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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.03.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960331011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896033101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896033101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- fehlerhafte Bindung: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-03
- Tag1896-03-31
- Monat1896-03
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DI» Mdrgew>A»Sgab« erscheint am '/,? Uhr. HI» AH«ah»L»-gah« Wochentags am 5 Uhr. NÄutiim uv- Lrveditto«: L«tz«nne»,afir 8. DIiExvrdttldu Ist Wochentag» nnunterbroche» geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: Dtt» klemmt Lortim. (Alfred Hahn), Uaiversitätsstratze 1. Loui» Lösche. Katbarinenstr. 14. Part, und Königsvlatz 7. vezug-.Prei» I» h«r Haaptexpedittou oder den im Stadt, bezirk und de» Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlichechüO, bei zweimaliger täglicher Zustellung tu» Haas e LL0. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestäbrlich S.— Dirrctr tägliche Kreuzbandsenduag I»S Ausland: monatlich e 7.50. Morgen-Ausgabe. KiWM TaMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nokizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. A«-»ig»nPr»is die 6 gespaltene Petitzeile SO Pf-. Sieclamen unter dem Redactionsstrich (»ge spalten) 5O^z, vor den Familtennachrichten (6gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung ./i VO —, mit Postbesörderung ^l 70.—. Annahmeschluß fiir Anzeigen: Abend-Ausgabe. Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei Len Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an dir Expedition zu richten. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig M. Dienstag den 31. März 1896. 8«. Jahrgang. Peterskirchhof 5 Herr Aax Xiortli, Buchbinderei. Rarrftsche Gasse 6 Herr Lrleür. k^8etter, Colonialwaarenhandlung. Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LnKelmann, Colonialwaarenhandlung, Schützenstrahe 5 Herr «lul. 8e1iüiu1t Iie», Colonialwaarenhandlung, Westplatt 32 Herr L. vittriett, Cigarrenhandlung, Horkstrape 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 0. Oottu8, Colonialwaarenhandlung, Meitzer Straße 35 Herr V. LÜ8ter, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr Hl. Oi'iitumann, Zschochersche Straße 7», - Reudnitz Herr lV. LuKMruitt, Marschallstraße 1, - - Herr üeriili. lVedvr, Mützengeschäst, Leipziger Straße 6, - Thonberg Herr L. Lünt86tt, Reitzenhainer Straße 58, - Volkmarsdors Herr 0. A. Baumann, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das II. Vierteljahr 1896 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen 5 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 6 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgaffe 8. die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraße 35 Herr L. 0. LlttsI, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraße 1 Herr DtteoÄ. Leier, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Herrn. Hle88ke, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straße(Thomasiusstraßen-Ecke) Herr OtloLranr, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraße 15 Herr Läuarü Uetrer, Colonialwaarenhandlung, Marschnerftraße 0 Herr kau! 8ekreL)er, Drogengeschäft, Nürnberger Straße 45 Herr Ll. L. Alttreeltt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert 6re1ttvr, Zweinaundorfer Straße 18, - Eutritzsch Herr Lodert Altuer, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Altner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr Aid. lAnäuer, Augustenstraße 13, - Neustadt 8ede1t'8 Annoneeu-Lxpeültlon, Eisenbabnstraße 1, Unser Reichskanzler. (Ein Beitrag zur