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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960504025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896050402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896050402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-04
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Rrclamen unter dem Redactionsstrich (»ge spalten) LO^z, vor den Familirnnachrichten (6 gespalten) 40^. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib. Tabellarischer und Zifsrrnsap nach höherem Tarts. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbesvrderuag 70.—. Druck »nd Verlag von E. Polz in Leipzig Jahrgang. Ännahmeschluß für Anzeigern Ab end »Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- »Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Politische Tagesschau. * Leipzig, 4. Mai. Die weniger zahlreichen als eifrigen Freunde des vom Reichstag ,n der zweiten Lesung de« Börsengesetzes mit großer Mehrbeit verurtheilten börsenmähigen Termin handel» in Getreide werden, nach der Sprache ihrer Presse zu urtheilen, die größten Anstrengungen machen, um den BundeSrath zu bewegen, dem Verbote dieser Handelsform nicht zuzustimmen. Aber alle diese Anstrengungen werden vergebliche sein; die Annahme der „Post", daß die Regierungen dem Verbote zustimmen werden, beruht zweifellos auf guter Information; von der sächsischen Regierung glauben wir bestimmt zu wissen, daß sie diesem Beschlüsse des Reichstags ihre Zustimmung nicht versagt. Die weitere Mittheilung deS genannten Blattes, daß Geneigt heit bestehe, das Börsenregister zu opfern, scheint uns deshalb viel Wahrscheinlichkeit zu haben, weil das Organ der extremen Agrarier, die „Deutsche Tagesztg", diesem Verzichte keinen sonderlich starken Widerstand entgegensetzt. Unsere Meinung vom Börsenregister ist immer die gewesen, daß es kaum etwas scharen, aber auch nur sehr wenig nützen kann. Es stehen sich zwei Erwägungen gegenüber. Den Importeuren und Exporteuren, die, um sich vor Verlusten im Termingeschäfte zu sichern, Devisen oder fremd ländische Banknoten nicht verwenden können, ist es fatal, im Register figuriren zu müssen, und lästig, die Kosten der Eintragung zu tragen. Andererseits besteht eine schwache Hoffnung, daß manche Privatperson, die sich auS gesellschaftlichen und verwandten Gründen nicht eintragen lassen will oder kann, Scheu tragen wird, dennoch Spekulationsgeschäfte abzusckließen. Jedenfalls ist das Register eine nebensächliche Neuerung gegenüber dem Verbot Les Börsentermingeschästes in Industrie- und Berg- werksactien, sowie in Getreide. Aber das erstere Verbot ist im Reichstage ganz glatt durchgegangen, vielleicht weil alle Kraft auf die Bekämpfung der Untersagung deS Getreide terminhandels concentrirl werden sollte. Es war aber auch mit dieser Bekämpfung nicht weit her. Nicht einmal bei der Abstimmung. Die Parteien, bei denen Ueber- cinstimmungin der grundsätzlichen Vertheidigung dieser Handels form herrschte, die freisinnige Volkspartei, die freisinnige Vereinigung, di: süddeutsche Volkspartei und Socialdemokraten, zählen zusammen einige SO Mitglieder und können in dieser Frage eine Anzahl „Wilder" zu sich zählen. Bon diesen, gering gerechnet, 100 Abgeordneten waren 39 auf dem Platze, also nicht viel über ein Drittel. Mit der rednerischen Befähigung war cS nicht besser bestellt. Herr Or.Barth ist seicht und kann nicht ohne persönliche Ausfälle sprechen, und Herr vr. Schönlank befand sich im vollkommenen