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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189605109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960510
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960510
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung fehlerhaft: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-10
- Monat1896-05
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1896
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BezugS-Preis » Ur Hauptrxpedition oder den im Stadt» Udirl «ad den Bororteu errichteten Aus» aaoestellen abgeholt: vierteljährlich-64.50, bet zweimaliger täglicher Zustellung in« Laus ^l LEO. Durch die Post bezogen für Deutschland mch Oesterreich: dierieyährlicb S.—. Direkte tägliche Krruzbandlendung tu« Auslaud: monatlich 7.LO. Di» VrorgW-Autgabr erscheint nm '/,? Uhr. U» Abend-Ausgabe Wochentags um v Uhr. Ledactiou mrd Lrve-Mo«: Ishminesgaffe 8. Dte Lxpttition ist Wochentag« ununterbrochen »öffnet »o, früh 8 bi« Wend» 7 Uhr. Filiale«: Vtt» Klemm'« S-rtim. (Alfred Hahn). Untversitätsstraße 3 (Paultoum), Laut« LSsche. Kathartnenstr. 14, part. und KöuigSplatz 7. UeipMer TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. ^°23k. Sonntag den 10. Mai 1896. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Rrclamen unter dem Redactionsstrich («ge spalten) LO/H, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffern!aß nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de« Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen »Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen stad stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig SO. Jahrgang. ZUM Friedensfest. Heut« vor fünfundzwanzig Äahren scholl «S vom Maine her Friede" durch die deutschen Lande, und heute schließt sich der Kreis der ErirmerungStage an die größte Zeit, die Deutschland in einer tausendjährigen Geschichte zu durchleben beschieden war. Am 10. Mai 1871 erhielt es in der alten Kaiserstadt Frankfurt verbrieft und besiegelt, was ihm seine Söhne durch ihre alle» Preisen» spottende Tapferkeit, Opfer freudigkeit und Ausdauer erworben. Zwar die Waffen batten seit dem Uebertritt der französischen Ostarmee auf schweizerisches Gebiet geruht und am 26. Februar war zu Versailles ein vor läufiger Friedensvertrag zwischen Bismarck und den süd deutschen Ministern einerseits und dem wenige Tage vorher zum Chef der französischen Regierung ernannten Thiers und Jule» Favre andererseits unterzeichnet worden. Aber die am 28. März in Brüssel eröffneten Verhandlungen über den endgiltigen Abschluß hatten Ende April noch kein Ergebniß gehabt, so daß Fürst Bismarck sich am 2.Mai in einer ReichStags- rede nicht völlig frei von der Besorgniß zeigte, die Feindselig keiten könnten wieder ausgenommen werden. ThierS faßte diese Kundgebung des deutschen Bundeskanzlers als ernste Mahnung auf und entsandte Favre und den Finanzminister Pouyer - Quertier nach Frankfurt, wo Bismarck die Ver handlungen fortgesetzt zu sehen wünschte und wohin er sich selbst am S. Mai begab. Von da ab ließen sich die Schwierig keiten rasch beseitigen, und am 10. Mai Mittags 2 Uhr setzten Bismarck und Favre ihre Namen unter den endgiltigen Friedensvertrag. Und nun läuteten allüberall in deutschen Landen die Feierglocken, die so manchem herrlichen, aber blutig erkauften Sieg geklungen hatten, den jubelnd begrüßten Frieden ein. Nun erst war Deutschland gewiß, daß eS um da» Errungene nicht mehr zu kämpfen hatte, das noch halb ent blößte Schwert konnte in die Scheide gestoßen werden, die Mütter, Gattinnen und Bräute durften sich des sicheren Besitzes der heimgekehrten Lieben freuen. Nicht