Biographie des Fürsten zu Hohenlohe-Schillingsfürst.) Neberall in Alldeutschland, auch da, wo man dereinst die plötzliche Entlastung Caprivi'« nicht begreifen wollte oder sie beklagte, empfand man eS mit einem Gefühle der Erleichterung, daß die Wahl de» Nachfolger- auf eine hochbewäbrte, sym pathische Persönlichkeit von politisch hervorragender Bedeutung gefallen war. Namentlich ganz Süddeulsckland durchzog darob ein Gefühl der Befriedigung ähnlich demjenigen, das ein württembergisches Herz bei der Kunde bewegen mochte, daß einem hervorragenden württembergischen Landeskinde der Posten eine» commandirenden Generals übertragen wurde. Mußte man doch beim Fürsten von Hohenlohe-Schillings fürst nicht blo» ein Herz, foiidern auch Vollvcrständniß für die speciellen Bedürfnisse Süddeutschlands anerkennen, deren relative Vernachlässigung man oft glaubte beklagen zu dürfen. Än Süddeutschland hat Hohenlohe seine erste Wirksam keit inmitten großer Stürme entfaltet. Im Süden hat er seinem Landesherrn die deutsch-nationalen Wege gebahnt und sich dadurch echte Liebe bei seinen Süddeutschen gesichert. Noch heute erfreut er sich deshalb aus alter Zeit her speciell in Bayern einer Popularität und einer begeisterten Anhäng lichkeit, für welche man nicht allerorts das Verständniß vor« auSsetzen darf. Es ist mir, der ich seit einem Menschenalter die Thätigkeil deH Fürsten in der Nähe zu betrachten Ge legenheit hatte, eine angenehme Pflicht, beute, an seinem Ge burtstage, an ein paar halbvergessene Vorgänge auS seinem Leben zu erinnern, die für den politischen wie für den reli giösen Fortschritt im Süden traditionell geworden sind. Nachdem im Jahre 1866 im Süden der Sturm gegen Preußen gewüthet hatte, trat Hohenlohe (der Nachfolger von der Pfordtcn's seit 1. Januar 1867) mit klarem Blick für Preußen ein und gab dadurch im Süden eine erste Anregung zur deutschen Einheit. Nicht einen Süd bund, den der Prager Friede und Bayerns Particularismus wünschen mochten, wollte er, vielmehr erstrebte er laut seiner Erklärung vom 8. October 1867 eine föderative Einigung SüddeutscklandS und einen engen Anschluß an den Nord deutschen Bund zu einem deutschen Staate. Eine seiner Tbaten, die mehr wog als eine ge wonnene Schlacht, war e», wie er den Zollvereins vertrag und auch da» Schutz- und Trutzbünduiß mit Preußen trotz de» Widerstandes seine- baye rischen ReichSratheS, der ihn al-Preußenfreunv wie al- Demokraten scheel ansah, durcbzusetzrn verstandl Ihm, dem bayerischen Ministerpräsidenten, war e< vom Anfang an klar gewesen, daß seine Absicht durch den Majoritätstenor der ultramontanen Particularisten hart bekämpft würde. Als er den betreffenden Antrag seinem ReichSrathe vor legte, erbob sich ein unerhörter Sturm gegen den kühnen Ritter. Ruhigund gelassen in die Zukunft blickend, ließ er die tosenden Wellen über sich geben. Ja, er zeigte dem Gegner noch Liebenswürdigkeit und verstand e», Einem um dem Andern klar zu machen, daß Bayern nur mit Preußen stehen und fallen könne. Nur Wenige mochten die Schwierigkeiten ahnen, mit denen der opferfreudige Staats mann rastlos zu kämpfen halte, bis es ihm gelang, seine Landsleute zur Erkenntniß der wahren Lage zu bringen. Da Hohenlohe die Notbrvel>djgkxjt erkannte, den Zoll vertrag um jeden Preis zur Durchführung zu bringen, so mußte er sich auf das Aeußerste gefaßt machen, vielleicht auf einen constitutionellen Conflict, denn die Kammer schien selbst einem Compromiß nicht zugänglich. Die Signatur war ja Preußenfeindlichkeit. Die Führer der konservativen Be strebungen, welche man als die Nachfolger Hohenlohe s wünschte, waren Freiherr v. Thüngen und Fürst v.Löwenstein. Diese drängten auf Ablehnung der Zollverträge in der rücksichts losesten Form hin. Hohenlohe, der