Einklang mit den „Agrariern", indem er deducirte, daß der Gelreibe terminhandel preisdrückenb wirke. Im Reichstage hat es Herrn Schönlank allerdings Niemand geglaubt, daß die Socialtemokratie diese Auffassung hege, aber im Lande würde sie, von einem an dem Ruin der Grund besitzer politisch interessirien Manne vorgetragtn, Un ermeßliches zur weiteren Propagirung des Gedanken» deS Ver botes beigetragen haben, wenn dieses nicht schon jetzt erfolgt wäre. Die Stimmung deS Landes spielt bei den mit dem AuSgange Unzufriedenen schon so eine große Rolle, namentlich bei der Beurtheilung des nationalliberalen Votums. Herr v. Bennigsen, der bei Freund und Feind doch etwas mehr Eredit genießt, als die Presse deS „SchutzverbandeS gegen agrarische Uebergriffe" überall, hat ausdrücklich erklärt. daß seine Freunde, abweichend von einem Theil der CentrumSmilglieber, sich von dem Umstande, daß daS Verbot des Getreideterminhandels populär ist, nicht haben bestimmen lasten. Diese Thalsache wird nach Thunlichkeit verdunkelt durch eine unvollständig wiedergegebene, also entstellte und überdies in Folge eines jedenfalls nicht unfreiwilligen Jrrthums falsch aufgefaßte Auslassung der „Nalionallib. Corresponveuz." Die Machenschaften dieser Art werden aber nicht verhindern, daß die leitende Absicht der nationalliberalen Abgeordneten erkannt wird. Sie ging dahin, eine Einrichtung zu beseitigen, deren Vortheile von Nacktheiten für die Allgemeinheit über ragt werden. Es fällt nicht aufs Herz, sondern erheitert nur, wenn Herr Richter wegen des Verbotes des Terminbandels von „einem solchen Reichstag" spricht, den nicht zu ihrer Eröffnungsfeier einzulabcn, die Veranstalter der Berliner Gewerbeausstellung sehr wohl gethan hätten. Die Strafe ist schrecklich, aber sie kann unmöglich dem terminbandel- verbietenden Reichstage zudictirt worden sein, da er ein „solcher" erst nach der Eröffnung geworben ist. Im Uebrigen ist dieser Reichstag von Herrn Richter bisher nur höchlich belobt worden. Trägt er ja dock neben zwei klerikalen eine freisinnige Spitze. Herr Richter wird sich schon wieder fassen, und für den ersten Augenblick muß man ihm Manches zu Gute halten, da er nicht, wie die „Anderen", seinen Schmer» am Busen des „SchutzverbandeS" ausweinen kann. Neber die Entstehung der Gerüchte von einer tief gehenden Meinungsdifferenz zwischen dem Reichs kanzler und seinen preußischenMinistercol legen einer seits und dem Cbef des Militaircabinets uno anderen Personen in der Umgebung des Kaisers andererseits in Sachen der Reform »es Militatrstrasverfayrens, Gerüchte, die eine ernste Krisis in Folge der Niederlage der Minister in ziemlich sichere Aussicht stellten, dringt allmählich Einige« in die Oeffentlichkeit. Die „Berl. Polit. Nachr.", die schon kürzlich den Verbreitern dieser Gerüchte entgegen traten, weisen nämlich in einem neuen Artikel zunächst darauf hm, „baß der Chef des Militaircabinets in Wirklichkeit nichts Anderes ist, als Der Leiter der Militairkanzlei deS Kaisers, welcher lediglich die Allerhöchsten Befehle auszuführen Hal", und fahren dann fort : „Es ist nicht richtig, daß General von Hahnke ein Gegner der Reform de» Miltta>rstrasoerfahren» ist; im Gegentbeil gehört er bereit» seit 1874 wie die meisten Osficiere der Armee zu den Anhängern dieser Reform. Nur gegen die Einfühlung der Oeffentlichkeit, wie sie im bürgerlichen Strafverfahren besteht, hat er von jeher ernste Bedenken gehegt, weil von ihr nach seiner Aus- fassung der DiSciplin in der Armee