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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.12.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981230018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898123001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898123001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-12
- Tag1898-12-30
- Monat1898-12
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VezagS-PreV W» b«r Han-t«gp«btti»» oder d«n kn Gkckbt- bezirk und d« Vorort» errichtet» Ao«. oodesielle, »bggholt: viertrljLhrttch^lL^O, bei zweimaliger täglicher Z»ft«ll»ug io« tau« 5^0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertrnädrlich g.—. Direkte tägliche kreuzbandseudung in- Ausland: monatlich 7.H0. Die Morgen-Ausgabe «scheint um '/,? Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentag» um b Uhr. Ne-actio« und LrvOition: Johanne«,affe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbroch«» gevsfnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uh». »-o-e'« FiliatrL: Dtt» klemm'» Serti«. (Alfred Hahn), Uuivrrsitätssiraße S (Pauliuu»'), Laut» Lösche, katbannenstr. Ich vart. und KSrigs-latz 7. Morgen-Ausgabe. MpMcr TaMatt Anzeiger. Amtsblatt öes Aöttigüchen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rashes nnd Polizei-Amtes der LLadt Leipzig. Rttreigett'Preis die 6 gespaltene Petitzeile SO Ptg. Neclamea unter dem Redactionsstrich (4ge- spalten) VO/H, vor den Familirnnachrichle» (ö ge'palten) 40 Größere Schrillen laut unserem Preis« ve^eichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz »ach höherem Tarif. Extra-Vellage« (gesalzt), nur mit der Morgen « Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbefördrrung 70.—. Ännahmefchluß für Anzeigen: Abeud-Au-gab«: Vormittags 10 Uhr. Marge ».Ausgabe: Nachmittag» 4 UHL. Vei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. a » Kruck und Verlag von E. Polz in Leipzi» 92. Jahrgang M Freitag den 30. December 1898. Plagwitz Herr 6. (irütLinann, Zschochersche Straße 7», Reudnitz Herr LuxmaNL, Marschallstraße 1, - Herr 0. 8el»wlüt, Kohlgartenstraße 67, - Herr Lernli. ^eder, Mützengeschäft, Leipziger Straße II, Thonberg Herr L. ÜLnIsek, Reitzenhainer Straße 58, Polkmarsdorf Herr 6eor§ lileMLirn, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Ranstsche Gaffe 6 Herr Lrleär. Ll8eLer, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LnKelmrmn, Colonialwaarenhandlung, Schützenstratze 5 Herr ^nl. 8odümL;den, Colonialwaarenhandlung, Wefchlatz 32 Herr ll. Vlttriok, Cigarrenhandlung, Aorkstraffe 32 (Ecke Berliner Straße- Herr L. Llelr, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Straffe 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Reich und Oeste-Mich-Ungaxn In LHzig nehmen Bestellungen^entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgaffe 8, die Filiale«: Katharmenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, sowie nachfolgende AusgabefteNen: - Arndtffrpffe 35 Herr L. 0. Mittel, Colonialwaarenhandlung, BeVthaMMstraffe 1 Herr I'üeaü. Leier, Colonialwaarenhandlung, BrAhl'.53 6^t.,8Avtder1'8 Xuelikotxer, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straffe (Ttwmasinsstraßen-Ecke) Herr Otto Lraur, Colonialwaarenhandlung, Löhrftraffe I5 Herr^L(1uur(I Uetzer, Colonialwaarenhandlung, Nafchmarkt 3 Herr L. 6. 