heimgekehrte Zehn tausende hatten die Abwehr des Feindes, die Einigung Deutsch lands, die Wiedergewinnung der Schmerzenskinder der Nation, Elsaß und Lothringen, mit ihrem Leben bezahlt. Ihrer und Derer, die für ihre Tapferkeit Siechthum geerntet, sei heute vor Allen mit dem Dichter gedacht: ... wir gießen, Euch zu grüßen, Thräuen auf den Festaltar. E» War Friede geworden und der Jubel, der die Botschaften von Weißenburg, Wörth, Sedan und Straßburg begleitet hatte, erneuerte sich. WaS dort von deutschem Heldeumuth kraft des Rechtes de» Angegriffenen und Beraubten genommen worden war, war in Frankfurt an erkannter deutscher Besitz, die wunderbaren Errungenschaften des großen Kriege» von französischen Machthabern bestätigt worden. Der Krieg war auSgebrochen, weil nach den Siegen und Erwerbungen vom Jahre 1866 das erstarkte Preußen nicht unfähig schien, der deutschen Zerrissenheit und Ohn macht ein Ziel zu setzen. Und in dem preußisch gewordenen Frankfurt hatte Favre mit dem Kanzler de» zum deutschen Kaiser gewordenen Königs von Preußen zu verhandeln. Er kehrte, mehr noch besorgt um die Zukunft, als betrübt über die Vergangenheit, nach der Heimath zurück. Denn Niemand, auch uns nicht übelwollendeVölker und Staatsmänner, konnten in jenen Tagen den Gedanken nicht fassen, daS mit märchenhafter Raschheit zu einer ungeheuren Machtfülle gelangte Deutschland werde sich an Läoderbesitz und Einfluß gesättigt zeigen. In der Schweiz, in den Niederlanden herrschte Furcht, und die Eabinette der Großstaaten verfolgten mit unruhiger Spannung die Bewegung drS seiner Riesenkraft sich bewußt Gewordenen, dem gegenüber man nicht überall ein gutes Gewissen hatte. Kaiser Wilhelm und sein Kanzler, die deutsche Nation, so war die Meinung Europa-, müßten die Wege Napelon» und Frankreichs geben, denn niemals, seit eS eine Geschichte gab, hatten dergestalt erfolgreiche Herrscher, Staatsmänner und Völker auf ihrem SiegeSzuge Halt gemacht. Sie irrten. In ihrer Rechnung waren außer Ansatz gelassen der hohe RechtSsinn Wilhelm'- l., die Weisheit Bismarck'», die Eigenart de» deutschen Volke», das gleich seinen Herrschern höchste kriegerische Tüchtigkeit mit von Ruhmsucht und Ueberhebung freiem Geiste paart. Fünf undzwanzig Jahr« sind vergangen, und nicht der kleinste Staat weiß über eine Bedrückung, eine Verletzung zu klagen, die dem Mißbrauch deutscher Gewalt zuzuschreiben gewesen wäre. Anstatt den Frieden zu bedrohen, ist da« deutsche Reich der Boden geworden, in dem der Friedensgedanke seine stärksten Wurzeln schlagen konnte. Raum und Licht und Luft zum nationalen AuSlebe», Achtung vor deutscher Ehre, bä hst dir deutsche Kraft geschafft, nicht» darüber, nichts darunter. Und so soll e» bleiben in beiderlei Betracht. Keine Politik, die Machtausdehnung nur um der Macht willen anstrebt, keine Politik, die vor deutschen Interessen ein Titelchen opfert und zaghaft oder gar gleichgiltig ist, wenn da» deutsche Ansehen «getastet wird. Wofür die Helden von 1870/71 gestorben sptd, dafür wollen wir leben, im Geiste de» verklärten Kaisers und des Großen und Theueren, der zu Deutschlands Glück und Freude die Feier der Erinnerung an die Schlußsteinlegung seines größten Werkes heute mit uns begeht. Deutsches Reich. * Berlin, 9. Mai. Man erinnert sich Wohl noch, daß 1894 der Versuch gemacht wurde, eine Colonie im ost- afrikanichen Kenia-Gebiete zu gründen, in welcher die socialen und wirthschaftlichen Illusionen des bekannten Professors Th. Hertzka und der Freilandsvereine verwirklicht werben sollten. Die Expedition ging mit großen Hoffnungen und Verheißungen von Hamburg aus nach Ostafrika. Bald aber kamen trübe Nachrichten, und endlich