Gefahr droht. Er hat diese seme Auffassung ohne Zweifel auch voll vertreten, wenn Se. Majeslät eine Aeußerung über die Sache besohlen hat, wie er sicherlich auch weiteren brtheiligten Kreisen gegenüber daraus kein Hehl gemacht hat. Da- sind aber Alles Dinge, welche auch minder Eingeweihten längst bekannt sind. Nicht so allgemein bekannt scheint e» zu sein, daß General v Hahnke trotz dieser feiner Auffassung maßgebenden Orts dar gelegt hat, daß für den Fall, daß gewichtige politische Rücksichten oder die Wünsche der BundeSfürsten für die Einführung befchränkter Oeffentlichkeit in daS Militairstrafverfahren sprächen, einer solchen Maß- regelim Interesse der deutfchen Einigkeit zuzustimmen fein würde. Wenn hiernach über La» völlig loyale Verhalten des Ehef» des Militaircabinets gegenüber der Reform des Militairstrafverfahrens kein Zweifel bestehen kann, so erhellt au» den vorstehenden Darstellungen auch, wie völlig dir gegen ihn er- hobenen Beschuldigungen einer thalsächlichen Unterlage entbehren, und man kann an» der Hinfälligkeit diese- ersten und haupt sächlichsten Augriffspuncles mit Recht den Schluß ziehen, daß auch im Uebrigen die ganze Preßcampagne der thaijächlichen Unterlage entbehrt. Die» gilt natürlich insbesondere von den Ausstreuungen über die angeblichen Ursachen der Verabschiedung der Generale v. Scklichting, v. Blume und v. Spitz." AuS dieser Auslastung, die ohne Zweifel auf Erkundigungen bei dem Cbef deS Militaircabinets beruht, gebt hervor, daß die Meinungsdifferenz sich lediglich auf das größere oder geringereMaß der Oeffentlichkeit des Verfahrens bezieht und daß der Kaiser selbst in diesem Puncte Be denken hegt, die der Chef deS Militaircabinets auf Befragen bestärkt hat. AuS diesem Grunde ist der vom preußi schen KriegSmiuifter ausgearbeitete und vom Gesammt- ministerium gebilligte Entwurf im Cabinet des Kaisers liegen geblieben, und daS hat übereifrige Freunde des Ent wurfs zu den Alarmartikcln in der „Köln. Ztg." veranlaßt. Nun ist es ja richtig, daß die Frage der Oeffentlichkeit eine der wichtigsten von allen Fragen ist, die bei der Reform des Militairstrafverfahrens in Betracht kommen, aber eben so richtig ist eS, daß über das größere oder geringere Maß der Oeffentlichkeit nicht nur in militairischen Kreisen sehr ver schiedene Auffassungen herrschen. Wenn der Kaiser, bevor er den Entwurf mit seiner Unterschrift versieht, noch einmal über das rechte Maß ernste Erwägung anstellt, so ist das vollständig begreiflich, um so begreiflicher, je weniger der Reichstag in der laufenden Session das wichtige Reformwerk zu Ende bringen kann. Wenn der Kaiser bei diesen Er wägungen nicht allein den Reichskanzler und die preußischen Minister befragt, so ist dagegen nichts einzuwenden. Wer daS bestreitet, niüßte auch verlangen, daß der Kaiser das jüngst in den „Hamb. Nachr." sormulirte Unheil des Fürsten Bismarck iguorirte, das zu dem Schlüsse kommt: „Es erscheint undenkbar, einen Gesetzentwurf durchzubringen, in welchem nur für die Fälle, Lei denen ein großes militairisches Interesse daran besieht, die Oeffentlichkeit des Verfahrens > orgesehen wird. Will man diese Fälle öffentlich verhandeln, so bleibt nichts übrig, als generell die Oeffentlichkeit auf alle Fälle auszudehnen, mit der Einschränkung natürlich, daß — wie eS auch in Bayern der Fall ist — jeden Augenblick die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werden kann, wenn militairisch-dienstliche Rücksichten dies erfordern. Die Aussührungsbestimmungen