8eliutre, Nürnberger Straffe 45 Herr Ll. L. Aldreeüt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-tLrottendorf Herr Lodert Vrelner, Zweinaundorser Straße 18, - Connewitz Frau Llseder, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Altuer, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenarr Herr Aldert Linüner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt 8edelt's Amioneev-Lxpeültlou, Eisenbabnstraße I, vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das I. Vierteljahr 1899 baldgefälligst veranlassen. iW ölAer vierteljährlich für Leipzig 4 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen T 50 durch die Poft bezogen für das Deutsche Das polnische Proletariat. I). Tine eingehende statistische Untersuchung über „Das Slawenthum in Preußen, seine Bedeutung für die Bevölkerungs bewegung und Bolkswirthschast" (in Conrad's Jahr büchern für Nationalökonomie und Statistik) hat u. A. zu einem Resultat geführt, das für die Beurthrilung der prole tarischen Frage der Zukunft nicht ohne Interesse sein dürfte. Es sei daher gestattet, an dieser Stelle im Anschluß an den ge nannten Artikel die Thatsachen und Erwägungen hervorzuheben, die geeignet sind, diese Frage in eine neue Beleuchtung zu rücken und die Rolle näher zu erklären, die das Polenthum im heutigen vierten Stande spielt und gegenüber dem allgemeinen Aufsteigen des Proletariats von heute und gestern zu höherer Lebenshaltung in Zukunft zu spielen berufen sein dürfte. Wenn man die Statistik der Muttersprache, insbesondere der Muttersprache der Schüler niederer Schulen in» Auge faßt, so zeigt sich als wesentlichstes Resultat, daß die Zahl der slawischen und halbslawifchen Schulkinder unter der Land bevölkerung — und man kann wohl sagen, unter der 8 rmeren Bevölkerung überhaupt — sehr hoch ist. Wenn man sieht, daß Unter sen Schulkindern in den niederen Schulen auf dem Lande 20 Proc. slawisch sind, und bedenkt, ein wie beträchtlicher Theil der Slawen auch überall in das industrielle Proletariat über geht, so wird man kaum fehlgehen, wenn man annimmt, daß von dem ländlichen und industriellen Prole tariat im ganzen preußischen Staate annähernd 20 Proc. dem Slawenthum angehören; zum Mindesten wird diese Annahme zutreffen, wenn man die Grenze des „Proletariats" tief ansetzt und di« besser gestellten Industrie-Arbeiter auSscheidet, dafür aber jene Kleinbauern mit einbezieht, die zwar selbstständig sind, ihrer ganren Lebensart nach aber mit Fug und Recht in die unterste Elasse der Gesellschaft einzureihen find — gerade unter ihnen ist das Slawenthum besonders stark vertreten. Im ganzen Staate find unter den Schulkindern der niederen Schulen rund 15 Proc., auf dem Lande 20 Proc. slawisch und halb slawisch, d. h. in beiden Fällen slawischer Nationalität; fassen »oic nun die Grenze de» Proletariat» im oben angedeuteten Sinne, so verschiebt sich das Verhältniß wesentlich nach der Seite de» Slawenthum»; nehmen wir ferner da» Verhältniß der Schul kinder als Grundlage der künftigen Gestaltung des Bevölkerungs verhältnisses überhaupt an und ziehen wir endlich in Betracht, rvir stark da» Slawenthum auch in den Industriegebieten de» Westen- in drn letzten Jahren seit der obigen Statistik zu genommen hat, so müssen wir in der Thai den Antheil de» Slawentbumi an dem eigentlichen Proletariat in der preußischen Monarchie recht hoch ansetzen; do» Mindestmaß beträgt schon nach der alten Statistik ohne Berücksichtigung der eben erwähnten Puacte rund 15 Proc. — unter jenen Gesichtspunkten werden danach heut« für dies«» eigentliche Proletariat annähernd 20 Proc. kaum sonderlich hoch gegriffen sein. Die Verbreitung d«» polnischen PrvlrtariatS beschränkt sich heute keineswegs noch auf den Osten der preußischen Monarchie; auch im Westen hat in den letzten Jahren eine außerordentlich« Zunahme des PolenthumS stattgefundrn. An erster Stelle steht natürlich die große Verbreitung der slawischen Arbeiter sowie der slawischen Bauern im Osten. Den östlichen Kreisen schließt sich zunächst der Regi«rung»-Bezir Arn»b«rg mit der erstaunlich hohen Zahl von mehr al» 13 000 männlichen Vollblut-Polen an. Zu Arnsberg gehört auch die groß« Polrncolonie in Gelsenkirchen. E» folgen Magdeburg und Merseburg mit zusammen «in«r annähernd gleichen Zahl, dem nächst Münstrr, Düsseldorf »c. Jn»gesammt hatten im Jahre 1SV0 bereit» 10 westliche Regierung»bezirkt mehr al» je 100 männlich« Bolen aufzuwris«n. Auch Masuren, W«nd«n, Mähren und Tschechen find in Arn»bera in größerer Zahl vertreten; die Tschechen außerdem in Merseburg, Lüneburg, Wiesbaden und Düsseldorf, und frrner in Wiesbaden 111 Russen. Dazu kommen mehr als je 100 Deutsch-Polen in Arn»b«rg, Magdeburg, - Merseburg, Hildr»heim, Münster, Düsseldorf und Köln, und Masuren in Münstrr, alle» in Allem gegen 100000 männ- lichr Slawen und Halbslawen — ganz überwiegend aber reine Slawen! — im Westen der preußischen Monarchie. Wohl aemerkt: im Jahre 18S0. Heute ist die Zahl der Slawen dort bedeutend größer. Heute finden sich nämlich brreits in nur 7 Kreisen de» Westens 100000 Polen und «ine dauernde Zunahme ist zweifellos. Für di« künftige Brvvkkerun-sbewegung und für Wirth- schriftlich« Fragen ist die Alter»- und Geschlecht»- vertheilung der in den einzelnen LandeSthrilen vertretenen Slawen von hoher Bedeutung. Tine Vergleichung der wichtigsten Altersstufen bei den verschiedenen Nationalitäten zeigt, daß nach I annähernd normaler Dertheilung der Geschlechter im ersten I ^indesalter — bekanntlich ist in diesem Alter das männliche I Geschlecht in der Ueberzahl — bis zum leistungsfähigsten Alter von 20—25 Jahren eine merkliche Verschiebung eingetreten ist; das Normale ist, daß zu dieser Zeit das Gleichgewicht zwischen beiden Geschlechtern erreicht bezw. von Seiten des weiblichen Geschlechtes schon etwas überschritten ist; dieses Verhältniß Minden wir außer bei drn Deutichen auch bei den Litauer», ^^jueen, Kassuben, Wenden und Mähren, also bei den Stämmen, welche nur eine geringe oder gar keine Zuwanderung aus dem Auslande aufzuwrisen haben; bei diesen slawischen Stämmen zeigt sich ogar ein ausfallend schnelles Absterben der männlichen Be völkerung, wie es bei der im Allgemeinen recht elenden Lebens weise nicht anders erwartet werden kann. Das Gleiche gilt für die reinen Polen, während die Deutsch-Polen durch Zuwanderung eine starke Zunahme erfahren — ebenso auch die Tschechen —, di« begreiflicherweise beim männlichen Geschlecht stärker ist als beim weiblichen. In dem Alter, das auch unter normalen Verhält nissen kaum mehr vom drittenTheile der Bevölkerung erreicht wird, machen sich jene Thatsachen noch deutlicher geltend. Das Slawenthum zeichnet sich allgemein durch außerordentlichen liinderieichthum aus, dem aber eine sehr hohe Sterblichkeit gegen übersteht. Allerdings ist noch in Betracht zu ziehen, daß die Slawen in Preußen zu einem weit übernormalen Procentsatz dem Proletariat angehören und daß diese Erscheinung im Proletariat ziemlich allgemein, wenn auch nicht so übermäßig charf, ausgeprägt ist. Auch in dieser Hinsicht bildet die groß« Mehrheit des Slawenthums in gewissem Sinne die Quintessenz des Proletariats in Preußen. Nach alledem darf man in gewissem Sinne wohl sagen: Unftre Slawen sind unser fünfter Stand. Wo kein deutscher Bauer zu leben vermag, da führt der polnisch« Bauer auf seiner Schollt ein elendes Bettelleben; wo der deutsche Landarbeiter die Scholle flieht, da kommt der Slawe über die Grenze und nimmt sein« Stelle als schlechtestbesoldeter Arbeiter im Lande ein; wo die deutschen Arbeitskräfte in der Industrie des Westens zu selten und zu theuer werden, da meldet sich, sozusagen als Arbeiter zweiter Ckaff«, der Slawe. Der deutsche Proletarier steigt auf und diese Arbeiter zweiter Elassr bilden die unterste Stufe, das neue Proletariat, ohne Bedürfnis;, ohne Cultur, ein willenloses Werkzeug in V«r Hand des Agitators. Je mehr die berechtigten Forderungen des Proletariat» von ehedem erfüllt werden, je mehr der Kampf zwischen „Bourgeoisie" und Socialdemokratie