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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960509026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896050902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896050902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-09
- Monat1896-05
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SS« BefreilNkH der nvch in Mearssk'- Händen schmachtenden zahl« reichen Gefangenen im Wege der Gewalt will dir Regierung verzichte», da eine solche eben nur durch einen Vernichtungs krieg möglich sei. Sie will die Freilassung auf gütlichem Wege zu erreichen suchen ; gelingt ihr dies aber, wie vorauS- zusehen, nicht, so giebt sie die Gefangenen einfach preis und indem der KriegSminister dies eingestebt, Hal er den Muth, zu behaupten, die Ehre der italienischen Waffen sei un versehrt! Sie ist bei Adua arg mitgenommen worden, ob sie bei Adigrat eine nothdürftige Reparatur gefunden hat, muß sich erst Herausstellen, wenn nähere Nachrichten über daS Schicksal Baldissera'S vorliegen. Aber wenn der General auch wohlbehalten mit der Besatzung in Massaua wieder eingetroffen sein sollte, von einer völligen Wiederherstellung der militairischen Ehre könnte doch nur dann die Rede sein, wenn kein Italiener mehr in den Händen Menelik'S wäre, ganz abgesehen davon, daß dann immer noch Tigre verloren bliebe, daS man bereit» erobert batte. Der KriegSminister giebt sich außerdem einem beneidenSwerthen Optimismus bin, wenn er hofft, daß Menelik die Italiener auf Grund eines mockus vivsnäi jenseits des Mareb und Belesa io Ruhe lassen und daß eS mit der Befestigung von Seuafe getban sei. Ganz denselben zaghaften, kleinlichen Standpunkt nimmt der Minister de- Aeußern Sermoneta ein, welcher die Annalen der italie nischen Diplomatie um folgenden Satz bereichert hat: Während der bJahre, die seit dem Vertrage von Utschalli verflossen sind, ist Abessinien« Macht ein militairischrr Factor geworden. Es ist natürlich, daß dieses Reich an der Grenze unserer Kolonie immer mißtrauisch bleibt und uns voraussichtlich an einem Tage anfallen würde, an dem wir in einen europäischen Krieg verwickelt sind. So könnte der Tag kommen, an dem Abessinien ein gewichtiges Wort in einem europäischen Kriege zu sprechen hätte. «Lebhafte Zwischenrufe.) Trotzdem ist es unsere Pflicht, eine Politik der Sammlung zu verfolge». Allerdings, wenn der Minister des Aeußeren eines Landes so calculirt, dann scU er schleunigst jede Colonialpolitik an den Nagel hängen. Jeder Staat, der irgendwo eine Colonie besitzt, die an Besitzungen einer fremden Macht grenzt, muß in dem Falle, daß daS Mutterland in kriegerische Ver wickelungen gerätst, mit der Wahrscheinlichkeit eines Handstreich« gegen die Colonie rechnen. Hätten aber die mächtigen Colonialstaaten der Gegenwart diese Wahr scheinlichkeit nicht mit in den Kauf zu nehmen gewagt, dann wären sie eben da» nicht, was sie beute sind. Wahrlich, ein größere- ArmuthSzeugniß hätte der Herzog von Sermoneta sich nicht ausstellen können. Sein Argument macht am wenigsten bei ua» Eindruck, wo am ersten eine Schwächung Italien- für den Fall «ine» europäischen Krieges schmerzlich empfunden werden müßte! Eine zweite Unbegreiflichkeit in den Äeußeruugeu Sermoneta'» ist die Behauptung, die veröffent lichte» Gründlicher bewiesen nur die treue Freundschaft einer Großmacht gegenüber Italien. Tatsächlich beweisen sie, daß England feine Verbündeten mit Rücksicht auf Frankreich in der Aula-Anaelegenbeit schmachvoll im Stick gelassen und dadurch da» Unglück von Adua verschuldet bat, daß aber trotz dieser perfiden Behandlung, welche für CriSpi beinahe der Anlaß zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen geworden wäre, da- Eabinet Rudini, geblendet von der englischen Phrase, der Dongolazug werde zur Entlastung der Italiener in Kassala unternommen, Italien dazu her gegeben hat, den Platzhalter Englands an der Sudan- grenze zu machen und Kassala mit enormen Kosten zu halten, während Baldiffera dessen Räumung auö militairischen Gründe» dringend empfahl. Obwohl der Feld zug Englands gegen die Mahdisten „langwierig und schwierig sein wird, sollen bei der Lösung der Äassala-Frage, obwohl sie in „rein italienischem Interesse" geschehen soll, doch auch in Zukunft „die freundschaftlichen Beziehungen nicht vergessen werden, die Italien seit langer Zeit mit England verbinden." Da- kann Italien recht theuer zu stehen kommen; theurer als ein Vernichtungskrieg gegen Menelik. Die Hauptfrage freilich, dir gestern kemer Erörterung unterzogen wurde, bleibt bei Allem die, ob die Italiener Menelik strategisch überlegen sind oder umgekehrt. Darüber werden die nächsten Meldungen entscheiden, die wir au- Adigrat erwarten Deutsche- Reich. * Berlin, 8. Mai. Zu der Erinnerungsfeier der Vereine vom Rotben Kreuz, welche die Kaiserin im Weißen Saale deS Berliner Schlosse» veranstaltete, waren beute aus allen deutschen Gauen Abordnungen eingetroffen. Die Hälfte des Saales war von Damen gefüllt, während in der andern Hälfte die Spitzen unserer Behörden, darunter die Minister Frhr. v. Berlepsch, vr. Bosse und Or. Miquel, die Oberpräsidenten v. Bennigsen, vr. v. Goßler, v. Puttkamer, die Generale v. Grolman, v. Strubberg, Graf Lehndorff, v. Albedyll, Fürst Pleß, Graf Hochberg, alle hiesigen deutschen Gesandten, die Spitzen der Militair-Krankenpflege rc. Platz genommen hatten. Unter dem Thronhimmel war die bekannte Römer'sche Marmorbüste der Kaiserin Augusta aufgestellt, zu deren Füßen ein da- rothe Kreuz darstellende- Blumen arrangement ruhte. Die Kaiserin erschien pünktlich mit einem großen Gefolge. Sie führte an. Arme die Frau Großherzogin von Laden, die di« weite Reise nicht gescheut batte, um an diesem Gedenkfeste Tbeil zu nebmen. Nack einem Gesänge des Domchor- ergriff der erste stellvertretende Vorsitzende de» Centralcomit^S der deutschen Vereine vom Rotben Kreuz, der CabinetSrath der Kaiserin v. d. Knese beck, das Wort zu einer nahezu einstüudigen Darlegung der Thätigkeit der deutschen freiwilligen Kriegskrankenpflege im Jahre 1870/71. Die Wahl des Redners erwies sich als außerordentlich glücklich. Mit großem Fleiß hatte er alle die mannigfach zerstreuten Materialien auS dem Inland« wie dem Auslande zusammengetragen, Vie zum ersten Male eine voll ständige Uebersicht über die gewaltigeThätigkeit auf diesem Gebiete ermöglichten. Er schilderte die Vorbereitungen im Frieden, die ersten grundlegenden Bestimmungen, das Eingreifen auf den Schlachtfeldern, die Einricktung der Lazarethe, die Zurück beförderung der Kranken und Verwundete», die aufopfernd« Thätigkeit auf den Bahnhöfen, die Sammlung und Vrr- tbcilung der Gaben, kurzum, er berührte das gesammte umfassende Gebiet der freiwilligen Krankenpflege in nahezu vollständiger Uebersicht, indem er gleichzeitig eine Anzahl der wicktigsten Einzelbeiten Hervorbob. Zum ersten Male wurde von ihm eine auf zuverlässigem Material beruhende Schätzung des Wcrthes aller freiwillig beigesteuerten Gaben aus dem Jn- und AuSlande gegeben. Sie erreichte nach eingehender Be gründung den Gesammtbetrag von 60 Millionen Mark, eine Summe, die in der Tbat schlagend beweist, wie tief und warm daS deutsche Volk zu Hause mit seinen Kriegern im Felde empfunden und mitgefüblt hat. Redner sckilderte auch die Thätigkeit der Kaiserin Augusta, die nach den Tagen von EmS noch bis zum 21. Juli im Koblenzer Schlosse ge blieben war und hier das gewaltige Aufflammen einer glühenden, opferwilligen Vaterlandsliebe wahrgenommen batte, die sie mit vorzüglichem Organisationstalent und mit nicht ermüdender Anregung und