stand fest, daß das Unternehmen jämmerlich gescheitert war mit schwerem Ver lust an Menschenleben und Geldmitteln. Es ist nun inter essant und lehrreich, welche Ursachen Hertzka selbst in der neuesten Auflage seines socialen Zukunftsbildes für das Scbeitern des Versuches verantwortlich macht. Ein „folgen schweres Mißgeschick" war es sckon, daß die deutsche Ost afrikalinie den kleinen Flußbampfer der Expedition auf dein „Reichstag" nicht mit verladen konnte. Als dann der Flußdampfer endlich am Eingang des Tana angekommen war, konnte man wegen der herrschenden Winde nicht in den Fluß einlaufen. Die dadurch herbeigeführte Ver zögerung erwies sich als deprimirend für den Geist und die DiSciplin der kleinen Freilandtruppe. Miß helligkeiten traten in derselben hervor. „Zwistigkeiten der Genoffen und mißgünstiges Verhalten der englischen Be hörden" veranlaßten dann die Auflösung der Truppe. Aus diesem Bericht erkennt man, daß eS leichter ist, goldene Zu stände einer idealen wirthschaftlichen Verfassung zu schildern, als zur Ausführung zu bringen. Zufällige Schwierigkeiten und „Zwistigkeiten der Genossen" sind nach Hertzka vornehmlich die Ursachen deS unglücklichenAuSgangcS gewesen. Dabei waren alle Theilnehmer Freiwillige und begeisterte Anhänger der Frei- land-Jdeen. Man wird es deshalb verständlich finden, daß Hertzka selbst jetzt „vor isolirtem Vorgehen, vor kleinlichen Unternehmungen" warnt und wünscht, daß man zuerst die propagandistische Thätigkeit entfalte. „Wenn die b:S° berigen Tausende unserer Gesinnungsgenossen zu ebenso viel Hunderttausenden geworden sein werden, dann halte ich die Zeit für gekommen, eine zweite Freiland-Expedilion inS Werk u fetzen." DaS werben wir wohl nicht erleben. * Berlin, 9. Mai. Wir baben vor Kurzem eine Er klärung des Herrn Pastors Witte erwähnt, in der dieser das Erscheinen einer Schrift in Aussicht stellte, um die Um stände zu beleuchten, unter denen im Sommer 1878 Hof prediger a. D. Stöcker den vielfach genannten Brief an den Schneider Grüneberg geschrieben hat. Diese Schrift liegt nun vor. (Carl Witte: „Schneider Grüneberg und Hofprediger Stöcker oder der gefälschte Brief". Berlin, F. Fontane L Co.) Sie giebt ein Bild von dem ganzen Falle, besonders auch von den Vorkommnissen im Proceß Bäcker-Stöcker, in dem der Vorsitzende des Gerichts aus drücklich betonte, daß Stöcker mit den Thatsachen in Wider spruch sich befand. Der Verfasser weist bann nach, daß nur formelle Gründe eS gewesen seien, die eine Untersuchung der Angelegenbeit Stöcker-Grüneberg durch den Evangelischen Oberkirchenrath verhinderten, wodurch ihm (dem Pastor Witte) „eine tiefe Wunde geschlagen sei". Dann fährt er fort: „Aber wenn ich auch mich zu der Aeußerung berechtigt halte, daß die geistlichen Behörden eher hart als woblwollend gegen mich verfahren sind, so muß ich doch anerkennen, daß es ihnen niemals beigesallen ist, in der Angelegenheit des Stöcker'schen Briefe- an Grüneberg meine dou» üäes anzuzweifeln. Die- blieb Herrn Stöcker Vorbehalten. Er scheut sich nicht, mir die Beschuldigung- in« Gesicht zu schleudern, ich hätte einen Bries, den ich als un echten erkannt hätte, trotzdem gegen ihn öffentlich und den Behörden gegenüber vrrwerthet, und ich hätte, um diesem an» grblich gefälschten Briese da- Aussehen eines echten zu geben, Eorrecturrn darin vorgenommrn. Dieser Angriff schneidet mir geradezu meine Ehre ab, und der „Reichsbote" hat Recht, wenn er sagt, daß kein Ausdruck hart genug sein würde, um mein Verhalten zu kennzeichnen, fall» der Stöcker'jche Vorwurf gegen mich begründet wäre. Und während Stöcker jo die gefährlichsten Verdächtigungen gegen mich aussprlcht, trieft er