eines die be schränkte Oeffentlichkeit enthaltenden Strafverfahrens werden die fernere Möglichkeit bieten, etwaigen Schädigungen vorzubeugen; auch wird die Beschränktheit des Raumes in den vorhandenen Sitzung», säten voraussichtlich überall Len Zutritt nur weniger Personen zu den Verhandlungen gestalten." Wir hoffen, daß dieses Urtheil, daS mit dem deö Reichs kanzlers und seiner preußischen Ministercollegen im Wesent lichen sich Lecken dürfte, bei der Entscheidung des Kaisers schwer in die Waagschale fällt. In Persien ist der Thronwechsel bereits vollzogen. Wie dem „Reuter'scken Bureau" auS Teberan gemeldet wird, hat Musaffer ed-din in ToebreS als Schah Musaffer ed-din den Thron bestiegen. Die Leiche deS verstorbenen Schahs wurde einbalsamirt und wird nach der Ankunft des Schahs beigesetzt werden. Der Befehl, durch welchen der Schah dem Großvezier inzwischen die Führung der Slaatsgeschäfte über trägt, wurde den Prinzen, Ministern und Beamten bekannt ge geben. Die Thronbesteigung Musaffer ed-din's wurde in der Großen Moschee durch den Hauplpriester verkündet. Alle Prinzen, Gouverneure u.id Minister brachten dem Schah ihre Huldigung dar. Musaffer ed-din antwortete in huldvollster Weise, besonders Masud Mirza, dem ältesten Sohne des verstorbenen Schah. Ob diese Harmonie zwischen dem neuen Schah und den übrigen Prätendenten lange vorhalten wird, erscheint allerdings nach orientalischen Gepflogenheiten sehr zweifelhaft. Käme es zu Thronstreitigkeiten, so könnten sich daraus Ver wickelungen ergeben, die kaum auf das Gebiet der inneren per sischen Politik beschränkt bleiben dürften. Sicher wird der englische und der russische Wettbewerb um die führende Rolle in Persien jetzt in heftigerer Weise als je zuvor in Action treten und um jeden Zoll breit Terrain kämpfen. Das war bereits unter Nassr ed-din der Fall, aber dieser verstand eS, die Rolle eines Spielballes anglo-rusfischer Jntriguen von sich fern zu halten. Die Politik des ermordeten Herrschers blieb vielmehr conseguent und im Allgemeinen mit leidlichem Er folge bemüht, den englischen Einfluß durch den russischen und umgekehrt in Schach zu halten. Eine active politische Rolle hat Persien unter Nassr ed-din's Regierung schon seit langen Jahren nicht mehr gespielt; dazu lag auch umsoweniger Ver anlassung vor, als jedes Herauslreten aus den Grenzen behut samer Zurückhaltung den Schah genöthigt haben würde, zwischen England und Rußland gleichsam zu optiren; er zog die Concen- trirung seiner Thäligkeit auf das Ressort der inneren Politik vor, indem er mancherlei Reformen einfübrte, während noch mehrere in den ersten Anfängen stecken blieben. Ein eigenartiger Zufall will es, daß die persische Situation sich in demselben Augen blick zuspitzl, wo auch das afghanische Problem aufs Neue an Actualität durch die Bestrebungen Rußlands wegen Herstellung einer strategischen Eisenbahn bis Herat zu nimmt, indeß der schwankende Gesundheitszustand Abburahman KhanS die Möglichkeit nabelegt, daß auch der afghanische Thron in absehbarer Zeil vacanl werden könnte. Persien und Afgha nistan bilden schon jedes für sich allein eine offene Frage in dem Gesammtbegriff LeS mittelasiatischen Problems. Ihre gleich zeitige oder doch nahezu gleichzeitige Ausrollung könnte die beiden Concurrenzmachte England und Rußland, deren mittel asiatische Interessensphären durch Alles, was in Persien oder Afghanistan passirt, unmittelbar berührt werden, nicht gleich- giltig lassen. Dieser Unistand will bei Beurtheilung der curch den plötzlichen Tod Nassr ed-din's geschaffenen Lage ge bührend berücksichtigt sein. Trotz der Jnstallirung, eine» russischen Minister residenten beim Vatikan sind in den beiden letzten Jahren die Beziehungen zwischen der Regierung in Petersburg und dem Papst keine wesentlich besseren geworden. In der jüngsten Zeit sind allerdings wiederholt in der Presse Nachrichten auf- getauckt, welche eine „wesentliche Besserung der Lage der katholischen Kirche in Rußland" in nabe Aussicht stellten. ES hat jedoch, wie der „Pol. Corr." officiös auS Petersburg geschrieben wird, den Anschein, daß diese Ankündi gungen nicht so sehr auf positiven Anhaltepuncten beruhen, sondern vielmehr Hoffnungen entspringen, die man innerhalb der katholischen Kreise an gewisse vor Kurzem getroffene administrative Verfügungen knüpfen ru dürfen glaubt. So wurde einigen Petitionen der katholischen Bevölkerung um Gestattung der Restaurirung, oder des Wiederaufbaues katho lischer Kirchen in den nord» und südwestlichen Gouverne ments von der Regierung Folge gegeben, wobei hervorzuheben ist, daß dies ungeachtet der gegentheiligen Aeußerungen der betreffenden OrtSbehörden geschehen ist. Dieser günstige Erfolg war in einem dieser Fälle, nämlich in Angelegenheit der Wiederherstellung der 1889 abgebrannten Pfarrkirche in Ostrog (Wolhynien), dem Umstande zu verdanken, daß die katholische Bevölkerung dieser Stadt die Intervention der Kaiserin angerufen batte. In den übrigen Fällen wurde die zustimmende Entscheidung selbstständig von dem neuen Fenilletsn. Die Tochter des Millionärs. 3s Roman aus dem Englischen von L. Bern selb. (Nachdruck verboten.) „Ja, Sie haben Recht, eS ist gar kein Grund zum Lachen da. Im Gegentheil, ich sollte Neber weinen, daß eine solche Schändlichkeit an einem Mädchen auSgeübt werden soll, dem ich zugethan bin. Wie verächtlich müßte ich sein, wenn ich zu einem solchen Streich meine Hand bieten würde." „Meine Liebe, Sie können unmöglich im Ernst sprechen." Ein Moment de» Schweigens folgte. Er hatte sich ein wenig zur Seite gewandt, so daß das Mondlicht voll auf sein Gesicht fiel. Sie blickte zu ihm auf. Die blauen Augen sahen sie so freundlich, fast zärtlich an, auf dem schönen männlichen Antlitz war keine Spur von Schlechtigkeit zu lesen. Und sie hatte ihn einst von ganzer Seele geliebt, eS war schwer für sie, ihn zu verurtheilen. „Ich weiß e», Helene, daß ich schlecht an Ihnen gehandelt habe, aber ich habe Sie trotzdem leidenschaftlich gelrebt. Ich würde Sie und mich inS Elend gebracht haben, wenn ich Sie aeheirathet hätte. Sie müssen selbst einsehen, daß da« unmoalich war." „Sie vergessen ganz, daß Sie mich durch Ihre schändliche Handlungsweise für mein ganzes Leden compromittirt haben." „O, das ist thöricht, Helene! Lasten Sie die Vergangen beit ruhen, der Himmel ist mein Zeuae, daß, wenn EmS von unS nur die nothiaen Mittel besäße, ich Sie morgen zu meinem Weib» machen und Sie so zärtlich lieben würde, wir je." Sie erhob abwehrend beide Hände, al« ob sie sich gegen seine hinterlistigen Worte schützen wollte. „Nun, ich schweige ja schon! Aber, nicht wahr, Sie werden mir bei meiner Bewerbung um die kleine Erbin bei stehen ?" „Und wenn ich mich weigere, Herr Capitain?" „Sie können nicht im Ernst daran denken, mir entgegen- zutreten, Helene." „Aber, wenn ich Ihnen nun sage," beharrte sie ruhig, aber mit steigendem Muth, der sie beinahe selbst überraschte, „daß ich keinen Finger rühren werde, um Ihnen behilflich zu rin, Beatrix Hopley für sich zu gewinnen, sondern im Gegen- theil Alles aufbieten werde, um ihr die Augen über die wahre Natur deS ManneS, der sie zu heirathen wünscht, zu öffnen?" „Wie — wollen Sie Ihre eigenen Erfahrungen mittheilen?" „Nein, nein!" rief sie bitter, „Sie wissen nur zu gut, daß ich daS nicht thun werde." „Ah — ja — solche Sachen sind für eine Dame recht unangenehm! Wenn ich nun aber reden würde, wer wollte mich daran hindern?" Ein Moment vollständigen Schweigens folgte diesen Worten. Helene konnte den Schlag ihres eigenen Herzens hören. „Soll das eine Kriegserklärung sein?" fragte sie endlich mit leisem Flüstern. „Wenn Sie eS so nennen wollen, — ja. Es hängt ganz von Ihnen ab, Frieden zwischen uns sein zu lassen." Sie schwieg noch einen Moment, dock dann erhob sie stolz den Kopf und blickte ihm fest in das Gesicht. „Nein — niemals, Philipp! Weder durch Bitten noch durch Drohungen wird es Ihnen gelingen, mich zu einer schlechten Handlungsweise zu verleiten." Ohne eine Erwiderung abzuwarten, eilte sie davon. Er blickte ihr nach, bis ihre Gestalt in den Gartenwegen ver schwunden war. „Wir werden sehen, meine stolze Schönheit — wir werden sehen!" Und leise eine lustige Melodie vor sich hinträllernd, ver ließ er die Hecke. Hl- Di« kleine Beatrix Hopley liebte rum ersten Mal in ihrem Leben. Alle Liebesgeschichten, welche sie jemals gelesen, erschienen ihr gegenüber ihrer eigenen schwach und un bedeutend — entfaltete sich dieselbe doch von Tag zu Tag ru größter Vollkommenheit, ihre Existenz mit einer unaus sprechlichen Süßigkeit erfüllend. Da« hatten zwei glückliche Tage in Ascot für sie gethan, denn da« kleine Körnchen Samen, wa« dort gefäet worden, wuchs mit erstaunlicher Schnelligkeit. AScot und Glückseligkeit waren hinfort gleich bedeutend in Trixie'S Vocabulair. Geil den beiden unvergeßlichen Tagen schien der Himmel blauer, die Luft, welche sie in Prinzeß Gate eioathmete, mit einer Lieblichkeit erfüllt zu sein, wie sie e« bi« dahin »ie gekannt batte. Denn Philipp hatte ohne Zeitverlust den Rath Major Lopley'« desolat und war im Sturmschritt voraegangen. Hatte er doch «in« Wabl, sein« finanziellen Verhältnisse er laubten ihm nicht, lange auf der Schwelle des Tempels zu mgern. Schon den nächsten Sonntag nach der Begegnung in Ascot machte er seinen Besuch in Prinzeß Gate. DaS HauS entsprach in jeder Weise dem fürstlichen Ver mögen deS ManneS, dem eS gehörte. Geräumige, herrlich möblirte Empfangszimmer, breite, mit Teppichen belegte Pfeilertreppen. Marmorstatuen und kostbare Gemälde zeugten von dem Reichthum deS Besitzers. Nichts war überladen, denn Trixie, deren Stimm« bei allen Arragements nicht un bedeutend ins Gewicht fiel, wußte, wie eS sein mußte, schwebte ihr doch als Ideal eines HauShaltS stet« das vornehme Greville Court vor Augen. Als Capitain Seudamore zum ersten Male Theil an der Familientafel nahm, auf welcher Alles zu sehen war, waS die Augen erfreuen und den Appetit reizen konnte, fühlte er sich außerordentlich befriedigt und ein gewisses Gefühl der Er leichterung überkam ibn. Mr. Hopley hatte ihn sehr cordial empfangen und ihm herzlich, wie einem alten Freunde, die Hand geschüttelt. Eine Reihe herrlicher Tage folgte. Trixie war gewöhnt, jeden Morgen auszureiten, und Philipp bat um Erlaubniß, sie auf diesen Ausflügen begleiten zu dürfen. Sie erröthrte auf daS Lieblichste und sagte, eS würde ihr gewiß sehr angenehm sein, aber sie wüßte nicht, ob „Mama —" „Mama" so angerufen, schien der Sacke nicht sehr geneigt zu