Förderung in den Dienst der freiwilligen Krankenpflege zu stellen verstanden hat. Mit Wärme verlas er, während die Kaiserin und die ganze Versammlung sich erhoben, daS Dankschreiben, das Kaiser Wilhelm l. an die verewigte Kaiserin bei der Rückkehr nach Deutsch land als Anerkennung sür die Kriegskrankenpflege gerichtet hatte, und mit eindringlichen Worten mahnte er zum Sckluß die große Versammlung, nie zu vergessen, daß bei einem nochmaligen Kriege die Krankenpflege nur dann Musterhaftes leisten und Erfolge erzielen könne, wenn sie in Friedens zeiten gründlich vorbereitet nod gut organisirt sei. Nachdem der Redner, der auf die Versammlung einen starken Eindruck gemacht, geendet, trug auf dem Cbor der Concertsänger Raimund von Zurmüblen die Arie „Sei ge treu bis in den Tod" aus dem Oratorium „Paulus" von Mendelssohn vor, während ein Enkel des Componisten den Gesang aus dem Cello begleitete. Dann brachte Fürst Pleß ein mit Begeisterung aufgenommencS Hoch auf die Kaiserin auS. Die Feier fand kurz vor l2 Uhr ihr Ende. (Köln. Ztg.) * Berlin, 8. Mai. Ueber den Gesundheitszustand deS Gouverneurs von Wissmann wird dem „Hamb. Corr." berichtet: „Major von Wissmann bat zwei tncktige Anfälle von Tropenfieber in den letzten Monaten gehabt, er bat sie aber gut überstanden, wie er überhaupt eine außerordentliche Spannkraft bis jetzt an den Tag gelegt hat. Wie er am Nyassa trotz wiederholter Fieberansälle seine Aufgabe durckgeführt bat, so würde er auch jetzt wohl so lange auf seinem Posten ausgehalten haben, daß er wenigstens anderthalb Jahre in Ostasrika verblieben wäre, dann würde er aber gerade im Winter nack Deutschland zurückgekommen sein. Nack früheren Beobachtungen ist diese rauhe Zeit sür ihn besonders unzuträglich. Für ibn wie andere a»S den Tropen Zurückkehrende empfiehlt eS sich, womöglich den Sommer in der Heimatb zuzubringen, wo man dann eine annähernd gleiche Temperatur vor findet. v. Wissmann, der durch sein asthmatisches Leiden besonders von rauhem Wetter angegriffen wird, hat schon wiederbolt während eines WinteraufenthaltS in Deutschland keine Erholung gefunden; er hat deshalb ausdrücklich hierher gemeldet, daß er auS diesem Grunde seinen Urlaub jetzt nehmen wolle, wo er in die warme JabreSzeit hinein kommt. Zur Wiederherstellung deS Gouverneurs von Ost asrika hat man auf ärztlicher Seite gutes Vertrauen, wenn Major v. Wissmann seine sechs Monate Urlaub in Rude verbringt. Die Zuversicht wird dadurch verstärkt, raß Wissmann bisher alle solche Erscheinungen und andere Krank beilen rasck und gut überwunden bat. Danach sind alle Aussichten vorhanden, daß in Ostafrika keine Bacanz eintritt, die um so schlimmer wäre, als ein geeigneter Nachfolger für Wissmann eigentlich nichl vorhanden ist. Dazu kommt noch, daß Major v. Wissmann in Allem, was er unternommen bat, eine glückliche Hand gezeigt hat. DaS Vertrauen zu ihm ist in allen Schichten der Bevölkerung ein unverkennbar großes." — Wie der „Nat.-Ztg." berichtet wird, hat die Militair- Verwaltung bei den Plänen für die Umformung der vierten Bataillone der GarnisonirungSfrage ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Sie war nicht allein bestrebt, mit voller Wahrung der bygieinischen Interessen finanzielle Neu belastungen nach Möglichkeit zu vermeiden, sondern sie beab- sicktigk, auch kleffnrm Städte«, welche früher Garnisonen be saßen, solche wieder zu überweisen, soweit die- mit dienstlichen Interessen irgendwie vereinbar ist. — An den Vorsitzenden der CentrumSsraction deS Reichs tags Grafen Hompesch ist ein Telegramm de» Cardinal» Rampolla ergangen, das in deutscher Uebersehung wie folgt lautet: „Der Heiligt Vater wünscht dem Centrum de» Reicks- und Landtags zu dem freudigen Gedenktage deS fünfundzwanzigjäbrigen Bestehens von Herzen Glück, und indem er gern die erneute Huldigung der Mitglieder ent gegennimmt, erthrilt er ihnen liebevoll den erbetenen Segen." — Der General der Infanterie z. D. von Spitz hat die ibm vom Bundesvorstände der Kriegervereine an- grtrageue Stellung als Bundesvorsitzender angenommen. — Die Lehrer in Giebichenstein haben an de» preußischen CultuSminister vr. Bosse rin Danktelegramm gerichtet für seine Bemühungen um das LehrerbesoldunzS- gefetz. Herr Bosse hat darauf telegraphisch erwirdert: „Der Giebichensleiner Lehrerschaft herzlichsten Dank für ihr Ver trauen in schwerer Zeit. CultuSminister Bosse." — Die Verurtheilung, welche der Bruch der Lohn vereinbarung vom 19. Februar durch den Verein Berliner Kn ab en co ns ectiona ire gefunden hat, ist nicht ohne Wirkung geblieben. DaS Organ des Vereins, der „Confectionair", versichert jetzt wenigstens, die Confectionaire würden den damals vereinbarten Lohnzuschlag von 12'/, Proc. so lange weiterzablen, bis der Tarif endgiltig durch Schiedsspruch festgestellt sei. Wenn der „Confectionair" nachträglich das gerügte Vorgehen der Confectionaire damit zu rechtfertigen sucht, daß das Gewerbegericht die Sache verschleppt habe, man also gewissermaßen gegen die Verschleppung habe demou- striren wollen, so wird das kaum ernst genommen werden; selbst wenn der Vorwurf weniger hinfällig wäre, so würde daS nimmermehr den Bruch der acceptirten Vereinbarung recktferiigen. ES fragt sick nun, ob die etwas verspätete Einkehr auch von Dauer sein wird, ob der Verein sick dem bald zu erwartenden Schiedsspruch des Gewerbegerichts auck dann fügen wird, wenn er nicht ganz in seinem Sinne aus fällt. Liegt ibm an einem ehrlichen Frieden, so kann er sich dieser Verpflichtung nicht entziehen. — Die ausständigen Schuhmachergesellen beschlossen gestern in einer gutbesuchtcn Versammlung in Cohn's Sälen dem Verlangen der Meister, die Arbeit in den nächsten drei Tagen wieder aufzunchmen, nicht nachzukommen. Die Gesellen Christensen und Adamczyk sprachen über die Meislcrversammlung hart ab. Adamczyk meinte u. A., man solle die sechsstündige Arbeitszeit fordern. Falls die Meister dabei Bankerott machten, so könne daS den Gesellen höchst gleickgiltig sein, und wenn die Meister aus der Friedrichstadt auszichen müßten, so würden die Gesellen ihnen dabei Helsen, ihnen auch das Reisegeld nach Afrika geben: „dort könnten sie dann eine afrikanische Leist-en-Fabrik gründen." Den Obermeister Schumann, der sich in Unterhandlungen ein lassen wollte, titulirte der Redner „Grünkramfritze", der mit „Kohl" bandele und die Gesellen verkohlen wollte. Jo ähn licher höhnischer Weise äußerten sich, der „Voss. Ztg." zufolge, die übrigen Redner, die dafür großen Beifall ernteten. — Der Botschafter Graf zu Eulenburg ist von Pest, wohin er sich behufs Theitnahmc an der Millenniumsfeier begeben hatte, nach Wien zurückgekehrt. — Der Lber-Prüsidrnt von Posen Frhr. v. Wilamowitz« Möllen dorf hat sich nach Posen zurückbegeben. — Ter Oberpräsideut der Rheinprovinz Nasse ist hier ein- getroffen. — Der Direktor des Centraldepartements im KriegSministerium, Generalmajor Hab er liug, wird, wie die „Post" schreibt, demnächst in Leu Frontdienst zurücktrelen. Die Geschäfte Les Directors des Centraldepartements hat bereits der zur Dienstleistung beim Kriegs ministerium commandirte Lberst v. d. Boeck übernommen. Neubraiidenbn» g, 8. Mai. Ja ernste Lebensgefahr gericth Mittwoch, wie der „Meckl. Ztg." mitgctbeilr wird, der Großherzog Friedrich Wilhelm von Mccklen- burg-Strelitz, der den Neubrandenburger Pserdemarkt besuchen wollte, aus dem Neubrandenburger Bahnhof, und zwar als er vom Berliner Geleise zum Badnhos durch einen Begleiter hinüdergeführl wurde. Die „Meckl. Ztg." schreibt hierüber: Um den Bahnsteig zu erreichen, ist das Ueberschreiten zweier anderer Geleise erforderlich. Auf einem dieser Geleise bakte der blinde Fürst mit dem Fuß hinter einer Lasche und zwar so fest, daß er den Fuß nicht wieder herausheben konnte und er eine ziem liche Zeit an die Stelle gebannt war. Der Verkehr war gerade sehr lebhaft auf dem Bahnhof. In den nächsten Minuten sollte auf demselben Geleise der meckleuburgische Zng von Kleinen herein- fahren, und aus dem nahen Nebengleise der Stralsunder Zug. Die Gefahr erkennend, sprang der Führer einer Locomotive, die auf einem anderen Geleise weilte, herbei, und es gelang ihm mit aller Kraft, dem so ernst betroffenen Fürsten den Fuß aus dem Stiefel zu Helsen. Jndeß hatte der Bahnhofsvorsteher tu lebhaftester Art nach beiden Seiten hin den von Kleinen und von Stralsund heran» brauirnden Zügen durch Schwenken der Mütze Halt geboten, so daß es noch gelang, diese vor der Stelle der Gefahr zum Stillstand zu bringen. * Braunschweig, 8. Mai. Prinz Albrecht von Preußen, Regent deS HerzogthumS Braunschweig, beging brate sein«, KS. Geburtstag. — Da» Befinde« de» PZnzeu Georg Wilhelm von Cumberland hat sich derart vcr schlechtert, daß eine Katastrophe bevvrstebt. -s- Halle «. B., 8. Mai. Io dem ZeugnißzwangSver- fabren gegen das socialdemokratiscke Bolksblatt ist die Be schwerde an die königliche Regierung zurückgewiesen worden. Die verbäiigte Zwangshaft ist bi» beute noch nicht ausgeführt, da die Beschwerde an da» Ministerium noch offen steht. — Vor dem hiesigen Gewerbegericht wurde gestern ein interessanter Fall verhandelt, der weiter bekannt gegeben ru werden verdient. Der Tischleraeselle M. klagte gegen den Tischlermeister G. hier wegen Ausstellung eines anderen Arbeitsbuches und einer anderen Invalidenkarte. G hatte die Vermerke im Arbeitsbuche und auf der Karte mit rot her Tinte gemacht. M., der sich mit im Streik be fand und bei G die Arbeit plötzlich niedergelegt hatte, behauptet nun, daß die Eintragung mit rother Tinte nur deshalb geschehen sei, um ihn spateren Arbeitgebern gegenüber al» Socialdemokrat zu bezeichnen. G. pflege sonst nicht rothe Tinte zu verwenden. DaS Gesetz schreibt nun aber die Farbe der zur Eintragung zu verwendenden Tinte nicht vor, folglich steht eS im Belieben de» Arbeitgeber-, eine Tinte zu ver wenden, welche er will. Zur Klärung der Sache wurde ein neuer Termin angesetzt. * Aachen, 8. Mai. Die seit Wochen arbeitslosen Arbeiter der durch Wassereinbruch im Betrieb gestörten Kohlengrube Langenberg erhalten von der Direktion für ver säumte Schichten im Durchschnitt 1,75 täglich Ersatz. (B. T.) * Eoburg, 8. Mai. Der Landtag vertagte sich, nachdem er eine Vorlage über die Erhöhung de» Gehalts der Geist lichen abgelehnt und einen Antrag auf Verminderung der Grundsteuer angenommen hatte. * Würzburg, 7. Mai. Vor einiger Zeit hieß e», Kaplan Würzberger sei vom Ordinariat der Erzdiöcese Bamberg zu dreitägiger Pönitenz in einem Kloster verurtbeilt worden, weil er >n einer klerikalen Versammlung dem Centrum ent gegengetreten war. Die Richtigkeit dieser Mittbeilung wurde dintcrher in Abrede gestellt. Nun berichtet die „Neue Bayer. Landcsztg", die Verurtheilung sei thatsächlich erfolgt und dem Kaplan Würzberger durch den Dvmcapitular Körber mitgetbeilt Worten. Der Erzbischof habe jedoch den Spruch deS Ordinariats wieder aufgehoben, nachdem er durck die Zeitungen bekannt geworden war. * Stuttgart, 8. Mai. Laut der heutigen Erklärung des Ministers des Innern wird dir Regierung im Laufe des Jabres einen Gesetzentwurf, bekrffeiid die periodische Wahl derLrts- vorsteher sür 9 Jahre, unter Beibehaltung der direkten Wahl einbringen, was thatsächlich die Beseitigung der Lebenslänglichkeit der Orlsvorsteher bedeuten würde. München, 8. Mai. Im zweiten Ausschuß der Kammer der Neichsrälhe erklärte der CultuSminister, wie die „Franks. Ztg." berichtet, daß er