über die diplomatische Kunst verfügte, den Gegner plänkelnd bi- auf die Höhe de« Widerspruchs zu drängen, um ihn dann zum Rückzüge zu nöthigen, bewährte diese Taktik in diesem Falle. Er wußte den Fürsten v. Löwenstein und den Freiherrn v. Thüngen zu überzeugen, daß für die Ablehnung wenigstens ein besonderer, nicht allzuschroffer Modus zu suchen sei, um Preußen nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen. Dies leuchtete selbst den Preußenhassern ein, die sich nunmehr der Fassung Thüngen'S answlossen: „Bayern stimme zwar dem Zollvereinsvertrag mit Preußen bei, aber nur unter der Be dingung, daß man Bayern sein absolutes Veto Vorbehalte." Hohenlohe war über dieses ungenügende Zugeständniß innerlich ersreut, wenn er auch äußerlich kühl sich verhielt. Zum Erstaunen seiner Gegner erklärte er, daß er die Lhüngen'iche Form für annehmbar erachte und daß er sie in Berlin empfehlen wolle. Seine Freunde von der liberalen Seite waren starr ob dieser scheinbar paradoxen Erklärung; aber der seine Diplomat Hohenlohe beschwor sie, den Gegnern nur dieses eine Mal getrost zuzustimmen. Er machte den Anfang seiner Unterstützung mit „Za", so daß sich von allen Seiten befremdende Blicke begegneten. Halb war der Sieg errungen. Der Vertrag war bedingungs weise angenommen, freilich mit einer Modifikation, an deren Bewilligung durch Preußen kein Mensch in ganz Badern glauben mochte. DerzielbewußteDiplomatHohenlohe allein sah seinen Triumph voraus! Hatte er doch die Gegner in eine Lage verletzt, in welcher sie wie aus eigener Znitiative nach vorwärt» gedrängt wurden. Es kam der zweite Theil seiner Action. Er suchte jetzt zu erwirken, daß der Haupiführer der Opposition, Freiherr von Thüngen, den modificirten Zollvertrag des ReichSratheS als Deputirter an Bismarck persönlich überdringe, um die Einwilligung in daS bayerische Veto diesem Staatsmanne abzunöthigrn. Hohenlohe versicherte dem unschlüssigen Herrn von Thüngen, daß dieser den zuvor kommendsten Empfang zu gewärtigen haben werde. Herr v. Thüngen reiste ab. Es war ihm wahrscheinlich nicht be sonders behaglich, als er sich der vielgeschmähten Berolina näherte und nun preußische Luft athmele. Aber er wurde auf« Freundlichste empfangen. Bald überzeugte er sich auch, daß Preußen nichts Schlimme- im Schilde führe und daß Bayern die BnndeSgenossenschaft Preußens nur zum Segen gereichen könne. Allmählich verwandelte sich das Mißtrauen Thüngen'S in Vollvertrauen; die bessere Einsicht legte seinen Widerstand lahm und dictirte den Verzicht auf das — doch im Grunde genommen — recht unlogische Veto, so daß nach seiner Heimkehr der weitsehende Ministerpräsident v. Hohenlohe fast in den Verdacht gerieth, aus dem SauluS Thüngen einen Paulus geschaffen zu haben. Verblüfft vernahmen die Gegner den Bericht Thüngen'S. Sie mußten nunmehr auf ihr Veto verzichten und der Zollvertrag wurde angenommen, wie ja aucb das Schutz- und Trutzbündniß mit Preußen, daö Hohenlohe bereits im August 1867 der er staunten Welt zur Kenntniß gebracht batte. Somit ist d»<( Zustandekommen de- ersten deutschen Zoll- p5 l?. entK eine Thal Hokrnlohe'S. durck die er als deutscher Patriot wie als Staatsmann vollste Bewunderung verdient, ja, durch welche er im Aufbau deutscher Einheit seinen Namen in das Buch nationaler Großthaten mit goldenen Lettern eingetragen hat. Als am 23. März 1868 das erste deutsche Zollparlament eröffnet wurde, war es eine Pflicht dankbarer Anerkennung, den süddeutschen Fürsten von Hohenlohe durch Uebertragung des Präsidiums zu ehren. Eine zweite Leistung des Fürsten aus der Zeit seiner Ministerthätigkeit war seine energische Verwahrung gegen die Rechtsverbindlichkeit der vaticanischen Beschlüsse, was im protestantischen Theil Deutschlands