andererseits von christlicher Sanft» muth und Mild« und spricht von meiner „elenden Lage", von „dem unglücklichen Pastor Witte", diesem „bemitleidens» werthen Mann". Ich habe ihm im gestrigen Sühne termin (am 23. April) vor dem Schiedsmann bereu« er klärt, daß sein „Bedauern" für mich werthlos sei. Wie hätte ich an die Echtheit seine« „Bedauerns" glauben können! Dieser Manu hatte e« nicht unter seiner Würde gehalten, in öffentlicher Volksversammlung einem unbequemen Gegner zuzurufen: „Ich wünsche dem Schreier, daß er nicht auch in Ouerulantenwahnsinn verfällt wie mein früherer College, der Pastor Witte." Wenn er damals mich wirklich für geisteskrank hielt, so war eS eine sittliche Rohheit, ein solches Unglück höhnisch und schadenfroh in dem Birrdunst der Volksversammlung auszubeuten. Und sein Auftreten vom 4. März im Hause der Abgeordneten ist noch in frischer Er innerung. Sieben Jahre hatte Stöcker gerade zu der Sache seines Brieses an Grüneberg geschwiegen. Jetzt, wo er glaubt, daß ich unter dem Pferde liege, rührt er di« Sache wieder auf, von seiner Leidenschaft verblendet. Er wollte mich vernichten und gleichzeitig sich selbst m dieser Sache rein waschen. Wie es scheint, Hai er dabei nicht vorausgesetzt, daß ich in der Lage wäre, an der Hand meiner Acten aller Welt die völlige Grundlosigkeit der gegen mich auSgestoßenen Beschimpfung nachzuwrilrn und damit zugleich seinen eigenen Charakter in die rechte Beleuchtung zu setzen. Die kommende gerichtliche Verhandlung wird, wie ich hoffe, seinen Irrungen und Wirrungen rin Ende bereiten. Das deutsche Volk weiß aber heute schon, was eS von Stöcker's Wahrheitsliebe und brüderlicher Gesinnung zu halten hat. DaS öffentliche Gewissen wird ihn richten." Die Schrift führt aus, daß die Behauptung, der Grüne bergische Brief sei gefälscht, völlig haltlos sei. Wenn der Brief aber echt wäre, so würde damit bewiesen sein, daß Hofprediger Stöcker im Jahre 1878 den Schneider Grüne- bera beauftragt hätte, deu Pfarrer Witt« in einer Volks versammlung ehrenrührig anzugreifen, und daß seine eidliche Aussage im Proceß Backer-Stöcker, welche dies in Abrede stellte, der Wahrheit nicht entsprochen hätte. Berlin, 9. Mai. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin sind heute Morgen um 8 Uhr 15 Min. vom Anhalter Bahnhöfe nach Dresden abgereisi und werden heute Abend um 8 Uhr 20 Min. die Reise von dort nach Frank furt a/M. fortsetzen. Im Gefolge des Kaisers befinden sich die Chefs deS Militair- und des Civil-CabinetS v. Habnke und v. Lucanus, der Ober-Hof- und Haus-Marschall Graf A. zu Eulenburg, der Commandant des kaiserlichen Haupt quartiers Generallieutenant v. Plessen, Generalarzt Professor vr. Leuthold, die Flügeladjutanten Oberst v. Scholl und Major Graf v. Moltke; die Kaiserin, die von Frankfurt auS morgen Abend die Rückreise nach dem Neuen Palais antritt, ist auf der Reise begleitet von der Oberhofmeisterin Gräfin v. Brockdorff, der Hofdame Fräulein v. Gersdorff, dem Ober hofmeister Freiberrn v. Mirbach und dem dienstthuenden Kammerberrn Grafen v. Keller. D Berlin, 9. Mai. (Telegramm.) Der „Post" zufolge autet das Telegramm des Kaisers, welches Freiherr v. Stumm am 12. April d. I. in feiner Rede zu Neun kirchen erwähnte und über das in der Presse unzutreffende Vcrmuthungen verbreitet worden sind, wörllich: „Stöcker endigte, wie Ich vor Jahren vorauSsagte. Politische Pastoren sind ein „Unding". Wer Christ ist, ist auch „social"; christlich social ist Unsinn und führt zu Selbstüberhebung und Unduld samkeit, beides dem Christenthum schnurstracks zuwiderlaufend. Herren Pastoren sollen um Seelen ihrer Gemeinde kümmern, Nächstenliebe pflegen, aber Politik aus Spiele lassen, dieweil sie das gar nichts angeht." L. Berlin, 9. Mai. (Telegramm.) Nach einer tele graphischen Meldung aus Hamburg wird dem „Hamb. Corr." versichert, die Erzählung des „Hann. Cour.", der Reichskanzler sei amtsmüde, habe aber dem Kaiser ver sprochen, bis zum Schluffe der parlamentarischen Session auszuhalten, sei vom Anfang bis zum Ende erfunden. Berlin, 9. Mai. (Telegramm.) Wie die „Nordd. Allgem. Zlg." miltbeilt, haben der Kriegsminister und der Minister des Innern neuerdings auf die im Jahre 1888 eingesührte Vorschrift bingewiesen, daß der Be werber um den Einsähria-Freiwtlligen-Dtcnst einer obrig keitlichen Bescheinigung darüber bedarf, Laß er während des activen Dienstes sich selbst zu bekleiden u.s.w. ver mag. Die von dritten Personen übernommene Unterhalts pflicht muß durch einen notariellen oder gerichtlichen Act gewährleistet werden, gleichgiltig, ob in dem betreffenden NechlSgebiete Schenkungen an bestimmte Formen gebunden sind oder nicht. L. Berlin, 9. Mai. (Telegramm.) An der dies jährigen Maifeier haben, einem vom Secretair der Berliner Gewerkschaften erstatteten Berichte zufolge, 32 411 Personen lheilgenommen. Nach Abzug von über 5000 Streikern stellt sich die Zabl der durch Arbeitsruhe demonstrirenden Besucher der Vormittagsversammlungen auf etwa 27 000 gegen 19 000 im Vorjahre. Inwieweit die einzelnen Gewerk schaften ihren Beschlüssen, am 1. Mai zu feiern, nach gekommen sind, ließ sich aus dem Berichte nicht entnehmen. Arbeiterentlassungen in Folge der Maifeier haben vereinzelt in der Holzindustrie, sowie in den Bauberufen, in größerem Maßstabe in der Metallindustrie stattgefunden. Berlin, 9. Mai. (Telegramm.) Die Commission deS Abgeordnetenhauses zur Berathung des Antrages Wallb recht, die BanhanSwcrker betreffend, hat den Entwurf in zweiter Lesung einstimmig angenommen, nachdem die Commission vorher dem Antrag Willisen zu gestimmt batte, welcher besagt, daß zu Mitgliedern deS Bau schöffenamtes an denjenigen Orten, in welchen Innungen bestehen, Bauinnungsinei st er zu nehmen sind. — In einer Polemik gegen den „Reichsboten" schreibt die „Nat.-Ztg.": „Auf unsere Frage, ob der „Rcicksbote" sich der Stellungnahme des Kaisers zu dem Zedlitz'sch en Schulz esetzentwurfe nicht entsinne, erwidert er mit allerlei unverbürgten Anekdoten, auS denen sich ergeben soll, daß der Entwurf „lediglich wegen der zu weitgehenden Be stimmungen über den Einfluß der Bischöfe zurückgezogen worden sei." Wir glauben über die damaligen Vorgänge zuverlässiger unterrichtet zu sein und halten danach für sicher, daß der Entwurf niemals vorgelegt worden wäre, wenn im Staatsministerium die Tragweite desselben mit voller Bestimmtheit festgestellt und der Kaiser darüber rechtzeitig informirt worden wäre. Wenn der „NeichSbote" versichert, daß „der König nicht daran denkt, die christliche Volksschule abzuschaffen und dieselbe nach dem liberalen Programm der religionslosen Staatsschulen um- zugestaltcn", so sind das völlig gegenstandslose Redewendungen: es giebt kein derartiges „liberales Programm", und außerdem ist nicht von der Durchführung irgend eines liberalen, sondern von der des konservativ-klerikalen Programms für die Schul gesetzgebung die Rede. Im klebrigen: mögen die Freunde de« „Reichsboten" ihren Entwurf nur einbringen; die Bevölkerung wird dadurch in sehr nützlicher Weise daran erinnert werden, daß es noch andere Gegensätze im öffentlichen Leben giebt, als die der ErwerbSiateresien." — Nach einer PeterSburaer Drahtmeldung der „Köln. Ztg." sprach sich der Bicekönig Li-Hung-Tschang bei einem Besuch, den er dem deutschen Botschafter RadoUn machte, ungemein freundlich über Deutschland auS. Er betonte seine hohe Ehrfurcht und Bewunderung für Kaiser Wilhelm und den Reichskanzler Fürsten Hohewlohc und erkundigte sich weiter nach dem Befinden deS Fürsten Bismarck, dem er bekanntlich nach seinen Besuchen in Berlin seine Auf wartung machen will. — Die Meldung über eine von der preußischen Lehrer schaft geplante Kundgebung für den Minister vr. Bosse beruht, wie der Berliner „VolkSztg." von berufenster Seite mitgetheilt wird, auf einem Jrrthum. — Anknüpfenv an die von der freiconservativen Fraktion im Abgeordnetenbause gestellte Interpellation, was die Re gierung hinsichtlich der Lehrerdesoldung zu thun gedenke, erklärt die „Cons. Corr.": „Bei voller Anerkennung der Be rechtigung des Herrenhausr«, so zu beschließen, wie e« ge- scheben ist, wird in einem solchen Falle die conservatir Fraktion des Abgeordnetenhauses nicht umhin können, auf ihrem bisher innegehaltenen Standpunct zu verharren." * Lönabrück, 8. Mai. DaS hiesige Welfe nblatt hat bekanntlich den Nationalliberalen vorgeworfen, bei der Reichstagsersatzwahl einflußreiche Socialisten mit schweren Weinen tractirt und ihnen so Unterschriften abgeschmeichelt zu haben. Der socialdemvkratische Reichstagscandidat Schrader veröffentlicht gegen diese Anschuldigung, die von der „Osnab. Ztg." schon zurückgewiesen wurde, eine Er klärung, in der es heißt: „Ich, als Candidat der socialdemokratischen Partei im letzten Wahlkampfe, der ich im Wahlkreise groß geworden, seit meiner sriiheslen Jugend in den vordersten Reihen der Partei thätig, und die Parteiverhällnisse im ganzen Wahlkreise auss Genaueste kenne, alle Vorgänge bei der letzten Wahl peinlich beobachtet habe, erkläre hiermit, daß die obige Behauptung der „Osnabrücker Volkszeitung" eine niederträchtige Verleumdung ist, und fordere das Blatt auf, auch nur einen einzigen „einflußreichen Socialisten" zu nennen, der sich hätte von den Nationalliberalen durch Weintractement be stimmen lassen, für deren Candidaten durch Unterschrift einzutreten." * Köln, 8. Mai. Die rheinische Provinzial-Ver- waltung zieht jetzt die Consequenzen aus dem Proceß Mel läge. Sie trägt für eine gründliche Neuordnung der Jrrenpflege Sorge. Während früher die Geisteskranken, für die die Rheinprovinz zu sorgen batte, zu einem sehr großen Theile den Irrenanstalten der geistlichen Genossenschaften zn- gewiesen wurden, will dieProvinzialverwaltung jetzt ihre eigenen Anstalten so erweitern, daß Ueberweisungcn an Privatanstalten nach Möglichkeit vermieden werden. Zu diesem Zwecke werden folgende Neuerungen im rheinischen Irrenanstalts wesen vorbereitet: 1) Die Anstalten zu Grafenberg und Merzig werden um je 200 Plätze durch Erbauung von je 5 Villen erweitert; 2) an den Anstalten zu Bonn, Düren, Gräfenberg werden die beiden ersten Verpflegungsclassen aufgehoben; der hierdurch gewonnene Raum wird zur Unterbringung weiterer Communalkranker und zur Ein richtung einer klinischen Abtheiiung in Bonn verwendet; 3) zur Unterbringung irrer Verbrecher und verbrecherischer Irren wird bei einer der Anstalten eine SonLerablheilung errichtet; 4) für Nervenkranke bestimmter Gattung tritt eine eigene Anstalt ins Leben. * Tarnowitz, 8. Mai. Eine beachtenswerthe Verfügung hat, der „Oberichl. Volkssti.nme" zufolge, der Tarnowitzer Landrath v. Falken Hayn erlassen; sie tautet folgendermaßen: Es ist zur Kenntniß gelangt, daß in neuerer Zeit wiederholt Concipienten und andere jchreibkundige Leute, ja sogar Beamte, sich für die Mit wirkung bei der Beschaffung von Unterlagen zur Erlangung der Jnvaliditäts- oder Altersrente von armen Personen vcr- hältnißmäßig hohe Entschädigungen haben zahlen lassen. Um den Rentenanwärtern diese unnöthigen Kosten zu ersparen, er suche ich die Herren Amtsvorsteher und die Ortsbehörden, gefälligst darauf hinzuwirkcn, daß in ihren Bureaus von Amtswegen in den betreffenden Fällen für die Beschaffung der fraglichen Unter lagen Sorge getragen wird. * Kreuznach, 8. Mai. Laut der „Köln. Ztg." trifft die Kronprinzessin von Schweden mit ihren Söhnen Ende Mai zum Curgebrauch hier ein. * Mannheim, 8. Mai. Hiesige Getreidehändler richteten, wie der „Nat.