im Einvernehmen mit dem preußischen CultuSminister eine Reform des Hono rar wesen S bereits angebahnt habe. Diese Reform beschränke sich allerdings auf ein bescheidenes Maß. Principirlle Neue rungen seien nickt beabsichtigt; insbesondere glaube er, daß der gänzlichen Abschaffung der Honorare, ähnlich wie dies in Oesterreich geschehen sei, große Schwierigkeiten im Wege ständen, wenn auck zugegeben werden müsse, daß die hierüber gemachten Vorschläge Manches für sich hätten. Oesterreich - Ungarn. * Wien, 8. Mai. Der gestern vom Ministerpräsidenten Grafen Badeni empfangene Bürgermeister Stroback erhielt die Zusicherung der baldigsten kaiserlichen Bestätigung. * Prag, 8. Mai. Die kroatischen Studenten tele- grapbirten an dieBelgrader Studenten, die die Fahnen verbrennung veranstaltet batten, ein Sympathielelegramm. Dieses wurde in Pest zurückgebalten. (Mgdb. Ztg.) * Pest, 8. Mai. Der König empfing gestern den Ministerpräsidenten Baron Bansfy in Audienz, welcker seinen Dank für die Verleihung Les GroßkreuzeS desLeopold- OrdenS abstattete. Der König sprach Bansfy seine An erkennung und seinen Dank sür dir musterhafte Ordnung während der Festvorstellung in der Oper und deS Tedeums in der Kirche auS. Am 17. d. M. wird der König der Fest versammlung der Akademie der Wissenschaften beiwobnen. Frankreich. * Parts, 8. Mai. Der UnterrichtSminister Rambaud erklärte in einer Rede bei dem Banket der „Association Franch-Comtoise", die Regierung sei eine Regierung des Fortschritts und der Reformen und unterscheide sick von dem Cabinet Bourgeois nur durch die Art der An wendung der Grundsätze. (DaS ist eine Bestätigung unserer Auffassung der programmatischen Erklärungen MSline'S. D.R) Belgien. * Brüssel, 8. Mai. Der „Soir" meldet: Salisbury er öffnete dem belgischen Gesandten in London, England lege gegen daS freisprechende Urtheil Lothaire'S Be rufung ein und trete als Civilpartei für Stoke's auf. (»Boss. Ztg.") Damen und, den Weg hinter dem Hause, welcher inS Ge birge hinaufführte, einschlageud, waren sie sehr bald den ihnen Nachblickenden entschwunden. „WaS gedenken Sie nun zu unternehmen, meine Damen?" fragte die Hausfrau. „Ich habe die Absicht, mit dem Pony wagen nach dem nächsten Dorfe zu fahren, um eine kranke, alte Frau zu besuchen. Wenn eine von Ihnen Lust hat, mich zu breiten, so wird eS mir sehr angenehm sein." Miß Harneß erbot sich bereitwilligst dazu. „Wollen wir vielleicht einen kleinen Spaziergang machen?" agte Helene, sich an Trixie wendend. Doch Beatrix, leicht erröthend, erklärte, daß sie sich vor genommen, eine ihr neulich aufgefallene besonder» hübsche Baumgruppe zu skizzirea. „Soll ich Dich begleite», Liebe?" fragte Helene, ihren i.m zärtlich um die Schultern ihrer Freundin legend. Nicht» war Beatrix' geradem, ehrlichem Gemütb mehr uwider, al» Jemanden zu hintergehrn. Nach einigem Zögern sagte sie daher: „Liebe Helene, sei mir nicht böse — ich möchte heute Vormittag gern allein auSgehen. Nicht wahr. Du zürnst mir deshalb nicht? Wenn «S Dir recht ist, können wir ja Nachmittag einen Spaziergang unternehmen." Helene blickte auf ihre tiefer crrölhende Freundin und Icnnte sich eine» leisen Gefühl» der Unruhe nickt erwehren, dcch war sie weit davon entfernt, die Wahrbeit zu ahnen. Tie hatte keine Idee, daß Philipp al- Gast in Avdath Dale weilte und an den Jagden, welche in der Umgebung der beiden benachbarten Landsitze in diesem Monat stattfinden sollten, theilnehmen würde; Helene fürchtete nur, daß der Capitain an ihre Freundin geschrieben habe und dieselbe von Neuem an sick zu fesseln suche. Bald darauf uuternahm Trine kickten Herzen- ihren cinfamen Spaziergang, um den Ort aufzusuchen, den ihr Philipp in seinem Briefe bezeichaet batte. Ihr Weg führte sie am See vorüber, der mit Moo- bewachsene Fußsteig wand sich