denn, daß sie ihr Leben lang Dir nach trauern?" „Ich denke nicht daran! Aber ich will nicht diese Litanei von der ewigen Liebe hören! Sie ist mir lächerlich, diese ewige Liebe!" Die Mama sank in einen Stuhl. „Sieh 'mal, Muttchen, — ich bin ander» wie Du! — Du hättest au» schierem Mitleid womöglich zu jedem Freier Ja gesagt, nur, um ihn nicht weh zu thun. Du hast halt ein viel zu weiches Herz. Meines ist härter — uns modernen Mädchen ist eS schwerer, zu imponiren." „Aber, mein Liebling, wenn Du glaubst, daß jede Liebe vergänglich ist. so m u ß t Du einmal unglücklich werden." „Ich glaube nicht. Auch meinte ich nur, daß eine u n - erwiderte, unglückliche Liebe nicht ewig sei. — Wenn man sich heirat het, nachdem und indem man sich liebte, so bin ich fest überzeugt, daß diese Liebe dann ewig währen kann." „Aber weshalb das, Kind? Es giebt Millionen von Ehen, in denen die Li«be erloschen ist." „Dann bleibt doch immer die Pflicht." Die Mutter schwieg und streichelte nur ihrem seltsamen Kinde da» Haar. An diesem Abend holte sich Leonardo Travosti noch einen, und diesmal einen recht ungnädigen Korb von Hertha. — Er reiste einige Tage darauf ab, weil sein Commando in Berlin zu Ende war; doch schrieb er in den nächsten Wochen noch fleißig an Hertha'S Mutter. Endlich ging er wirklich nach Abessinien; und auch von dort aus trafen noch immer seine Liebeskkagen em. — Zuletzt kam ein Brief, geschrieben am Vorabend einer großen Schlacht. „Ich fühl' S", schrieb Leonardo, „daß ich heute mein letztes Abendgebet sprechen werde: in der morgigen Schlacht werde ich mein zerstörtes Leben aushauchen. Noch Andere außer mir haben die Vorahnung des Todes, so auch Vitello, unser braver Oberst. Er scherzt zwar darüber, doch sehe ich den Ernst hinter seinen Scherzen. Er sagt, da er kürzlich «ine zwanzig Jahre erwartete Millionenerbschaft endlich gemacht habe, werde er n.ui ganz gewiß sterben; dann blieben aber wenigstens seine Töchrer gute Partien. — Ich, meine verehrte Frau, ich habe keinen Sinn mehr zu solchen oder anderen Scherzen. — Ich denke an nichts sonst als an den blauäugigen, grausamen Engel, der mich verschmähte, und dem meine letzten Grüße gelten. Möge Fräulein Hertha die einliegende Blume als von meinem Grabe kommend betrachten und eine flüchtige Erinnerung Dem schenken, der sie bis in den Tod liebte." lieber diesen rührenden Bri«f vergoß Hertha'S Mutter einige tiefmitleidige Thränen; selbst Hertha ward für einige Minuren still, als sie ihn gelesen. — Drei Monate darauf verlobte sie sich mit Alexander Binsch, dem Jugendfreunde, mit dem sie aufgewachsen war, und dem zu Liebe sie so viele Freier heimgeschickt hatte. „Den kenn' ich mit allen Fehlern und Schwächen", hatte sie heiter gesagt, „wie er auch mich kennt. Und wenn unsere Liebe alle diese Schwächen übersehen konnte und dennoch bestehen blieb, dann ist schon eher eine Aussicht vorhanden, daß es eine „ewig; Liebe" sein könnte." Am Tage der Verlobung aber stand in der Zeitung unter den ausländischen Personalnachrichten die Anzeige, daß der Unter lieutenant Leonardo Travosti sich — mit einer Tochter seines Obersten Vitello verlobt habe. Da» Brautpaar in Berlin hatte lange nicht so gelacht.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite