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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.05.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960507029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896050702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896050702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-07
- Monat1896-05
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Nachdem schon vorgestern auf die anerkennenSwertbrn Be schlüsse, daß zur Herstellung der Margarine wie bisher auch Nollmilch verwendet werbet, und derVerkatts vonMargarine- käse erlaubt bleiben soll, das Berbot des Färbens der Margarine erfolgt war, ist gestern auch noch eine der ein schneidendsten der von der Commission beantragten Ver schärfungen der ursprünglichen Vorlage angenommen worden. Nickt nur die Herstellung, Aufbewahrung und Ver packung von Butter und Margarine in einem und demselben Raume, wie die Vorlage wollte, ist verboten worden, sondern auch bas Feilhalten beider Waaren darf nur in abgesonderten Räumen geschehen (tz 6). Die Vor schrift schädigt die kleinen Händler und die Consumenten auf dem Lande gleichmäßig. Die Händler, die nur einen Ver kaufsraum haben — sie bilden die große Mebrzahl —, müssen auf den Verkauf des einen oder anderen Erzeugnisses ver zichten, und tue Verbraucher müssen nehmen, was der ihnen erreichbare Händler führt oder, falls sie dazu finanziell außer Stande sind, vom Kauf überhaupt abstehen. Die Erwartung, daß die Regierung die exorbitante Vorschrift ablehnen werde, wurde getäuscht. Ihre Vertreter begnügten sich damit, dem Hause die Ablehnung zu empfehlen, und concentrirten ihre Kraft auf die Bekämpfung eine« späterhin zurückgezogenen Antrags, der die Gastwirthe verpflichten wollte, durch Anschlag bekannt zu geben, wenn sie Speisen mit Margarine bereiten. Paragraph 6 fand mit l53 gegen 113 Stimmen Annahme; die Nationalliberalen stimmten geschlossen dagegen, ebenso die Polen. Auch der Rejl der Vorlage wurde nicht ohne weitere Verschärfung der Vorschriften über die Kennt lichmachung der Margarine angenommen. Daß die dritte Lesung die in der zweiten Berathung der Regierungsvorlage zuaesügten Verschärfungen und Verschlechterungen wieder beseitigen werde, ist leider nicht zu erwarten, denn es stellt sich heraus, daß eine feste Majorität, die sich hauptsächlich auS Conservativen, Klerikalen und Antisemiten zusammensetzt, entschlossen ist, nicht nur den durch die Vermischung von Margarine mit Butter verübten Betrug, sondern auch den Verkauf und den Ver brauch der Margarine nach Kräften zu erschweren. Bei den nächsten Wahlen werden die Verkäufer und Verbraucher dieses wichtigen Nahrungsmittels sich jedenfalls der Urheber dieser „Wohllhat" erinnern. Entgegen der allgemeinen Annahme, daß die Erledigung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Plenum deS Reichstag- erst im nächsten Herbst, bezw. Winter erfolgen werde, meldet heute die „Nat.-Lib. Corr.", der Reichstag werde so lange beisammen bleiben, bis die Eoiumission für das Bürgerliche Gesetzbuch die erste Lesung beendet haben werde. Die zweite Lesung solle nach Pfingsten und ungestört durch Plenarsitzungen vor sich gehen, so daß daS Plenum erst zusaminenireten würde, wenn die Commission ihre Ar beiten abgeschlossen hatte. Das stimmt mit der Meldung der Münchener „Allgem. Ztg." überein, daß der Präsident des Reichstags den Plan hege, da« groß« Werk noch vor dem Hochsommer zum Abschluß zu bringen. Nach diesem Plane würde das Plenum vom 22. oder 23. Mai an eine Pause von 3—4 Wochen machen, während welcher die Commission die zweite Lesung des Gesetzbuchs und die Fertigstellung der Berichte bewirken würde. Als dann würde das Plenum die zweite und dritte Lesung noch vor Mitte Juli bewältigen. Durchführbar ist dieser Plan gewiß, es fragt sich nur, ob auch der gute Wille dazu in ausreichendem Maße vorhanden ist. Die verbündeten Regierungen werden ihn sicherlich mit aller Kraft unterstützen, aber damit allein ist es nicht gelhan. Der Reichstag seinerseits kann zwar den Schluß oder die Vertagung der Session vor der Erledigung der Aufgabe nicht erzwingen, aber «ine auch nur kleine Minderheit würde bei entschlossen obstructionistischer Absicht selbst dann, wenn die Beschlußfähig keit stets außer Zweifel wäre, den Abschluß der Verhandlungen vor dem Hochsommer unmöglich machen können, es müßte denn sein, daß eine große Mehrheit mit aller Energie auf der un verzögerten Durchberathung bestände. In dieser Beziehung wird man nun wohl annehmen dürfen, daß Frbr. v. Buol seinen Plan nicht ohne Fühlung mit seinen politischen Freun den im Centrum, die das IubiläumSjahr der Partei durch eine große That auszeichnen möchten, gefaßt Hal. Ist das Centrum sicher, so erscheint bei der Unterstützung, die der Plan ohne Zweifel von Conservativen, der Rcichspartei, den Nationalliberalen und wohl auch den Freisinnigen zu erwarten bat, seine glückliche Durchführung an sich nicht ausgeschloffen. Aber bei aller Willigkeit de« Geistes ist die Schwäche des Fleisches ein sehr realer Factor, mit dem ernsthaft zu rechnen sein wird. Jedenfalls kann man dem Plane de« Freiherr» v. Buol nur von Herzen gutes Gelingen wünschen. Der Augenschein hat aller Orten gezeigt, daß die Tocial- demokratie in Deutschland — übrigen- auch anderwärts— mit ihrer Maifeier diesmal nicht weiter gekommen ist, als in den früheren Jahren. Aber das Ergebniß muß für die Parteileitung doch noch weit unerfreulicher gewesen sein, al- eS für Außenstehende den Anschein hatte. Denn der „Vorwärts" schimpft'unbändig und schimpft insbesondere auf den Fürsten Bi-marck. DaS Letztere ist immer daS be kannte Auskunstsmittel der Chefs der socialvemokratischen Firma, wenn sie sich vor Aerger über eine fehlgeschlagenen Spekulation — diesmal war eS die auf die „Conjunctur" — nicht zu fassen wissen. Man ist an Ausbrüche grenzenloser Rohheit der socialdemokratischen Führer — daß ein großer Tbeil ihrer Anhänger ander- geartet ist, hat die Sedanfeier gc- zeigl — zu gewöhnt, um sich noch darüber zu erregen. Fest gehalten muß aber werden, daß Liebknecht'- „Vorwärts" vom Fürsten Bi-marck als dem „alten Fischwcib im Sachsenwald" spricht. Wir legen diese Schändlichkeit zunächst zu dem Uebrigen. Der „Vorwärts" sagt weiter: „Die übel berathenen Geld säcke, die gleich den Leipziger Möbelfabrikanten, den 1. Mai zu einer „Kraftprobe" machen wollten, werden in den nächsten Wochen und Monaten Gelegenheit haben, darüber nachzudenken, daß nicht die Arbeiter von den Herren Arbeitgebern leben, sondern umgekehrt die Herren Arbeitgeber von den Arbeitern. Und eine solche Lection ist