zwischen üppigen Farrenkräutern unter herrlichen Buchen Lahm. Beatrix befand sick bald in einer vollständigen Ein samkeit, welche jedoch entzückend war, und da» junge Mädchen, langsam dahiuschrritend, genoß in vollem Matze den herrlichen Morgen; ihr hübsche-, farbige» Kleid harmonirte mit den zarten Farben der schottischen Landschaft. E» Ware» jetzt mehrere Wochen verstrichen, seit sie Philipp rum letzten Male gesehen hatte, und Trixir war natürlich sehr glücklich darüber, daß sie ihn endlich Wiedersehen sollte. Er war nicht weiter in sie gedrungen, als sie ihm gesagt hatte, daß sie nur hoffen konnten, ihres VaterS Einwilligung zu ihrer Verbindung zu erlangen, wenn sie geduldig warteten. Trixie wußte, daß eS jetzt keinen Zweck haben würde, ihren Vater von ihrer Liebe zu Philipp in Kenntniß zu setzen; denn Mr. Hopley war von dem Gedanken, seine Tochter al» Gräfin Sanfoine zu sehen, so eingenommen, daß daS Ge° ständniß ihrer Liebe zu Philipp nur seinen erneuten Zorn Hervorrufen würde. Sie mußten also warten, so lange, bi» Sanfoine sich erklärt hatte und abzewiesen worden war; wenn dieser sich dann zurückgezogen und Trixie'S Vater seine Mißstimmung über die ihm gewordene Enttäuschung einiger maßen überwunden hätte, dann wollte Trixie einen günstigen Moment wabrnehmen und ihn bitten, seine Einwilligung zu ihrer Verbindung mit Philipp zu geben. Ihres VaterS Liebe zu ihr würde ihn bestimmen, ibrem Glücke nicht im Wege zu sein, dessen war sie sicher. Aber erst mußte der Graf zu einem entscheidenden Schritt gebracht werden, inzwischen konnten sie nicht« tbun, al» sich in Geduld fügen und ver trauensvoll in die Zukunft seben. Für Trixie lag in diesem Verfahren ein eigener Reiz. Die Schwierigkeiten, welche sich ihr bei den seltenen Zusammen künften, die sie mit Philipp batte, entaeaenstellten, machten die letzteren nur um so reizvoller, die Gefahren, welche ihre Liebe bedrohten, vergrößerten nur deren Werth. Gab e» wohl etwa» Bezaubernderes für daS Gemütb und Herz eine jungen romantiscken Mädchen», wie Trixie e» war, als diese geheime Liebe zwischen ihr und Philipp? DaS arme Kind mit ibrem vertrauenden Herzen kannte weder die kalte und gefühllose Natur der Welt, in welcker ihr junge» Leben dahinfloß, noch den Cbarakter deS Manne-, dem sie mit ihrem einfachen, offenen Gemüth so fest vertraute. Beatrix blickte prüfend auf die kleine Uhr an ihrem Gürtel, um zu sehen, ob die Zeit der Zusammenkunft mit Philipp noch nicht gekommen sei. Nach der Beschreibung in Philipp « Brief mußte sie den bezeichneten Ort bald erreicht haben. Nach wenigen Minuten befand sich die einsame Wanderin an einem kleinen bemoosten Plateau, in dessen Mitte sich eine mächtige alte Buche befand, unter welcher eine mit Moos bewachsene Steinbank stand. Es unterlag keinem Zweifel, daß die- der verabredete Ort war, doch schien Trixie eia wenig bestürzt, daß sie Pbllipp hier nickt bereit» fand. Mit einer gewissen Ent täuschung, welche sie vergeblich zu unterdrücken suchte, nahm sie auf der Steinbank Platz Daß noch fünf Minuten an der festgesetzten Zeit fehlten, war durchaus kein Trost für sie. Aber eS sollten noch weitere fünfzehn Minuten ver geben, ehe Philipp kam; deS armen KindeS Gedanken während dieser Zeit waren so traurige, daß sie mehr als einmal im Begriff stand, Philipp'- Ankunft gar nicht abzu warten, sondern umzukehren. „Es geschieht mir schon recht", sagte Trixie zu sich selbst mit Tbränen in den Augen. „Wenn ein Mädchen sich ohne die Einwilligung der Eltern mit einem Manne verspricht und heimlich imt ihm zusammentrifft, so darf eS sich auck nicht wundern, wenn r» geringschätzig von demselben be handelt wird. Philipp würde nnck nicht so behandeln, wenn ich mich nickt selbst in seiner Achtung herabgesetzt hätte." Als er aber endlich in größter Eile anlangte