zu wenig beachtet wurde. Er übersandte den bayerischen Gesandtschaften an sämmtlicben europäischen Höfen eine Circular-Depesche, deren richtige Beachtung sicherlich von der weitestgehenden Wirkung hätte werden können. Diese wenig bekannt gewordene Eirculardepesche lautet in der Hauptsache: „Es läßt sich gegenwärtig mit Bestimmtheit annehmen, daß das von Sr. Heiligkeit dem Papste Pius IX. ausgeschriebene Allgemeine Eoncilium, wenn nicht unvorvergesetnne Ereignisse dazwischen treten, wirklich im December statlfinden wird. Ohne Zweifel wird dasselbe von einer sehr großen Zahl von Bischöfen aus allen Welttheilen besucht und zahlreicher werden, als irgend ein früheres und wird also auch in der öffentlichen Meinung der katholischen Welt die hohe Bedeutung und das Ansehen, welches einem öcumenischen Eoncilium zukommt, entschieden für sich und sein« Beschlüsse in Anspruch nehmen. Daß daS Eoncilium sich mit reinen Glaubenssragen beschäftigen werde, ist nicht zu vermutben; denn derartige Fragen liegen gegen wärtig nicht vor. Die einzige dogmatische Materie, welche man, wie ich aus sicherer Quelle ersahren, in Rom durch das Eoncilium entschieden sehen möchte, und für welche gegenwärtig die Zemiten in Italien wie in Deutschland und anderwärts ogitiren, ist die Frage von der Unfehlbarkeit de» Papstes. Diese aber reicht weit über Las rein religiöse Gebiet hinaus und ist hochpolitischer Natur, da hier» mit auch die Gewalt der Päpste über alle Fürsten und Völker in weltlichen Dingen entschieden und zum Glaubenssatz erhoben wäre. Ist nun schon diese höchst wichtige Frage ganz geeignet, die Auf merksamkeit aller Regierungen, auf das Concil zu lenken, so muß ihr Interesse, richtiger ihre Besorgniß, sich noch steigern, wenn sie die bereits im Gange befindlichen Vorarbeiten und die Gliederung der für diese in Rom gebildeten Ausschüße ins Auge fassen. Unter diesen Ausschüssen ist nämlich einer, welcher sich blos mit den staatS- kirchlichen Materien zu befassen hat. Es ist also ohne Zweifel die bestimmte Absicht des römischen HofeS, durch das Eoncilium wenig stens einige Beschlüsse über kirchlich-politische Materien oder Fragen gemischter Natur fesistellen zu lassen. Hierzu kommt, daß die von den römischen Jesuiten herausgegebene Zeitschrift, die „Civilis calolica", welcher Papst Pius in einem eigenen Breve die Bedeutung eines ofstciösen Organs der römischen Curie zugesprochen hat, eS erst kürzlich als eine dem Eoncilium zugedachte Aufgabe bezeichnet hat, die Verdammungsurtheile des päpstlichen Syllabus vom 8. December 1864 in positive Beschlüsse oder conciliarische Dekrete zu verwandeln. Da diese Artikel des SyllabuS gegen mehrere wichtige Axiome des Staatslebens, wie e» sich bei allen Cultur- völkern gestaltet hat, gerichtet sind, jo entsteht für die Regierungen die ernste Frage: ob und in welcher Form sie theils die ihnen unter gebenen Biichöfe. tbeils später da» Concil selbst hinzuweisen hätten auf die bedenklichen Folgen, welche eine solche princlpiellc Zerrüttung der bisherigen Beziehungen von Staat und Kirche hcrbeisühren müßte. Es entsteht ferner die Frage: ob es nicht zweckmäßig er scheine, daß die Regierungen gemeinschaftlich eine Verwahrung oder Protestalion gegen solche Beschlüsse einiegien, welche einseitig, ohne Zuziehung der Vertreter der Staatsgewalt ohne jede vorhergehende Mittheilung über staatskirchliche Fragen oder Gegenstände gemischter Natur von dem Eoncilium gesaßt werden möchten. Es erscheint mir unumgänglich nöthig, daß die betheiligten Regierungen gegenseitiges Linverständnih über diese ernste An gelegenheit zu erzielen versuchen. Ich habe bisher gewartet, ob nicht von einer anderen Seite eine Anregung ausgehen werde; nach dem dies aber nicht geschehen, und die