-Ztg." jetzt bekannt wird, vor einigen Monaten an den Börsenvorstand das Ersuchen um Aufhebung des Getreide- terminhandels, weil er den hiesigen Getreidemarkt schädige- Der Börsenvorstand lehnte damals das Gesuch ab. * Karlsruhe, 8. Mai. Die Zweite Kammer lehnte den Antrag Muser (Dem.) auf Aufhebung der Organisten pflicht der Volksschullehrer mit allen gegen sechs Stimmen ab. * Aus Württemberg, 8. Mai. Endlich ist durch Anord nung des Ministeriums deS Kirchen - und Schulwesens eine langersehnte Sache erledigt worden, nämlich die Haus aufgaben an den höheren Lehranstalten. Nach dieser Verfügung dürfen, den „M. N. N." zufolge, die Haus aufgaben einschließlich des Memorirsloffcs in den untern vier Classen höchstens zwei Stunden in Anspruch nehmen. In den Oberclafsen sollen sie sich in einer Woche im Rahmen von 11—14 Stunden bewegen; für die Schüler in den höchsten Classen bleibt es bei den seitherigen Anordnungen, da eine weitere Herabsetzung gegen daS zu erreichende Lern ziel verstoßen würde. Ueberbürdung ist jedoch stets ru ver meiden. Strafarbeiten sind nicht mehr aufzugebeu. Die so genannte Präparation zu Hause darf erst mit dem fünften Schuljahre beginnen, sonst ist die.Präparation in der Schule selbst vorzunehmen. Durch einen weiteren Erlaß wird von jetzt an die Stenographie als obligates Fach eingeführt. * München, 8. Mai. Die oberbayerische Handels und Gewerbekammer sprach sich einstimmig für den Achtuhrschluß der Ladengeschäfte auS. In dem Beschluß wird die Reform als eine Wohlthat für die Angestellten und für die Unternehmer bezeichnet und der Antrag des Vereins „Berliner Kaufleute und Industrieller", gegen die Vorschläge der ReichScommission für Arbeiterstatistik über den Achluhr- Ladenschluß zu protestiren, entschieden zurückgewiesen. * München, 9. Mai. (Telegramm.) Anläßlich der morgigen FriedenSfeier fand beute in der Frauenkirche ein Trauergottesdienst zum Andenken an die im Kriege 1870/71 Gefallenen statt. Vor dem Hochaltar war ein hoher Katafalk errichtet, zu dessen Seiten Deputationen der Vete- ranen-Vereine mit den Fahnen Aufstellung genommen batten. Dem Traueramt, welches der Erzbischof von Thoma celebrirte, wohnten der Prinzregent, sammtliche in München weilenden Prinzen, die Minister, die Generalität, Mitglieder der beiden Kammern des Landtags, die Spitzen der städtischen Behörden und eine große Zahl von Veteranen bei. Andere Trauergottesdienste wurden in der protestantischen Kirche und der Synagoge abgehalten. Nachmittags findet im Rath- hauSsaale die feierliche Vertbeilung der seitens der städtischen Behörde zur Erinnerung an die FriedenSfeier gestifteten Fahnenbänder an die Veteranenvereine statt. Um Zl/r Uhr wird auf dem Königsplatze die FriedenSfeier der Münchener Schuljugend abgehaltrn, an welcher circa 20 000 Kinder thcilnrhmen. Oesterreich «Ungar». * vtmundcn, 8. Mai. Die schwere Erkrankung deS Prinzen Georg Wilhelm, des ältesten Sohnes des Herzog« von Cumberland, befindet sich noch immer in dem Stadium, da« zwar zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß giebt, immerhin aber noch einem Hoffnungsschimmer aus Erhaltung des Leben» des jungen Patienten Raum läßt. Boa
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