und von Entschuldigungen seines ZuspatkommenS wegen überfloß, war Trixic in der Freude, ibn endlich zu seben, nur zu geneigt, diesen Entschuldigungen Glauben zu schenken und ihm ohne jeden Vorwurf zu verzeihe». Der kleidsame Jagdanzug, den Philipp trug, hob seine hübsche Figur auf da» Vortheilhafteste hervor. Beatrix, die ibn stets nur in der Uniform oder im GesellschaftSanzuge gesehen hatte, blickte bewundernd zu ibm auf. Nachdem die erste Begrüßung vorüber war, bemerkte Beatrir, daß Philipp seine Flinte mitgebracht hatte und die selbe sorgfältig an den Baumstamm lehnte. Sie fragte daher verwundert: „Ich denke. Sie wollten heute nicht auf die Jagd gehen?" „Hm, ja, meine tbrnre Beatrix, Sie sehen, ich konnte mich doch nicht dazu entschließen? Ick bin mit den anderen Herren zusammen aufgebrochen, und wir baden di» jetzt dem edlen Waidwerk obgelege». Jetzt babe ich mich für eme kurze Zeit frei gemacht, um Sie zu seben, und treffe dann auf lener Seite de» Walde» mit den Jägern wieder zusammen", sagte Philipp, nach dem See hinüber deutend. „Ack, und ich glaubte. Die würden, anstatt zu jagen, einige Stunden mit mir plaudern können!" „Ja gewiß, Theuerste, da« wollt« ich auch. Aber wir Sie wissen, es ist heute der erste Iagdtag; ganr und gar kann ich mich wirklich nicht entschließen, die Jagd auf zugeben. Ich weiß, Sie werden mir deswegen nicht zürnen, Beatrix, wir haben un» auf diese Weise doch wenigsten» ge sehen." Beatrix bemübte sich, einigen Trost in den Worten zu finden, welche ibr Sir Victor in Bezug auf die Jagd gesagt hatte, doch nicht» desto weniger fühlte sie sich sehr enttänscht. „Ich wollte mit Ihnen sprechen, Beatrix", sagte Philipp, seine Lippen zärtlich auf chre Hand drückend, und Beite setzten sich auf die mit Moo« bewachsene Steinbank. „Sie werden einseheu, Beatrix, daß eS in dieser Weise nicht länger fortgehen kann", begann Philipp sehr ernst. „In welcher Weise?" Sie blickte unbefangen zu ihm auf und war überrascht, daß er so ernst au-sab. „Hm, Sie werden mir gewiß darin beistimmen, daß es eigentlich sehr unangenehm ist, wenn wir genöthigt sind, uns in solcher heimlichen Weise zu treffen." „Gewiß, ich finde eS ebenso unangenehm wie Sie, aber ich fürchte, wir werden uns noch eia wenig länger in Geduld fügen müssen." „Ich möchte wohl wissen, warum wir die» thun müssen!" sagte der junge Mann ein wenig gereizt. „Aber Pbilipp, auS dem einfachen Grunde, weil Papa, wenn wir ihm unS jetzt entdeckten, seine Einwilligung zu einer Verbindung zwischen un» ganz und gar versagen würde, während wenn wir warten —" „Warten?" unterbrach Philipp sie. „Gott im Himmel, Beatrix, ich kann nicht warten!" Trixie hielt diese Heftigkeit Philipp » sür den AuSbruck der natürlichen Ungeduld eine» Liebenden und fühlte sick durch dieselbe nicht wenig geschmeichelt. Wie sehr er sie lieben mußte! „Sie müssen aber warten, Philipp! Wir können Sie so ungestüm sein! Stellen Sie sich vor, daß Sie für immer an mich gefesselt sind, wenn wir erst einmal verbeirathet wären. Sie sollten froh sein, daß e» Ihnen vergönnt ist, Ihre Freiheit nock einige Zeit zu genießen!" scherzte Beatrix und blickte schelmisch zu ihm auf. „Ich möchte nur wissen, wie lange Sie diese- „Abwarten" noch fortsrtzen wollen?" fragte er, nur mit Mühe seine schlechte Laune unterdrückend. „O, nur noch kurze Zeit! Sie werdeu zugeben, Philipp, daß e» jetzt, wo wir wiffea, daß wir auf einander bauen können, nicht viel au-macht, ob wir noch eia paar Monate länger warten." „Eia paar Monate!" wiederholte er verdrossen, „mir sind ein paar Tage schon zu lauge und Sie sprechen von Monaten!" Der schlecht gelaunte junge Herr svraag auf und ging in augenscheinlicher Erregung auf dem kkiaen Plateau auf und nieder (Fortsetzung folgt.)
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