sein, sie batte tief eingewurzelte Ideen von der Wichtig keit einer AnstandSdame für ein junges Mädchen au- der Gesellschaft und äußerte sich daraufbezüglich, doch Mr. Hopley schnitt ihre Rede kurz ab, indem er entschied: „Unsinn, Tilda, das Kind ist sicher genug bei dem Capi tain, und da ich selber nicht Reiter bin, würden Sie mich sehr verpflichten, Capitain, wenn Sie sich meiner Tochter ein wenig annäbmen. Wir beiden Alten können ja zu derselben Zeit unsere Promenade machen, und die jungen Leute im Auge behalten", fügte er schlau hinzu. So geschah es denn zu Philipp'« Verdruß, daß, wenn er mit Trixie auSritt, ihre Eltern in der Nähe waren, ihnen ab und zu winkten und ihnen zunickten. Ihre Gegenwart war Philipp sehr unbequem, er schämte sich der guten Leute ein wenig, trotzdem er nichts sehnlichster wünschte, als ihr Schwiegersohn zu werden. Eine- Morgen-, al« er mit Trixie da« HauS verließ, um den gewohnten Spazierritt zu machen, sagte er zu seiner Be gleiterin; „Wollen wir heute der Veränderung halber nicht einen anderen Weg einschlagen, Miß Hopley? Vielleicht reiten wir nach Battersea Park, e« ist dort ruhiger und ein herrlicher Weg!" „Was wird aber Papa und Mama dazu sagen?" erwiderte sie zögernd, doch trotzdem gehorsam ihr Pferd nach der be zeichneten Richtung wendend. „Sie sind bereits fort und werden auf der Reitbahn nach uns ausschauen." „Nun, so werden die alten Herrschaften unS dieses eine Mal nickt finden und ich habe Sie einmal so ganz allein für mich." Trixie schlug die Augen nieder und erröthete, sie wußte nichts darauf zu antworten. Sie plauderten heute, wie sie bisher noch nicht mit einander geplaudert hatten. Philipp erzählte ihr mit dem Anschein der größten Offenheit — Trixie war entzückt über dieselbe — daß er unglücklicherweise nur ein armer Mann sei und nock dazu verschuldet. Seine Be gleiterin war ganz Sympathie und sah ihn mitleidig an, Armuth war ihr ein unbekanntes Ding, und sie wußte nicht recht, wie sie dieselbe mit dem schönen jungen Manne an ihrer Seite in Einklang bringen sollte. „Mein Onkel", erzählte Philipp, „bat niemals etwas für mich gethan, ich glaube, er ist eifersüchtig darauf, daß ich sein Erbe bin, er hat gar keinen Sobn gehabt." „Er sollte doch froh sein," erwiderte Trixie eifrig, „daß er Sie als Ersatz dafür hat, und wie ein Vater an Ihnen handeln!" „Unglücklicherweise," fuhr Philipp traurig fort, „hat er daS niemals gethan. Er zürnt mir, daß ich ein wenig ge spielt habe; ich habe beim Rennen und beim Spiel freilich bedeutende Summen verloren, ich hoffte immer, sie zurück- zugewinnen, doch eS wurde leider nur schlimmer und schlimmer." „Aber Sie werden doch niemals wieder spielen, Herr Capitain?" sagte Trixie mit einem sehr ernsten Gesicht. „Habe ich eS Jbnrn nicht feierlich versprochen? Und könnte ich wohl ein Ihnen gegebene« Versprechen brechen?" „Wenn ich Ihnen doch helfen könnte, murmelte sie. Am liebsten hätte sie zu ihm gesagt: „Alles, WaS ich besitze, ge hört Ihnen!" Doch natürlich konnte sie nichts Derartiges sagen, ehe er selbst darnach verlangte, und er fürchtete wohl, daß eS noch em wenig zu früh sei, um weiter vorzugehen, denn er sagte nur leichthin: „O, Miß Hopley, mir kann Niemand helfen, ich muß sehen, allein^ertig zu werden!" „Wenn Sie doch einmal mit Papa über Ihre Angelegen heiten sprechen wollten, Herr Capitain, Sir glauben gar nicht, wie gut derselbe ist." „Meine theure Miß Hopley, eher sterben, al« Geld von
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