abflaut, umsomehr tritt der neue Gegensatz in den Vordergrund. Man hat ost gesagt, dem Kampf zwischen den oberen Ständen und dem vierten Stande werde ein solcher der ersten vier Stände gegen den fünften Stand folgen — hier sehen wir bereits die Kern truppe jene» künftigen Heeres, die sich aber durch ein wesentliches Merkmal von den früheren Kämpfern unterscheidet: Ihr Gros gehört «iner fremden Nation an! Der heutige vierte Stand selbst wird bei seinem wirt schaftlichen und geistigen Aufstieg an die Stelle kommen, da er von der Bedürsnißlosigleit und Üncultur, Unbildung und Roh heit dieser neuen Elasse, die sich in seinem Schooße gebildet hat, nicht» mehr wissen will und eine scharfe Scheide linie zieht zwischen sich und dem fünften Stande. Wenn wir bet dieser künftigen Gruppirung den letzt«« Stand wesentlich durch eine fremde Rasse vertreten sehen, so unterscheidet sich dieses Bild zwar, wie gesagt, wesent lich von der früheren Classengruppirung; gehen wir aber weiter in der Geschichte zurück, so finden wir zahlreiche Vorbilder, ja, wir können den Zustand im Allgemeinen geradezu al» den normalen betrachten, daß der unterste Stand von einem fremden Vokksthum gebildet wird. Der Boden für daS wirthschaftliche Vordringen des Slawen thum» im letzten Stand« ist seine niedere Euktur, seine Be- dürfnißlofigkeit. Am bedenklichsten ist der massenhafte Zuzug dieser Elemente über die Grenze, zumal auch me kandwirthschaft- ltchen Wanderarbeiter trotz aller Verbote vielfach im Lande bleiben, lieber die Verwendung jener Leute berichten die meisten Landwirthschaftskammern; nicht nur in den vier Grenzprovinzen „finden die russisch-polnischen Arbeiter trotz der mit der Be schäftigung dieser Hilfskräfte verbundenen Nachtheile immer aus gedehntere Verwendung" — auch Sachsen und Pommern fingen dasselbe Lied, und aus Brandenburg wird recht bezeichnend ge schrieben: „Der Ersatz an Feldarbeitern fand noch mehr als im Vorjahre durch Russen und Polen statt. Durch solche Zuzüge werden die Arbeiterverhältnisse aber nimmer verbessert." Und u. L. berichtete selbst die Casseler Kammer schon 1896, daß „fast überall fremde Arbeiter, Ostpreußen, Polen, selbst Russen heran gezogen werden." Aber damit nicht genug; das eben ist der Fluch dieser Herbeiziehung fremder Arbeiter, daß sie fortzeugend neuen Zuzug verursacht; der bestehende Arbeitermangel veranlaßt die Großgrundbesitzer, zu den russischen Hilfskräften ihre Zuflucht zu nehmen; aber wie nach einer alten ökonomischen Weisheit chlechtes Geld das gute verdrängt, so verdrängen diese schlechten lrbeiter jene guten, die bisher noch im Lande geblieben waren. Neuer Arbeitermangel — neuer Zuzug auS dem Osten. All mählich erkennen die zuerst eingewanderten rusfisch-polnisch- qalizischen Slawen, daß sie mehr verdienen können, wenn sie den orrgezogenen deutschen Arbeitern nach dem Westen folgen — dal Spiel wiederhol sich und die Folge ist immer wieder, daß mehr Slawen über die Grenze nachströmen. Nun wäre es im höchsten Grade unsinnig, wollte der Staat auf der einen Seite Hunderte von Millionen auswenden, um das Deutschthum im Osten zu erhalten und zu fördern, und mit derselben Hand die Grenzen öffnen für einen unbeschränkten Strom slawischer Arbeiter. Allein, so unsinnig es auch ist — ganz kann der preußische Staat doch dem Drängen der Großgrundbesitzer nicht widerstehen, der Damm ist durchbrochen und alle kleinen HikfSmittelchen, die officiell borgeschrieben werden, vermögen den Strom nicht mehr aufzuhalten, zumal die Organe, welche jene Vorschriften zu voll ziehen haben — die Landräthe — in diesem Falle selbst als Großgrundbesitzer Partei sind und sich ihren Berufsgenossen nicht hinlänglich widersetzen können oder wollen. Soviel der Großgrundbesitz einst für das Deutschthum em Osten gethan