Zeit drängt, sehe ich mich veranlaßt, Eure .... zu beauftragen, vorstehende Angelegenheit bei der Regierung, bei welcher Sie beglaubigt sind, zur Sprache zu bringen, um über deren Gesinnungen und Anschauckdg« bezüglich dieser wichtigen Sache Erkundigung einzuziehen rc. München, den 9. April 1869. (gez) Fürst von Hohenlohe." Es unterliegt keinem Zweifel, daß Hohenlohe über die Pläne der jenes Mal noch allmächtigen Jesuiten aufs Ge naueste unterrichtet war. Er hatte vorausgesehen, daß ein unheilbringendes Unwetter durch die Unfehlbarkeitserklärung sich entfallen und den ultramontanen Kreuzzug gegen Deutsch land entfesseln würde. Hätten die Regierungen seine War nungen beachtet, so würde Wohl der vatikanische Beschluß von der Unfehlbarkeit nicht so viel Staub aufgeworfen haben. Die Ultramontanen wußten, daß die Verkündigung des UnseblbarkeitödogmaS die Möglichkeit bot, daS katholische Frankreich zu veranlassen, die ketzerischen Preußen mit Krieg zu überziehen. Sie nabmen sich daher vor, mit allen Mitteln den Sturz Hoheniobe'S herbeizuführen, damit nach seiner Be seitigung das Zurücktreten Bayern» vom Allianzvertrag mit Preußen und die Verbindung mit Frankreich möglich würde. Hatte doch vr. Sigl im bayerischen „Vaterland" den Franzosen die Versicherung gegeben, daß der Fall Hohen lohe's gleichbedeutend sei mit der Neutralität Bayerns im Fall eines Krieges, welche Versicherung nach dem Bericht Stoffel'- ermutbigende Beachtung in Frankreich fand. Hohenlohe sah den Krieg voraus. „Es unterliegt keinem Zweifel", so äußerte er sich im Februar 1870, „daß der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland noch in diesem Jahre zum Ans Feuilleton. Leibniz über Descartes. V-». Am 81. März vor 800 Jahren wurde der berühmte Philosoph Ren- DeScarteS (RenatuS CartesiuS) geboren. Nachdem er von den Jesuiten gebildet worden war, nahm er Kriegsdienste beim Prinzen Moritz von Oranien, dann unter Tilly, machte verschiedene Reisen, ließ sich 162S in Holland nieder, arbeitete hier sein philosophische» System au- und ging 1649 zu der überspannten Königin Christine nach Stockholm, wo er am 11. Frrdruar 1650 starb. Ueber ihn und seine Philo sophie machte Leibniz in seinen „Briefen an Ver- fchiedene" (berauSgegeben von Christian Kortbolt, Leipzig, Breitkopf, 1734) einige kurze und interessante Bemerkungen, die der Vergessenheit entrissen zu werden verdienen. DeScarteS gab sich lange Zeit im Jefuitencollegium zu La Fl-che den Studien hi» und entschloß sich al- Jüngling nach gewissen Träumen und nach langer Erwägung jene» Spruches de» LusoniuS: Welchen Lebensweg werd« ich einschlagen? ein neue» System der Philosophie auszudenken. DaS bezeugen seine hinterlassenen Papiere. Am 1l. November 1611 bemerkte er in seinen Aufzeichnungen, er habe an diesem Tage den Anfang gemacht mit der Erkenntniß der Grundlage di» lorsvtu» wlrädU», dessen wese» ich zu «rrathe» -laude, obgleich er in seinen Schriften nicht davon spricht, wie er denn seine Methode nicht veröffentlicht, sondern nur über sie schreiben und von ihr Proben geben wollte. Deshalb geben sich Die jenigen einer groben Täuschung hin, die sich auf da- von ihm HerauSgegebene beschränken und damit sein ganze- philo sophisches System zu besitzen meinen. Lipstorf erzählt, DeScarteS fer in Deutschland mit dem berühmten Mathematiker Faul haber zusammengekommen, und dieser sei voll Staunen- Uber den Jüngling gewesen. Als er nach Schweden kam, fühlte sich die Königin mehr von AlterthumSwissenschaft und Geschichte, als von der Philosophie angezogen. So sah sich DeScarteS auf die Zeit vor Tagesanbruch angewiesen nnv er krankte in Folge der ungewohnten Dienstleistung. Ich habe von I. H. Böhler, der gleichzeitig in Schweden war, gehört, daß DeScarteS