ja ganz nütz lich". Wir unsererseits hoffen, daß die Arbeitgeber diese Auslassung der socialvemokratischen Parteileitung zu nützen verstehen werden. Nebenbei empfehlen wir sie, wie die zuerst angeführte, der Beachtung der Gegner unserer sächsischen Wahlreform. Da« österreichische Abgeordnetenhaus hat die zweite Lesung der Wahlreform Vorlage beendet. In letzter Stunde wurde der Regierung noch eine Ueberrascbung zu Theil, die da« Zustandekommen der Reform in Frage stellte. DaS Plenum nahm nämlich einen Antrag de« Abg. Bareulher an, wonach die Reichsratbswahlen künftig nur mittels Stimmzettel erfolgen dürfen. Die Regie rungsvorlage enthielt dagegen die Bestimmung, daß die öffentliche mündliche Stimmabgabe in den Provinzen, wo sie schon besteht, beibehalten werden soll. Die Vereinigte deutsche Linke stimmte in diesem Falle mit den Deutscknationalen, Antisemiten und Jungtschechen, so daß der Antrag Bareulher die Majorität erhielt. Die Annahme rief große Erregung auf der Ministerbank und bei den Polen hervor, da in Galizien öffentliche Abstimmuug besteht, auf deren Bei behaltung die Polen größten Werth legen, angeblich, weit bei der großen Anzahl von Analphabeten in Galizien die schriftliche Abstimmung die Ausschließung zahlreicher Wähler von der Wahl bedeuten würde. Die Polen erklärten, falls durch die Annahme des Antrages Bareuther für alle Wahlen geheime Abstimmung festgesetzt würde, in der dritten Lesung gegen die Wahlreform stimmen zu müssen, was deren Ab lehnung bewirkt hätte, da die Wablreform Zweidrittelmehrheit bedarf. Nachträglich wurde der AuSweg durch die Auslegung gefunden, die Annahme des Antrages Bareulher bedeute wohl geheime Abstimmung bei der Wahl von Abgeordnete», aber nicht auch bei der Wahl der Wahlmänner, die, wie bisher, in einzelnen Provinzen auch mündlich werbe erfolgen können. Damit gaben sich die Polen zufrieden. — Oesterreichs Hauptstadt hat nun endlich, seit gestern, wieder ein Ober haupt. Der Buchhändler Strobach ist, wie gemeldet wurde, mit den bekannten 94 Stimmen zum ersten Bürgermeister gewählt worden und die Autonomie der Stadtverwaltung ist bis auf Weiteres gerettet. Bi- auf Weiteres, denn nach den bestimmten Erklärunaen Strobach's will dieser seinen Platz wieder räumen, wenn vr. Lueger'« Zeit gekommen. Daß sie kommen, recht bald kommen wird, scheint zweifellos, denn Lueger wird sich in der nächsten Zeit alle Mühe geben, um daS LoyalitätSzeugniß, das ihm der Kaiser ausgestellt hat, durch makelloses Woblverhalten zu verdienen, und dann steht ja dem geplanten Personenwechsel nichts mehr im Wege. Allein wir glauben, daß vr. Lueger, wenn er einmal im Besitz der Macht ist, nicht zwar sofort, aber nach und nach, seine wahre Natur wieder in ihrer ganzen Liebenswürdigkeit, Urbanität und „christlichen" Sanftmutb hervorkebren wird, und dann wird eS an schweren Conflicten nicht fehlen; sie werden namentlich durch Luegers geradezu zur Manie gewordenen Provokationen de« MagyarenthumS herbei geführt werden und ihn schließlich doch wseder un möglich machen. Aber vorläufig kann die Stadt an der schönen blauen Donau sich trösten: ^lkudewus pup am!" Sie haben ein Haupt und zugleich em solches nach dem Herzen derer, die die Geschäfte Roms besorgen, denn daß die Klerikalen die eifrigsten Helfer der Antisemiten während der ganzen Bürgermeister-Campagne waren, ist ja notorisch. Die Aera Strobach-Lueger hat begonnen und zwar mit einer für die Minderheit des Gemeinde raths und der Negierung Badeni'S höchst empfindlichen Dcmüthigung. Nicht genug, daß Jedermann sich sagte: in Wahrheit ist Lueger erster Bürgermeister, Lueger hat gesiegt, die Regierung ist unterlegen — verkündet es der Strohmann, Buchhändler Strobach, offen in ofsiciellster Form und mit allem Nachdruck als den selbstverständlichsten Punct seines NegierungsprogrammS: „Ich bleibe nur so lange, bis Lueger hoffähig ist, und wenn ich mich an die „unendlich schwere" Aufgabe gewagt habe, so geschah es nur, weil ich die Zusicherung der vollen Unterstützung meines hochverehrten Freundes Or. Lueger hatte". Ohne Lueger kein Wien, kein Oesterreich, ohne Lueger kein Dentschthum und kein Christenthum, keine christliche Cultnr mehr! So denkt man heute im antisemitischen Lager Wiens. Nochgestern Abend nach vollzogenerWablsammclten sichLucger's Getreue um den neuen Propheten. Es war in „Huller's Resource". Lueger dankte namentlich den Dame» Wiens für ihr getreulich« Unterstützung, tarn feierte Gemeinderath Kubik Dr. Lueger als — Messias. Vor bald 1900 Jahre» habe die Welt den Tod Christi betrauert, heute betrauere das christliche Volk die Nicblbestätigung vr. Lueger'S. Aber wie Christus aufcrstanden, werte auch vr. Lueger auferstehen und die 94, die ihm treu zur Seite gestaute», zum Siege führen. Ein Commentar ist wohl überflüssig! Die Besatzung von Adigrat scheint nach den letzten amt lichen Meldungen aus ihrer verzweifelten Lage gerettet zu sei», ein Umstand aber läßt doch Zweifel aufkommen, ob der Entsatz deS Forts den Italienern zum Heil ausschlagcn wird. „Es erscheint ungewiß, waS nunmehr geschehen wird", hieß es in ter heute morgen von uns mitgetheillen Meldung der „Agenzia Stcfani" auS Massaua. Das kann kaum heißen: Baidissera ist noch nicht informirt darüber, ob er Weiler nach Süden vorrückcn oder sich über den Belesa zurückziehen soll, da letztere« ja bereits in Rom beschlossen sein soll. Vielmehr dürste man in Ungewißheit darüber sein, was jetzt die Abessinier thun, ob sie sich weiter zurückziehen oder Len Italienern beim Abzug nach Norden Schwierigkeiten bereiten werden. Aus fallen mußte cs, daß die Abessinier dem Expeditionscorps Baldissera's auf dem Wege von Adicaja bis Adigrat so wenig ernstlichen Widerstand leisteten. Welche Gründe Ras Mangaicha, RaS Makonnen und die Bantenführer zu dieser vorsichtigen Haltung bestimmt haben, ist bisher nicht klar. Möglicherweise war ihr Benehmen von diplomatischen Rücksichten diclirt. Bekanntlich lieben es die abessinischen Lehens fürsten und Unter-Feldherrn, hinter dem Rücke» des Königs Menelik mit den Italienern in Verhandlungen zu treten, um für sich Vortbeile herauszuschlageu. Der NeguS, der sich zu letzt bei dem Aschangi-See befand, ist gegenwärtig sehr west entfernt, was seine Vasallen zu einem selbstständigen Vor gehen ermulhigt haben tonnte. Vielleicht sind es aber auch strategische Grünte, welche für das Verhalten der beiden Ras maßgebend waren. Die augenblickliche militairischc Situation ist die folgende: In und um Adigrat befindet sich heute nicht nur die Garnison dieses Forts, sondern auch ras Expeditivnscorps Baldissera's; die Räumung des Forts geht ohne Hinderniß von Stallen, aber in den Flanken und im Rücken Baldisjera's stehen abessinische Truppen, welche die Rückzugs- und Verprovianlirnngs- linie der Italiener bedrohen und möglicher Weise ab schneiden können. Bekanntlich war die Besatzung von Adigrat mit ihren Vorrälhen an Lebensmitteln und Wasser so ziemlich zu Ende, und General Baldissera wird mit Rücksicht auf die schwierigen Verkehrswege und Len großen Mangel an Tragthieren nur wenig Proviant und noch weniger Wasser mit sich geführt haben. Da Adigrat überdies in einem ringsum von hoben Bergen eingeschloffencn Kessel liegt, so wäre die Position Baldissera's auch taktisch eine schwierige. Um sich Lust zu macben, könnte der italienische Ober-General zu einem directen Angriffe aus i - Feuilleton. Vie Tochter des Millionärs. Lj Rvmati aus denk Englischen von L. Vernfeld. Abdruck berieten.) Philipp, welcher in keiner Beziehung zu den Blumen stand, schalt sich innerlich eine« Thoren, daß er nicht daran gedacht habe, ihr eine solche Aufmerksamkeit zu erweisen, entschied sich aber mit seiner gewöhnlichen Gewissenlosigkeit, den Vortheil dennoch für sich wahrzunehmen. „Ja, die Blumen sind schön", erwiderte er nist einem gewissen bescheidenem Stolz, ,,und wie gut dieselben zu Ihrem Kleide Pässen!" „Ja, prächtig» Wie lieb und Nett e« von Ihnen ist, daran zu denken!" Es war Trixie« erster Ball, den sie in der Metropole besuchte, und sie gab sich dem Vergnügen mit dem ganzen Feuer eine« ächtzehnjährigen jungen Mädchen- hin. vr. Mayblow halte sich die größte Mühe gegeben, um eine Einladung für die Familie Hopley zu erhalten, denn dieser Ball war anerkannt der vornehmste der Saison. Zu dem jährlichen Balle Lady Verringer's nicht Zutritt zu haben, hieß in der Gesellschaft keine Rolle spielen. Natürlich hatte vr. Mayblvw die erstrebte Einladung fisr sein« Neuen Freunde schwer genug erwirkt; er mußlt selbst zu Lady ver» ringrrs geht» und ihr seine darauf bezüglichen Wünsche vortragen. ^Mrin lieber Dvctbr", sagte die Lady zu ihm, „wenn Sie wüßten, wie sehr ich iii Anspruch genommen bitt, würden Sie mir zugestehen, daß ich unnivglich alle Wünsche erfüllen kann, die betreff« de« Balle- an mich gerichtet Werd«»." „Sie können därau« ersehen^ wn- t« bedeuten ivill, die schönste und begehrteste Dame in London zu sein", erwiderte der alte Schmeichler tkit bezeichnendem Lächeln. ,,O» gehen Sie, Dortor, lassen Sie die Complittirnte!" «rief Lady BkrriNger, ihm scherzhaft mit brin Fächer ans bett Arm schlagend, von seilten Worten demnach ängenehM berührt» „Um Üus diese Familie Hopley zurückzukoNltnen" führ sie fort, „wa< sind e« für Lenti?" Vr. Mayblow nahm stlNeN augenblicklichen vortheil wabr und sägte: „Dir Eltern sind Nur uNbrbeÜiende MeüschrN, aber die Tochter ist reizend, und außerdem besitzen dstsr Hopley'« «in«n sabelhaflen Reichthum." „Hm, reich zu sein, ist gewiß sehr angenehm", sagte Lady V«rringer, indem sie nachdenklich auf die Spitze eine« elfen beinernen Federhalters biß. „Doch das allein genügt nicht, r« gekört mehr zum Leben! Sie meinen — Miß Hopley „O, Miß Hopley ist eine vollständige Dame", rief vr. Mayblow, „sie ist schön, gebildet, klug!" „Könnte das junge Mädchen nicht allein den Ball be suchen? Eine Respektsperson, die sie einführt, würde ja leicht gefunden werden!" „Ich fürchte, da- geht nicht", erwiderte der Doctor, „die Mutter ist darin sehr eigen." „Die Eltern sind eine böse Zugabe", bemerkte Lady Ver- ringer nachdenklich. „Leute dieser Art sieht man nicht gerade Mit Vorliebe in seinem Hause." Der verschmitzte Doctor, der die Dame, welcher er gegenüber saß, genau kannte, spielte nun seine letzte Karte auS. „Nun", sagte er mit enttäuschter Miene, „wenn eS durchäu« nicht ander« gebt, Lady Verdinger, dann wollen wir Nicht mehr über die Sache sprechen, aber eS thut mir leid, weniger mrinrlwegen, al« wegen de« armen Sanfoine." „Sanfoine?" rief Lady Verringer erstaunt. „Bitte, wie Meinen Sir da«? WaS hat denn Sanfoine bantit zu thun?" , O nichts, gar nicht« — nur ganz unter uns — ich sag« eS Ihnen im Vertrauen, ich darf noch nichts darüber laüt werden lassen — Alles ist noch ungewiß —" „So sprechen Sie doch!" rief die Dame eifrig. „Nun also — der Graf ist vollständig verliebt in dies« kleine Miß Hopley!" „Oder vielmehr in ihre Millionen, Wollen Sir sagen!" „Odrt in ihre Millionen," stimmte der Doktor bei. „So daß „Da« ändert natürlich die Sache!" unterbrach ihn Lady VerriNgkr sogleich „Miß HöplLY, die Tochter re« Seifen sieder«, uNV Miß Hopley, dir züküNfiiäe Gräfin vün SanfoiNk siitd zwei ganz verschieben« Personen ff' Und kurz entschlossen tanchtc die Dam« die Febrt in bi« Tittt« stnd füllte. die Eistiädliiiäskarttst Mit beN Minen von Mr., Mr«, nnb Miß Hopley au«. Sö kaM ei denn, daß per Millionär und seine Faiüilie auf ernt aüberlesiüen Dau im Hause her Lady Verringer uftwesenb watest: Mr«. Hopley hatte es sich bei dieser Gelegenheit nicht nehNitn lassen, eint außergewöhnlich gläiiiendr Tvilettt zu machen. Ein mit. kostbaren Spitzen überreich aarntrte» SäiNinitkleih hbb ihr« Figur durchaU« Nicht vhrtyeilyafi her ¬ vor, ein wunderbares Diamanten-Halsband von großem Werth schmückte ihren wenig schönen Hals, und wo c« nur irgend ünging, hatte sie ihrer Toilette Brillanten und Juwelen hinzugefügt. Beatrix bemühte sich mit dem angeborenen feint» Ge schmack, den sie besaß, vergeblich, ihre Mutter zu größerer Einfachheit zu veranlassen, aber Mr». Hopley ließ sich nicht überzeugen. „Meine Liebe", hatte sie zu ihrer Tochter gtsagt, „wozu habe ich all die Kostbarkeiten, wenn ich sie bei einer solchen Gelegenheit nicht tragen soll! Sind diese Schätze denn nur dazu da, um eingeschlossen in meinem Iuwelenkasten zu liegen, wo Niemand sie zu seben bekommt? Dann könnte Man ja die Schmucksachen ebensogut aN den Juwelier zurückgeben." Beatrix war im Gegensatz zu ihrer Mutter die Einfach heit selbst. Nur ein Stern von Edelsteinen glänzte in ihrem dunklen Haar, alle andere» SchMllcksächen hatte sie entschieden abgelehnt zu tragen. Vr. Mayblow blickte Mit gerechtem Stolz ans dir reizende Erscheinung de« jungen Mädchen«. Philipp führte Trixie in Wirbelndem Tanz« mit sich fort und flüstert« ihr bewundernd« Worte über ihre Toilette zu. Als er sie im Ballstaat vor sich säb, kam k« ihm vor, al? ob «r si« wirklich ein wellig lieb«. Er hatte fast ein Gefühl deS Dankes gegen sie, wenn er daran dachte, daß eS in ihrer Macht lag, in Zukunft all« UNaNgeuehmen Dingt von ibm fern zü halten und sein Leben hinfort zu einem glänzende» zü gestalt«»: „Ich will versuchen, sie glücklich zu mächtn", sagte er zu sich selbst, als er mit ihr taüzte, „ich werbe ritt neue« Leben beginnen, wenn ich erst berbeirathtt sein werde." Und gerade ak diese», Abe»d wurde der erste klein« An stoß gegeben, Trixie« unbegrenztes Vertrau«», welche« sie zi, ihdtni Geliebten hatte, zlt erschüttert,. Der Wälzer, de» Beatrix mit Philipp getanzt hatte, sollte die einriae Annehmlichkeit sein, welche dem armen Kinde während der ganzen Daher des Balle« geböten wurde. Die Fanlilie Koptey war zeitig erschiene», wädrtlid der Graf von Santöine erst eiiiig« Zeit spater estitraf. Al« Bkairix Uäch d«m Tanze vv» Philipp in rin Sr- frischung-ziniMer gefllbri Wittke nnb bot, etwas Eis zü sich nahm, war vr. Mayblow. der sie I» seine« abwese,idtn Freunde« Interesse nicht äus d«»i Auge gelafle» ballt, ihnen dorthin gefolgt und hatte Triple btrsckiedtne «anjiUsiige Herren jügtfkhrb Alsbald htganli Trixit'« Kakle sich uni ihr gänzlich unbekannten und fast ebenso unentzifferbaren Namen zu fülle». Aber auch Pbilipp hatte, und zwar recht häufig, seinen Namen auf Vie Karle geschrieben, ehe er dieselbe inil freundlichem Lächeln der Eigenihümerin zurückaab. Während der Dauer der nächsten beiden Tänze, welche Trixie mit den ihr von vr. Mayblow zugeführlen Herren tanzte, dachte sie an nickls Anderes, als an den bevorstehenden zweiten Tanz mit Pbilipp, sie konnte den Augenblick nicht er warten, der ihn ihr zum zweiten Male als Tänzer zufiihrte. Aber ach, dieser Augenblick sollte niemals kommen. Der Graf von Sanfoine betrat den Saal, kurz bevor die Musik zu diesem ersehnten Tanze begann, und von da an nahm der Abend für die arme Beatrix eine ganz veränderte Gestalt an. DaS junge Mädchen ständ neben ihren Eitern, welche von einem entlegenen Platz auS daS ihnen so neue Leben nud Treiben um sich her anstaunten, als der Graf sich zu ihnen gesellte. Nachdem er sie Alle aUf bas Freundlichste begrüß: hatte, bat er Beatrix um den nächsten Tanz. „Ich bedäuer«", erwidert« dieselbe höflich, „aber ich bin schon engägirt!" Daräufhin erklärte ihr Vater jedoch sehr energisch, daß e« gar nicht« zü bedeuten habe, ob sie engagirt sei oder nicht, d«r Herr Gräf häbe sie ersucht, mit ihm zu tanzen, und sie möge sich ohne Widerrede füge». „von wem bist DU ettgägirt?" fragte Mr. Hopleh, indem er ihre Kart« Näbm und dieselbe aufmekksam prüfte. Als er die vielsagende» Buchstabe» P. S, Welche in kukzen Zwischen räumen häufig auf der Karte wieterkebrteit, erblickte, zerriß er die Katt« ärgerlich Uttd warf die Stücke auf die Erde. „Aber Papa," rief Trixie unwillig, „waS thust Du? Wätum zerreißt Tu dkno Mein« Käkte?" ^Wkil ich e« dUrchäU« nicht häbe» will, baß Du noch einmal Mit diesem TaUgkiiickt« Seudamor« tattzest sollst Einmal hast Du Mit ihm getankt ÜNV da« wäd schon mehr äl« zu viel! Und üu» gehe — Dii läßt de» Herr» Grafen warten." Säiifsi»«, welche« sich bei di«s«m AüSbrüch väterlicher Autorität diScret zurückgezogen hatte, trat bei de» letzten Worten Md. Höblev'S auf Beätrix zu Uiib «S blieb derselben nicht« aiibetes llbdlg, als sich de» umstanden zü fügLn. Pbilipp faüd sich zu seinem Ekstäuen ganz unerwartet verdrängt. Er versuchte, durch däS Gewidr vo» MtUschen än Beätrip Seit« zü gelangen, ütst ihr Vvrwiitfe zU Wacken. Als er sie endlich erreicht hatte, war c« Trirjc nur Möglich, ihm während riürr Packst Listige Wort, züzufllisserst.
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