hat, so schwer versündigt er sich heute an seinem eigenen Volke. Wir sehen also, wie das Polenthum im Allgemeinen, gegen über dem allgemeinen Aufstieg ein neues, zurückbleibendes Prole tariat bildet; die Ausnahmen sind recht gering. Die neu polonisirten Städte find der einzige Ort, in dem die Slawen eigentlich in den Mittelstand aufgerückt sind. Von dem polnischen Ad«l abgesehen, stehen nur die Geistlichen über dem DurchschnittSslawen; die Zahl dir Bauern, die nach Besitz und Lebenshaltung dem Mittelstände zugerechnet werden müssen, ist unter ihnen recht gering; die ganze große Masse ist durchaus ländliches und zum Theil industrielles Proletariat, Proletariat zweiter Elasse, fünfter Stand. Sich mit diesem neuen Proletariat abzufinden, wird die Auf gabe späterer Geschlechter sein, denen der Elassenkampf ebensowenig «rspart werden wird, wie uns. Unsere Aufgabe dagegen ist es zunächst, den polnischen Mittelstand zurÜckzudrängtn, die polonisirten Städte wieder dem Deutschthum zu erobern, das Polenthum auf das Proletariat, das es seiner Hauptmasse nach bildet, zu beschränken. Nur wenn wir uns mit aller Macht darauf werfen, di« alten Vesten des Deutschthum-, die Städte, zurückzugewinnen und den polnischen Mittelstand wieder durch einen deutschen zu ersehen, nur dann wird auch im Osten der Deutsche überall der Herr, der in allen wohlsituirten Ständen allein herrschende Bürger sein, während der Slawe auch dort überall in die Rolle zuriickfinken würde, die er schon heute in der ganzen Monarchie im Wesentlichen spielt, aus der er im Osten aber energisch und erfolgreich emporftrebt: Der Träger deS eigentlichen Proletariats, der Vertreter des fünften Standes. Der Kampf ist damit keineswegs beendet, aber vielleicht werden unsere Enkel es uns einst danken, daß wir ihnen wenigsten» einen Theil der Aufgabe abgenommen, den Krieg gegen zwei Fronten — polnischer Mittelstand und polnisches Proletariat — in einen geschloffenen Kampf gegen eine Truppe umgewandelt haben. Deutsches Reich. * Leipzig, 29. December. In der Angelegenheit de» an geblich gemaßregelten Assistenten ve. Curt Kuntze an den Vereinigten fiaatrwiflenschaftlichen Seminaren der Universität Leipzig hält da» „Berliner Tageblatt" der schon er wähnten Erklärung de» Herrn Professor vr. Bücher gegenüber seine Behauptungen aufrecht. Herr Professor Vr. Bucher hat un» deshalb in Aussicht gestellt, eine ausführlich« Darstellung de» Vorgänge» in unserem Blatte zu veröffentlichen. Für heute beschränken wir un» auf die Mittheilung, daß .Herr vr. Kuntze die von Herrn Professor Vr. Bücher dem „Berliner Tageblatte" übersandte Erklärungdurchseine Unter schrift bestätigt hat. (-) keipzt», 29. December. Der „Reick>«anzeiger" ver öffentlicht beute die von uns vor einiger Leit bereit» mit- g tkeiltr Ernennung de« vortragenden Ratbe« im preußischen Justizministerium, de» Oberjustizratb« Skonietzki, zum Reich«gericht«rath. Vertin, 29. December. (Streit innerhalb der Gewerkschaften.) Der immerwährende Kampf zwischen den „Centralisten" nnd den „Localisten" unter den social demokratischen Gewerkschaften mackt sich von Zeit zu Zeit in sehr heftiger Weis« Luft. So schreibt d«r viel genannte Regierungsbaumeister a. D. Keßler, der Vorkämpfer der „Localisten", in seinem Organ „Die Einigkeit" Folgend«»: „W«r irgendwo in «in«r sogenannte» Localorganisattoa einer Ehrlosigkeit sich schuldig gemacht, wer irgendwie ein« käufliche Seel« hatte, dir konnte bei den Leitern der Verbände sicherlich auf Aufnahm« rechnen. Jbm war, wenn er sich sonst nur gut verwenden ließ, eine gute Stellung sicher. Manche Bestechung«, anerbtetungen hatten freilich auch keinen Erfolg. Dabei wurde eine gewerbsmäßige Verleumdung aller derer betrieben, die nicht käuflich waren. An den Prang» genagelte Verleumder, di« vor den