an einer Brustfellentzündung gestorben ist, weil er «inen Aderlaß nicht wünschte oder zu lange aufschob. DeScarteS hatte größere Bücherkenntniß, al- er eingestehen wollte; daS bekundet sein Stil. Vortrefflich wußte er die Gedanken Anderer für sich zu verwenden, waS er nickt hätte verheimlichen sollen und waS ihn in Schweden in Streitereien mit Gelehrten brachte. Seine metaphysischen Ansichten, wie die Uber Ideen, die unabhängig von den Sinnen sind, die Unter scheidung des Seelischen und Körperlichen und die Unzuverlässig keit de» materiellen Stoffe- hat er dem Plato entnommen. Sem Beweis für da- Dasein GotteS auö dem Umstande, daß daS vollkommenste und erhabenste Sein «in» Existenz »inschlietzt, stammt von Anselm von Canterbury und findet sich unter dem Titel „Ooutra insipieutur" in dessen Schriften. In der Moral folgt er den Stoikern. In der mechanischen Er klärung physischer Dinge hatte er den Leukipp und Demokrit zu Vorgängern. Givrdano Bruno soll fast dieselben Ideen von der Größe de- Universums gehabt haben, wie dies StepbanuS SpleißiuS bemerkte, von Gilbert zu schweigen, dessen LlLgueticu« OonMeratiovog DeScarteS von großem Nutzen waren. Seine Erklärnng der Schwere vsr materiao solickiorir resoctionem in tangvrte, beinah« da- Beste in seiner Physik, lernte er von Kepler. Daß Kepler sein Lehrmeister in der Dioptrik gewesen und darin allen Gelehrten weit voran sei, gesteht Descartes in seinen Briefen, in den von ihm hrrauSgegebenen Schriften ist er weit entfernt von einem derartigen Bekenntnisse oder Lobspruche, obgleich jene Art, wie er die Richtung der Lichtstrahlen erklärt, ausführlich bei Kepler beschrieben steht. Und dies hätte eine dankbare Erwähnung deshalb verdient, weil fast die ganze Schluß folgerung DeScarteS' auf diesem Principe beruht. Daß das Gesetz der Zurückbrechung der Strahlen Willebrord und SnrlliuS entdeckt haben, hat Isaak BossiuS erklärt, obgleich ich nicht damit sagen will, daß nicht auch DeScarteS auf denselben Gedanken hätte geratben können. Er sagt in seinen Briesen, er habe Vieta nicht gelesen, aber er bat nach Vieler Ansicht die 1681 erschienenen Bücher über Analyst» (Xnl, aual^tioae kraxi«) von dem Engländer Thoma» Harriot gesehen, denn die Uebereinftimmung Beider ist zu groß. WalliS erzählt, daß Roberval, der sich über einen Einfall DeScarteS' wunderte, als ihm Herr von Cavendish daS Harriot'sche Buch gezeigt batte, ausrief: „Er hat es gesehen, er bat es gesehen!" — Kurz,DeScarteSwar,wie die Gelehrten längst bemerkt haben unk au« seinen Briefen nur zu sehr ersichtlich ist, ein unmäßiger Verächter Anderer und verschmähte auS Liebe zum RubmeKunstgriffe nicht, die wenig edel erscheinen. Und die- sage ich wahrhaftig nicht, um den von mir bockgeschätzten Mann zu schmähen, sondern damit Jedem daS Seine zugetheilt werde und nicht ein Einziger den Ruhm Aller in Anspruch nehme. Auch wünschte ich, daß hervorragende Männer nicht die Herrschaft im Reiche der Philosophie an sich rissen und von der ehrgeizigen Ansicht, eine Secte zu gründen, absäben; es entstehen dadurch Parteileidenschaften und unnütze literarische Streitigkeiten zum großen Nachtheil der Wissenschaft und der kostbaren Zeit. — Einige Ideen DeScarteS' sink besonder- zu loden. (Folgt eine Aufzahlung derselben.) — Wir müssen DeScarteS zu den größten Männern rechnen, welche die Hilfsmittel keS Menschengeschlechts erweiterten und auch da, wo sie irrten, nützen. Deshalb wird den Pythagoras, Demokrit, Plato, Aristoteles, CopernicuS, Gelilai, Bacon und DeScarteS u. A., die sich um die Menschheit unsterblich ver dient gemacht haben, die Nachwelt so lange ehren, al» man Interesse für Geschichte und Verehrung für Talent« ziigrn wird.
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