berufenen Schiedsgerichten in nirdekträchtiger Feigheit, im Bewußtsein ihre» Unrechte- dir Flucht ergriffen, hatten di« Folgrn dt«ser bodenlosen Unehrlichkeit nicht zu tragen, sondern bekleideten weiter Vertrauensämter; sie dursten ihr «hrlos«» Gewerbe, wrnn auch mit etwa» m«hr Vorsicht, ortsttzen." Zu dieser einigermaßen kräftig ausgefallenen Kritik des Verhalten- der „Centralisten" bemerkt das Organ der letzteren, da» „Corre'pondeiublatt der Generalcommisston der Gewerkschaften Deutschland-", nicht minder böfltch das Nachstehende: „Für diese, das Kennzeichen ohnmächtiger Wuth an sich tragenden Aeußeruugen giebt e» nur zwei Erklärungen. Entwed«r bat der Geist de» Herrn Krhler infolge Le» Mißlingen» der Plan», die er grgia dir Lrntralverbönd« grschmiedrt, gelitten und er ist nicht m«hr zurechnungsfähig, oder Herr Keßler besitzt »inen so gemeinen Eharattrr, daß «in nur halbtvigs anständiger Mensch nicht mit ihm ditcutirrn kann." D«r „Kampf mit geistigen Waffen* nimmt im Lager der Socialdemokratie, wie man fliht, zuweilen recht eigenartige Formen an? * Verlin, 29. December. (Militairanwärker nnd PostfiScu».) Eine ganze Reihe von Procesfen droht dem Poststscu« von Seiten der Militairanwärter, nachdem einer der aus dieser Elasse hervorgegangcnen Beamten ein obsiegendes Urtheil erstritten hat. Der Thatbeftand ist olgender: Der auS d«r Elasse der Militairanwärter hervorgegangene Ober- t»l«graphknassist«nt S. in Berlin hatte gegen seine vorgesetzt« Dienst, behörd«, die Obrrpostdirectton in Berlin, als gesetzlich« Vertreterin de» Reich§posifi»c»-, di» gerichtlich« Klag« auf Nachzahlung von 529,20 GehaltSanthrit erhob«», Wilcher ihm während seines Probedlensijahrc» zu wenig gezahlt sei. — S. war am l. Ottober 1891 probeweise für den Trlegraphendienst einberusen worden und hatte bi» zu seiner Anstellung am 1. October 1892 etn Tagegeld von 2,75 bezogen. Auf Grund der im Jahre 1882 vom Bunde?, rathe erlassenen „Grundsätze sür die Besetzung der Subaltern, nnd Unter- bramtenftelli» mit Militairanwärter»" beanspruchte S. sür die Dauer der Probezeit drei Viertel de» Gehalt» eine» etat-mäßigen Telegraphenassistenten. DaS Landgericht I in Berlin verurtheilte unterm 29. September 1896 den Postsiscu» dem Klageantrag« gemäß zur Nachzahlung der beansvruchten Snmme nebst Zinsen. Tas Kammergericht hob aus die von der Oberposidirection eingelegte Be- rusung dies« Entscheidung auf und erkannt» auf kostenpflichtige Ab- Weisung der Klage, weil die vom DundeSrathe erlassenen „An- siellungSgrundsätze" lediglich den Eharaktrr »iner Berwaltungs. ordnung hätten und kein« giltig» Recht»verordnnng ent- dielte». Auf di« vom Kläger hiergegen eingelegte Revision wurde dies«» Urtheil unterm 25. November 1897 vom Reichsgericht al» recht-irrthümiich aufgehoben und di« Sache in die Vor. tnstanz zurückgewiesen mit der Begründung, daß die „Anstellung-, grundsätze" al» «ine zwingende, öfsentlich rechtliche Rechts- anordnung anzusehen seien. Der Posifi-cu» wurde darauHin unterm 27. September d. I. vom Kammergericht unter Zurück- Weisung der Berusmig-klag« der Oberposidirection dem Klageantrage gemäß »erar theil». Da» Urth«il Hot inzwischen di« Recht-krast »langt und der ein,«klagt« Betrag ist dem Kläger nebst Zinsen g«. zahlt worden. Da die Postverwakiunz erst aus Anregung de« Reichstages im Iabr« 1891 dazu über^egangen ist, den Stellenanwärtern drei Viertel de» etat-mätzigen Stelleneinkommen« zu zahlen, so erbeben die übrigen in der Zwischenzeit eingestellten Anwärter naturgemäß nunmehr gleichfall« den Ansvrnch auf « Nachzahlung de- ihnen seiner Zeit vorentbaltenen Dienstein. I kommen». Die NeichSpostverwaltung soll bisher keinerlei I Schritte gethan haben, um der großen Zahl d«r bethiiliqtin
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